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Ionenleitung in Zeolithen DOI: 10.1002/ange.200605049 Matrix-Einfluss auf die Bewegungskopplung und den langreichweitigen Transport von Kationen in Zeolithen** Edgar Jordan, Dirk Wilmer und Hubert Koller* Durch die Erforschung der Mechanismen der lokalen Io- nendynamik und des langreichweitigen Transports in porɆsen Elektrolyten erhofft man sich Erkenntnisse, die eine gezielte Verbesserung von IonenleitfȨhigkeiten ermɆglichen. In den heute gȨngigen Modellvorstellungen spielen Defekte und die lokale Sprungaktivierung sowie die Konzentration der La- dungstrȨger eine wichtige Rolle. [1–3] Prinzipiell kann eine bestimmte KationenleitfȨhigkeit erreicht werden, wenn alle Kationen einen Ȩhnlich großen Beitrag leisten oder wenn sich eine kleinere Anzahl von Ionen vergleichsweise schnell bewegt. Wir beschreiben hier Studien zur Bewegungskopp- lung und LeitfȨhigkeit in AbhȨngigkeit von der topologischen Umgebung der Ionen am Beispiel zweier Zeolithe mit der gleichen chemischen Zusammensetzung und lokalen Katio- nenkoordination, aber unterschiedlicher Topologie. Die kombinierte Anwendung von Impedanzspektroskopie und FestkɆrper-NMR-Spektroskopie ermɆglicht es, die exakten BeitrȨge unterschiedlich lokalisierter Ionen zur Gleich- stromleitfȨhigkeit zu analysieren. Diese Methodenkombina- tion kann auch auf andere Systeme ɒbertragen werden. Die beiden Alumosilicat-Zeolithe Sodalith (SOD) und Cancrinit (CAN) (Abbildung 1) sind ideale Modellsysteme fɒr eine systematische Untersuchung des Matrix-Einflusses auf die Kopplung von Ionenbewegungen. CAN hat eine he- xagonale Struktur mit eindimensionalen, aus ZwɆlfer-Ringen aufgebauten KanȨlen entlang der kristallographischen c- Achse. Entlang dieser KanȨle sind e-KȨfige (6 5 4 6 -KȨfige) aufeinander gestapelt. Das Sodalith-Gerɒst besteht dagegen aus einer dreidimensionalen Packung von b-KȨfigen (6 8 4 6 - KȨfige). [6] Nicht zum Gerɒst gehɆrende Kationen (extra- framework cations) sind in beiden Strukturen in Sechser- Ring-Fenstern (Al 3 Si 3 O 6 -Ringen) lokalisiert, entweder mit oder ohne Koordination zu zusȨtzlich eingelagerten Anionen. WȨhrend die Sodalith-Struktur auch ohne solche nicht zum Gerɒst gehɆrenden Anionen synthetisiert werden kann, be- nɆtigt man fɒr die Herstellung der CAN-Struktur in jedem Fall Anionen wie Carbonat, Sulfat oder Chromat. Diese werden in die 12-Ring-KanȨle eingelagert. [7–9] In dieser Arbeit wurden beide Strukturen mit den Tetraoxoanionen Chromat und Sulfat hergestellt. Da nicht mehr als vier Kat- ionen in einen Sodalith-KȨfig eingelagert werden kɆnnen, folgt aufgrund der Forderung nach LadungsneutralitȨt im