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Langfristige Untersuchungen zum äußeren und inneren Stoffwechsel des graviden und laktierenden Schweines : 1. Mitteilung: Allgemeine Angaben zur Versuchsmethodik

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Untersuchungen zum Stoffwechsel des graviden und laktierenden Schweines 95

wichtigsten Manipulationen, 1. fur die Entnahme von Milch zur Analyse, 2. fur die Bestimmung der Milchleistung und 3. fur die quantitative Trennung von Kot und Harn. Auch die periodische Entnahme von Blut ware hier zu nennen.

Bis zu den ersten Untersuchungen, die alle drei Posten umfaflten (Gottingen 1950/51 PIELOK), sind in den bis dahin vorliegenden wenigen Versuchen (Hurter, THOMANN, S. 6) nur ein oder hochstens zwei der genannten Posten bestimmt worden. Seit der Arbeit von PIELOK (6) wurde in Fortsetzung der Untersuchungen im obigen Tnstitut eine Methodik erarbeitet, die es gestattet, Sauen in langfristigen Versuchen moglichst ohne jegliche Beeintrachtigung ihres Behagens zu halten und die obigen Posten zu erfassen.

Die Gewinnung der Exkremente

Wahrend PIELOK(~) noch ein besonderes Tragegerat zum getrennten Auffangen von H a r n und Kot entwickelt und benutzt hat, gelang in den spateren Versuchen auch ohne dieses Gerat, allein durch Dressur der Versuchstiere, eine getrennte quantitative Gewinnung von Kot und Harn . Die Tiere wurden tagsuber in zwei- bis dreistundi- gen, nachts in drei- bis funfstundigen Abstanden zur Viehwaage gefuhrt. Dort gaben sie nach einer Eingewohnungszeit von nur wenigen Tagen (bis 5 Tage) sofort nach dem Herausfuhren die Exkremente ab, die dann in Gefaflen aufgefangen werden konnten.

Diese Methode hat gegenuber der Verwendung von Stoffwechselkafigen und Tra- gegeschirren oder von besonderen Stallen auch den Vorteil, dai3 die Tiere in nor- nialen Stallen, in denen sich allerdings weder Einstreu no& Holz befindet, uber Allonate in Dauerversuchen gehalten werden konnen. Die Beweglichkeit und Behag- lichkeit der Tiere wird namlich in keiner Weise beeintrachtigt.

Wahrend der Brunst der Tiere und in den Tagen vor dem Abferkeln traten gc- legentlich Harnverluste durch Harnabgabe in den Stall ein. Tro tz gelegentlicher Harnverluste gestattet die Dressurmethode jedoch eine genauere Erfassung der Aus- scheidungen im H a r n und eine genauere Berechnung der Stoff wechselbilanzen als bei der Haltung der Versuchstiere im Stoffwechselkafig.

Die Harnabgabe erfolgt namlich nicht bei allen Tieren taglich zu den seiben Zeiten. Manche Tiere lassen taglich zweimal Harn. Bei einem Tier wurde beobachtet, dai3 abends der letzte H a r n zwischen 18 und 24 Uhr, morgens der erste H a r n zwi- schen 5 und 11 Uhr abgegeben wurde. D a ein Versuchstag morgens um 7 Uhr be- gann, wurde der Morgenharn, der die Ausscheidungen der Nieren von 8 bis 1 4 Stun- den enthielt, bald zum vorhergehenden, bald zum folgenden Versuchstage gerechnet, je nachdem, ob der Morgenharn vor oder nach 7 Uhr fiel. Der wahrend eines Ver- suchstages gesammelte H a r n enthielt demnach die Ausscheidungen der Nieren von 13 bis 35 Stunden, der wahrend der funftagigen Versuchsabschnitte gesammelte H a r n die Ausscheidungen der Nieren also bald von 4l/z, bald von s1/z Tagen. Das bedeutet, clai3 man bei Schweinen in funftagigen Versuchsabschnitten die im H a r n ausgeschie- denen Stoffmengen nur mit einer Genauigkeit von f 10 O/o, bei zehntagigen Ver- suchsabschnitten mit einer Genauigkeit von ? 5 O/o erfassen kann, wenn man die Zeiten der letzten Harnabgabe vor Beginn und am Ende eines Versuchsabschnittes nicht kontrolliert hat.

