7
WINKLER und ZENTUR~ : Methodik zur Ermittlung von Zusammenhangen zwischen parameterabhangigen Gebrauchseigenschaften polymerer Festkorper. I1 Acta Polyrnerica 31 (1980) H& I2 779 Methodik zur Ermittlung von Zusammenhangen zwischen parameterabhangigen Gebrauchseigenschaften polymerer Festkorper It. Optimiening der Zusammenhange zwisehen kiinstlicher Belirhtung und Verholten im Gebrauch l) *) F. WINKLEE und M. ZENT~RAF Akademie der Wissenschaften der DDR, Institut fur Polymerenchemie, DDR - 1530 Teltow-Seehof Am Beispiel der Lichtbestandigkeit wird ein Verfahren beschrieben, das ausgehend von mathematischen Ausgleichs- funktionen fur die Charakterisierungsmerkmal-Zeit-Verlaufe bei Labor- und Gebrauchsbeanspruchungen Zusammen- hange zwischen der Laborbeanspruchungsdauer und der Gebrauchsdauer herstellen lafit. Es wird ein differentielles Belichtungsdauer-Verhaltnis definiert, dessen geometrischer Mittelwert und geometrischer Variationskoeffizient geeignete KenngroSen zur Optimierung dea Laborbeanspruchungsverfahrens darstellen. Method for determining t h relationship between parameter-dependent performanee properties of polymer solids. I I . Optimi- zation of the relationship between exposure to artificial light and performance Based on mathematical fitting functions for the time-dependence of material characteristics obtained in laboratory and performance tests a method is described and demonstrated using light stability as an example, which allows to establish relationships between testing period and actual performance time. A differential exposure time ratio is defined, the geometric mean value and geometric variation coefficient being appropriate characteristics for the optimi- - xation of laboratory performance tests. 1. Einleitung In der Praxis wird haufig die Frage gestellt, welche mittlere Gebrauchsdauer ein Material aufweisen wird, das im Labor- versuch unter festgelegten Prufbedingungen nach einer vor- gegehenen Beanspruchungsdauer eine bestimmte Alterung zeigt. Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten. Mit Rucksicht auf die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse sowohl innerhalb eines als auch zwischen mehreren Labors miissen die EinfluSgroBen sehr eng toleriert werden, wahrend die im Ge- brauch auftretenden Beanspruchungen ein meist sehr breites Spektrum bilden. Bei der Neu- und Weiterentwicklung von Erzeugnissen ist dariiber hinaus das Verhalten im praktischen Einsatz iiber einen geniigend langen Zeitraum noch gar nicht bekannt. Weiter wird gefordert, die Bestiindigkeit der fur den Gebrauch wichtigen Eigenschaften wiihrend eines Bruchteiles der Zeit zu beurteilen, die die Erzeugnisse im spateren prakti- schen Einsatz tatsachlich ihre Funktion erfullen sollen. Es ist also notwendig, optimale Priifverfahren auszuarbeiten, die bei geringsten Kosten in kiirzester Zeit die noch nicht genau bekannte Gebrauchsbeanspruchung der Erzeugnisse simulieren lassen, ohne daS andere Alterungsmechanismen ale im prak- tischen Gebrauch zu envarten ausgelost werden [37]. Man kommt einer Losung des Problems naher, wenn zunachst unter so weit wie mbglich standardisierten, natiirlichen Be- dingungen die im Gebrauch zu erwartenden Beanspruchungen simuliert werden. Dazu konnen Erprobungs- oder Trageversuche durchgefiihrt oder bei bereits im Handel befindlichen Erzeug- nissen die Reklamationsgriinde analysiert werden. Fur bestimmte Gebrauchseigenschaften sind auch naturliche Beanspruchungen unter verscharften Bedingungen moglich, z. B. Freibewitterun- gen oder naturliche Belichtungen an meist mehreren Orten innerhalb des spateren Einsatzgebietes der Erzeugnisse fur die Beurteilung der Wetter- oder Lichtbestandigkeit. Von groDer Bedeutung fur die Ausarbeitung optimaler Priif- verfahren ist die Wahl der Charakterisierungsmerkmale. Bei der Beurteilung der Alterung von Erzeugnissen erweist es l) Teil I : Siehe [37] e, Nach einem Vortrag, gehalten im ,,Anwenderseminar zu Problemen der zeitraffenden Licht- und Wetterechtheitspriifun- gcn von Kunststoffen, Lacken und Textilien mit Xenotest- geraten" am 1.11.1979 in Teltow-Seehof sich als zweckmaaig, solche Eigenschaften heranzuziehen, die auch im praktischen Gebrauch von iiberragender Redeu- tung sind. Fur die Beurteilung der Lichtechtheit von Farbungen sollte daher dem Priifmerkmal Farbanderung der Vorzug ge- geben werden. Bei der Beurteilung von Anstrichen oder Beschich- tungen diirften dariiber hinaus z. B. die Kreidung oder die Glanzanderung wichtig sein. Demgegenuber sind zur Beurtei- lung der Lichtbestandigkeit Merkmale der Festigkeit heran- zuziehen, wie z. B. die Anderungen der Zugfestigkeit, der Dehnung oder der Schlagbiegefestigkeit. 2. Problemstellung Fur die Beurteilung des Alterungsverhaltens genugt es nicht, die Anderung der Eigenschaften nach einer bestimm- ten Beanspruchungsdauer festzustellen,' sondern es ist stets die Abhangigkeit dieser Anderungen von der Zeit zu ermitteln. Das gilt sowohl fur das Verhalten wahrend des Gebrauchs bzw. der an dessen Stelle durchzufuhrenden Erprobungs- oder Trageversuche oder der natiirlichen Beanspruchungen unter verscharften Bedingungen, als auch fur die Laborbeanspruchungsverfahren. Die dabei entstehenden beiden Zeitabhangigkeiten des zur Charak- terisierung der Alterung gewahlten Merkmals im Labor und wahrend des Gebrauches oder seiner Simulation sind also miteinander in Beziehung zu setzen. Dabei sind in die Untersuchung moglichst viele der fur den spateren Einsatz vorgesehenen Materialien einzubeziehen. Das Problem kann als gelost angesehen werden, wenn es durch Variation der EinfluBgroBen gelingt, das Labor- beanspruchungsverfahren zu optimieren. Als Optimierungs- kriterien gelten dabei: a) eine moglichst geringe Beanspruchungsdauer im Labor, um die gleiche Alterungswirkung zu erzielen wie im Gebrauch ; b) eine moglichst geringe Abhangigkeit dieser Beanspru- ehungsdauer von dem bereits erreichten Alterungs- zustand ;

