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Mitbestimmung in der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) · Edgar Rose/Roland Köstler Mitbestimmung in der Europäischen Aktien-gesellschaft (SE) 2., aktualisierte Auflage

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Edgar Rose/Roland Köstler

Mitbestimmung in der Europäischen Aktiengesellschaft(SE)

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Betriebs- und DienstvereinbarungenAnalyse und Handlungsempfehlungen

Eine Schriftenreihe der Hans-Böckler-Stiftung

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Edgar Rose/Roland Köstler

Mitbestimmung in derEuropäischen Aktien-gesellschaft (SE)2., aktualisierte Auflage

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Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikationin der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografischeDaten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

2., aktualisierte Auflage 2014©2011 by Bund-Verlag GmbH, Frankfurt am MainRedaktion: Dr. Manuela Maschke, Hans-Böckler-StiftungHerstellung: Birgit FieberUmschlaggestaltung: Neil McBeath, StuttgartSatz: Dörlemann Satz, LemfördeDruck: CPI books Ebner & Spiegel, UlmPrinted in Germany 2014ISBN 978-3-7663-6369-5

Alle Rechte vorbehalten,insbesondere die des öffentlichen Vortrags, der Rundfunksendungund der Fernsehausstrahlung, der fotomechanischen Wiedergabe,auch einzelner Teile.

www.bund-verlag.dewww.boeckler.de/betriebsvereinbarungen

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Inhaltsverzeichnis 5

Inhaltverzeichnis

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

1. Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111.1 Die Entstehung der Europäischen Aktiengesellschaft

und ihre wesentlichen Merkmale . . . . . . . . . . . . . . 111.2 Verbreitung und Beteiligungsformen Europäischer

Aktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

2. Regelungsinhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202.1 Grundstruktur der Arbeitnehmervertretung in der SE . . . 20

2.1.1 Fälle ohne SE-Betriebsrat . . . . . . . . . . . . . . . 212.1.2 Arbeitnehmervertretung im Aufsichtsrat

bei wachsender Belegschaft . . . . . . . . . . . . . . 252.2 Präambeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

2.2.1 Unternehmenskultur und Verpflichtung zum Dialog 312.2.2 Sozialstandards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332.2.3 Konkrete Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

2.3 Übergreifende Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . 352.3.1 Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362.3.2 Laufzeit und Kündigung der Vereinbarung . . . . . 382.3.3 Überprüfung, Änderung bzw. Neuverhandlung

der Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412.3.4 Streitbeilegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

2.4 SE-Betriebsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472.4.1 Errichtung des SE-BR . . . . . . . . . . . . . . . . . 482.4.2 Struktur und Arbeitsweise des SE-BR . . . . . . . . 592.4.3 Arbeitsgrundlagen des SE-BR . . . . . . . . . . . . 702.4.4 Schutz der Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

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6 Inhaltsverzeichnis

2.4.5 Geheimhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 842.4.6 Verhältnis zu anderen Organen der

Arbeitnehmervertretung . . . . . . . . . . . . . . . 882.4.7 Mitwirkung von Tochtergesellschaften . . . . . . . 94

2.5 Mitbestimmung im Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . 952.5.1 Zusammensetzung des Aufsichtsrats . . . . . . . . 962.5.2 Wahl bzw. Bestellung der Arbeitnehmervertreter . . 992.5.3 Amtszeit der Arbeitnehmervertreter . . . . . . . . . 1032.5.4 Rechte und Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

3. Beteiligungsrechte, -prozeduren und -instrumente . . . . . . . 1133.1 Regelmäßige Unterrichtung und Anhörung des SE-BR . . 113

3.1.1 Zuständigkeit und Frequenz . . . . . . . . . . . . . 1143.1.2 Themen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1173.1.3 Informationsquellen, Beratungsmöglichkeiten . . . 119

3.2 Unterrichtung und Anhörung in besonderen Fällen . . . 1233.2.1 Umstände und Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . . 1243.2.2 Zeitpunkt der Unterrichtung . . . . . . . . . . . . . 1293.2.3 Intensität der Anhörung . . . . . . . . . . . . . . . 1313.2.4 Verfahren bei Dissens, Umsetzungssperre . . . . . 132

3.3 Weitere Beteiligungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . 1353.3.1 Initiativrechte des SE-BR . . . . . . . . . . . . . . . 1353.3.2 Erweiterte Beteiligungsrechte des SE-BR . . . . . . 137

4. Zusammenfassende Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

5. Beratungs- und Gestaltungshinweise . . . . . . . . . . . . . . 1445.1 Gestaltungsraster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1445.2 Gestaltende Einflussnahme der betrieblichen

Interessenvertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148

6. Bestand der Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150

Literatur- und Internethinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152

Das Archiv Betriebliche Vereinbarungender Hans-Böckler-Stiftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156

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Vorwort 7

Vorwort

Seit Oktober 2004 können Unternehmen als Gesellschaftsform die Euro-päische Gesellschaft (SE) gründen. Bedingung ist jedoch, dass mit denVertretungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer konkret ausge-handelt wird, wie die Mitbestimmung der SE-Betriebsräte und die Mit-bestimmung im SE-Aufsichtsrat gestaltet wird. Die EU-Richtlinie siehtvor, dass dafür ein Besonderes Verhandlungsgremium (BVG) gegründetwird. Wenn im BVG Schwierigkeiten und Konflikte bewältigt werdenkönnen, dann können durchaus weitreichende Beteiligungsmöglich-keiten vereinbart werden, die über nationale Möglichkeiten der Mitbe-stimmung hinausgehen. Es gibt jedoch auch Vereinbarungen, die hintergewerkschaftliche Mindestforderungen an die Mitbestimmung zurück-fallen. In solchen Fällen waren Gewerkschaften entweder gar nicht odernur als Sachverständige im Aushandlungsprozess beteiligt; oder sie wur-den – da sie immer in der Minderheit sind – überstimmt. Am 1.7.2013gab es 1865 SE-Gesellschaften in Europa. Nur 252 dieser Gesellschaftensind bislang operativ tätig, 124 davon sind in Deutschland ansässig.Für die Analyse zur Mitbestimmung in der SE wurden zunächst 44 SE-Vereinbarungen der Jahre 2005 bis 2010 ausgewertet. Für diese aktuali-sierte Auflage wurden weitere 33 Vereinbarungen analysiert. Es wird ge-zeigt, welche Regelungstrends zur Gestaltung der Mitbestimmung inEuropäischen Gesellschaften bestehen und wie die betrieblichen Ak-teure das Thema aufgreifen.Die Auswertung verfolgt dabei nicht das Ziel, Regelungen zu bewerten,denn die Hintergründe und Strukturen in den Betrieben und Verwal-tungen sind uns nicht bekannt. Ziel ist es, betriebliche Regelungspraxisabzubilden, Trends aufzuzeigen, Hinweise und Anregungen für die Ge-staltung eigener Vereinbarungen zu geben.Auf eine Branchenkennung wird in dieser Auswertung bewusst verzich-tet, um die notwendige Anonymität der zitierten Unternehmen sicher-zustellen.

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8 Vorwort

Weitere Hinweise und Informationen zu unseren Auswertungen findenSie im Internet unter www.boeckler.de/betriebsvereinbarungen.

Wir wünschen eine anregende Lektüre!

Dr. Manuela Maschke

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Abkürzungsverzeichnis 9

Abkürzungsverzeichnis

AG AktiengesellschaftAN Arbeitnehmer und ArbeitnehmerinnenAR AufsichtsratBetrVG BetriebsverfassungsgesetzBVG Besonderes VerhandlungsgremiumDrittelbG Gesetz über die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im

AufsichtsratEBR Europäischer BetriebsratEBRG Gesetz über Europäische BetriebsräteGA Geschäftsführender AusschussGmbH Gesellschaft mit beschränkter HaftungIFA International Framework AgreementsKBR KonzernbetriebsratKSchG KündigungsschutzgesetzLG LandgerichtMitbestG Gesetz über die Mitbestimmung der ArbeitnehmerOECD Organisation for Economic Co-operation and DevelopmentOLG OberlandesgerichtSE Europäische Gesellschaft, Europäische Aktiengesellschaft

(lat. Societas Europaea, kurz: SE)SEAG Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EG)

Nr.2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über dasStatut der Europäischen Gesellschaft (SE)

SEBG Gesetz über die Beteiligung der Arbeitnehmer in einerEuropäischen Gesellschaft

SE-BR SE-BetriebsratSE-VO SE-Verordnung

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Die Entstehung der Europäischen Aktiengesellschaft und ihre wesentlichen Merkmale 11

1. Rahmenbedingungen

1.1 Die Entstehung der Europäischen Aktiengesell-schaft und ihre wesentlichen Merkmale

Die Idee der Europäischen GesellschaftVor mehr als 50 Jahren, am 1. 1.1958, traten die sogenannten Römi-schen Verträge zur Gründung einer Europäischen Wirtschaftsgemein-schaft in Kraft. Als Aufgabe der Gemeinschaft wurde unter anderem dieErrichtung eines gemeinsamen Marktes verabredet. Freizügigkeit derArbeitnehmer und die Niederlassungsfreiheit zu selbstständiger Er-werbstätigkeit waren von Anfang an Vertragsziele. Die nach den Rechts-vorschriften eines Mitgliedstaates gegründeten Gesellschaften, die ihrensatzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlas-sung innerhalb der Gemeinschaft haben, wurden der Niederlassungs-freiheit gleichgestellt.Das Unternehmens-/Gesellschaftsrecht in den Mitgliedstaaten unterlagder jeweiligen nationalen Rechtsordnung. Wollte man die Niederlas-sungsfreiheit der Gesellschaften herbeiführen, hätte man den Gesell-schaften freistellen können, ihren Sitzstaat zu wählen und sich von die-sem aus innerhalb und außerhalb der Gemeinschaft zu betätigen. DieGefahr hätte bestanden, dass alle Gesellschaften sich in dem Mitglied-staat mit dem großzügigsten Gesellschaftsrecht und aus Arbeitnehmer-sicht fehlender Mitbestimmung niederließen.

Harmonisierung und Koordinierung des nationalen Rechts,gegenseitige Anerkennung der nationalen GesellschaftenUm diesen Effekt zu vermeiden, galt es, nationales Recht zu harmo-nisieren und zu koordinieren sowie die nationalen Gesellschaften ge-genseitig anzuerkennen. Mit zahlreichen gesellschaftsrechtlichen Richt-linien ist man zum Teil diesen Weg gegangen (beginnend mit der

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12 Rahmenbedingungen

Publizitätsrichtlinie vom 9. 3.1968). Die Niederlassungsfreiheit für Ge-sellschaften müsste sowohl abstrakt gestaltet sein, als auch ermöglichen,ihren Sitz von einem Mitgliedstaat in einen anderen zu verlegen. Für dieAnerkennung einer Gesellschaft gibt es aber bis heute in den Mitglied-staaten unterschiedliche Anknüpfungspunkte: den Verwaltungssitz oderden Gründungsort. Zudem müsste man sich bei einer Sitzverlegung füreine bestimmte andere – wenn auch vielleicht harmonisierte – nationaleRechtsform entscheiden.

Schaffung einer übernationalen europäischen RechtsformDem wollte man durch eine übernationale europäische Rechtsform ab-helfen. Eine Sitzverlegung von München nach Paris wäre dann genausoleicht wie die von München nach Berlin. Weitergehende Überlegungenfür eine Gesellschaft internationalen Typs in Europa speisten sich ausdem europäischen Gedanken. Beides zusammen bildete den Hinter-grund für diese »einzige Lösung, welche die Möglichkeit bietet, gleich-zeitig die wirtschaftliche und die rechtliche Einheit des europäischen Un-ternehmens zu verwirklichen […], eine Regelung, die es erlaubt, nebenGesellschaften, die einzelstaatlichem Recht unterliegen, Gesellschaftenzu gründen, die ausschließlich einem einheitlichen und in allen Mit-gliedstaaten unmittelbar anwendbarem Recht unterworfen sind, die fürdiese Gesellschaftsform also die Beachtung einer rechtlichen Bindung anein bestimmtes Land beseitigt« (geänderter Vorschlag für eine Europäi-sche Aktiengesellschaft 1975, Bulletin der EG-Beilage 475, S. 12).

Die Aktiengesellschaft als am besten geeignete RechtsformVon Anfang an wurde als Rechtsform dabei die Aktiengesellschaft ange-strebt, unter anderem weil der Zugang zur Börse für diesen Gesellschafts-typ notwendig erschien. »Dies entspricht vom Standpunkt der Finanzie-rung und vom Standpunkt der Geschäftsführung aus am besten denBedürfnissen der auf europäischer Ebene tätigen Unternehmen« (ebd.).Umwandlungen nationaler Unternehmen direkt in eine Europäische Ak-tiengesellschaft (SE), wie sie heute oft vorkommen, wurden erst in derletzten Phase der Entstehung europäischen Rechts mit berücksichtigt.Die Ausgestaltung dieses Typs brachte jedoch mindestens zwei Problememit sich betreffend Mitbestimmung und Struktur. Für die Struktur derAktiengesellschaft gab und gibt es in Europa zwei Organsysteme:

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Die Entstehung der Europäischen Aktiengesellschaft und ihre wesentlichen Merkmale 13

• das dualistische System, bei dem die Leitungs- und Aufsichtsfunktiongetrennt sind. Es stellt das klassische System in Deutschland dar mitder Trennung von Vorstand und Aufsichtsrat.

• das monistische System, das oft Verwaltungsrat (engl. Board) genanntwird. In dieser Struktur sind die Funktionen von Leitung und Aufsichtdes Unternehmens formal nicht getrennt. Es stellt das klassische Sys-tem in Großbritannien dar.

In Europa weichen die »Regeln über die Stellung der Arbeitnehmer inder Entscheidungsstruktur von Gesellschaften« (Grünbuch, Bulletin Bei-lage 8/75, S. 8) – das heißt auf Deutschland bezogen: die Unternehmens-mitbestimmung – voneinander ab (vgl. u.a. Köstler 2011). 1975 wurdeim Grünbuch allerdings schon betont, »dass es in wachsendem Maßeals ein Gebot der Demokratie erkannt werde«, die Arbeitnehmer in denEntscheidungsprozess einzubeziehen (Bulletin der EG-Beilage 475, S. 9).Die beiden Aspekte Struktur und Mitbestimmung prägten bis zuletztdie Diskussion um die Schaffung einer übernationalen, europäischenRechtsform, der SE. Seit dem Beschluss des EU-Ministerrates vom8.10.2001 besteht die Verordnung über das Statut der Europäischen Ge-sellschaft und die Richtlinie zur Ergänzung des Statuts hinsichtlich derBeteiligung der Arbeitnehmer. Beide mussten bis zum 8. 10.2004 in na-tionales Recht umgesetzt werden. Dies gelang allerdings auch inDeutschland nicht. Die Umsetzung erfolgte letztlich zum 29. 12.2004.

1.1.2 Wesentliche Merkmale

Abbildung 1: Merkmale der SE

Die Europäische Aktiengesellschaft (SE)

• SE-Verordnung (SE-VO) über das Statut und die Richtlinie über die Beteiligung derArbeitnehmer vom 8. 10. 2001

• Deutsche Gesetze dazu sind das SEAG und das SEBG vom 22. 12. 2004

Worum geht es bei dieser europäischen Rechtsform?

Gründungsformen Grundkonstruktion/Organe Beteiligung AN

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14 Rahmenbedingungen

RechtsgrundlagenDie SE-Verordnung (SE-VO) von 2001 ist als europäisches Recht zu-nächst direkt und vorrangig anwendbar. Sie wird seit 2004 durch das Ge-setz zur Ausführung der Verordnung (SEAG) in gesellschaftsrechtlicherHinsicht ergänzt. Die Richtlinie zur Beteiligung der Arbeitnehmerwurde ebenfalls 2004 durch das SE-Beteiligungsgesetz (SEBG) umge-setzt.

GründungsformenArt. 2 der SE-VO führt die vier Gründungsfälle für eine SE auf:1. Die Fusion: Aktiengesellschaften aus zwei Mitgliedstaaten gründen

durch die Verschmelzung eine SE.2. Die Holding: AG und GmbH aus zwei Mitgliedstaaten gründen eine

Holding.3. Die Tochter: Gesellschaften und juristische Personen (öffentlichen

oder privaten Rechts) aus zwei Mitgliedstaaten gründen eine Tochteroder die SE selbst gründet eine Tochter.

4. Die Umwandlung: Eine AG kann sich in eine SE umwandeln, wennsie seit zwei Jahren über eine Tochtergesellschaft in einem anderenMitgliedstaat verfügt.

Soweit die Theorie, in der Praxis hat man sich manches zur »Vereinfa-chung« einfallen lassen. Zwei Gestaltungen lassen sich besonders her-vorheben: a) Eine GmbH, die eine Tochter in einem Mitgliedstaat hat,wird zunächst in eine AG, anschließend in eine SE umgewandelt. b) Manerwirbt eine so genannte Vorrats-SE und verschmelzt darauf die deut-sche Gesellschaft, die dann keine Tochter im Ausland haben muss. Da-bei muss man berücksichtigen, dass eine Vorrats-SE nur gegründetwird, um sie zu veräußern. Man erspart sich somit die Gründungspro-zedur einer SE und versucht auch die Verhandlungen zur Mitbestim-mung mit den Arbeitnehmern auf diesem Weg zu vermeiden. Aber dieAuffassung, dass die SE ohne Vereinbarung mit den Arbeitnehmernnicht eingetragen werden darf (Art. 12 SE-VO), hat sich nicht durchge-setzt. Das Argument ist, dass ohne das Vorhandensein von Arbeitneh-mern auch nicht verhandelt werden kann. Immerhin ist inzwischenklar, dass nach der Aktivierung der Vorrats-Gesellschaft die Verhandlun-gen mit den Arbeitnehmern durchgeführt werden müssen (OLG Düs-seldorf 30. 3.2009 – I-3 Wx 248/08 = AG 2009, 629ff.). Arbeitnehmer

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Die Entstehung der Europäischen Aktiengesellschaft und ihre wesentlichen Merkmale 15

bzw. Betriebsräte sollten darauf bestehen oder alternativ die Löschungder Gesellschaft aus dem Handelsregister beantragen.Ist eine SE einmal in einem Mitgliedstaat gegründet, kann sie innerhalbEuropas einfach ihren Sitz verlegen, allerdings muss dann die Hauptver-waltung mitziehen. Bisher wurden aus Deutschland Sitzverlegungenkaum durchgeführt.

Organe der SE, Wahl des SystemsDer Kompromiss für die Struktur der SE besteht darin, dass die SE-Gründer wählen können, welche Organisationsform sie haben soll.Diese wird in der Gründungssatzung festgeschrieben. In Deutschlandhandelt es sich dabei überwiegend um die dualistische Organisations-form, bei der Vorstand und Aufsichtsrat als getrennte Organe agieren(vgl. Kap. 1.2). Die monistische Organisationsform trennt Leitung undAufsicht der SE nicht. Sie wird überwiegend in Großbritannien gewählt(engl. Board). Eine monistisch strukturierte SE in Deutschland trägtdann für das Organ häufig die Bezeichnung Verwaltungsrat. Der Verwal-tungsrat leitet die Gesellschaft, bestimmt die Grundlinien der Tätigkeitund überwacht deren Durchsetzung (Art. 22 SEAG). Einige Verantwort-liche des Verwaltungsrats, die geschäftsführenden Direktoren, führendie Geschäfte der SE. Sie können aus der Mitte des Verwaltungsrats oderauch als Dritte bestellt werden.Für die dualistische und die monistische Organisationsform bestehen inder SE-VO und im Ausführungsgesetz (SEAG) maßgebliche Vorschrif-ten. Diese weichen zum Teil vom nationalen Mitbestimmungsrecht ab.Beispielsweise gilt das doppelte Stimmrecht des Aufsichtsratsvorsitzen-den direkt (Art. 50 SE-VO). Es stellt sich die Frage, ob bei Verhandlungenmit den Arbeitnehmern abweichende Regelungen vereinbart werdendürfen.

Beteiligung der Arbeitnehmer, VerhandlungenDie SE ist eine übernationale Rechtsform, für die Arbeitnehmerbeteili-gung wollte man keine vereinheitlichte Lösung vorgeben. Daher wurdein Anlehnung an den Europäischen Betriebsrat (EBR) die Verhand-lungslösung gewählt. Die Unternehmensleitungen, die eine SE planen(§4 SEBG), informieren die Arbeitnehmervertretungen und Sprecher-ausschüsse in den beteiligten Gesellschaften, betroffenen Tochtergesell-

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16 Rahmenbedingungen

schaften und Betrieben über das Gründungsvorhaben. Dies muss in al-len Mitgliedstaaten geschehen, in denen sich Betriebe befinden. Überallmüssen Wahlprozeduren eingeleitet werden, damit ein so genanntes Be-sonderes Verhandlungsgremium (BVG) gebildet werden kann. Keines-falls kann etwa der EBR ohne Weiteres diese Verhandlungen führen. Beider Verteilung der Sitze des BVG, die auf das Inland entfallen, gibt eseine Besonderheit: Jeder dritte Sitz steht einem Vertreter einer Gewerk-schaft zu, die in einem Unternehmen vertreten ist, das sich an der SE-Gründung beteiligt (§ 6 Abs.3 SEBG). Das Wahlgremium für das Inlandist der Konzernbetriebsrat (§ 8 SEBG). Falls kein KBR existiert, sind ge-mäß §8 SEBG auch Alternativlösungen möglich.Das BVG kann nach seiner Konstituierung beschließen, keine Verhand-lungen aufzunehmen oder bereits aufgenommene Verhandlungen ab-zubrechen (§ 16 SEBG). Dies ist allerdings in dem Fall, dass eine AG ineine SE umgewandelt wird, nicht möglich, und auch nicht wenn die Ar-beitnehmer der umzuwandelnden Gesellschaft bereits Sitze im Auf-sichtsrat innehaben. Auch in den anderen Fällen kam es in Deutschlandbisher selten soweit.Wegen der Besonderheit der Rechtsform SE muss über zwei Elementeverhandelt werden:a) Einmal über die Unterrichtung und Anhörung (§ 2 Abs.10 und 11

SEBG, § 21 Abs.1 und 2 SEBG) bzw. über die Existenz eines SE-Be-triebsrats. Die Ausnahme: Es besteht ein sonstiges Verfahren zur Un-terrichtung und Anhörung. Der SE-BR hat grundsätzlich bessereRechte als der EBR nach dem Gesetz von 1996.

b) Zum anderen muss über die Mitbestimmung im Aufsichtsrat (§§2Abs.12, 21 Abs.3–6 SEBG) bzw. über das Recht, einen Teil der Mit-glieder des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans zu wählen oder zu be-stellen, verhandelt werden.

Die Prozeduren der Verhandlungen werden hier nicht näher erläutert(vgl. Stollt/Wolters 2012, Köstler 2011; Nagel et al. 2009). Es sei aller-dings auf den Fall des Scheiterns der Verhandlungen hingewiesen:Kommt es in der 6-monatigen Frist gemäß § 20 SEBG weder zur Eini-gung noch zum Verzicht oder Verhandlungsabbruch, so besteht ein SE-Betriebsrat kraft Gesetz (§§ 22 bis 33 SEBG). Diese Vorschriften solltenstets als Mindestanspruch und Ausgangspunkt für Verhandlungen gel-ten (Details vgl. Köstler 2011). Für die Mitbestimmung in der SE ist das

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Verbreitung und Beteiligungsformen Europäischer Aktiengesellschaften 17

so genannte Vorher-Nachher-Prinzip von besonderer Bedeutung. Jenach Gründungsfall gibt es Schwellenwerte bezogen auf die Beschäftig-tenanzahl. Sie definiert die Anteile von Arbeitnehmern für die Gesell-schaften, die vor der SE-Gründung schon über Mitbestimmung und so-mit Sitze im Aufsichts- oder Verwaltungsrat verfügten. Die Schwelleliegt bei 25 % bei einer Unternehmensverschmelzung. Sie umfasst 50 %für die Holding- oder Tochtergründung. Im Falle einer reinen Umwand-lung gibt es keine Schwellenwerte.Scheitern die Verhandlungen, bleibt es bei dem höchsten Anteil an Ar-beitnehmervertretern, der in den Organen der beteiligten Gesellschaftenvorher bestanden hatte. Bei einer Umwandlung bleibt die Regelung zurMitbestimmung, die bisher galt, in Kraft. Für letzteren Fall ist strittig, obes nur um den Anteil geht oder auch um die konkrete Anzahl an Sitzenim Aufsichtsrat (z.B. Parität oder 12, 16 bzw. 20 Sitze). Andererseits istdie Größe des Organs richtigerweise prinzipiell verhandelbar. Der Auf-sichtsrat muss zudem keine durch drei teilbare Größe haben (LG Nürn-berg-Fürth, ZIP 2010, S. 372 = BB 2010, 1113f. m. Anm. Teichmann).

1.2 Verbreitung und BeteiligungsformenEuropäischer Aktiengesellschaften

Am 1.7.2013 existierten 1865 SE in Europa (Aktualisierungen regelmä-ßig unter http://www.boeckler.de/34750.htm). In 252 Fällen davon han-delt es sich um operativ tätige SE-Gesellschaften ab 5 Beschäftigten. Ne-ben diesen »normalen« SE wird zwischen »UFO«-Gesellschaften1,Vorrats- und leerer SE unterschieden. Geordnet nach Ländern befindensich 124 der 252 SE in Deutschland. Die übrigen verteilen sich auf24 Länder. Von den 124 normalen SE in Deutschland haben 87 eine dua-listische und 37 eine monistische Struktur. Ein Branchenschwerpunktlässt sich nicht ausmachen.

1 UFO meint im übertragenen Sinn Gesellschaften, von denen man trotz intensiver Recherchennichts weiß, außer, dass sie existieren.

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18 Rahmenbedingungen

• 12 der 87 SE mit dualistischem System verfügen über die paritätischeMitbestimmung (Allianz, BASF, Fresenius, MAN, MAN Diesel, Por-sche, SGL Carbon, SCA, BP Europa, Bilfinger, Dekra). Sie unterlagenvor ihrer Gründung dem MitbestG (zu den Schwellenwerten für dieAufsichtsratsgröße bzw. für die paritätische Mitbestimmung siehe imFolgenden und Kap. 2.5.1).

• 27 SE verfügen mindestens über Drittelbeteiligung.• 46 SE verfügen nicht über Aufsichtsratssitze. Mögliche Gründe dafür

können sein, dass die Arbeitnehmerzahl bei der Gründung unter 500lag oder dass die Holding weniger als 500 Arbeitnehmer beschäftigte(vgl. §2 DrittelbG).

• In den 37 monistischen SE existiert maximal ein Informations- undKonsultationsrecht.

• In einem Fall scheiterten bislang die Verhandlungen. In einem weite-ren Fall wurde die 6-Monats-Frist um vier Wochen verlängert. In die-ser Zeit kam es letztlich zur Einigung.

Details zu den 124 operativ tätigen SE in Deutschland1. Schwellenwerte/Unternehmensgröße2

• 16 (22) Unternehmen beschäftigen mehr als 2000 Arbeitnehmer.• 47 (48) Unternehmen beschäftigen mehr als 500 Arbeitnehmer

(aufgrund der gesetzlichen Holding-Problematik des DrittelbG § 2,siehe oben) ohne Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat).

• 56 (54) Unternehmen beschäftigen weniger als 500 Arbeitnehmer.• Die Mehrzahl der Unternehmen lag bei der Gründung der SE unter

den Schwellenwerten für Aufsichtsräte mit Arbeitnehmerbeteili-gung in Deutschland.

2. Gesellschaftsrecht/Gründung/operativ tätige SE• Nur 75 der 124 Unternehmen waren vorher eine Aktiengesell-

schaft.• Nur 43 der 124 Unternehmen sind börsennotiert.• 35 der 124 SE sind aktivierte ehemalige Vorrats-SE.

2 In Klammern die Zahlen zum 1. 7. 2013, die von denen bei Gründung abweichen können.

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Verbreitung und Beteiligungsformen Europäischer Aktiengesellschaften 19

SE-BetriebsratSofern verhandelt wurde, wurde überwiegend ein SE-BR vereinbart. Mit-unter nannte sich das Gremium jedoch bewusst anders. Vereinzeltwurde nur die vom Gesetz vorgesehene Alternative gewählt: Statt einesGremiums war nur ein »Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung«oder eine noch schwächere Prozedur vorgesehen. Die Einzelheiten wer-den im folgenden Kapitel 2 analysiert.

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20 Regelungsinhalte

2. Regelungsinhalte

Die vorliegende Analyse von SE-Vereinbarungen bezieht insgesamt77 Fälle ein, in denen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – ver-treten durch das Besondere Verhandlungsgremium (BVG) nach §§4ff.SEBG – am Gründungsprozess einer SE mit Sitz in Deutschland betei-ligt wurden. Unberücksichtigt bleiben damit Gründungen von Vor-rats-SE, in denen (noch) keine Arbeitskräfte beschäftigt sind. Da das In-teresse der Untersuchung den Inhalten der tatsächlich geschlossenenSE-Vereinbarungen gilt, bleiben außerdem vier der 77 Fälle unberück-sichtigt, in denen das BVG zwar gebildet wurde, dann aber auf jeglicheVereinbarung einer Arbeitnehmerbeteiligung verzichtet hat. Die Ana-lyse umfasst somit 73 Fälle, in denen zwischen 2005 und 2012 eine SE-Vereinbarung mit dem BVG abgeschlossen wurde.Die Untersuchung erfolgte in zwei Schritten. Für die erste Auflage die-ser Schrift wurde eine erste Analyse von insgesamt 44 Fällen aus denJahren 2005 bis 2010 durchgeführt. Für die hier vorliegende zweite Auf-lage sind 33 Fälle hinzugekommen, die zum größten Teil aus dem Zeit-raum seit 2010 stammen.

2.1 Grundstruktur der Arbeitnehmervertretungin der SE

In den meisten SE-Vereinbarungen ist die Bildung eines SE-Betriebs-rats (SE-BR) vorgesehen. In etwa der Hälfte der Vereinbarungen wirdzudem bestimmt, dass Plätze im Aufsichtsrat der SE für Arbeitneh-mervertreter zur Verfügung stehen (zu den Beteiligungsverhältnissenvgl. Kap. 1). In Ausnahmefällen tritt an die Stelle des SE-BR eine bereitsbestehende Arbeitnehmervertretung oder die Beschäftigten werden di-

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Grundstruktur der Arbeitnehmervertretung in der SE 21

rekt beteiligt. Von diesen Ausnahmen abgesehen fördert die Analysezwei typische Varianten der Arbeitnehmervertretung in der SE zu-tage:• eingleisige Vertretung allein durch den SE-Betriebsrat,• zweigleisige Vertretung durch den SE-Betriebsrat und Arbeitnehmer-

vertreter im Aufsichtsrat.Die einzelnen Regelungen in den SE-Vereinbarungen, die diese typi-schen Varianten näher ausgestalten, bilden den Schwerpunkt der vorlie-genden Auswertung (Kap. 2.2 bis 2.5 und 3). Vorab werden in diesemKapitel zwei besondere Aspekte der grundlegenden Struktur der Arbeit-nehmervertretung in der SE untersucht: Erstens geht es um jene SE-Vereinbarungen, die abweichend von der Mehrzahl ein Verfahren derUnterrichtung und Anhörung ohne SE-BR vorsehen. Interessant ist,welche Lösungen hierfür gefunden wurden (Kap. 2.1.1).Der zweite Aspekt, der vorab behandelt wird, betrifft die Arbeitnehmer-vertreter im Aufsichtsrat (AR) einer SE. Nach nationalem Recht ist imAR deutscher Unternehmen je nach Beschäftigtenzahl entweder keineArbeitnehmervertretung, eine Drittelbeteiligung (bei mehr als 500 ANgrundsätzlich im Unternehmen selbst) oder eine paritätische Beteili-gung (bei mehr als 2000 AN im Unternehmen oder Konzern) der Be-schäftigten vorgesehen. Der bei Gründung der SE erreichte Stand wirdin der Regel auf die SE übertragen. Interessant ist, was die Regelungender SE-Vereinbarungen für den Fall wachsender (oder schrumpfender)Beschäftigtenzahlen nach SE-Gründung vorsehen (Kap. 2.1.2). Es be-steht die Befürchtung, dass SE-Gründungen dazu dienen, den Statusquo »einzufrieren«, auch wenn Beschäftigtenzahlen über die genanntenSchwellenwerte hinaus wachsen.

2.1.1 Fälle ohne SE-Betriebsrat

Im Regelfall enthalten die SE-Vereinbarungen detaillierte Bestimmun-gen zur Errichtung, zu den Arbeitsgrundlagen und den Beteiligungs-rechten eines SE-BR. Einige Vereinbarungen weichen prinzipiell davonab. Sie verzichten auf einen SE-BR und vereinbaren anstelle dessen einanderes Verfahren der Unterrichtung und Anhörung. Die Auswertunganalysiert drei Varianten:

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22 Regelungsinhalte

a) In mehreren SE-Vereinbarungen wird ein bereits bestehendes Vertre-tungsgremium mit der Wahrnehmung der Beteiligungsrechte in derSE beauftragt.

b) In zwei Fällen werden bestehende nationale Arbeitnehmervertretun-gen und – nur wo solche fehlen – die Beschäftigten direkt unterrich-tet und angehört.

c) In einzelnen SE-Vereinbarungen wird ausschließlich eine direkteUnterrichtung und Anhörung der Beschäftigten festgelegt.

Zur Variante a) gehört folgender Fall: Ein nationaler Betriebsrat, der nurin einem Betrieb gewählt ist, wird mit den in der Vereinbarung detail-liert geregelten Rechten eines SE-BR für das gesamte Unternehmen ein-schließlich diverser Tochtergesellschaften ausgestattet.

»Die vertragsschließenden Parteien sind sich darüber einig, dass der(nach der Verschmelzung) im Betrieb […] bestehende Betriebsratauch die Funktionen des SE-Betriebsrates wahrnehmen soll.«

110600/169/2008

In anderen Vereinbarungen übernehmen z. B. ein Wirtschaftsausschussdes Gesamtbetriebsrats oder ein Konzernbetriebsrat die Funktion desSE-BR. In allen diesen Fällen ist fraglich, ob auch die Beschäftigten derStandorte im Ausland ausreichend im Vertretungsgremium repräsen-tiert werden. Denn es handelt sich durchweg um Organe der deutschenBetriebsverfassung, die durch Wahlen allein in deutschen Betrieben le-gitimiert sind.Solche Probleme sind weniger relevant in einem weiteren Fall, in demlaut SE-Vereinbarung der Europäische Betriebsrat (EBR) die Rolle desSE-BR übernimmt. Denn der EBR ist ähnlich wie ein SE-BR internationalzusammengesetzt.

»Es gilt die Vereinbarung […] über die Errichtung eines EuropäischenBetriebsrats (EWC) […]. Sollte der EWC entfallen, ohne dass eine an-dere europäische Arbeitnehmervertretung für den fortgefallenen Be-reich oder den Bereich […]-Produkte insgesamt an ihre Stelle tritt,finden die Regelungen über die Errichtung eines SE-Betriebsrats […]ab dem Zeitpunkt der Auflösung des EWC Anwendung.«

110600/161/2009

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Grundstruktur der Arbeitnehmervertretung in der SE 23

Bei einer weiteren SE-Gründung wird ebenfalls am Europäischen Be-triebsrat festgehalten, da die SE nur aus einem Teil der Unternehmengebildet worden ist, die von der EBR-Vereinbarung erfasst werden. DieSE-Vereinbarung sieht hier vor, dass innerhalb des EBR eine SE-Gruppeund ein SE-Ausschuss zu bilden sind, die gesondert zu SE-spezifischenThemen informiert und angehört werden müssen.In den Fällen der Variante b) übernimmt nicht ein einzelnes beste-hendes Vertretungsgremium die Funktionen des SE-BR, sondern dieUnterrichtung und Anhörung werden dezentral mit den jeweiligen be-stehenden lokalen Arbeitnehmervertretungen durchgeführt. Dort woArbeitnehmervertreter nicht vorhanden sind, werden Beschäftigte di-rekt unterrichtet. Ein zentrales Organ, das länderübergreifend aufArbeitnehmerseite Austausch und Meinungsbildung ermöglicht, ist indiesen Fällen überhaupt nicht vorgesehen.

»(a) Die Durchführung des Unterrichtungs- und Anhörungsverfah-rens erfolgt durch den Vorstand der […] SE […] gegenüber den (nachden jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogen-heiten gebildeten) Arbeitnehmervertretungen der […] SE, ihrer Toch-tergesellschaften oder Betriebe in den Mitgliedstaaten der Europäi-schen Union (EU) […].(b) Bestehen in einer Tochtergesellschaft oder einem Betrieb der[…]-Gruppe in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU)und den Vertragsstaaten des Abkommens über den EuropäischenWirtschaftsraum (EWR) keine Beteiligten Arbeitnehmervertreter imobengenannten Sinne, so erfolgt die Unterrichtung unmittelbar ge-genüber den nicht-vertretenen Arbeitnehmern […].«

110600/331/2011

Nur wenige SE-Vereinbarungen sehen anstelle eines SE-BR ausschließ-lich eine direkte Beteiligung der Beschäftigten vor (Variante c). Dabeizeigen sich große Unterschiede in der Qualität der Rechte, die den ein-zelnen Beschäftigten gewährt werden. In zwei Fällen wird tatsächlichim Detail geregelt, wie sowohl Unterrichtung als auch Anhörung derBeschäftigten direkt stattfinden soll. So ist in einer Vereinbarung vor-gesehen, dass im Anschluss an zweimal im Jahr stattfindende Betriebs-versammlungen, die der Unterrichtung dienen, schriftlich Fragen, Stel-

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24 Regelungsinhalte

lungnahmen und Vorschläge der Beschäftigten eingereicht werdenkönnen, die die Leitung zu beantworten hat. In einer anderen Vereinba-rung werden auch Regelungen für den Fall getroffen, dass die direkteBeteiligung an Grenzen stößt.

»Bei der Anhörung und Unterrichtung wird die Leitung möglichstalle Arbeitnehmer in angemessenem Umfange unterrichten und an-hören. Sollte dieses Verfahren untunlich sein oder aufgrund einerZunahme der Belegschaft nicht mehr praktikabel sein, wird das be-sondere Verhandlungsgremium an die Stelle aller Arbeitnehmer tre-ten […]. Leitung und Arbeitnehmer, soweit erforderlich auch Leitungbesonderes Verhandlungsgremium – haben regelmäßig zu einer Be-sprechung zusammenzutreten. Sie haben über strittige Fragen mitdem ernsten Willen zur Einigung zu verhandeln und Vorschläge zurBeilegung von Meinungsverschiedenheiten zu machen. […] Bei Be-darf ist eine Einigungsstelle zu bilden. Die Arbeitnehmer können inangemessenem Umfange regelmäßig zusammentreten.«

110600/126/0

Äußerst knapp dagegen fallen die entsprechenden Regelungen einerweiteren SE-Vereinbarung in einem keineswegs kleinen Unternehmenaus. Sie erfüllt die gesetzlichen Mindestanforderungen eindeutig nicht,wenn lediglich die Unterrichtung und keinerlei Anhörung der Beschäf-tigten festgelegt wird.