Sodalith eine alternierende Anordnung der KȨfige mit An- ionen (j Na 4 CrO 4 j ) und der anionenfreien KȨfige (j Na 4 j ). Pro KȨfig werden drei Kationen zur Ladungskompensation des Alumosilicat-Gerɒsts benɆtigt, wȨhrend ein Kation zur Neutralisation des divalenten Chromat-Anions beitrȨgt. In der Cancrinit-Struktur liegt eine etwas andere Situation vor: Pro Elementarzelle sind sechs Kationen und das Chromat- Anion in den 12-Ring-KanȨlen lokalisiert, zwei Kationen befinden sich in den e-KȨfigen. Diese beiden Szenarien werden durch die folgenden Formeleinheiten pro Elemen- tarzelle ausgedrɒckt: j Na 6 CrO 4 jj Na 2 j [Al 6 Si 6 O 24 ]-CAN und j Na 4 CrO 4 jj Na 4 j [Al 6 Si 6 O 24 ]-SOD. Anhand von 23 Na-FestkɆrper-NMR-Spektren und Kraft- feldrechnungen wurde bereits gezeigt, dass die Aktivie- rungsbarrieren der lokalen Sprungprozesse der Kationen durch Wechselwirkung mit den Anionen reduziert werden. [10] In diesem Beitrag werden die Untersuchungen auf den langreichweitigen Transport von Ladungen ausgeweitet. Hierbei kommt der Topologie der Matrix eine besondere Bedeutung zu. Die Zahl der Kationen in den topologisch unterschiedlichen Umgebungen, die zur GleichstromleitfȨ- higkeit beitragen, wurde durch eine Kombination von Impe- danzspektroskopie und FestkɆrper-NMR-Spektroskopie analysiert. ZunȨchst wurden die Sprungraten fɒr die Gleich- stromleitfȨhigkeit durch zwei unabhȨngige Auswertemetho- den aus den LeitfȨhigkeitsdaten ermittelt. [11] Abbildung 2 a zeigt die frequenzabhȨngige LeitfȨhigkeit von Chromat-So- dalith bei unterschiedlichen Temperaturen. AbgeschȨtzte Sprungraten ergeben sich aus der Frequenz, bei der die LeitfȨhigkeit das Gleichstromplateau verlȨsst (Methode 1). Es wurde zum Beispiel ein Wert von 200 kHz bei 573 K er- mittelt, wie Abbildung 2 a zeigt. Außerdem wurden Sprungraten anhand einer analyti- schen Gleichung bestimmt, die sich aus einer Kombination der Nernst-Einstein-Gleichung mit einem Modell fɒr ein stochastisch wanderndes Kation ergibt (Methode 2) [Gl. (1) Abbildung 1. Gerɒststrukturen von CAN und SOD. Schwarze Kreise stellen Si- oder Al-Zentren dar; die Sauerstoffatome sind nicht gezeigt. [*] Dr. E. Jordan, Priv.-Doz.Dr. D. Wilmer, Priv.-Doz.Dr. H. Koller Institut fɒr Physikalische Chemie WestfȨlische Wilhelms-UniversitȨt Corrensstraße 36, 48149 Mɒnster (Deutschland) Fax: (+ 49) 251-832-3409 E-Mail: [email protected] Homepage: http://www.uni-muenster.de/chemie.pc/koller [**] Wir danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft (SFB 458) fɒr die finanzielle Unterstɒtzung. Angewandte Chemie 3423 Angew. Chem. 2007, 119, 3423 –3426 # 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