Methodik zur Ermittlung von Zusammenhängen zwischen parameterabhängigen Gebrauchseigenschaften polymerer Festkörper. II. Optimierung der Zusammenhänge zwischen künstlicher Belichtung

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Methodik zur Ermittlung von Zusammenhängen zwischen parameterabhängigen Gebrauchseigenschaften polymerer Festkörper. II. Optimierung der Zusammenhänge zwischen künstlicher Belichtung

WINKLER und Z E N T U R ~ : Methodik zur Ermittlung von Zusammenhangen zwischen parameterabhangigen Gebrauchseigenschaften polymerer Festkorper. I1

Acta Polyrnerica 31 (1980) H& I 2

779

Methodik zur Ermittlung von Zusammenhangen zwischen parameterabhangigen Gebrauchseigenschaften polymerer Festkorper It. Optimiening der Zusammenhange zwisehen kiinstlicher Belirhtung und Verholten im Gebrauch l) *) F. WINKLEE und M. ZENT~RAF Akademie der Wissenschaften der DDR, Institut fur Polymerenchemie, DDR - 1530 Teltow-Seehof

Am Beispiel der Lichtbestandigkeit wird ein Verfahren beschrieben, das ausgehend von mathematischen Ausgleichs- funktionen fur die Charakterisierungsmerkmal-Zeit-Verlaufe bei Labor- und Gebrauchsbeanspruchungen Zusammen- hange zwischen der Laborbeanspruchungsdauer und der Gebrauchsdauer herstellen lafit. Es wird ein differentielles Belichtungsdauer-Verhaltnis definiert, dessen geometrischer Mittelwert und geometrischer Variationskoeffizient geeignete KenngroSen zur Optimierung dea Laborbeanspruchungsverfahrens darstellen.

Method for determining t h relationship between parameter-dependent performanee properties of polymer solids. I I . Optimi- zation of the relationship between exposure to artificial light and performance Based on mathematical fitting functions for the time-dependence of material characteristics obtained in laboratory and performance tests a method is described and demonstrated using light stability as an example, which allows to establish relationships between testing period and actual performance time. A differential exposure time ratio is defined, the geometric mean value and geometric variation coefficient being appropriate characteristics for the optimi- - xation of laboratory performance tests.

1. Einleitung In der Praxis wird haufig die Frage gestellt, welche mittlere

Gebrauchsdauer ein Material aufweisen wird, das im Labor- versuch unter festgelegten Prufbedingungen nach einer vor- gegehenen Beanspruchungsdauer eine bestimmte Alterung zeigt. Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten. Mit Rucksicht auf die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse sowohl innerhalb eines als auch zwischen mehreren Labors miissen die EinfluSgroBen sehr eng toleriert werden, wahrend die im Ge- brauch auftretenden Beanspruchungen ein meist sehr breites Spektrum bilden. Bei der Neu- und Weiterentwicklung von Erzeugnissen ist dariiber hinaus das Verhalten im praktischen Einsatz iiber einen geniigend langen Zeitraum noch gar nicht bekannt. Weiter wird gefordert, die Bestiindigkeit der fur den Gebrauch wichtigen Eigenschaften wiihrend eines Bruchteiles der Zeit zu beurteilen, die die Erzeugnisse im spateren prakti- schen Einsatz tatsachlich ihre Funktion erfullen sollen. Es ist also notwendig, optimale Priifverfahren auszuarbeiten, die bei geringsten Kosten in kiirzester Zeit die noch nicht genau bekannte Gebrauchsbeanspruchung der Erzeugnisse simulieren lassen, ohne daS andere Alterungsmechanismen ale im prak- tischen Gebrauch zu envarten ausgelost werden [37].

Man kommt einer Losung des Problems naher, wenn zunachst unter so weit wie mbglich standardisierten, natiirlichen Be- dingungen die im Gebrauch zu erwartenden Beanspruchungen simuliert werden. Dazu konnen Erprobungs- oder Trageversuche durchgefiihrt oder bei bereits im Handel befindlichen Erzeug- nissen die Reklamationsgriinde analysiert werden. Fur bestimmte Gebrauchseigenschaften sind auch naturliche Beanspruchungen unter verscharften Bedingungen moglich, z. B. Freibewitterun- gen oder naturliche Belichtungen an meist mehreren Orten innerhalb des spateren Einsatzgebietes der Erzeugnisse fur die Beurteilung der Wetter- oder Lichtbestandigkeit.

Von groDer Bedeutung fur die Ausarbeitung optimaler Priif- verfahren ist die Wahl der Charakterisierungsmerkmale. Bei der Beurteilung der Alterung von Erzeugnissen erweist es

l) Teil I : Siehe [37] e, Nach einem Vortrag, gehalten im ,,Anwenderseminar zu

Problemen der zeitraffenden Licht- und Wetterechtheitspriifun- gcn von Kunststoffen, Lacken und Textilien mit Xenotest- geraten" am 1.11.1979 in Teltow-Seehof

sich als zweckmaaig, solche Eigenschaften heranzuziehen, die auch im praktischen Gebrauch von iiberragender Redeu- tung sind. Fur die Beurteilung der Lichtechtheit von Farbungen sollte daher dem Priifmerkmal Farbanderung der Vorzug ge- geben werden. Bei der Beurteilung von Anstrichen oder Beschich- tungen diirften dariiber hinaus z. B. die Kreidung oder die Glanzanderung wichtig sein. Demgegenuber sind zur Beurtei- lung der Lichtbestandigkeit Merkmale der Festigkeit heran- zuziehen, wie z. B. die Anderungen der Zugfestigkeit, der Dehnung oder der Schlagbiegefestigkeit.

2. Problemstellung

Fur die Beurteilung des Alterungsverhaltens genugt es nicht, die Anderung der Eigenschaften nach einer bestimm- ten Beanspruchungsdauer festzustellen,' sondern es ist stets die Abhangigkeit dieser Anderungen von der Zeit zu ermitteln. Das gilt sowohl fur das Verhalten wahrend des Gebrauchs bzw. der a n dessen Stelle durchzufuhrenden Erprobungs- oder Trageversuche oder der natiirlichen Beanspruchungen unter verscharften Bedingungen, als auch fur die Laborbeanspruchungsverfahren. Die dabei entstehenden beiden Zeitabhangigkeiten des zur Charak- terisierung der Alterung gewahlten Merkmals im Labor und wahrend des Gebrauches oder seiner Simulation sind also miteinander in Beziehung zu setzen. Dabei sind in die Untersuchung moglichst viele der fur den spateren Einsatz vorgesehenen Materialien einzubeziehen.