»Die Parteien vereinbaren eine Unterrichtung der Arbeitnehmer der[…] SE durch deren Leitung. Die Leitung der […] SE hat regelmäßigeinmal im Geschäftsjahr über die Entwicklung der Geschäftslageund die Perspektiven der […] SE zu unterrichten. Darüber hinaus hatdie Leitung der […] SE die Arbeitnehmer der SE über außergewöhn-liche Umstände, die erhebliche Auswirkungen auf die Interessen derArbeitnehmer haben, zu unterrichten.«

110600/141/2006

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Grundstruktur der Arbeitnehmervertretung in der SE 25

2.1.2 Arbeitnehmervertretung im Aufsichtsrat bei wachsenderBelegschaft

Eine zentrale Strukturentscheidung, die in SE-Vereinbarungen getrof-fen wird, betrifft die Frage, ob neben dem SE-BR eine Arbeitnehmerver-tretung im Aufsichtsrat eingerichtet wird. In etwa der Hälfte der unter-suchten Fälle ist dies nicht vorgesehen. Unter den Aufsichtsräten mitArbeitnehmervertretung finden sich sowohl paritätisch besetzte Gre-mien, in denen Arbeitnehmer die Hälfte der Positionen einnehmen(überwiegend 6 von 12), als auch solche mit Drittelbeteiligung (z. B. 3von 9). Regelmäßig steht dahinter das Vorher-Nachher-Prinzip, das eineEinschränkung der Mitbestimmungsrechte bei SE-Gründung vermei-den soll (vgl. Kap. 1.1.2). Der je nach Beschäftigtenzahl in den inländi-schen Ausgangsgesellschaften erreichte Grad der Arbeitnehmerbeteili-gung im Aufsichtsrat soll erhalten bleiben. In aller Regel hat es also beiden SE-Gründungen ohne Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat auchin den Vorgängergesellschaften keine solche Vertretung gegeben.Das Problem ist, dass die SE nicht in den Geltungsbereich der deutschenGesetze zur Mitbestimmung im Aufsichtsrat fällt. Durch SE-Gründungkann also der zuvor erreichte Stand dauerhaft eingefroren werden, wenndie Regelungen der SE-Vereinbarung dem nicht entgegenstehen. Zu be-fürchten ist dann, dass die Schwellenwerte 500 bzw. 2000 Beschäftigte inder SE überschritten werden, ohne dass die Arbeitnehmervertretung imAufsichtsrat angepasst wird, wie dies bei nationalen Gesellschaftsfor-men (z. B. AG, GmbH) in Deutschland erforderlich wäre. Vor diesemHintergrund ist interessant, ob und wie in den SE-Vereinbarungen mitmöglichen künftigen Veränderungen der Beschäftigtenzahlen im Hin-blick auf den Aufsichtsrat umgegangen wird.Ein erster Blick sei auf SE-Vereinbarungen gerichtet, die keine Arbeit-nehmerbeteiligung im Aufsichtsrat vorsehen. Zum Teil wir darin eineMitbestimmung im Aufsichtsrat überhaupt nicht angesprochen. Dadeutsches Mitbestimmungsrecht die SE nicht erfasst, ist schon damitabgewendet, dass ein Überschreiten des Schwellenwertes von 500 Be-schäftigten im Unternehmen oder 2000 Beschäftigten im Konzern diePflicht auslöst, Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat zu wählen.Zum Teil wird aber auch ausdrücklich in der SE-Vereinbarung festgehal-ten, dass eine Unternehmensmitbestimmung nicht stattfindet oder dass

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26 Regelungsinhalte

der Aufsichtsrat ausschließlich durch Vertreter der Anteilseigner besetztwird. Dass dies auch künftig so bleiben soll, wird u. a. durch folgende Re-gelung klar herausgestellt.

»Die […] SE wird nach dem dualistischen System mit Vorstand undAufsichtsrat organisiert sein. Der Aufsichtsrat der […] SE wird nuraus Vertretern der Anteilseigner bestehen. Den Arbeitnehmern wirdauch für die Zukunft kein Recht eingeräumt, Mitglieder des Auf-sichtsrats der […] SE zu wählen oder zu bestellen oder die Bestellungeines Teils oder aller Mitglieder des Aufsichtsrats der […] SE zu emp-fehlen oder abzulehnen.«

110600/152/2008

Etwas flexibler zeigt sich die Bestimmung einer anderen SE-Vereinba-rung. Sie umfasst eine Ausnahmeregelung für den Fall, dass die SEkünftig den Charakter eines Familienunternehmens verliert. Durch dieFormulierung wird allerdings zugleich verdeutlicht, dass auch bei stei-genden Beschäftigtenzahlen keine Arbeitnehmervertretung im Auf-sichtsrat der SE akzeptiert wird, solange die Eigentümerfamilie wenigs-tens 25% der Aktien hält.

»1.Eine Mitbestimmung auf Unternehmensebene i. S. v. §2 Nr.12SEBG bleibt vorbehaltlich der Regelungen in B.2 ausgeschlossen.

2. Für den Fall, dass mehr als 75% der Aktien der […] SE nach Maß-gabe des §6 Abs.2 der Satzung an nicht nachfolgeberechtigte Per-sonen übertragen sind und die […] SE nach Maßgabe des § 3 Abs.1DrittelBetG mehr als 1000 Mitarbeiter beschäftigt, kann der SE-Betriebsrat […] verlangen, dass ein Drittel der Sitze des Aufsichts-rats mit Arbeitnehmern der […] SE zu besetzen sein werden.«

110600/146/2008

In einer kleinen Zahl weiterer Fälle wird in den SE-Vereinbarungen fürdie Zukunft die Entsendung von Arbeitnehmervertretern in den Auf-sichtsrat in Aussicht gestellt, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind,oder es wird ein Recht gewährt, darüber gegebenenfalls in Verhandlun-gen zu treten.

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Grundstruktur der Arbeitnehmervertretung in der SE 27

»Bei gravierenden Veränderungen der Konzernstruktur, insbeson-dere der Arbeitnehmerzahlen, kann der SE-Betriebsrat Initiativenzur Etablierung von Mitbestimmungsstrukturen auf Ebene der […]SE starten.«

110600/359/2012

Des Weiteren sei auf SE-Vereinbarungen verwiesen, die bereits eine Be-teiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat vorsehen. Um hier nicht un-ter das deutsche Mitbestimmungsniveau zu sinken, müsste man bei ent-sprechend veränderten Beschäftigtenzahlen eine Umstellung von derDrittelbeteiligung auf die paritätische Beteiligung – oder umgekehrt –in der Vereinbarung festschreiben. Tatsächlich wird in einem Fall auto-matisch von der paritätischen Mitbestimmung auf eine Drittelbeteiligungumgestellt, sobald der maßgebliche Schwellenwert unterschritten wird.

»Falls die Arbeitnehmeranzahl der SE die Anzahl von 2000 Arbeit-nehmern unterschreiten sollte, entfällt die Anwendung der Bestim-mungen des deutschen Mitbestimmungsgesetzes – und damit dieparitätische Besetzung des SE-AR – vollständig und der SE-AR ist ge-mäß den jeweils geltenden deutschen gesetzlichen Bestimmungen,insbesondere gemäß §4 des deutschen Drittelbeteiligungsgesetzes,nur noch zu einem Drittel mit Arbeitnehmervertretern zu besetzen.«

110600/131/2006

Auch die umgekehrte Regelung findet sich, allerdings in nur einer Ver-einbarung: Wird der Schwellenwert von 2000 Beschäftigten überschrit-ten, wird von der Drittelbeteiligung auf die paritätische Beteiligung um-gestellt.

»Gemäß § 8 der Satzung der […] SE hat der Aufsichtsrat der […] SEneun Mitglieder. Drei Mitglieder des Aufsichtsrats sind auf Vor-schlag der Arbeitnehmer zu bestellen (›Arbeitnehmervertreter‹).Sofern die […] SE zum Ende eines Geschäftsjahrs in der Regel mehrals 2000 Arbeitnehmer beschäftigt, ist der Aufsichtsrat paritätisch zubesetzen. In einem solchen Fall setzt sich der Aufsichtsrat aus jesechs Vertretern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer zusam-men.

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28 Regelungsinhalte

Sollte die […] SE zum Ende eines Geschäftsjahrs in der Regel mehrals 10000 Arbeitnehmer beschäftigen, so besteht der Aufsichtsrataus sechzehn Mitgliedern, von denen acht auf Vorschlag der Arbeit-nehmer zu bestellen sind.«

110600/180/2010

In mehreren Vereinbarungen wird hingegen ausdrücklich betont, dassdie Drittelbeteiligung auch bei künftigen Änderungen fortbesteht. Be-sonders deutlich wird in der folgenden Regelung, dass es auch bei einerBeschäftigtenzahl weit über 2000 bei der Drittelbeteiligung bleiben soll.Allerdings wird bei Überschreiten einer bestimmten Grenze der Auf-sichtsrat von 9 auf 12 Mitglieder vergrößert, wodurch dann auch dieZahl der Arbeitnehmervertreter von 3 auf 4 steigt.

»Um eine größtmögliche Repräsentanz der EWR Länder zu gewähr-leisten, ist der Aufsichtsrat der […] SE unter Beibehaltung der Drittel-beteiligung auf zwölf Mitglieder zu ergänzen, sodass vier Sitze aufdie Arbeitnehmervertreter entfallen, wenn in den Konzerngesell-schaften mit Sitz in Mitgliedstaaten über mindestens zwölf aufein-anderfolgende Monate hinweg mehr als 4500 Arbeitnehmer undhiervon mindestens 2250 Arbeitnehmer innerhalb und mindestens2000 Arbeitnehmer außerhalb Deutschlands beschäftigt sind.«

110600/339/2011

Eine automatische Umstellung auf die paritätische Beteiligung beiÜberschreitung des Schwellenwertes von 2000 Beschäftigten ist also inden weitaus meisten Fällen nicht vorgesehen. Ersatzweise ließe sich einAnspruch auf Neuverhandlung einrichten, um damit ggf. die Aufsichts-ratsstruktur an die Unternehmensgröße anzupassen. Neuverhand-lungsklauseln für den Fall von »strukturellen Änderungen« sind in SE-Vereinbarungen weit verbreitet. Eine entsprechende Pflicht besteht nach§18 Abs.3 SEBG, wenn geplante strukturelle Änderungen der SE geeig-net sind, die Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer zu mindern. Der Ge-setzgeber lässt allerdings offen, welche strukturellen Änderungen genaudie Neuverhandlungspflicht auslösen. Einige SE-Vereinbarungen kon-kretisieren dies daher eigenständig. Auffälligerweise wird in mehrerenSE-Vereinbarungen, die eine Drittelbeteiligung vorsehen, Beschäftigten-

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Grundstruktur der Arbeitnehmervertretung in der SE 29

zuwachs als strukturelle Änderungen ausgeklammert. Hier soll offenbarvermieden werden, dass das Überschreiten des Schwellenwertes zuNeuverhandlungen führt, an deren Ende eine paritätische Arbeitneh-merbeteiligung im Aufsichtsrat stehen könnte.

»Über künftige strukturelle Änderungen […] wird der Vorstand […]den SE-Betriebsrat unterrichten. Anschließend finden Verhandlun-gen zwischen dem Vorstand […] und […] dem SE-Betriebsrat statt mitdem Ziel, eine neue Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeit-nehmer in der […] zu schließen. […] Keine strukturellen Änderungensind […] die Übernahme von Betrieben, Gesellschaften oder Unter-nehmen […] sowie eine Erhöhung der Mitarbeiterzahlen durch Neu-einstellungen.«

110600/139/2007

Mitunter wird ein sehr viel höherer Schwellenwert als 2000 Beschäftigtefür eine Neuverhandlung der SE-Vereinbarung festgelegt. Auch so kön-nen Verhandlungen über einen Übergang zur paritätischen Arbeitneh-merbeteiligung im AR auf längere Sicht vermieden werden.

»Die Leitung oder der Europa-Betriebsrat leitet – soweit nicht zwin-gende gesetzliche Vorschriften etwas anderes gebieten – unter fol-genden Voraussetzungen Neuverhandlungen über die Beteiligungs-rechte der Arbeitnehmer der SE ein:– bei Überschreiten einer Arbeitnehmerzahl von 7500 in der

[…]-Gruppe in Europa– bei einer Fusion der SE mit einer paritätisch mitbestimmten Ge-

sellschaft– bei Abgabe der Mehrheit der Stimmrechte in der Hauptversamm-

lung der SE durch die Familie […].«110600/162/2009

In keinem Fall wird ausdrücklich die Pflicht formuliert, z. B. bei Über-schreitung der Marke von 2000 Beschäftigten neu zu verhandeln. EineRegelung gesteht immerhin zu, dass ein Beschäftigtenzuwachs unterbestimmten Voraussetzungen zu Neuverhandlungen i. S. v. § 18 Abs.3SEBG führen kann.

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30 Regelungsinhalte

»Als strukturelle Änderungen gelten insbesondere: […]– der Erwerb oder die Errichtung von Betrieben oder Unternehmen

oder die Beteiligung an denselben durch die […] SE jeweils im Gel-tungsbereich dieser Vereinbarung, sofern diese erheblichen Ein-fluss auf die Gesamtstruktur der SE haben. Dies wird insbesonderevermutet, wenn sich die Arbeitnehmerzahl im Geltungsbereichdieser Vereinbarung durch diese Maßnahme um mehr als 30 Pro-zent erhöht […].«

110600/164/0

Insgesamt ergibt die Analyse, dass sich in vielen SE-Vereinbarungen Re-gelungen finden, die darauf ausgerichtet sind, mit der SE-Gründungden jeweils erreichten Stand der Arbeitnehmerbeteiligung im Aufsichts-rat für die Zukunft dauerhaft festzuschreiben. Nur in einem Fall ist dem-gegenüber konkret vorgegeben, dass bei Überschreitung eines aus demdeutschen Recht bekannten Schwellenwertes eine entsprechende An-passung der Mitbestimmungsstruktur zu erfolgen hat. Einige weitereVereinbarungen stellen immerhin unter bestimmten – teilweise sehrspeziellen – Bedingungen eine Neuverhandlung der Frage der Arbeit-nehmervertretung im Aufsichtsrat in Aussicht.

2.2 Präambeln

Manche SE-Vereinbarungen verzichten auf einleitende Worte. Überwie-gend enthalten sie jedoch eine Präambel, die sich von Fall zu Fall erheb-lich in Länge und Inhalt unterscheidet. Häufig stellt sie den Plan, eineSE zu gründen, kurz dar und erläutert die Ziele des Vorhabens. Zum Teilist dies mit allgemeinen Bekenntnissen verbunden, die die internatio-nale Unternehmenskultur und den Dialog zwischen Management undArbeitnehmervertretern betreffen. Bisweilen wird die Art des angestreb-ten Dialogs präzisiert (Kap. 2.2.1). Einige Präambeln erkennen zudemallgemeine Grundsätze über den Schutz und die Rechte der Beschäftig-ten als Sozialstandards ausdrücklich an (Kap. 2.2.2). Gelegentlich ent-halten sie konkrete Verpflichtungen (Kap. 2.2.3). Da Präambeln Teil der

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Präambeln 31

SE-Vereinbarung sind, kommt ihnen die gleiche rechtliche Verbindlich-keit wie dem nachfolgenden Hauptteil zu. Enthalten sie konkrete Ver-pflichtungen, sind diese ebenso durchsetzbar wie solche des Hauptteils.Oft formulieren Präambeln allerdings nur allgemeine Zielsetzungenoder Verhaltensgrundsätze. Damit sind sie immerhin für die Auslegungder Regelungen im Hauptteil bedeutsam.

2.2.1 Unternehmenskultur und Verpflichtung zum Dialog

Vielfach bekennen sich Präambeln zu einer weltoffenen Unterneh-menskultur und zur Verbundenheit des Unternehmens mit seinen Mit-arbeiterinnen und Mitarbeitern. Diese Bekenntnisse allein besitzen zuwenig Aussagekraft, um bei der Interpretation einzelner Vorschriftender SE-Vereinbarung eine nennenswerte Rolle zu spielen.

»Die künftige […] SE trägt der internationalen Ausrichtung der[…]-Gruppe als innovativem und weltoffenem FamilienunternehmenRechnung, bei der neben der Wirtschaftlichkeit der Mensch im Mit-telpunkt steht. Durch die nach europäischem Recht gegründeteRechtsform wird die offene und internationale Unternehmenskulturverdeutlicht und weiter gefördert. Künftig werden alle Arbeitnehmerin den Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums und derSchweiz unmittelbar oder über ihre Vertreter bei länderübergreifen-den Angelegenheiten der […]-Gruppe im Rahmen dieser Vereinba-rung unterrichtet und angehört. Hierdurch wird die bereits beste-hende hohe Identifikation der Arbeitnehmer mit dem Unternehmenweiter gefördert und in besonderem Maße die Verbundenheit desUnternehmens mit seinen Mitarbeitern aufgezeigt.«

110600/162/2009

Nicht selten werden jedoch allgemeine Floskeln zur Unternehmenskul-tur mit aussagekräftigen Bemerkungen zur Art des Dialogs verbunden.Häufig wird ein »intensiver Dialog« als Ziel genannt. In folgendem Text-auszug garantiert die SE in der Präambel ihren Beschäftigten eine »effi-ziente Repräsentation«.

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32 Regelungsinhalte

»Deshalb wird die Bildung der […] SE auch von der Überzeugung ge-tragen, dass der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens eng mitdem Engagement und der Zufriedenheit ihrer Arbeitnehmer ver-bunden ist. Voraussetzung dafür ist ein intensiver Dialog zwischendem Management und den Vertretern der Arbeitnehmerinnen undArbeitnehmer und ihren Gewerkschaften. Im Zentrum dieses Dia-logs stehen die Beschäftigten in dem Unternehmen, denn sie sindes, die den Erfolg und die wirtschaftliche Stärke des Unternehmensnachhaltig herstellen. Die […] Gruppe hat sich daher dafür entschie-den, diesen Dialog zu fördern und zu stärken und dabei eine effi-ziente Repräsentation all ihrer Beschäftigen auf der internationalenEbene sicherzustellen. In diesem Sinne begrüßt und anerkennt die[…] Gruppe die Einrichtung von Arbeitnehmervertretungen in ihrenGruppengesellschaften und deren Zusammenarbeit mit den Ge-werkschaften.«

110600/135/2007

In einem weiteren Fall wird vor allem die Förderung der Nachhaltigkeitdes Dialogs betont.

»Die Parteien dieser Vereinbarung sind überzeugt, durch Errichtungeines SE-Betriebsrates eine effiziente Repräsentation der Arbeitneh-mer auf europäischer Ebene sicherzustellen sowie zum Wohle des[…]-Konzerns den konzerninternen Dialog zwischen Unternehmens-leitung und Arbeitnehmerschaft nachhaltig zu fördern.«

110600/359/2012

Solche klaren Bekenntnisse zu einer intensiven Beteiligung der Beschäf-tigtenvertreter auf besonders hohem Niveau können in der Tat als Inter-pretationshilfe für bestimmte Rechte des SE-BR geeignet sein. Bei mög-lichen Streitigkeiten mit dem Management über die Art der Beteiligungsprechen sie z. B. für eine Pflicht zu einer besonders frühzeitigen Unter-richtung oder besonders intensiven Anhörung des SE-BR.

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Präambeln 33

2.2.2 Sozialstandards

Die Präambeln mehrerer SE-Vereinbarungen enthalten allgemeineHandlungsziele, die den Schutz und die generellen Rechte der Beschäf-tigten betreffen. In knapper Form werden Themen aufgegriffen, die sichtypischerweise auch in »International Framework Agreements« (IFA)über soziale Mindeststandards, die viele Unternehmen mit den Gewerk-schaften bzw. mit dem Europäischen Betriebsrat abgeschlossen haben,oder in einseitigen »Codes of Conduct« der Unternehmen finden.

»Gleichzeitig bekennt sich die […] Gruppe ausdrücklich zu folgendenZielen:(1) Die Chancengleichheit auf allen Ebenen der Gesellschaft zu för-

dern. Unterschiede in Herkunft, Geschlecht, Rasse, Alter undpersönlichem Erfahrungshintergrund der Mitarbeiterinnen undMitarbeiter werden zur Weiterentwicklung des Unternehmensdann beitragen, wenn gleiche Behandlung, gleiche Chancen undIntegration als wichtige Anliegen verstanden werden (Diversity).

(2) Das lebenslange Lernen ihrer Arbeitnehmer aktiv zu unterstüt-zen.

(3) Einen aktiven Arbeits- und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatzzu betreiben mit dem Ziel, die geltenden Standards zu übertref-fen. Hierzu ist die Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmervertre-tungen und Gewerkschaften von großer Bedeutung.

(4) Nachhaltigkeit und Schutz der Umwelt als wesentliche Grund-lagen unternehmerischen Handelns anzuerkennen.

(5) Die Kernarbeitsnormen der internationalen Arbeitsorganisation(ILO) sowie die Prinzipien des Global Impact und die OECD-Leit-sätze für multinationale Unternehmen zu beachten und umzu-setzen. Hierzu gehören z. B. die Erklärungen der ILO:(a) zur Vereinigungsfreiheit und zum Recht auf Tarifverhand-

lungen,(b) zu den Verboten von Zwangs- und Kinderarbeit und(c) zum Verbot von Diskriminierung in Beschäftigung und Be-

ruf.«110600/132/2006

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34 Regelungsinhalte

Ähnliche Zielbestimmungen finden sich in Präambeln einer Reihe vonSE-Vereinbarungen quer durch verschiedene Branchen. In einem Fallwird auch die Arbeitsplatzsicherung in der Präambel thematisiert.

»Die Sicherung der vorhandenen und die Schaffung neuer Arbeits-plätze werden als gemeinsame Aufgabe von Unternehmensleitungund Arbeitnehmervertretung gesehen.«

110600/158/2008

All diese Themen werden in die Zuständigkeit des SE-BR überführt, in-dem sie als Ziele oder Aufgaben in der Präambel einer SE-Vereinbarungdeklariert sind. Auch falls die Themen im Hauptteil der SE-Vereinba-rung keine Rolle mehr spielen, kann der SE-BR unter Berufung auf diePräambel nicht nur Information und Konsultation hierzu verlangen,sondern auch weitere Initiativen ergreifen, die der Umsetzung der Zieledienen.

2.2.3 Konkrete Ansprüche

Selten werden in einer Präambel konkrete Ansprüche formuliert. ZweiBeispiele finden sich jedoch mehrfach:a) die Pflicht der SE-Verantwortlichen, die einzelnen Unternehmens-

leitungen über die Rechte des SE-BR zu unterrichten und im Kon-fliktfall dafür zu sorgen, dass diese Rechte respektiert werden.Europaweit können in einer SE durchaus unterschiedliche Manage-ment-Stile vorherrschen. Nicht überall sind Arbeitnehmervertretergleichermaßen gern gesehen. Beispielsweise kann ein prinzipiell inder SE-Vereinbarung gewährtes Zutrittsrecht für SE-BR-Mitgliederan manchen Standorten auf Ablehnung stoßen. Die folgende Rege-lung verpflichtet das zentrale SE-Management, z.B. in solchen Fällenden SE-BR bei der Nutzung seiner Rechte zu unterstützen (siehehierzu Kap. 2.4.7).

»Die […] SE stellt sicher, dass die Unternehmensleitungen in der […]Gruppe, insbesondere die Personalverantwortlichen in den Unter-nehmen, die Informations- und Mitwirkungsrechte der Arbeitneh-

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Übergreifende Bestimmungen 35

merinnen und Arbeitnehmer und ihrer Interessenvertretungen ken-nen und einhalten.«

110600/169/2008

b) Mitunter werden konkrete Ansprüche auf einen regelmäßigen Aus-tausch über die Zielerreichung (z. B. bei Sozialstandards) gewährt. Erermöglicht es dem SE-BR, regelmäßig Kritik und Verbesserungsvor-schläge zur Diskussion zu stellen. Eine Bestimmung wie die folgendegewährt den Anspruch, dass sich das zuständige Management damiternsthaft befasst.

»Diese Vereinbarung soll sich im Sinne von Ergänzung und Verbes-serung weiter entwickeln können. Die […] SE und der SE-Betriebsratwerden sich daher regelmäßig darüber austauschen, ob die in derPräambel formulierten gemeinsamen Ziele eingehalten werden.«

110600/352/2011

Weitergehende Regelungen zur Durchsetzung bzw. Weiterentwicklungvereinbarter internationaler Sozialstandards finden sich auch im Haupt-teil mehrerer SE-Vereinbarungen (siehe Kap. 3.3.1) oder parallel zur je-weiligen SE-Vereinbarung in einem International Framework Agree-ment (IFA).

2.3 Übergreifende Bestimmungen

In den SE-Vereinbarungen sind typischerweise Bestimmungen enthal-ten, die übergreifend den Status der gesamten Vereinbarung betreffen.Werden die Arbeitnehmer sowohl durch einen SE-BR als auch durchVertreter im Aufsichtsrat beteiligt, gelten diese Bestimmungen für beideRegelungskomplexe. Sie sind daher meistens in einem vorangestelltenTeil oder im Schlussteil der jeweiligen Vereinbarung (Schlussbestim-mungen) zu finden. Die übergreifenden Bestimmungen betreffen in derRegel den räumlichen Geltungsbereich der Vereinbarung (Kap. 2.3.1),die zeitliche Geltung (Kap. 2.3.2), Fragen einer möglichen Änderung des

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36 Regelungsinhalte

Vereinbarungstextes (Kap. 2.3.3) sowie Regeln für den Fall, dass Streitig-keiten über die Auslegung oder Anwendung der Vereinbarung entste-hen (Kap. 2.3.4). Damit handelt es sich um Vorschriften, die in Konflikt-situationen äußerst relevant werden können.

2.3.1 Geltungsbereich

In aller Regel findet sich in den SE-Vereinbarungen eine grundlegendeBestimmung, in der – meist unter der Überschrift »Geltungsbereich« –festgelegt wird, für welche Beschäftigten die jeweiligen Beteiligungs-rechte wirksam werden sollen. Gelegentlich wird dies sehr einfach ge-regelt.

»Diese Vereinbarung gilt für alle Arbeitnehmer der […] Unterneh-mensgruppe.«

110600/161/2009

Komplexe Unternehmensstrukturen führen allerdings in vielen Fällenzu einer differenzierteren Definition des Geltungsbereichs. Häufig wer-den die Unternehmen doppelt abgegrenzt, deren Beschäftigte der SE-Vereinbarung unterliegen. Zum einen wird dabei mit Blick auf die Kon-zernstruktur eingegrenzt, welche Unternehmen neben der SE selbst inden Geltungsbereich einbezogen werden. Dabei steht meist der Begriff»Tochtergesellschaft« im Mittelpunkt. Er wird entweder unter Verweisauf gesetzliche Definitionen oder in eigener Begriffsbestimmung heran-gezogen. Zum anderen wird das geografische Gebiet eingegrenzt, aufdas die Geltung der SE-Vereinbarung beschränkt sein soll.

»Diese Vereinbarung regelt für die SE die Rechte auf Unterrichtung,Anhörung und Mitbestimmung der Arbeitnehmer der SE, ihrerTochtergesellschaften und Betriebe, bei denen die […] jeweils dieStimmenmehrheit in der Gesellschafterversammlung hält oder überdie die […] direkt oder indirekt beherrschenden Einfluss ausübt unddie ihren Sitz in der Europäischen Union oder im EuropäischenWirtschaftsraum haben.«

110600/131/2006

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Übergreifende Bestimmungen 37

Einige SE-Vereinbarungen definieren mit unterschiedlichen Formulie-rungen den Kreis der einzubeziehenden Tochtergesellschaften enger, alsdies nach gesetzlicher Definition (§ 2 Abs.3 SEBG) der Fall wäre.

»Als […] Arbeitsnehmer gelten solche Arbeitnehmer nicht, die vonTochtergesellschaften der […]-Gruppe beschäftigt werden, an denendie […]-Gruppe eine Beteiligung ausschließlich aus Gründen der Ka-pitalanlage hält […].«

110600/169/2008

Vielfach gelten die Vereinbarungen geografisch für die Beschäftigtenvon Tochterunternehmen und Betrieben der SE mit Sitz in Staaten derEU sowie des EWR (zurzeit Island, Norwegen und Liechtenstein). ZumTeil wird ausdrücklich die Schweiz mit aufgenommen. In einem Fall isteine Erweiterungsoption geregelt. Sie sieht allerdings nur eine bera-tende Stimme vor.

»Die Unternehmensleitung und der SE-Betriebsrat können diesenKreis übereinstimmend erweitern. Länder außerhalb der EU, desEWR und der Schweiz sollen mit beratender, nicht aber mit beschlie-ßender Stimme teilnehmen.«

110600/135/2007

In seltenen Ausnahmefällen werden weitere Regionen einbezogen. Da-runter ist ein Fall, in dem der SE-BR ausdrücklich als Weltbetriebsrat an-gelegt ist, in dem u. a. auch Beschäftigte aus den USA und China vertre-ten sein sollen.

»This Agreement applies to all countries where the […] Group, whichcomprises […] SE, all majority owned or majority controlled subsidia-ries of […] SE, and all majority owned or majority controlled subsidia-ries of these subsidies, employs employees ([…]).«

110600/357/2012

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38 Regelungsinhalte

2.3.2 Laufzeit und Kündigung der Vereinbarung

Neben den räumlichen tritt der zeitliche Geltungsbereich der SE-Verein-barung. Dieser wird auf unterschiedliche Weise festgelegt: a) Entwederwerden feste Laufzeiten vereinbart oder b) Kündigungsmöglichkeitendefiniert oder c) beide Möglichkeiten miteinander kombiniert. Wichtigsind vor allem die Bestimmungen, die festlegen, was nach dem Ende derLaufzeit bzw. nach Wirksamwerden einer Kündigung gelten soll. Denndies wirkt sich auf die Verhandlungsmacht aus, mit der die Arbeitneh-merseite in Neuverhandlungen geht. Die vielfältigen Regelungen zurzeitlichen Geltung zeigen vor allem ein unterschiedliches Bemühen, diegetroffene Vereinbarung langfristig festzuschreiben. In einigen Fällenwerden Regelungen einer mehrjährigen unkündbaren Geltung getrof-fen. In anderen Fällen wird die Geltung der weiteren Entwicklung weit-gehend überlassen. Für den zweiten Fall steht das folgende Textbeispiel.Hier wurde auf jede Mindestlaufzeit verzichtet. Auch die Kündigungs-frist ist mit sechs Monaten vergleichsweise kurz.

»Die Vereinbarung kann von beiden Seiten mit einer Frist von sechsMonaten zum Halbjahresende schriftlich gekündigt werden.«

110600/130/0

Dagegen spricht aus dem folgenden Textbeispiel das Bemühen, auf län-gere Sicht eine Beendigung der SE-Vereinbarung auszuschließen. Erstnach acht Jahren ist erstmals eine Kündigung möglich. Unterbleibt sie,verlängert sich der Geltungszeitraum um mindestens zwei Jahre.

»Die Vereinbarung kann von beiden Seiten mit einer Frist von einemJahr, erstmalig acht Jahre nach ihrem Inkrafttreten, schriftlich gekün-digt werden. Wird die Vereinbarung nicht gekündigt, verlängert siesich jeweils um zwei Jahre, wenn sie nicht mindestens zwölf Monatevor Ablauf des jeweiligen Verlängerungszeitraums gekündigt wird.«

110600/135/2007

Nicht selten wird die Kündigung dadurch erschwert, dass der Beschlussdes SE-BR, die SE-Vereinbarung zu kündigen, an besondere Quoren ge-knüpft ist.

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Übergreifende Bestimmungen 39

»Diese Vereinbarung tritt mit der Eintragung der Umwandlung der[…] AG in die […] SE im Handelsregister in Kraft. Sie kann von beidenSeiten mit einer Frist von sechs Monaten nach Zugang der Kündi-gungserklärung schriftlich gekündigt werden, erstmalig vier Jahrenach dem Inkrafttreten. Für eine Kündigung durch die Arbeitneh-mervertreter ist ein vorausgegangener Beschluss des […] SE-Betriebs-rates mit einer Mehrheit von 75% der Stimmen aller Mitglieder er-forderlich. Sofern keine Kündigung erfolgt, verlängert sich dieseVereinbarung jeweils um vier Jahre.«

110600/351/2009

In einem Fall wird eine Kündigung besonders erschwert. Ihr muss einzweistufiges Verständigungsverfahren vorausgehen.

»Vor Ausspruch einer Kündigung dieser Vereinbarung werden dieGeschäftsleitung der […] SE sowie der SE-Betriebsrat im Sinne einervertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem ernsten Willen zur Her-beiführung einer Verständigung in nochmalige Beratungen ein-treten und, wenn eine Verständigung nicht erzielt wird, gemäß Zif-fer III.4 eine Einigungskommission einberufen.«

110600/127/0

Vereinzelt ist die Kündigung weiter eingeschränkt, indem ein wichtigerGrund vorliegen muss.

»Die Vereinbarung wird auf unbestimmte Zeit geschlossen undkann nur außerordentlich aus wichtigem Grund gekündigt werden.Ein wichtiger Grund kann insbesondere vorliegen, wenn strukturelleÄnderungen im Sinne von § 18 Abs.3 SEBG der […] SE geplant sind,die geeignet sind, Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer zu min-dern.«

110600/335/2010

In einem Fall werden wenige »wichtige Gründe«, die eine Kündigungrechtfertigen können, abschließend festgelegt.

Page 41: Mitbestimmung in der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) · Edgar Rose/Roland Köstler Mitbestimmung in der Europäischen Aktien-gesellschaft (SE) 2., aktualisierte Auflage

40 Regelungsinhalte

»Diese Vereinbarung dient der Rechtssicherheit, nicht nur zum Zeit-punkt der Gründung, sondern auch im weiteren Verlauf der Tätig-keit der SE. Sie kann daher nur aus wichtigem Grunde gekündigtwerden. Wichtige Gründe sind abschließend:– Änderung der Rechtsform der […]– Aufspaltungen der […]– Verkauf der […].«

110600/158/2008

Im Wesentlichen finden sich drei verschiedene Regelungen zu derFrage, welches Regelwerk nach Ende der Geltung einer SE-Vereinba-rung anzuwenden ist. Teils treten die gesetzlichen Auffangbestimmun-gen der §§ 22 bis 38 SEBG in Kraft, teils gelten die Bestimmungen derSE-Vereinbarung fort. In einigen Vereinbarungen werden beide Modellekombiniert. Das folgende Textbeispiel sieht ohne Umschweife vor, dassdie gesetzlichen Auffangregelungen gelten.

»Wird nach Ausspruch einer Kündigung bis zum Ablauf der Kündi-gungsfrist keine neue Vereinbarung abgeschlossen, so tritt an dieStelle dieser Vereinbarung die gesetzliche Auffangregelung gemäßden Bestimmungen des SEBG in seiner jeweils geltenden Fassung.«

110600/130/0

Nachstehende Vereinbarung gilt auch nach Kündigung theoretisch end-los fort, wenn sie nicht ersetzt wird.

»Nach Ablauf der Kündigungsfrist gelten die Regelungen der vorlie-genden Vereinbarung fort bis sie durch eine andere Vereinbarung er-setzt werden. Dies gilt auch wenn erneute Verhandlungen nicht zueiner Einigung führen.«

110600/165/0

Einige Vereinbarungen sehen eine Fortgeltung für eine gewisse Fristvor. Verstreicht diese, ohne dass eine neue Vereinbarung zustande ge-kommen ist, treten die gesetzlichen Auffangregelungen in Kraft. Eineandere kombinierte Regelung sieht vor, dass nach Ablauf einer Frist nurunstrittige Bestimmungen fortgelten.

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Übergreifende Bestimmungen 41

»Haben sich die Parteien bis dahin nicht geeinigt, gelten bis zumendgültigen Abschluss die unstrittigen Punkte nach. Im Übrigen giltdann die deutsche gesetzliche Auffanglösung gemäß den Bestim-mungen der §§ 21ff. SEBG.«

110600/155/2009

Weithin besteht in den untersuchten Fällen Einigkeit in Fragen der Zu-ständigkeit. Der SE-BR hat nicht nur das Recht, eine SE-Vereinbarungzu kündigen. Er ist zudem zuständig dafür, eine neue Vereinbarung aus-zuhandeln. Ein BVG wird dafür regelmäßig nicht gebildet.

2.3.3 Überprüfung, Änderung bzw. Neuverhandlung der Vereinbarung

Die Schlussbestimmungen der untersuchten SE-Vereinbarungen ent-halten fast immer Regelungen dazu, wie auch ohne Kündigung oderEnde der Laufzeit initiiert werden kann, dass die jeweiligen Vereinba-rungen teilweise geändert oder gänzlich neu verhandelt werden. Unab-hängig davon ist § 18 Abs. 3 SEBG zu beachten: Er sieht vor, die Ver-handlungen wiederaufzunehmen, wenn strukturelle Änderungen derSE geplant werden, die geeignet sind, Beteiligungsrechte der Arbeit-nehmer zu mindern. Hierauf nehmen zahlreiche SE-VereinbarungenBezug.Die meisten SE-Vereinbarungen sehen vor, dass der SE-BR und die Un-ternehmensleitung die SE-Vereinbarung jederzeit einvernehmlich än-dern können. Das folgende Textbeispiel stellt eine Ausnahme dar. UmBestimmungen zu ändern, die den Aufsichtsrat betreffen, ist hier dieZustimmung sowohl der Arbeitnehmer- als auch der Anteilseignerver-treter erforderlich.

»Im Einvernehmen mit dem […] Europa Betriebsrat und der Unter-nehmensleitung der […] SE können während der Laufzeit Änderun-gen vorgenommen werden. Im Falle der Änderung der den Auf-sichtsrat der […] SE betreffenden Regelungen bedürfen diese derZustimmung der Arbeitnehmervertreter und der Anteilseignerver-treter im Aufsichtsrat.«

110600/140/2007

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42 Regelungsinhalte

In einigen Fällen legen die Verhandlungspartner in der SE-Vereinba-rung einen festen Überprüfungstermin fest.

»Die Unternehmensleitung der […] SE und der SE-Betriebsrat ver-pflichten sich, alle drei Jahre im ersten Quartal erstmals jedoch imJahr 2012 zu überprüfen, ob vor dem Hintergrund der zwischenzeit-lich gewonnen Erfahrungen oder im Hinblick auf Veränderungender Struktur der […]-Gruppe eine Anpassung des Unterrichtungs-und Anhörungsverfahren zur Beteiligung der […] SE-Arbeitnehmererforderlich bzw. sinnvoll ist.«

110600/330/2010

Eine Besonderheit stellt die folgende Regelung dar, nach der der SE-BRin regelmäßigen Abständen einseitig Neuverhandlungen verlangenkann. Diese Verhandlungen können jedoch ergebnislos bleiben, die Ver-einbarung gilt dann unverändert weiter. De facto handelt es sich damitebenfalls um einen Überprüfungsanspruch.

»Alle vier Jahre nach einer Ordentlichen Konstituierenden Sitzungbeschließt der SE-Betriebsrat, ob diese Vereinbarung über die Betei-ligung der Mitarbeiter in der […] SE neu verhandelt werden soll. Be-schließt der SE Betriebsrat Neuverhandlungen über eine Vereinba-rung über die Beteiligung der Mitarbeiter in der […] SE, so treten dieLeitung und der SE-Betriebsrat unverzüglich in redlich geführte Ver-handlungen über diesen Punkt ein. […] Kommt keine Vereinbarungzustande, findet diese Vereinbarung weiterhin Anwendung.«

110600/149/2008

Im Hinblick auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen auch einsei-tig eine Neuverhandlung der SE-Vereinbarung durchgesetzt werdenkann, wird in den meisten SE-Vereinbarungen auf §18 Abs.3 SEBG ver-wiesen. Die dort getroffenen gesetzlichen Bestimmungen erlauben essowohl der Leitung der SE als auch dem SE-BR, notfalls gegen den Wil-len der anderen Seite eine Wiederaufnahme der Verhandlungen einzu-leiten. Ergänzend wird in vielen Vereinbarungen lediglich die gesetzlichin § 18 Abs.3 Satz 2 SEBG eingeräumte Möglichkeit genutzt, den SE-BRzum Verhandlungspartner für die Wiederaufnahme zu erklären und die

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Übergreifende Bestimmungen 43

erneute Bildung eines BVG auszuschließen. Dabei ist laut Gesetz zu be-rücksichtigen, dass bei strukturellen Änderungen, die gemäß § 18 Abs.3SEBG zu Neuverhandlungen führen, neue Tochterunternehmen oderBetriebe aus bisher nicht beteiligten Ländern hinzukommen könnten.Auch die Beschäftigten solcher bisher nicht vertretenen Einheiten sollendann an den neuen Verhandlungen beteiligt sein.

»Anstelle des neu zu bildenden besonderen Verhandlungsgremiumskönnen die Verhandlungen mit der Leitung der SE einvernehmlichvon dem SE-Betriebsrat gemeinsam mit Vertretern der von der ge-planten strukturellen Änderung betroffenen Arbeitnehmer, die bis-her nicht von dem SE-Betriebsrat vertreten werden, geführt werden.«

110600/179/0

Darüber hinaus wird in verschiedenen SE-Vereinbarungen versucht, diestrukturellen Änderungen zu konkretisieren, die zu einer Wiederauf-nahme der Verhandlungen führen sollen. Im Vordergrund steht dabeihäufig das Bemühen, die Hürde für eine Wiederaufnahme der Verhand-lungen im Vergleich zu §18 Abs.3 SEBG zu erschweren. Sehr einschrän-kend ist in diesem Sinne die folgende Vereinbarung.

»Strukturelle Änderungen sind ausschließlich solche Vorgänge,die zu einer wesentlichen Änderung der rechtlichen Struktur ver-gleichbar der Gründung einer SE führen, z. B. durch Verschmel-zung, Beteiligung der Gesellschaft an einer Holding-SE oder einerTochter-SE, und die mindestens 20 % der Arbeitnehmer der Gesell-schaften der […] Europa innerhalb der Länder, die in den Geltungsbe-reich dieser Vereinbarung fallen, betreffen. Eine Verschmelzungoder Spaltung ist nur dann erheblich, soweit Auswirkungen auf be-stehende Arbeitnehmervertretungen möglich sind. Keine struktu-relle Änderung stellen die Übernahme von Betrieben, Gesellschaftenoder Unternehmen (auch gegen Gewährung von Beteiligungen ander Gesellschaft), Verlegungen des Sitzes oder sonstige Satzungsän-derungen sowie die Erhöhung der Mitarbeiterzahlen durch Neuein-stellungen dar.«

110600/143/2008

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44 Regelungsinhalte

Zum Teil wird so auch erschwert, dass der Mitbestimmungsumfang imAufsichtsrat bei steigenden Beschäftigtenzahlen angepasst wird (vgl.Kap. 2.1.2).Nur in wenigen SE-Vereinbarungen wird die Frage behandelt, ob beieinem Scheitern wieder aufgenommener Verhandlungen zwangsläufig,wie in § 18 Abs.3 Satz 3 SEBG vorgesehen, die gesetzlichen Auffangbe-stimmungen in Kraft treten sollen. Denkbar ist auch ein Fortgelten deralten Vereinbarung, wie es in der folgenden Regelung ausnahmsweisefestgelegt worden ist.