Matrix-Einfluss auf die Bewegungskopplung und den langreichweitigen Transport von Kationen in Zeolithen

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Ionenleitung in ZeolithenDOI: 10.1002/ange.200605049

Matrix-Einfluss auf die Bewegungskopplung und den langreichweitigenTransport von Kationen in Zeolithen**Edgar Jordan, Dirk Wilmer und Hubert Koller*

Durch die Erforschung der Mechanismen der lokalen Io-nendynamik und des langreichweitigen Transports in por�senElektrolyten erhofft man sich Erkenntnisse, die eine gezielteVerbesserung von Ionenleitf!higkeiten erm�glichen. In denheute g!ngigen Modellvorstellungen spielen Defekte und dielokale Sprungaktivierung sowie die Konzentration der La-dungstr!ger eine wichtige Rolle.[1–3] Prinzipiell kann einebestimmte Kationenleitf!higkeit erreicht werden, wenn alleKationen einen !hnlich großen Beitrag leisten oder wenn sicheine kleinere Anzahl von Ionen vergleichsweise schnellbewegt. Wir beschreiben hier Studien zur Bewegungskopp-lung und Leitf!higkeit in Abh!ngigkeit von der topologischenUmgebung der Ionen am Beispiel zweier Zeolithe mit dergleichen chemischen Zusammensetzung und lokalen Katio-nenkoordination, aber unterschiedlicher Topologie. Diekombinierte Anwendung von Impedanzspektroskopie undFestk�rper-NMR-Spektroskopie erm�glicht es, die exaktenBeitr!ge unterschiedlich lokalisierter Ionen zur Gleich-stromleitf!higkeit zu analysieren. Diese Methodenkombina-tion kann auch auf andere Systeme 7bertragen werden.

Die beiden Alumosilicat-Zeolithe Sodalith (SOD) undCancrinit (CAN) (Abbildung 1) sind ideale Modellsystemef7r eine systematische Untersuchung des Matrix-Einflussesauf die Kopplung von Ionenbewegungen. CAN hat eine he-xagonale Struktur mit eindimensionalen, aus Zw�lfer-Ringenaufgebauten Kan!len entlang der kristallographischen c-Achse. Entlang dieser Kan!le sind e-K!fige (6546-K!fige)aufeinander gestapelt. Das Sodalith-Ger7st besteht dagegen

aus einer dreidimensionalen Packung von b-K!figen (6846-K!fige).[6] Nicht zum Ger7st geh�rende Kationen (extra-framework cations) sind in beiden Strukturen in Sechser-Ring-Fenstern (Al3Si3O6-Ringen) lokalisiert, entweder mitoder ohne Koordination zu zus!tzlich eingelagerten Anionen.W!hrend die Sodalith-Struktur auch ohne solche nicht zumGer7st geh�renden Anionen synthetisiert werden kann, be-n�tigt man f7r die Herstellung der CAN-Struktur in jedemFall Anionen wie Carbonat, Sulfat oder Chromat. Diesewerden in die 12-Ring-Kan!le eingelagert.[7–9] In dieserArbeit wurden beide Strukturen mit den TetraoxoanionenChromat und Sulfat hergestellt. Da nicht mehr als vier Kat-ionen in einen Sodalith-K!fig eingelagert werden k�nnen,folgt aufgrund der Forderung nach Ladungsneutralit!t imSodalith eine alternierende Anordnung der K!fige mit An-ionen (jNa4CrO4 j ) und der anionenfreien K!fige (jNa4 j ).Pro K!fig werden drei Kationen zur Ladungskompensationdes Alumosilicat-Ger7sts ben�tigt, w!hrend ein Kation zurNeutralisation des divalenten Chromat-Anions beitr!gt. Inder Cancrinit-Struktur liegt eine etwas andere Situation vor:Pro Elementarzelle sind sechs Kationen und das Chromat-Anion in den 12-Ring-Kan!len lokalisiert, zwei Kationenbefinden sich in den e-K!figen. Diese beiden Szenarienwerden durch die folgenden Formeleinheiten pro Elemen-tarzelle ausgedr7ckt: jNa6CrO4 j jNa2 j [Al6Si6O24]-CAN undjNa4CrO4 j jNa4 j [Al6Si6O24]-SOD.

Anhand von 23Na-Festk�rper-NMR-Spektren und Kraft-feldrechnungen wurde bereits gezeigt, dass die Aktivie-rungsbarrieren der lokalen Sprungprozesse der Kationendurch Wechselwirkung mit den Anionen reduziert werden.[10]