Das Problem kann als gelost angesehen werden, wenn es durch Variation der EinfluBgroBen gelingt, das Labor- beanspruchungsverfahren zu optimieren. Als Optimierungs- kriterien gelten dabei:

a) eine moglichst geringe Beanspruchungsdauer im Labor, um die gleiche Alterungswirkung zu erzielen wie im Gebrauch ;

b) eine moglichst geringe Abhangigkeit dieser Beanspru- ehungsdauer von dem bereits erreichten Alterungs- zustand ;

Page 2: Methodik zur Ermittlung von Zusammenhängen zwischen parameterabhängigen Gebrauchseigenschaften polymerer Festkörper. II. Optimierung der Zusammenhänge zwischen künstlicher Belichtung

Acta Polymeriu 31 (I-) Heft 12

780 W m ~ m und ZENTQFW: Methodik zur Ermittlung von Zusammenhangen zwischen parameterabhangigen Gebrauchseigenschaften polymerer Festkorper. I1

c) eine moglichst gute Obereinstimmung dieser Bean- spruchungsdauer fur alle zum spateren Einsatz vor- gesehenen Materialien.

3. Losungsu-eg

3.1. Mathemntische Bmchreibung der Zeitabhzngigkeiten

Bedingt durch die im Laufe der Zeit eintretende Alte- rung mu8 sich das Charakterisierungsmerkmal y in Ab- hangigkeit von der Beanspruchungsdauer t andern. Meist tritt dabei eine Abnahme von y ein. Bereits friiher fanden wiry daS zur Beschreibung der Lichtbestandigkeit als Funktion der Belichtungsdauer eine modifizierte W - ~ L - Funktion [33, 341 des Typs

(1) y = yo e - ( A t P

mit der ,,Abbaugeschwindigkeit" A und der ,,Abbau- ordnung" B gut geeignet ist. Diese von uns wiederholt verwendete Funktion [35,36,38] ist rnit einer unterschied- lichen Anzahl von Parametern in zunehmendem MaSe auch fur die Beschreibung der Zeitabhangigkeiten im Zusammenhang rnit Lebensdauer- und Zuverlassigkeits- problemen interessant geworden [13, 21, 271. Sie wurde z. B. verwendet zur Auswertung von Trageversuchen an Socken [l, 71, als Model1 des mikroskopischen Abbaues von Papier [S], zur Auswertung textiler Melwertkollektive [24], zur Beschreibung der Lebensdauerverteilung in bio- logischen Kollektiven [25] und der Polymerisationsgrad- verteilung [4, 231, als Gebrauchskostenfunktion fur Abnutzungserscheinungen [17], fiir den Abfall der Dehnung von Kunststoffen rnit der Bewitterungsdauer [6] und fur die Auswertung unterschiedlicher Charakterisierungsmerk- male in der Beschichtungsindustne [14-161.

Fur die praktische Durchfiihrung der Untersuchungen zum Herstellen von Zusammenhangen zwischen dem Verhalten im Gebrauch, bei Trage- und Erprobungsver- suchen oder bei naurlichen Beanspruchungen unter verscharften Bedingungen einerseits sowie bei Labor- versuchen andererseits fiihrt das Anwenden von Beziehung (1) als Ausgleichsfunktion daruber hinaus zu gro8en Bkonomischen Vorteilen, da die giinstigste Staffelung der Versuchsdauern eine etwa geometrische Reihe ist. Eine geometrische Reihung der Versuchsdauern bringt gegeniiber der arithmetischen Reihung bei gleicher erster, zweiter und letzter Versuchsdauer in beiden Reihen rnit zunehmender Anzahl Zeitstufen immer groler werdende Einsparungen an erforderlicher Gesamt-Versuchsdauer, was insbesondere fur die nur in begrenzter Anzahl durch- fuhrbaren Laborversuche von groSer Bedeutung ist.

3.2. Herstellen von Zusammenhdngen zwischen den Zeitabfingigkeiten

Urn die im Abschnitt 2. beschriebenen Beziehungen zwischen den beiden Zeitabhangigkeiten herzustellen, mu6 beachtet werden, daS nicht nur die Charakterisie- rungsmerkmale y unterschiedlich sein konnen, sondern auch die Versuchsdauern t . Fiir das gewahlte Labor- beanspruchungsverfahren erhdt man also eine Beziehung

Yl = fk), ( 2 4

fur das Gebrauchsverhalten oder dessen Simulation rnit Hilfe von Trage- oder Erprobungsversuchen oder natur- lichen Beanspruchungen unter verscharften Bedingungen

eine Beziehung Y2 = f (t2) - ( 2 4

Schadigt man die untersuchten Materialien nach beiden Verfahren bis zum gleichen Merkmalswert, also bis

Yl = Y2Y (3)

so kann man die Laborbeanspruchungsdauer tl als Funktion der Beanspruchungsdauer t2 zu

tl = f ( t 2 ) (4)

ausdrucken. Wendet man dies auf den Zusammenhang der beiden WEmuU-Funktionen nach Beziehung (1) an, so folgt

1 1 t, = - [In% + (A2t,)Ba]Z.

A1 Y2.0 (5)

Fur den Fall gleicher Merkmalswerte yl,o = y2,0 beider Versuchsreihen f i i r 4 = t2 = 0, z. B. beim Verwenden nur einer gemeinsamen ,,Nullstufe", vereinfacht sich (5) zu

Beziehung (6) gilt auch dann, wenn die Merkmalswerte y keine Absolutwerte, sondern auf den Wert der Nullstufe bezogene Verhdtnisse darstellen.