»Im Falle von Neuverhandlungen nach § 18 Abs. 3 SEBG geltendie Regelungen dieser Beteiligungsvereinbarung weiter, bis eineneue Beteiligungsvereinbarung abgeschlossen und in Kraft getretenist.«

110600/358/2010

Dieser Punkt ist recht sensibel einzustufen. Zunächst ist zweifelhaft, obin einer SE-Vereinbarung von der Regelung in § 18 Abs.3 Satz 3 SEBGüberhaupt wirksam abgewichen werden kann. Daneben ist es sehr vomEinzelfall abhängig, welche Verhandlungsseite von einer solchen abwei-chenden Regelung profitieren könnte.In einer kleinen Zahl von Fällen wird eine gespaltene Lösung bevorzugt.Nur die Bestimmungen, die in den Neuverhandlungen strittig sind, wer-den im Fall des Scheiterns durch die gesetzlichen Auffangvorschriftenersetzt. Ansonsten bleibt es bei den Bestimmungen der alten Vereinba-rung.

»Falls in Neuverhandlungen aufgrund struktureller Änderungenkeine Einigung innerhalb von sechs Monaten nach Zugang des An-passungsverlangens aufgrund eines Beschlusses des SE-Betriebsratsoder des Vorstands der SE bei der jeweils anderen Partei zur Einlei-tung von Neuverhandlungen zwischen den Parteien erzielt wird, istwie folgt zu verfahren:– Jede Partei hat mit Beschluss festzuhalten, welche Punkte in den

Neuverhandlungen keiner einvernehmlichen Lösung zugeführtwerden konnten.

– Hinsichtlich dieser offenen Punkte finden – nach Ablauf der jewei-

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Übergreifende Bestimmungen 45

ligen Amtsperioden – die Auffanglösungen des SEBG Anwen-dung.

– Die einvernehmlichen Klauseln dieser Vereinbarung bleiben je-doch bestehen.«

110600/350/2011

2.3.4 Streitbeilegung

Zahlreiche SE-Vereinbarungen enthalten Verfahren zur Streitbeilegung.Mitunter beschränken sie sich auf »nochmalige Beratungen« bei be-stimmten Meinungsverschiedenheiten.

»Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen der Un-ternehmensleitung und dem SE-Betriebsrat über Inhalt, Auslegungund Anwendung dieser Vereinbarung werden die Unternehmenslei-tung sowie der SE-Betriebsrat im Sinne einer vertrauensvollen Zu-sammenarbeit mit dem ernsten Willen zur Herbeiführung einer Ver-ständigung in nochmalige Beratungen eintreten.«

110600/180/2010

Mehrfach steht darüber hinaus der Weg offen, eine Einigungskommis-sion bzw. ein Schlichtungsverfahren anzurufen. Die Ausgestaltung istrecht unterschiedlich. Zum Teil ist es den Beteiligten völlig freigestellt,ob sie diesen Weg wählen. Häufig besteht jedoch die Einschränkung,dass gerichtliche Schritte erst eingeleitet werden dürfen, nachdem dasVerfahren der Einigung bzw. Schlichtung durchgeführt wurde.

»Kommt eine Verständigung nicht zustande, ist vor der Einleitungeines gerichtlichen Verfahrens im Zusammenhang mit dieser Ver-einbarung sowie vor einer Kündigung dieser Vereinbarung durchschriftliche Aufforderung eine Einigungskommission am Sitz der[…] SE einzuberufen.«

110600/127/0

Unterschiede gibt es auch hinsichtlich der Konsequenzen, die das Ver-fahren hervorbringen kann. In einigen Fällen wird lediglich erneut ver-

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46 Regelungsinhalte

sucht, unter veränderten Bedingungen – z.B. unter Beteiligung einesunabhängigen Schlichters – den Streit durch Einigung der Parteienselbst beizulegen. So kann im folgenden Fall einseitig das Scheitern derSchlichtung erklärt werden.

»Zuständig ist das für den Sitz der […] SE zuständige Arbeitsgericht.Vor Anrufung des Arbeitsgerichts wird ein Schlichtungsverfahrendurchgeführt, an dem beteiligt sind zwei vom Vorstand der […] SEund zwei vom Geschäftsführenden Ausschuss benannte Vertreter.Der Streit ist beigelegt, wenn eine einstimmige Lösung gefunden ist.Im Übrigen ist das Schlichtungsverfahren beendet, wenn zwei Ver-treter das Scheitern der Schlichtung feststellen. Durch einstimmigenBeschluss aller vier Vertreter kann ein Schlichter bestellt werden. DerSchlichter kann einen unverbindlichen Schlichterspruch fassen. DerSpruch wird verbindlich, wenn er von der Mehrheit der vier Vertreterangenommen wird. Ein Spruch, der nicht verbindlich wird, bleibtvertraulich.«

110600/349/2012

In anderen Regelungen wird dagegen ein verbindliches Ergebnis not-falls auch gegen das Votum einer Seite durch Spruch eines Schlichtersoder einer Schlichtungsstelle angestrebt.

»Zur Beilegung von Streitigkeiten über die Auslegung dieser Verein-barung und die aus ihr resultierenden Rechte und Pflichten wirdeine paritätisch besetzte Schlichtungsstelle mit je zwei Beisitzern ge-bildet, die jeweils von der Leitung der SE und dem SE-Betriebsratentsandt werden. Die Bildung der Schlichtungsstelle erfolgt ad-hoc.Die vier Mitglieder der Schlichtungsstelle einigen sich auf einen un-parteiischen Vorsitzenden, der zwischen ihnen vermitteln soll, aberkein Stimmrecht hat. Kommt es zu keiner Einigung, entscheidet dasArbeitsgericht auf Antrag einer der Parteien über die Person des Vor-sitzenden.Die Schlichtungsstelle verhandelt mit dem Ziel einer einvernehm-lichen Einigung. Kommt es zu keiner einvernehmlichen Einigung,entscheidet die Schlichtungsstelle durch Beschluss, wobei jedem

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SE-Betriebsrat 47

Mitglied und dem Vorsitzenden jeweils eine Stimme zusteht. Gegendie Entscheidung steht der SE und dem SE-Betriebsrat der Rechts-weg offen.«

110600/350/2011

In einem Fall wird einfach das Verfahren vor der Einigungsstelle nachdem Betriebsverfassungsgesetz in Bezug genommen. Dies dürfte so zuverstehen sein, dass der Spruch der Einigungsstelle eine Einigung zwi-schen SE-Leitung und SE-BR ersetzen soll.

»Treten in der Auslegung dieser Vereinbarung und in der Praxis Mei-nungsverschiedenheiten zwischen dem Vorstand der […] SE oder de-ren Vertretern und dem […] BR, seinem Lenkungsausschuss odereinzelnen seiner Mitglieder auf, sind diese nach Möglichkeit einver-nehmlich zu regeln. Ist dies nicht möglich, so haben sowohl der […]BR als auch der Vorstand der […] SE jeweils das Recht, sich an eineEinigungsstelle zu wenden, die aus je 2 Beisitzern der Arbeitgeber-und Arbeiternehmerseite und einem neutralen Vorsitzenden be-steht. Das Verfahren richtet sich in entsprechender Anwendungnach §76 Abs.1–7 BetrVG.«

110600/340/2012

2.4 SE-Betriebsrat

In den Verhandlungen über eine SE-Vereinbarung steht die Errichtungeines SE-Betriebsrats meist im Mittelpunkt. Nur vereinzelt wird auf ei-nen SE-BR verzichtet (siehe Kap. 2.1.1). Entsprechend umfangreich fal-len die Bestimmungen in den Vereinbarungen, die den SE-BR betreffen,regelmäßig aus. Vorprogrammiert ist dies durch das SE-Beteiligungsge-setz (SEBG), das in § 21 Abs.1 detailliert die Punkte vorgibt, die in derSE-Vereinbarung für den SE-BR zu regeln sind. § 21 Abs.5 SEBG räumtzwar auch die Möglichkeit ein, in der SE-Vereinbarung auf eigenstän-dige Regelungen zu verzichten und stattdessen auf die gesetzlichen Re-gelungen zu verweisen, die für den SE-BR »kraft Gesetzes« in den

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48 Regelungsinhalte

§§22–33 SEBG (»Auffangregelungen«) vorgezeichnet sind. Doch in denvorliegenden Vereinbarungen treffen die Beteiligten fast immer eigeneunternehmensspezifische Regelungen für den SE-BR. Dabei werden diegesetzlichen Auffangregelungen allerdings meistens in Teilen verwen-det. Es werden einzelne Formulierungen aus den Auffangregelungenübernommen oder anstelle einer eigenen Regelung auf einzelne Para-grafen bzw. Absätze der §§ 22–33 SEBG verwiesen. In seltenen Fällen ge-schieht das recht »großflächig«, so dass von geringen Abweichungenund Ergänzungen abgesehen die SE-Vereinbarung den Auffangregelun-gen folgt. In anderen Ausnahmefällen spielen die Auffangregelungendagegen keine erkennbare Rolle.Typischerweise jedoch werden die Formulierungen der gesetzlichenAuffangregelung der §§ 22–33 SEBG nicht durchgehend, aber zu einembeachtlichen Teil und dann oft eingeschränkt oder modifiziert in die SE-Vereinbarungen übernommen. In der Regel sind die letztendlich ausge-handelten Regelungen beträchtlich umfangreicher als die Auffangrege-lungen. Deutlich wird, dass die Auffangregelungen oft als Vorlage bzw.Richtschnur bei den Verhandlungen dienen, die in deren Verlauf durchunternehmensspezifische Regelungen angereichert werden. Ob die aus-gehandelten Vereinbarungen den SE-BR zusätzlich einschränken oderihm bessere Arbeitsmöglichkeiten und größeren Einfluss als die gesetz-lichen Auffangregelungen bieten, ist ein zentraler Untersuchungs-aspekt der Analyse. Er wird in der folgenden Darstellung eine wesentli-che Rolle spielen.Im Kapitel 2.4 werden die Regelungen der SE-Vereinbarungen darge-stellt, die die Errichtung, Arbeitsweise und Arbeitsbedingungen desSE-BR betreffen. Für Regelungen zu den Beteiligungsrechten des SE-BRwird auf Kapitel 3 verwiesen.

2.4.1 Errichtung des SE-BR

Die ersten Regelungen, die sich im Abschnitt zum SE-BR vieler SE-Ver-einbarungen finden, betreffen die Zusammensetzung, die Amtszeit unddie allgemeine Zuständigkeit des Gremiums. Damit wird der Rahmendefiniert, in dem die Arbeit des SE-BR stattfindet. Anschließend werdenArbeitsweisen, Rechte usw. festgelegt.

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SE-Betriebsrat 49

ZusammensetzungAus welchen Personen sich der SE-BR zusammensetzt, wird häufig be-sonders eingehend und kompliziert in den SE-Vereinbarungen geregelt.Insgesamt stehen vier Regelungsaspekte im Vordergrund:• die Sitzverteilung in Form der Zuordnung einer bestimmten Zahl von

Sitzen im SE-BR zu bestimmten Beschäftigtengruppen (z. B. 2 Sitzefür Standort A, jeweils 3 Sitze für die Standorte B und C)

• die Gesamt- oder die Höchstzahl der Mitglieder• die Art der Bestimmung der konkreten Personen durch Wahl oder Be-

stellung• die Überprüfung der Zusammensetzung im Hinblick auf Strukturän-

derungen.Besondere Probleme wirft oft die Frage der Sitzverteilung auf. Denndamit der SE-BR das für seine Arbeit nötige Vertrauen genießt, sollenalle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der SE und ihrer Tochter-gesellschaften angemessen im SE-BR vertreten sein. Viele SE sindschon für sich betrachtet komplex strukturierte Gebilde, deren Be-schäftigte an zahlreichen Standorten ganz unterschiedlicher Größe tä-tig sind. Hinzu kommen häufig Tochtergesellschaften der SE, derenBeschäftigte ebenfalls durch den SE-BR vertreten werden sollen. Alldiese Beschäftigten können weit über Europa verstreut sein, wobeivon Land zu Land ganz unterschiedliche Beschäftigtenzahlen vorlie-gen können. Angesichts dessen stehen typischerweise zwei Prinzi-pien miteinander im Konflikt: Einerseits wird angestrebt, dass für je-des Land, in dem Beschäftigte arbeiten, auch im SE-BR ein Mandatreserviert sein soll. Andererseits wird vertreten, dass im Sinne der Re-präsentativität Länder mit hohen Beschäftigtenzahlen über mehr Man-date verfügen sollen als andere. Hintergrund komplexer Vereinbarun-gen sind also weniger Interessenkonflikte zwischen dem BVG undden beteiligten Unternehmensleitungen. Vielmehr ist es schwierig,allen Arbeitnehmergruppen gerecht zu werden. Die Leitungen achtenvor allem darauf, dass der SE-BR im Bemühen um angemessene Ver-tretung aller Beschäftigten nicht immer größer (und damit teurer)gerät.Auf ganz unterschiedliche Weise konnten die Verhandlungspartner inden konkreten SE-Vereinbarungen einen Kompromiss zwischen den ge-nannten Prinzipien bzw. Interessen finden. Die Lösungen sind äußerst

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50 Regelungsinhalte

vielfältig – es gibt hierzu keine zwei gleichen Regelungen. Einerseits fin-den sich knappe Regelungen, die z. B. jedem Land eine bestimmte Zahlvon Sitzen zuordnen.

»Als Vertreter der in der SE, ihren Tochtergesellschaften und Betrie-ben innerhalb der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten Ar-beitnehmer werden fünf Mitglieder in den SE-Betriebsrat entsandt.[…] Als Vertreter der Arbeitnehmer, die in den Tochtergesellschaftenund Betrieben eines anderen Mitgliedstaats beschäftigt sind (gegen-wärtig England, Italien, Polen und Frankreich), wird jeweils ein Mit-glied in den SE-Betriebsrat entsandt.«

110600/139/2007

Übersichtlich ist es auch noch, wenn die Zahl der Sitze pro Mitgliedstaatmit der Zahl der dort Beschäftigten steigt.

»Für jeden Mitgliedstaat, in dem Arbeitnehmer beschäftigt sind,wird je ein Mitglied in den SE-Betriebsrat gewählt oder bestellt. Ab 25in einem Mitgliedstaat beschäftigten Arbeitnehmern wird ein weite-res, für je 50 weitere beschäftigte Arbeitnehmer wird zusätzlich je einMitglied gewählt oder bestellt. Die maximale Anzahl von Mitgliedernpro Mitgliedstaat im SE-Betriebsrat beträgt sechs Mitglieder. […] DieAnzahl der Mitglieder des SE-Betriebsrats darf 25 dauerhaft nichtüberschreiten.«

110600/159/2009

Wie hier werden auch in anderen Fällen feste Mitgliederzahlen fürden SE-BR vorgegeben oder eine Obergrenze definiert. Unterschiedli-che Maßnahmen wurden für den Fall festgelegt, dass eine definierteObergrenze überschritten wird. In einem Fall soll einfach anteilig fürdie verschiedenen Beschäftigtengruppen die Zahl der Vertreter imSE-BR gekürzt werden. In einem anderen Fall muss neu verhandeltwerden.

»Die Gesamtzahl der Mitglieder des SE-Betriebsrats soll 25 Vertreternicht überschreiten. Wird diese Anzahl überschritten, werden dieUnternehmensleitung und der SE-Betriebsrat Verhandlungen über

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SE-Betriebsrat 51

eine Änderung der Regelungen zur Zusammensetzung des SE-Be-triebsrats in dieser Ziff. 3 aufnehmen.«

110600/332/2010

Häufig fehlt jedoch eine Festlegung zur Höchstzahl der SE-BR-Mitgliederin den Vereinbarungen. Die Größe des SE-BR hängt dann allein von denjeweils formulierten Berechnungsmodalitäten für die Sitzverteilung ab.In mehreren SE-Vereinbarungen wird die Sitzverteilung in Anlehnungan die gesetzlichen Auffangregelungen des SEBG getroffen. Durch ver-schiedene Modifikationen ergeben sich so oft recht komplizierte Bestim-mungen. Die maßgebliche Auffangregelung enthält §23 Abs.1 SEBG:Sie verweist auf die gesetzlich festgelegte Sitzverteilung im BVG laut §5Abs.1 SEBG. Danach wird für jeden angebrochenen 10 %-Anteil der Be-schäftigten eines Landes an der Gesamtbeschäftigung ein Sitz vergeben.Gesetzlich haben also selbst Länder einen Sitz im SE-BR, in denen nureine Beschäftigte bzw. ein Beschäftigter arbeitet. Dies dürfte ein Grundfür abweichende Formulierungen durch die Verhandlungspartner sein.Nachstehend erhalten nur Länder mit mehr als fünf Beschäftigten einenVertreter im SE-BR. Wird die Grenze unterschritten, können sich die Be-troffenen mangels eines eigenen Vertreters an ein anderes Mitglied desSE-BR ihrer Wahl wenden.

»Grundsätzlich wird aus jedem Mitgliedstaat mit mehr als fünf Ar-beitnehmern ein Vertreter in den […] SE Betriebsrat entsandt. Sind ineinem Mitgliedstaat mehr als 10 % der Gesamtzahl der Arbeitneh-mer der […]-Gruppe in allen Mitgliedstaaten beschäftigt, entsendendie Arbeitnehmer aus dem jeweiligen Mitgliedstaat einen weiterenVertreter. Arbeitnehmer aus EU-/EWR-Mitgliedstaaten, die nicht im[…] SE Betriebsrat direkt vertreten sind, können durch ein anderesMitglied ihrer Wahl im […] SE Betriebsrat mitvertreten werden.«

110600/154/0

In einigen Fällen liegt der Schwellenwert noch erheblich höher. Es müs-sen 150 oder in einem Fall sogar 500 Arbeitnehmer in einem Mitglied-staat beschäftigt sein, damit dieses Land im SE-BR vertreten ist. Als Aus-gleich sollen die Beschäftigten der dadurch ausgeschlossenen Ländereine gemeinsame Vertretung nach folgender Bestimmung erhalten.

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52 Regelungsinhalte

»Die […] Arbeitnehmer in Ländern, in denen weniger als 500 […] Ar-beitnehmer beschäftigt sind und die demnach kein Mitglied gemäßZiff. 3.2.1 stellen, werden durch drei zusätzliche Mitglieder im SE-Betriebsrat vertreten, die jeweils in den drei Mitgliedstaaten gewähltbzw. bestellt werden, die der Schwelle von 500 Arbeitnehmern amnächsten kommen.«

110600/332/2010

Noch komplizierter wird es in eigenständigen Regelungen von kom-plexen Unternehmen. Hier setzt sich der SE-BR z. B. auf der Grundlagevon sogenannten Entsendungskreisen zusammen oder es werden Wahl-beauftragte zwischengeschaltet. Meist geht es darum, kleinere Beschäf-tigtengruppen bestimmter Länder oder Unternehmen zusammenzufas-sen und gemeinsam durch ein Mitglied im SE-BR vertreten zu lassen.Auch die Unterscheidung von Länder-, Regional- und Unternehmensver-tretern folgt dieser Logik.

»Der SE-Betriebsrat setzt sich aus Ländervertretern, Regionalvertre-tern und Unternehmensvertretern zusammen. […] In den SE-Be-triebsrat entsendet jedes Land, in dem mehr als 200 Arbeitnehmerbeschäftigt werden, einen Ländervertreter. Werden in einem Landmehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigt, entsendet dieses Land einenzweiten Ländervertreter. Alle Länder im Geltungsbereich dieser Ver-einbarung werden vier Regionen (›Nord‹, ›West‹, ›Ost‹, ›Süd‹) zu-geordnet. Jede Region entsendet einen Regionalvertreter in den SE-Betriebsrat. Werden in einer Region mehr als 250 Arbeitnehmer be-schäftigt, entsendet die jeweilige Region einen zweiten Regionalver-treter. Die Arbeitnehmer der Länder, die eigene Ländervertreter inden SE-Betriebsrat entsenden, bleiben bei der Ermittlung der Arbeit-nehmerzahl der Region außer Betracht. […] Unternehmen, die mehrals 10% der […] Arbeitnehmer beschäftigen, entsenden jeweils einenUnternehmensvertreter in den SE-Betriebsrat. Sofern in einem Landmehr als drei Unternehmen mehr als 10% der […] Arbeitnehmer be-schäftigen, entsenden nur die drei Unternehmen, die die meistenArbeitnehmer beschäftigen, einen Unternehmensvertreter in denSE-Betriebsrat.«

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SE-Betriebsrat 53

Eine ungewöhnliche Regelung zur Zusammensetzung des SE-BR findetsich in einer neueren Vereinbarung. Danach werden Gewerkschafts-vertreter unter bestimmten Voraussetzungen Mitglieder des SE-BR, al-lerdings ohne Stimmrecht. Trotz dieser Einschränkung ist eine solcheEinbindung der Gewerkschaften – jedenfalls formal betrachtet – umfas-sender, als wenn Gewerkschaftsvertreter nur von Fall zu Fall als Beraterdazu geladen werden (siehe Kap. 2.4.2 Stichwort: Sitzungen).

»Sobald aus einem Land mehr als drei Arbeitnehmervertreter ent-sandt werden, wählen die nationalen Arbeitnehmervertreter (z.B.Gesamtbetriebsrat […]) einen Vertreter einer Gewerkschaft, die ineinem Teil des Konzerns vertreten ist als zusätzliches Mitglied ohneStimmrecht.«

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Bei der anschließenden Frage: Wie wird bestimmt, welche Personen dieSitze im SE-BR einnehmen sollen? wird oft auf rechtliche Vorgaben ver-wiesen.

»Die Mitglieder des SE-Betriebsrates werden gemäß den in den Mit-gliedstaaten vorgesehenen Verfahren zur Bestellung oder Wahl derMitglieder eines Vertretungsorgans i. S. d. Anhangs zu Art. 7 derRichtlinie 2001/86 EG bestimmt.«

110600/130/0

Diese Formulierung führt dazu, dass die Mitglieder des SE-Betriebsratsin manchen Ländern direkt gewählt, in anderen dagegen von Arbeitneh-mervertretungen bestellt werden. In zahlreichen SE-Vereinbarungenwird allerdings eigenständig festgelegt, wie die Mitglieder des SE-BR be-stimmt werden. Mitunter ist eine direkte Wahl durch die Beschäftigtenvorgesehen. Häufiger wird ein abgestuftes Verfahren eingesetzt: Dem-nach hat die Bestellung durch nationale Arbeitnehmervertretungen Vor-rang; nur ausnahmsweise, z. B. bei fehlender Arbeitnehmervertretung,wird auf Direktwahlen zurückgegriffen.

»Die auf die jeweiligen bestehenden Entsendungskreise entfallen-den Mitglieder des SE-BR sind durch Beschluss der sich jeweils auf

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54 Regelungsinhalte

der höchsten Ebene innerhalb des jeweiligen Entsendungskreises be-findlichen betrieblichen Arbeitnehmervertretung/en in den SE-BR zuentsenden. Ist keine Arbeitnehmervertretung vorhanden, haben dieArbeitnehmer des betroffenen Entsendungskreises die zu entsen-denden Mitglieder aus ihrer Mitte auszuwählen und in den SE-BR zuentsenden.«

110600/336/2010

Aus den meisten SE-Vereinbarungen ergibt sich, dass die Zusammen-setzung des Gremiums regelmäßig überprüft wird. Veränderte Beschäf-tigtenzahlen oder die Expansion der SE in neue Länder können dazuführen, dass der festgelegte Verteilungsschlüssel der SE-BR-Mandate zueiner anderen Zusammensetzung des SE-BR führen müsste. Nur aus-nahmsweise sind für diesen Fall neue Verhandlungen zwischen Leitungund SE-BR vorgesehen. Regelmäßig ist – ähnlich wie in § 25 SEBG –ein automatisches Anpassungsverfahren ohne Verhandlungen im Ein-zelnen festgelegt. Automatisch werden dann laut folgendem Beispielauch die inländischen Mandate aufgestockt, um deren Mehrheit zu si-chern.

»Stellt sich bei der Überprüfung heraus, dass inzwischen Arbeitneh-mer der […] SE, ihrer Tochtergesellschaften und Betriebe in einemMitgliedstaat beschäftigt sind, der bisher nicht im SE-Betriebsrat ver-treten ist, veranlasst der Vorstand der SE bei den in dem jeweiligenMitgliedstaat zuständigen Stellen, dass ein Mitglied nach den in §6.3niedergelegten Grundsätzen gewählt oder bestellt wird. Für jedeszusätzliche Mitglied des SE-Betriebsrats aus einem bisher nichtvertretenen Mitgliedstaat wird gleichzeitig ein weiteres Mitglied alsVertreter der in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten Ar-beitnehmer des […]-Konzerns nach den in §6.2 niedergelegten Grund-sätzen gewählt oder bestellt, wenn infolge der Anpassung nach die-ser Bestimmung die Zahl der ausländischen Mitglieder über derZahl der deutschen Mitglieder liegen würde.«

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Deutlich unterscheiden sich die SE-Vereinbarungen hinsichtlich derHäufigkeit regelmäßiger Überprüfungen. Überwiegend ist ein jähr-

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SE-Betriebsrat 55

licher oder zweijährlicher, bisweilen auch ein längerer Rhythmus vor-gesehen. Unabhängig von bestimmten Überprüfungsterminen ist nachfolgender Regelung der SE-BR über neue Standorte der SE in bishernicht im SE-BR vertretene Mitgliedstaaten zu unterrichten.

»Betriebe oder Tochtergesellschaften, die neu in den Geltungsbe-reich dieser Vereinbarung eintreten und deren Mitgliedstaat bislangnicht im SE-Betriebsrat vertreten ist, werden unverzüglich von derSE zur Entsendung von Mitgliedern in den SE-Betriebsrat aufgefor-dert. Zudem wird der SE-Betriebsrat unverzüglich über den Erwerboder die Errichtung dieser Gesellschaften informiert.«

110600/350/2011

AmtszeitVon wenigen Ausnahmen abgesehen legen die SE-Vereinbarungen eineAmtszeit des SE-BR von vier Jahren, selten von fünf Jahren fest. In eini-gen SE-Vereinbarungen finden sich Bestimmungen, die die kontinuier-liche Tätigkeit des SE-BR über mehrere Amtszeiten hinweg sicherstel-len sollen.

»Die Amtszeit der Mitglieder des […] Europa Betriebsrats beginnt mitder konstituierenden Sitzung des […] Europa Betriebsrats. Die Amts-zeit beträgt fünf Jahre. Sie endet mit der Neukonstituierung desneuen […] Europa Betriebsrats. Wahlen oder Bestellungen sind je-weils so rechtzeitig durchzuführen, dass die Neukonstituierung spä-testens fünf Jahre nach der vorhergehenden Konstituierung stattfin-den kann.«

110600/140/2007

ZuständigkeitFast alle SE-Vereinbarungen enthalten Bestimmungen zur Zuständig-keit des SE-BR. Dabei handelt es sich einerseits um Regelungen desräumlichen Geltungsbereichs der gesamten SE-Vereinbarung, die auchdie räumliche Zuständigkeit des SE-BR z. B. auf bestimmte Länder be-grenzen (siehe Kap. 2.3.1). Unter dem Stichwort Zuständigkeit werdenandererseits oft Fragen der sachlichen Zuständigkeit angesprochen.Hier geht es darum, in welchen Angelegenheiten die Beteiligungsrechte

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56 Regelungsinhalte

des SE-BR angewendet werden sollen. Die gesetzliche Auffangregelungzur sachlichen Zuständigkeit für den SE-BR findet sich in §27 SEBG:»Der SE-Betriebsrat ist zuständig für die Angelegenheiten, die die SEselbst, eine ihrer Tochtergesellschaften oder einen ihrer Betriebe ineinem anderen Mitgliedstaat betreffen oder die über die Befugnisse derzuständigen Organe auf der Ebene des einzelnen Mitgliedstaats hinaus-gehen.« Diese Regelung ist schwer verständlich und unterschiedlich in-terpretierbar. Das mag der Grund sein, weshalb bemerkenswert vieleSE-Vereinbarungen die sachliche Zuständigkeit abweichend formulie-ren. In vielen Fällen wurde der Text aus § 27 SEBG modifiziert. So wurdedie Formulierung »eine ihrer Tochtergesellschaften oder einen ihrer Be-triebe in einem anderen Mitgliedstaat« in den Plural gesetzt bzw. die Be-teiligung von mindestens zwei Mitgliedstaaten verlangt.

»Der SE-Betriebsrat ist zuständig für die Angelegenheiten, die die SEselbst, ihre Tochtergesellschaften oder ihre Betriebe in mindestenszwei Mitgliedstaaten betreffen oder die über die Befugnisse der zu-ständigen Organe auf der Ebene des einzelnen Mitgliedstaats hi-nausgehen. Die Zuständigkeit des SE-Betriebsrates ist auf solchegrenzüberschreitenden Angelegenheiten beschränkt.«

110600/139/2007

Mit dieser Umformulierung wird eine bestimmte, keineswegs selteneSachlage der Zuständigkeit entzogen: Schließt etwa die deutsche Unter-nehmenszentrale einen Betrieb in Polen, fällt dies aufgrund der Formu-lierung »in mindestens zwei Mitgliedstaaten« nicht in den Zuständig-keitsbereich des SE-BR. Bei wörtlicher Übernahme von § 27 SEBG wäredie Zuständigkeit in diesem Fall hingegen gegeben, solange überhaupteine länderübergreifende Aktivität vorliegt.Deutlich einschneidender werden Zuständigkeiten des SE-BR be-schränkt, wenn die gesetzliche Auffangregelung so umformuliert wird,dass die fehlende Zuständigkeit nationaler Organe generell zur zwin-genden Voraussetzung der Zuständigkeit des SE-BR erklärt wird.

»Der SE-Betriebsrat ist zuständig für Angelegenheiten, die (un-mittelbar oder mittelbar) die […] SE selbst, deren Tochtergesellschaf-ten oder Betriebe in mindestens zwei Mitgliedstaaten betreffen

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SE-Betriebsrat 57

(grenzüberschreitende Angelegenheiten), soweit diese Angelegen-heiten nicht in die Zuständigkeit der nationalen Arbeitnehmervertre-tungen fallen.«

110600/149/2008

Denn in der Praxis sind Situationen nicht selten, in denen eine Dop-pelzuständigkeit nationaler und europäischer Organe sinnvoll und vomGesetz auch beabsichtigt ist – eindeutig z. B. bei Planungen, die zuBetriebsschließungen in zwei Ländern führen. Finden in einem sol-chen Fall in beiden Ländern Verhandlungen mit den zuständigen na-tionalen Vertretungen über die jeweiligen Schließungsabsichten statt,ist nach Maßgabe der zuletzt genannten – besonders einschränken-den – Regelung zweifelhaft, ob auch der SE-BR noch zu beteiligenist.Andererseits gibt es auch mehrere SE-Vereinbarungen, in denen dieVerhandlungspartner den Text des § 27 SEBG so modifiziert haben, dassdie Zuständigkeit des SE-BR erweitert wird. Nachstehend besteht dieZuständigkeit sogar bei Angelegenheiten, die zwar direkt nur einen Be-trieb »im eigenen« Mitgliedstaat betreffen, sich jedoch grenzüberschrei-tend auswirken.

»Der SE-BR ist zuständig für die Angelegenheiten, die die SE selbst,eine ihrer Tochtergesellschaften oder einen ihren Betriebe sowohl imeigenen als auch in einem anderen Mitgliedstaat betreffen undgrenzüberschreitende Auswirkungen haben […].«

110600/131/2006

In einem anderen Fall ist zwar die Regelzuständigkeit auf »erheblicheAuswirkungen« in »mindestens zwei Betrieben in unterschiedlichenMitgliedstaaten« begrenzt. Eine Ausnahmezuständigkeit greift aber bei»außergewöhnlichen Umständen«, auch wenn die Umstände nicht län-derübergreifend sind. Damit fiele der erwähnte Fall einer Betriebsschlie-ßung regelmäßig in den Zuständigkeitsbereich des SE-BR, sogar wennausschließlich ein inländischer Betrieb betroffen wäre.

»Der SE-Betriebsrat und der Geschäftsführende Ausschuss sind fer-ner zuständig für außergewöhnliche Umstände im Sinne der Zif-

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58 Regelungsinhalte

fer 13, die auf Weisung der […] SE ergriffen werden, auch wenn dieaußergewöhnlichen Umstände nicht länderübergreifend sind.«

110600/145/2008

In einigen neueren Vereinbarungen wird durch das Nennen von Bei-spielen klargestellt: Auch bei Auswirkungen einer Entscheidung der SEin nur einem anderen Mitgliedstaat kann die Zuständigkeit des SE-BRgegeben sein.

»Der SE-Betriebsrat ist zuständig für die länderübergreifenden An-gelegenheiten, die die […] SE selbst, eine ihrer Tochtergesellschaftenoder einen ihrer Betriebe in einem anderen Mitgliedstaat betreffenoder die über die Befugnisse der zuständigen Organe auf der Ebenedes einzelnen Mitgliedstaates hinausgehen. Eine Angelegenheit istländerübergreifend, wenn sie (i) Auswirkungen auf Arbeitnehmer inmindestens zwei Mitgliedstaaten hat oder (ii) eine Tochtergesell-schaft oder einen Betrieb in einem anderen Mitgliedstaat betrifft undzentral durch die […] SE (z.B. den Verwaltungsrat oder die Geschäfts-führenden Direktoren) entschieden worden ist und die zuständigenOrgane der Tochtergesellschaft oder des Betriebs des anderen Mit-gliedstaats von dieser Entscheidung nicht abweichen können.«

110600/352/2011

Offensichtlich wird die Definition der sachlichen Zuständigkeit desSE-BR in vielen Verhandlungen eingehend behandelt. Daher finden sichin den SE-Vereinbarungen sehr unterschiedliche Regelungen, die zwarin der Formulierung an §27 SEBG angelehnt sind, oft aber in entschei-denden Punkten abweichen. Dabei ist die Zuständigkeit des SE-BR viel-fach im Vergleich zu § 27 SEBG eingeschränkt. Es existieren jedoch auchumgekehrt Fälle, in denen die Verhandlungspartner die Zuständigkeitüber §27 SEBG hinaus erweitert haben (weitere Textbeispiele befindensich auf beiliegender CD ROM).

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SE-Betriebsrat 59

2.4.2 Struktur und Arbeitsweise des SE-BR

Die SE-Vereinbarungen umfassen regelmäßig einen längeren Ab-schnitt, der die Struktur des SE-Betriebsrats (Vorsitz, Ausschüsse), dieDurchführung der Sitzungen (Häufigkeit, Teilnahme, Ablauf) sowieFragen der Beschlussfassung regelt. Damit soll einerseits ein günstigerorganisatorischer Rahmen für eine effektive Arbeit des SE-BR geschaf-fen werden. Andererseits thematisiert der Punkt Beschlussfassung dieunterschiedlichen Auffassungen über Repräsentativität sowie Kriteriender Mehrheitsfindung. Diese Themen haben die Verhandlungspartnervieler SE-Vereinbarungen offenbar intensiv beschäftigt. Denn zur Be-schlussfassung bestehen in den SE-Vereinbarungen besonders variati-onsreiche und komplexe Bestimmungen.

Vorsitz§23 Abs.2 und 3 SEBG regelt die Wahl und die Befugnisse der Vorsitzen-den des SE-BR kraft Gesetzes. Laut §23 Abs.2 SEBG werden auf der kon-stituierenden Sitzung aus der Mitte des Gremiums zwei Personen fürden Vorsitz und die Stellvertretung gewählt. § 23 Abs.3 SEBG sieht vor,dass der Vorsitzende oder ggf. die Stellvertretende den SE-BR im Rah-men der von ihm gefassten Beschlüsse vertritt und darüber hinaus be-rechtigt ist, Erklärungen bzw. Informationen seitens der Unterneh-mensleitung entgegenzunehmen.In vielen SE-Vereinbarungen finden sich ähnliche Bestimmungen. Mit-unter wird allerdings eine abweichende Zusammensetzung des Vor-stands (z. B. mit drei Personen) geregelt.

»Die Mitglieder des SE-BR wählen aus ihrer Mitte einen Vorsitzen-den, einen stellvertretenden Vorsitzenden sowie einen Schriftführer.«

110600/131/2006

Mehrere Vereinbarungen fordern zudem ausdrücklich, dass im Vor-stand mehrere Länder vertreten sein müssen. Auch bestimmte Sprach-kenntnisse werden mitunter vorausgesetzt.

»In der konstituierenden Sitzung wählt der SE-Betriebsrat aus demKreis seiner Mitglieder einen Vorsitzenden sowie zwei stellvertre-

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60 Regelungsinhalte

tende Vorsitzende. Die Vorsitzenden kommen aus unterschiedlichenMitgliedstaaten, wobei zumindest der Vorsitzende die deutsche oderenglische Sprache sicher beherrscht.«

110600/145/2008

Geschäftsführender AusschussUm die laufenden Geschäfte des SE-BR zu führen und die Arbeit desSE-BR zu koordinieren, wird in der Regel die Bildung eines geschäfts-führenden Ausschusses (GA) vereinbart. Er wird zum Teil auch als Len-kungsausschuss oder Steering Committee bezeichnet. Vorbild für dieseRegelungen ist § 23 Abs.4 SEBG: Demnach wählt der SE-BR kraft Ge-setzes einen geschäftsführenden Ausschuss, bestehend aus drei Mit-gliedern. Häufig sind die geschäftsführenden Ausschüsse jedoch lautVereinbarung größer als gesetzlich vorgesehen. Im Unterschied zumGesetz werden auch in mehreren SE-Vereinbarungen die Aufgaben,Pflichten und Rechte des Ausschusses genauer festgelegt.Die Größe des Ausschusses wird in den SE-Vereinbarungen unter-schiedlich geregelt, häufig verbunden mit konkreten Vorgaben über dieZusammensetzung. Meistens gilt es sicherzustellen, dass verschiedeneKonzernteile oder verschiedene Regionen bzw. Mitgliedstaaten, in de-nen sich Standorte des Konzerns befinden, repräsentiert werden.

»Der SE-Betriebsrat bildet einen Geschäftsführenden Ausschuss(›Geschäftsführender Ausschuss‹) aus sieben Mitgliedern. Der Ge-schäftsführende Ausschuss besteht aus dem Vorsitzenden des SE-Betriebsrats, seinen Stellvertretern sowie weiteren Mitgliedern. DerGeschäftsführende Ausschuss soll sich aus Mitgliedern zusammen-setzen, die Arbeitnehmer aus mindestens vier betroffenen Ländernrepräsentieren.«

110600/342/2012

Eine Besonderheit stellt die folgende Erweiterungsklausel von drei auffünf GA-Mitglieder im Fall eines wachsenden SE-BR dar.

»Der SE-Betriebsrat bildet aus seiner Mitte einen Ausschuss vondrei Mitgliedern, dem der Vorsitzende sowie seine beiden Stellvertre-ter angehören (›Geschäftsführender Ausschuss‹). Der Geschäftsfüh-

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SE-Betriebsrat 61

rende Ausschuss wird um zwei Vertreter erweitert, die aus der Mittedes SE-Betriebsrates bestimmt werden, sobald der SE-Betriebsratmehr als 15 Mitglieder umfasst.«

110600/344/2009

§23 Abs.4 SEBG definiert als Aufgabe des geschäftsführenden Aus-schusses des SE-BR kraft Gesetzes nur knapp, dass er die laufendenGeschäfte des SE-BR führt. Einige SE-Vereinbarungen beschreiben we-sentlich genauere und umfassendere Aufgabenkataloge. Überwiegendbewegen sich diese jedoch im Rahmen dessen, was ebenfalls als Füh-rung laufender Geschäfte gelten kann: z. B. den SE-BR zu vertreten,seine Sitzungen vor- und nachzubereiten sowie Informationen entge-genzunehmen und weiterzuleiten. Eine Vereinbarung geht über das Ta-gesgeschäft hinaus: Sie überträgt dem Lenkungsausschuss Aufgaben,die die künftige Entwicklung des SE-BR und der zugrunde liegenden SE-Vereinbarung betreffen.

