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KulturGeschichtsPfad 2 Ludwigsvorstadt Isarvorstadt

Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt

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Rundgänge entlang historisch bedeutsamer Orte und Ereignisse in München

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KulturGeschichtsPfad

2 LudwigsvorstadtIsarvorstadt

Inhalt

Vorwort Christian Ude 3Grußwort 5

Geschichtliche Einführung 9

Rundgänge

Ein Rundgang durch die LudwigsvorstadtHauptbahnhof 22Bayerstraße 25Hackerbrücke 26Kirche St. Paul 27Theresienwiese 28Kaiser-Ludwig-Platz 30Klinikviertel 32Schillerstraße 35

Ein Rundgang durch das Schlachthof- und Dreimühlenviertel

Goetheplatz 38Lindwurmstraße 40Kirche St. Andreas 42Südbahnhof 44Schlachthof 45Dreimühlenviertel 46Wittelsbacherbrücke 47Kirche St. Anton 49Alter Südfriedhof 50Gaswerk 51Sendlinger Tor 52

Bereits erschienene und zukünftige

Publikationen zu den KulturGeschichtsPfaden:

Stadtbezirk 01 Altstadt-Lehel

Stadtbezirk 02 Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt

Stadtbezirk 03 Maxvorstadt

Stadtbezirk 04 Schwabing-West

Stadtbezirk 05 Au-Haidhausen

Stadtbezirk 06 Sendling

Stadtbezirk 07 Sendling-Westpark

Stadtbezirk 08 Schwanthalerhöhe

Stadtbezirk 09 Neuhausen-Nymphenburg

Stadtbezirk 10 Moosach

Stadtbezirk 11 Milbertshofen-Am Hart

Stadtbezirk 12 Schwabing-Freimann

Stadtbezirk 13 Bogenhausen

Stadtbezirk 14 Berg am Laim

Stadtbezirk 15 Trudering-Riem

Stadtbezirk 16 Ramersdorf-Perlach

Stadtbezirk 17 Obergiesing

Stadtbezirk 18 Untergiesing-Harlaching

Stadtbezirk 19 Thalkirchen-Obersendling-

Forstenried-Fürstenried-Solln

Stadtbezirk 20 Hadern

Stadtbezirk 21 Pasing-Obermenzing

Stadtbezirk 22 Aubing-Lochhausen-Langwied

Stadtbezirk 23 Allach-Untermenzing

Stadtbezirk 24 Feldmoching-Hasenbergl

Stadtbezirk 25 Laim

Zwei detaillierte Lagepläne zur Orientierung im Stadtbezirk finden Sie im Anhang. Am Ort selbst sind die Stationen durch Markierungs-schilder kenntlich gemacht.

Alle Texte und weitere Informationen stehen unter www.muenchen.de/kgp zur Verfügung.

Längs der Isar:Gärtnerplatz- und Glockenbachviertel

Ludwigsbrücke 56Deutsches Museum 58Patentämter 60Corneliusbrücke 61Reichenbachbrücke 62Gärtnerplatz 63Müllerstraße 65Fraunhoferstraße 67Hans-Sachs-Straße 69Pestalozzistraße 71Pechwinkel 72Karl-Heinrich-Ulrichs-Platz 73

Literaturauswahl 75Bildnachweis 76Übersichtskarte 77

Vorwort

Die KulturGeschichtsPfade der Landeshauptstadt Münchensind Rundgänge entlang historisch bedeutsamer Orte undEreignisse im städtischen Raum. Sie sind nach Stadtbezirkengegliedert und sollen zu einem flächendeckenden topo-graphischen Netzwerk der Geschichte Münchens aus-gebaut werden.

Wir laden alle Münchnerinnen und Münchner und alle aus-wärtigen Besucherinnen und Besucher dazu ein, nebenden geläufigen Glanzlichtern Münchens auch den wenigerbekannten Besonderheiten der Stadtgeschichte auf die Spurzu kommen. Jeder KulturGeschichtsPfad ist als Broschüreerhältlich und im Internet abrufbar. Er führt zu den bedeuten-den Bauwerken, den geschichtsträchtigen Plätzen und denWohnungen oder Wirkungsstätten bemerkenswerter Per-sönlichkeiten des jeweiligen Bezirks. An Ort und Stelle

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weisen Orientierungstafeln den jeweiligen Pfad und diebetreffende Einzelstation aus. Die KulturGeschichtsPfadesind so angelegt, dass sie zu Fuß oder mit dem Fahrradzurückgelegt werden können.

Ich wünsche allen Reisenden, die sich zu den historischenMarksteinen vor der eigenen Haustür und jenseits der aus-getretenen Wege aufmachen, anregende, neue Erkenntnisseund dem Projekt der münchenweiten KulturGeschichtsPfadegroße Resonanz in der Bevölkerung.

Christian UdeOberbürgermeister

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Grußwort

Zu den jüngeren Stadtbezirken in der Geschichte Münchensist das Gebiet des Bezirksausschusses 2 (Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt) zu rechnen. Vielleicht auch deshalb spielt sichdort ein Bereich des Lebens ab, der mit entscheidend ganzMünchen prägt, weil dieser lebendige Bezirk nicht nur dichtbesiedelt ist, sondern auch wirtschaftlich und kulturell zumErfolg unserer gesamten Stadt beiträgt: Hauptbahnhof,Hotelgewerbe, Deutsches Theater und Staatstheater amGärtnerplatz oder Oktoberfest sind nur einige dieser markan-ten Beispiele.

Lassen Sie sich auf drei Routen einige Details nahe bringen,die auch Kenner der Gegend erstaunen werden und dieEinzigartigkeit dieses Stadtteils erleben lassen. Wie sich dasbunte Leben mit seinen über 70 verschiedenen Nationalitä-ten im südlichen Bahnhofsumfeld etabliert hat, ist ebensospannend, wie die Entwicklung der schwullesbischen Infra-

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LudwigsvorstadtIsarvorstadt

In den jungen Vorstädten links der Isar

struktur im Glockenbachviertel. Dass im innerstädtischenBereich während der Nazidiktatur auch unrühmlicheGeschichte geschrieben wurde, wird in dieser Broschürekeineswegs unter den Tisch gekehrt und trägt zur umfas-senden Information bei.

Diese erste Ausgabe stellt keinen Anspruch auf Vollständig-keit. Vielmehr sind Interessenten dazu aufgefordert, sicheinzubringen, damit bei der nächsten Auflage noch weitereDetails hinzugefügt werden können. Ebenso wie die Ge-schichte der Kultur soll dieses Werk als fortgeschriebeneGeschichte aufgefasst werden.

Ganz herzlichen Dank möchte ich allen Mitarbeitern, beson-ders der Autorin, sowie den ehrenamtlich tätigen Helfernaus dem Stadtbezirk und aus dem Bezirksausschuss aus-sprechen. Zusammen haben sie eine gelungene Zusammen-stellung in diesem Heft geschaffen, das sowohl Fremdeals auch Einheimische zu einem kurzweiligen Fahrrad- oderFußgängerrundkurs einlädt.

Alexander MiklosyBezirksausschussvorsitzender

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Der erste Stadtplan Münchens aus dem Jahr 1613 von TobiasVolckmer zeigt auch die Anfänge der späteren Ludwigs- undIsarvorstadt: Im Westen (links unten) vor dem Neuhauser Tor(Karlstor) die Landstraße nach Landsberg (Bayerstraße) so-wie Krautäcker und Gärten, vom Sendlinger Tor ausgehenddie Landstraße nach Sendling (Lindwurmstraße) sowie dieheutige Thalkirchner Straße mit dem »Gottesacker« (AlterSüdfriedhof). In der östlich anschließenden Isarvorstadt sinddie Stadtbäche mit den Mühlen, Bleichen und der »oberen«Floßlände (Am Glockenbach) zu erkennen, die unbebautenAnger und Gärten und (rechts unten) das »Brechhaus« (Pest-haus an der Baumstraße); rechts oben schließlich die Isar-brücke und die »untere« Floßlände.

Geschichtliche Einführung

Der 850. Stadtgeburtstag, den Mün-chen 2008 feiert, steht unter demMotto »Brücken bauen« – nicht zu-letzt, weil Gründung und Ausbau derStadt unter dem Vorzeichen des Isar-brückenbaus am Ort der heutigenLudwigsbrücke erfolgten. Die Lud-wigsbrücke und die fünf erst im19./20. Jahrhundert entstandenensüdlich anschließenden Innenstadt-brücken (Bosch-, Cornelius-, Reichen-bach-, Wittelsbacher und BraunauerEisenbahnbrücke) gehören heute zumStadtbezirk 02 (Ludwigsvorstadt-Isar-vorstadt).

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Der so dicht und urban wirkende Bezirkmachte jedoch keineswegs eine konti-nuierliche Entwicklung vom mittelalter-lichen Gründungsakt der Stadt bis heutedurch, sondern entstand im Wesentli-chen erst im 19. Jahrhundert. Dennochgibt es eine punktuelle und sich eben-falls vor allem auf das Wasser beziehen-de Vorgeschichte im Mittelalter: Solandeten an der Kohleninsel (heutigenMuseumsinsel) und am linken Isaruferdie Isarflöße an, hier entstand ein regel-rechter »Verkehrsknotenpunkt«. Auchdie aus der Isar abgeleiteten Stadtbächewaren Lebensnerv für das frühe

Blick von der Cornelius- bis zurBraunauer Eisen-bahnbrücke und aufdie Isarvorstadt mitder Kirche St. Maxi-milian, um 1920.

Gewerbe: Über den stellenweise noch sichtbaren Wester-mühlbach konnten Flöße bis zur »Oberen Lände« (heute»Am Glockenbach«) schiffen; der Bach speiste die namens-gebende »Westamill« (Holzstr. 28), die schon 1345 vomHeiliggeistspital erbaut wurde.