3.3. Belichtung~uer-Verfihriltnisse

In den vergangenen Jahrzehnten hat es nicht an Ver- suchen gefehlt, die im Abschnitt 1. einleitend gestellte Frage zu beantworten. uber die dazu rnit Hilfe der Blau- typfarbungen auf Wolle von verschiedenen Autoren durch- gefuhrten Untersuchungen haben wir fruher zusammen- fassend berichtet [26]. Meist sind dabei die Beanspru- chungsdauern 5 und t2 bis zu einem gleichen ,,Alterungs- grad" einander gegenubergestellt worden. So hat z. B. BEELGEE [2, 31 auf Grund seiner Belichtungs- und Be- witterungsuntersuchungen rnit funf Geratevarianten und in drei unterschiedlichen Klimagebieten der Erde die bis zum Erreichen gleicher Vergilbung benijtigten Belich- tungsdauern einer Laborbelichtung und einer Freibewit- terung ins Verhaltnis gesetzt, also tl/t2 gebildet. Diese ,,Einpunktmethode" weist aber Nachteile auf, da sich fur andere Vergilbungen andere Belichtungsdauer-Verhaltnisse ergeben. .Er selbst verallgemeinert aber die von ihm fiir eine zufallig gewahlte GroSe des Merkmalswertes y er- zielten Ergebnisse. FBEY [9] verwendet bei CPE-modifi- ziertem PVC die Verfarbung als Charakterisierungsmerk- mal. Das aus seinen Ergebnissen berechenbare Belichtungs. dauer-Verhdtnis fiir mehrere Verfarbungsstufen bleibt teils konstant, teils nimmt es mit steigender Verfarbung ab. S c x h m [22] fand fiir unterschiedliche Charakterisierungs- merkmale bei der Prufung der Wetterbestandigkeit von Weich-PVC fur mehrere Abbaugrade nahezu konstante, aber vom Charakterisierungsmerkmal abhangige Be- witterungsdauer-Verhaltnisse. MENZEL [18] stellte wiede- rum fur eine bestimmte Verfirbung die Freibewitterungs- dauer der Weather-o-meter-Bewitterungsdauer gegeniiber, HAUFUL~CKNEB [lo] in gleicher Weise die Freibewitte- rungsdauer der Xenotest-Bewitterungsdauer. Ftir aus- gewahlte Plaste setzt VOIGT [32] fur den durch eine be- stimmte Carbonylgruppen-Konzentration charakterisier- ten Oxydationsgrad die Freibewitterungsdauer und die

Page 3: Methodik zur Ermittlung von Zusammenhängen zwischen parameterabhängigen Gebrauchseigenschaften polymerer Festkörper. II. Optimierung der Zusammenhänge zwischen künstlicher Belichtung

WINKLER und ZENTGRAF: Methodik zur Ermittlung von Zusammenhangen zwischen paranieterabhangigen Gebrauchseigenschaften polymerer Festkorper. I1

in unterschiedlichen Geraten erzielten Bewitterungsdauern ins Verhaltnis zur Bewitterungsdauer im Xenotest 1200, wendet also ebenfalls eine Einpunkt-Methode an.

HENNIG [11] versuchte, die Ergebnisse der Freibewit- terung und der Xenotestbewitterung als moglichst dek- kungsgleiche Merkmals-Zeit-Funktionen in einem Dia- gramm unterzubringen, wozu zwei unterschiedliche lineare ZeitmaBstabe angewendet wurden. Das dabei auftretende konstante Verhaltnis 1 : x (1 h Xenotest-150-Bewitterung entspricht 2 h Freibewitterung) wird als Raffungsfaktor bezeichnet. Es hangt vom Material und vom Charakteri- sierungsmerkmal ab und liegt bei seinen Untersuchungen zwischen 1:7 und 1:14, rnit Mittel bei 1:10. Nach Mei- nung von HENNIG und HORN [I21 liegt der Raffungsfaktor der Bewitterung im Xenotest 1200 ohne UV-Spezialfilter gegenuber der Freibewitterung sogar bei 1:40 bis 1:60; doch wird von ihnen bezweifelt, ob die entsprechenden Kurven uberhaupt noch durch lineare Stauchung der Zeitachsen zur Deckung gebracht werden konnen. Als von MUTH [I91 angegebene Raffungsfaktoren nennt STECKHAN [28] fur Xenotest 450: Freibewitterung 1: 4,4 bis 1 : 5,5 ; fur Xenotest 1200: Freibewitterung 1 : 8,8 bis 1 : 11,0 und schlieBlich auch fur Freibewitterung: Wahr- scheinliche Lebensdauer noch einmal 1 : 2,4 bis 1 : 2,6. Die Raffungsfaktoren stellen Verhaltnisse aus Gerate- laufstunden und Zeitstunden dar, wobei 1 Tag Freibe- witterung mit 24 Zeitstunden angesetzt wird.

Weder das nach einer Einpunktmethode ermittelte Verhaltnis t1/t2 noch ein konstantes Verhaltnis tl/tz uber den gesamten untersuchten Zeitbereich tz konnen den Zusammenhang zwischen kunstlicher und naturlicher Belichtung bzw. Bewitterung befriedigend beschreiben. Auf der Suche nach neuen Beschreibungsmoglichkeiten fur den Zusammenhang haben wir bereits fruher ein Belichtungsdauer-Verhaltnis alS2 vorgeschlagen, das nichts anderes als eine funktionelle Abhangigkeit des Verhalt- nisses tl/t2 von t, darstellt. Ganz allgemein erhalt man ausgehend von Beziehung (4 ) dafur

(7)

Fur die von uns verwendete modifizierte WEIBULL- Funktion nach Beziehung (1 ) folgt unter Verwendung von Beziehung (6) fur diesen speziellen Fall

Wie Bild 1 zeigt, stellt geometrisch den Tangens des Winkels zwischen der Abszisse und der Verbindungs- linie vom Nullpunkt zu dem Punkt rnit den Koordinaten (tn, tl) dar. An Bild 1 ist zu erkennen, daB sich mit t, um so mehr andert, je starker die Belichtungsdauer-Kurve gekrummt ist. Falls der Zusammenhang zwischen tl und t2 linear ist, bleibt a,,, konstant. Das trifft zu, wenn die beiden Abbauordnungen B, und Bz gleich sind. Das Belichtungsdauer-Verhaltnis ist dann gleich dem Kehr- wert des Abbaugeschwindigkeits-Verhaltnisses, also gleich A2/A1. In diesem Falle ware es rnit den von anderen Autoren angegebenen Raffungsfaktoren identisch.