In diesem Beitrag werden die Untersuchungen auf denlangreichweitigen Transport von Ladungen ausgeweitet.Hierbei kommt der Topologie der Matrix eine besondereBedeutung zu. Die Zahl der Kationen in den topologischunterschiedlichen Umgebungen, die zur Gleichstromleitf!-higkeit beitragen, wurde durch eine Kombination von Impe-danzspektroskopie und Festk�rper-NMR-Spektroskopieanalysiert. Zun!chst wurden die Sprungraten f7r die Gleich-stromleitf!higkeit durch zwei unabh!ngige Auswertemetho-den aus den Leitf!higkeitsdaten ermittelt.[11] Abbildung 2azeigt die frequenzabh!ngige Leitf!higkeit von Chromat-So-dalith bei unterschiedlichen Temperaturen. Abgesch!tzteSprungraten ergeben sich aus der Frequenz, bei der dieLeitf!higkeit das Gleichstromplateau verl!sst (Methode 1).Es wurde zum Beispiel ein Wert von 200 kHz bei 573 K er-mittelt, wie Abbildung 2a zeigt.

Außerdem wurden Sprungraten anhand einer analyti-schen Gleichung bestimmt, die sich aus einer Kombinationder Nernst-Einstein-Gleichung mit einem Modell f7r einstochastisch wanderndes Kation ergibt (Methode 2) [Gl. (1)

Abbildung 1. Ger�ststrukturen von CAN und SOD. Schwarze Kreisestellen Si- oder Al-Zentren dar; die Sauerstoffatome sind nicht gezeigt.

[*] Dr. E. Jordan, Priv.-Doz. Dr. D. Wilmer, Priv.-Doz. Dr. H. KollerInstitut f�r Physikalische ChemieWestf6lische Wilhelms-Universit6tCorrensstraße 36, 48149 M�nster (Deutschland)Fax: (+49)251-832-3409E-Mail : [email protected]: http://www.uni-muenster.de/chemie.pc/koller

[**] Wir danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft (SFB 458) f�rdie finanzielle Unterst�tzung.

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mit der Aktivierungsenergie Ea und der Beobachtungsfre-quenz G0] . G0 wird aus dem pr!exponentiellen Faktor A0 derArrhenius-Analyse der Gleichstromleitf!higkeit bestimmt[Gl. (2)]. Darin ist NV die Anzahldichte der mobilen Ionen, qdie Ladung, D die Dimensionalit!t des Kationentransportsund x0 die mittlere Sprungdistanz.

G ¼ G0 expð�Ea=RTÞ ð1Þ

A0 ¼ G0NV q

2 x202Dk

ð2Þ

A0 und Ea k�nnen leicht aus der Arrhenius-Analyse derGleichstromleitf!higkeiten erhalten werden. Die mittlereSprungdistanz von 0.325 nm ist aus lokalen Sprungmodellenbestimmt worden, die bereits durch Kraftfeldrechnungenuntersucht worden sind.[10] F7r NV und D wurden verschie-dene Szenarien getestet und nach ihrer Hbereinstimmung mitMethode 1 bewertet.