Der Westermühlbach war der »Versorger« der so genanntenInneren Stadtbäche, während die näher zur Isar gelegenenÄußeren Bäche aus dem Pesenbach gespeist wurden. Mitdiesen beiden aus dem Großen Stadtbach abgeleitetenHauptadern und ihren Nebenadern sowie dem Dreimühlen-bach wurde das frühgewerbliche Leben angetrieben, dieverschiedenen Mühlen und die (häufig daran anschließen-den) Handwerke wie Gerbereien, Bleichen oder Zimmereien.Mühlenrechte waren ein Privileg, über das die bayerischenHerzöge persönlich bestimmten. Die der Stadt 1462 über-lassenen zwei »Mühlschläge« vor dem Isartor wurden zurGrundlage einer florierenden Ansiedlung mit Hammerwerk,Schleifmühle, Säge- und Walkmühle. Andererseits barg dasWasser auch Gefahren, vor allem Hochwasser und Über-schwemmungen, und verhinderte lange eine systematischeÜberbebauung des isarnahen Terrains.

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Schon bevor die systematische Stadt-erweiterung die Ludwigs- und Isarvor-stadt schuf, ergaben sich städtischeAufgaben eben gerade aus der Lagedes Gebiets »extra muros«. Ein Pest-haus entstand an der heutigen Baum-straße, vor allem aber wurde mit derEröffnung eines Pestfriedhofs Endedes 16. Jahrhunderts der Grundsteinfür die Entstehung des »SüdlichenFriedhofs« gelegt. Städtebaulich stelltder Alte Südfriedhof die Grenze oderauch das Verbindende zwischen derLudwigs- und der Isarvorstadt dar.Auch im Gelände ist das erkennbar:

Hier (am Westermühlbach) verläuft die Hangstufe, die denÜbergang von der unteren Terrasse, auf der die Isarvorstadterbaut wurde, zur Altstadtterrasse mit der Ludwigsvorstadtkennzeichnet.

Zur Anlage der drei TeilpfadeWährend in der frühgewerblichen und dann industriellenErschließung die Isarvorstadt die Nase vorn hatte, wurdestädtebaulich zuerst die Ludwigsvorstadt entwickelt. Dieseit 1806 als Hauptstadt eines Königreichs aufgewerteteStadt München wurde nach einem Generalplan von 1810planmäßig erweitert. Den Namen erhielt das neue Quar-tier vom Kronprinzen, seit 1825 König Ludwig I. Der ersteTeilpfad beginnt und endet im »Schwanthalerquartier«,das südlich der alten Landstraße nach Landsberg (Bayer-straße) im Zuge der Entfestigung Münchens seit Beginndes 19. Jahrhunderts angelegt wurde. Bis 1830 entstandhier eine Gartenvorstadt in offener Bauweise unter dergeistigen Vorherrschaft Ludwig von Sckells; danach – undan der südlichen Bebauung der Schwanthalerstraße bereitsgut erkennbar (s. Foto S. 36) – setzte sich die geschlos-sene Bauweise durch. Durch den Bau des Hauptbahnhofsund den daran anschließenden Prozess der Citybildungkamen neue Prägungen: nicht nur ein urbaner Ausbau,sondern auch die Öffnung der Stadt nach außen, die sichheute in dem »multikulturellen« Straßenbild deutlich zeigtund etwa vom EineWeltHaus in der Schwanthalerstr. 80verkörpert wird.

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Die »Obere Lände«mit dem Brunnhaus,Aquarell um 1870.

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Der Bebauungsplanfür das Theresien-wiesenareal von1882.

Parallel zur Weiterentwicklung derLudwigsvorstadt in dem Villenquartierum den Bavariaring bildete sich nachder Eröffnung des Südbahnhofs unddes Schlacht- und Viehhofs in den1870er Jahren ein Arbeiterquartier imheute so genannten Schlachthofviertelheraus. Auch in dem in der Südost-ecke des Stadtbezirks gelegenen Drei-mühlenviertel siedelten sich Industrie-betriebe an, die mit Elektrizität und

Motoren die schon vorindustriell praktizierte Nutzung derWasserkraft fortsetzten. Diesen Teilen des Stadtbezirkswidmet sich schwerpunktmäßig der zweite Pfad.

Im dritten Pfad schließlich werden die isarnahen Quartiereum Gärtnerplatz und Glockenbach erfasst. Das Gärtner-platzviertel verdankt seine Entstehung auf dem ehemaligenHeiliggeist-Anger im Gegensatz zur staatlichen Planung derLudwigsvorstadt privatem Unternehmergeist. Ästhetischherrschte freilich auch hier das Ideal des geometrischenStädtebaus, wenn auch in geschlossener Bauweise, vor.Die bereits am frühesten besiedelten Teile des Stadt-bezirks, der so genannte Pechwinkel und die Umgebungder Floßlände im heutigen Glockenbachviertel, wurdenstädtebaulich erst besonders spät erschlossen. In diesen Vierteln hat sich eine besonders rege Stadtteil-kultur in Straßenfesten, Kunstaktionen und auch denvielen Galerien und kunsthandwerklichen Läden durch-gesetzt, die in starkem Maße von der schwul-lesbischenBewegung, die die Isarvorstadt zu ihrer Heimstatt gemachthat, getragen wird. Der Prozess der »Inbesitznahme« desStadtviertels wurde dabei vor allem von den Szenelokalenund ihren Wirten vorangetrieben, die mit Schwulendiscos,Lesbenbars oder Travestiebühnen attraktive Foren für dieSzene boten und bieten.

Zur Geschichte des Stadtbezirks imNationalsozialismusDie heute gelebte offene Homosexualität, die das Gärtner-platzviertel demonstriert, ist freilich erst eine sehr jungeEntwicklung: Noch bis 1969 galt die Strafbarkeit voll,danach eingeschränkt und erst 1994 wurde sie aufgehoben.In der NS-Zeit wurde die traditionell durch den §175 desStrafgesetzbuchs statuierte Verfolgung der männlichenHomosexualität verschärft. Die aufgesetzte Empörungüber Ernst Röhms Homosexualität im Zusammenhang mitseiner Verhaftung am 30. Juni 1934, der die Ermordungdes SA-Führers und seiner Gefolgsleute folgte, war nur derAuftakt für das groß angelegte Vorgehen gegen Homo-sexuelle. Am 20./21. Oktober 1934 führte die bayerischePolizei eine Razzia gegen Homosexuelle durch, die vielevon ihnen in »Schutzhaft« in das KonzentrationslagerDachau brachte. Dort wurden sie unter strengster Bewa-chung und tausendfachen Schikanen in einer eigenenBaracke isoliert. Auch später, vor allem seit Ende der1930er Jahre, wurden Homosexuelle immer wieder ver-haftet, schikaniert, gefoltert und in Konzentrationslagerverbracht – das gilt zwar in geringerem Maß, aber auch fürlesbische Frauen, bei denen häufig andere Haftgründe vorgeschoben wurden.

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Travestiekünstler im»Old Mrs. Hender-son«, 1993(Foto: Volker Derlath)

Hier prägte sich kein »Schtetl«, aber doch ein jüdischesGemeinschaftsleben aus, das sich vor allem im gewerb-lichen Bereich, in koscheren Lebensmittelgeschäften oderder stark vertretenen Textil und Bekleidungsbranche,bemerkbar machte. Dazu kamen jüdische Vereine und Bet-stuben und die in der Ludwigsvorstadt gelegenen Einrich-tungen eines jüdischen Krankenhauses (Hermann-Schmid-Straße), eines Altenheimes und eines Ritualbads (beidesin der Mathildenstraße).Der nationalsozialistische Vernichtungsfeldzug sparte keinedieser Einrichtungen aus: Geschäfte wurden boykottiert,dann enteignet und »arisiert«, Vereins- und religiösesLeben wurden verboten bzw. auf Scheinexistenzen unterstaatlicher Kontrolle reduziert. In Krankenhaus und Alten-heim wurden die Verfolgten gettoisiert, um schließlich seit1941 in die Todeslager deportiert zu werden.

Der Charakter des Quartiers veränderte sich im Krieg: durchden Verlust der jüdischen Bevölkerung und Geschäfte, dieUmstellung mehrerer Betriebe auf Rüstungsproduktion unddie Beschäftigung ausländischer Zwangsarbeiter – etwa inder Maschinenfabrik Hurth oder in der Gasmaskenproduktionvon Roeckl – und später durch die Luftangriffe. Die Planun-gen Hitlers für den Umbau Münchens, die den Stadtbezirketwa mit dem Neubau einer Nord-Südachse zur (umgestal-teten) Theresienwiese betroffen hätten, wurden indes nichtrealisiert. Erst in der Nachkriegszeit und bis heute kam eszu großen Eingriffen in die Bausubstanz durch den Abrissalter Firmengebäude, die das Viertel geprägt hatten, wieHurth und Zettler.

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Homosexuelle galten den National-sozialisten generell als Staatsfeindeund Verbrecher – vor allem gegen dasDogma der Vermehrung des deutschenVolkes. Während für sie aber nochÜberlebenschancen bestanden, weildie Verfolger an die »Umerziehbarkeit«– gegebenenfalls auch durch Kastration– glaubten, ließ der radikale Antisemi-tismus des NS-Staates keine solchenLücken für die jüdische Bevölkerung.Sie hatte sich besonders mit der ost-jüdischen Zuwanderung seit dem aus-gehenden 19. Jahrhundert zu einemhohen Anteil im »Kleine-Leute-Viertel«Isarvorstadt niedergelassen.

Das Handballteamdes jüdischen Turn-und Sportvereins Bar-Kochba, um 1930. Der Bar-Kochba-Stammtisch traf sichmontags in derGaststätte Fraunhofer.

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LudwigsvorstadtIsarvorstadt

Ein Rundgang durch die Ludwigsvorstadt

Der Stadtbezirk Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt heuteAngesichts der bedrückenden NS-Verfolgungsgeschichte stimmt die gelebte Toleranz und kulturelle Offen-heit im Stadtbezirk positiv. Man darfallerdings nicht vergessen, dass sieauch Abwehrreaktionen von rechts-radikalen, fremden- und integrations-feindlichen Kräften hervorruft. Dasmanifestierte sich etwa besondersradikal im Januar 2001, als in der Gast-stätte Burg Trausnitz zwei Neonazisihren 25. Geburtstag feierten: Dieangetrunkenen Gäste der Skinhead-Party lassen in der Zenettistraße ihreGewaltlust an einem Griechen aus, alsihm Deutsch-Türken zu Hilfe eilen,kommt es zu einer blutigen Schlägerei.In der Folge wurden 20 Neonazis festgenommen, gegen 12 von ihnenAnklage erhoben.