Ah ein genaueres Ma5 sehen wir das von uns eingefuhrte ,,differentielle Belichtungsdauer-Verhaltnis"

dtl h a = (9)

f l = - tZ

tan a: =

Acta Polyrnerica 31 (1980) Heft 12

781

Belichtungsdauer t2

Rild 1. Geornetrische Darstellung der Belichtungsdauer-Ver- haltnisse

an. Ausgehend von Beziehung (6) ergibt es sich fiir die von uns verwendete WEmuLL-Funktion zu

Fur gleiche Abbauordnungen B, und B, wird PI,, konstant und stimmt rnit alB2 uberein. Geometrisch stellt es als Differentialquotient an die Belichtungsdauer-Zeit-Kurve in einem Punkt rnit den Koordinaten (t2, tl) den Tangens des Winkels /I dar (Bild 1). Es bedeutet die Belichtungs- dauer At,, die rnit der Belichtungsvariante 1 erforderlich ist, um die gleiche Abbauzunahme wie bei einer Stunde Belichtung mit der Belichtungsvariante 2 zu erreichen, wenn das Material bereits tp Stunden belichtet worden ist.

3.4. Gemeinsame Auswertung aller bolidteten Materialien

Im Abschnitt 2. sind bereits die Kriterien fur die Opti- mierung der Laborbeanspruchungsverfahren angegeben worden. Das bedeutet aber eine Variation der Prufbe- dingungen, um Kosten und Prufdauer bei den meist sehr aufwendigen Simulationsverfahren fur die Gebrauchs- beanspruchung zu minimieren, ohne dadurch andere Alterungsmechanismen und damit andere Merkmalswert- Zeit-Verlaufe auszulosen als im spateren praktischen Einsatz zu erwarten sind. Da sich in dieser Beziehung unterschiedliche Materialien auch unterschiedlich ver- halten, mussen moglichst viele der im spateren Einsatz vorgesehenen Materialien auch in die Optimierungsunter- suchungen einbezogen werden. Fur die Optimierung schien uns die gemeinsame Auswertung der B,,,-t,-Funktionen der einzelnen Materialien ein geeigneter Weg zu sein. Unser Ziel ist es dabei, das Laborbeanspruchungsver- fahren so zu modifizieren (z. B. bei der kunstlichen Be- lichtung durch Anderung der Wellenlange der Strahlung im UV-Bereich, der Strahlungsintensitat, der Temperatur oder der relativen Luftfeuchte), daB fur jeweils konstante Belichtungsdauern t2 die BlS2-Werte moglichst gut uberein- stimmen und moglichst niedrig liegen. An anderer Stelle konnten wir zeigen, daB die &,-Werte recht gut eincr logarithmischen Normalverteilung gehorchen. Damit. ist der geometrische Mittelwert

Page 4: Methodik zur Ermittlung von Zusammenhängen zwischen parameterabhängigen Gebrauchseigenschaften polymerer Festkörper. II. Optimierung der Zusammenhänge zwischen künstlicher Belichtung

Acta Polymerica 31 (1980) Heft 12

782 WINKLER und ZENTGRAF: Methodik zur Ermittlung von Zusammenhangen zwischen parameterabhangigen Gebrauchseigenschaften polymerer Festkorper. IT

verfahrens kgnn dann als optimal angesehen werden, wenn fur sie sowohl &,z als auch uber den gesamten Zeit- bereich t2 kleinere Werte annehmen als fur alle anderen

100

- % 2- .'1 C 80 untersuchten Varianten.

5 P 60 4. Experimenteller Ted

e 3 40 ?

c - -0

e Im Zusammenhang mit der Untersuchung der Licht- bestandigkeit von Polyamid- und Polyester-Seiden ver- suchten wir, eine optimale Variante der kunstlichen Belichtung im Vergleich zur naturlichen Belichtung unter verscharften Bedingungen (anstelle der nicht durch- fuhrbaren Erprobungsversuche) zu finden. Als Materialien setzten wir sechs Polyamid- und sieben Polyester-Seiden

'O0 unterschiedlicher Lichtstabilisierung, Feinheit, Elementar- fadenzahl, Drehung und Mattierung ein.

4.1. Belichtungsgerate und -bedingungen

Die naturliche Belichtung fuhrten wir bis zu 800 Nor- malbleichstunden (entspricht etwa zwei Jahren) in Teltow in der schon in [35] beschriebenen Weise durch. Die Belichtungskasten waren dabei mit UV-durchlassigen (Kurzzeichen U) oder Fensterglas-Doppelscheiben (Kurz- zeichen F) belegt. Fur die kunstliche Belichtung verwen- deten wir die Xenotestgerate WL 450 und Xenotest XU 1200. Die Prufbedingungen entsprechen TGL 16-650273/02 und /03 [30, 311 (z. B. 29°C f 3 K; (65 f 5)% relative Luftfeuchte j Gleichlauf der Fadenharfen ; Wellenlangen-

: 20 .-. 5 -

I I I L l s loo 300 6oo 500

Belichtungsdauer 0

Rild 2. Belichtungs-ReiBkraft-Verhaltnis von sieben Polyester- Seiden nach Belichtungsvariante U

100

2 * "-7 $ 80 L

r

60

e e -k 9 40 9:

5 20 YI 0,

s .-.. 100

B S % - .: 80

2

0 c - Belichtungsdauer t6,n :0

Bild 3. Belichtungs-ReiBkraft-Verhaltnis von sieben Poly- ester-Seiden nach Belichtungsvariante F 60

e co 9 40 7 -x

100 2 %

7 B

'2 80 c !? 20 -c c

.u -...

0 200 400 600 h 800 60 t e Be/ichtungsdouer tg,:,

% 40

9; YI

-x

Bild 5. Belichtungs-ReiBkraft-Verhaltnis von sieben Polyester- Seiden nach Belichtungsvariante X3S

100 c i? 20 -c .9

- % - 9" &

Belichtungsdauer t8,k .O

0 200 400 600 800 1000 h 1200 .5 80 .. I-

2 Bild 4. Belichtungs-ReiBkraft-Verhaltnis von sieben Polyester- 60 Seiden nach Belichtungsvariante W 61

die geeignete KenngroSe fur die Beurteilung der mittleren

.= 0 3

9; 9

2 20 3 B

9 40

Tendenz, der geometrische Variationskoeffizient ol

-r

v = {i' [ 2 (lg B l . d 2 - ; ( 2 (47 B 1 A i ) p - 1) 150 h 200 0 50 100

n - 1 isl i=l J -

x 100% (12) 8eCchtungsduuer to,*

die geeignete KenngroBe fur die Beurteilung der Streuung. Eine bestimmte Variante eines Laborbeanspruchungs- Seiden nach Belichtungsvariante XO

Bild 6. Belichtungs-ReiBkraft-Verhaltnis von polyester-

Page 5: Methodik zur Ermittlung von Zusammenhängen zwischen parameterabhängigen Gebrauchseigenschaften polymerer Festkörper. II. Optimierung der Zusammenhänge zwischen künstlicher Belichtung

WINKLER und ZENTOW: Methodik zur Ermittlung von Zusammenhangen zwischen parameterabhangigen Gebrauchseigenschaften polymerer Festkorper. I1

400 /I /

h / / -

c / /

3 /' B $

& 300

s 200

4 .Y .-..