F7r Chromat-SOD wurde eine Aktivierungsenergie Ea

von (73.3� 0.4) kJmol�1 und ein pr!exponentieller Faktor A0

von (4690� 630)W�1 cm�1K ermittelt. Die Analyse der

Sprungrate nach Gleichung (1) ergibt einen Wert von270 kHz bei 573 K, wenn alle Kationen an einem dreidi-mensionalen Transportprozess beteiligt sind. Dieser Wertstimmt gut mit der Absch!tzung aus Methode 1 f7r dieseTemperatur 7berein. Dieser Befund belegt, dass alle Katio-nen zur Kationenleitf!higkeit beitragen. Insbesondere kannein Modell ausgeschlossen werden, in welchem eine kleinereAnzahl von besonders schnellen Kationen zur gleichen Leit-f!higkeit f7hren w7rde. Abbildung 2b zeigt die Quadrupol-kopplungskonstante Cq und die Halbwertsbreiten FWHH ausstatischen 23Na-NMR-Spektren in den anionenfreien undanionenbeladenen SOD-K!figen. Die Cq-Werte f7r die an-ionenfreien K!fige aus diesen statischen Messungen stimmensehr gut innerhalb eines gesch!tzten Simulationsfehlers von0.2 MHz mit den Daten der fr7heren MAS-NMR-Messungen7berein.[10] Wegen der geringen Linienbreiten war eine Aus-wertung der Quadrupolkopplungskonstanten f7r die anio-nenhaltigen K!fige nicht m�glich. Beide Linien zeigen einedynamische Verschm!lerung im Temperaturbereich zwischen500 und 600 K. Linienverschm!lerung wird generell beob-achtet, wenn die Sprungraten mindestens so groß sind wie diestatischen Linienbreiten. Aus Abbildung 2a folgt, dass dieerforderlichen Sprungraten von etwa 8 kHz, d.h. der Lini-enbreite der breiteren Komponente f7r die anionenfreienK!fige, oberhalb von ca. 500 K erreicht werden. Diese Tem-peratur stimmt ausgezeichnet mit dem Temperaturbereich7berein, in dem Linienverschm!lerung in den NMR-Datenbeobachtet wird (Abbildung 2b). Dieser Befund stellt sicher,dass beideMethoden (NMR und Leitf!higkeitsmessungen) indiesem Temperaturbereich auf derselben dynamische Zeit-skala vergleichbare Informationen liefern und alle Kationenin einem kooperativen Szenario zu den beobachteten Bewe-gungsprozessen beitragen. Das bedeutet auch, dass es sich beiChromat-Sodalith um ein dynamisch (und topologisch) ho-mogenes System handelt.

Eine !hnliche Analyse f7r Chromat-CAN f7hrt zu einemanderen Szenario (Abbildung 3). W!hrend der Austausch-prozess zwischen zwei Positionen im großen 12-Ring-Kanal(jNa6CrO4j) bei 470 K bereits voll aktiviert ist (Abbildung 3b,oben, MAS-NMR-Daten), wird f7r die Entwicklung eineslokalen Sprungprozesses im e-K!fig (jNa2 j ) eine deutlichh�here Temperatur ben�tigt (Abbildung 3b, unten, statischeNMR-Daten).[10] Diese Kationenbewegungen sind klar ent-koppelt. Die gesch!tzte Sprungrate bei 573 K aus den fre-quenzabh!ngigen Leitf!higkeiten (Abbildung 3a) liegt beica. 2.0 kHz (Methode 1). Diese Sprungrate ist gerade aus-reichend, um f7r die in den 23Na-MAS-NMR-Messungenbeobachtete Ausmittelung innerhalb der 12-Ring-Kan!le(Komponenten 1+ 2, gemitteltes Signal 4) zu sorgen. Sie istaber mehr als eine Gr�ßenordnung zu klein f7r die dynami-sche Verschm!lerung der 23Na-NMR-Linienbreite der Kat-ionen in den e-K!figen (Komponente 3). Folglich ergibt sichmithilfe von Gleichung (1) in guter Hbereinstimmung mitMethode 1 eine Sprungrate aus den Leitf!higkeitsdaten von2.8 kHz (Ea= (89.2� 1.0) kJmol�1 und A0= (4746� 970)W�1 cm�1K) nach Methode 2, wenn nur Kationen aus den 12-Ring-Kan!len in einem eindimensionalen Prozess daf7r her-angezogen werden. Aus dieser Erkenntnis folgt, dass dieSprungprozesse der Kationen in den beiden unterschiedli-

Abbildung 2. a) Frequenzabh6ngige Leitf6higkeit und b) dynamische23Na-FestkFrper-NMR-Daten von Chromat-SOD. Die Bestimmung derSprungrate ist f�r 573 K gezeigt. Die dynamischen NMR-Informationenwerden aus der Temperaturabh6ngigkeit der Quadrupolkopplungskon-stanten Cq der Kationen im anionenfreien K6fig oder durch Halbwerts-breiten FWHH f�r die K6fige mit Chromat erhalten.

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chen Hohlr!umen von CAN entkoppelt sind und nur dieKationen in den großen Kan!len zur Gleichstromleitf!higkeitbei 573 K beitragen. Chromat-CANweist ein relativ niedrigesGleichstromplateau auf. SOD zeigt als dreidimensionalerLeiter dagegen Gleichstromleitf!higkeiten und Sprungraten,die um zwei Gr�ßenordnungen h�her liegen.