Dieses ist bei der Dressurmethode jedoch leicht moglich: Die Zeit jeder Harnab- gabe wird im Vcrsuchsprotokoll notiert, die im H a r n ausgeschiedenen Stoff mengen

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konnen sornit auf einen 24-Stunden-Tag umgerechnet werden. Allerdiiigs eriibrigte sich bei den vorliegenden Untersuchungen in den meisten Fallen eine derartige Kor- rektur, da sich die meisten Versuchstiere daran gewohnen lieBen, rnorgens zu der- selben Zeit H a r n zu lassen.

I n ahnlicher Weise konnen die irn H a r n ausgeschiedenen Stickstoffmengen a n sol- &en Versuchstagen errnittelt werden, an denen ein Harnverlust erfolgte, falls der Zeitpunkt der Harnabgabe in den Stall bekannt ist. Fur den Zeitraum des Harnver- lustes (Zeit zwischen der Harnabgabe in den Stall und der vorhergehenden Harnab- gabe) wird die mittlere stiindliche N-Ausscheidung wahrend des betreffenden Ver- suchstages oder Versuchsabschnittes eingesetzt. Diese Korrektur ist berechtigt, da die pro Stunde gebildete Harnrnenge im Verlauf eines Tages zwar sehr schwankt, die Harnkonzentration sich jedoch gleichteitig andert, so daB die pro Stunde irn H a r n ausgeschiedene Stickstoffrnenge wahrend eines Versuchstages nur wenig schwankt, wie aus den weiteren Versuchen des Institutes hervorgeht (WARNECKE).

Behandlung der Exkremente bis zur Analyse

Kot und H a r n wurden wahrend des Versuchstages bei Ternperaturen unter 8 Grad C aufbewahrt, im Sornrner unter Verwendung einer Eis-Salzkiihlung. Konservierungs- mittel wurden nicht zugesetzt. Sofort nach Beendigung eines Versuchstages wurde der K o t zerkleinert und gemischt. 'Iio der Tageskotmenge wurde bei 60 bis 70 Grad C 24 Stunden lang vorgetrocknet und dann mehrere Tage irn Laboratoriurn aufbe- wahrt, uni einen Feuchtigkeitsausgleich rnit der Luft zu gewahrleisten. Es folgte die Ermittlung des Wasserverlustes durch die Vortrocknung, unrnittelbar danach wurde der lufttrockene Kot rnehrerer aufeinanderfolgender Tage zu einer Durchschnitts- probe vereinigt, die Trockensubstanz bestirnrnt und der Kot analysenfein gernahlen. Der H a r n wurde nach Beendigung eines Versuchstages sofort analysiert oder 1/10 der Tagesharnmenge bei - 17 Grad C eingefroren.

Das Besaugen der laktierenden Tiere

Die Anzahl der taglichen Saugungen und gegebenenfalls die Anzahl der saugenden Ferkel, also der Grad der Entleerung der Milchdriise, wirken leistungsbegrenzend. Bekanntlich dauert der Milchflufl wahrend einer Saugung nur 15 bis 30 Sekunden und ist auch dann nach dieser Zeit beendet, wenn ein Strich nur unvollkommen oder gar nicht besaugt wurde (6), off enbar, weil das milchfluflauslosende Hypophysen- hinterlappenhormon sehr schnell desaktiviert wird. Die Milchrnenge, die ein Ferkel wahrend dieser kurzen Zeit absaugen kann, ist begrenzt. Bei zu geringer Anzahl taglicher Saugungen wird daher nicht die gesarnte gebildete Milchrnenge abgesogen, und dies fuhrt schnell zu einer Einschrankung der Milchsekretion (8). Auch schwache Vitalitat oder Krankheit der Ferkel kann Ursache einer unvollstandigen Entleerung des Gesauges sein und geringe Milchleistung des Muttertieres vortauschen (2, 8).