100

I I I I

0

Bild 7.

4 00

h

300 c-

L a3

200 c -+: y 3

100

0

Acta Polyrncrica 31 (1980) Heft 12 703

zeitabhhgiges Charakterisierungsmerkmal y neben der Belichtungsdauer t in Beziehung (1). Mit Hilfe eines von uns fruher erstellten Rechenprogrammes konnen wir iterativ die Abbaugeschwindigkeit A und die Abbau- ordnung B berechnen sowie dann zu vorgebbaren Zeiten t2 die mit Beziehung (1) berechneten Charakterisierungs- merkmale ausdrucken. Die sich damit ergebenden Zeit- abhangigkeiten haben wir unter Beschrankung auf die Belichtungs-ReiSkraft-Verhaltnisse und auf die sieben Polyester-Seiden im Bild 2 fur UV-durchlassiges Glas und im Bild 3 fur Fensterglas dargestellt. Fur die drei Varianten der kunstlichen Belichtung zeigen Bild 4 (Variante W 61), Bild 5 (Variante X3S) und Bild 6 (Variante XO) diesen Sachverhalt.

100 200 300 400 500 h 600 Belichtungsdauer t2 4.4. Zusammenhbnge zwischen den Belichtungsdauern

Nach Beziehung (6) haben wir mit Hilfe eines von uns friiher entwickelten Rechenprogrammes unter Verwendung der iterativ berechneten Abbaugeschwindigkeiten A, und A, sowie Abbauordnungen B, und B, die Zeit-Zeit- Zusammenhange errechnet und zu vorgebbaren Zeiten t2 die zugehorigen Zeiten tl ausgedruckt. Der Index 1 be- zeichnet dabei stets eine der drei Vananten der kunstlichen Belichtung (W 61, X3S oder XO), der Index 2 eine der zwei Varianten der naturlichen Belichtung (U oder F). Als Beispiele sind die berechneten Zusammenhange nur fur die UV-Belichtung der sieben Polyester-Seiden fur die Variante W 61/U im Bild 7, Variante X3S/U im Bild 8 und Variante XO/U im Bild 9 dargestellt.

Ziisammenhang zwischen den Belichtungsdauern der Belichtungsvariante W 61/U

/ /

/ / i

/ 100 200 300 400 500 h 600

Belichtungsdauer t, C 300 /

Bild 8. Zusammenhang zwischen den Belichtungsdauern der Belichtungsvariante X3S/U

bereich der Strahlung 290 bis 800 nm; Belichtungsstarke 180000 lx). Diese Bedingungen wurden im WL 450 durch Einsetzen von 6 IR- und 1 UV-Filtern erreicht (Kurz- zeichen W 61). Von XU 1200 iiberpriiften wir zwei Varian- ten, namlich mit 3 Suprax-Schalen (Kurzzeichen X3S) sowie ohne Supraxschalen, also mit erhohtem Anteil an UV-Strahlung (Kurzzeichen XO). Die Belichtungsdauer betrug bis zu 1200 Geratelaufstunden.

4.2. Charakterisierungsmmkmal

Zur Charakterisierung des Alterungsverhaltens ver- wendeten wir das Belichtungs-ReiSkraft-Verhaltnis f B als Quotient aus der mittleren Belichtungs-ReiSkraft Pmax,~ und der mittleren ReiSkraft des unbelichteten Materials J,,,,, nach TGL 16-650273/01 [29]. Bereits friiher konnten wir zeigen, daB das Belichtungs-ReiD- kraft-Verhaltnis bei der Untersuchung der Lichtbestandig- keit von Syntheseseiden das gunstigste Charakterisierungs- merkmal darstellt.

4.3. Zeitubhiingigkeit des Belichtungs-Reipkraft-Verhiiltnisses

An den meist in geometnscher Zeitstufung (50, 100, 200, 400 und 800, teilweise zusatzlich 600 und 1200 Normal- bleichstunden oder Geratelaufstunden) belichteten 13 Syntheseseiden ermittelten wir zunachst die Belichtungs- ReiSkraft-Verhaltnisse f B und verwendeten diese als

2 5 200

5 6%

c - 100

100 200 300 400 500 h 600 0 Befichtungsdauer t2

Bild 9. Zusammenhang zwischen den Belichtungsdauern der Belichtungsvariante XO/U

4 1

2 o,r I I I I t I e h 100 200 300 400 500 h 600 B

Bild 10. Differentielles Belichtungsdauer-Verhaltnis von 7 Poly- ester-Seiden nach Belichtungsvariante W 61/U

Belichtungsdauer tz

Page 6: Methodik zur Ermittlung von Zusammenhängen zwischen parameterabhängigen Gebrauchseigenschaften polymerer Festkörper. II. Optimierung der Zusammenhänge zwischen künstlicher Belichtung

Acta Polymerica 31 (1980) Heft 12

784 WINELER und ZENTGRAF: Methodik zur Ermittlung von Zusammenhangen zwischen parameterabhangigen Gebrauchseigenschaften polymerer Festkorper. I1

.E 0,; [ I I I I I I

100 200 300 600 500 h 600 t-, Q O

Belichtungsdauer !*

Bild 11. Differentielles Belichtungsdauer-Verhaltnis von 7 Poly- ester-Seiden nach Belichtungsvariante X3S/U

242 C I

Belichtungsdauer t2

Bild 12. Differentielles Belichtungsdauer-Verhaltnis von 7 Poly- ester-Seiden nach Relichtungsvariante XO/IJ

4.5. Zeitabhangigkeit des differentiellen Belichtungsdauer- Verhaltnisses

Mit dem im Abschnitt 4.4. erwahnten Rechenprogramm lassen sich gleichzeitig zu den vorgegebenen Zeiten t2 die zugehorigen Belichtungsdauer-Verhaltnisse cxlS8 und differentiellen Belichtungsdauer-Verhaltnisse ,Bl,2 berech- nen. Als Beispiele haben wir, wiederum nur fur die UV- Belichtung und nur fur die sieben Polyester-Seiden, die differentiellen Belichtungsdauer-Verhaltnisse fur die Variante W 61/U im Bild 10, Variante X3S/U im Bild 11 und Variante XO/U im Bild 12 dargestellt.