2006, also 5 Jahre nach dem Überfall, rief derBezirksausschuss die Schulen im Stadtviertelzu einem Ideenwettbewerb auf, mit dem Ziel»die demokratischen Kräfte und das zivile En-gagement zu stärken sowie Toleranz und Welt-offenheit zu fördern.« Passend zur Fußball-WM gestalteten Schüler der Wittelsbacher-schule eine Kollage: »Die Welt zu Gast beiFreunden?«

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Nachdem am 7. Dezember 1835 die erste deutsche Eisen-bahnlinie zwischen Nürnberg und Fürth eröffnet wordenwar, machte der Eisenbahnbau rasche Fortschritte.1839/40 konnte aufgrund unternehmerischer Initiative derBahnverkehr zwischen München und Augsburg aufgenom-men werden. Zunächst dienten einfache Holzbauten aufdem Marsfeld als Bahnhof. 1847 bestimmte dann KönigLudwig I. das Gelände der Schießstätte vor dem Karlstor alsneuen Standort für ein gemauertes Bahnhofsgebäude. DerEntwurf des Architekten Friedrich Bürklein verband maximi-lianische Repräsentationsarchitektur mit den neuen Anfor-derungen des industriellen Zeitalters. Über den Bahnhoföffnete München sich nicht nur nach außen, sondern wurdeauch die Citybildung beschleunigt. Hier siedelte sich etwadie Direktion der Telegraphenverwaltung an und die seit1900 elektrifizierte Straßenbahn ergänzte den Schienenver-kehr für den Nahbereich.

Hermann Tietz (Hertie) baute ein modernes Großkaufhausam Bahnhofsplatz (1905 eröffnet). Nach der »Machtergrei-fung« wurden die jüdischen Besitzer verfolgt und verdrängt;das Haus blieb aber wie die nunmehr »arisierte« Hertie-Kette insgesamt trotz der NS-Propaganda gegen Waren-häuser erhalten. 1951 wurde das Haus am Bahnhof nachKrieg und Wiederaufbau neu eröffnet; heute gehört es zum Karstadt-Konzern.

Hauptbahnhof

Das Empfangsgebäude des neuen »Central-bahnhofs« nach seiner Fertigstellung, um1850. Schon in den Jahren 1876–1884 wurdeder Bürklein-Bau erheblich umgebaut underweitert, so um ein Betriebsgebäude und einevierschiffige Gleishalle. Nach den weitgehen-den Zerstörungen der Jahre 1944/45 und einerZeit der Nachkriegsprovisorien entschied mansich Mitte der Fünfzigerjahre für einen kom-pletten Neubau unter Beseitigung der erhal-tenen Reste. Inzwischen ist auch diesesGebäude in die Jahre gekommen; Umbautensind notwendig. Die Realisierung eines futu-ristischen Schalterhallengebäudes (EntwurfAuer und Weber) scheitert aber derzeit nochan der Finanzierung.

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Der Mathäser-Bierpalast an der Bayerstraße 5 vor 1945.Bereits seit 1690 gab es einen Bierausschank an dieserStelle, seit 1857 hieß er »Mathäser« nach der damaligenGastwirtsfamilie. Nach 1900 ließ Löwenbräu hier einengigantischen Bierpalast ausbauen mit drei Bierhallen,einem Festsaal und einem Biergarten. In der Revolutionvon 1918 wurde der Mathäser zu einem wichtigen Schau-platz, weil sich hier am Abend des 7. November der erste»Arbeiter- und Soldatenrat« Münchens unter Vorsitz vonKurt Eisner konstituierte. Wenige Stunden später erklärteEisner im Landtag die Monarchie für beendet und rief den»Freistaat« Bayern aus. Nach der Zerstörung des Mathäserim Zweiten Weltkrieg entstand 1957 eine neue »Bierstadt«mit 16 Lokalen, aber auch Einzelhandels- und Büroflächenund einem Großleinwandkino.Ende der Neunzigerjahre wurde der Mathäser geschlossenund abgerissen, seit 2003 ist er als moderner Kinopalastwiedereröffnet.

Bayerstraße

Im Mittelalter verließ der Handelsverkehr nach LandsbergMünchen durch das »Obere Tor« und bewegte sich auf derAchse Bayer-/Landsberger Straße Richtung Westen. Seitdem Eisenbahnbau wurde die Bedeutung dieser Achsedurch die bis Pasing parallel verlaufende Eisenbahn unter-strichen. Wäre es zu der von Hitler geplanten Verlegung desHauptbahnhofs nach Laim gekommen, wäre auf dem ehe-maligen Gleiskörper eine 120 Meter breite »Prachtstraße«entstanden, die dem Größenwahn der Nationalsozialistenentsprach. Heute ist die Achse Hauptbahnhof-Laim-Pasingebenfalls Gegenstand von umfassenden Neuplanungen, dieetwa im Arnulfpark nördlich der Schienen bereits realisiertwurden.

Auf dem weiteren Weg kommen wiram Pressehaus, Bayerstraße 57–59,vorbei. 1900/01 entstand mit dem Bauvon Martin Dülfer für die »AllgemeineZeitung« eines der bedeutendstenZeugnisse des Jugendstils in München,das allerdings bereits Ende der Zwan-zigerjahre durch eine Verkleidung derim Erdgeschoss freiliegenden Eisen-konstruktion und die Beseitigung derOrnamentik in »ernüchternder Weise«entstellt wurde.

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Hackerbrücke

Über den »Galgenberg« geht es hinauf zur Hackerbrücke.Der Name resultiert von der mittelalterlichen Hinrichtungs-stätte, die erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufgelassenwurde. Dann siedelte sich die Brauerei Hacker-Pschorr hieran, wie überhaupt die Umgebung der Hackerbrücke von der»Bierstadt« München geprägt wurde, die die Terrassenstufeder Ur-Isar zur Anlage von Bierkellern nutzte. Im 19. Jahr-hundert zogen die Brauereibetriebe aus der enger werden-den Innenstadt nach, so auch die heute einzig verbliebeneAugustiner-Brauerei an der Landsberger Straße 31–35. Dort, wo sich seit den 1890er Jahren die Eisenbögen derHackerbrücke über die Schienen wölben, stand der ersteBahnhof Münchens. Die »Bretterbude« auf dem Marsfeldbrannte 1847 aus und wurde durch den Bürklein-Neubauweiter östlich ersetzt. Seit den 1870er Jahren hatte man inMünchen begonnen, die Bahnübergänge auf Schienenniveauzu beseitigen und Brücken zu errichten. Mit ihrer Eisenbogen-konstruktion steht die Hackerbrücke in München symbolischfür die Entstehung moderner Ingenieursbaukunst, wie siesich weltweit am bekanntesten im Pariser Eiffelturm mani-festiert hat.

Die im Krieggetroffene Brücke mit Notübergang am 18.7.1949.

Kirche St. Paul

Der Ausbau der Ludwigsvorstadt seit den 1880er Jahrenwurde durch einen monumentalen Kirchenbau flankiert. Diein den Jahren 1892 bis 1906 errichtete St.-Paulskirche vonGeorg Hauberrisser, dem Erbauer des Neuen Rathauses,manifestierte den Anspruch der neuen Vorstadt, das bürger-liche München mitzurepräsentieren. Der neugotischeKirchenbau bildete fortan einen städtebaulichen Bezugspunktin dem neuen Quartier, der besonders auffällig in dem weit-hin sichtbaren, zwischen Langhaus und Chor gesetzten Turmwird. Im Dezember 1960 blieb ein defektes amerikanischesMilitärflugzeug am Turm hängen und stürzte auf eine Stra-ßenbahn. 49 Tote und 16 Schwerverletzte waren die Bilanzdes schrecklichen Unglücks.

Auf dem weiteren Weg, am Bavariaring 5, kommen wir amVolksbrausebad vorbei, das Stadtbaurat Hans Grässel 1894errichten ließ. Damals stand der polygonale Bau, der mitZentralheizung und fließend Wasser ausgestattet war, füreine moderne öffentliche Hygiene.

St. Paul auf einerAufnahme vonPettendorfer, um1910.

Theresienwiese

Die Geburtsstunde des Oktoberfestes war der 17. Oktober1810, als aus Anlass der Vermählung des bayerischen Kron-prinzen Ludwig mit Therese von Sachsen-Hildburghausen einGalopprennen abgehalten wurde. Aus der alljährlichen Wie-derholung dieses zu einem »Nationalfest« des jungen baye-rischen Königreichs aufgewerteten Ereignisses entstand dieOktoberfesttradition auf der nach der Prinzessin benanntenTheresienwiese. Bis zum Ersten Weltkrieg standen diePferderennen im Mittelpunkt, die in einer oval angelegtenRennbahn am Fuß der Theresienhöhe abgehalten wurden.Aus den bei den Rennen aufgestellten Buden entwickeltensich die Vergnügungs- und Verköstigungsgeschäfte, schon1818 gab es eine Konzession für Karussells und Schaukeln.1896 stellte der Wirt Michael Schottenhamel das erste Bier-zelt großen Stils auf. Heute findet das Oktoberfest jährlichmit weit über sechs Millionen Besuchern aus aller Welt statt.Alle vier Jahre ist zeitgleich die Landwirtschaftsausstellung.