I n den Versuchen wurden taglich wenigstens 15 Saugungen durchgefuhrt. Die Zahl der Saugungen wurde in den Fallen bis auf 28 erhoht, in denen durch weitere Vermehrung der Saugungen eine groBere Milchrnenge zu erzielen war. Mehr Saugun- gen waren nicht moglich, da die Sauen die Ferkel zwar noch ofter annehrnen, jedoch ein EinschieBen der Milch ausbleibt, wenn die Pausen zwischen den Saugungen zu kurz

Untersucbwngen zum Stoffwecbsel des graviden und laktierenden Schweines 97

sind, so dafl die Ferkel keine Milch absaugen konnen. I n einigen Fallen wurde die Zahl der Saugungen absichtlich niedriger bemessen, urn die Leistung der Tiere zu ver- mindern, was a n entsprediender Stelle vermerkt wird.

Die Zahl der saugenden Ferkel ist insofern von Einflufl auf die Milchleistung der Sauen, als nach den Untersuchungen von R A C H A U ( ~ ) ein gesundes Ferkel maximal 1000 bis 1200 g Muttermilch pro T a g aufnehmen kann. Bei geringer Ferkelzahl kann daher die Aufnahmefahigkeit der Ferkel leistungsbegrenzend wirken. Eine Sau mit 5 Ferkeln wird daher keine hohere Milchleistung als 6 kg pro Tag sichtbar werden lassen, obwohl die Leistungsfahigkeit der Sau wesentlich hoher sein kann. Versrrche rnit geringer Ferkelzahl konnen daher nicht mit Versuchen normaler Ferkelzahl ver- gfichen werden.

Die quantitative Errnittlung der Milhmengen

]lie quantitative Ermittlung der durch die Ferkel abgesogenen Milchmengen erfolgte durch Ermittlung der Gewichtsdifferenz der Ferkel vor und nach allen Saugungen und durch Bestimmung des vorwiegend aus Speichel bestehenden Substanzverlustes der Ferkel wahrend des Saugens.

Zu diesem Zweck stand eine Tachoschnellwaage mit einem Fassungsvermogen von 60 kg zur Verfugung, die eine Ablesegenauigkeit von 10 g gestattete. Der ge- samte Wurf konnte somit auf einrnal gewogen werden. Wenn das Wurfgewiche das Fassungsvermogen der Waage iiberstieg (4. bis 5. Laktationswoche), wurden jungere Ferkel von einer anderen Sau angelegt.

In einigen Versuchen standen jeweils zwei bis vier Ferkel im Stoffwechselversuch. Diese Tiere wurden einzeln auf einer Tachoschnellwaage mit einer Ablesegenauig- keit von 1 g gewogen. Es erwies sich als zweckmaflig, die Ferkel in einem hinreichend groflen Leichtmetallkasten standig auf der Waage aufzubewahren und ihnen nur einige Male am Tage Auslauf zu gewahren. Dadurch ist vor der Saugung ein ge- naues Ablesen des Ferkelgewichtes moglich, und auch nach der Saugung dauert es im allgemeinen nicht lange, bis sich die Ferkel zur Ruhe niederlegen, so dafl auch dann das Gewicht genau abgelesen werden kann. Setzt man die Ferkel erst vor der Sau- gung in den Waagekasten, so lost dies grofle Unruhe aus, bei der kaum eine genaue Ablesung des Gewichtes rnoglich ist.

Bereits WOHLBIER (8) beobachtete jedoch, dafl durch Ermittlung der Gewichts- differenz nicht die absolute von den Ferkeln abgesogene Milchmenge erfaBt wird, da die Ferkel durch starke Einspeichelung des Gesauges und verstarkte Atmung wahrend des Saugens an Substant verlieren. WOHLBIER ermittelte diesen Substanzverlust und stellte etwa 4 bis 6 g pro Ferkel und Saugung fest. Er korrigierte die Milchmengen allerdings nicht um diesen Betrag.

Der Substanzverlust der Ferkel wurde in unseren Versuchen auf folgende Weise ermittelt:

Etwa 20 bis 30 Minuten nach einer Saugung wurden die Ferkel wieder angelegt. Nach einer solch kurzen Saugepause bleibt das Einschiefien der Milch im allgemeinen aus und die Ferkel konnen keine Milch absaugen. Falls bei einer Sau dennoch die Milch einzuschieflen drohte, was man bei genauer Beobachtung des Tieres an der Art der Lockrufe vorher feststellen kann, brauchte man das Tier nur durch ungewohnten Larm oder Ferkelquieken zu storen, um ein Einschieflen der Milch zu verhindern Die Ferkel wurden die gleiche Zeit am Gesauge gelassen wie bei normalen Saugun-