»Zu den wesentlichen Aufgaben des Lenkungsausschusses gehöreninsbesondere:– die Prüfung und Anpassung der Zusammensetzung und Größe

des Europa-Forums– die Einleitung und Durchführung der Bestellungs-/Wahlverfahren

für die Bestellung/Wahl der Mitglieder des Europa-Forums recht-zeitig vor dem Ablauf der jeweiligen Amtszeiten oder im sonstigenBedarfsfall

– die Einladung zur sowie die Vor- und Nachbereitung der ordent-lichen Sitzung des Europa-Forums dieser Vereinbarung

– die Erarbeitung und Unterbreitung eines Vorschlages für eineneue Vereinbarung im Falle der Kündigung dieser Vereinbarung

– die Schlichtung von Streitfragen im Zusammenhang mit dieserVereinbarung

– die Wahrnehmung aller sonstigen Aufgaben, die durch diese Ver-einbarung oder durch das Europa-Forum auf den Lenkungsaus-schuss übertragen werden.«

110600/167/2009

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62 Regelungsinhalte

Zum Teil werden dem geschäftsführenden Ausschuss Aufgaben über-tragen, die eindeutig nichts mit den laufenden Geschäften zu tun haben.Mehrfach übernimmt er die Aufgabe, Arbeitnehmer aus Ländern, in de-nen keine Arbeitnehmervertretung besteht, bei Bedarf zu vertreten.

»Das Steering Committee kann Sachthemen von erheblicher Bedeu-tung, insbesondere Themen, bei denen der Ausgleich von Nachteilenfür Arbeitnehmer regelungsbedürftig erscheint, aus Ländern, in de-nen keine Arbeitnehmervertretung besteht, und die an das SteeringCommittee des […] SE Betriebsrats […] herangetragen wurden, derLeitung der […] SE mit dem Ziel der Erörterung vorlegen.«

110600/154/0

Neben Aufgaben konkretisieren mehrere SE-Vereinbarungen auch ein-zelne Rechte des geschäftsführenden Ausschusses. Meistens geht esdabei um die Häufigkeit seiner Sitzungen, die z. B. auf drei oder vierordentliche Treffen pro Jahr begrenzt werden. Nur vereinzelt werdenweitere Rechte explizit festgelegt, z. B. die Teilnahme von Gewerk-schaftsvertretern.Insbesondere in einigen neueren SE-Vereinbarungen sind neben demgeschäftsführenden Ausschuss weitere Ausschüsse fest verankert.

»In Bezug auf die Einrichtung eines Ausschusses für Arbeitssicher-heit, Gesundheit und Umwelt gilt die Zustimmung des Vorstandsder […] SE mit der vorliegenden Vereinbarung als erteilt.«

110600/340/2012

»Der SE-Betriebsrat hat das Recht, neben dem GeschäftsführendenAusschuss weitere Ausschüsse zu bilden. Durch die Bildung weitererAusschüsse bleiben die Entscheidungsbefugnisse des SE-Betriebs-rats bzw. des Geschäftsführenden Ausschusses unberührt.«

110600/339/2011

SitzungenSitzungen des SE-BR gelten wegen der Reise- und Übersetzungskostenals teuer. Für die konstruktive Zusammenarbeit im SE-BR ist es jedochwichtig, dass mehrfach im Jahr Treffen stattfinden. Die Zahl der jähr-

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SE-Betriebsrat 63

lichen Sitzungen des SE-BR gehört daher zu den typischen Konflikt-punkten bei der Aushandlung einer SE-Vereinbarung. Die hierzu getrof-fenen Regelungen unterscheiden sich stark. Auch Ort und Zeitpunkt derSitzungen sowie die Frage: Wer nimmt an den Sitzungen außer den SE-BR-Mitgliedern teil? werden ganz unterschiedlich geregelt.Erfahrungsgemäß ist ein einziges Jahrestreffen für ein internationalesGremium kaum ausreichend. Es wird viel Zeit benötigt, um die unter-schiedlichen Probleme und Herangehensweisen in den verschiedenenLändern zu verstehen. Für den SE-BR kraft Gesetzes sehen die Auffang-regelungen in den §§28 Abs.1 und 24 Abs.2 SEBG immerhin vor, dass»mindestens« einmal im Jahr eine Sitzung zur regelmäßigen Unterrich-tung und Anhörung durch die Unternehmensleitung stattfindet und dassweitere Sitzungen mit Einverständnis der Unternehmensleitung möglichsind. In einigen Fällen enthalten SE-Vereinbarungen ähnliche Lösungen.

»Die Sitzung des SE-Betriebsrates findet einmal jährlich statt (›regel-mäßige Sitzung‹). […] Außerordentliche Sitzungen des SE-Betriebs-rates können nach vorheriger Genehmigung durch die Unterneh-mensleitung der […] SE durch den Geschäftsführenden Ausschußeinberufen werden. Die Gesamtzahl der Sitzungen […] ist auf zweiSitzungen im Kalenderjahr begrenzt.«

110600/130/0

Teilweise sind zusätzliche Sitzungen auch ohne Einverständnis der Un-ternehmensleitung möglich.

»Das […]-Forum tritt grundsätzlich jedes Jahr einmal zu einer ordent-lichen Sitzung zusammen. Soweit erforderlich, kann das […]-Forumjederzeit weitere Sitzungen durchführen. Die Einberufung dieserSitzungen erfolgt durch den Geschäftsführenden Ausschuss. DerVorsitzende des […]-Forums unterrichtet den Vorstand der […] SEüber den Grund der Sitzung, den genauen Sitzungstermin, den Sit-zungsort, die Tagesordnung der Sitzung mit dem Vorstand und diejeweilige Zahl der erforderlichen Sitzungstage und stimmt diese, so-weit eine gemeinsame Sitzung mit dem Vorstand der […] SE erforder-lich ist, mit dem Vorstand der […] SE ab.«

110600/337/2012

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64 Regelungsinhalte

Die Arbeitnehmerseite konnte für fast die Hälfte der SE-Betriebsräteaushandeln, dass zwei oder mehr reguläre Sitzungen pro Jahr stattfin-den. Teilweise können diese durch außerordentliche Sitzungen bis zueiner Obergrenze ergänzt werden.

»Die Sitzungen des SE Betriebsrats finden zweimal jährlich statt(›turnusmäßige Sitzungen‹) […]. Außerordentliche Sitzungen des SEBetriebsrats können nach vorheriger Konsultation mit der Unterneh-mensleitung der […] SE durch den Geschäftsführenden Ausschusseinberufen werden. Die Gesamtzahl der Sitzungen – turnusmäßigeund außerordentliche – sollte vier Sitzungen im Kalenderjahr nichtüberschreiten.«

110600/132/2006

In Fällen, in denen mehr als eine regelmäßige Sitzung vorgesehen ist,sind die Termine bisweilen an bestimmte Ereignisse geknüpft.

»Ordentliche Sitzungen des SE-Betriebsrates finden zweimal im Jahrstatt, jeweils in zeitlichen Zusammenhang mit den Aufsichtsratssit-zungen, in denen die Jahresplanung verabschiedet wird bzw. der Jah-resabschluss festgestellt wird.«

110600/164/0

Besonders weit geht folgende Regelung: Eine von drei ordentlichen Sit-zungen im Jahr dient dazu, zusätzlich Vertreter aus Standorten in denLändern teilnehmen zu lassen, die regulär nicht im SE-BR vertretensind.

»Jährlich soll eine der Ordentlichen Sitzungen des […] Europa Be-triebsrats in erweiterter Form stattfinden. Dazu sollen als Gäste die-jenigen Stellvertreter der Mitglieder des […] Europa Betriebsrats ein-geladen werden, die in Ländern beschäftigt sind, die nicht mit einemeigenen Vertreter im […] Europa Betriebsrat vertreten sind.«

110600/140/2007

Einige SE-Vereinbarungen legen den Ort der Sitzungen des SE-BR fest.In einem Fall behält sich die Unternehmensleitung sogar vor, Ort und

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SE-Betriebsrat 65

Tag der Sitzung zu bestimmen. Weniger einschneidend ist folgendeRegelung, die nur für eine von zwei jährlichen Sitzungen den Ort be-stimmt.

»Eine dieser jährlichen Sitzungen findet am Sitz der Geschäftslei-tung der […] SE statt; die zweite Sitzung kann stattdessen in einemanderen betroffenen Land stattfinden.«

110600/127/0

Hinsichtlich des Teilnehmerkreises der Sitzungen des SE-BR verdienenzwei Aspekte besondere Beachtung: die Teilnahme der Unternehmens-leitung und die Frage, ob Außenstehende an den Sitzungen des SE-BRteilnehmen können. Fast alle SE-Betriebsräte sind als reine Arbeitneh-mergremien gestaltet. Lediglich in einem Fall finden Sitzungen des Gre-miums immer unter Vorsitz eines Vertreters der Unternehmensleitungstatt.

»Die Sitzungen des Europäischen Arbeitnehmergremiums werdenvon einem Mitglied des Verwaltungsrats der […] SE oder einem ge-schäftsführenden Direktor geleitet.«

110600/133/0

In einem anderen Fall sind Vertreter der Unternehmensleitung fest inden sogenannten »Mitarbeiterrat« integriert. In beiden Fällen wurdenicht einmal ein Recht auf zusätzliche separate Treffen der Arbeitneh-mervertretung vereinbart. Für eine unabhängige Willensbildung derArbeitnehmerseite und um eine internationale Partizipationskultur zuentwickeln, ist es jedoch unerlässlich, dass die Arbeitnehmervertreterdas Recht haben, Sitzungen ohne die Arbeitgeberseite durchzuführen.Ausdrücklich betont daher § 24 Abs.2 SEBG das Recht des SE-BR kraftGesetzes, in Abwesenheit der Unternehmensleitung zu tagen. Meist istdies in den SE-Vereinbarungen auch gewährleistet. Teilweise ist aus-drücklich geregelt, unter welchen Bedingungen die Unternehmens-leitung an den Sitzungen des SE-BR teilnimmt. Daraus wird klar: Hierfindet die Sitzung ohne Unternehmensleitung als Regelfall und die ge-meinsame Sitzung als Ausnahmenfall statt.

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66 Regelungsinhalte

»Vertreter der Unternehmensleitung der […] SE nehmen an den Sit-zungen des SE-Betriebsrates teil, soweit es in dieser Vereinbarungvorgesehen ist oder wenn dies vom SE-Betriebsrat gewünscht wird.«

110600/169/2008

In einem Fall kann die Unternehmensleitung auf Verlangen an den Sit-zungen des SE-BR teilnehmen. Allerdings ist dies mit dem Recht desSE-BR verbunden, die Sitzung ohne Vertreter der Unternehmensleitungvor- und nachzubereiten.

»Auf Verlangen des Vorstandes der […] SE können Vertreter der Un-ternehmensleitung an Sitzungen des SE Betriebsrates teilnehmen.Vor und nach Sitzungen mit Vertretern der Unternehmensleitung istder SE-Betriebsrat berechtigt, in Abwesenheit der Vertreter der Un-ternehmensleitung zu tagen.«

110600/155/2009

Vor- bzw. Nachbereitungssitzungen allein der Arbeitnehmervertretersind häufig vorgesehen. In der folgenden Bestimmung sind interneTreffen als Ausnahme geregelt, die jedoch jederzeit während der Sitzun-gen des SE-BR möglich sein sollen.

»Die Sitzungen des […] BR können im Bedarfsfall zum Zwecke einerinternen Beratung der Arbeitnehmervertreter unterbrochen werden.Ferner können im Zusammenhang mit den jährlichen Sitzungendes […]BR interne Besprechungen stattfinden.«

110600/340/2012

In einer Reihe von Vereinbarungen ist auch geregelt, durch wen die Un-ternehmensseite bei Sitzungen des SE-BR vertreten wird. Hintergrunddürfte der Anspruch sein, dass möglichst die verantwortlichen Entschei-dungsträger des Unternehmens persönlich Rede und Antwort stehen.

»Ein Geschäftsführender Direktor der […] SE, der zu den jeweils an-stehenden Themen Auskunft geben kann, nimmt an den Sitzungendes SE-Betriebsrats teil, sofern dies vom SE-Betriebsrat gewünschtwird. Sollte der Geschäftsführende Direktor im Sinne von § 4.2 Satz 4

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SE-Betriebsrat 67

zu einer Sitzung verhindert sein, nehmen ein oder mehrere Vertretermit den notwendigen Berechtigungen an der Sitzung teil, der oderdie zu den jeweils anstehenden Themen umfassend Auskunft gebenkönnen.«

110600/352/2011

In vielen SE-Vereinbarungen wird vor allem die Teilnahme gewerkschaft-licher Vertreter bzw. Vertreterinnen thematisiert. Die Formulierungenhierzu lauten unterschiedlich. Einige Bestimmungen überlassen es weit-gehend dem SE-BR, im Einzelfall eine Einladung auszusprechen.

»Der SE Betriebsrat kann bis zu zwei Vertreter europäischer Gewerk-schaften zu Sitzungen des SE Betriebsrates einladen, wenn diese Ge-werkschaften in der […] Gruppe vertreten sind. Die Kosten der Teil-nahme trägt die […] SE.«

110600/332/2010

Andere Bestimmungen sind restriktiver formuliert. Sie beschränken dieZahl auf grundsätzlich einen Gewerkschaftsvertreter, der vorher ange-meldet werden muss.

»Der SE-Betriebsrat kann einen Vertreter einer europäischen Ge-werkschaft zu Sitzungen des SE-Betriebsrats einladen, sofern dieseGewerkschaft in der […] SE vertreten ist. Für diesen Fall ist vorab dervom Vorstand der SE bestellte Vertreter zu informieren. In besondersbegründeten Ausnahmefällen kann – nach Abstimmung mit demvom Vorstand bestellten Vertreter – ein weiterer Gewerkschaftsver-treter eingeladen werden.«

110600/180/2010

Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der SE bilden eine weiterePersonengruppe, deren Anwesenheit bei Sitzungen des SE-BR gelegent-lich thematisiert wird. Sie dürfen entweder auf Einladung oder auf eige-nen Wunsch teilnehmen.

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68 Regelungsinhalte

BeschlussfassungViele SE-Vereinbarungen enthalten spezielle und teilweise komplizierteBestimmungen zur Beschlussfassung. Sie unterscheiden sich erheblichvon den Auffangregelungen, die in § 24 Abs.3 SEBG für den SE-BR kraftGesetzes vorgesehen sind. Laut § 24 Abs.3 Satz 2 SEBG fasst der SE-BRin der Regel seine Beschlüsse mit der Mehrheit der anwesenden Mitglie-der. Abweichend davon operieren viele SE-Vereinbarungen mit Model-len unterschiedlicher Stimmengewichtung oder mit »doppelten Mehr-heiten«. Hinter komplexen Modellen der Beschlussfassung steht dieBefürchtung, dass Mehrheiten zustande kommen, die nur eine Minder-heit der Beschäftigten hinter sich haben. Es besteht also ein enger Zu-sammenhang zu den Regelungen, die die Zusammensetzung desSE-BR betreffen (Kap. 2.4.1).Bei der Zusammensetzung steht häufig das Bemühen im Vordergrund,auch Ländern mit einer relativ geringen Beschäftigtenzahl Zugang zumSE-BR zu verschaffen. Dies kann oft nicht durch entsprechend höhereMandatszahlen für die Kernländer der Unternehmen ausgeglichenwerden, da sonst die Größe des SE-BR ausufern würde. Stattdessenwerden Regeln der Beschlussfassung aufgestellt, die z. B. jedem Mit-glied des SE-BR so viele Stimmen zubilligen, wie es Beschäftigte ver-tritt. Insgesamt finden sich in den SE-Vereinbarungen vier Modelle fürdie Beschlussfassung, die jeweils im Detail noch weitere Variationenaufweisen:• Beschlussfassung mit der Mehrheit der (anwesenden) Mitglieder ent-

sprechend §24 Abs.3 SEBG (Modell 1)• Stimmengewichtung, wonach die Stimmen der Mitglieder des SE-BR

ein unterschiedliches Gewicht je nach Zahl der repräsentierten Be-schäftigten aufweisen (Modell 2)

• Beschlussfassung mit doppelter Mehrheit, wobei sowohl die Mehrheitder (anwesenden) Mitglieder als auch die Mehrheit der repräsentier-ten Beschäftigten erforderlich ist (Modell 3)

• Mischformen, die je nach Art des zu treffenden Beschlusses unter-scheiden, welche der drei bereits genannten Modelle der Beschlussfas-sung angewendet werden (Modell 4).

Für Modell 1 steht folgende Bestimmung, in der ausdrücklich auf eineStimmengewichtung verzichtet wird.

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SE-Betriebsrat 69

»Beschlüsse und Wahlen des SE-Betriebsrats bedürfen der einfa-chen Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Jedes Mitglied des SE-Betriebsrats hat eine Stimme; eine Stimmgewichtung findet nichtstatt.«

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Im Modell 2 wird typischerweise auf die Zahl der vertretenen Beschäf-tigten abgestellt. Das kann dazu führen, dass eine Minderheit der Mit-glieder des SE-BR einen Beschluss durchsetzt, wenn sie die Mehrheitder Beschäftigten vertritt. Als problematisch erweist es sich dabei, die je-weils für die Zahl der Stimmen maßgeblichen Beschäftigtenzahlen zueinem einheitlichen Zeitpunkt zuverlässig festzustellen. Laut folgenderSE-Vereinbarung gilt jeweils die Beschäftigtenzahl, die zum Zeitpunktder Konstituierung des SE-BR ermittelt wird.

»Jedes Mitglied des SE-Betriebsrats hat so viele Stimmen wie esArbeitnehmer vertritt (Stimmgewichtung). Maßgeblich für die Er-mittlung der Stimmenzahl sind die jeweils letzten vor der (Neu-)Kon-stituierung des SE-Betriebsrats von dem Vorstand gemäß § 31 mitge-teilten Arbeitnehmerzahlen. Ein Mitglied kann seine Stimmen nureinheitlich abgeben.«

110600/138/2007

Häufig fordern SE-Vereinbarungen doppelte Mehrheiten. Anders alsin Modell 2 genügt es in Modell 3 nicht, wenn diejenigen, die für einenBeschluss votieren, die Mehrheit der Beschäftigten repräsentieren. Esmuss zugleich eine Mehrheit der Mitglieder des SE-BR hinter dem Be-schluss stehen.

»Die Beschlüsse werden mit doppelter Mehrheit, d.h. mit Mehrheitder anwesenden Mitglieder und der Mehrheit der repräsentierten Ar-beitnehmer entsprechend der Zahl der vom jeweiligen Mitglied ver-tretenen Arbeitnehmer, gefasst.«

110600/159/2009

Schließlich bestehen komplexe Mischformen, bei denen je nach Art deszu fassenden Beschlusses unterschiedliche Modelle angewendet wer-

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70 Regelungsinhalte

den: z. B. doppelte Mehrheit bei besonders gravierenden Fragestellun-gen, ansonsten einfache Mehrheit.

»Grundsätzlich werden die Beschlüsse des SE-Betriebsrats mit derMehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder gefasst (›Einfa-che Mehrheit‹), soweit nichts Abweichendes in dieser Vereinbarungbestimmt ist. Bei Personalentscheidungen und auf Antrag einesMitglieds bedarf es für Beschlüsse der Mehrheit der anwesendenMitglieder und zugleich der Mehrheit der von den anwesenden Mit-gliedern vertretenen Arbeitnehmer (›Doppelte Mehrheit‹). Ein Län-dervertreter vertritt dabei die Arbeitnehmer des jeweiligen betroffe-nen Landes. Die Anzahl der vertretenen Mitarbeiter richtete sichnach der letzten Mitteilung der Unternehmensleitung nach Ziffer2.2 lit. a). Soweit aus einem betroffenen Land mehrere Ländervertre-ter bestellt oder gewählt werden, vertritt jeder Ländervertreter gleichviele Arbeitnehmer des betroffenen Landes.«

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Besonders komplex sind seltene Regelungen, die abgestuft je nach Rele-vanz des Beschlusses neben einfachen Mehrheiten auch (doppelte)Zwei-Drittel-Mehrheiten oder (doppelte) Drei-Viertel-Mehrheiten ver-langen.

2.4.3 Arbeitsgrundlagen des SE-BR

Die Möglichkeiten des SE-Betriebsrats, wirksam zu arbeiten, hängen er-heblich von den Arbeitsgrundlagen ab, die ihm dafür zur Verfügung ste-hen. Dabei ist die wichtigste Ressource die Zeit, die die Mitglieder desSE-BR in die Betriebsratsarbeit investieren können. Dafür sind einer-seits die Freistellungsregelungen bedeutsam, andererseits aber auch dieAusstattung mit Büroräumen, die Kommunikationsinfrastruktur sowiepersonelle Unterstützung (Bürokräfte, Sprachdienste, Sachverständige).Jede Verbesserung der sachlichen und personellen Ressourcen erlaubtes, mehr Zeit auf die eigentlichen Aufgaben des SE-BR zu verwenden.Jede Schwierigkeit, die nötige Sach- und Personalausstattung zu erhal-ten bzw. zu nutzen, absorbiert dagegen wertvolle Zeit.

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SE-Betriebsrat 71

Hinter den notwendigen Ressourcen verbergen sich fast immer Kosten.Diese müssen von der SE getragen werden, da der SE-BR nicht übereigene Einnahmequellen verfügt. Vor diesem Hintergrund sind die ent-sprechenden Regelungen in vielen SE-Vereinbarungen von dem Be-mühen geprägt, einen Interessenausgleich zwischen angemessenenArbeitsbedingungen für den SE-BR einerseits und einer begrenzten fi-nanziellen Belastung für das Unternehmen andererseits herzustellen.

FinanzierungskonzepteGrundsätzlich ist die Kostenübernahme durch die SE in den SE-Verein-barungen auf drei Arten geregelt:• die SE verpflichtet sich generell – soweit erforderlich – zur Kosten-

übernahme (Generalklausel)• der SE-BR hat einzelne konkrete Ansprüche, für bestimmte Zwecke

Finanzmittel zu bekommen• der SE-BR verfügt über ein Budget.In reiner Form jedoch kommen diese Varianten in den SE-Vereinbarun-gen selten vor. Vereinzelt enthalten SE-Vereinbarungen nur eine knappeGeneralklausel zum Thema Finanzierung.

»Die SE wird dem SE-BR und deren Mitgliedern die zur Erfüllungvon deren Aufgaben erforderlichen finanziellen und materiellen Mit-tel zur Verfügung stellen sowie Fortbildungen im Sinne des §31SEBG ermöglichen.«

110600/131/2006

Knapp und übersichtlich ist auch eine Regelung, die die analoge Anwen-dung von § 40 BetrVG für die Finanzierung des SE-BR festlegt. §40Abs.1 BetrVG ist auf die Generalklausel beschränkt: »Die durch die Tä-tigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten trägt der Arbeitgeber«. AlleDetails, welche Kosten dies im Einzelnen sind, haben nach und nachdie Gerichte entschieden. Mit § 40 BetrVG wird also die gesamte gefes-tigte Rechtsprechung mit in Bezug genommen, wodurch die Beteiligtenrecht präzise einschätzen können, welche Kosten genau getragen wer-den müssen.

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72 Regelungsinhalte

»Hierbei sind die Parteien sich darüber einig, dass die Übernahmedes Kosten- und Sachaufwandes des SE-Betriebsrates sich in analo-ger Anwendung der Rechte aus §40 BetrVG richtet, soweit nicht wei-tergehende Rechte des SE-Betriebsrates sich aus jeweils einschlägi-gen, insbesondere gesetzlichen Regelungen sich ergeben.«

110600/330/2010

In den weitaus meisten Fällen stehen hingegen neben einer General-klausel konkrete Regelungen zu verschiedenen Einzelpunkten. Daskann den Vorteil haben, dass in diesen Einzelpunkten die Kostentra-gung durch das Unternehmen eindeutig geklärt ist. Im Detail gibt es da-bei allerdings wichtige Unterschiede. Unproblematisch ist es, wenn dieGeneralklausel anhand der Formulierung »z. B.« oder »insbesondere«um konkrete Beispiele ergänzt wird. Dies stellt klar, dass es außer denausdrücklich genannten noch weitere Punkte geben kann, die im Rah-men des Erforderlichen von der SE finanziert werden.

»Die durch die Bildung und Tätigkeit des Gruppen-Betriebsrats, sei-ner einzelnen Mitglieder und des geschäftsführenden Ausschussesentstehenden erforderlichen Kosten trägt die SE. Insbesondere sindfür Sitzungen und die Führung der laufenden Geschäfte in erforder-lichem Umfang Räume und sachliche Mittel zur Verfügung zu stel-len sowie die erforderlichen Reise- und Aufenthaltskosten zu tragen.Die Leitung wird sicherstellen, dass die Mitglieder des Gruppen-Be-triebsrats Zugang zu einer guten Kommunikationsinfrastruktur (Zu-gang zum Internet und Intranet) erhalten und über eine gute EDV-Ausstattung verfügen. Insbesondere ist jedem Mitglied des Grup-pen-Betriebsrats die freie Benutzung eines individuell nutzbarenPCs zu gewähren.«

110600/144/2008

Problematisch kann hingegen die Formulierung sein, dass »nach Maß-gabe der folgenden Vorschriften« Finanzmittel zur Verfügung gestelltwerden. Aufgrund dessen kann die folgende Aufzählung als abschlie-ßend gelten. Weitergehende Kosten werden möglicherweise trotz Erfor-derlichkeit nicht übernommen.

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SE-Betriebsrat 73

»Die Unternehmensleitung gewährleistet dem SE-Betriebsrat undseinem Lenkungsausschuss Arbeitsbedingungen nach Maßgabe dernachfolgenden Vorschriften, soweit diese für die ordnungsgemäßeund effektive Aufgabenerfüllung erforderlich sind.«

110600/180/2010

Einige SE-Vereinbarungen enthalten Budget-Regelungen. Nur seltenwird allerdings tatsächlich eine Budgetierung im engeren Sinne vorge-nommen, indem dem SE-BR ein fester Betrag für das Haushaltsjahr ab-schließend zur Verfügung gestellt wird.

»Die Kosten für den BVK werden auf Euro 15000, r p. a. budgetiert.Mit diesem Budget sind sämtliche Kosten, insbesondere entstehendeReise- und Dolmetscherkosten, laufende Kosten des Büros sowie dieKosten für die im Zusammenhang mit einer sachgerechten Interes-senvertretung erforderliche Literatur und Weiterbildung und Über-setzung enthalten. Ist für den BVK absehbar, dass das gemäß Abs.2festgelegte Budget nicht mehr ausreicht, um die Kosten des BVK zudecken, verhandeln der Vorstand der […] SE und der BVK über eineerforderliche Anpassung des jährlichen Budgets.«

110600/150/0

In anderen Fällen, in denen zu Beginn eines Jahres ein Budget geplantwerden soll, unterliegt dessen Verwendung zahlreichen konkret formu-lierten Einschränkungen. Auch ist das Budget oft nicht endgültig festge-legt, sondern kann innerhalb des Jahres aufgestockt werden.

»Sollte das Budget nicht ausreichen, können weitere Mittel für dielaufende Periode schriftlich beim Vorstand beantragt werden. Diesesind freizugeben, sofern sie im Sinne des §33 SEBG erforderlichsind.«

110600/152/2008

Typischerweise werden in den Vereinbarungen ausdrücklich Kosten be-nannt, die finanziert werden müssen: insbesondere Räume, sachlicheMittel, Dolmetscher, Büropersonal, Reise- und Aufenthaltskosten. ZumPersonal gehören vereinzelt auch Arbeitskräfte, die ausschließlich für

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74 Regelungsinhalte

den SE-BR eingestellt werden. Weitere Einzelpunkte, die häufig einge-hend geregelt werden, seien im Folgenden näher erörtert.

FreistellungFast alle SE-Vereinbarungen regeln die Freistellung der Mitglieder desSE-BR, die notwendig ist, damit sie ihr Amt ausüben können. Nur zu ei-nem geringen Teil sind sie an § 42 SEBG angelehnt, der Freistellungsan-sprüche für die Mitglieder des SE-BR kraft Gesetzes nur lückenhaft fürdie Teilnahme an Sitzungen formuliert. Mehrheitlich wurde stattdesseneine Regelung getroffen, die sich am deutschen BetrVG orientiert. Da-nach erstreckt sich der Freistellungsanspruch nicht nur auf Sitzungendes SE-BR, sondern auf die Durchführung aller erforderlichen Aufga-ben. Es wird nicht nach dem Herkunftsstaat des jeweiligen Mitglieds imSE-BR unterschieden. Die folgende Regelung stellt zudem klar, dassBudgets nationaler Arbeitnehmervertretungen dabei nicht in Anspruchgenommen werden dürfen.

»Die Mitglieder des SE-Betriebsrats führen ihr Amt unentgeltlichals Ehrenamt. Sie sind von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minde-rung des Arbeitsentgelts zu befreien, wie dies zur ordnungsgemä-ßen Durchführung ihrer Aufgaben (einschließlich der Teilnahme anSchulungs- und Bildungsveranstaltungen gemäß II.10.5) erforder-lich ist. Eine Anrechnung auf das Budget (Zeit und Geld) einer natio-nalen Arbeitnehmervertretung findet insoweit nicht statt.«

110600/356/2010

Vollfreistellungen für die Vorsitzende bzw. den Vorsitzenden oderprozentuale Freistellung unabhängig vom konkret Erforderlichen sindselten.

»Der Vorsitzende des SE Betriebsrats ist – unbeschadet der jewei-ligen nationalen Regelungen – von der beruflichen Tätigkeit freizu-stellen.«

110600/132/2006

Sind SE-BR-Mitglieder noch in weiteren Gremien des Unternehmens tä-tig, so bleibt die darauf beruhende Freistellung natürlich unberührt.

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SE-Betriebsrat 75

SchulungDie Fortbildung des SE-BR kraft Gesetz wird in §31 SEBG substan-ziell geregelt. Zahlreiche SE-Vereinbarungen verweisen schlicht auf §31SEBG oder wählen eine ähnliche Formulierung. Häufig findet sich derGesetzestext in den Vereinbarungen mit Ergänzungen, in denen der An-spruch beispielhaft für bestimmte Schulungsinhalte geklärt wird.

»Der Gruppen-Betriebsrat hat das Recht, Mitglieder zur Teilnahmean Schulungs- und Bildungsveranstaltungen zu bestimmen, soweitdiese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Gruppen-Be-triebsrats erforderlich sind. Dies gilt insbesondere für folgende Kom-petenzen:– Aufgaben des Gruppen-Betriebsrats– Fremdsprachenkenntnisse in den Arbeitssprachen des Gruppen-

Betriebsrats– Arbeitsrecht in den EU-Mitgliedstaaten.«

110600/144/2008

Andere Ergänzungen betreffen das Verfahren. Mehrere SE-Vereinba-rungen lassen es nicht bei einer Information der Unternehmensleitungdurch den SE-BR über beabsichtigte Schulungen bewenden. Sie verlan-gen Einvernehmen.

»Der SE-Betriebsrat kann im Einvernehmen mit der Geschäftslei-tung der […] SE Mitglieder zur Teilnahme an Schulungs- und Bil-dungsveranstaltungen bestimmen, soweit diese Kenntnisse vermit-teln, die für die Arbeit des SE-Betriebsrats erforderlich sind.«

110600/127/2009

Teilweise muss auch jährlich Einvernehmen über ein Programm oderein Budget zwischen SE-BR und Geschäftsleitung hergestellt werden.

»Für jedes Geschäftsjahr vereinbaren der Europa-Betriebsrat und dieLeitung jeweils ein Budget für die Fortbildung.«

110600/162/2009

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76 Regelungsinhalte

Nur selten wird der Schulungsanspruch zeitlich begrenzt. In folgendemBeispiel fällt er mit nicht einmal einer Woche auffallend reduziert aus.

»In begründeten Fällen besteht für SE-Betriebsratsmitglieder einAnspruch auf Schulungen von 3 Tagen pro Jahr gemäß näherer Ver-einbarung mit der Unternehmensleitung.«

110600/169/2008

In einer Reihe von Vereinbarungen sind die Regelungen zur Fortbil-dung – abweichend von §31 SEBG – nicht als Recht des GremiumsSE-BR, sondern als individueller Anspruch des Mitglieds ausgestaltet.

»Mitglieder des SE-Betriebsrates haben, unbeschadet der jeweiligennationalen Regelungen, nach vorherigen Information der Unterneh-mensleitung der […] SE und Benennung der entstehenden Kostensowie der zeitlichen Lage Anspruch auf Teilnahme an Schulungs-und Bildungsveranstaltungen, soweit diese für die Arbeit des SE-Be-triebsrates erforderliche Kenntnisse vermitteln.«

110600/130/0

Nicht nur bei Meinungsverschiedenheiten innerhalb des SE-BR über dieSchulung eines bestimmten Mitglieds kann es relevant werden, dass einIndividualanspruch besteht. Auch im Verhältnis zur Unternehmenslei-tung wird so deutlich, dass jedes einzelne Mitglied das Recht hat, einenbestimmten Kenntnisstand zu erwerben.

SachverständigeIm Hinblick auf die Hinzuziehung von Sachverständigen finden sichin vielen SE-Vereinbarungen Vorschriften, die wörtlich oder fast wört-lich die Bestimmung in § 32 SEBG für den SE-BR kraft Gesetzes über-nehmen.

»Der SE-Betriebsrat kann sich durch Sachverständige seiner Wahlunterstützen lassen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllungseiner Aufgaben erforderlich ist (§32 SEBG). Sachverständige kön-nen auch Vertreter von Gewerkschaften sein.«

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SE-Betriebsrat 77

Zum Teil wird der Gesetzestext eingeschränkt angewendet: z. B. be-züglich der Zahl der Sachverständigen, einer Begrenzung der Sachver-ständigentätigkeit auf einzelne Punkte der Tagesordnung oder desErfordernisses einer rechtzeitigen vorherigen Information der Unter-nehmensleitung. Im folgenden Beispiel finden sich alle drei genanntenBeschränkungen.

»Soweit es zur ordnungsgemäßen und effektiven Erfüllung seinerAufgaben erforderlich ist, kann der SE-Betriebsrat oder der Ge-schäftsführende Ausschuss, jeweils nach rechtzeitiger vorherigerInformation des Vorstands der […] SE, zu einzelnen Punkten der Ta-gesordnung seiner Sitzungen bis zu zwei interne oder externe Sach-verständige hinzuziehen.«

110600/339/2011

Vereinzelt muss der SE-BR die Unternehmensleitung nicht nur in-formieren, sondern eine »Vereinbarung« oder »Abstimmung« mit ihrherbeiführen. In einem Fall hingegen liegt die Unterstützung durchSachverständige im Ermessen des SE-BR.

»Das SE-Council oder der geschäftsführende Ausschuss können sichdurch Sachverständige ihrer Wahl und weitere sachkundige Perso-nen, die auch Arbeitnehmer sein können, unterstützen lassen, so-weit dies nach seinem Ermessen zur ordnungsgemäßen Erfüllungseiner Aufgaben erforderlich ist.«

110600/152/2008

SprachdiensteUm aktionsfähig zu sein, ist es für den SE-BR äußerst wichtig, alle Mit-glieder unabhängig von ihren Sprachkenntnissen reibungslos in die Ar-beit integrieren zu können. Dazu sind auf und zwischen den SitzungenÜbersetzungsleistungen erforderlich, die erhebliche Kosten verursa-chen können. Vor diesem Hintergrund wird in den meisten SE-Verein-barungen detailliert geregelt, welche Sprachdienste für den SE-BR aufKosten der SE erbracht werden.Beim Thema Sprachdienste erschien den Verhandlungspartnern dieAuffangregelung des SEBG meistens unzureichend. In § 33 Satz 2 SEBG

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78 Regelungsinhalte

wird auf §19 Satz 2 SEBG verwiesen. Dort werden unter den zu finanzie-renden Sach- und Personalmitteln Dolmetscher erwähnt. Die meistenSE-Vereinbarungen hingegen legen ausführlich fest, welche Dolmet-scherleistungen von der SE getragen und in welcher Weise vorzulegendeUnterlagen übersetzt werden müssen. Zum Teil findet dabei eine Ein-schränkung auf bestimmte Sprachen statt, die meistens als »Arbeits-sprachen« bezeichnet werden.

»Die Dolmetschung und Übersetzung soll sich auf bis zu vier Spra-chen beschränken, die von den meisten Arbeitnehmern, die der SE-Betriebsrat vertritt, im Geltungsbereich dieser Vereinbarung gespro-chen werden.«

110600/130/0

Mehrfach beschränkt man sich auf nur eine Arbeitssprache. Im folgen-den Beispiel wird immerhin ausnahmsweise auch die Übersetzung inandere Sprachen gestattet.

»Die Arbeitssprache des SE-Betriebsrats und des Geschäftsführen-den Ausschusses ist Englisch. Soweit ein Mitglied des SE-BR bzw.des Geschäftsführenden Ausschusses kein Englisch beherrscht, trägt[…] SE die Kosten für einen Dolmetscher.«

110600/127/0

Oft wird auf eine solche Einschränkung auf Arbeitssprachen verzichtet.Für eine gleichberechtigte Kommunikation, die von allen Beteiligtengleichermaßen verstanden wird, ist dies sicherlich hilfreich.

»In allen Sitzungen ist eine Simultan-Dolmetschung einschließlichder erforderlichen Technik für alle erforderlichen Sprachen der Teil-nehmerInnen zu gewährleisten. Alle Dokumente sind durch profes-sionelle Übersetzungsdienste in die Landessprachen der SE-Be-triebsratsmitglieder zu übersetzen.«

110600/135/2007

Im Bemühen, eine gute Verständigung bei vertretbaren Kosten zu reali-sieren, finden sich teilweise auch sehr differenzierte Lösungen.

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SE-Betriebsrat 79

»Zu den erforderlichen Kosten für die Arbeit des SE-Betriebsrats ge-hören auch die Kosten für die Dolmetschung der Sitzungen desSE-Betriebsrats sowie für die Übersetzung von Unterlagen. Dabeigelten – vorbehaltlich einer abweichenden einvernehmlichen Ver-einbarung zwischen Unternehmensleitung und dem Vorsitzendendes SE-Betriebsrats im Einzelfall – folgende Grundsätze:– Die Dolmetschung der Sitzungen des SE-Betriebsrats und des Ge-

schäftsführenden Ausschusses erfolgt in den Sprachen seiner Mit-glieder, es sei denn, dies ist aufgrund der Sprachkenntnisse einzel-ner Mitglieder nicht erforderlich,

– Unterlagen für die Sitzungen des SE-Betriebsrats und seines Ge-schäftsführenden Ausschusses werden von der Unternehmenslei-tung nur in den Sprachen deutsch und englisch zur Verfügung ge-stellt,

– besonders wichtige Sitzungsunterlagen werden im Einvernehmenzwischen dem Vorsitzenden des SE-Betriebsrats und der Unter-nehmensleitung in weitere Sprachen übersetzt,

– die Protokolle der Sitzungen sowie Informationen über die Sitzun-gen des Geschäftsführenden Ausschusses an die übrigen Mitglie-der des SE-Betriebsrats können vom SE-Betriebsrat in die unter a)genannten Sprachen übersetzt werden.«

110600/342/2012

ZutrittsrechteEine wichtige Arbeitsgrundlage für die Mitglieder des SE-BR besteht inder Möglichkeit, sich in den Betrieben der SE frei zu bewegen – nicht zu-letzt, um unmittelbar präsent zu sein und effektiv zu kommunizieren.Die Relevanz des Zutrittsrechts wird besonders deutlich, wenn man sichvorstellt, Mitglieder des SE-BR würden aus den Betrieben der SE »aus-gesperrt«. Das Ansehen und das Selbstverständnis eines SE-BR ist nichtzuletzt davon abhängig, dass ein Zutrittsrecht außer Zweifel steht. Den-noch findet sich ein solches Recht keineswegs in allen SE-Vereinbarun-gen. Dies kann im Einzelfall auch bedeuten, dass es keiner Regelung be-darf und selbstverständlich gilt. Wird es ausdrücklich gewährt, dannhäufig unter Bedingungen. Beispielsweise muss der Zutritt aktuell er-forderlich sein. Zudem muss er mitunter mit der Unternehmensleitungabgestimmt werden.

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80 Regelungsinhalte

»Soweit zur Durchführung ihrer jeweiligen Aufgabe aus aktuellemAnlass erforderlich, können vom […] Europa Betriebsrat beauftragteMitglieder des […] Europa Betriebsrats in Abstimmung mit einemvon der Unternehmensleitung der […] SE benannten Vertreter Be-triebe im Geltungsbereich dieser Vereinbarung aufsuchen.«

110600/140/2007

Eine vierfache Einschränkung findet sich in folgendem Text. Ein Rechtauf Zutritt besteht nur bei außergewöhnlichen Umständen, wenn er zu-gleich für durchzuführende Aufgaben erforderlich ist. Außerdem ist derZutritt nach Abstimmung nur in Betrieben im gleichen Mitgliedstaat er-laubt.

»Bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände und soweit dies zurDurchführung der Aufgaben im SE-Betriebsrat erforderlich ist, kannein Mitglied des SE-Betriebsrates nach vorheriger Abstimmung mitder Unternehmensleitung/Betriebsleitung andere Betriebe in sei-nem Mitgliedstaat besuchen.«

110600/156/2008

Andere SE-Vereinbarungen gestatten den Zutritt hingegen bedingungs-los, ohne besondere inhaltliche Gründe. Die Betriebsleitung muss aller-dings in der Regel vorher informiert werden.

»Mitglieder des SE-Betriebsrates haben ein Zutrittsrecht zu allen Be-trieben, die von dieser Vereinbarung erfasst sind. Der Zutritt zumBetrieb ist der Betriebsleitung zuvor anzuzeigen.«

110600/359/2012

2.4.4 Schutz der Mitglieder

Regelungen, die Arbeitnehmervertreterinnen bzw. -vertreter vor Nachtei-len schützen, sind seit langem sowohl in Deutschland als auch in vielenanderen Ländern üblich und unverzichtbar. Die Mitglieder der Arbeit-nehmervertretung sollen sich dadurch auch in zugespitzten Konflikt-situationen ohne übermäßiges persönliches Risiko für die Belange der

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SE-Betriebsrat 81

Belegschaft einsetzen können. In den §§42 und 44 SEBG sind entspre-chende Schutzbestimmungen vorgesehen, die nicht nur auf den SE-BRkraft Gesetzes beschränkt sind. Die Vorschriften des vierten Teils desSEBG (§§40ff.) sind vielmehr für alle SE-Betriebsräte verbindlich. Bei den§§42 und 44 SEBG handelt es sich allerdings um Mindestschutznormen:Hier definiert das Gesetz den minimal beanspruchbaren Schutz, dernicht durch eine SE-Vereinbarung verkürzt werden kann. Es kann aberein höheres Schutzniveau als gesetzlich vorgegeben definiert werden.Der gesetzliche Schutz der §§ 42 und 44 SEBG gilt also, ohne dass derText dieser Vorschriften in die SE-Vereinbarungen übernommen wird.Dennoch sind oft Benachteiligungsverbote in SE-Vereinbarungen aus-drücklich formuliert worden, die das gesetzliche Niveau in keiner Weiseübersteigen. Sie geben entweder vollständig oder nur teilweise bzw. zu-sammengefasst den Inhalt der gesetzlichen Schutzbestimmungen wider.

»Die Mitglieder des SE-BR einschließlich der jeweiligen Ersatzmit-glieder genießen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben denselbenSchutz und die gleichen Sicherheiten wie nach den Rechtsvorschrif-ten und Gepflogenheiten des Mitgliedstaates, in dem sie beschäftigtsind. Sie dürfen wegen der Ausübung ihres Mandats im SE-BR we-der bevorzugt noch benachteiligt werden.«

110600/131/2006

An der vollständigen Geltung des gesetzlichen Schutzes ändern solchezusammengefassten Formulierungen nichts. Sie dienen offenbar derVergewisserung, dass sich alle Beteiligten der Regelung bewusst sind.

BenachteiligungsverbotViele SE-Vereinbarungen übernehmen für den SE-BR in verschiedenenTextvariationen die Inhalte aus § 44 Abs.2 und 3 SEBG.

»Mitglieder und Ersatzmitglieder des SE-Betriebsrats dürfen aufGrund ihrer Tätigkeit weder begünstigt noch benachteiligt werden.Insbesondere eine finanzielle Benachteiligung ist unzulässig. Siedürfen in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindertwerden.«

110600/127/0

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Nur selten wird dieses Benachteiligungs- bzw. Behinderungsverbot nen-nenswert erweitert. Gelegentlich verpflichtet sich die Unternehmenslei-tung ausdrücklich, für seine Durchsetzung zu sorgen.

»Die Leitung trägt auch dafür Sorge, dass etwaige Behinderungs-oder Störungsversuche lokaler Geschäftsführungen der Tochterge-sellschaften der […] SE oder Dritter unterlassen werden.«

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KündigungsschutzIm Bereich des Kündigungsschutzes dagegen sind zahlreiche SE-Ver-einbarungen zu nennen, die über das Schutzniveau des § 42 SEBG hi-nausgehen. Dabei geht es hauptsächlich um eine Informationspflichtgegenüber dem SE-BR oder dem geschäftsführenden Ausschuss, wenneinem Mitglied des SE-BR gekündigt werden soll.

»Kündigungen von Mitgliedern des SE-Betriebsrats sind dem SE-Be-triebsrat unverzüglich vorab anzuzeigen und mit diesem unter An-gabe der Gründe zu erörtern.«

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Einzelne SE-Vereinbarungen regeln die Anhörung des SE-BR oderdes GA vor Ausspruch der Kündigung eines Mitglieds des SE-BR prä-ziser.

»Vor Ausspruch einer beabsichtigten Kündigung eines Mitglieds desSE-Betriebsrates oder eines seiner Stellvertreter ist der Geschäftsfüh-rende Ausschuss schriftlich zu unterrichten. Der GeschäftsführendeAusschuss hat das Recht, das betroffene Mitglied bzw. den Stellver-treter anzuhören. Innerhalb einer Frist von einer Woche kann derGeschäftsführende Ausschuss eine schriftliche Stellungnahme ge-genüber der Unternehmensleitung abgeben. Erfolgt ein qualifizier-ter Widerspruch, trägt die Leitung dafür Sorge, dass dieser in derAbwägung bei der Entscheidungsfindung einbezogen wird und derGeschäftsführende Ausschuss über die getroffene Entscheidungschriftlich informiert wird. Dasselbe gilt für eine Versetzung einesSE-Betriebsrates oder eines seiner Stellvertreter, die zu einem Verlust

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SE-Betriebsrat 83

des Amtes oder der Wählbarkeit führen würde. Die Regelungen der§§42 und 44 SEBG bleiben unberührt.«

110600/356/2010

Für inländische Arbeitnehmervertreter im SE-BR stellen solche Rege-lungen allerdings keinen zusätzlichen Schutz dar. Für sie gilt gemäߧ42 SEBG das weitreichende Schutzniveau des deutschen KSchG undBetrVG. Ordentliche Kündigungen sind demnach ausgeschlossen undaußerordentliche nur mit Zustimmung der Arbeitnehmervertretungmöglich (§ 103 BetrVG). Für ausländische Mitglieder des SE-BR gilt dasRecht des jeweiligen Landes, das möglicherweise auf einem niedrigerenSchutzniveau angesiedelt ist. Konkrete Vorschriften in SE-Vereinbarun-gen, die unabhängig vom Herkunftsland anzuwenden sind, könnten da-her vergleichsweise günstiger sein. Die folgende Regelung stellt in An-lehnung an § 102 Abs.1 BetrVG immerhin klar, dass Kündigungen vonallen Mitgliedern des SE-BR, die ohne Anhörung ausgesprochen wer-den, unwirksam sind.

»Bevor gegenüber einem amtierenden Mitglied des Europa-Betriebs-rates eine Kündigung ausgesprochen wird, ist der Vorsitzende an-zuhören. Bevor gegenüber dem Vorsitzenden eine Kündigung aus-gesprochen wird, sind die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsratanzuhören. Ohne diese Anhörungen ist die Kündigung unwirksam.«

110600/162/2009

Einen wesentlichen Schritt weiter geht die folgende Regelung. Sie setztin Anlehnung an § 103 BetrVG die Zustimmung des SE-BR für einewirksame Kündigung der inländischen sowie der ausländischen SE-Mit-glieder voraus. Außerdem wird für alle ein nachwirkender Kündigungs-schutz von zwölf Monaten festgelegt.

»Mitgliedern des SE-Betriebsrates kann während ihrer Amtszeit undinnerhalb von zwölf Monaten nach Beendigung der Amtszeit nurdann ordentlich gekündigt werden, wenn die auf sie jeweils anwend-baren nationalen Gesetze dies erlauben und der SE-Betriebsrat zuge-stimmt hat.«

110600/135/2007

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84 Regelungsinhalte

Als schlicht aber durchgreifend erweist sich die folgende Regelung. Mitder Formulierung »mindestens jedoch nach dem deutschen Recht«stellt sie das deutsche Schutzniveau auch für ausländische Mitgliederdes SE-BR sicher.

»Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben genießen die Mitglieder desSE-Betriebsrats […] den gleichen Schutz und die gleichen Sicher-heiten wie die Arbeitnehmervertreter nach den Gesetzen und Ge-pflogenheiten des Mitgliedstaats, in dem sie beschäftigt sind, min-destens jedoch nach dem deutschen Recht. Die gilt für– Kündigungsschutz– Teilnahme an den Sitzungen des SE-Betriebsrats und seiner Aus-

schüsse– die Entgeltfortzahlung.«

110600/165/2010

2.4.5 Geheimhaltung

In fast allen untersuchten SE-Vereinbarungen wird die Sicherung vonBetriebs- und Geschäftsgeheimnissen geregelt. Regelmäßig werden Mit-glieder des SE-BR zur Geheimhaltung verpflichtet. Hintergrund ist dieSorge der Unternehmensleitungen, dass durch die Unterrichtungs-pflicht geheimhaltungsbedürftige Informationen nach Außen dringenund deren Verwertung durch Dritte dem Unternehmen Schaden zufügt.Dem gegenüber steht die Sorge der Arbeitnehmervertretungen, dassbrisante Informationen unter dem Vorwand der Geheimhaltung zurück-gehalten oder die Weitergabe an unmittelbar betroffene Beschäftigte be-hindert werden könnte.Mit der Regelung in §41 SEBG versucht der Gesetzgeber, beiden Seitengerecht zu werden. Dazu wird die Geheimhaltungsbedürftigkeit von Be-triebs- und Geschäftsgeheimnissen grundsätzlich anerkannt. RelevanteInformationen dürfen aber von der Unternehmensleitung nur zurück-gehalten werden, wenn sonst Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse »beiZugrundelegung objektiver Kriterien« gefährdet sind. Darüber hinausist gesetzlich geregelt, dass die Mitglieder und Ersatzmitglieder desSE-BR nur solche Informationen »nicht zu offenbaren und nicht zu ver-

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SE-Betriebsrat 85

werten« haben, die a) Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse darstellen,b) ihnen aufgrund der Zugehörigkeit zum SE-BR bekannt sind undc) ausdrücklich von der Unternehmensleitung als geheimhaltungsbe-dürftig bezeichnet worden sind. Nur bei Vorliegen aller drei Vorausset-zungen tritt die Geheimhaltungspflicht ein.Ebenso wie die Schutzvorschriften in den §§42 und 44 SEBG ist auch diegesetzliche Vorschrift zur Geheimhaltung in § 41 SEBG nicht auf denSE-BR kraft Gesetzes beschränkt, sondern gilt für alle SE-BR. Das wirftdie Frage auf, welche Bestimmung Vorrang hat, wenn die Regelung zurGeheimhaltung in einer SE-Vereinbarung von der gesetzlichen Rege-lung abweicht. Zwar haben die Verhandlungspartner fast aller SE-Ver-einbarungen offensichtlich §41 SEBG als Vorlage herangezogen. ImDetail sind jedoch vielfach Abweichungen erkennbar, die die Geheim-haltungspflicht teilweise erheblich verschärfen. Die Abweichungen be-treffen häufig die drei erwähnten gesetzlichen Voraussetzungen derGeheimhaltungspflicht. Beispielsweise fehlt in einem Fall die Vorausset-zung, dass die Information nur geheim zu halten ist, wenn sie ausdrück-lich von der Leitung als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet wird. Da-mit kann sich der Bereich der Geheimhaltung im Einzelfall ausdehnen.Vor allem aber geht für den SE-BR die Gewissheit verloren, dass alle In-formationen, die nicht ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig be-zeichnet worden sind, weitergegeben werden können.

»Die Mitglieder des Gruppen-Betriebsrates sind unabhängig vonihrem Aufenthaltsort verpflichtet, Betriebs- oder Geschäftsgeheim-nisse, die ihnen wegen ihrer Mitgliedschaft im Gruppen-Betriebsratbekannt geworden sind, nicht zu offenbaren und nicht zu verwer-ten, es sei denn, diese sind bereits allgemein zugänglich oder be-kannt.«

110600/144/2008

Noch gravierender ist es, wenn – wie in mehreren Fällen – die Geheim-haltungspflicht abweichend vom Gesetz nicht davon abhängt, dass einBetriebs- oder Geschäftsgeheimnis vorliegt, sondern es alternativ auchausreicht, dass die Unternehmensleitung eine Information als geheim-haltungsbedürftig bezeichnet. Objektive Maßstäbe werden hier völligaufgegeben.

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86 Regelungsinhalte

»Die Mitglieder und Ersatzmitglieder des SE-Betriebsrats sind ver-pflichtet, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die ihnen aufgrundihrer Zugehörigkeit zum SE-Betriebsrat bekannt geworden sind, so-wie alle anderen Informationen und Angelegenheiten, die ihnen auf-grund ihrer Zugehörigkeit zum SE-Betriebsrat bekannt gewordenund die von der Leitung der […] SE oder einem von ihr benanntenVertreter ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet wor-den sind, (zusammen ›vertrauliche Information‹), nicht zu offenba-ren und nicht zu verwerten (›Geheimhaltungsverpflichtung‹). Diesgilt nicht, wenn die Informationen bereits allgemein zugänglich oderallgemein bekannt sind. Die Geheimhaltungsverpflichtung gilt auchnach dem Ausscheiden aus dem SE-Betriebsrat sowie nach dem Aus-scheiden aus dem […] Konzern weiter.«

110600/329/2012

Zahlreiche SE-Vereinbarungen behandeln dieses Problem mit einerauffälligen »und/oder«-Formulierung. Danach müssen die Mitgliederdes SE-BR »Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse und/oder vom Vor-stand der SE als vertraulich bezeichnete Informationen« geheim halten.Schrägstrich-Formulierungen wie »und/oder« sind prinzipiell so zu ver-stehen, dass beide Varianten nebeneinander gelten. Das bedeutet hier:Einerseits genügt es, dass objektiv ein Betriebs- bzw. Geschäftsgeheim-nis vorliegt, und andererseits, dass Informationen als vertraulich be-zeichnet werden, um jeweils die Geheimhaltungspflicht auszulösen. DieUnternehmensleitung kann damit die Geheimhaltungspflicht belie-big einsetzen. Dies verschärft die gesetzliche Regelung der Geheimhal-tungspflicht wesentlich.

»Die Mitglieder des SE-Betriebsrats sowie deren Ersatzmitgliedersind verpflichtet, sämtliche Betriebs- und Geschäftsgeheimnisseund/oder vom Vorstand der SE als vertraulich bezeichnete Informa-tionen hinsichtlich der Unternehmen der […]-Gruppe, die ihnen imRahmen ihrer Zugehörigkeit zum SE-Betriebsrat bekannt gewordensind, nicht zu offenbaren und nicht zu verwerten.«

110600/139/2007

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SE-Betriebsrat 87

Die Frage, ob diese Abweichung vom gesetzlichen Recht wirksam ist,bleibt an dieser Stelle offen. Eine klare juristische Antwort existiert nicht.Für die Wirksamkeit spricht die in §21 Abs.1 SEBG erwähnte Autono-mie der Verhandlungspartner einer SE-Vereinbarung. Gegen die Wirk-samkeit spricht der Zweck des SEBG, eine wirkungsvolle Arbeitnehmer-vertretung in der SE zu etablieren, die in ihrer Kommunikationsfreiheitnicht übermäßig eingeschränkt ist. In der Praxis dürften diese Zweifeljedoch kaum eine Rolle spielen. Leitung und SE-BR werden in der Regeldavon ausgehen, dass das Vereinbarte gilt.In den Bestimmungen zum Thema Geheimhaltung finden sich außer-dem Ausnahmevorschriften, die hauptsächlich sicherstellen sollen, dassdie Kommunikation innerhalb des SE-BR, zwischen verschiedenen Ar-beitnehmervertretungen und mit sonstigen Beteiligten wie Sachverstän-digen nicht durch Geheimhaltungsvorschriften behindert wird. Hierzugibt es eine erhebliche Vielfalt verschiedener unternehmensspezifischerRegelungen. Darunter sind auch solche, die weiter gehen als § 41 Abs.3SEBG: Sie erlauben z. B. die Kommunikation über geheimhaltungsbe-dürftige Angelegenheiten mit Gästen des SE-BR.

»Vorbehaltlich einer anderweitigen Festlegung durch die Unterneh-mensleitung im begründeten Einzelfall gilt die Pflicht zur Geheim-haltung auch nicht gegenüber ebenfalls zur Geheimhaltung ver-pflichteten Gästen des SE-Betriebsrats und des GeschäftsführendenAusschusses.«

110600/137/2007

Häufig verweisen SE-Vereinbarungen auf sonstige Geheimhaltungsge-bote, die über den Inhalt des § 41 SEBG hinausweisen. Dabei geht es teilsum unternehmensinterne Compliance-Vorschriften oder um gesetz-liche Verbote aus anderen Gesetzen, insbesondere bezüglich der Weiter-gabe von Insiderinformationen.

»Die Mitglieder und Stellvertreter des […] Europa Betriebsrats sindverpflichtet, jede Insiderinformation im Sinne der in Umsetzungder EU Transparenzrichtlinie erlassenen nationalen Insiderrechte(in Deutschland: Wertpapierhandelsgesetz (WpHG)), die sie im Rah-men ihrer Mitgliedschaft erhalten, streng vertraulich zu behandeln

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88 Regelungsinhalte

und nicht an Dritte weiterzugeben. Die Unternehmensleitung der[…] SE weist die Mitglieder des […] Europa Betriebsrats darauf hin,dass die unbefugte Weitergabe sowie ein sonstiges Ausnutzen vonInsiderinformation gesetzlich verboten ist und eine Straftat darstel-len kann.«

110600/140/2007

2.4.6 Verhältnis zu anderen Organen der Arbeitnehmervertretung

Die Einführung von Betriebsräten auf europäischer Ebene wirft eineentscheidende Frage auf: Wie kann die Arbeitsteilung und zugleich Zu-sammenarbeit zwischen den Vertretungsgremien auf den verschiede-nen Ebenen effizient organisiert werden? Kompetenzüberschneidungenmit nationalen Vertretungen treten zutage, auf die mit Kollisionsregelnz.B. zur Zuständigkeit oder zur zeitlichen Abfolge reagiert werden kann.Daneben stellt sich die Frage, wie zwischen den Arbeitnehmervertre-tungen der verschiedenen Ebenen Informationen wirksam ausgetauschtwerden können. Beide Aspekte werden in SE-Vereinbarungen behan-delt.

Kompetenzabgrenzung zu nationalen GremienWie in Kap. 2.4.1 dargestellt wurde, ist die Zuständigkeit der SE-Be-triebsräte in den SE-Vereinbarungen auf grenzübergreifende Angele-genheiten eingeschränkt, wobei unterschiedlich restriktive Regelungengelten. Kompetenzüberschneidungen mit nationalen Interessenvertre-tungen lassen sich so jedoch nicht beseitigen. Denn grenzübergreifendeAngelegenheiten, für die der SE-BR zuständig ist, lösen zugleich in denbetroffenen Standorten Mitwirkungsrechte nationaler Interessenvertre-tungen aus. Daraus ergibt sich Regelungsbedarf insbesondere hinsicht-lich des Unterrichtungs- und Anhörungsverfahrens: Auf welcher Ebenewird das Verfahren zuerst durchgeführt? Findet es zeitgleich auf zweiEbenen oder gar gemeinsam statt? Lösungsansätze hierzu finden sichnur in wenigen SE-Vereinbarungen. Häufig wird lediglich betont, dassdurch die Etablierung des SE-BR die nationalen Beteiligungsrechte un-eingeschränkt bestehen bleiben. Dies ist nichts weiter als eine Bekräfti-gung des ohnehin geltenden Rechts. Denn eine Beschränkung nationa-

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SE-Betriebsrat 89

ler Rechte der Arbeitnehmervertretung etwa aus dem BetrVG durch eineSE-Vereinbarung wäre unzulässig und damit unwirksam.

»Von dieser Vereinbarung unberührt bleibt die Eigenständigkeitder Unternehmensführung in den einzelnen europäischen Gesell-schaften der […]-Gruppe sowie die Beteiligungs- und Mitbestim-mungsrechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihrerVertretungen in den einzelnen europäischen Unternehmen, diesich weiterhin nach den jeweiligen nationalen Bestimmungen rich-ten.«

110600/130/0

Der Umstand, dass nationale Rechte neben den Rechten des SE-BR un-verkürzt fortbestehen, unterstreicht das Problem einer sinnvollen Ab-stimmung. Lösungen finden sich nur ansatzweise. In einer SE-Verein-barung wird den Arbeitnehmervertretungen ausdrücklich zugestanden,sich abzustimmen. Dies kann durchaus praktische Konsequenzen ha-ben; etwa wenn vom SE-BR zwischen Unterrichtung und AnhörungZeit für einen solchen Abstimmungsprozess beansprucht wird.

»Es ist den nationalen Arbeitnehmervertretungen und dem SE-Be-triebsrat unbenommen, sich in grenzüberschreitenden Angelegen-heiten abzustimmen.«

110600/143/2008

Viel weiter gehen die Verhandlungspartner einer anderen SE-Verein-barung. Sie sehen die Möglichkeit vor, dass der SE-BR ermächtigt wird,die Rechte nationaler Arbeitnehmervertretungen wahrzunehmen. Kon-sequenterweise lägen dann im Beteiligungsfall alle Befugnisse beimSE-BR.

»Der SE-Betriebsrat kann in grenzüberschreitenden Angelegenhei-ten durch die nationalen Arbeitnehmervertretungen in den betrof-fenen Ländern ermächtigt werden, deren etwaige Verhandlungs-und Mitbestimmungsrechte wahrzunehmen, soweit zwingendes na-tionales Recht dem nicht entgegensteht.«

110600/158/2008

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90 Regelungsinhalte

Zu Recht wird in der Regelung einschränkend erwähnt, dass zwingen-des nationales Recht nicht entgegenstehen darf. Denn genau das ist re-gelmäßig der Fall. Ein deutscher Betriebsrat beispielsweise könnte seineMitbestimmungsrechte nicht wirksam auf den SE-BR übertragen. Dasscheitert schon an der fehlenden Rechtsgrundlage für einen solchenAkt im BetrVG. Auch ist schwer vorstellbar, wie der SE-BR den sehr un-terschiedlich ausgestalteten nationalen Beteiligungsverfahren mehrererLänder zugleich gerecht werden soll.Eine ähnliche Variante wird in einer weiteren SE-Vereinbarung fest-gelegt. In dem komplexen Konzern wird ein ständiger Ausschuss desSE-BR gebildet. Ihm wird unter anderem die Koordinierung mit denlokalen Arbeitnehmervertretungen übertragen. Außerdem kann dieserAusschuss ermächtigt werden, die Beteiligungsrechte lokaler Gremienwahrzunehmen.

»Die Rechtsstellung und die Befugnisse der lokalen Interessenver-tretungen der Arbeitnehmer richten sich nach den Bestimmungendes jeweiligen EU-Mitgliedstaats. Soweit möglich, soll die Arbeiteines Ständigen Ausschusses – auch zur Vermeidung von Doppelbe-fassungen – mit der Arbeit der lokalen Arbeitnehmervertretungenkoordiniert werden. Ein Ständiger Ausschuss kann durch die lokalenArbeitnehmervertretungen in den betroffenen Ländern ermächtigtwerden, deren Beteiligungsrechte wahrzunehmen, soweit die Unter-nehmensleitungen der betroffenen Einheiten dem nicht widerspro-chen haben.«

110600/136/2008

In neueren SE-Vereinbarungen sind vereinzelt Regelungen getroffenworden, eine zeitliche Abfolge der Beteiligung des SE-BR und nationalerGremien festzulegen.

»Eine außerordentliche Unterrichtung und Anhörung soll mög-lichst nicht später als eine Beteiligung der nationalen betrieblichenArbeitnehmervertretungen nach dem jeweiligen nationalen Rechterfolgen.«

110600/328/0

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SE-Betriebsrat 91

Dass bei der Festlegung einer solchen Abfolge sehr schnell rechtlicheGrenzen auftreten können, ist in der folgenden Regelung antizipiertworden. Die Regelung wird dadurch deutlich komplizierter.

»Soweit dies nach den gesetzlichen Bestimmungen zulässig ist, hatder Vorstand der […] SE den […] BR in Bezug auf grenzüberschrei-tende Maßnahmen und Themen gemäß Abs.1 vor den nationalenArbeitnehmervertretungen zu informieren. Ist dies nach den ge-setzlichen Bestimmungen nicht zulässig, dann wird der […] BR zu-mindest gleichzeitig informiert. Die Pflicht zur Unterrichtung undAnhörung einzelner betroffener Arbeitnehmervertretungen entspre-chend nationaler Rechtsvorschriften wird durch die Unterrichtungdes […] BR nicht berührt. […]Zulässig ist es, ggf. nach nationalem Recht zwingend erforderlicheAnhörungsverfahren parallel zu der Anhörung des […] BR einzu-leiten und diese nach Abschluss auch unabhängig von dem Votumdes […] BR umzusetzen (Vorrang des nationalen Rechts), jedochnicht vor dem Abschluss der Anhörung des […] BR bzw. frühestens5 Wochen nach Übermittlung der Information nach vorstehendemAbs.5 Satz 1, je nachdem welches der beiden Ereignisse zuerst ein-tritt.«

110600/340/2012

Informationspflichten des SE-BR gegenüber Arbeitnehmern bzw.ihren VertreternLaut § 30 SEBG informiert der SE-BR kraft Gesetzes die Arbeitnehmer-vertreter der SE, ihrer Tochtergesellschaften und Betriebe über den In-halt und die Ergebnisse der Unterrichtung und Anhörung. Fehlen Ar-beitnehmervertreter, werden die Beschäftigten direkt informiert. DieseRegelung wurde in viele SE-Vereinbarungen übernommen. Häufigwurde dabei präzisiert, auf welche Weise die Information erfolgt. EinigeSE-Vereinbarungen regeln zusätzlich den umgekehrten Kommunika-tionsweg von den lokalen Vertretungen an die Adresse des SE-BR. Meh-rere SE-Vereinbarungen legen den SE-BR darauf fest, die Informationschriftlich vorzunehmen. Mitunter wird die Sprache der schriftlichenInformation bestimmt.

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92 Regelungsinhalte

»Der SE-Betriebsrat und der Geschäftsführende Ausschuss informie-ren die Arbeitnehmervertretungen der […] SE und ihrer Tochterunter-nehmen über den Inhalt und die Ergebnisse der Unterrichtungs- undAnhörungsverfahren. Die Unterrichtung erfolgt schriftlich in deut-scher Sprache; Übersetzungen werden im erforderlichen Umfang er-stellt.«

110600/138/2007

Verschiedene schriftliche Informationswege wie E-Mail, Newsletter,Aushang, Mitarbeiterzeitung werden erwähnt. Nur ausnahmsweise wirddie Information persönlich überbracht.

»Das Steering Committee kann Mitglieder des […] SE Betriebsratsbeauftragen, zur Wahrnehmung der Informationspflicht des […] SEBetriebsrats in Abstimmung mit der lokalen Betriebs- oder Unter-nehmensleitung Betriebe im Geltungsbereich dieser Vereinbarungaufzusuchen.«

110600/154/0

Vereinzelt muss der Bericht, mit dem der SE-BR die lokalen Arbeitneh-mervertretungen informiert, zuvor mit der Unternehmensleitung abge-stimmt werden. Hinsichtlich der Geheimhaltung schafft das Verfahrender folgenden Vereinbarung vorab Gewissheit.

»Vorab ist der Bericht an die Leitung der […] SE zur Kenntnisnahmezu übermitteln. Sofern die Leitung der […] SE die Nichteinhaltungder Geheimhaltungsverpflichtungen gemäß Nr.20.1 dieser Verein-barung feststellt, hat sie dies dem Vorsitzenden des SE-Betriebsratsbinnen einer Frist von einer Woche mitzuteilen. In diesem Falle wer-den die Leitung der […] SE und der Vorsitzende des SE-Betriebsratseine Verständigung über die fraglichen Passagen treffen.«

110600/179/0

Mehrfach finden sich im Anschluss an § 30 Satz 2 SEBG Regelungen fürStandorte ohne eine Arbeitnehmervertretung. In einigen Fällen werdendie maßgeblichen Informationen über einen Ansprechpartner weiterge-geben.

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SE-Betriebsrat 93

»Sind keine Arbeitnehmervertreter in diesen Ländern vorhanden,können diese Arbeitnehmer durch den Vorsitzenden des […] SE-Be-triebsrats informiert werden. In diesen Fällen teilen die Arbeitneh-mer in dem jeweiligen Land mit, wer von ihnen der Ansprechpartnerist.«

110600/151/2008

In weiteren SE-Vereinbarungen wurden Regelungen getroffen, die denRückfluss von Informationen aus den Betrieben zum SE-BR fördern sol-len. In einem Fall erhalten die lokalen Arbeitnehmervertretungen, diekeinen Sitz im SE-BR haben, alle Unterlagen und Protokolle der SE-BR-Sitzungen. Sie sind aufgefordert, sich mit Stellungnahmen an den Vor-sitzenden des SE-BR oder mit Fragen an den Vorstand der SE zu wenden.

»Den Arbeitnehmervertretungen der Unternehmen der […] Gruppe,die nicht unmittelbar im SE-BR vertreten sind, werden durch denSE-BR über den Inhalt der jeweiligen Sitzungen durch die Übersen-dung der Sitzungsunterlagen in den zur Verfügung stehenden Über-setzungen sowie der Protokolle der Sitzungen des SE-BR schriftlichunterrichtet und zudem angehört. Arbeitnehmervertretungen dieserUnternehmen der […] Gruppe können sich mit ihren Vorstellungenan den Vorsitzenden des SE-BR wenden oder schriftliche Anfragenzur Beantwortung durch den Vorstand der SE im Rahmen von Sit-zungen gemäß § 7.1 beim SE-BR einreichen.«

110600/131/2006

In anderen Fällen sind Vor- und Nachbereitungstreffen auf Landes-ebene mit den lokalen Arbeitnehmervertretern möglich.

»Zur Vor- und Nachbereitung von Sitzungen des […] Europa Be-triebsrats können bei entsprechendem Kommunikationsbedarf Tref-fen auf Landesebene (›Landestreffen‹) stattfinden. […] Auf Seiten derArbeitnehmer sind neben dem zuständigen Mitglied des […] EuropaBetriebsrats die jeweils zuständigen Stellvertreter sowie ein Arbeit-nehmervertreter für jede nicht bereits vertretene Gesellschaft teil-nahmeberechtigt.«

110600/140/2007

Page 95: Mitbestimmung in der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) · Edgar Rose/Roland Köstler Mitbestimmung in der Europäischen Aktien-gesellschaft (SE) 2., aktualisierte Auflage

94 Regelungsinhalte

In einem Fall fällt Betriebsbeauftragten die Rolle zu, die Kommunika-tion in alle Teile des Konzerns sicherzustellen.

»In Anlehnung an die bisher durch [EBR] geübte Praxis kann derLenkungsausschuss in Ländern, in denen mehrere Betriebe vorhan-den sind, die zu Gesellschaften verschiedener Teilkonzerne gehören,und über die Mitglieder des betreffenden Landes im […] BR keine an-gemessene Repräsentation der Arbeitnehmer aus diesen Betrieben/Teilkonzernen sichergestellt ist, für jeden Betrieb Ansprechpartneraus dem Kreis der nationalen Arbeitnehmervertreter benennen (›Be-triebsbeauftragte‹). […] Die Betriebsbeauftragten haben die Aufgabe,Informationen des […] BR entgegenzunehmen und an die Beleg-schaft ihrer Betriebe bzw. Teilkonzerne weiter zu tragen sowie den[…] BR aus ihren Betrieben bzw. Teilkonzernen heraus mit Infor-mationen zu versorgen, die für die Arbeit des […] BR von Relevanzsind.«

110600/340/2012

2.4.7 Mitwirkung von Tochtergesellschaften

In einer Reihe von SE-Vereinbarungen findet sich ein Generalvorbehalt,der die Rechte des SE-BR aushebeln kann.

»Sofern in dieser Vereinbarung Rechte und Pflichten für Gesell-schaften der […]-Gruppe begründet werden, werden diese Rechte nurgewährt und sind diese Pflichten nur insoweit zu erfüllen, wie die re-levanten Gesellschaften der […]-Gruppe mitwirken. Die Unterneh-mensleitung der […] SE wird sich jedoch bei der jeweiligen Gesell-schaft der […]-Gruppe für deren Mitwirkung einsetzen, und soweitdie gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse eine entsprechende ver-bindliche Vorgabe zulassen, für eine Erfüllung der jeweiligen Pflich-ten durch die relevanten Gesellschaften in Form entsprechender Ge-sellschaftsbeschlüsse Sorge tragen.«

110600/330/2010

Page 96: Mitbestimmung in der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) · Edgar Rose/Roland Köstler Mitbestimmung in der Europäischen Aktien-gesellschaft (SE) 2., aktualisierte Auflage

Mitbestimmung im Aufsichtsrat 95

Ob es rechtlich zulässig ist, die gesamten Befugnisse des SE-BR derartunter Vorbehalt zu stellen, ist äußerst fragwürdig. Dass sich einzelneTochtergesellschaften im Einzelfall gegen Rechte des SE-BR querstellen(z.B. Zutritt oder Freistellung von SE-Mitgliedern behindern) ist sicherdenkbar. Doch nach den Zielsetzungen des Gesetzes darf dies keines-falls dazu führen, dass dann die Rechte – wie es die zitierte Vereinba-rung vorsieht – einfach nicht mehr gelten.

Damit sind die wichtigsten Regelungspunkte beschrieben und mit Text-beispielen veranschaulicht, die die Rahmenbedingungen der Arbeit desSE-BR betreffen. Weitere Regelungen aus den analysierten SE-Verein-barungen können der beiliegenden CD ROM entnommen werden. Derzentrale Bereich der Aufgaben des SE-BR – das Verfahren der Unterrich-tung und Anhörung – kam bisher nicht zur Sprache. Dieser Bereichwird geschlossen in Kap. 3 behandelt.

2.5 Mitbestimmung im Aufsichtsrat

Etwa die Hälfte der untersuchten SE-Vereinbarungen sieht vor, dass imAufsichtsrat der jeweiligen SE Vertreter der Arbeitnehmer sitzen. Auchfür diesen Zweig der Arbeitnehmerbeteiligung in der SE enthält dasSEBG Auffangregelungen. Wenn eine SE-Vereinbarung nicht zustandekommt, gelten diese Bestimmungen der §§ 36–38 SEBG »kraft Geset-zes«. Möglich ist auch, dass die Parteien ausdrücklich die Geltung derAuffangregelungen vereinbaren. Die Auswertung der SE-Vereinbarun-gen hat ergeben, dass die Geltung der Auffangregelungen insgesamt inkeinem Fall vereinbart wurde. Aber in vielen SE-Vereinbarungen ist derRegelungsabschnitt zur Mitbestimmung im Aufsichtsrat deutlich vonden Vorschriften in den §§36–38 SEBG für die Mitbestimmung kraft Ge-setzes beeinflusst. Es geht dabei um Fragen der Zusammensetzung derArbeitnehmerbank im Aufsichtsrat (Kap. 2.5.1), der Wahl bzw. Bestel-lung der Arbeitnehmervertreter (Kap. 2.5.2), um Fragen der Amtszeit(Kap. 2.5.3) und der Rechtsstellung (Kap. 2.5.4).

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96 Regelungsinhalte

2.5.1 Zusammensetzung des Aufsichtsrats

Die untersuchten SE-Vereinbarungen sehen teils ein Drittel der Auf-sichtsratssitze für die Arbeitnehmerseite vor (Drittelbeteiligung), teilseine gleiche Anzahl von Sitzen auf beiden Seiten (paritätische Mitbe-stimmung). Dies überrascht kaum, entspricht es doch den gesetzlichenVorgaben im deutschen Recht für Aufsichtsräte in Unternehmen unter-schiedlicher Größe. Der jeweilige Grad der Beteiligung darf bei Grün-dung der SE gemäß § 21 Abs.6 SEBG nicht unterschritten werden. Aller-dings obliegt es den Parteien der SE-Vereinbarung, ob und wie siekünftige veränderte Beschäftigtenzahlen in der SE und deren Tochterge-sellschaften bei der Zusammensetzung des Aufsichtsrates berücksichti-gen. Ob in einer SE bei Überschreiten des Schwellenwertes von 2000 Be-schäftigten von der Drittelbeteiligung auf paritätische Mitbestimmungumgestellt wird, wie dies für deutsche Gesellschaftsformen gesetzlichgeregelt ist, ergibt sich allein aus der SE-Vereinbarung. In aller Regelsind die Schwellenwerte nicht in die SE-Vereinbarungen übernommenworden, so dass der erreichte Grad der Mitbestimmung vielfach für dieZukunft »eingefroren« wird. Eine genaue Analyse hierzu einschließlichder Frage, ob Neuverhandlungen zu einer Anpassung führen können,ist einleitend in Kap. 2.1.2 zu finden.Die paritätisch besetzten Aufsichtsräte unter den untersuchten Fällenbestehen meistens aus zwölf Mitgliedern, so dass sechs davon die Ar-beitnehmerseite vertreten. Bei Drittelbeteiligung übernehmen diesmeist drei von neun oder zwei von sechs Mitgliedern. Auch ein dreiköp-figer Aufsichtsrat mit einem Arbeitnehmervertreter findet sich. Im Un-terschied zur Mitbestimmung kraft Gesetzes regeln die meisten SE-Ver-einbarungen genau, wer als Arbeitnehmervertreterin bzw. -vertreter inBetracht kommt. Dabei sind vier Varianten zu unterscheiden.a) In einigen Unternehmen können ausschließlich Mitglieder des

SE-BR die Arbeitnehmer im Aufsichtsrat vertreten.

»Die Arbeitnehmervertreter und etwaige Ersatzmitglieder im Auf-sichtsrat der […] SE müssen zum Zeitpunkt ihrer Bestellung Mitglieddes SE-Betriebsrates sein.«

110600/143/2008

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Mitbestimmung im Aufsichtsrat 97

b) Überwiegend kommen alle Beschäftigten der SE (und ihrer Tochter-gesellschaften) als Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat in Betracht.

»Als Arbeitnehmervertreter im […] SE Aufsichtsrat können Arbeit-nehmer der […] SE und ihrer Gesellschaften im Geltungsbereich die-ser Vereinbarung bestellt werden.«

110600/154/0

c) In paritätisch besetzten Aufsichtsräten sind neben Arbeitnehmernauch Vertreter der im Unternehmen repräsentierten Gewerkschaftenim Aufsichtsrat zugelassen. Dabei ist meist genau festgelegt, wie vieleder Sitze von den Gewerkschaften besetzt werden können.

»Von den neun (9) Sitzen der Arbeitnehmervertreter können die inden Gesellschaften der […]-SE Gruppe vertretenen Gewerkschaftenmaximal drei (3) Sitze mit externen Gewerkschaftsmitgliedern be-setzen.«

110600/336/2010

d) In einem Ausnahmefall sind bestimmte Amtsträger als Arbeitneh-mervertreter im Aufsichtsrat vorgesehen.

»Als Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat sind jeweils die Vorsit-zenden oder stellvertretenden Vorsitzenden der Betriebsräte der dreiin Deutschland ansässigen Betriebe des […] zu entsenden, die diegrößte Zahl von Arbeitnehmern beschäftigen.«

110600/139/2007

Zusätzlich soll eine weitere Regelung, die in zahlreichen SE-Vereinba-rungen variiert wird, die internationale Zusammensetzung der Arbeit-nehmerbank im Aufsichtsrat der jeweiligen SE sicherstellen. Vorbild ist§36 Abs.1 SEBG: Demnach müssen die Sitze der Arbeitnehmer auf dieMitgliedstaaten, in denen die SE und ihre Tochtergesellschaften Be-schäftigte haben, verteilt werden. Ausschlaggebend ist dabei der jewei-lige Beschäftigungsanteil an der Gesamtbeschäftigung (Proportionali-tät). Die internationale Ausrichtung soll selbst in Fällen gewahrt werden,in denen fast alle Beschäftigten in einem Land arbeiten. Daher wird ge-

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98 Regelungsinhalte

mäß § 36 Abs.1 Satz 3 SEBG der letzte zu verteilende Sitz einem bisherunberücksichtigten Mitgliedstaat zugewiesen.Der Grundgedanke dieser gesetzlichen Regelung wurde in vielen SE-Vereinbarungen aufgegriffen. Mitunter wird nur auf § 36 Abs.1 SEBGverwiesen oder der SE-BR knapp verpflichtet, bei der Wahl der Arbeit-nehmervertreter im Aufsichtsrat den Proportionalitätsgrundsatz zu be-achten. Es finden sich allerdings auch eigenständigere Regelungen, diehier mit zwei Beispielen präsentiert werden. In einem Fall erhält zu-nächst Deutschland Sitze im Aufsichtsrat entsprechend dem Anteil derin Deutschland Beschäftigten. Die übrigen Sitze werden auf die weiterenvertretenen Länder verteilt. Dabei wird der Proportionalitätsgrundsatzteilweise durchbrochen.