4.6. Gemeinsame Auswertung aller Materialien

In die Gesamtauswertung bezogen wir sowohl die als Beispiele dargestellten sieben Polyester-Seiden als auch die nicht dargestellten sechs Polyamid-Seiden ein. Die insgesamt dreizehn unterschiedlichen Materialien konnten als eine reprasentative Stichprobe uber die im spateren Gebrauch fur den vorgesehenen Einsatzzweck zu verwen- denden Materialien angesehen werden. Fur die jeweils vorgegebenen Zeiten t2 werteten wir die 13 Einzelwerte ,Bl,2,i nach den Beziehungen (11) und (12) aus. Dazu erstell- ten wir fruher ein Programm, in das die i-Einze1wert.e ,Bl,2,i einzugeben sind, die rnit dem im Abschnitt 4.5. er- wahnten Programm berechnet worden waren. Unter der Voraussetzung einer logarithmischen Normalverteilung

berechnen wir dann neben anderen statistischen Kenn- werten insbesondere den geometrischen Mittelwert und den geometrischen Variationskoeffizienten Dcese beiden, fur die Suche der optimalen Variante wichtigen KenngroBen haben wir schlieBlich in den Bildern 13 und 14 fur alle sechs Varianten dargestellt.

5. Auswahl der optimalen Variante

Zieht man zunachst nur den geometrischen Mittelwert als Kriterium fur die Auswahl der optimalen Variante

heran, so zeigt sich, daD die kunstliche Belichtung rnit dem Xenotest XU 1200 ohne Suprax-Schalen (Variante XO) sowohl als Simulation der naturlichen Belichtung hin- ter Fensterglas (Kurve XO/F) als auch hinter UV-durch- lassigem Glas (Kurve XO/U) deutlich besser abschneidet als die kunstliche Belichtung rnit dem Xenotest XU 1200 mit 3 Suprax-Schalen (Kurven X3S/F und XSS/U) oder mit dem Xenotest WL 450 rnit 6 IR- und 1 UV-Filter (Kurven W 61/F und W 61/U). In dem fur die Praxis wichtigen Zeitbereich ab etwa 250 Normalbleichstunden (entsprechend etwa einem halben Jahr natiirlicher Be- lichtung) andern sich die @l,e-Werte nur noch wenig. Fur die bisher uberwiegend verwendete Belichtungsvariante W 61 rnit dem Xenotest WL 450 bedeutet dies eine im

-

x 3s/u I 10 /

RI

d 3

p 0,3

W 6 1 / F ‘ . x o / u / c

c (I,

0,003

0,001’ I I I I --I

0 100 200 300 400 590 h 600 Bel~htungsduuer ‘6,

Bild 13. Geometrischer Mittelwert des differentiellen Belich- tungsdauer-Verhaltnisses fur 13 Synthese-Seiden

3 I I I I

0 100 200 300 400 500 h 600 Belichtungsdouer t6,

Bild 1 $. Geometrischer Variationskoeffizient des differentiellen Belichtungsdauer-Verhaltnisses fur 13 Synthese-Seiden

Page 7: Methodik zur Ermittlung von Zusammenhängen zwischen parameterabhängigen Gebrauchseigenschaften polymerer Festkörper. II. Optimierung der Zusammenhänge zwischen künstlicher Belichtung

WINKLER und ZENTGRAF: Methodik zur Ermittlung von Zusammcnhangen zwischen parameterabhangigen Gebrauchseigenschaften polymerer Festkorper. I1

Acts Polymerica 31 (1980) Hdt 12

785

Mittel u m den Faktor 3,O bis 4,5 hohere Belichtungsdauer als m i t dem Xenotest XU 1200 ohne Suprax-Schalen, wenn die gleichen Belichtungs-ReiBkraft-Verhaltnisse fu erreicht werden sollen wie bei der naturlichen Belichtung hinter UV-durchlassigem Glas. Wird der Vergleich zur naturlichen Belichtung hinter Fensterglas durchgefuhrt, ist die Belichtungsdauer im WL 450 sogar u m den Faktor 6,O bis 11,5 hoher als im XU 1200 ohne Suprax-Schalen.

Zunachst befurchteten wir, daB es bei der starkeren Beanspruchung i m Xenotest XU 1200 ohne Suprax- Schalen auch zu einer starkeren Streuung zwischen den verwendeten Materialien kommen wurde und aus diesem Grunde auf die erwahnte groDe Einsparung an Belichtungs- dauer verzichtet werden musse. Wie an den geometrischen Variationskoeffizienten YTs i m Bild 14 z u erkennen ist, liegen diese tatsachlich ungiinstiger. Eine nahere Unter- suchung der 13 in die Berechnung einbezogenen Einzel- werte zeigte, daB sich die 6 Polyamid- u n d die 7 Polyester- Seiden umso klarer in zwei Gruppen mit unterschiedlichen @l,n-Werten t rennen lassen, je groDer der geometrische Variationskoeffizient ist. Hieran zeigen sich deutlich die Probleme, die sich bei der gleichzeitigen Beurteilung unter- schiedlicher Materialien ergeben. Eine weitere Verbesserung der Ubereinstimmung der Ergebnisse beider Material- gruppen i s t durch Verandern der relativen Luftfeuchte zu erwarten. Entsprechende Untersuchungen wurden jedoch zunachst nicht durchgefuhrt.

Wir danken F r a u BORRMEISTER, Frl. LANCE, F r a u WEQMET, Herrn Obering. SCHMIDT und Herrn MUHL- MEISTER fur die experimentelle Mitarbeit, Herrn Dip1.- Math. EBERHARD fur das Aufstellen der Rechenpro- gramme.

Literatur [ l ] BAIRD, K., und DAVID, H. G.: Textile Res. J. 41 (1971)

[2] BERGER, K. : Vortrag, gehalten zum 7. Donaulandergesprach im Okt. 1974 in Moskau; abgedruckt in [20].

[3] BERGER, K. : Vortrag, gehalten zum Symposium ,,Beschleu- nigte Prufung der Licht- und Wetterbestandigkeit von Kunststoffen und Lacken" am 17.10.1975 in Hanau/BRD.