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gen ( 2 bis 3 Minuten) und wie nach normalen Saugungen zuruckgewogen. Auf diese Weise wurde taglich eine Substanzverlustbestimmung durchgefuhrt. Im Mittel der funftagigen Versuchsabschnitte wurden beispielsweise folgende Werte gefunden:

Substanzverlust pro Ferkel und SLugung

Die betrachtlichen Schwankungen der Einzelablesungen erklaren sich zum Teil aus der Ablesegenauigkeit der verwendeten Waage, da hier der mogliche Ablesefehler von 10 g stark ins Gewicht fallt. Die gefundenen Werte stimmen gut mit den von WOHLBIER (8) beobachteten uberein.

Aus dem mittleren Substanzverlust pro Ferkel und Saugung wahrend eines funf- tagigen Laktationsabschnittes wurde unter Berucksichtigung der Ferkelzahl und der Anzahl der taglichen Saugungen fur jeden Versuchstag der gesamte Substanzverlust errechnet und zur Gewichtsdifferenz der Ferkel vor und nach den Saugungen addiert. Die Summe beider Grofien ergibt die durch die Ferkel abgesogene Milchmenge.

Die absoluten Werte des Substanzverlustes der Ferkel wahrend des Saugens be- wegten sich, je nach Ferkelzahi, Anzahl der taglichen Saugungen, Alter der Ferkel in den bisherigen Versuchen zwischen 130 und 800 g pro Tag. Sie sind daher bei der Berechnung der Milchmengen keinesfails zu vernachlassigen.

Die Probenahme der Milch zur Analyse

Die Probenahme der Milch zur Analyse ist moglich durch Ausnielken des Gesauges nach intravenoser Injektion von 6 Voegtlin-Einheiten Orasthin(4, 6), wodurch ein etwa 5 Minuten anhaltender Milchflufi ausgelost wird, oder durch Abmelken von Milch wahrend der Saugungen. Beide im Institut angewandten Methoden der Probe- nahme konnen zu falschen Ergebnissen fuhren, wenn gewisse physiologische Gegeben- heiten nicht beachtet werden:

Es ist zu beobachten, dai3 nach der 'Lnjektion von Orasthin etwa das Doppelte der Milchmenge ermolken wird, die die Ferkel nach einer gleichlangen Saugepause absaugen. Die der Melkung folgenden zwei bis drei Saugungen ergeben dagegen er- heblich geringere Milchmengen als gewohnlich. Daraus geht hervor, dai3 durch das Melken nach Orasthin-Injektion eine vollkommenere Entleerung des Gesauges erzielt wird als durch eine normale Saugung, da offenbar durch die hohe Hormondosis die

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Milch volikommener aus den Alveolen ausgeprei3t wird als bei normalen Saugungen. Nach der Injektion wird dernnach ein Teil derjenigen Milch, die nach normalen Sau- gungen als Restmilch im Gesauge verbleibt, mit ermolken.

Nach den Untersuchungen von JOHANSSON (3) und GUTTE (1) hat bei Rindern die nach dem Melken im Euter verbleibende Restmilch (residual milk) etwa den drei- bis vierfachen Fettgehalt der vorher ermolkenen Milch. Beim Rind kann dieses Pha- nomen auf eine mechanische Entrnischung der Milchbestandteile wahrend des AUS- flief3ens der Milch aus den Alveolen und auf Adhasion der Fettphase in kapillar- artigen Kanalchen der Milchdriise zuriickgefiihrt werden (4). Falls beim Schwein ahn- liche Verhaltnisse vorliegen wie beirn Rind, so miiRte die nach Orasthin-In jektion errnolkene Milch einen hoheren Fettgehalt besitzen als die durch die Ferkel abgeso- gene Milch, da in der abgemolkenen Milchprobe ein Teil der fettreicheren Restmilch enthalten ist.

Es wurde daher geprufi, ob das bei Rindern zu beobachtende Ansteigen des Fett- gehaltes von der zuerst ermolkenen Milch zur zuletzt ermolkenen Milch und zur im Euter verbleibenden Restmilch auch beirn Schwein zu beobachten ist.