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Weitere Veranstaltungen über das Jahr locken Besucher vonauswärts an, schränken aber die Benutzbarkeit als größteGrünfläche des Quartiers ein. (H. Solfrank)

Mehrere politisch relevante Ereignisse kennzeichnen die Ge-schichte der Theresienwiese: So fand dort am 7. November1918 die Massenkundgebung statt, die die Revolution inMünchen auslöste, am 1. Mai 1933 andererseits die erstevon den Nationalsozialisten zum Feiertag aufgewertete undfür die »nationale Revolution« instrumentalisierte Maikund-gebung. Verheerungen richtete das Attentat des RechtsextremistenGundolf Köhler im Jahr 1980 an, bei dem 13 Menschengetötet und über 200 verletzt wurden. Das Denkmal für dieOpfer befindet sich am Haupteingang zum Oktoberfest.Die Umgebung der Stele wird 2008 neu gestaltet, um dasDenkmal »sichtbarer« zu machen.

Erstes »Oktoberfest«anlässlich der Hoch-zeit von KronprinzLudwig, 1810, aufeinem Bild von PeterHess.

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Die Theresienwiese erstreckte sich ursprünglich von derTheresienhöhe in einem Dreieck zwischen heutiger Petten-kofer- und Lindwurmstraße bis hin zum Sendlinger-Tor-Platz,wobei im spitzen Winkel davor allerdings seit 1813 das»Allgemeine Krankenhaus« (Ziemssenstraße) stand. Städte-baulicher Druck auf die Leerfläche entstand erst in derIndustrialisierung, zudem das im Norden gewachseneSchwanthalerquartier und das im Süden im Aufbau befind-liche Schlachthofviertel eine Verbindung sinnvoll machten.Die Stadt musste daher auf ihren Plan verzichten, diegesamte Wiesenfläche als »grüne Lunge« zu erhalten. Siegab den östlichen Teil zur Bebauung frei, abgegrenzt zurFreifläche durch einen Halbkreis von Villenbauten (Bavaria-ring). Seit den 1880er Jahren wurde in offener Bauweise einästhetisch sehr ansprechendes Viertel mit viel Grün nacheinem Plan von August Voit errichtet (s. S. 14). Er schufmit dem Kaiser-Ludwig-Platz einen nicht strengen Symme-trieanforderungen genügenden Sternplatz, dessen siebenArme wieder in kleinere Platzräume münden.

Kaiser-Ludwig-Platz

Das Theresiengymnasium wurde1895–97 gebaut. Die neubarockeFassade gestaltete Emanuel v. Seidl. Damit war das fünfte –dringend benötigte – Gymnasiumin München entstanden. Gegen-über, in der Platzmitte, steht dasvon dem Brauer Matthias Pschorrgestiftete Denkmal für KaiserLudwig den Bayern, das 1905 ineinem Bronzeguss Ferdinand vonMillers errichtet wurde.

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Der Ursprung des Klinikviertels liegt in der Errichtung des»Allgemeinen Krankenhauses« vor dem Sendlinger Tor, dasschon 1826 der gerade nach München verlegten Universitätangeschlossen wurde. Noch immer beherbergt das Gebäudean der Ziemssenstr. 1 die »Medizinische Klinik Innenstadt«,während zahlreiche Zweige sich ausdifferenzierten. Zu denfrühen »Ausgründungen« gehört die Chirurgische Universi-tätsklinik, die 1891 an der Nußbaumstraße (nach dem Klinik-gründer Nepomuk von Nußbaum) eröffnet wurde.Nußbaumstraße und Pettenkoferstraße wurden zu denHauptachsen des Klinikviertels, das sich mit einer Reiheberühmter Namen verbindet: Darunter ragt Max von Petten-kofer (1818–1901) heraus, dem die Gründung des erstenHygieneinstituts der Welt 1879 in München zu verdanken war(Pettenkoferstr. 9a). Aus jüngerer Zeit ist Frederic Vester(1925–2003) zu nennen, der in seiner 1970 gegründetenFirma (Nußbaumstr. 14) aus naturwissenschaftlichen Beob-achtungen Gesellschaftstheorien und die Forderung nach»vernetztem Denken« entwickelte.

Klinikviertel

1904 wurde die Psy-chiatrische Klinik ander Nußbaumstr. 7,in einem Bau vonMax Littmann, eröff-net. Ihr erster Direktorwar Emil Kraepelin(1856–1926), Nestorder auf der klinischenBeobachtung beru-henden klassifizieren-den Psychiatrie. Einerseiner Schüler, ErnstRüdin (1874–1952),lieferte dem National-sozialismus Begrün-dungen zur Zwangs-sterilisation »Minder-wertiger« und trugerheblich zur Umset-zung der Rassen-politik in der Medizinbei.

Ihre hohe medizinische Reputationschützte einige Institute allerdings nichtdavor, sich im Dritten Reich in die un-menschliche Verfolgung von »Erbkran-ken« und »Minderwertigen« verwickelnlassen. So wurde in die 1820 gegrün-dete Poliklinik an der Pettenkoferstr. 8adas Rassenpolitische Amt der NSDAPintegriert. Die Leitung hatte Prof. HeinzKürten inne, der die »Reinhaltung derdeutschen Rasse« als Wissenschaftlerpropagierte. Nach dem Krieg wurdeKürten von den Amerikanern entlassen,doch kehrte er später als Beamter aufseinen Lehrstuhl zurück.

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Der südliche Teil der Schillerstraße ist noch vom Klinikvier-tel geprägt, vor allem dem Jugendstil-Kuppelbau der »Anato-mischen Anstalt« an der Ecke zur Pettenkoferstraße. Ander Schillerstr. 51 lag der medizinische Verlag von JuliusFriedrich Lehmann (1864–1935), der mit der Verbreitungrassistischer Publikationen ebenfalls zu den geistigen Weg-bereitern und Propagandisten des Nationalsozialismusgehörte. Ein ganz anderes Milieu hat sich Richtung Bahnhof seit derNachkriegszeit entwickelt: ein Mikrokosmos der Schichtenund Völker, ein Vergnügungs- und Rotlichtviertel mit einereigenen Subkultur. Internationaler Handel vermischte sichmit dem Großhandelshinterhof der Altstadt und der dich-testen Konzentration an Elektro- und Elektronikhandel inSüddeutschland. Zwischen den Kontorhäusern und denHotels, deren Konzentration rund um den Hauptbahnhofinzwischen in Europa unübertroffen ist, haben sich in denfrühen achtziger Jahren vor allem die türkischen Einwan-derer ihr soziales Umfeld geschaffen – quasi ein »Basar«mit unzähligen Supermärkten, Banken, Schnellrestaurants,Hochzeitsboutiquen und in den Hinterhöfen an die 30 Mo-scheen. Diese sind nach den Herkunftsregionen ihreranatolischen Heimat gegliederte echte Bürgerhäuser, wodie Riten und Traditionen inmitten der westlichen Prosaeines Bahnhofsquartiers weiter gepflegt werden. Zugleichist dies auch der Markt aller Muslime aus Afrika, Arabienund Asien, die in München und Umgebung leben oderhier zu Gast sind und allmählich den türkischen Grundtonmit eigenen Farbtupfern auflockern. (H. Bahner)

Schillerstraße

Ankunft von Italienern im Starnberger Flügel-bahnhof, 1960 (Foto: Rudi Dix).

Die ersten »Gastarbeiter« kamen aufgrunddes deutsch-italienischen Anwerbevertragsvom 20.12.1955 nach Deutschland, Verträgemit anderen Nationen folgten, so 1961 mitder Türkei. Heute lebt oft schon die zweiteund dritte Generation der Einwanderer inMünchen; Integration ist aber, wie sich etwaim Bildungssystem alarmierend zeigt, beiweitem kein abgeschlossener Vorgang.

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LudwigsvorstadtIsarvorstadt

Ein Rundgang durch dasSchlachthof- und Dreimühlenviertel

Den Abschluss des ersten Pfades bildet ein

Abstecher zum Deutschen Theater an der

Schwanthalerstr. 13. Kurz vor der Jahrhun-

dertwende erbaut etablierte es sich schnell

als glamouröses Revue- und Ballhaus. Auch

nach Zerstörung und Wiederaufbau wurde es

in den fünfziger Jahren wieder zu einer Fa-

schingshochburg und ist heute vor allem als

Musicaltheater geschätzt. Trotz hoher Kosten

wird das beliebte und immer wieder reno-

vierte Haus auch 2008 der erneut notwendigen

Instandsetzung unterzogen. Unterdessen wird

eine Ersatzbühne in Fröttmaning bespielt.

Postkarte von derSchwanthalerstraßemit DeutschemTheater rechts undBlick auf die St.-Matthäuskirche,die 1938 von denNationalsozialistenabgerissen wurde.

Bereits 1938 wurde mit dem Bau der Münchner U-Bahnbegonnen. Unter der Lindwurmstraße wurde bis Ende 1941gearbeitet, der im Rohbau fertiggestellte Bahnhof Goethe-platz diente im Krieg als Luftschutzraum. Er gehörte zurgeplanten Nord-Süd-Linie zwischen Freimann und Mitter-sendling; eine zweite Strecke sollte zwischen Pasing unddem Ostbahnhof verlaufen. Nach dem Krieg wurden in derfeuchten dunklen Röhre am Goetheplatz Champignonsgezüchtet, danach verfüllte man sie mit Schutt; erst mitdem U-Bahnbau seit 1965 legte man das Teilstück wiederfrei. (H. Bahner/N. Zimmer)

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Goetheplatz

Goethestraße und Goetheplatz wurdenim Vorgriff auf die Bebauung des Wie-senviertels in den 1870er Jahren ange-legt. Wahrzeichen des Goetheplatzesist die expressiv geschwungene Fas-sade der Post. Robert Vorhoelzer schufdamit in den Zwanzigerjahren ein be-deutendes Zeugnis des vom Bauhausin Dessau propagierten Neuen Bauens. Mit dem vom Geist einer ausdrucks-vollen und sensiblen Moderne durch-drungenen Kinopalast von Sep Ruf(1956/57 gebaut), der Anfang der Neun-zigerjahre von Hein Goldstein mit einerschützenden Glashaut versehen wurde,ist etwas abseits vom Kreuzungslärmein beliebter öffentlicher Treffpunktentstanden.