[4] BROIDO, A., und YOW, H.: J. appl. Polymer Sci. 21 (1977)

[5] Chemie, Kunststoffe aktuell. Sondernummer. 10. Donau- landergesprach. Die naturliche und kunstliche Alterung von Kunststoffen. Wien: Facultas-Verlag 1978.

[6] CLARK, J. E.: Vortrag, gehalten zum Symposium ,,Be- schleunigte Priifung der Licht- und Wetterbestandigkeit von Kunststoffen und Lacken" am 24.9.1971 in Hanau/ BRD.

[7] DAVID, H. G., und MCCULLOUGH, R. S.: Textile Res. J. 38 (1968) 679-683.

587-592.

1667-1676.

Kurze Mitteilung Substanzpolymerisation von 2-Phenyl-d2-oxazolin

1. Einleitung

Die Bedeutung der erstmals 1884 hergestellten da-Oxazoline fur die Polymersynthese und fur die praparative organische Chemie hat sich erst in den letzten Jahren gezeigt [l]. Es ist aus zahlreichen Untersuchungen der Oxazolinpolymerisation in Losung bekannt, daB sie durch typische kationische Initiatoren initiiert wird und zu N-Acyl-polyethyleniminen fuhrt 12- 51. KAGIYA und Mitarbeiter fanden, daB von den gebrauchlichsten Broenstedt-Sauren Perchlorsaure die hochste Wachstums-

[8] FONG, J. T., REHM, R. G., und GRAMINSKI, E. L.: Tappi 60

[9] FREY, H.-H.: Kunststoffe 63 (1963) 103-110. (1977) 156-159.

[lo] HAUFGLOCKNER, H.: Maschinenmarkt 78 (1972) H. 61. [ l l ] HENNIG, J.: Kunststoffe 66 (1975) 401-404. [12] HENNIG, J., und HORN, H.: Kunststoffe 68 (1978) 494-497. [13] HENNING, H.-J., iind WILRICH, P.-TH. : Graf-Henning-

Wilrich. Statistische Methoden bei textilen Untersuchun- gen. Berlin/Hcidelberg/New York: Springer-Verlag 1974.

[14] HILL, H. E., und ADAMS, N. P. : J. Paint Technol. 46 (1974) Nr. 589, 55-63.

[15] HILL, H. E. : J. Paint Technol. 47 (1975) Nr. 606, 63. [16] HILL, H. E.: J. Coatings Technol. 48 (1976) Kr. 619, 63-72. [17] MARX, D.: Technik 25 (1970) 702-706. [18] MENZEL, G. : Plastverarbeiter 25 (1974) 137-144. [19] MUTH, TH. : F/E-Bericht des Inst. f. Baustoffe Weimar 1977. [20] Osterreichisches Kunststoffinstitut : Die naturlichc untl

kunstliche Alterung von Kunststoffen. Wien: Facultas- Verlag 1975.

[21] SACHS, L. : Angewandte Statistik. Berlin/Heidelberg/ New York: Springer-Verlag 1974.

1221 SCHAFER, V.: Appl. Polymer Symp. 4 (1967) 111 -118. [23] SIPPEL, A., und HEIM, E.: J. Polymcr Sci. 64 (1961) 83-100. [24] SIPPEL, A., und HEIM, E.: Z. ges. Textilind. 64 (1962) 6-14. [25] SIPPEL, A., und HEIM, E.: Z. Naturforschg. l7b (1962)

[26] SOMMER, H., und WINKLER, F.: Handbuch der Werkstoff- prufung. Band 5. Die Prufung der Texti!ien. Kap. XIX, F, 1266-1312. Berlin/Gottingen/Heidelberg: Springer- Verlag 1960.

[27] STANCE, K.: Mitteilungsbl. Mathem. Statistik 7 (1955)

[28] STECKHAN, P. : Vortrag, gehalten zum 10. Donaulander- gesprach im Sept. 1977 in Wien, abgedruckt in [5]; Plaste u. Kautschuk 26 (1979) 96-99.

[29] TGL 16-650 273/01 (7.73) : Textilprufung; Bestimmung der Lichtbestandigkeit bei Bestrahlung mit gefiltertem Xenonbogenlicht ; Begriffe.

406 -414.

113-151.

[30] TGL 16-650273/02 (9.76) : - ; - ; Belichtungsgerat. [31] TGL 16-650273/03 (7.73) : - ; - ; Prufverfahren fiir

Synthesefaden. [32] VOIGT, J. : Vortrag, gehalten zum Symposium ,,Bescbleu-

nigte Prufung der Licht- und Wetterbestandigkeit von Kunststoffen und Lacken" am 17.10.1975 in Hanau.

[33] WEIBULL, W.: A statistical theorie of the strength of materials. Handlingar Nr. 151. Stockholm: Ingeniors Vetenskaps Akademiens 1939.

[34] WEIBULL, W.: J. appl. Mech. 18 (1951) 293-297. [35] WINKLER, F., und SCHMIDT, F.: Vortrag, gehalten zur

RGW-Beratung im Okt. 1974 in Warschau; Faserforsch. u. Textiltechnik/Z. Polymerforsch. 26 (1975) 241 -244.

[36] WINKLER, F., PIETSCHMANN, S., und SCHMIDT, F.: Vor- trag, gehalten zur 11. Nationalen Konferenz ,,Chemische Fasern" im Okt. 1976 in Varna (VR Bulgaricn).

[37] WINKLER, F. : Faserforsch. u. Textiltechnik/Z. Polymcr- forsch. 28 (1977) 535-538.

[38] WINKLER, F. : Vortrag, gehalten zum Seminar ,,Probleme der Licht- und Wetterechtheitsprufung" am 8.12.1977 in Teltow-Seehof.

Eingegangen am 5. Mai 1980

geschwindigkeit bewirkt [S]. uber die Substanzpolymerisation von d2-Oxazolinen liegen vergleichsweise bisher nur sehr wenige Arbeiten vor. Sie beziehen sich auf Untersuchungen zur Poly- merisationskinetik und spektroskopischen Strukturaufklarung der Polymere [7, 81, daruber hinaus wird der EinfluD 2-standiger Alkylsubstituenten auf Abbruch- und obertragungsreaktionen studiert [9]. Die stoffliche Charakterisierung der N-Acyl- polyethylenimine sowie der Umsatz/Zeit-Verlauf der losungs- mittelfreien Polymerisation sind bisher noch nicht geklart. Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist es daher, a m Beispiel