Zu diesem Zweck wurde eine Sau nach Orasthininjektion gebrochen gemolken, und zwar von jedem Strich ein Vorgemelk, ein Hauptgemelk und ein Nachgemelk. Der Melkung waren vier Saugungen in Abstanden von je 90 Minuten vorhergegan- gen. Es wurden dabei folgende Unterschiede in der Zusammensetzung der Gemelk- fraktionen gefunden:

Die Unterschiede in der Zusammensetzung der Sauenmilch bei gebrochenem Melken nach intravenoser Injektion von Orasthin

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am 10. Laktationstag (Mirtelwerte von 5 Strichen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorgemelk 6 4 g 7,15 0,846

Hauptgemel k 5294 g 7,31 0,808 Nachgemelk 13,2 g 7,39 0,797

............................

............................

am 28. Laktationstag (Mittelwerre von 6 Strichen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorgemelk 19,O g 6,97 0,872

Hauptgemelk 38,9 g 7,58 0,845 Nachgemelk 34,8 g 7,67 0,824

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Es zeigt sich zwar ein Ansteigen des Fettgehaltes mit fortschreitendem Melken; es wird jedoch nicht annahernd das AusmaG des bei Rindern beobachteten An- stieges erreicht. Das ist wohl darauf zuriickzufuhren, daR bei Rindern das AusflieRen der Milch aus den Alveolen bereits vor dem Melken beginnt. Dieses AusflieRen geht sehr langsam vonstatten und fiihrt eine starkere mechanisdie Entmischung der Milch- bestandteile herbei, so daR sich bereits vor dem Melken in der Zisterne groRere Men- gen fettarmer Milch ansammeln, wahrend sich in den Alveolen und Ausfiihrungs- kanalchen die Milch durch Zuriickbleiben der Fetttropfchen mit Fett anreichert.

Auf Grund der anderen anatomischen Beschaffenheit des Gesauges der Sauen flief3t bei diesen vor dem Melken oder Besaugen fast keine Milch in die kaum ent-

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wickelte Zisterne ab. Erst unter der Wirkung des Hypophysenhinterlappenhormones wird die Milch sehr heRig und schnell aus den Alveolen ausgepreat. Bei diesem schnel- len AusflieRen ist die mechanische Entmischung der Milchbestandteile offenbar gerin- ger. Die Fetttropfchen werden mit ,,herausgespult", wahrend sie beim Rind bei dem langsamen Absickern der Milch vor Beginn des Melkens durch Adhasion an den Ge- fanwandungen haften bleiben.

Der Stickstoffgehalt, und somit der Eiweingehalt der Sauenmilch zeigt in diesen Versuchen einen Abfall rnit fortschreitendern Melken. Dieser Effekt wurde von JOHANSSON auch bei Rindern beobachtet, allerdings in schwacherem MaCe (3).

Die Unterschiede in der Zusammensetzung der Gemelkfraktionen sind beim Schwein nach diesen Untersuchungen nach 9Ominutigen Saugepausen zwar geringer, aber deutlich. Der Energiegehalt durfte wegen der Gegenlaufigkeit von Eiweiagehalt und Fettgehalt noch geringere Unterschiede aufweisen. Nach groaeren Saugepausen ist allerdings wie beim Rind nach groaeren Melkpausen mit groaeren Unterschieden zu rechnen.

Fur die Probenahrne der Milch nach Orasthininjektion folgt aus diesen Unter- suchungen, d a 6 bei der Probenahme aus jedem Strich nicht mehr Milch geniolken werden darf, als ein Ferkel nornialerweise absaugt, wenn die Milchprobe in ihrer Zu- sanimensetzung der durch die Ferkel abgesogenen Milch entsprechen sol].

Das Melken der Sauen nach Injektion von Hormonpraparaten wahrend der Stoff- wechselversuche hat jedoch einige Nachteile. So ist es ni i t groaer Aufregung fur die Tiere verbunden, da diese zur lnjektion und zum Melken geknebelt werden miissen. Deshalb wurde die Probenahme auf andere Weise durchgefuhrt:

Sofort nach der Geburt der Ferkel wurde durch sorgfaltige Beobachtung der Sau- gungen darauf geachtet, daa die Anzahl der angesogenen Zitzen die Ferkelzahl wenigstens um 2 uberstieg. Bei jeder Saugung wurde ein Ferkel etwa 8 bis 10 Sekun- den nach Beginn des Milchflusses von seinem Strich abgenommen und an einen ande- ren, bisher freigehaltenen Strich angesetzt. Ferkel, die sich nicht an das Umsetzen gewohnten, wurden wahrend des Milchflusses vom Gesauge entfernt. Aus dem eben vom Ferkel besaugten Strich wurde eine Milchprobe abgemolken. Zur Probenahme wurden sanitliche Saugungen und irn Wechsel alle besaugten Zitzen herangezogen, d a rnit gewissen tageszeitlichen Schwankungen (6 , 8) und Unterschieden von Strich zu Strich in der Milchzusammensetzung (7) zu rechnen ist. Keinesfalls durfen mangel- haft oder gar nicht besaugte Zitzen zur Probenahme herangezogen werden, da diese eine Milch mit starker vorn Durchschnitt abweichender Zusammensetzung liefern.

Durch diese etwas umstandliche Maanahme, die auch einige Anforderungen an die Geschicklichkeit des Probenehniers stellt, wird erreicht, daa zur Probe nicht die fettarmere und eiweiareichere, zuerst abflieaende Milch gewonnen wird, sondern Milch aus der mittleren Gemelkfraktion, die in ihrer Zusammensetzung am besten der gesamten durch die Ferkel abgesogenen Milch entspricht.

Die Probeflasche wurde wahrend des Versuchstages in Eiswasser aufbewahrt, an- schlieaend bei - 17 Grad C eingefroren.

An den ersten Laktationstagen wurde taglich eine N-Bestimmung in der Milch durchgefuhrt, da sich zu Laktationsbeginn der N-Gehalt sehr schnell andert. Anson- sten wurde aus den Milchproben mehrerer aufeinanderfolgender Tage ein der Tages- milchleistung der Sau entsprechender Anteil entnommen und zu einer Durchschnitts- probe vereinigt, welche analysiert wurde.

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Das Fiittern und Tranken der Tiere

Die Tiere wurden taglich zweinial zur gleichen Zeit gefuttert, wobei sie pro Mahlzeit genau die halbe Tagesration erhielten. An Trankwasser wurde 2 bis 3 Liter pro kg Trodcensubstanz im Futter + 0,s Liter pro kg Milchleistung gegeben. Aus dem Trankwasser wurden Proben zur Mineralstoff analyse entnommen.

Die Feststellung des Lebendgewihtes der Tiere

Die Tiere wurden taglich am Morgen vor dem Fiittern gewogen. D a das Gewicht der Tiere von T a g zu T a g Schwankungen zeigt, wurden als Anfangs- und Endgewichte der Versuchsabschnitte jeweils die Mittelwerte der Wagungen von drei aufeinander- folgenden Tagen eingesetzt (rnit Ausnahme des letzten Trachtigkeitstages und des ersten Laktationstages). Das mittlere Gewicht in den Versuchsabschnitten wurde als Mittelwert aus den taglichen Wagungen errechnet.

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Versuhsperioden

Die Tiere erhielten wenigstens 7 Tage vor Versuchsbeginn die Versuchsration. Im all- gemeinen standen die Tiere langere Zeit z. B. letzte Zeit der Trachtigkeit und Lak- tationsperiode, bei gleicher Fiitterung irn Versuch, der in mehrere Versuchsabschnitte unterteilt wurde. Die Ausscheidungen irn Kot wurden zu wenigstens 10tagigen Ver- suchsabschnitten zusammengefafit. Kurzere Versuchsabschnitte liefern unsichere Ver- dauungskoeffizienten, da die taglichen Kotausscheidungen, besonders wahrend der 13runst der Tiere und in den Tagen vor und nach dern Abferkeln, gelegentlich stark schwanken und ein T a g mit zufallig geringer oder starker Kotausscheidung kiirzere Versuchsabschnitte zu stark beeinflufit. Die Schwankungen der Kotausscheidungen sind weniger auf unterschiedliche Verdauung als auf unterschiedliche Entleerung des Enddarmes an aufeinanderfolgenden Tagen zuruckzufuhren. Die Ausscheidungen durch Milch und H a r n wurden zu 5- oder I Otagigen Versuchsabschnitten zusammengefafit. Die Vorfutterung zu den Laktationsversuchen wurde bereits wahrend der letzten Trachtigkeitswochen durchgefuhrt, so dafi die ersten Laktationstage dem Versuch nicht durch eine Futterumstellung verlorengingen. Die Kotausscheidung des Tages des Abferkelns wurde zum letzten Trachtigkeitsabschnitt gerechnet, da im allgemeinen am Tage vor den1 Abferkeln sehr grofie Kotmengen abgegeben werden, wahrend am Tage des Ferkelns die Kotausscheidung sehr vermindert ist oder ganz ausbleibt. Als enter Laktationstag wurde der erste volle Versuchstag nach dern Abferkeln bezeichnet.