Wird Chromat durch Sulfat ersetzt, so ergibt sich einetwas anderes Bild. Sulfat-CAN ist ein besserer Ionenleiterals Sulfat-SOD, aber die Unterschiede sind nicht so ausge-pr!gt wie bei den Chromatstrukturen. Die Sprungrate ausMethode 1 betr!gt in CAN 20 kHz bei 573 K, und aus Me-thode 2 ergibt sich ein Wert von 27 kHz mit Ea= (74.8�0.4) kJmol�1 und A0= (2191� 380)W�1 cm�1K. Auch hierwurden nur die Kationen in den 12-Ring-Kan!len f7r eineneindimensionalen Leiter ber7cksichtigt. Diese Dimensiona-lit!t ist wiederum konsistent mit der entkoppelten Bewegung,wie sie aus NMR-Daten beobachtet werden kann. Sulfat-SOD zeigt eine etwas niedrigere Gleichstromleitf!higkeit mitEa= (80.5� 0.6) kJmol�1 und A0= (141� 28)W�1 cm�1K.Die Sprungraten betragen 3 kHz nach Methode 1 und1.9 kHz nach Methode 2.

Die Unterschiede zwischen Sulfat und Chromat k�nnenhaupts!chlich durch die unterschiedlichen Aktivierungsen-ergien erkl!rt werden. Chromat hat einen st!rkeren Ionen-charakter als Sulfat. Es wird vermutet, dass die beobachtetenUnterschiede in den Leitf!higkeiten dadurch erkl!rt werdenk�nnen. Die Natrium-Kationen bewegen sich im 12-Ring-Kanal von CAN in nur einer Dimension. Der st!rkere Io-nencharakter des Chromats bedingt, dass der Hbergangszu-stand entlang des elektrostatischen Potentialverlaufs beimChromat h�her liegt und somit Kationenspr7nge benachtei-ligt werden. Elektrostatische Einfl7sse durch die Anionenspielen in der Sodalith-Struktur eine kleinere Rolle, weil dieKationen durch das dreidimensionale Netzwerk einschließ-lich der anionenfreien K!fige wandern. In diesem Fall ist derHbergangszustand durch eine hohe Koordinationszahl w!h-rend der Passage der Sechser-Ringe charakterisiert, wohin-gegen im CAN-Kanal die Koordinationszahl im Hbergangs-zustand verringert wird, was zu einer h�heren Aktivierungs-barriere f7hrt. Eine Umorientierung der Anionen in denStrukturen mit Chromat kann dazu f7hren, dass lokale Kat-ionenbewegungen durch eine partielle Verminderung derAktivierungsbarriere unterst7tzt werden. Wie 17O-NMR-Daten bereits zeigten, liegt beim Chromat eine schnelle iso-trope Umorientierung vor, wohingegen das Sulfat-Anion sichin beiden Strukturen nicht bewegt.[10] Es wird vermutet, dassdiese Anionendynamik zum h�heren pr!exponentiellenFaktor A0 f7hrt, der Knderungen der Entropie bei der Bil-dung des Hbergangszustands enth!lt.[3] Eine dynamischeKopplung von Anionen und Kationen auf der gleichen Zeit-skala im Sinne eines Schaufelrad-Mechanismus wurde aller-dings in den NMR-Messungen nicht beobachtet.