Schon in den 1960erJahren beliebt: Der Platzraum vordem Royal-Palast.

Groß inszeniertwurde der »ersteRammstoß« zum U-Bahn-Bau am 22. Mai 1938 unterAnwesenheit Hitlers

Die Lindwurmstraße bezeichnet die alte Landstraße nachSendling. Im Zuge der nach der Entfestigung Münchenseinsetzenden Neuplanung zu Beginn des 19. Jahrhundertswurde sie begradigt.Das Haus Nr. 127 (damals 125), heute eine Zweigstelle derMünchner Volkshochschule, ist auf dramatische Weise mitdem Schicksal der Münchner Juden im Dritten Reich ver-knüpft. Das Rückgebäude des Hauses gehörte einst zumAnwesen Adlzreiterstr. 14 und war 1885 von der FamilieEinstein als Elektrotechnische Fabrik gegründet worden. Trotztechnischer Erfolge etwa in der neuen elektrischen Straßen-beleuchtung wurde die Firma 1894 wegen wirtschaftlicherSchwierigkeiten liquidiert und beherbergte dann verschiede-ne Unternehmen. Der Gründer der noch 1933 eingerichtetenZigarettenfabrik, Max Abeles, wurde 1942 nach Theresien-stadt deportiert und starb dort. Schon seit 1938 diente dasFabrikgebäude der jüdischen Kultusgemeinde als Notunter-kunft, weil die Nationalsozialisten die Synagoge und Gemein-degebäude an der Herzog-Max-Straße abreißen ließen. DasHaus an der Lindwurmstraße erlebte die rapide Erosion derjüdischen Gemeinde durch die im Herbst 1941 einsetzendenDeportationen. Der weitere Weg führt an der Hermann-Schmid-Str. 5, einemweiteren Ort von NS-Verbrechen, vorbei. Das historischeHaus wurde im Krieg zerstört; ein Mahnmal und eine Ge-denktafel erinnern an das Geschehen. Die jüdische Privat-klinik wurde, nachdem Juden keine Aufnahme in allgemeineKrankenhäuser mehr fanden, zunächst stark überbelegt undschließlich im Juni 1942 »evakuiert«. Drei Transporte ver-brachten Patienten, Ärzte und Schwestern ins KZ Theresien-stadt.

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Lindwurmstraße

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In der Turnhalle der Stielerschule war von

Juli 1944 bis zum Kriegsende ein Bomben-

suchkommando von KZ-Häftlingen aus

Dachau stationiert. Bis zu 15 von ihnen kamen

bei der Arbeit täglich ums Leben. Die meis-

ten starben beim Entfernen des Zünders

oder bei Explosionen von Blindgängern.

1989 wurde an der Stielerschule eine Gedenk-

tafel zur Erinnerung an das Kommando an-

gebracht. (A. Knoll)

Juden auf dem Wegin die Kultusge-meinde, um 1942.Die Lindwurmstraße125 diente nicht nurder Verwaltung, son-dern angesichts zu-nehmender »Entmie-tungen« auch derUnterbringung jüdi-scher Gemeindemit-glieder. Mehr als 40Menschen wurdendirekt von hier in dieVernichtungslagerdeportiert.

Kirche St. Andreas

1887 entstand an der Adlzreiterstraßeein Tanz- und Konzertsaal, dessenDarbietungen einen zweifelhaften Rufgenossen. Als 1917 die Präsidentindes Verbandes katholischer weiblicherJugendvereine den Bau erwarb, wurdeein neues Kapitel in der Geschichtedes Hauses aufgeschlagen. Währendes nicht zur Errichtung des zunächstgeplanten Mädchenheimes kam,wurde der Saal als Kirchenraum derneuen Pfarrei St. Andreas 1923 vonKardinal Faulhaber geweiht. ErsterPfarrer war Emil Muhler (1892–1963),der aus sozialem Engagement zumWiderstand gegen den Nationalsozia-lismus fand.

Tanzsaal im HotelAlhambra um 1900.

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Er bezahlte seine offene Sprache etwazu den Morden im KZ Dachau mit mehr-fachen Inhaftierungen. Nach dem Atten-tat vom 20. Juli 1944 nach Dachau ein-geliefert, konnte er vom Todesmarschim April 1945 fliehen und überlebte.Die alte Kirche St. Andreas wurde vonBomben zerstört. 1953 wurde derNeubau von Ernst Maria Lang an derZenettistraße geweiht.An der Adlzreiterstraße 27 wurde 1974das Frauenzentrum eröffnet, das Treff-punkt zahlreicher FrauenLesbengruppenwurde.

Der Weg führt weiter durch dieRuppertstraße, die heute vom großenBaukomplex des Kreisverwaltungs-referats geprägt ist. Nach dem Kriegverkehrte hier die »Bockerlbahn«, derenLoren auf provisorischen Gleisen dieTrümmer aus dem zerstörten Schlacht-hofviertel zum Flaucher brachten.

Schlachthof

Die »Pest« des 19. Jahrhunderts war die Cholera, die inWellen auftrat und dann hohe Opferzahlen forderte. Unterdem Einfluss Max von Pettenkofers wurden die hygieni-schen Probleme erkannt und in Angriff genommen. EineMaßnahme war der Bau eines zentralen Schlacht- undViehhofs, der die Hinterhofmetzgereien ablösen und einezentrale Entsorgung von Abfällen und Abwässern ermög-lichen sollte. Dafür bot sich das noch weitgehend unbebauteAreal beim Südbahnhof an. Die Kapuzinerstraße erschlossden 1876 errichteten Schlacht- und Viehhof von deranderen Seite.

Der Weg führt vorbei am »Tröpferlbad«(Thalkirchner Str. 104), das heute Treffpunkt für autonome Gruppen undJugendliche ist. Als Brausebad in derSchweineschlachthalle wurde es nichtnur von den Metzgern genutzt, sondernauch von den Bewohnern des Viertels,in dem Wohnungsbäder noch seltenwaren. (N. Zimmer)

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Das im Vordergrundder Grafik gelegeneGelände an der Kapu-zinerstraße wurde imZuge der Modernisie-rungen des Schlacht-hofbetriebs nichtmehr benötigt unddiente für den riesi-gen Neubau desArbeitsamts (heuteAgentur für Arbeit).

Im Zuge des Gürtel-bahnbaus wurde1869 die BraunauerEisenbahnbrückeüber die Isar errichtet.

Südbahnhof

Vom 1871 eröffneten »Thalkirchner Bahnhof« (Südbahnhof)ist nur der Güterbahnhof geblieben; der Personenverkehrwurde 1985 eingestellt und das historische Bahnhofsge-bäude 2005 abgerissen. Gedacht war er als »Zwischenbahn-hof« an der Gürtelbahn, die die Verbindung vom Haupt-bahnhof zum neuen Ostbahnhof herstellte. Der Südbahnhofwar die Keimzelle des Schlachthofviertels. Zuvor gab es imwesentlichen Felder und Gärten und einige Erschließungs-wege in dem zwischen Lindwurm- und Thalkirchner Straßegelegenen Areal. Seit 1875 wurde dann der großstädtischeAusbau vorangetrieben, der durch den Bau des Schlacht-und Viehhofes noch an Dynamik gewann. Auf der anderenSeite der Gleise, in Sendling, entstanden zunächst Lager-häuser, seit 1910 dann die Großmarkthalle. Dorthin gelangtman durch die Unterführung der Tumblingerstraße, in dieMünchens älteste, legalisierte Graffitiwand weist – einewahre »hall of fame«.

Firma Roeckl um1880, Ölgemälde vonunbekannter Hand.Die Handschuhfabrikwar 1871 aus derKaufinger Straße andie Isar gezogen undnutzte die Wasserkraftaus dem GroßenStadtbach zur Ener-giegewinnung undLedergerberei. 100Jahre später wurdedie Fabrik abgerissen;dort stehen jetztWohnhäuser.

Dreimühlenviertel

Der Dreimühlenbach gehörte zu den für das Viertel typischenStadtbächen, die als Abflüsse aus der Isar ihren Anfanggenommen hatten und schon im Mittelalter reguliert und fürden Mühlenbetrieb genutzt worden waren. Von den dreinamensgebenden Mühlen lag nur eine, die Obere Kaibl-mühle, in der Isarvorstadt. Seit dem 18. Jahrhundert wurdesie in der heutigen Dreimühlenstraße 30 geführt und imZuge des großen Mühlensterbens Ende des 19. Jahrhun-derts aufgegeben. Auch der Bach wurde 1920 aufgelassen.Für das Viertel sind jedoch nicht nur frühe gewerblicheBetriebe kennzeichnend, sondern auch Industrieansiedlun-gen, die die Wasserkraft nutzten. Das galt für die von JosephRodenstock in den 1880er Jahren von Würzburg nach Mün-chen verlegte Optische Fabrik. Aus den bescheidenen Anfän-gen eines Brillenherstellers aus Leidenschaft entwickeltesich ein international bekanntes Unternehmen. Den Stand-ort an der Isartalstraße hat es behalten.

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Wittelsbacherbrücke

Mit der zunehmenden Bedeutung einesArbeiterviertels wie Giesing in der In-dustrialisierung wurde der Verkehr in dieStadt immer wichtiger. Ein bestehenderHolzsteg wurde daher 1876 zunächstdurch eine Eisenbrücke ersetzt. 1904entstand der Neubau von TheodorFischer. Quadersteine verkleiden dievier Betonbögen und geben ihnen ein»altmodisches« Gepräge. Das Reiter-standbild von Otto von Wittelsbachkennzeichnet den größten Bogen.Die massiven Bögen der Brücke habensie zu einer bevorzugten Heimstatt fürObdachlose gemacht.

Die Brücke 1983 mitBlick auf das rechteIsarufer. Derzeit isthier das Renaturie-rungsprogramm fürdie Isar in der Um-setzung, das demeinstigen Wildflussetwas von seinemursprünglichen Ge-sicht zurückgebensoll. Dabei werdenUferböschungen ab-geflacht und neueModellierungen mitBlocksteinen undKiesinseln geschaffen.