»Die Bestimmung der nicht auf Deutschland entfallenden Arbeit-nehmervertreter erfolgt ebenfalls durch eine Wahl innerhalb des SE-Betriebsrats. Solange in keinem anderen Land als Deutschland mehrals 10% der Gesamtzahl der […] Arbeitnehmer beschäftigt werden,werden grundsätzlich aus den Reihen der übrigen Mitglieder des SE-Betriebsrats die Arbeitnehmervertreter für die verbleibenden Sitzegewählt. Der SE-Betriebsrat ist dabei in seiner Entscheidung frei undkann bei der Wahl auch Länder berücksichtigen, auf die bei Anwen-dung des Proportionalitätsgrundsatzes kein Sitz entfällt. […] Wenn ineinem anderen Land als Deutschland mehr als 10% der Gesamtzahlder […] Arbeitnehmer beschäftigt werden, entfällt auf dieses Land einSitz der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der […] SE.«

110600/137/2007

Wesentlich weitreichender fällt die Internationalisierung in einem ande-ren Fall aus. Hier werden die AR-Sitze in der Reihenfolge der Beschäf-tigtenanteile auf die Länder verteilt. Einen zweiten Sitz kann ein Land –unabhängig von der Proportionalität – erst erhalten, wenn allen anderenLändern, in denen sich ein Standort der SE befindet, ein Sitz zugeordnetist.

»Der SE-Betriebsrat verteilt die Sitze der Arbeitnehmervertreter imAufsichtsrat auf die Mitgliedstaaten nach dem jeweiligen Anteil derArbeitnehmer in den einzelnen Mitgliedstaaten an der Gesamtzahl

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Mitbestimmung im Aufsichtsrat 99

der Arbeitnehmer der […] Gruppe in allen Mitgliedstaaten, und zwarin der Weise, dass kein Mitgliedstaat mehr als einen Sitz erhält, so-lange ein anderer Mitgliedstaat noch keinen Sitz erhalten hat.«

110600/149/2008

Auf der anderen Seite gibt es auch eine Regelung, die es dem SE-BR er-laubt, auf Internationalisierung zu verzichten und alle Aufsichtsratssitzedem Land mit den meisten Beschäftigten zuzusprechen, wenn sich dortauch der Sitz der SE befindet.

»Der SE-Betriebsrat bestimmt jeden vorzuschlagenden Arbeitneh-mervertreter im Aufsichtsrat durch einen Beschluss mit doppelterMehrheit (Ziffer I.4.3). Es finden drei Beschlussfassungen statt:– Zunächst ist ein Arbeitnehmervertreter zu wählen, der in dem be-

troffenen Land beschäftigt ist, in dem die […] SE ihren Sitz hat.– Sodann ist ein Arbeitnehmervertreter zu wählen, der in demjeni-

gen betroffenen Land beschäftigt ist, in dem die […] von allen be-troffenen Ländern am meisten […]-Arbeitnehmer beschäftigt.

– Anschließend ist ein weiterer Arbeitnehmervertreter zu wählen,der in einem beliebigen betroffenen Land beschäftigt ist.«

Unternehmensbezogene Dienstleistungen, 110600/358/2010

2.5.2 Wahl bzw. Bestellung der Arbeitnehmervertreter

Vielfältig ist in den SE-Vereinbarungen die Wahl bzw. Bestellung der Ar-beitnehmervertreter im Aufsichtsrat geregelt. In der Regel wird einlei-tend das Gremium bzw. die Personengruppe definiert, die zur Wahl derVertreter im Aufsichtsrat ermächtigt wird. Teilweise werden die inländi-schen und ausländischen Arbeitnehmervertreter in unterschiedlichenVerfahren ermittelt. Teilweise findet das Wahl- bzw. Bestellungsverfah-ren in mehreren Stufen statt.Anders als bei der Mitbestimmung kraft Gesetzes (vgl. §36 Abs.3 SEBG)übertragen die meisten SE-Vereinbarungen dem SE-BR die zentraleRolle dabei, konkrete Personen für den Aufsichtsrat zu bestimmen.Nach den Bestimmungen vieler SE-Vereinbarungen wählt der SE-BR dieAR-Mitglieder der Arbeitnehmerseite direkt. Alternativ hat er lediglich

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100 Regelungsinhalte

Vorschläge der zu bestellenden Personen zu unterbreiten, die durch dieHauptversammlung der SE bestätigt werden. In beiden Fällen obliegtdie Auswahl der Arbeitnehmervertreter allein dem SE-BR. Die einstu-fige Variante, nach der die Wahl im SE-BR direkt zu Mandaten im Auf-sichtsrat führt, ergibt sich z. B. aus folgender Regelung.

»Für die Bestellung der […] Arbeitnehmervertreter und die Nachfol-ger ist der […] SE Betriebsrat zuständig. Er bestimmt zunächst mitdoppelter Mehrheit über die Verteilung der Sitze nach Ländern. […]Dann wählt er mit doppelter Mehrheit aus seiner Mitte die Arbeit-nehmervertreter und die Nachfolger. […] Eine gesonderte Bestellungder Arbeitnehmervertreter durch die Hauptversammlung ist nichterforderlich.«

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Das nächste Beispiel repräsentiert die zweistufige Variante.

»Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der […] SE werden aufVorschlag des SE-Betriebsrates durch die Hauptversammlung der[…] SE bestellt. Der Vorschlag des SE-Betriebsrats ist für die Haupt-versammlung bindend.«

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In einigen SE-Vereinbarungen ist zusätzlich geregelt, wer bzw. welcheGremien dem SE-BR Wahlvorschläge für die Wahl der Aufsichtsratsver-treter unterbreiten kann bzw. können. Ob der SE-BR an die Wahlvor-schläge gebunden ist oder nicht, ist unterschiedlich geregelt.

»Die Wahl der Arbeitnehmervertreter erfolgt für die den jeweiligenLändern […] zugewiesenen Sitze durch Beschluss des SE-Betriebsratsmit der Maßgabe, dass nur Arbeitnehmer des […]-Konzerns in den je-weiligen Mitgliedstaaten, denen Sitze zugewiesen sind, Arbeitneh-mervertreter sein können. Die Arbeitnehmervertretungen aus demjeweiligen Mitgliedstaat oder mindestens 50 Arbeitnehmer aus demjeweiligen Mitgliedstaat können dem SE-Betriebsrat Vorschläge fürdie zu wählenden Arbeitnehmervertreter machen, die der SE-Be-triebsrat bei der Wahl in angemessener Weise berücksichtigt. Der

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Mitbestimmung im Aufsichtsrat 101

SE-Betriebsrat ist an die Vorschläge jedoch nicht gebunden. DieWahl erfolgt durch den SE-Betriebsrat mit jeweils doppelter Mehr-heit.«

110600/339/2011

In mehreren Fällen wird von der zentralen Rolle des SE-BR bei der Wahlder Aufsichtsratsmitglieder abgewichen. Nachstehend ist eine Urwahlvorgesehen. Es ist angesichts fehlender ausländischer Regelungen odereinschlägiger Praktiken sehr zweifelhaft, ob diese Lösung praktischfunktionieren kann.

»Die Arbeitnehmervertreter werden von den Arbeitnehmern der[…]-Gruppe in einer geheimen und unmittelbaren Urwahl gewählt.«

110600/162/2009

Einige SE-Vereinbarungen weisen – ähnlich dem gesetzlichen Modellgemäß §36 Abs.3 SEBG – nicht dem SE-BR, sondern den höchstennationalen Arbeitnehmervertretungen (z. B. dem deutschen Konzernbe-triebsrat) die entscheidende Rolle bei der Besetzung der Aufsichtsrats-sitze zu. Dabei ist der SE-BR beispielsweise an das Votum des Konzern-betriebsrats gebunden. Alternativ wird die Wahl direkt auf die Ebene derhöchsten nationalen Arbeitnehmervertretungen verlagert.

»Das Verfahren zur Besetzung der einem Mitgliedstaat zufallendenArbeitnehmersitze im Aufsichtsrat richtet sich nach den Bestim-mungen des jeweiligen Mitgliedstaats zur Umsetzung der SE-Richt-linie. Sofern ein Mitgliedstaat über das Verfahren zur Besetzung derihm zufallenden Aufsichtsratssitze keine Regelung trifft, bestimmtder jeweils höchste bestehende Betriebsrat die Aufsichtsratsmitglie-der. […] Die auf das Inland entfallenden Arbeitnehmervertreter imAufsichtsrat werden durch den Konzernbetriebsrat der […] SE ge-wählt.«

110600/161/2009

Vereinzelt ist das Wahlverfahren auf drei Stufen ausgedehnt. In einerVariante schlagen alle Arbeitnehmervertretungen zunächst Kandidatenvor. Anschließend nominiert die höchste nationale Arbeitnehmervertre-

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tung einige Kandidaten. Schließlich wählt der SE-BR die Mitglieder desAufsichtsrats.

»Die in den SE-AR zu entsendenden innerbetrieblichen Vertreterwerden nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen zur Wahlvorgeschlagen, nominiert und durch geheimen Beschluss des SE-BRin den SE-AR entsandt:a) Vorschlagsrecht: Die jeweiligen betrieblichen Arbeitnehmerver-

tretungen der Arbeitnehmer in den jeweiligen Gesellschaften […]in den jeweiligen Mitgliedstaaten […] können den jeweiligenhöchsten innerbetrieblichen Arbeitnehmervertretungen der je-weiligen Mitgliedstaaten Vorschläge für die Nominierung vonKandidaten zur Entsendung in den SE-AR unterbreiten. […]

b) Nominierungsrecht: Vorbehaltlich der Bestimmungen […] nomi-nieren die jeweils höchsten innerbetrieblichen Arbeitnehmer-vertretungen der jeweiligen Mitgliedstaaten anschließend dieKandidaten für die jeweils auf ihren Mitgliedstaat entfallenden in-nerbetrieblichen Vertreter zur Entsendung in den SE-AR.

c) Die Mitglieder des SE-BR haben anschließend mit einfacherMehrheit der abgegebenen Stimmen, die mindestens die Hälfteder Arbeitnehmer aller Mitgliedstaaten vertreten, über die Entsen-dung der für die jeweiligen Mitgliedstaaten nominierten Kandida-ten […] in den SE-AR zu beschließen.«

110600/160/0

In der Regel ist das Verfahren zur Bestimmung der gewerkschaftlichenVertreter im Aufsichtsrat weniger komplex. Nur in einem Fall wird auchdie Verteilung der auf die Gewerkschaften entfallenden Aufsichtsrats-sitze detailliert geregelt, um eine Internationalisierung zu garantieren.

»Für die Verteilung der auf die Gewerkschaften entfallenden – derzeitzwei (2) – Sitze der Arbeitnehmervertreter im SE-AR findet §12.3 ent-sprechende Anwendung. Dementsprechend sind die Sitze im SE-ARfür diese Arbeitnehmervertreter des SE-AR ebenfalls auf Basis der je-weiligen Arbeitnehmeranzahlen in den jeweiligen Mitgliedstaatennach dem d’Hondtschen System auf die Mitgliedstaaten zu verteilen.«

110600/131/2006

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Mitbestimmung im Aufsichtsrat 103

Mitunter wird hervorgehoben, dass auch die gewerkschaftlichen Vertre-ter keineswegs automatisch durch Nominierung der Gewerkschaftenüber einen Platz im Aufsichtsrat verfügen.

»Jede im […] Konzern in Deutschland vertretene Gewerkschaft kannfür die Wahl des Gewerkschaftsvertreters einen Wahlvorschlag andas […] zuständige Wahlgremium richten. Der SE-Betriebsrat ist anden Wahlvorschlag nicht gebunden.«

110600/137/2007

In anderen Fällen werden die Gewerkschaften ausdrücklich aufgefor-dert, mehr Kandidaten zu benennen, als Sitze zu vergeben sind, damitdas Wahlgremium eine Auswahl treffen kann.

»Aus dem Kreis der innerhalb der […] Gruppe in Deutschland vertre-tenen DGB-Gewerkschaften können nach vorheriger Abstimmungdem SE-Betriebsrat Wahlvorschläge für die Besetzung von zwei aufDeutschland entfallende Sitze im Aufsichtsrat der […] SE unterbreitetwerden. […]Jeder Wahlvorschlag muss mindestens doppelt so viele Bewerber ent-halten, wie Arbeitnehmervertreter und Ersatzmitglieder zu wählensind. Der SE-Betriebsrat ist an die Wahlvorschläge gebunden.«

110600/332/2010

2.5.3 Amtszeit der Arbeitnehmervertreter

Meist regeln SE-Vereinbarungen die Amtszeit der Arbeitnehmervertre-ter im Aufsichtsrat. Mitunter wird dazu lediglich auf die Satzung der SEverwiesen. Im Allgemeinen wird jedoch die reguläre Amtszeit konkretwie im folgenden Beispiel festgelegt.

»Vorbehaltlich der Regelung für den ersten Aufsichtsrat der […] SE[…] erfolgt die Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitneh-mer für den Zeitraum bis zur Beendigung der Hauptversammlungder […] SE, die über die Entlastung für das vierte Geschäftsjahr nachBeginn der Amtszeit beschließt, wobei das Geschäftsjahr, in dem die

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104 Regelungsinhalte

Amtszeit beginnt, nicht mit gerechnet wird, längstens jedoch fürfünf Jahre. Wiederbestellungen sind zulässig.«

110600/156/2008

Vielfältiger stellen sich die Regelungen zum vorzeitigen Ende der Amts-zeit dar. Verbreitet sind hier Vorschriften, nach denen ein Arbeitneh-mervertreter aus dem Aufsichtsrat automatisch ausscheidet, wenn ernicht mehr bei der SE bzw. ihrer Tochtergesellschaften beschäftigt ist.In einigen Fällen scheidet auch vorzeitig aus, wer an einen Standort derSE in einem anderen Land wechselt.

»Vor Ablauf seiner Amtszeit scheidet ein Arbeitnehmervertreter ausdem Aufsichtsrat aus, sofern er als Arbeitnehmer des […] Konzernsin dem von ihm vertretenen Land nicht mehr tätig ist.«

110600/137/2007

Dagegen bleibt das Ausscheiden aus dem SE-BR ohne Konsequenzen,auch wenn die Mitgliedschaft Voraussetzung der Wahl ist. Die Amtszeitim Aufsichtsrat kann zu Ende geführt werden.Variantenreich sind vor allem die Bestimmungen zur Abberufung derArbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat. In der Regel obliegt dieses Rechtallein dem SE-BR. Er muss für eine Abberufung im Allgemeinen keinebesonderen Gründe angeben. Oft sind allerdings qualifizierte Mehrhei-ten gefordert.

»Ein Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat kann vor Ablauf derAmtszeit abberufen werden. Antragsberechtigt ist der SE-Betriebs-rat. Der Beschluss des SE-Betriebsrats bedarf einer Drei-Viertel-Mehrheit […]. Die Abberufung erfolgt durch die Hauptversammlungder […] SE.«

110600/127/0

Häufig bedarf die Abberufung auch einer doppelten Mehrheit.

»Ein Aufsichtsratsmitglied der Arbeitnehmer kann vor Ablauf derAmtszeit durch Beschluss des SE-Betriebsrats abberufen werden.Der Beschluss bedarf einer Mehrheit von 3/4 der Mitglieder des SE-

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Mitbestimmung im Aufsichtsrat 105

Betriebsrates sowie einer Mehrheit von 3/4 der Mitarbeiter des […]-Kon-zerns in den Mitgliedstaaten, die von den Mitgliedern des SE-Be-triebsrates repräsentiert werden.«

110600/155/2009

2.5.4 Rechte und Pflichten

In vielen SE-Vereinbarungen werden die Rechte und Pflichten der Ar-beitnehmervertreter im Aufsichtsrat nur sehr knapp geregelt. Das fälltvor allem auf, wenn man diese Regelungen mit den meist sehr ausführ-lichen Passagen zu den Rechten und Pflichten des SE-Betriebsrats ver-gleicht. Hintergrund dieser Differenz ist der Umstand, dass für denSE-BR eine Rechtsgrundlage seiner Rechte und Pflichten erst durch dieSE-Vereinbarung geschaffen werden muss. Der Aufsichtsrat dagegenberuht auf anderen Rechtsgrundlagen. Zu nennen sind Art. 40–42 VO(EG) Nr.2157/2001, §§ 17ff. SEAG und vor allem die Satzung der SE. DieSE-Vereinbarung muss nur noch den gleichberechtigten Zugang der Ar-beitnehmervertreter zu diesem Organ der SE festlegen. Angelehnt andie Auffangregelung in § 38 Abs.1 SEBG beschränken sich daher man-che SE-Vereinbarungen darauf, den Arbeitnehmervertretern gleicheRechte und Pflichten einzuräumen.

»Die Arbeitnehmervertreter haben die gleichen Rechte und Pflichtenwie die Mitglieder im Aufsichtsrat, die die Anteilseigner vertreten. Diesgilt auch für die aktienrechtliche Verpflichtung zur Vertraulichkeit.«

110600/127/0

Daneben wird häufig auf andere Rechtsquellen verwiesen, aus denensich die Rechte und Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder ergeben unddie gleichermaßen auch für die Arbeitnehmervertreter gelten sollen. Zunennen sind hier insbesondere die Satzung der SE, die SE-Verordnung,das SE-Ausführungsgesetz sowie aktienrechtliche Bestimmungen ande-rer Gesetze. In einigen SE-Vereinbarungen bestehen daneben weitereinhaltliche Festlegungen. Oft ist unklar, ob damit tatsächlich neue Rechteoder Pflichten begründet oder nur bereits bestehende in Erinnerung ge-rufen werden.

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106 Regelungsinhalte

Rechte im Rahmen der AufsichtstätigkeitDie Befugnisse des Aufsichtsrats bzw. der Aufsichtsratsmitglieder, diedie Aufsichtstätigkeit betreffen, werden außerhalb der SE-Vereinbarun-gen in der SE-Satzung und in den gesetzlichen Grundlagen der SEgeklärt. Sie gelten gleichermaßen für die Arbeitnehmervertreter im Auf-sichtsrat. Gelegentlich werden zusätzlich einzelne Rechte, die die Auf-sichtstätigkeit betreffen, in SE-Vereinbarungen formuliert. In einigenVereinbarungen ist die Teilnahme der Arbeitnehmervertreter an Aus-schüssen des AR festgeschrieben.

»Werden vom Aufsichtsrat der […] SE Ausschüsse gebildet, so sollendiese grundsätzlich paritätisch besetzt werden, sofern nicht auf-grund der den jeweiligen Ausschüssen zugewiesenen Sachthemeneine abweichende Besetzung geboten erscheint.«

110600/140/2007

Nur ausnahmsweise werden in SE-Vereinbarungen Informationsan-sprüche des Aufsichtsrats angesprochen. Nachstehend wird §41 Abs.2der europäischen SE-Verordnung konkretisiert – insbesondere dahinge-hend, dass besondere Unterrichtungspflichten des Vorstands gegenüberdem Aufsichtsrat auch aufgrund von »Interessen der Arbeitnehmer« be-stehen können.

»Unbeschadet bestehender Zustimmungsvorbehalte des Aufsichts-rates und der in Art. 41 SE-Verordnung festgelegten Berichtspflich-ten unterrichtet der Vorstand nach vorheriger Absprache mit demAufsichtsratsvorsitzenden den Aufsichtsrat über alle geschäftlichenAngelegenheiten, denen aufgrund ihrer besonderen Auswirkungenauf die allgemeine Unternehmenspolitik, die Finanzlage oder aufdie Interessen der Arbeitnehmer eine grundlegende Bedeutung zu-kommt. Hierzu zählen Reorganisations- und Umstrukturierungs-maßnahmen mit erheblichen Auswirkungen auf die Beschäftigungs-lage im Konzern.«

110600/132/2006

Eine verbesserte Aufsichtstätigkeit im Sinne der Arbeitnehmer kannauch durch personelle Strukturentscheidungen unterstützt werden.

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Mitbestimmung im Aufsichtsrat 107

Zwei Vorschriften, die jeweils in mehreren SE-Vereinbarungen erschei-nen, sind in diesem Zusammenhang zu nennen. Einerseits wird derArbeitnehmerseite das Amt eines stellvertretenden Vorsitzenden reser-viert.

»Der Aufsichtsrat der […] SE wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzen-den sowie einen Stellvertreter für die Dauer seiner Amtszeit im Auf-sichtsrat. Vorbehaltlich des Selbstorganisationsrechts des Aufsichts-rats soll in dessen Geschäftsordnung festgelegt werden, dass derstellvertretende Vorsitz des Aufsichtsrats mit einem Arbeitnehmer-vertreter zu besetzen ist.«

110600/332/2010

Andererseits wird in paritätisch mitbestimmten Unternehmen die Vor-standsposition eines Arbeitsdirektors vorgeschrieben. Zwar erhalten dieArbeitnehmervertreter in keinem der untersuchten Fälle das Recht, dieBesetzung dieser Position abschließend zu bestimmen. Doch allein dieExistenz eines derart ausgerichteten Vorstandspostens schafft einen di-rekten Ansprechpartner auf der Vorstandsebene für die Arbeitnehmer-vertreter und die von ihnen vertretenen sozialen Belange. In einem Fallsoll immerhin versucht werden, einen einvernehmlichen Vorschlag fürden Posten des Arbeitsdirektors zu unterbreiten.

»Ein Mitglied im Vorstand der […] SE ist für den Bereich »Arbeit undSoziales« konzernweit verantwortlich. Vorbehaltlich des Selbstorga-nisationsrechts des Aufsichtsrats werden die Anteilseigner-Vertretervor der Bestellung dieses Vorstandsmitglieds mit den Arbeitnehmer-vertretern mit dem Ziel eines einvernehmlichen Vorschlags beraten.Die abschließende Entscheidung verbleibt beim Plenum des Auf-sichtsrats.«

110600/342/2012

In einem Fall ist der stellvertretende Vorsitzende, der von den Arbeit-nehmervertretern gewählt wird, ausdrücklich in die Abberufung undBestellung der Vorstandsmitglieder einbezogen.

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108 Regelungsinhalte

»Die Zahl der Mitglieder des Vorstands der […] SE beträgt mindes-tens zwei. Eines von ihnen ist für den Bereich Arbeit und Soziales zu-ständig. Es führt die Bezeichnung ›Arbeitsdirektor‹. Vor Abberufungund Bestellung von Vorstandsmitgliedern werden sich der Aufsichts-ratsvorsitzende und der erste stellvertretende Aufsichtsratsvorsit-zende ins Benehmen setzen; gegebenenfalls auch mit dem Mehr-heitsaktionär.«

110600/161/2009

Rechte hinsichtlich der ArbeitsgrundlagenDamit die Arbeitnehmervertreter ihre Aufgaben im Aufsichtsrat sinn-voll erfüllen können, müssen sie in ausreichendem Maße von der Arbeitfreigestellt werden. Nur so können sie an Aufsichtsratssitzungen teil-nehmen und Schulungen absolvieren, mit denen sie die erforderlichenQualifikationen erwerben. Ohnehin gilt für Freistellungen §42 SEBG,der ausdrücklich auch auf Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat anzu-wenden ist. Bisweilen wird die Regelung in SE-Vereinbarungen präzi-siert.

»Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat sind von ihrer berufli-chen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgeltes zu befreien,wenn und soweit dies zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrerAufgaben unter Beachtung ihrer aktien- und haftungsrechtlichenVerantwortung als Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat erforder-lich ist. Die Entscheidung über die Erforderlichkeit des Zeiteinsatzestrifft jedes Aufsichtsratsmitglied in eigener Verantwortung. Dies giltauch für eine etwaige erforderliche Vorbereitung für die Aufsichts-ratssitzung sowie für die Teilnahme an Schulungen […]. Eine weiter-gehende Freistellung erfolgt nicht.«

110600/327/2012

Im Einzelfall erfolgt die Freistellung auch ohne Fortzahlung der Vergü-tung.

»Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der […] SE sind von derVerpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung zu befreien, so-fern dies für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Im

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Mitbestimmung im Aufsichtsrat 109

Hinblick auf die für die Aufsichtsratstätigkeit bezogene Vergütungerfolgt die Arbeitsbefreiung ohne Fortzahlung der arbeitsvertragli-chen Vergütung.«

110600/143/2008

Umfassend ist die Finanzierung der Schulungsveranstaltungen nach-stehend geregelt.

»Die Arbeitnehmervertreter haben, unbeschadet der jeweiligen na-tionalen Regelungen, Anspruch auf Teilnahme an Schulungs- undBildungsveranstaltungen, soweit diese für die Arbeit des Arbeitneh-mervertreters im Aufsichtsrat der […] SE erforderliche Kenntnissevermitteln und die Maßnahme hierzu angemessen ist. Dazu könnenauch Sprachkurse in englischer und deutscher Sprache gehören. DerArbeitnehmervertreter wird für die Teilnahme ohne Minderung desArbeitsentgelts freigestellt. Der Arbeitnehmervertreter hat die Teil-nahme, die Kosten und die zeitliche Lage rechtzeitig dem Vorstandder […] SE mitzuteilen. Bei der Festlegung der zeitlichen Lage sinddie betrieblichen Notwendigkeiten zu berücksichtigen. Die Kostenfür die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen wer-den von der […] SE getragen.«

110600/159/2009

In einem Fall wird das Recht auf Sprachdienste besonders betont.

»Arbeitnehmervertreter haben das Recht auf Dolmetschen der Sit-zungen des Aufsichtsrats SE, der jeweiligen Vorbesprechung derArbeitnehmervertreter sowie die Übersetzung der Sitzungsunterla-gen in die jeweilige Landessprache.«

110600/343/0

Eine Ausnahme stellt folgende Regelung dar: Sie räumt der Arbeit-nehmerseite die Möglichkeit ein, die AR-Sitzungen gemeinsam miteinem Vertreter der Unternehmensleitung vorzubesprechen. LetztereFunktion übernimmt ein Vorstandsmitglied, das für Arbeit und Sozia-les zuständig und zur Erörterung mit der Arbeitnehmerseite verpflich-tet ist.

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110 Regelungsinhalte

»Die Arbeitnehmervertreter sollten nach Möglichkeit jede Sitzungdes Aufsichtsrats in einer Vorbesprechung vorbereiten. Die Unter-nehmensleitung erörtert im Rahmen der Vorbesprechung mit denArbeitnehmervertretern die Aufsichtsratsvorlagen. Grundsätzlichwird die Unternehmensleitung bei Vorbesprechungen der Arbeit-nehmervertreter durch das für Arbeit und Soziales zuständige Vor-standsmitglied vertreten.«

110600/137/2007

SchutzrechteEbenso wie die Mitglieder des SE-BR (vgl. Kap. 2.4.4) sind die Arbeitneh-mervertreter im Aufsichtsrat durch die §§ 42 und 44 SEBG geschützt.Diese Bestimmungen gewähren einen Mindestschutz vor Benachteili-gungen verschiedener Art. In der SE-Vereinbarung kann das dadurchgewährte Schutzniveau nicht abgesenkt, sondern nur erhöht werden.Insgesamt finden sich in den Vereinbarungen deutlich seltener Schutz-bestimmungen zugunsten der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsratals zugunsten der Mitglieder der SE-Betriebsräte. Die Inhalte allerdingssind in beiden Fällen ähnlich.Zum Teil werden Benachteiligungsverbote, die bereits aufgrund von § 44Abs.2 und 3 SEBG gelten, in die SE-Vereinbarung übernommen. Dieshat mehr demonstrative als rechtliche Bedeutung.

»Arbeitnehmervertreter dürfen aufgrund ihrer Tätigkeit als Arbeit-nehmervertreter weder durch die Leitung der […] SE bzw. ihre Arbeit-geber oder Dritte begünstigt oder benachteiligt werden; sie dürfen inder Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden.Dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung.«

110600/143/2008

Zum Teil werden Fragen des Kündigungsschutzes aufgegriffen. Hier wirdmehrfach nur auf die jeweils anwendbaren gesetzlichen Bestimmungenverwiesen. Mögliche Schutzlücken – insbesondere hinsichtlich der Ar-beitnehmervertreter aus dem Ausland – werden nicht geschlossen. In we-nigen Fällen wird die Pflicht formuliert, beabsichtigte Kündigungen demSE-BR zu melden. In einem Fall kann der Geschäftsführende Ausschussder Kündigung widersprechen, allerdings ohne bindende Wirkung.

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Mitbestimmung im Aufsichtsrat 111

»Vor Ausspruch einer beabsichtigten Kündigung eines Aufsichtsrats-mitglieds oder eines Ersatzmitglieds ist der Geschäftsführende Aus-schuss schriftlich zu unterrichten. Der Geschäftsführende Ausschusshat das Recht, das betroffene Mitglied bzw. das Ersatzmitglied anzu-hören. Innerhalb einer Frist von einer Woche kann der Geschäftsfüh-rende Ausschuss eine schriftliche Stellungnahme gegenüber der Un-ternehmensleitung abgeben. Erfolgt ein qualifizierter Widerspruch,trägt die Leitung dafür Sorge, dass dieser in der Abwägung bei derEntscheidungsfindung einbezogen wird und der GeschäftsführendeAusschuss über die getroffene Entscheidung schriftlich informiertwird. Dasselbe gilt für eine Versetzung eines Aufsichtsratsmitgliedsoder eines Ersatzmitglieds, die zu einem Verlust des Amtes oder derWählbarkeit führen würde.«

110600/356/2010

In einer anderen SE-Vereinbarung ist vorgesehen, dass der von der Ar-beitnehmerseite gestellte stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsratsvor Ausspruch einer Kündigung einzuschalten ist.

»Die Mitglieder des Aufsichtsrats können während ihrer Amtsperi-ode nur gekündigt werden, wenn die nationalen Gesetze dies erlau-ben und der stellvertretende Vorsitzende der Arbeitnehmerseite desAufsichtsrats vor Ausspruch der Kündigung – unter Darlegung derGründe für die beabsichtigte Kündigung – angehört worden ist, so-wie diesem die Möglichkeit der Vermittlung gegeben wurde. Dabeihat dieser etwaige Fristen für die Kündigung zu beachten.«

110600/342/2012

GeheimhaltungspflichtenDie Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat sind u. a. bereits nach Art. 49VO (EG) Nr.2157/2001 zur Verschwiegenheit verpflichtet – allerdingsnur hinsichtlich bestimmter Informationen, deren Verbreitung den In-teressen der Gesellschaft schadet. Mehrere SE-Vereinbarungen formu-lieren daneben eigenständig Pflichten zur Geheimhaltung. Tückischkönnen sehr allgemein gehaltene Verschwiegenheitspflichten sein. Diefolgende Regelung könnte als Pflicht verstanden werden, ausnahmslosvölliges Stillschweigen über die Inhalte der Aufsichtsratstätigkeit zu

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112 Regelungsinhalte

wahren. Ein derart einschränkendes Verständnis verstößt jedoch gegeneuropäisches Recht.

»Alle Aufsichtsratsmitglieder sind gegenüber Personen, die nichtMitglied des Aufsichtsrats sind, zur Verschwiegenheit verpflichtet.«

110600/162/2009

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Regelmäßige Unterrichtung und Anhörung des SE-BR 113

3. Beteiligungsrechte, -prozeduren und-instrumente

Die Beteiligungsrechte des SE-Betriebsrats bilden in den SE-Vereinba-rungen den zentralen Abschnitt. Denn mithilfe dieser Rechte soll das er-klärte Ziel des SE-Beteiligungsgesetzes (siehe §1) in die Tat umgesetztwerden, die Beteiligung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen anUnternehmensentscheidungen sicherzustellen. Wird ein SE-BR gebil-det, so ist dessen Unterrichtung und Anhörung durch die SE-Leitungdas zentrale Beteiligungsinstrument. Sie ist laut § 21 Abs.1 Nr.3 SEBGin den SE-Vereinbarungen verpflichtend zu regeln. Für den SE-BR kraftGesetzes wird die regelmäßige »jährliche Unterrichtung und Anhö-rung« gemäß § 28 SEBG von der »Unterrichtung und Anhörung überaußergewöhnliche Umstände« gemäß § 29 SEBG unterschieden. DieseUnterscheidung findet sich auch in allen hier untersuchten Vereinba-rungen, die die Errichtung eines SE-BR vorsehen. Einige Vereinbarun-gen sehen weitere Beteiligungsrechte vor, für die ein gesetzliches Vor-bild nicht existiert. Diese drei Aspekte bilden die Themen der folgendendrei Unterkapitel.

3.1 Regelmäßige Unterrichtung und Anhörungdes SE-BR

Die regelmäßige, »turnusmäßige« Unterrichtung und Anhörung durchdie Unternehmensleitung ist normalerweise der Höhepunkt im Jahres-verlauf der Arbeit des SE-BR. Denn einige SE-BR treffen sich als Ge-samtgremium nur dieses eine Mal im Jahr, um das Verfahren derUnterrichtung und Anhörung durchzuführen. Dass nur ein Treffenjährlich für eine kontinuierliche Arbeit äußerst knapp bemessen ist,liegt auf der Hand. Daher ist in zahlreichen SE-Vereinbarungen eine er-

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114 Beteiligungsrechte, -prozeduren und -instrumente

höhte Zahl jährlicher Sitzungen des SE-BR vorgesehen (vgl. Kap. 2.4.2).Ein zweite jährliche Sitzung dient oft – aber nicht immer – auch alszweites Treffen zur Unterrichtung und Anhörung durch die Unterneh-mensleitung. Insgesamt werden in fast allen SE-Vereinbarungen, diedie Bildung eines SE-BR vorsehen, zur regelmäßigen Unterrichtungund Anhörung mindestens vier Punkte geregelt. Es geht um die Fra-gen,• durch wen,• wie oft,• zu welchen Themen und• auf Grundlage welcher Informationender SE-BR zu unterrichten und anzuhören ist. Unverkennbar orien-tieren sich die Verhandlungspartner auch diesbezüglich an den Auf-fangregelungen des Gesetzes. Denn gemäß § 28 Abs. 1 SEBG mussdie Leitung der SE den SE-BR kraft Gesetzes mindestens einmal im Ka-lenderjahr über die Entwicklung der Geschäftslage und die Perspekti-ven der SE unterrichten und ihn anhören – in einer gemeinsamen Sit-zung und unter rechtzeitiger Vorlage der erforderlichen Unterlagen.Diese werden in Satz 2 konkretisiert. § 28 Abs. 2 SEBG nennt in zehnPunkten, auf welche Einzelfragen sich die Unterrichtung und An-hörung »insbesondere« beziehen muss. Allerdings wird in den SE-Ver-einbarungen der Gesetzestext aus § 28 SEBG selten wörtlich übernom-men. Im Detail weichen die Verhandlungspartner oft erheblich vonder gesetzlich geregelten Unterrichtung und Anhörung ab bzw. ergän-zen diese.

3.1.1 Zuständigkeit und Frequenz

Die Frage, durch wen die Unterrichtung und Anhörung vorzunehmenist, beantworten die meisten SE-Vereinbarungen allgemein, indem »dieUnternehmensleitung« oder »der Vorstand« verpflichtet wird. Mitunterwird jedoch konkret betont, dass ein verantwortliches Leitungsmitgliedpersönlich anwesend sein muss.

»Die Leitung hat den SE Betriebsrat mindestens zweimal im Kalen-derjahr in einer gemeinsamen Präsenzsitzung, bei welcher mindes-

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Regelmäßige Unterrichtung und Anhörung des SE-BR 115

tens ein Mitglied des Vorstands zugegen ist, über die Entwicklungder Geschäftslage und die Perspektiven der […] SE zu unterrichtenund den SE-Betriebsrat anzuhören.«

110600/149/2008

Besonders hervorgehoben wird in dieser Vereinbarung, dass die Pflich-ten nicht etwa durch eine Telefon- oder Videokonferenz oder gar schrift-lich erfüllt werden können. Dies ist nicht immer derart eindeutig ge-regelt.Im manchen SE-Vereinbarungen wird noch konkreter bestimmt, wel-ches Vorstandsmitglied gegebenenfalls an den Sitzungen des SE-BR teil-zunehmen hat. In derartigen Regelungen drückt sich das Interesse desSE-BR aus, möglichst hochrangige Entscheidungsträger in den Dialogeinzubinden.

»Vertreter der Unternehmensleitung der […] SE nehmen an den Sit-zungen des SE-Betriebsrats teil, soweit es in dieser Vereinbarung vor-gesehen ist oder sofern dies zwischen dem SE-Betriebsrat und derUnternehmensleitung abgestimmt ist. Grundsätzlich wird die Un-ternehmensleitung bei Sitzungen des SE-Betriebsrats durch das fürArbeit und Soziales zuständige Vorstandsmitglied oder einen vondiesem ernannten Vertreter vertreten.«

110600/332/2010

Zur zweiten Frage, wie oft die regelmäßige Unterrichtung und Anhö-rung im Jahresverlauf stattfindet, gibt es ein breites Spektrum unter-schiedlicher Regelungen. Teilweise wird die gesetzliche Formulierung(»mindestens einmal im Kalenderjahr«) übernommen. In diesen Fällengibt es Unterschiede, wie und durch wen entschieden werden soll, obeine zusätzliche zweite Unterrichtung und Anhörung stattfindet. Man-che Vereinbarungen lassen dies nur einvernehmlich zu, andere über-lassen die Entscheidung dem SE-BR (vgl. auch Kap. 2.4.2).Fast ebenso oft wird die gesetzliche Formulierung durch eine präziseFestlegung der Anzahl der jährlichen Konsultationsverfahren ersetzt.Nur selten wird genau eine jährliche Unterrichtung und Anhörung fest-gelegt. Häufig sind es genau zwei derartige Verfahren pro Jahr.

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116 Beteiligungsrechte, -prozeduren und -instrumente

»Die Leitung der […] SE nimmt zweimal im Kalenderjahr eine Infor-mation und Konsultation des SE-Betriebsrates unter Vorlage der er-forderlichen Unterlagen über die Entwicklung der Geschäftslage unddie Perspektiven der […] SE in einer gemeinsamen Sitzung vor.«

110600/143/2008

Gelegentlich wird ein Mittelweg beschritten: Der SE-BR tagt zwar zwei-mal im Jahr, aber nur auf einem dieser Treffen findet eine Unterrich-tung und Anhörung durch die Unternehmensleitung statt. Eine andereVariante sieht vor, dass drei ordentliche Sitzungen des SE-BR stattfindenkönnen, auf denen je nach Wunsch des SE-BR einmal oder zweimal eineUnterrichtung und Anhörung durchgeführt wird.

»Der Betriebsrat SE kann insgesamt dreimal jährlich zu ordentlichenSitzungen zusammentreten. Hierunter fallen auch die Sitzungen,die gemeinsam mit dem Vorstand SE gemäß § 5 Ziffer 5 bzw. Ziffer 7abgehalten werden.«

110600/343/0

In zwei Fällen sind mehr als zwei, nämlich drei bzw. vier Treffen zurUnterrichtung und Anhörung pro Jahr vorgesehen. Insbesondere wennmehrere Unterrichtungen und Anhörungen pro Jahr vereinbart wordensind, wird gelegentlich auch der Zeitpunkt festgelegt.

»Diese (erste) Sitzung findet in engem zeitlichen Zusammenhangmit der Sitzung des Aufsichtsorgans, in der der Jahresabschluss fest-gestellt wird (›Bilanzsitzung‹), statt. Anlässlich dieser Sitzung liegtder Schwerpunkt auf der Unterrichtung und Anhörung zum Ge-schäftsbericht und den sich daraus ergebenden Konsequenzen fürdie Gesellschaft. In der zweiten ordentlichen Sitzung, die in engemzeitlichen Zusammenhang mit der Sitzung des Aufsichtsorgansstattfindet, in der die Jahresplanung beschlossen wird (›Planungssit-zung‹), wird vornehmlich über Planungen und das Budget für daskommende Geschäftsjahr berichtet.«

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Regelmäßige Unterrichtung und Anhörung des SE-BR 117

3.1.2 Themen

Die regelmäßige Unterrichtung des SE-BR kraft Gesetzes betrifft laut§28 SEBG die Entwicklung der Geschäftslage und die Perspektiven derSE. Als Regelbeispiele für eine Unterrichtung sind in der Auffangre-gelung zehn Einzelthemen vorgesehen. Die Mehrheit der SE-Verein-barungen hält sich wörtlich oder inhaltlich eng an diese Formulierungeinschließlich des Themenkatalogs. Die Variationsbreite ist hier auffal-lend gering. Teilweise werden einzelne Punkte hinzugefügt oder wegge-lassen.Daneben gibt es eine Anzahl, vor allem neuerer Vereinbarungen, die denThemenkatalog erheblich ausdehnen. Hierzu gehört das folgende Text-beispiel mit sechs hinzugefügten Punkten am Schluss der Aufzählung.