Diese Studie zeigt klar, dass sich alle Kationen in der to-pologisch homogenen SOD-Struktur kooperativ bewegen,und zwar unabh!ngig von der Gegenwart eines wechselwir-kenden Anions in den K!figen. Eine !hnliche Kopplungexistiert zwischen der Kationenwanderung im großen CAN-Kanal und den lokalen Sprungprozessen in den kleinen K!-figen nicht. CAN ist daher im untersuchten Temperaturbe-reich ein eindimensionaler Leiter. Die Kombination vonfrequenzabh!ngigen Leitf!higkeitsmessungen mit Festk�r-per-NMR-Spektroskopie war f7r diese Schlussfolgerungen zuHohlraum-spezifischen Ionenbewegungen entscheidend.W!hrend die NMR-Linienbreiten typischerweise dynamischeInformationen 7ber die lokale Umgebung von ca. 1 nm lie-fern, wird durch das Gleichstromplateau der Leitf!higkeits-spektren der langreichweitige Transport untersucht. Letzterererfordert nicht notwendigerweise einen 7ber eine l!ngereDistanz wandernden Ladungstr!ger (entweder ein Teilchenoder ein Loch). Auch ein Kettenmechanismus ist m�glich, dereine Beteiligung vieler Teilchen einschließt, bei dem daseinzelne Teilchen jedoch nur 7ber eine kurze Distanz zumlangreichweitigen Prozess beitr!gt. Sowohl die langreichwei-tige Wanderung eines einzelnen Teilchens (oder Lochs) alsauch die kollektive Umplatzierung vieler Teilchen k�nnendurch Transportwiderst!nde behindert werden. Das Fehleneiner ausreichenden Zahl von Fehlstellen ist ein typischerTransportwiderstand f7r die Ionenleitung. Außerdem k�nnenlokale Defekte oder Stapelfehlordnungen in den Kristallenden Teilchentransport behindern, wie k7rzlich f7r die Diffu-

Abbildung 3. a) Frequenzabh6ngige Leitf6higkeiten und b) dynamische23Na-FestkFrper-NMR-Daten von Chromat-CAN. Die abgesch6tzteSprungrate f�r 573 K ist in (a) gezeigt. Die dynamischen NMR-Infor-mationen werden aus den Quadrupolkopplungskonstanten der Katio-nen in den anionenfreien K6figen (Komponente 3) oder aus relativenLinienintensit6ten zweier separater Linien und des Austauschsignalsf�r die 12-Ring-Kan6le mit Chromat erhalten (Komponenten 1,2,4).

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sion von Alkanen in MFI-Zeolithen anhand einer Kombina-tion von NMR-Spektroskopie und quasielastischer Neutro-nenstreuung vorgeschlagen wurde.[12]

Normalerweise k�nnen solche richtungsabh!ngigen In-formationen zur Diffusion von Ladungstr!gern nur durchLeitf!higkeitsmessungen an Einkristallen erhalten werden,die aber leider oft nicht zur Verf7gung stehen.[13] Alle Kat-ionen in SOD tragen zur Gleichstromleitf!higkeit bei, obwohlsie in K!figen mit unterschiedlicher elektrostatischer Umge-bung mit und ohne Anion lokalisiert sind. Wir vermuten, dassder Grund f7r die Entkopplung der Bewegung in CAN imgr�ßeren Abstand der Kationen in unterschiedlichen Hohl-r!umen liegt. Diese Ergebnisse an zwei Modellstrukturen mitder gleichen chemischen Zusammensetzung bilden einewichtige Grundlage f7r zuk7nftige theoretische und experi-mentelle Untersuchungen zum grundlegenden Mechanismus,den elektrostatischen Einfl7ssen sowie dem strukturellenUmfeld der Ionenbewegung. Dadurch erhofft man sich einegezielte Verbesserung der Ionenleitf!higkeit von Zeolithen.Die derzeitigen Gleichstromleitf!higkeiten sind f7r schnelleIonenleitung um einige Gr�ßenordnungen zu gering. Sie sindjedoch f7r Anwendungen interessant, die por�se Elektrolytemit moderaten Leitf!higkeiten erfordern, z.B. f7r Sensor-materialen.

Eingegangen am 14. Dezember 2006Online ver�ffentlicht am 27. M!rz 2007

.Stichw�rter: Impedanzspektroskopie · Ionenleitf6higkeit ·NMR-Spektroskopie · PorFse Materialien · Zeolithe

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Zuschriften

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