Sowohl der der Brücke vorgelagerte Baldeplatz wie auch die Kapuzi-

nerstraße als wichtigste Quertangente im Schlachthofviertel wurden

erst im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts angelegt. Zuvor schon

hatte sich das Militär hier mit einer Pulvermühle an der heutigen

Geyerstraße einen Standort geschaffen. 1844 wurde er zur Anlage von

Filialwerkstätten des Münchner Zeughauses genutzt, die aber nur bis

1866, bis zum Umzug auf das Oberwiesenfeld, blieben.

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Im Vordergrund der Westermühl-bach, im Hintergrund die Kloster-kirche, Aufnahme von 1900. DieOrdensregeln erlaubten keinenTurmbau, und so gibt es nur einenbescheidenen Dachreiter mitWetterhahn und kleiner Glocke.

Kirche St. Anton

Keimzelle des Kloster- und Kirchenkomplexes war dieSchmerzhafte Kapelle aus dem 17. Jahrhundert, die sichals Wallfahrtsort etabliert hatte. 1846 siedelten sich dieKapuziner an, die Kapelle fungierte zunächst als Kloster-kirche. Das Kirchlein wurde aber bald zu klein, deshalbbaute man 1895 die neuromanische Antoniuskirche, sodass das Kapuzinerkloster zwischen den beiden Gottes-häusern zu liegen kam. Das Kloster St. Anton entwickeltesich zu einem der größten bayerischen Kapuzinerkonventemit Schlosserei, Schreinerei, Gärtnerei und einer eigenenSchweinezucht. Vom Klosterleben ist heute wenig geblieben; die Essens-ausgabe für Bedürftige wird allerdings von der MünchnerTafel fortgesetzt.

Von 2006 bis 2008 wurde das denkmal-geschützte Kloster aufwändig umge-baut. Die renovierten Räume teilen sichdrei Nutzer: das Institut zur Förderungpublizisitischen Nachwuchses (ifp), eineAusbildungsstätte für katholische Jour-nalisten, die Pfarrei St. Anton und dieKapuziner, die hierher ihr Provinzialat,also die Gesamtleitung ihrer Klöster inBayern, verlegt haben. (F. Ertl)

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Alter Südfriedhof

Als eine Pestepidemie 1563 in Mün-chen ausbrach, reichten die Kapazitätender Kirchenfriedhöfe in der Stadt nichtmehr aus. Vor dem Sendlinger Torwurde deshalb der »Äußere Friedhof«eingerichtet, der zunächst als Armen-friedhof galt. 1788 ließ Karl Theodorjedoch Bestattungen innerhalb derStadtmauern untersagen, und derFriedhof gewann an Bedeutung. DerErweiterungsteil im Süden wurde 1844von Friedrich v. Gärtner angelegt.

Der Stich von JohannStridbeck d.J. zeigtden Friedhof mit derStephanskirche. Siewurde 1674 geweiht,nachdem man im30jährigen Krieg alleFriedhofsbauten ein-gerissen hatte. Manbefürchtete, dieSchweden könntensich dort verschan-zen.

Ende des 19. Jahrhunderts beschlossman bereits, den Friedhof allmählichaufzulassen; im Zweiten Weltkriegwurde der Bestattungsbetrieb endgül-tig eingestellt. Heute gilt der Friedhofals »grüne Lunge« des parklosenStadtviertels und wichtiges Biotop.Zahlreiche prominente Münchner sinddort beerdigt – so auch die StadtplanerLeo von Klenze, Friedrich von Gärtner,Karl von Effner und Arnold von Zenetti.Unter den Künstlern und Gelehrten,Politikern und Theologen ragen z.B. derMaler Carl Spitzweg, die katholischeFrauenrechtlerin Ellen Amann und derHygieniker Max von Pettenkofer hervor.Auch die vielfach aufwändige Grabmals-kunst zeichnet den Friedhof aus.

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Gaswerk

Der Weg führt am alten Arbeitsamt in der ThalkirchnerStraße 54 vorbei, das 1914 eröffnet wurde und etwa dieZeiten der Massenarbeitslosigkeit in der Weltwirtschafts-krise erlebte. Das ausgreifende Problem der Arbeitslosigkeitin der Bundesrepublik zeigt der in den Achtzigerjahren errich-tete Großbau an der Kapuzinerstraße.60 Jahre lang, zwischen 1849 und 1909, befand sich imGeviert zwischen Thalkirchner Straße, Waltherstraße, Mai-und Reisingerstraße die erste Münchner Gasfabrik. Das1909 aufgelassene Gelände sollte vor allem der Erweiterungdes Klinikviertels dienen. Die Frauenlobstraße wurde gebaut.Als Nachfolgerin der viel zu klein gewordenen königlichenGebäranstalt in der Sonnenstraße entstand zunächst dieFrauenklinik, die 1916 von König Ludwig III. eröffnet wurde.Die Gebäudearchitektur ist um einen lauschigen Gartenhofangelegt. Im Inneren ist die Jugendstil-Ausstattung beson-ders im Hörsaal und in der Bibliothek noch zu bewundern.(H. Solfrank)

Die erste MünchnerGasfabrik um 1895.

Sendlinger Tor

Das Sendlinger Tor entstand als Teil deszweiten Mauerrings um München, derseit der zweiten Hälfte des 14. Jahr-hunderts infolge der Stadterweiterunggebaut wurde. Im Zuge der Ende des18. Jahrhunderts einsetzenden Entfes-tigung der Stadt wurde das SendlingerTor zum Ausgangspunkt einer neuer-lichen Stadterweiterung. Vor dem Torschuf der Landschaftsarchitekt v. Sckellden Sendlinger-Tor-Platz, von dem aus-gehend die Lindwurm- und die Thal-kirchner Straße die Entwicklungsrich-tung vorgaben.

GeneralplanSendlinger Tor, 1812

Das Gebärhaus ander Sonnenstraße um1860.Nach dem Umbau1920– 22 wurde esPostscheckamt.Heute ist dort einePrivatklinik unterge-bracht.

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LudwigsvorstadtIsarvorstadt

Längs der Isar:Gärtnerplatz- und Glockenbachviertel

Nur der südliche Teil des Sendlinger-Tor-Platzes gehört zum zweiten Stadt-bezirk. Hier lebte auf Nr. 5 Alois Sene-felder (1771–1834), der vielfach geehr-te Erfinder der Lithographie, in seinenletzten Lebensjahren.

In den zwischen Lindwurm- und Nuß-baumstraße gelegenen Grünanlagensteht die neue Matthäuskirche. Dieerste Kirche der Protestanten an derSchwanthaler-/Sonnenstraße ließHitler wegreißen – angeblich weil siein verkehrsungünstiger Lage stand.

wurde das neue Bauwerk auf weite Strecke zur einzigen unddamit umkämpften Brücke über die damals breite undreißende Isar. Als Teil der wirtschaftlich bedeutenden Salz-straße wurde sie zur Lebensader der Stadt. Schwere Hochwasser zerstörten immer wieder die Holz- undSteinbrücken, 1813 ertranken mehr als 100 Menschen beieinem Brückeneinsturz. Nach Plänen Leo von Klenzes entstand bis 1828 die Ludwigsbrücke, die im Beisein desNamensgebers König Ludwig I. eingeweiht wurde. (N. Zimmer)

Weil am 9. November 1923 die Teilneh-mer des Hitler-Putsches über die Lud-wigsbrücke marschiert waren, bekamsie im Dritten Reich eine sakrosankteStellung. Hitler selbst kümmerte sich umihre Umgestaltung und griff massiv indie städtische Baupolitik ein. Schließlichentließ er die gesamte Leitung desstädtischen Kulturamts, weil sie nichtden richtigen nationalsozialistischenKunstsinn demonstriert hätte.

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Heinrich Adam, »Aufder Ludwigsbrücke«,1829. Blick in dieZweibrückenstraße.

Ludwigsbrücke

An der Stelle der heutigen Ludwigs-brücke schuf der Welfenherzog Hein-rich der Löwe einen neuen Übergangüber die Isar. Er geriet damit in Konkur-renz zum Bischof von Freising, der dieZollrechte über die Isarbrücke bei Föh-ring innehatte. Dass Kaiser FriedrichBarbarossa im »Augsburger Schied«von 1158 zugunsten Heinrichs ent-schied, betrachtet man als den Grün-dungsakt Münchens. Weil Heinrich dieFöhringer Brücke niederreißen ließ,

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Die Museumsinsel diente im Mittelalter als Lagerplatz fürHolz, Kalkstein und Holzkohle, die von Flößen aus dem Ober-land angeliefert wurden. 1772 entstand die Isarkaserne, die100 Jahre später auch als Kriegsgefangenenlager für franzö-sische Soldaten diente. Danach war hier ein Ausstellungsparkfür Maschinen, Sport und Gartenbau. Nach einem schwerenHochwasser wurde die Insel durch feste Ufermauerngeschützt.

1903 gründete Oskar von Miller das »Deutsche Museum fürMeisterwerke der Naturwissenschaft und Technik«, daszunächst provisorisch im alten Nationalmuseum und in einerKaserne untergebracht war. Nachdem die Stadt die ehe-malige Kohleninsel als Standort anbot, begann Gabriel vonSeidl mit dem Sammlungsbau. Die feierliche Grundsteinle-gung erfolgte in Anwesenheit Kaiser Wilhelms II., die Fertig-stellung verzögerte sich bis 1925. Im Dritten Reich wurdedas Museum zwar ausgebaut, aber auch für den antisemi-tischen Feldzug der Nazis missbraucht. 1937 präsentiertensie im Bibliotheksbau die Hetz-Ausstellung »Der ewigeJude«. Trotz solcher Rückschläge hat sich das Museum mitdidaktischen Erfindungen und Weltneuheiten, wie dem Pro-jektionsplanetarium, zum größten und modernsten seinerArt entwickelt. 1931 konnte man hier die erste Fernseh-sendung bestaunen. 1969 drängelten sich die Besucher, umdie Raumkapsel Apollo 8 zu sehen, mit der zum ersten Mal Menschen den Mond umrundeten. Mit 1,2 MillionenBesuchern jährlich ist es Deutschlands meistbesuchtesMuseum. (N. Zimmer)

Deutsches Museum

Otto Strützel, Floßlände auf derKohleninsel, 1889. An der Kohlen-insel landeten jährlich bis zu12.000 Flöße, es war der größteFloßhafen Europas.