»Zu der Entwicklung der Geschäftslage und den Perspektiven der […]Gruppe im Sinne von Ziffer 5.1 gehören insbesondere– die Struktur sowie die wirtschaftliche und finanzielle Lage […]– die voraussichtliche Entwicklung des Geschäfts– die Beschäftigungslage– grundlegende Änderungen der Organisation– Einführung neuer Arbeits- und Fertigungsverfahren– Verlegung von Unternehmen, Betrieben oder wesentlichen Be-

triebsteilen– Zusammenschlüsse oder Spaltung von Unternehmen oder Be-

trieben– Einschränkung oder Stilllegung von Unternehmen, Betrieben

oder wesentlichen Betriebsteilen– Massenentlassungen (entsprechend § 17 KSchG)– Investitionen, Desinvestitionen– Geplante oder drohende Unternehmensübernahme– Chancengleichheit, Gleichstellung– Diskriminierung– Human Resources Aktivitäten– Aus- und Fortbildung– Rationalisierung.«

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118 Beteiligungsrechte, -prozeduren und -instrumente

In einer anderen SE haben die Parteien – weit über die gesetzliche Rege-lung hinaus – einen zweiten Themenkatalog vereinbart, zu dem derSE-BR »bei Bedarf« in einer zweiten jährlichen Sitzung unterrichtet undangehört werden muss. Es geht unter anderem um Einkommensstruk-turen, Arbeitszeitmodelle, Rationalisierungsvorhaben und geschäftspo-litische Neuerungen.

»Bei den nachfolgend genannten Angelegenheiten hat der Betriebs-rat SE darüber hinaus bei Bedarf einmal jährlich ein Unterrichtungs-und Anhörungsrecht. Der Betriebsrat SE soll dieses Unterrichtungs-und Anhörungsrecht schriftlich gegenüber dem Vorstand SE geltendmachen und kurz darlegen, warum ein Unterrichtungs- und Anhö-rungsinteresse besteht.Der Vorstand SE soll den Betriebsrat SE im Rahmen einer ordent-lichen Sitzung gemäß § 6 Ziffer 2 unter Berücksichtigung der Defini-tion in §5 Ziffer 1 über folgende Themen unterrichten:– die Einkommensstrukturen in den einzelnen Sparten/Business

Units,– die Sozialleistungen in den einzelnen Sparten/Business Units,– die aktuelle und geplante Arbeitszeit (Dauer, Lage, Arbeitszeitmo-

delle) in den einzelnen Sparten/Business Units,– Rationalisierungsvorhaben in den einzelnen Sparten/Business

Units,– geplante geschäftspolitische Neuerungen (z. B. Produkte, Kunden-

gruppen),– wesentliche Änderungen der Vertragsbeziehungen innerhalb des

Konzerns und im Hinblick auf konzernfremde Unternehmen,– Arbeitssicherheit und Gesundheit, insbesondere Unfallstatistiken

und Präventionsprogramme.«110600/343/0

Im gleichen Unternehmen existiert noch ein weiterer Katalog an The-men, über die exklusiv der geschäftsführende Ausschuss vierteljährlichzu informieren ist. Es geht um »Umsatz/Kosten/Gewinn in den einzel-nen Sparten/Business Units« und die »wirtschaftliche Situation in deneinzelnen Mitgliedstaaten«. Hierbei sind besondere Regeln für die ver-trauliche Behandlung der Informationen vereinbart. Insgesamt ist fest-

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Regelmäßige Unterrichtung und Anhörung des SE-BR 119

zustellen, dass hier eine SE im Hinblick auf die Informationsdichte undthematische Zuständigkeit, die der SE-BR beanspruchen kann, deutlichaus dem üblichen Rahmen fällt.In mehreren SE-Vereinbarungen wird darauf hingewiesen, dass die Un-terrichtung und Anhörung einvernehmlich um zusätzliche Themenüber den festgelegten Katalog hinaus ergänzt werden kann. Ein uneinge-schränktes Recht des SE-BR, die Themen der bevorstehenden Unterrich-tung und Anhörung einseitig zu erweitern, existiert in keinem Fall. Nach-stehend reicht der Anspruch des SE-BR immerhin soweit, dass diezusätzlichen Themen des SE-BR im Regelfall behandelt werden müssen.Die Unternehmensleitung muss begründen, wenn sie die Informationzu einem angefragten Thema ausnahmsweise verweigert. Fast gleichlau-tend findet sich die folgende Regelung in zwei Vereinbarungen.

»Der GA hat die Möglichkeit, der Unternehmensleitung rechtszeitigvor den turnusmäßigen Sitzungen weitere, nicht in dem Katalog ge-mäß 11.2 genannte Angelegenheiten zu benennen, welche die Ent-wicklung der Geschäftslage und die Perspektiven in den […] Gesell-schaften und Betrieben betreffen. Die Unternehmensleitung wirddem SEF in den turnusmäßigen Sitzungen über diese Angelegenhei-ten berichten und mit ihm diskutieren. Dies gilt nicht, soweit berech-tigte Interessen der Unternehmensleitung dem entgegenstehen unddie Unternehmensleitung dies gegenüber dem SEF begründet.«

110600/338/2009

3.1.3 Informationsquellen, Beratungsmöglichkeiten

Im Unterschied zu vielen nationalen Interessenvertretungen hat derSE-BR keine Rechte, die einen zwingenden Einfluss auf unternehme-rische Maßnahmen sicherstellen. Er hat nur die Möglichkeit, argumen-tativ den Meinungsbildungsprozess des Managements zu beeinflussen.Wie effektiv dies geschieht, hängt von zahlreichen Faktoren ab, dietypischerweise in SE-Vereinbarungen geregelt werden: vor allem derUmfang und Zeitpunkt der Unterrichtung sowie die Intensität der An-hörung. Wie intensiv sich der SE-BR in den Anhörungen mit den Infor-mationen der Unternehmensleitung auseinandersetzen kann, hängt

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120 Beteiligungsrechte, -prozeduren und -instrumente

von verschiedenen Voraussetzungen ab. Dazu gehören Vorabinforma-tionen, Vor- und Nachbereitungsmöglichkeiten, die Einbeziehung vonSachverständigen und die Pflicht der SE-Leitung, auf die Fragen und Ar-gumente des SE-BR zu reagieren.Die Unternehmensleitung präsentiert dem SE-BR regelmäßig einen Be-richt zur Unterrichtung und Anhörung. Daneben sind wesentlicheInformationsquellen des SE-BR die Unterlagen, die bereits vor der ge-meinsamen Sitzung zur Verfügung stehen müssen. Gemäß den Auf-fangvorschriften sind dies laut §28 Abs.1 SEBG Geschäftsberichte, Tages-ordnungen aller Sitzungen des Leitungsorgans und des Aufsichts- oderVerwaltungsorgans sowie die Kopien aller Unterlagen, die der Hauptver-sammlung der Aktionäre vorgelegt werden. In diesem Punkt weichen dieSE-Vereinbarungen mehrheitlich – und teilweise deutlich – von der Auf-fangvorschrift ab. Einige enthalten keine Bestimmung, die die vorzule-genden Unterlagen betrifft. In anderen SE-Vereinbarungen wird nur ge-nerell verlangt, dass die »erforderlichen Unterlagen« vorgelegt werden.Noch andere Vereinbarungen übernehmen zwar den ersten und drittenPunkt aus dem Katalog der Auffangvorschrift, berücksichtigen jedochnicht die Tagesordnungen der Leitungs- und Aufsichtsgremien.

»Zu den erforderlichen Unterlagen im Sinne des Abs.1 gehören ent-sprechend §28 Abs.1 SEBG insbesondere Geschäftsberichte. Die Ko-pien aller Unterlagen, die der Hauptversammlung der Aktionäre vor-gelegt werden, werden parallel auch dem SE-Council zugeleitet.«

110600/152/2008

Mehrere SE-Vereinbarungen verlangen, dass andere Unterlagen vorge-legt werden.

»Zu den erforderlichen Unterlagen gehören insbesondere:– quartalsweise ein Managementreporting mit einem Überblick über

die Ertragslage, Umsatz- und Investitionsentwicklung– jährlich Budgetzahlen für das Planjahr, mit einer Übersicht über

den Umsatzplan und den Investitionsplan– eine Strukturbilanz– eine Sozialbilanz.«

110600/135/2007

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Regelmäßige Unterrichtung und Anhörung des SE-BR 121

Daneben gibt es auch SE-Vereinbarungen, die sich eng an die gesetz-lichen Auffangregelungen halten. Teilweise wird hinzugefügt, dass imEinzelfall eine Klärung zwischen geschäftsführendem Ausschuss undUnternehmensleitung erfolgt, welche Unterlagen genau erforderlichsind.

»Dem SEF sind im Zusammenhang mit den Sitzungen gemäß Zif-fer 11.1. sämtliche erforderlichen Unterlagen rechtzeitig vor den Sit-zungen vorzulegen, insbesondere:– der Geschäftsbericht des […] Konzerns,– die Tagesordnungen aller Sitzungen des Leitungsorgans und des

Aufsichtsrats,– die Kopien der Unterlagen, die der Hauptversammlung der […] SE

vorgelegt werden, soweit diese erforderlich sind. Welche Unter-lagen erforderlich sind, wird zwischen dem GA und der Unterneh-mensleitung abgestimmt.«

110600/338/2009

Für die Handlungsmöglichkeiten des SE-BR bietet die umfangreicheVorlage wichtiger Unterlagen allein noch keine hinreichende Hilfe. Ent-scheidend ist darüber hinaus, dass anhand der Unterlagen eine inten-sive Vorbereitung auf die Sitzung zur Unterrichtung und Anhörungmöglich ist. Dies beginnt mit dem Zeitraum, der zwischen Zusendungder Unterlagen und gemeinsamer Sitzung zur Verfügung steht. Oft wirdwie im Gesetz eine »rechtzeitige Vorlage« gefordert. Was darunter ver-standen wird, ergibt sich in einigen SE-Vereinbarungen aus konkretenZeitangaben. Sie setzen die Vorlage teils eine, teils zwei Wochen vor derSitzung an. Mehrere SE-Vereinbarungen sehen zudem Vorbereitungs-treffen des SE-BR vor.

»Der SE-Betriebsrat ist berechtigt, am Tag vor dem Jahrestreffen einVorbereitungstreffen […] abzuhalten. […] Vertreter der Unterneh-mensleitung nehmen an den Vorbereitungstreffen nicht teil.«

110600/169/2008

Manche Regelungen sehen Vor- und Nachbereitungstreffen vor.

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122 Beteiligungsrechte, -prozeduren und -instrumente

»Die Sitzungen des Betriebsrats SE, die mit dem Vorstand SE ge-meinsam stattfinden, sollten in der Regel nicht länger als einen Tagdauern. Zusätzlich hat der Betriebsrat SE das Recht in unmittelba-rem zeitlichen Zusammenhang zu diesen Sitzungen, Vor- und Nach-bereitungssitzungen ohne Teilnahme des Vorstands SE durchzufüh-ren. Die Dauer von Vor-, Haupt- und Nachbereitungssitzung darfinsgesamt maximal zwei Tage betragen. Abweichungen hiervon wer-den im Einzelfall vom Vorsitzenden des Betriebsrats SE mit demVorstand SE vereinbart.«

110600/343/0

Wichtig ist weiterhin, dass in die Vorbereitung auch Sachverständigeeinbezogen werden können. Da ein Recht auf Hinzuziehung von Sach-verständigen weithin besteht (vgl. Kap. 2.4.3), wird diese Forderung imAllgemeinen erfüllt. Hilfreich kann in diesem Zusammenhang auch diefolgende Regelung zur Einsichtnahme in den Jahresabschlussberichtdes Wirtschaftsprüfers sein.

»Der SE-BR-Vorsitzende und sein Stellvertreter können mit einemSachverständigen und einem SE-Vertreter den Jahresabschlussbe-richt des Wirtschaftsprüfers des SE-Konzerns einsehen und erörternund die Ergebnisse dieser Erörterung dem SE-BR mitteilen.«

110600/165/0

Der Informations- und Beratungsstand des SE-BR kann zudem verbessertwerden, indem zwischen den gemeinsamen Sitzungen zur Unterrich-tung und Anhörung weitere Treffen mit dem Management vorgesehensind. In den SE-Vereinbarungen ist dies jedoch nur sehr selten geregelt.Das folgende Beispiel betrifft den geschäftsführenden Ausschuss.

»In jedem Kalendermonat findet eine Sitzung der Konzernpersonal-abteilung mit dem Geschäftsführenden Ausschuss statt. […] Dies solles dem Geschäftsführenden Ausschuss ermöglichen, Alternativkon-zepte zu prüfen und/oder zu entwickeln und die geplanten Maßnah-men mit der Konzernpersonalabteilung zu diskutieren, bevor eineendgültige Entscheidung getroffen wird.«

110600/149/2008

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Unterrichtung und Anhörung in besonderen Fällen 123

In mehreren SE-Vereinbarungen finden sich überdies Prinzipien, wieder Dialog zwischen SE-BR und Management zu führen ist. Konkre-tisiert werden Regelungen über die Intensität des Dialogs vor allem imZusammenhang mit dem Verfahren bei außergewöhnlichen Umstän-den. Insoweit sei auf das Kapitel 3.2.3 »Intensität der Anhörung« ver-wiesen.

3.2 Unterrichtung und Anhörung in besonderen Fällen

Die Regelungen über die Unterrichtung und Anhörung in besonderenFällen spielen vermutlich für viele SE-Betriebsräte über viele Jahre kaumeine Rolle, da die besonderen Voraussetzungen schlicht nicht vorliegen.Tritt der Fall jedoch ein, muss sich in zugespitzter Situation die Qualitätder getroffenen Regelungen erweisen. Typischerweise regeln die SE-Ver-einbarungen hierzu fünf Punkte:• Welche Umstände begründen den außerordentlichen Anspruch des

SE-BR auf Unterrichtung und Anhörung?• Welche Beteiligten werden unterrichtet und angehört?• Wann erfolgt die Unterrichtung?• Wie ist das Anhörungsverfahren gestaltet?• Wie wird verfahren, wenn die Unternehmensleitung der Stellung-

nahme des SE-BR nicht folgen will?Erneut handelt es sich hierbei um Regelungspunkte, zu denen auch fürden SE-BR kraft Gesetzes konkrete Vorgaben bestehen. Laut § 29 Abs.1SEBG lösen »außergewöhnliche Umstände, die erhebliche Auswirkun-gen auf die Interessen der Arbeitnehmer haben«, den besonderen An-spruch auf Unterrichtung aus. Drei Sachlagen werden aufgezählt, die»insbesondere« als außergewöhnliche Umstände gelten: Betriebsverle-gungen bzw. -verlagerungen, Betriebsstilllegungen, Massenentlassun-gen. Abs.2 formuliert das Recht des SE-BR, ein Anhörungstreffen mitder Unternehmensleitung zu beantragen. Abs.3 stellt es dem SE-BRfrei, das Anhörungsverfahren dem geschäftsführenden Ausschuss an-stelle des gesamten SE-BR zu übertragen. Den Vertretern der unmittel-bar betroffenen Beschäftigten im SE-BR wird das Recht zur Teilnahme

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124 Beteiligungsrechte, -prozeduren und -instrumente

garantiert. Schließlich sichert Abs.4 dem SE-BR das Recht auf ein weite-res Anhörungstreffen für den Fall zu, dass die Leitung der SE nicht ent-sprechend der Stellungnahme der Arbeitnehmervertretung handelnwill.

3.2.1 Umstände und Beteiligte

Im ersten Punkt unterscheiden sich nur wenige SE-Vereinbarungenerheblich von der gesetzlichen Regelung in § 29 Abs.1 SEBG. Die For-mel von den »außergewöhnlichen Umständen, die erhebliche Auswir-kungen auf die Interessen der Arbeitnehmer haben«, wird in vielen SE-Vereinbarungen sogar wortgleich aufgenommen. Bisweilen wird dieseFormulierung allerdings eingeschränkt. Dabei wird betont, dass dieAuswirkungen grenzüberschreitend bzw. mindestens die Beschäftigtenin zwei Ländern betroffen sein müssen.

»Der Geschäftsführende Ausschuss ist über außergewöhnliche Um-stände, die erhebliche Auswirkungen auf die Interessen von mindes-tens 30 Arbeitnehmern in mindestens zwei Ländern im Geltungsbe-reich dieser Vereinbarung haben, durch die Leitung der […] SE unterVorlage der erforderlichen Unterlagen zu informieren.«

110600/143/2008

Solche Einschränkungen bestätigen oft, was bereits in den entsprechen-den SE-Vereinbarungen unter dem Punkt Zuständigkeit des SE-BR ge-regelt ist (siehe Kap. 2.4.1).In fast allen untersuchten SE-Vereinbarungen wird die allgemeine For-mel um eine Liste mit konkreten Sachlagen erweitert – Fälle, in denen»insbesondere« eine außerordentliche Unterrichtung und Anhörungstattfindet. Meistens werden dabei auch die drei im Gesetz genanntenFälle aufgegriffen. Allerdings wird die Liste häufig erweitert, gelegent-lich gekürzt oder auf andere Weise eingeschränkt. Mehrfach wird dieListe im Vergleich zu § 29 Abs.1 SEBG um den Aspekt Unternehmens-zusammenschlüsse, -umwandlungen bzw. -spaltungen erweitert. Damitwird klargestellt, dass nicht erst die faktischen Vorgänge (Verlagerung,Stilllegung), sondern bereits die juristischen Schritte der SE, die vielfach

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Unterrichtung und Anhörung in besonderen Fällen 125

den faktischen vorausgehen, als außergewöhnliche Umstände geltenund somit die Unterrichtungs- und Anhörungspflicht auslösen.

»Als außergewöhnliche Umstände gelten insbesondere– die Verlegung oder Verlagerung von Unternehmen, Betrieben oder

wesentlichen Betriebsteilen;– die Stilllegung von Unternehmen, Betrieben oder wesentlichen

Betriebsteilen;– der Zusammenschluss, die Umwandlung oder Spaltung von Un-

ternehmen;– Massenentlassungen im Sinne des Art. 1 der Massenentlassungs-

richtlinie RL/98/59/EG.«110600/179/0

In zwei weiteren Fällen gelten abweichend vom Gesetz Umsatz- bzw.Auftragsrückgänge bereits als außergewöhnliche Umstände, wodurchdie Beteiligung des SE-BR in einem früheren Stadium einer bedroh-lichen Geschäftsentwicklung greifen kann.

»Als außergewöhnliche Umstände gelten insbesondere:– die Stilllegung, Verlegung oder Verlagerung von Unternehmen Be-

trieben oder wesentlichen Betriebsteilen (§29 Abs. (1) Satz 2 Nr.1und Nr.2 SEBG),

– Massenentlassungen, und– erstmalige Auftrags- und/oder Umsatzrückgänge oder im Zusam-

menhang mit den erstmaligen Auftrags- und/oder Umsatzrückenstehenden Folge-Auftrags- und/oder Umsatzrückgänge im voran-gegangenen Quartal von mehr als 20 % im Vergleich zum Vorjahr.«

110600/336/2010

In einer neueren Vereinbarung aus dem Jahr 2012 (110600/340/2012)werden u. a. auch »wesentliche Investitionen, grundlegende Ände-rungen der Organisation sowie Einführung neuer Arbeits- und Ferti-gungsverfahren« als Grund für eine außerordentliche Unterrichtungund Anhörung geführt. Eine andere – nachstehend abgedruckte – Ver-einbarung schließlich fällt dadurch auf, dass neben den üblichen außer-gewöhnlichen Umständen eine zweite, sehr weit gefasste Liste mit »ver-

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126 Beteiligungsrechte, -prozeduren und -instrumente

änderten Umständen« enthalten ist, die ebenfalls eine außerordentlicheUnterrichtung und Anhörung auslösen. In beiden Fällen handelt essich – im Unterschied zum Gesetz – keineswegs nur um eher selten auf-tretende krisenhafte Umstände, die das Verfahren auslösen. Auch üb-liche, durchaus positive Entwicklungen im Unternehmen werden Ge-genstand der kontinuierlichen Kommunikation zwischen SE-BR bzw.geschäftsführendem Ausschuss und Unternehmensleitung, wenn da-mit gravierende Änderungen für die Arbeitsbedingungen verbundensind. Der soziale Dialog in der SE dürfte so deutlich intensiviert und ver-stetigt werden.

»Die Unternehmensleitung informiert den GA außerhalb der tur-nusmäßigen Sitzung im Vorfeld über folgende veränderte Um-stände:– wesentliche Kürzungen von beschlossenen Investitionsprogram-

men,– Auftragseinbrüche von mindestens 10 % des geplanten Jahresum-

satzes Europa,– grundlegende Änderungen der Organisation, soweit diese einen

grenzüberschreitenden Bezug aufweisen,– die Einführung neuer Arbeits- und Fertigungsverfahren, soweit

diese einen grenzüberschreitenden Bezug aufweisen,– grenzüberschreitende Zusammenschlüsse oder Spaltungen von

Unternehmen und Betrieben,– sämtliche in Ziffer 12.2.1. bezeichneten Maßnahmen, auch wenn

diese keinen grenzüberschreitenden Bezug aufweisen,– sämtliche in Ziffer 12.2.1 b) und c) bezeichneten Maßnahmen,

auch wenn die dort festgelegten Schwellenwerte nicht erreichtsind.

In diesen Fällen hat die Unternehmensleitung folgendes verein-fachte Verfahren einzuleiten:Die Unternehmensleitung hat den GA über die veränderten Um-stände rechtzeitig unter Vorlage von Unterlagen schriftlich zu unter-richten. Zeitgleich hat eine inhaltsgleiche Unterrichtung der Mitglie-der des SEF aus den von den jeweiligen Maßnahmen betroffenenLändern stattzufinden. Die Umsetzungssperre nach 12.2.2. d) findetkeine Anwendung. Auf Wunsch des GA findet eine abschließende

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Unterrichtung und Anhörung in besonderen Fällen 127

gemeinsame Sitzung mit der Unternehmensleitung, ggf. unter Hin-zuziehung der Mitglieder des SEF aus den von den Maßnahmen be-troffenen Ländern statt.«

110600/338/2009

An zweiter Stelle geht es um die Frage: Wer genau wird unterrichtet undangehört? Hierzu können die Verhandlungspartner grundsätzlich wäh-len, ob sie entweder den SE-BR insgesamt oder den geschäftsführendenAusschuss als Adressat festlegen. Weiterhin wird unterschieden, ob esautomatisch oder nur auf Antrag zu einer Anhörung kommt. Der kriti-sche Punkt scheint in der Tat die zusätzliche Sitzung zwecks Anhörungzu sein, die in manchen Unternehmen offenbar vermieden oder auf dengeschäftsführenden Ausschuss beschränkt werden soll. Der Gesetzge-ber hat dieses Problem erkannt und sich für einen Mittelweg entschie-den. Der SE-BR kraft Gesetzes hat bei außergewöhnlichen Umständendas Recht, auf Antrag angehört zu werden. Im gesetzlichen Regelfallwird er als Gesamtgremium hierzu einberufen (§29 Abs.2 SEBG). Erkann auf eigenen Beschluss das Anhörungsverfahren dem geschäfts-führenden Ausschuss überlassen. Dann allerdings werden jene Mitglie-der des SE-BR hinzugezogen, die die von der anstehenden Maßnahmebetroffenen Beschäftigten vertreten (§ 29 Abs.3 SEBG).Auffallend wenige SE-Vereinbarungen übernehmen diese gesetzlicheRegel-Ausnahme-Bestimmung. Stattdessen ist gerade in diesem Punktdie Regelungsvielfalt groß. Vier Typen lassen sich unterscheiden: Dererste Regelungstyp entspricht dem Gesetz. Die Anhörung findet gegen-über dem gesamten SE-BR auf Antrag statt. Ein zweiter Regelungstypsieht nach der Unterrichtung automatisch (ohne Antrag) eine Anhörungdes SE-BR als Gesamtgremium vor.

»Über außergewöhnliche Umstände, die erhebliche Auswirkungenauf die Interessen der Arbeitnehmer haben, hat die Leitung der SEden SE-Betriebsrat rechtzeitig unter Vorlage der erforderlichen Un-terlagen umfassend zu unterrichten. Die Vorlage der erforderlichenUnterlagen hat spätestens zwei Wochen vor der entsprechenden au-ßerordentlichen Sitzung des SE-Betriebsrates zu erfolgen, zu der dieLeitung zusammen mit der Übermittlung der Unterlagen einlädt.«

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128 Beteiligungsrechte, -prozeduren und -instrumente

Ist der geschäftsführende Ausschuss Adressat der Unterrichtung undAnhörung bei außergewöhnlichen Umständen, existieren ebenfallsbeide Varianten. Die Anhörung findet automatisch oder nur auf Antragstatt. Häufiger findet sich unter den untersuchten SE-Vereinbarungendie Anhörung auf Antrag.

»Außerhalb der jährlichen Sitzungen des SE-Betriebsrats nimmt […]der Geschäftsführende Ausschuss die Rechte des SE-Betriebsratsauf Unterrichtung und Anhörung wahr. Die Unternehmensleitunghat dementsprechend grundsätzlich den Geschäftsführenden Aus-schuss über Grenzüberschreitende Angelegenheiten, die erheblicheAuswirkungen auf die Situation der […] Arbeitnehmer haben (›außer-gewöhnliche Umstände‹), rechtzeitig und umfassend unter Vorlageder erforderlichen Unterlagen zu unterrichten. Der Geschäftsfüh-rende Ausschuss hat auf Antrag das Recht, von der Unternehmens-leitung angehört zu werden.«

110600/137/2007

Einige Regelungen stellen es dem SE-BR in Anlehnung an § 29 Abs.3SEBG frei, den geschäftsführenden Ausschuss mit der Anhörung zu be-trauen. Umgekehrt erlauben einige Regelungen dem Ausschuss unterbestimmten Bedingungen, ausnahmsweise den gesamten SE-BR zurAnhörung einzuladen.

»In begründeten Fällen kann der Lenkungsausschuss eine außeror-dentliche Sitzung des Europa-Forums einberufen, wenn grenzüber-schreitende Angelegenheiten von außerordentlicher Bedeutung fürdie Unternehmensgruppe mit erheblichen Auswirkungen auf die Si-tuation der Arbeitnehmer im Geltungsbereich dieser Vereinbarungdies erforderlich erscheinen lassen.«

110600/167/2009

Schließlich muss bezüglich der Anhörung des geschäftsführendenAusschusses geregelt werden, ob und wenn ja welche zusätzlichen Teil-nehmer zugelassen werden. Meist werden Vertreter der speziell Be-troffenen zur Anhörung eingeladen. Dies kann je nach Struktur desSE-BR besondere Regelungen verlangen: z.B. für den Fall, dass die Be-

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Unterrichtung und Anhörung in besonderen Fällen 129

troffenen nicht über eine Vertreterin bzw. einen Vertreter im SE-BR ver-fügen.

»Der Geschäftsführende Ausschuss kann ferner mit Zustimmungder Unternehmensleitung ausnahmsweise nationale Arbeitnehmer-vertreter der von der grenzüberschreitenden Angelegenheit unmit-telbar betroffenen Tochtergesellschaften zu der Unterrichtung undAnhörung hinzuziehen, wenn dies im Interesse einer angemesse-nen Repräsentanz der betroffenen Arbeitnehmer (z. B. dann, wenndie an der Unterrichtung und Anhörung teilnehmenden Mitgliederdes SE-Betriebsrats nicht dem betroffenen Unternehmensbereichangehören) geboten erscheint.«

110600/137/2007

Soweit in SE-Vereinbarungen der geschäftsführende Ausschuss mit derAnhörung betraut wird, werden ihm mitunter spezielle Berichtspflich-ten auferlegt, um die Information des SE-BR insgesamt sicherzustellen.

»Der geschäftsführende Ausschuss hat den übrigen Mitgliedern desSE-Betriebsrats über außergewöhnliche Umstände, über die er vomVorstand der […] SE unterrichtet wurde, zu berichten.«

110600/139/2007

3.2.2 Zeitpunkt der Unterrichtung

Liegen außergewöhnliche Umstände vor (Verlagerungen, Stilllegungen,Massenentlassungen usw.), ist es für die mögliche Einflussnahme desSE-BR oft entscheidend, dass er frühzeitig von den geplanten Maßnah-men erfährt. Laut Auffangvorschrift §29 Abs.1 SEBG muss die Unter-richtung »rechtzeitig« erfolgen. Was darunter zu verstehen ist, ergibtsich aus den Begriffsbestimmungen in § 2 Abs.10 und 11 SEBG. Danachist der Zeitpunkt der Unterrichtung so zu wählen, dass die Arbeitneh-mervertreter zu erwartende Auswirkungen eingehend prüfen und ggf.eine Anhörung mit der Leitung der SE vorbereiten können. Die Anhö-rung muss dem SE-BR eine Stellungnahme zu den geplanten Maßnah-men ermöglichen, die im Rahmen des Entscheidungsprozesses inner-

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130 Beteiligungsrechte, -prozeduren und -instrumente

halb der SE berücksichtigt werden kann. Insgesamt muss also dieUnterrichtung des SE-BR so frühzeitig erfolgen, dass danach mindes-tens drei Verfahrensschritte bis zum Abschluss des Entscheidungspro-zesses in der SE zeitlich möglich sind: eingehende Prüfung, Verfasseneiner Stellungnahme und Erörterung der Stellungnahme mit den Ent-scheidungsträgern im Dialog.Auch in den SE-Vereinbarungen wird regelmäßig eine »rechtzeitige«Unterrichtung über außergewöhnliche Umstände festgelegt. Auch hierkönnen zur Interpretation die Begriffsbestimmungen aus § 2 Abs.10und 11 SEBG herangezogen werden. Ungeachtet dessen findet sich imText vieler SE-Vereinbarungen folgende Quintessenz: Die Stellung-nahme des SE-BR muss so rechtzeitig möglich sein, dass sie noch für dieEntscheidungen berücksichtigt werden kann.

»Die Unterrichtung und Anhörung des SE-Betriebsrats soll so recht-zeitig erfolgen, dass der Vorstand der […] SE die Sichtweise des SE-Betriebsrats im Rahmen der Entscheidungsfindung berücksichtigenkann.«

110600/347/2012

Einzelne SE-Vereinbarungen gehen weiter als das Gesetz. Die folgendeRegelung soll ermöglichen, dass der SE-BR Alternativkonzepte vor derendgültigen Entscheidung entwickeln kann. Dieser Prozess beanspruchtsicher mehr Zeit als das Verfassen einer Stellungnahme.

»Die rechtzeitige Unterrichtung soll es dem SE-Betriebsrat ermög-lichen, Alternativkonzepte zu prüfen und/oder zu entwickeln sowiedie geplanten Maßnahmen mit der Leitung zu diskutieren, bevoreine endgültige Entscheidung getroffen wird.«

110600/149/2008

Konsequenterweise sieht eine SE-Vereinbarung eine Ankündigungsfristvon bis zu zwölf Monaten vor.

»Bei Umstrukturierungen mit erheblichem Umfang (die Verlegungoder Verlagerung von Unternehmen, Betrieben oder wesentlichenBetriebsteilen, die Stilllegung von Unternehmen, Betrieben oder we-

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Unterrichtung und Anhörung in besonderen Fällen 131

sentlichen Betriebsteilen oder Massenentlassungen) wird die Lei-tung eine Ankündigungsfrist von bis zu 12 Monaten gewähren.«

110600/135/2007

3.2.3 Intensität der Anhörung

In der Anhörung soll der SE-BR seine Argumente und Alternativvorstel-lungen zur Geltung bringen können. Daher wird die Anhörung in §2Abs.11 SEBG als Dialog und Meinungsaustausch zwischen dem SE-Be-triebsrat und der Leitung der SE definiert. Man kann davon ausgehen,dass ein ernsthafter Meinungsaustausch jede Seite mindestens zweimalzu Wort kommen lassen muss. Bei nur jeweils einer Stellungnahme derBeteiligten ist vorprogrammiert, dass Missverständnisse oder unge-klärte Fragen offen bleiben. Entsprechend sieht die Auffangregelung in§29 Abs.4 SEBG vor, dass jedenfalls bei Dissens eine zweite Verständi-gung versucht wird (vgl. Kap. 3.2.4).Fragen der Intensität der Anhörung werden in SE-Vereinbarungen vorallem im Zusammenhang mit dem Verfahren bei außergewöhnlichenUmständen geregelt. Dazu gehören Festlegungen, dass ein Vorstands-mitglied persönlich bzw. ein Vertreter mit Entscheidungsbefugnissenfür die Anhörung zur Verfügung stehen muss. Damit wird sicherge-stellt, dass die Positionen des SE-BR seitens der Entscheidungsträger tat-sächlich wahrgenommen werden.

»Der Geschäftsführende Ausschuss hat das Recht, auf Antrag mitdem Vorstand zusammenzutreffen, um in einer gemeinsamen Sit-zung zu den außergewöhnlichen Umständen […] angehört zu wer-den. Die Anhörung sollte durch ein Mitglied des Vorstands persön-lich erfolgen.«

110600/138/2007

Einige SE-Vereinbarungen gewähren dem SE-BR nach der gemeinsa-men Sitzung zur Unterrichtung und Anhörung – auch bei außerge-wöhnlichen Umständen – einen Zeitraum von ein bis zwei Wochen, umeine Stellungnahme zu erarbeiten.

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132 Beteiligungsrechte, -prozeduren und -instrumente

»Im Anschluss an die gemeinsame Sitzung kann der SE-Betriebsrateine schriftliche Stellungnahme erarbeiten, die der Leitung spätes-tens zwei Wochen nach der gemeinsamen Sitzung zur Verfügung ge-stellt werden muss.«

110600/179/0

In mehreren Fällen sichert die Unternehmensleitung dem SE-BR eineschriftliche Reaktion auf die Stellungnahme zu.

»Soweit die Stellungnahme nicht bereits im Rahmen der Ordent-lichen oder Außerordentlichen Sitzung erfolgt, soll sie innerhalbeiner Woche nach der jeweiligen Sitzung der Unternehmensleitungder […] SE schriftlich vorliegen. Die Unternehmensleitung der […]SE wird den Inhalt der Stellungnahme in ihre Abwägung bei der Ent-scheidungsfindung einbeziehen und den Geschäftsführenden Aus-schuss vor Umsetzung der Maßnahme über die inhaltliche Behand-lung der Stellungnahme schriftlich informieren.«

110600/140/2007

Damit ist in einigen Vereinbarungen ausdrücklich durch Verfahrensre-gelungen sichergestellt, dass im Dialog tatsächlich jede Seite mehrfachzu Wort kommt.

3.2.4 Verfahren bei Dissens, Umsetzungssperre

Viele SE-Vereinbarungen treffen eine Sonderregelung für den Fall, dassdie Unternehmensleitung bei außergewöhnlichen Umständen be-schließt, nicht entsprechend der Stellungnahme des geschäftsführen-den Ausschusses oder des SE-BR zu handeln. Die Arbeitnehmervertre-tung erhält dann in der Regel erneut Gelegenheit, sich zu äußern.Vorbild ist die Auffangvorschrift in § 29 Abs.4 SEBG: Sie sieht für diesenFall ein erneutes Treffen des SE-BR mit der Leitung mit dem Ziel vor,dass sich die beiden Parteien einigen. Allerdings wird keineswegs inallen SE-Vereinbarungen ein erneutes Treffen in Aussicht gestellt. Auf-fällig viele vor allem der älteren SE-Vereinbarungen fallen in diesemPunkt hinter die gesetzlichen Auffangvorschriften zurück. Ein Verfah-

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Unterrichtung und Anhörung in besonderen Fällen 133

ren bei Dissens fehlt ganz oder es ist lediglich ein schriftliches Verfahrenvorgesehen.

»Wenn die Leitung der SE beschließt, nicht entsprechend der vondem SE-Betriebsrat abgegebenen Stellungnahme zu handeln, hat derSE-Betriebsrat das Recht auf eine schriftliche Stellungnahme der Lei-tung der SE, in der diese darlegt, inwieweit und aus welchen Grün-den sie von Vorschlägen des SE-Betriebsrates abweicht.«

110600/179/0

In manchen älteren und zunehmend in den neueren SE-Vereinbarun-gen ist allerdings bei Dissens eine zweite Präsenzsitzung ähnlich wie inden gesetzlichen Auffangvorschriften vorgesehen.

»Der Geschäftsführende Ausschuss ist berechtigt, eine Stellung-nahme zu den Maßnahmen abzugeben. Wenn die Stellungnahmeinnerhalb von drei Wochen abgegeben wird und der Vorstand der […]SE beschließt, nicht entsprechend der Stellungnahme des Geschäfts-führenden Ausschusses zu handeln, kann der GeschäftsführendeAusschuss innerhalb von einer Woche nach Mitteilung des Vorstan-des der […] SE über ihren Beschluss verlangen, ein weiteres Mal mitdem Vorstand zusammenzutreffen, um eine Einigung herbeizufüh-ren. Die Sitzung findet innerhalb von zwei Wochen, nach dem Ver-langen des Geschäftsführenden Ausschusses statt.«

110600/145/2008

Besonders detailliert wird das Verfahren in nachstehender Vereinbarunggeregelt.

»In diesen Fällen hat die Unternehmensleitung folgendes fristge-bundene Verfahren einzuleiten:a) Gleichzeitig mit der Unterrichtung lädt die Unternehmensleitung

zu einer gemeinsamen Sitzung ein. Diese Sitzung findet frühes-tens 7 Tage nach der schriftlichen Unterrichtung statt.

b) In der gemeinsamen Sitzung mit der Unternehmensleitung findeteine ergänzende, mündliche Unterrichtung statt. Der erweiterteGA hat die Möglichkeit einer Sitzung zur Vor- und Nachbereitung.

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134 Beteiligungsrechte, -prozeduren und -instrumente

c) Der erweiterte GA hat die Möglichkeit, binnen 21 Tagen ab demZeitpunkt der gemeinsamen Sitzung, eine schriftliche Stellung-nahme zu den geplanten Maßnahmen abzugeben.

d) Folgt die Unternehmensleitung den Empfehlungen des erweiter-ten GA ist das Anhörungsverfahren abgeschlossen. Folgt die Un-ternehmensleitung den Empfehlungen des erweiterten GA nicht,hat sie ihre Entscheidungen dem erweiterten GA schriftlich mit-zuteilen und gleichzeitig zu einer gemeinsamen Sitzung einzula-den. Diese Sitzung findet frühestens 7 Tage nach der schriftlichenMitteilung statt. Unternehmensleitung und SEF gehen davonaus, dass die gemeinsamen Sitzungen nicht länger als einen Tagin Anspruch nehmen. Damit ist das Anhörungsverfahren abge-schlossen.«

110600/338/2009

In einer einzelnen älteren Vereinbarung und – nach diesem Vorbild –zunehmend in jüngerer Zeit wird ausdrücklich festgehalten, dass dieUnternehmensleitung während des Anhörungsverfahrens keine Faktenschaffen darf, die den Einfluss des SE-BR vereiteln.

»Bis zum endgültigen Abschluss des Verfahrens darf die Leitungnicht mit der Umsetzung der Maßnahme beginnen (Umsetzungs-sperre). Dazu gehören auch planende und prüfende Maßnahmen,die dazu führen könnten, dass die Sichtweise des SE-Betriebsratsnicht mehr berücksichtigt werden könnte.«

110600/179/0

»Solange die Anhörung andauert und sofern ein parallel eingeleite-tes Anhörungs- oder vergleichbares Anhörungsverfahren nach natio-nalem Recht (z.B. ein Verfahren über einen Interessenausgleichnach §§111ff. BetrVG) noch nicht abgeschlossen ist, kann der […] BRbzw. dessen Lenkungsausschuss verlangen, dass die geplanten Maß-nahmen noch nicht, auch nicht teilweise, weder auf europäischernoch auf nationaler Ebene, vollzogen werden darf.«

110600/340/2012

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Weitere Beteiligungsrechte 135

Solche Umsetzungssperren können die Chancen des SE-BR deutlichverbessern, notfalls gerichtlich eine Unterlassungsverfügung gegen vor-zeitige Maßnahmen des Managements zu erwirken.

3.3 Weitere Beteiligungsrechte

3.3.1 Initiativrechte des SE-BR

ThemenIn einigen SE-Vereinbarungen erklären die Verhandlungspartner ihreVerantwortung für zentrale Themen einer sozial orientierten Unterneh-mensführung bereits in der Präambel (vgl. Kap. 2.2.2). In diesen undeinigen weiteren Vereinbarungen werden im Hauptteil so genannte Ini-tiativrechte formuliert. Darin wird ein kurzer Katalog mit meist vier The-men festgelegt. Teilweise sind die Themen als Beispiele gekennzeichnet.In allen Fällen handelt es sich um Initiativen, die SE-BR und Unterneh-mensleitung nur gemeinsam und demnach einvernehmlich ergreifenkönnen.