Zusammenfassung

Es wurde eine Methodik beschrieben, die es gestattet, tragende und saugende Sauen in langfristigen Stoffwechselversuchen zu halten. Quantitative und getrennte Gewin- nung der Exkremente gelang durch Dressur der Versuchstiere ohne Benutzung von Zwangsstallen oder Tragegeschirren. Fehlermoglichkeiten, die bei der quantitativen und qualitativen Erfassung der Milchleistung bei Sauen gegeben sind, werden ein- gehend untersucht und diskutiert und geeignete Methoden zur genauen Erfassung der Milchleistung beschrieben.

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Literatur zur 1. Mitteilung

1. GUTTE, J. 0.: Milchwiss. 9. 321. (1953). - 2. GUTTE, J. 0.: Diss. sc. agr. Gottingen 1954. 3. JOHANSSON, I.: Acta Agriculturae Skandinavika 11: 1. 82. (1952). - 4. LENKEIT, W.: Ein- fuhrung in die Ernahrungsphysiologie der Haustiere, Verlag Enke, Stuttgart 1953. - 5. LEN- KEIT, W.: Dtsch. Akad. d. Landwirtschafiswiss. Berlin, Wissenschafil. Abh. Vi2 (1954). 6. PIELOK, J.: Beihefie z. Archiv fur Tierern. 2. 2. Berlin 1952. - 7. RACHAU, P.: Diss. sc. agr. Gottingen 1954. - 8. W O H L B I E R , W.: Uiochcm. 2. 202. 29 (1928).

Aws dem Institut f u r Eerphysiologie wnd Tierernahrung der Universitat Gottingen

Direktor Professor Dr. Dr. W . Lenkeit

Experimentelle Untersuchungen am Wiederkauer zur alimentaren Wirksamkeit der nativen Oxalsaure

Beitrag zur Fehlernahrung mit Zuckerrubenblatt, Riibenblattsilage, Trockenblatt, Troblako und Trockenschnitzel

von H E I N R I C H BRUNE

I . TElL

A. Einleitung

I n Gebieten niit intensivem Zuckerrubenbau bilden die von der Zuckerriibenpflanze gewonnenen Futtermittel wahrend einer langen Zeit des Wirtschaftsjahres fur das Nutzvieh den Hauptanteil der Futterration.

Diese nahrstoffmaflig wertvollen Futtermittel sind fur den Wiederkauer nicht un- schadlich, zunial dann nicht, wenn sie langere Zeit und iiber eine Maximalnienge hinaus verfuttert werden.

Ein Teil der Schaden, die insbesondere nach Verfutterung von Riibenblatt bei landwirtschafllichen Nutztieren auftreten, wie Rubenblattdurchfall mir den Sekundar- folgen (Osteopathien), wird auf den relativ hohen Oxalsauregehalt dieser Futter- niittel zuriickgefiihrt.

In der Zuckerrubenpflanze liegt die Oxalsaure zum groflten Teil als Calcium- oxalat vor. Die nicht an Calcium gebundene Oxalsaure der Zuckerrubenpflanze ver- mag wahrend der Verdauungsvorgange beim Wiederkauer, so nimmt man an, sich mit Kalkverbindungen zu Calciurnoxalat umzusetzen. Das als Calciumoxalat ge- bundene Calcium sol1 fur den Wiederkauer unverwertbar sein.

Auf Grund eigener Versuchsergebnisse wurde bereits fruher vermutet (14), dafl Calcium aus Calciumoxalat fur den Wiederkauer nicht vollstandig unverwertbar ist. Es erscheint deshalb von Interesse, grundlagenmaflige Untersuchungen iiber die Wirk- samkeit der nativen Oxalsaure beim Wiederkauer anzustellen.