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Patentämter

Weil in der Zeit der Napoleonischen Kriege die Bedeutungder Kavallerie stark zunahm, wurde 1808 der Bau einer wei-teren Kaserne an der Isar (neben der älteren auf der Kohlen-insel) beschlossen. Der Militärkomplex wurde bis 1818 fertiggestellt und sollte in Friedenszeiten 876 Mann, in Aus-nahmesituationen aber über 1100 Soldaten fassen. Schon1858 war eine Generalsanierung notwendig, in der ZeitPettenkofers verbesserte man die hygienischen Verhältnisseim Hinblick auf die Pferdehaltung grundlegend.1953 wurde der Bau zugunsten des Neubaus des DeutschenPatentamtes abgerissen, das in Berlin ausgebombt wordenwar und eine neue Heimstatt brauchte. Auf dem daneben-gelegenen Gelände des Corneliusgefängnisses, das einGerichts- und ein Arrestgebäude umfasst hatte, entstandseit 1975 der mondäne Komplex des EuropäischenPatentamtes.

Die Schwere-Reiter-Kaserne nach einemAquarell von 1902.

Die neueCorneliusbrücke,1903.

Corneliusbrücke

Die nach dem Maler Peter von Corne-lius (1783–1867) benannte Brückewurde im Zuge des Brückenbaupro-gramms nach 1900 – allerdings alskompletter Neubau – nach Plänenvon Friedrich von Thiersch errichtet.Im Süden der Museumsinsel über-spannt sie die Große und die KleineIsar. Hervorgehoben wird sie durchdie Bastion auf dem Inselabschluss,in der nunmehr noch der BronzekopfLudwigs II. von Ferdinand von Millerzu bewundern ist. Der Rest desStandbilds wurde im Zweiten Welt-krieg eingeschmolzen.

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Seit 1832 verband eine hölzerne Brücke die Fraunhofer-straße mit der Vorstadt Au. Um diese wichtige Verkehrsadernicht völlig zum Erliegen zu bringen, wurde bei der Anlagedes neuen Brückenbauwerks die alte Holzbrücke nach Südenverschoben und weiter benutzt. Die neue Reichenbach-brücke entstand 1902 nach Plänen von Friedrich vonThiersch.Auf dem weiteren Weg kommen wir am Standort der ehe-maligen Synagoge an der Reichenbachstraße vorbei. Dasostjüdische Gotteshaus von 1931 war so im Viertel einge-baut, dass es bei der Brandschatzung durch den braunenMob in der »Reichskristallnacht« von 1938 von der Feuer-wehr vor völliger Zerstörung bewahrt wurde. Nach 1945wurde es daher als einzige verbliebene Münchner Synagogewiederhergestellt und diente bis zur Eröffnung der neuenHauptsynagoge am Jakobsplatz 2006 als Betsaal undGemeindehaus.

Reichenbachbrücke

Die Verschiebung derReichenbachbrückenach Süden im Juni1902.

Stadtentwicklung war im 19. Jahrhundert häufig noch eineSache von Privatpersonen und Terraingesellschaften. Bei derErrichtung des Gärtnerplatzviertels war Baron von Eichthal,der aus einer jüdischen Kaufmannsfamilie stammte, derUrheber. Auf dem bereits von seinem Vater gekauften ehe-maligen Hofanger ließ er das sternförmig vom Gärtnerplatzausgehende Viertel errichten. Mit seiner geschlossenenBlockrandbebauung entlang mit dem Lineal gezogenerStraßen entsprach es noch ganz dem Leitbild des geome-trischen Städtebaus.

1865 eröffnete das Aktien-Volkstheateram Gärtnerplatz. Obwohl die bekanntenVolkstheater der Schweigers in der Au und in der Müllerstraße schlossen,drohte dem neuen Theater am Gärtner-platz schon bald der Bankrott. 1870wurde es versteigert und ging dann inden Besitz des Erbauers Reiffenstuelüber. König Ludwig II. verstand sichschließlich zu einer Rettung aus seinerPrivatschatulle, doch schon 1899 gab eseine neue Krise. Der Staat verpachtetees nun an Georg Stollberg und CajetanSchmederer, die es vor dem ErstenWeltkrieg zu Deutschlands führenderOperettenbühne machten. (D. Holzapfel)

Gärtnerplatz

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Gärtnerplatz um 1865. »En miniature« nimmtdas Theater unverkennbare Anleihen beimNationaltheater. Im Rasenrund standen einstBronzestatuen von Klenze und Gärtner, die imZweiten Weltkrieg bis auf die Köpfe einge-schmolzen wurden. Klenzes Büste galt langeals verschollen und konnte erst durch eine»Kopfgeldaktion« der »Deutschen Eiche« wiederbeschafft werden. Zusammen mit derBüste seines Rivalen Gärtner steht sie nunwieder auf dem Platz. Auch das Theater wurdeim Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und1948 wiedereröffnet. Die Gestaltung desPlatzes sorgt immer wieder für Debatten.

WirtsfamilieReichenbach vordem Lokal.

Müllerstraße

Die Umgebung des Gärtnerplatzes wird im hohen Maße vonder Homosexuellen-Szene geprägt. Dazu gehört unverbrüch-lich die »Deutsche Eiche« in der Reichenbachstr. 13. Zwarsoll auch Adolf Hitler Gast gewesen sein, war doch in dernahen Corneliusstr. 12 von 1921 bis 1923 die NSDAP-Zentrale. Doch wohl schon wegen der Nähe zum Gärtner-platztheater und dessen Tänzer wurde die »DeutscheEiche« früh ein Treffpunkt für Künstler und Homosexuelle.Bis zu seinem Tod 1982 war das Lokal auch »zweitesWohnzimmer« des Filmemachers Rainer Werner Fassbin-der, der von 1974 bis 1978 gegenüber lebte. In einigenseiner Filme war die Eiche sogar Drehort. Auch FreddyMercury von der britischen Rockband Queen fühlte sich hierzuhause. Heute unterhält die »Deutsche Eiche« neben derGastwirtschaft auch ein Hotel und ein beliebtes »Bade-haus«. (D. Holzapfel)

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Fraunhoferstraße

Den Namen verdankt die Straße dem genialen ErfinderJosef von Fraunhofer (1787–1826), der es vom einfachenGlasschleiferlehrling zum Institutsgründer und Pionier deroptisch-physikalischen Forschung brachte.Das »Fraunhofer« auf Haus Nr. 9 entstand anstelle desbereits in den 1820er Jahren erfolgreichen »Brodhäusls«,das den Karrieregrundstein für den Münchner GroßwirtMichael Vollnhals bedeutete. Der heutige Bau stammt ausdem Jahr 1874, ist aber aufgrund von Umbauten undKriegsschäden nicht mehr im Originalzustand. Der WirtJosef Bachmaier führt das Haus seit über 30 Jahren in derTradition eines Bierlokals und Künstlerbrettls. Von derHinterzimmer-Bühne aus begann manche erfolgreicheKarriere wie die der Kabarettisten Bruno Jonas und JörgHube. Im Werkstatt-Kino, 1974 von Rainer Pongratzgegründet, gibt es Ungewöhnliches, Schräges oder garSubversives zu sehen. (T. Kilger)

In der Müllerstraße und ihrer Umgebung sind weitere Szene-Treffpunkte, so die erste Lederbar Deutschlands, der »Och-sengarten«, oder das Lesbenlokal »Mylord«. Es ging derengagierten Szene aber nicht nur um Amüsement, sondernauch um den Kampf gegen Diskriminierung und um kultu-relle und politische Anerkennung. Dafür wurde 1986 dasSchwule Kommunikations- und Kulturzentrum gegründet, dasheute als »Sub e.V.« in der Müllerstr. 43 residiert. »LeTra(Lesben(T)raum)« ist eine Beratungs-, Informations- undKommunikationsstelle für Lesben, die in der Angertorstr. 3ihre Räume hat.

Wo sich heute der Turmbau des stillgelegten Heizkraftwerks erhebt,stand bis zur Zerstörung durch Bomben 1944 das Luitpold-Gymnasium.Albert Einstein ging dort von 1888 bis 1894 zur Schule und war ent-gegen anders lautender Legenden durchaus ein guter Schüler, wennauch etwas renitent. In der Zeit der Räterepublik im April 1919 war dasGymnasium Schauplatz eines Geiselmordes, den die »Rote Armee« anzehn Anhängern der völkischen Thule-Gesellschaft vornahm. Die Frei-korps vergalten es Anfang Mai 1919 mit gnadenlosem Terror und viel-fachem Mord.

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Hans-Sachs-Straße

Die Hans-Sachs-Straße wurde später als die Umgebungerschlossen, wieder durch Privatinitiative. Heinrich Lempuhlplante von vorneherein für eine gehobene Klientel und ließdie Wohnungen – über dem hier üblichen Standard – z.B.mit Bädern ausstatten. Seit 1981 stehen die in den Jahren1897–1900 entstandenen neubarocken Häuser mit ihrenschönen Fassaden unter Ensembleschutz.

Der recht hässliche Zweckbau an der Ickstatt-straße erinnert nur durch den Namen »Colos-seum« an den bekannten Vergnügungspalastan dieser Stelle. Das von Franz Kil erbauteTheater eröffnete 1874 und konnte sich durchzwei Weltkriege mit einem abwechslungs-reichen und auf den jeweiligen Zeitgeist abge-stimmten Unterhaltungsprogramm halten:Varieté, Artistik, »Comedy«, wie man heutesagen würde, die legendären Faschingsbälleoder sogar Box- und Ringkämpfe. Erst 1961wurde das Theater abgerissen und der Grund»verwertet«.

Das Postamt 5 in der Fraunhoferstr. 20–25, um1930. Das Postamt ist zwar eines der wenigenBeispiele für die Bauhaus-Moderne in Mün-chen, sollte aber nach Walther Schmidt »einbisschen mehr menschliche Wärme und hand-werkliche Identität« verwirklichen. So bautenSchmidt und Robert Vorhoelzer ein straßen-begleitendes Wohn- und Geschäftshaus mitacht Läden und 32 großzügig ausgelegtenWohnungen. Das eigentliche Postamt auf derRückseite ist ein freistehender zweigeschossi-ger Bau mit fast quadratischem Grundriss undgerundeten Ecken. Die berühmte Schalterhallehat einen Lichthof, der von einer Glaspyramideüberdacht ist. (T. Kilger)

Die Hans-Sachs-Straße birgt zudemeines der letzten kleinen Kinos in Mün-chen: 1912 eröffnet, ist das NeueArena jetzt ein anspruchsvolles Pro-grammkino und hat dafür 2005 denKinoprogrammpreis der Landeshaupt-stadt bekommen.

Von der »Prachtstraße« führt der Wegdurch eine der ältesten Straßen desViertels, die Holzstraße, die als Lager-platz für das auf der Isar transportierteHolz benutzt wurde. An der Holzstr. 10wurden vor kurzem die neuen Räumedes »Kunstraums München« – einemForum zeitgenössischer Kunst – einge-weiht.

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Pestalozzistraße

SA-Wache mit Ma-schinengewehr vordem Gewerkschafts-haus am Tag der»Machtergreifung« inBayern, 9. März 1933.Der spätere SPD-Mi-nisterpräsident Wil-helm Hoegner erin-nert sich: »Als unsereLeute aus dem Hausekamen und durch dieReihen der SA abmar-schierten, wurden siemit höhnischen Zuru-fen bedacht. Einigenwurden die Mützenheruntegeschlagen.«

In der »Arbeiterburg« an der Pestalozzistr. 40/42 hatte derAllgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund seinen Sitz eben-so wie einige sozialdemokratische Einrichtungen. Deshalbwar es den Nationalsozialisten schon in ihrer »Kampfzeit«ein Dorn im Auge und Objekt wiederholter Drohungen. Beider »Machtergreifung« besetzt, diente das Gewerkschafts-haus einige Wochen lang als Haftstätte für NS-Gegner. DieArbeitervertretungen wurden indes schon am 2. Mai 1933zerschlagen und durch die Einheitsorganisation der »Deut-schen Arbeitsfront« ersetzt.Heute ist das DGB-Haus in der Schwanthalerstraße 64.

Der Weg führt vorbei am Standort der Firma

Zettler, die auf dem Gelände der alten Wes-

termühle und unter Nutzung der Wasserkraft

in der Frühzeit der Elektrizität bereits Staub-

sauger, Heizkörper und Rufanlagen produzierte.

Trotz umfassender Zerstörung im Zweiten

Weltkrieg konnte die Firma in den 1950er

Jahren expandieren und das Werk II an der

Jahnstraße eröffnen. Dort befindet sich heute

das Tertianum. Die Firma Zettler wurde 1998

aufgelöst und die Gebäude verkauft.

Karl-Heinrich-Ulrichs-Platz

»Am Glockenbach«, der hier aber eigentlich Westermühl-bach heißt, ist der Blick auf die letzte verbliebene Wasser-ader im Quartier frei. Der Westermühlbach betrieb mehrereWasserräder für Glasur-, Färber- und Gewürzmühlen, fürdas Wöstermaier’sche Bad und für die Westamill, die demBach den Namen gab. Über den Bach gelangten Isarflößezur Oberen Lände, jetzt Grünanlage Am Glockenbach. ZurVersorgung der für den Weitertransport des Holzes einge-setzten Tiere entstand eine Pferdetränke am Westermühl-bach, die später eine Kanalwache wurde. Dort arbeitete undlebte der Kanalwächter mit seiner Familie. Noch heutebefindet sich neben dem Haus die Zufahrt zur Bachauskehr.Das Haus Am Glockenbach 14 gehört jetzt den Kindern undJugendlichen. Nach der Schule können sie im Kunterbuntessen, Hausaufgaben machen, spielen und toben, dieGrößeren dürfen auch mal eine Party feiern. Hier findet auchjährlich, immer am letzten Samstag im Juni, das beliebteStadtteilfest des Bezirksausschusses statt. (N. Zimmer)

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Pechwinkel

Die GastwirtschaftPechgarten auf einem Aquarell von C.F. Heinzmann,1826, zwischen derheutigen Palmstraßeund Am Glockenbach.Im Hintergrund liegtdie erwähnte Pulver-mühle (s. Wittels-bacherbrücke).

Für die Gegend um die Baum- undPalmstraße, ehemals zwischen Isar undPesenbach gelegen, ist noch heute derName »Pechwinkel« bekannt nach dendort vor Jahrhunderten ansässigenPechsiedern. Sie bildeten eine der ers-ten Ansiedlungen in der Isarvorstadt. Inder Baumstraße (heute Nr. 5-7) errich-tete man im 16. Jahrhundert ein so ge-nanntes Brechhaus für die von schwe-ren Akutkrankheiten befallenen undhochinfektiösen Patienten. Ende des17. Jahrhunderts hatte es ausgedientund wurde zunächst als Spinnerei fürdie Tuchfabrik Max Emanuels in der Auverwendet. Dann machte die Armeeein Militärlazarett aus dem Haus, dasbis zur Eröffnung des neuen Lazarettsin der Müllerstraße 1777 in Betrieb warund erst 1828 abgerissen wurde.

Literaturauswahl:

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Schlachthofviertel. Mit Beiträgen von Ann E. Hacker, München

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München 1985

- Bokovoy, Douglas/Meining, Stefan (Hrsg.): Versagte Heimat.

Jüdisches Leben in Münchens Isarvorstadt 1914–1945, München

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- Chevalley, Denis A./Weski, Timm: Denkmäler in Bayern. Band

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- Dunkel, Franziska/Stramaglia-Faggion, Gabriella: »Für 50 Mark

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München 2000

- Hajak, Stefanie/Zarusky, Jürgen: München und der Nationalsozia-

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- Hoven, Heribert (Redak.): Einsichten – Aussichten. 100 Jahre

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- Isar. Wildfluss in der Stadt, hrsg. vom Baureferat der

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- Kraus, Friedrich: Geschichte aus dem Schlachthofviertel,

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- Lankes, Christian: München als Garnison im 19. Jahrhundert,

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- Leischner, Udo: Von der Salzstraße zur Bahntrasse. Der Münchner

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- Leistl, Christof: Fraunhofer. Mit einem Rückblick auf 200 Jahre

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1997

- München wie geplant. Die Entwicklung der Stadt von 1158 bis

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München 2004

- Nerdinger, Winfried (Hrsg.): Architekturführer München, Berlin

1994

- Ort und Erinnerung. Nationalsozialismus in München, Ausstel-

lungskatalog hrsg. von Winfried Nerdinger, Salzburg/München

2006

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Aufstellung eines»Integrations-Mai-baums«, 2008.(Foto: Volker Derlath)

Der Rundgang endet am Karl-Heinrich-Ulrichs-Platz, der vor 10 Jahren demPionier der Homosexuellenbewegungin Deutschland gewidmet wurde. KarlHeinrich Ulrichs (1825–1895) forderteauf dem Juristentag von 1867, dieLiebe zwischen Männern von Strafver-folgung freizustellen. Das sollte freilichnoch 100 Jahre dauern.

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- Rädlinger, Christine: Geschichte der Münchner Stadtbäche, hrsg.

vom Stadtarchiv München 2004

- Robert Vorhoelzer – Ein Architektenleben. Die klassische Moderne

der Post, Ausstellungskatalog hrsg. von Florian Aicher/Uwe

Drepper, München 1990

- Röttgen, Steffi: Der Südliche Friedhof in München. Vom Leichen-

acker zum Campo Santo, in: Die letzte Reise. Sterben, Tod und

Trauersitten in Oberbayern, Ausstellungskatalog hrsg. von Sigrid

Metken, München 1984, S. 285– 301

- Toussaint, Angela: Der Münchner Hauptbahnhof. Stationen seiner

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- Weyerer, Benedikt: München 1919–1933. Stadtrundgänge zur

politischen Geschichte, München 1993

- ders.: München 1933–1949. Stadtrundgänge zur politischen

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- Xenopolis. Von der Faszination und Ausgrenzung des Fremden

in München, hrsg. von Angela Koch, Berlin 2005

Bildnachweis:

- Bayerische Schlösserverwaltung: S. 53

- Bezirksausschuss 02: S. 20

- DBMuseum Nürnberg: S. 44

- Derlath, Volker: S. 16, 74

- Deutsche Eiche (Gasthaus): S. 65

- Deutsches Museum, Bildarchiv: S. 59

- Münchner Stadtmuseum: S. 8, 12, 23, 46, 50, 54, 56, 72

- Sammlung Blechner (Stadtarchiv München): S. 18

- Stadtarchiv München: S. 10, 14, 24, 26, 27, 31, 32, 34, 36, 38, 45,

47, 48, 52, 60, 61, 62, 64, 66, 68, 69, 71

- St. Andreas, Pfarramt: S. 42

- SV-Bilderdienst: S. 28, 39, 41

Impressum:

Landeshauptstadt München

Kulturreferat

Direktorium

Projektleitung:

Benno Zimmermann

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Konzept & Inhalt:

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Inhaltliche Beratung und Textbeiträge:

Hajo Bahner, Beate Bidjanbek,

Hermann Breibeck, Florian Ertl,

Dietmar Holzapfel, Toni Kilger,

Albert Knoll, Friedrich Kraus,

Christine Schäfer, Helga Solfrank,

Norbert Zimmer

Redaktion:

Benno Zimmermann

Grafische Gestaltung:

Heidi Sorg & Christof Leistl, München

Druck & Bindung:

Aumüller Druck KG Regensburg

2008

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