»Der SE-Betriebsrat und die Unternehmensleitung können gemein-sam innerhalb des Geltungsbereichs der Vereinbarung Initiativenzu länderübergreifenden Maßnahmen mit dem Ziel ergreifen, Leit-linien beispielsweise in den folgenden Bereichen zu definieren:– Chancengleichheit;– Arbeits- und Gesundheitsschutz;– Datenschutz;– Aus- und Weiterbildungspolitik.«

110600/137/2007

DurchsetzungsmöglichkeitenWerden Themen unter dem Punkt Initiativrechte in die Vereinbarungenaufgenommen, ist klargestellt, dass sie in den Zuständigkeitsbereich desSE-BR fallen. Von Rechten des SE-BR kann jedoch kaum die Rede sein:Die Initiativen können nur gemeinsam mit der Unternehmensleitungergriffen und bei Dissens nicht rechtlich durchgesetzt werden. Aller-

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136 Beteiligungsrechte, -prozeduren und -instrumente

dings wäre es mit den Grundsätzen der vertrauensvollen Zusammenar-beit nicht zu vereinbaren, wenn die Unternehmensleitung Verhandlun-gen zu den vereinbarten Themen von vornherein ablehnen würde. DieVereinbarung von Leitlinien zu einem der Themen kann der SE-BR abernicht erzwingen.In einer Vereinbarung wird dem SE-BR ausdrücklich zugestanden, Ini-tiativen auf ordentlichen Sitzungen des Gremiums der Unternehmens-leitung zu unterbreiten und mit ihr zu erörtern.

»Der SE-Betriebsrat kann Initiativen zur Verbesserung des Arbeits-und Gesundheitsschutzes, Umweltschutzes, der Arbeitsplatzsiche-rung, der Verhinderung von Diskriminierung, der Sicherstellung derGleichbehandlung und des Datenschutzes im [Firma]-Konzern star-ten. Die Unternehmensleitung nimmt im Rahmen der ordentlichenSitzungen diesbezügliche Anregungen des SE-Betriebsrates auf underörtert die entsprechenden Anregungen mit dem SE-Betriebsrat.Der SE-Betriebsrat wird der Unternehmensleitung solche Anregun-gen so rechtzeitig mitteilen, dass eine sachgerechte Erörterung sol-cher Themen im Rahmen der Sitzungen möglich ist.«

110600/359/2012

Interessanterweise ist in fast allen Fällen, in denen Initiativrechte ver-einbart wurden, auch ein besonderes Streitbeilegungsverfahren imSchlussteil der SE-Vereinbarung festgelegt (Kap. 2.3.4). Zum Teil wer-den die Verhandlungspartner lediglich verpflichtet, noch einmal zu be-raten. Wenn kein Einvernehmen über Leitlinien zu einem Thema derInitiativrechte hergestellt werden kann, helfen erneute Verhandlungenallein wohl selten weiter. Zum Teil handelt es sich allerdings um Schlich-tungsverfahren, die bei Meinungsverschiedenheiten über »Inhalt, Aus-legung und Anwendung« der jeweiligen SE-Vereinbarung angerufenwerden können.

»Kommt eine Verständigung nach nochmaligen Beratungen nichtzustande, so kann für Streitigkeiten über Inhalt, Auslegung und An-wendung dieser Vereinbarung eine Schlichtungsstelle am Sitz der[…] SE angerufen werden. […] Die Mitglieder der Schlichtungsstellewerden vom Geschäftsführenden Ausschuss und von der Unterneh-

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Weitere Beteiligungsrechte 137

mensleitung benannt. Jede Seite schlägt jeweils einen Beisitzer vor.Die Benennung des Vorsitzenden erfolgt gemeinsam […]; kommteine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, sobestellt ihn das für den Sitz der Gesellschaft zuständige Arbeitsge-richt […]. Entscheidungen der Schlichtungsstelle schließen eine an-schließende Anrufung des Arbeitsgerichts nicht aus.«

110600/137/2007

Ein Konflikt, der um festzulegende Leitlinien bei der Ausübung vonInitiativrechten entsteht, ist zweifellos eine Streitigkeit über die Anwen-dung der SE-Vereinbarung. Damit kann die Schlichtungsstelle angeru-fen werden, die wiederum eine Entscheidung treffen kann. Wie verbind-lich diese Entscheidung ist, wird in den SE-Vereinbarungen allerdingsnicht immer klar geregelt. Auf jeden Fall ist das Schlichtungsverfahrenals weiterer Verfahrensschritt unter neutralem Vorsitz eine zusätzlicheEinigungschance.

3.3.2 Erweiterte Beteiligungsrechte des SE-BR

Zwei ältere SE-Vereinbarungen sind zu nennen, die deutlich aus demRahmen fallen: Sie übertragen dem SE-BR Rechte der betrieblichen Mit-bestimmung im Stil des BetrVG.

»Die folgenden Angelegenheiten der […] SE dürfen nur mit Zustim-mung des BVK durchgeführt werden:– Änderung der Betriebsordnung, es sei denn, es geht um die Aus-

übung des Hausrechts,– Änderung der Grundsätze des bestehenden Schichtsystems oder

der grundsätzlichen Arbeitszeitkonzeption einschließlich der Ar-beitszeitkonten,

– beim Outsourcing von Abteilungen bzw. Auflösen von Abteilun-gen, die Gestaltung der konkreten Umsetzungsprozesse unter Be-rücksichtigung der sozialen Folgen,

– Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, diedazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeit-nehmer zu überwachen.

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138 Beteiligungsrechte, -prozeduren und -instrumente

– Änderung des Produktionsbonussystems […],– Maßnahmen zur Vermeidung von Mobbing,– Maßnahmen des Arbeits- und betrieblichen Gesundheitsschutzes

[…],– Aufstellung von Urlaubsgrundsätzen,– Firmenkultur, z.B. die Formulierung von Unternehmensleitsät-

zen,– Betriebsfeiern hinsichtlich Anzahl, Ort und zeitlicher Lage,– Gestaltung von Zielvereinbarungen […],– Beschäftigung von Leiharbeitnehmern in der Produktion, sofern

diese 20% dauerhaft übersteigt.«110600/150/0

Diese Ausgestaltung ist in zweifacher Hinsicht überraschend. Zum ei-nen erhält das Vertretungsgremium Einfluss und Rechte, die weit überden Anspruch auf Unterrichtung und Anhörung hinausgehen. Bezüg-lich der aufgelisteten Punkte kann der Arbeitgeber nur mit Zustim-mung der Arbeitnehmervertretung agieren. Es handelt sich also um er-zwingbare Mitbestimmungsrechte, wie sie einem deutschen Betriebsratzustehen. Zum anderen betreffen die aufgelisteten Themen Fragen derbetrieblichen Alltagsorganisation und der Arbeitsvertragsgestaltung, dieüblicherweise nicht auf transnationaler Ebene geregelt werden, sondernin die Kompetenz nationaler oder örtlicher Interessenvertretungen fal-len. Unklar ist auch deswegen, ob solche Regelungen in einer SE-Verein-barung rechtlich zulässig sind, was an dieser Stelle nicht näher geklärtwerden kann.

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Zusammenfassende Bewertung 139

4. Zusammenfassende Bewertung

Die Analyse der SE-Vereinbarungen zeigt, dass im Regelfall die Bildungeines SE-Betriebsrats im Mittelpunkt der Verhandlungen steht. In einemnicht unbedeutenden Anteil der untersuchten Fälle (14 von 73) wirdallerdings die Unterrichtung und Anhörung der Beschäftigten ohneSE-BR geregelt – direkt oder durch bereits bestehende andere Gremien(siehe Kap. 2.1.1). Der zweite zentrale Verhandlungspunkt ist häufig dieEntsendung von Arbeitnehmervertretern in den Aufsichtsrat der SE. So-weit ersichtlich wird eine Mitbestimmung im Aufsichtsrat allerdingsnur dort eingerichtet, wo bereits in einer Vorgängergesellschaft nachdeutschem Recht eine solche Unternehmensmitbestimmung bestand.Unter den untersuchten Fällen kam dies knapp zur Hälfte vor (sieheKap. 2.1.2).

Vielfach gute Voraussetzungen für SE-BetriebsräteDie qualitative Analyse zeigt: Dank der zahlreichen SE-Vereinbarungensind auf europäischer Ebene vielfach gute Voraussetzungen für starkeSE-Betriebsräte entstanden. Dies lässt sich vor allem durch einen Ver-gleich der ausgehandelten Regelungen mit jenen gesetzlichen Auffang-vorschriften, die für den SE-BR kraft Gesetzes gelten, deutlich machen.Nicht alle, aber doch die Mehrzahl der Vereinbarung übertrifft das ge-setzliche Niveau zugunsten der Arbeitsmöglichkeiten des SE-BR.Zunächst seien allerdings zwei Problempunkte angesprochen. Zu denbesonders heiklen Punkten in den Verhandlungen gehört offenbar dieFrage der sachlichen Zuständigkeit des SE-BR, denn hier sind sehr va-riantenreiche Regelungen getroffen worden, die nicht selten zu Ein-schränkungen im Vergleich zur gesetzlichen Auffangregelung führenkönnen. Es gibt allerdings auch Klarstellungen zugunsten der Zustän-digkeit des SE-BR (siehe Kap. 2.4.1 Zuständigkeit). Teil des Problemsdürfte sein, dass das Zusammenspiel bzw. die Arbeitsteilung zwischeneuropäischer Arbeitnehmervertretung und nationalen Vertretungsgre-

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140 Zusammenfassende Bewertung

mien noch häufig unerprobt und wenig geklärt ist. Nur wenige Ver-einbarungen treffen hierzu konkrete Regelungen, die z. B. – wie in ein-zelnen neueren Fällen – eine zeitliche Abfolge der Beteiligung derunterschiedlichen Ebenen festlegen (siehe Kap. 2.4.6). Ein zweiter Pro-blempunkt betrifft die Unterrichtung und Anhörung bei außergewöhn-lichen Umständen. Auffällig viele Vereinbarungen bleiben hier hinterder gesetzlichen Auffangregelung zurück, die in § 29 Abs. 4 SEBG einzweites Treffen bei Dissens vorsieht, um zwischen Leitung der SE undSE-BR eine Einigung herbeizuführen. In vielen älteren Vereinbarun-gen wird das Verfahren bei Dissens abgekürzt oder fehlt ganz (sieheKap. 3.2.4). Unter den neueren Vereinbarungen, die zusätzlich für dieAktualisierung 2013 dieser Untersuchung analysiert wurden, ist derAnteil allerdings deutlich geringer, der bei Dissens kein zweites Tref-fen vorsieht. Die Aufmerksamkeit für diesen Aspekt ist offenbar ge-stiegen.Auf der anderen Seite sind zahlreiche Regelungen in SE-Vereinbarun-gen zu nennen, die – teilweise weit – über die gesetzlichen Auffangrege-lungen hinausgehen. Dies betrifft vor allem die Häufigkeit von SE-Sit-zungen, die Größe des geschäftsführenden Ausschusses und bestimmteArbeitsgrundlagen wie z. B. Weiterbildungsansprüche. So kennt das Ge-setz gemäß § 28 Abs.1 SEBG nur »mindestens einmal im Kalenderjahr«eine Sitzung zwecks Unterrichtung und Anhörung. Weitere Sitzungenerfordern das Einverständnis der Leitung. Viele SE-Vereinbarungen se-hen hingegen zwei (gelegentlich sogar mehr) Sitzungen zur Unterrich-tung und Anhörung vor bzw. gewähren ein Recht auf zusätzliche (in-terne) SE-BR-Sitzungen (siehe Kap. 3.1.1). Damit sind viele SE-BR auchbesser ausgestattet als die meisten Europäischen Betriebsräte (EBR)nach dem EBRG, die in der Regel nur ein ordentliches Treffen pro Jahrdurchführen.Besonders bemerkenswert ist im Vergleich mit der gesetzlichen Auf-fangregelung in §36 Abs.3 SEBG, dass nach den meisten SE-Vereinba-rungen der SE-BR die Schlüsselrolle innehat bei der Besetzung der Auf-sichtsratsmandate der Beschäftigten (siehe Kap. 2.5.2). In der Regelbestimmt der SE-BR allein oder auf Grundlage von Vorschlägen, wer dieArbeitnehmer im Aufsichtsrat vertritt. Vor allem damit wächst die Rolledes SE-BR in vielen Fällen über die des EBR, den er häufig bei SE-Grün-dung ablöst, deutlich hinaus.

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Zusammenfassende Bewertung 141

Es gibt einige weitere Punkte zu nennen, in denen vor allem neuere SE-Vereinbarungen die gesetzlichen Standards deutlich übertreffen. In denVereinbarungen, die zusätzlich für die Aktualisierung 2013 ausgewertetworden sind, finden sich einige bemerkenswerte Tendenzen, auch wennzunächst nur jeweils einige wenige Vereinbarungen davon betroffensind. Es gibt, wie bereits erwähnt, erste Regelungen, die den zeitlichenVor- oder Gleichrang der Anhörung des SE-BR im Verhältnis zu anderenInteressenvertretungen sichern sollen (siehe Kap. 2.4.6). Es gibt auchvermehrt Durchsetzungsinstrumente für die Rechte des SE-BR. NebenEinigungs- oder Schlichtungsverfahren (siehe Kap. 2.3.4) sind Umset-zungssperren zu nennen, die für besondere Maßnahmen des Arbeitge-bers gelten sollen, der diese Maßnahmen demnach erst nach Abschlussder Anhörung in Angriff nehmen darf (siehe Kap. 3.2.4). Vor allem zei-gen einige SE-Vereinbarungen die Tendenz, die Inhalte bzw. Anlässe füreine Beteiligung des SE-BR thematisch auszudehnen. So wurde der The-menkatalog für die ordentliche Unterrichtung und Anhörung in einigenFällen erheblich über die gesetzliche Auffangregelung hinaus ausge-dehnt (siehe Kap. 3.1.2). In einem Fall erhält der GeschäftsführendeAusschuss zusätzliche vierteljährliche Informationsansprüche. Auchder Katalog der Umstände, die eine außerordentliche Anhörung desSE-BR erfordern, wurde in einigen Fällen im Vergleich zum Gesetz er-weitert. In zwei Fällen werden zahlreiche zusätzliche Umstände ge-nannt, die eine außerordentliche Anhörung auslösen sollen (sieheKap. 3.2.1). Hier deutet sich eine Tendenz an, dass sich der SE-BRbzw. der Geschäftsführende Ausschuss zu einem kontinuierlichen Ge-sprächspartner der SE-Leitung entwickelt.Insgesamt ist festzuhalten: Die europäische Ebene der Arbeitnehmer-vertretung wurde durch die Errichtung von SE-Betriebsräten auf Grund-lage von SE-Vereinbarungen deutlich aufgewertet. In der Mehrzahl derFälle ist der SE-BR kraft Vereinbarung deutlich besser ausgestattet, alsder gesetzliche Standard dies vorsieht. Damit dürfte er regelmäßig auchden EBR, den er in vielen Fällen ablöst, an Handlungsmöglichkeitenund Bedeutung überragen.

Arbeitnehmerbeteiligung im Aufsichtsrat wird bewahrtDas Ausmaß und die Verteilung der SE in Europa – wie in Kapitel 1 dar-gestellt – zeigt, dass die Beteiligung im Aufsichtsrat ausschließlich in

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142 Zusammenfassende Bewertung

Fällen gilt, bei denen schon in der vorausgehenden deutschen Rechts-form die Arbeitnehmer im Aufsichtsrat beteiligt waren. Nur in einemFall stand am Ende der Verhandlungen eine höhere Aufsichtsratsbeteili-gung als vorher (von 6 : 3 Sitze auf 6 : 4 Sitze für Arbeitnehmervertreter).Dieses Ergebnis musste über ein gerichtliches Verfahren abgesichertwerden (LG Nürnberg-Fürth, ZIP 2010, S. 372= BB 2010, S. 1113f.).Das so genannte Vorher-Nachher-Prinzip garantiert die Beteiligung imAufsichtsrat für Unternehmen, die bislang der deutschen Mitbestim-mung unterlagen. Allerdings gilt das nicht, wenn die Unternehmenslei-tung eine Vorrats-SE gründet und anschließend die Vorratsgesellschaftaktiviert (siehe Kap. 1.1.2). Nach der Aktivierung der Vorrats-Gesell-schaft müssen die Verhandlungen mit den Arbeitnehmern durchge-führt werden (OLG Düsseldorf 30. 3. 2009 – I-3 Wx 248/08 = AG 2009,629ff.). Allerdings wurde bislang selten verhandelt und es sind bisherkeine Verfahren bekannt, auf dem Gerichtsweg hier zu Verhandlungenzu kommen. Bei Unternehmen, in denen bisher keine Arbeitnehmer-beteiligung im Aufsichtsrat existierte, nützt das Vorher-Nachher-Prin-zip nichts.In der Öffentlichkeit wurde im Zusammenhang mit der Schaffung derSE als neuer europäischer Unternehmensform oft die Option betont, zueiner monistischen Unternehmensstruktur zu wechseln. In Großunter-nehmen ist es allerdings weithin gelungen, die duale Struktur und dasbisherige Niveau der Unternehmensmitbestimmung zu erhalten. EinWechsel zum monistischen Board bzw. Verwaltungsrat hat zunächst nurin Familiengesellschaften, mittelständischen oder kleineren Unterneh-men ohne Arbeitnehmerbeteiligung in den Unternehmensgremienstattgefunden. Aus jüngerer Zeit ist allerdings ein monistisches Beispielzu vermelden, in dem die Arbeitnehmerseite Anspruch hat, Vertreter inden Verwaltungsrat zu entsenden.Bei den kleineren Gesellschaften war oft unklar, warum diese Unterneh-men die Form der Europäischen Aktiengesellschaft annahmen. ZumTeil waren die Unternehmen jedoch in der Beschäftigtenzahl an einerder Schwellen angelangt, die in der deutschen Unternehmensform zurBeteiligung bzw. erhöhten Beteiligung von Arbeitnehmern im Auf-sichtsrat führen müsste. Es gibt eine ganze Reihe von SE-Vereinbarun-gen, in denen ausdrücklich proklamiert wird, dass die fehlende Arbeit-nehmerbeteiligung bzw. die Drittelbeteiligung im Aufsichtsrat für die

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Zusammenfassende Bewertung 143

Zukunft festgeschrieben werden soll (siehe Kap. 2.1.2). Darunter findensich auch einige Familienunternehmen, die in der SE-Vereinbarung aus-drücklich für die Zukunft in Aussicht stellen, dass Arbeitnehmer in denAufsichtsrat gewählt werden können, jedoch erst wenn die Anteile derInhaberfamilie unter einen bestimmten Satz sinken.

Die SE als Maßstab für die ZukunftDie hohe Zahl an SE-Gründungen und der hohe Anteil an Fällen, in de-nen die europäische Ebene des Dialogs dadurch gestärkt wurde, bele-gen, dass bei Reformüberlegungen zum europäischen Unternehmens-recht das Rad nicht zurückgedreht werden sollte. Reformbedarf bestehtdurchaus. So sollte über eine bessere Definition der »strukturellen Än-derungen« nach § 18 Abs.3 SEBG nachgedacht werden (z. B. im Hin-blick auf gravierende Anstiege der Belegschaftszahlen). Denn sie lösenden Anspruch auf Neuverhandlungen aus. Die Auswertung zeigt, wiewenig man hier über den Verhandlungsweg erreichen konnte (sieheKap. 2.3.3).

Den europäischen Weg fortsetzenÜber die Vereinbarungsinhalte hinaus lässt sich positiv werten, dassdurch die SE Arbeitnehmer aus anderen Staaten in deutsche Aufsichts-räte einziehen. Um dies weiter zu fördern, muss man europäische Rege-lungen schaffen. Einige Befürworter schlagen in dem Zusammenhanghäufig vor, Verhandlungslösungen zu schaffen, die sich an der SE orien-tieren, jedoch isoliert für Deutschland gelten. Dies wäre jedoch im Hin-blick auf europäische Regelungen im europäischen Kontext die falscheStrategie.

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144 Beratungs- und Gestaltungshinweise

5. Beratungs- und Gestaltungshinweise

5.1 Gestaltungsraster

Dieser Stichpunktekatalog bietet umfangreiche Hinweise für die Gestal-tung von SE-Vereinbarungen. Die Liste enthält die unterschiedlichen Ge-sichtspunkte, die bei der Regelung und Organisation zu berücksichtigensind. Es handelt sich dabei nicht um ein geschlossenes Muster zur unmit-telbaren Anwendung, sondern um einen Gesamtkatalog von Vorschlägen.So können weiterführende eigene Überlegungen angestellt und die indi-viduellen Belange des jeweiligen Unternehmens berücksichtigt werden.

Ziele/Aufgaben (Präambel)Grundsätze der Vereinbarungen (Motive, Wertorientierungen)• Intensivierung und Internationalisierung der Arbeitnehmerbeteiligung• vertrauensvolle Zusammenarbeit• Codes of Conduct

Struktur der Arbeitnehmervertretung• Bildung eines SE-Betriebsrats• Arbeitnehmervertreter/innen im Aufsichtsrat

– paritätische Mitbestimmung– Drittelbeteiligung– Anpassung der Arbeitnehmervertretung im Aufsichtsrat bei wach-

sender Belegschaft

Geltungsbereich• einbezogene Länder

– EU-Länder– Nicht-EU-Länder: Europäischer Wirtschaftsraum, Schweiz, Türkei

etc.

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Gestaltungsraster 145

• einbezogene Unternehmen– vollständige Liste aller von der Vereinbarung betroffenen Unterneh-

men und Standorte

SE-Betriebsrat• Zuständigkeit

– für länderübergreifende Angelegenheiten einschließlich Entschei-dungen in einem Land, die Auswirkungen in mindestens einem an-deren Land haben können

– für länderübergreifende Angelegenheiten, bei denen Auswirkungenin mindestens zwei Ländern zu befürchten sind

• Errichtung (Zusammensetzung, Wahl, Bestellung)– Verteilung der Mandate auf die beteiligten Länder bzw. Unterneh-

men, Beteiligung von Standorten ohne persönliche Vertretung imSE-BR, Überprüfungsklausel hinsichtlich der Veränderung der Un-ternehmensstruktur bzw. der Beschäftigtenzahlen

– Wählbarkeit, Wahlverfahren (zentrale Vorgaben oder Wahl/Bestel-lung entsprechend nationaler Verfahren)

– Amtszeit, Amtsverlust• Struktur

– Vorsitz– Geschäftsführender Ausschuss (Größe, Zusammensetzung, Rechte)– weitere Ausschüsse, Arbeitsgruppen

• Sitzungen und Beschlussfassung– Zahl ordentlicher Sitzungen im Jahr– Möglichkeit zusätzlicher Sitzungen– Ort und Zeit der ordentlichen Sitzungen– Teilnahme des Managements, Sitzungen ohne Management– weitere Teilnehmer/innen (Gewerkschaftsvertreter, Sachverständige,

Vertreter betroffener Standorte, sachverständige Arbeitnehmer, Ver-treter von Standorten außerhalb des Geltungsbereichs)

– Beschlussfassung mit einfacher, doppelter oder qualifizierter Mehr-heit

• Unterrichtung und Anhörung– Häufigkeit der regelmäßigen Unterrichtung und Anhörung– Themen der regelmäßigen Unterrichtung und Anhörung, Recht der

Benennung zusätzlicher Themen

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146 Beratungs- und Gestaltungshinweise

– Vorab zur Verfügung zu stellende Unterlagen (Umfang, Sprachen,Zeitpunkt)

– Dauer der Tagung, Anwesenheit der Unternehmensspitze, Vor- undNachbereitungssitzungen

– Anlässe einer Unterrichtung und Anhörung bei außergewöhn-lichen Umständen, Ausdehnung der gesetzlichen Umstände aufFusionen, Umwandlungen, Spaltungen oder auch Auftrags- bzw.Umsatzrückgänge

– Rechtzeitigkeit der Unterrichtung bei außergewöhnlichen Umstän-den im Prozess der unternehmerischen Entscheidungsfindung (Si-cherung des Einflusses), Form der Unterrichtung

– Verfahren der Anhörung bei außergewöhnlichen Umständen (Ple-num oder Ausschuss, ggf. Sicherung der Einbeziehung nicht Anwe-sender), Form der Anhörung (Präsenz, schriftlich)

– ernsthafter Dialog mit mehrfachen Stellungnahmen beider Seiten,erneute Anhörung bei Dissens

– Umsetzungssperre für die außergewöhnliche Maßnahme bis zumAbschluss der Anhörung

• weitere Beteiligungsrechte– Initiativrechte für internationale Leitlinien der sozialen Unterneh-

menskultur (z. B. Diskriminierungsschutz, Qualifizierungsförde-rung, Arbeitsschutz)

• Koordination, Kommunikation, Geheimhaltung– Koordination der Unterrichtung und Anhörung auf verschiedenen

Ebenen der Arbeitnehmervertretung (zeitlicher Vorrang der euro-päischen Ebene oder Gleichzeitigkeit, Abstimmungstreffen, Koordi-nierungsausschuss)

– einzelstaatliche Rechte der AN-Vertretung auf Unterrichtung undAnhörung werden nicht berührt

– Rechte und Wege der SE-BR zur Weitergabe und Verbreitung vonInformationen, Kommunikation mit Beschäftigten

– Geheimhaltung und Vertraulichkeit gemäß § 41 SEBG• Ressourcen und Schutz

– Kostenübernahme (Übernahme der jeweils erforderlichen Kostenoder Budgetierung)

– Freistellung (im Rahmen des jeweils Erforderlichen, Stundenkon-tingente, vollständige Freistellung)

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Gestaltungsraster 147

– Anspruch auf Räume, Telefon, Fax, PC mit Internetverbindung undpersönlichem E-Mail-Konto

– Personal (Bürodienste, Übersetzung, fachliche Unterstützung)– Unterstützung durch Sachverständige (Auswahl und Anforderun-

gen, Kostenübernahme, Rechte auf Sitzungsteilnahme)– Anzahl der verdolmetschten Sprachen, Übersetzung von schrift-

lichen Unterlagen, Sitzungsprotokollen, Tagesordnungen, Anlagenetc.

– Zugang zu allen Standorten– Qualifizierungs- und Weiterbildungsansprüche (mögliche Themen

der Ausbildung, Zeitkontingente, Ausbildung für das Gesamtgre-mium oder individuell)

– Schutz des SE-BR und seiner Mitglieder (Diskriminierungs- und Be-hinderungsverbot, Rolle des SE-BR bei Kündigungen einzelner Ver-treter/innen)

Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat• Zahl, Zusammensetzung

– Parität oder Drittelbeteiligung– Anpassung des Beteiligungsumfangs bei wachsender Beschäfti-

gung oder Strukturänderungen– internationale Zusammensetzung– Mandate der Gewerkschaften

• Bestellung– durch SE-BR oder nationale Vertretungsgremien oder mehrstufig

(Bestellung durch SE-BR auf Vorschlag nationaler Gremien)• Rechte und Pflichten

– gleiche Rechte und Pflichten im Aufsichtsrat– Berücksichtigung in Ausschüssen– Beteiligung am Vorsitz des Aufsichtsrats (z.B. Wahl eines stellver-

tretenden Vorsitzenden)– Bestellung eines Arbeitsdirektors– Freistellung, Qualifizierungs- und Weiterbildungsansprüche– Vorbereitungssitzungen der Arbeitnehmerbank– Diskriminierungs- und Behinderungsverbote– Geheimhaltung und Vertraulichkeit gemäß § 41 SEBG

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148 Beratungs- und Gestaltungshinweise

Schlussbestimmungen• Laufzeit, Fortgeltung der SE-Vereinbarung

– (Mindest-)Laufzeit, Kündigungsmodalitäten– Fortgeltung der Vereinbarung nach Kündigung oder Ersatz durch

gesetzliche Bestimmungen gemäß §§ 22ff. SEBG• Überprüfung, Änderung der SE-Vereinbarung

– einvernehmliche Änderung– terminierte Überprüfung, Konsequenzen bei Dissens– Wiederaufnahme bei strukturellen Änderungen, Konkretisierung

einzelner Anlässe u. a. wachsende Belegschaften, Konsequenzen beiDissens

– Zuständigkeit des SE-BR anstelle eines BVG bei neuen Verhandlun-gen

• Streitbeilegung– erneute Beratung bei Dissens– interne oder externe Schlichtung bzw. Schlichtung unter neutralem

Vorsitz, Verbindlichkeit des Schlichtungsspruchs

5.2 Gestaltende Einflussnahmeder betrieblichen Interessenvertretung

Alle, die an den SE-Verhandlungen beteiligt sind, sollten sich die recht-lichen Grundlagen vor Beginn der Verhandlungen vor Augen führen.Handreichungen für die Verhandlungen haben die europäischen Ge-werkschaftsförderationen, die nationalen Gewerkschaften und dieHans-Böckler-Stiftung entwickelt. Sie leisten hierfür eine wichtige Un-terstützung.Es hat sich gezeigt, dass eine exzellente Vorbereitung der Mitglieder desBVG entscheidend ist für den Ausgang der Verhandlungen. Dies gilt ge-rade dann, wenn Arbeitnehmer aus einer Vielzahl von Ländern beteiligtsind. Den Gewerkschaftsvertretern im BVG kommt dabei eine wichtigeRolle zu. Sie sollten im Vorfeld über die verschiedenen nationalen Tradi-tionen informieren und damit zu einem Interessensausgleich beitragen.Konflikte und Schwierigkeiten im BVG müssen gelöst und gemeinsame

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Gestaltende Einflussnahme der betrieblichen Interessenvertretung 149

Positionen gefunden werden, bevor die eigentlichen Verhandlungen be-ginnen. Ansonsten können solche Konflikte die Verhandlungspositiondes BVG von vornherein schwächen. Gelingt die Verständigung, könnenSE-Vereinbarungen mit sehr positiven Inhalten erzielt werden, die dieMöglichkeiten zur Arbeitnehmerbeteiligung deutlich erweitern, auchüber nationale Grenzen hinweg.

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150 Bestand der Vereinbarungen

6. Bestand der Vereinbarungen

Branchen

Baugewerbe

Chemische Industrie

Elektro

Ernährungsgewerbe

Fahrzeughersteller Kraftwagen

Fahrzeughersteller von Kraftwagenteilen

Glas- und Keramikgewerbe

Gummi- und Kunststoffherstellung

Ledergewerbe

Maschinenbau

Mess-, Steuer- und Regelungstechnik

Metallerzeugung und -bearbeitung

Metallverarbeitung

Möbelhersteller

Nachrichtentechnik/Unterhaltungs-, Automobilelektronik

Papiergewerbe

Textilgewerbe

Börse/Makler

Datenverarbeitung u. Softwareentwicklung

Einzelhandel (ohne Kfz.)

Energiedienstleister

Forschung und Entwicklung

Großhandel (ohne Kfz.)

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Bestand der Vereinbarungen 151

Tabelle 1: Verteilung der Vereinbarungen nach Branchen

Tabelle 2: Abschlussjahr der Vereinbarungen

Branchen

Grundstücks- und Wohnungswesen

Kreditgewerbe

Sonstige Verkehrsdienstleister

Tankstellen, Kfz.-Reparatur und -Handel

Unternehmensbezogene Dienstleistungen

Versicherungsgewerbe

Anonym

Abschlussjahr Anzahl

2005 2

2006 4

2007 6

2008 16

2009 8

2010 8

2011 8

2012 13

unbekannt 12

Gesamt 77

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152 Literatur- und Internethinweise

Literatur- und Internethinweise

Literatur

Büggel, Anneliese (2010): Gesellschafts- und Mitbestimmungsrecht inden Ländern der Europäischen Gemeinschaft, Arbeitshilfe für Auf-sichtsräte Nr.11, 2. Aufl., Hans-Böckler-Stiftung (Hrsg.), Düsseldorf.Kluge, Norbert/Stollt, Michael (Hrsg.) (2006): Die Europäische Aktien-gesellschaft – Perspektiven für eine Europäische Unternehmensmitbe-stimmung, Brüssel.Köstler, Roland (2011): Die Europäische Aktiengesellschaft, Eine Ein-führung in die Europäische Aktiengesellschaft mit Anmerkungen zurgrenzüberschreitenden Verschmelzung, Arbeitshilfe für AufsichtsräteNr.6, 5. Aufl., Hans-Böckler-Stiftung (Hrsg.), Düsseldorf.Nagel, Bernhard/Freis, Gerhild/Kleinsorge, Georg (2009): Beteiligungder Arbeitnehmer im Unternehmen auf der Grundlage europäischenRechts, 2. Aufl., Berlin.Stollt, Michael/Wolters, Elwin (2012): Arbeitnehmerbeteiligung in derEuropäischen Aktiengesellschaft (SE), Ein Handbuch für die Praxis,Hans-Böckler-Stiftung (Hrsg.), Düsseldorf.

Die Kommentare zum Aktienrecht enthalten auch jeweils Kommentie-rungen zur SE. Empfehlenswerter sind die beiden Kommentare zur Be-triebsverfassung:Däubler, Wolfgang/Kittner, Michael/Klebe, Thomas/Wedde, Peter(Hrsg.) (2014): Betriebsverfassungsgesetz, 14. Aufl., Frankfurt/Main.Fitting u. a. (2012): Betriebsverfassungsgesetz, 26. Aufl., München.

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Literatur- und Internethinweise 153

Internethinweise

Laufend Aktuelles auf den Themenseiten der Hans-Böckler-Stiftung:www.boeckler.de/themen_33250.htm

Besondere Seiten des Europäischen Gewerkschaftsinstituts mit Infor-mationen zur SE: http://de.worker-participation.eu

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154 Das Archiv Betriebliche Vereinbarungen der Hans-Böckler-Stiftung

Das Archiv Betriebliche Vereinbarungen derHans-Böckler-Stiftung

Die Hans-Böckler-Stiftung verfügt über die bundesweit einzige bedeut-same Sammlung betrieblicher Vereinbarungen, die zwischen Unterneh-mensleitungen und Belegschaftsvertretungen abgeschlossen werden.Derzeit enthält unser Archiv etwa 14 000 Vereinbarungen zu ausgewähl-ten betrieblichen Gestaltungsfeldern.Unsere breite Materialgrundlage erlaubt Analysen zu betrieblichen Ge-staltungspolitiken und ermöglicht Aussagen zu Trendentwicklungender Arbeitsbeziehungen in deutschen Betrieben.Regelmäßig werten wir betriebliche Vereinbarungen in einzelnen Ge-bieten aus. Leitende Fragen dieser Analysen sind: Wie haben die Ak-teure die wichtigsten Aspekte geregelt? Welche Anregungen geben dieVereinbarungen für die Praxis? Wie ändern sich Prozeduren und Instru-mente der Mitbestimmung? Existieren ungelöste Probleme und offeneFragen? Die Analysen betrieblicher Vereinbarungen zeigen, welche Re-gelungsweisen und -verfahren in Betrieben bestehen. Die Auswertun-gen verfolgen dabei nicht das Ziel, Vereinbarungen zu bewerten, denndie Hintergründe und Strukturen in den Betrieben und Verwaltungensind uns nicht bekannt. Ziel ist es, betriebliche Regelungspraxis abzubil-den, Trends aufzuzeigen und Gestaltungshinweise zu geben.Bei Auswertungen und Zitaten aus Vereinbarungen wird streng aufAnonymität geachtet. Die Kodierung am Ende eines Zitats bezeichnetden Standort der Vereinbarung in unserem Archiv und das Jahr des Ab-schlusses. Zum Text der Vereinbarungen haben nur Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter des Archivs und Autorinnen und Autoren Zugang.Zusätzlich zu diesen Auswertungen werden vielfältige anonymisierteAuszüge aus den Vereinbarungen auf der beiliegenden CD-ROM und derOnline-Datenbank im Internetauftritt der Hans-Böckler-Stiftung zusam-mengestellt. Damit bieten wir anschauliche Einblicke in die Regelungs-praxis, um eigene Vorgehensweisen und Formulierungen anzuregen.Darüber hinaus gehen wir in betrieblichen Fallstudien gezielt Fragen

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Das Archiv Betriebliche Vereinbarungen der Hans-Böckler-Stiftung 155

nach, wie die abgeschlossenen Vereinbarungen umgesetzt werden undwie die getroffenen Regelungen in der Praxis wirken.

Das Internetangebot des Archivs Betriebliche Vereinbarungen ist un-mittelbar zu erreichen unter www.boeckler.de/betriebsvereinbarungen.

Anfragen und Rückmeldungen richten Sie bitte an [email protected] oder direkt an

Dr. Manuela Maschke0211-7778-224, E-Mail: [email protected] Poesche0211-7778-288, E-Mail: [email protected] Pohler0211-7778-167, E-Mail: [email protected] Werner0211-7778-129, E-Mail: [email protected]

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156 Stichwortverzeichnis

Stichwortverzeichnis

Amtszeit 48, 55, 83, 95, 103f.,107, 145

Anhörung 16, 19, 21ff., 32, 36,, 82f., 89ff., 95, 113ff.,119,ff., 127ff., 134, 138ff.,145f.

Arbeitssprache 78Aufsichtsrat 13, 15ff., 20f., 25ff.,

35, 41, 44, 67, 83, 95ff., 139ff.,144, 147

Aufsichtstätigkeit 106Außergewöhnliche Umstände 24,

57, 113, 123,ff., 127ff.BBenachteiligungsverbot 81Beschlussfassung 59, 68, 145DDolmetscher 73, 78Drittelbeteiligung 18, 21, 25, 27f.,

96, 142, 144, 147Dualistische Struktur 17FFinanzierung 12, 71, 109Fortbildung 75f., 117Freistellung 74, 95, 108, 146f.GGeheimhaltung 84f., 87, 92, 111,

146f.Geltungsbereich der SE-Verein-

barung 38

Geschäftsführender Ausschuss60, 145

Gewerkschaft 16, 53, 67, 103IInformation der Arbeitnehmer

91Initiativrechte 135f., 146KKompetenzüberschneidungen

88Kündigungsschutz 82ff.MMonistische Struktur 17NNeuverhandlungen 29, 38, 42ff.,

96, 143PParitätische Mitbestimmung 18,

96, 144Präambel 30f., 34f., 135, 144SSachverständige 70, 76f., 122,

145, 147Sitzungen des SE-BR 62, 64ff.,

74, 93, 114ff.Sitzverteilung im SE-BR 49, 51Streitbeilegung 45, 148TThemen der Unterrichtung 118,

145

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Stichwortverzeichnis 157

Überprüfung 41, 49, 54, 148Unterrichtung 16, 19, 21ff., 32,

36, 63, 89ff., 95, 113ff., 120ff.,133, 138ff., 145f.

Wiederaufnahme der Verhand-lungen 42

Zeitpunkt der Unterrichtung 119,129

Zusammensetzung des Aufsichts-rats 96

Zusammensetzung des SE-BR53f., 68

Zuständigkeit des SE-BR 34,55ff., 124, 139, 148

Zutritt zum Betrieb 80

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158

Reihe Betriebs- und Dienstvereinbarungen

Bereits erschienen:

Edgar Rose · Roland KöstlerMitbestimmung in der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) 978-3-7663-6369-5 2014

Thomas BreisigEntwicklung von Führungskräften 978-3-7663-6324-4 2014

Manuela Maschke · Reingard ZimmerCSR – Gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen 978-3-7663-6323-7 2013

Hans Riegel · Dietmar RöhrichtGestaltung des Übergangs in den Ruhestand 978-3-7663-6297-1 2013

Eberhard KiescheBetriebliches Gesundheitsmanagement 978-3-7663-6274-2 2013

Andrea Jochmann-Döll · Karin TondorfBetriebliche Entgeltpolitik für Frauen und Männer 978-3-7663-6288-9 2013

Ingo HammFlexible Arbeitszeiten – Kontenmodelle 978-3-7663-6285-8 2013

Regine RohmanGefährdungsbeurteilungen 978-3-7663-6273-5 2013

Gerlinde Vogl · Gerd NiesMobile Arbeit 978-3-7663-6271-1 2013

Manuel KiperGestaltung von Arbeitsstätten durch Mitbestimmung 978-3-7663-6217-9 2013

Karl-Hermann Böker · Ute DemuthIKT-Rahmenvereinbarungen 978-3-7663-6208-7 2012

Manuela Maschke · Gerburg ZurholtChancengleich und familienfreundlich 978-3-7663-6095-3 2012

Gerd Busse · Winfried HeidemannBetriebliche Weiterbildung 978-3-7663-6207-0 2012

Karl-Hermann Böker · Christiane LindeckeFlexible Arbeitszeit – Langzeitkonten 978-3-7663-6215-5 2012

Detlef UllenboomToleranz, Respekt und Kollegialität 978-3-7663-6190-5 2012

Rudi RuppRestrukturiertungsprozesse in Betrieben und Unternehmen 978-3-7663-6206-3 2012

Michaela DälkenManaging Diversity 978-3-7663-6204-9 2012

Thomas BreisigGrundsätze und Verfahren der Personalbeurteilung 978-3-7663-6117-2 2012

Kerstin Hänecke · Hiltraud Grzech-SukaloKontinuierliche Schichtsysteme 978-3-7663-6174-5 2012

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Marianne Giesert · Adelheid Weßling FallstudienBetriebliches Eingliederungsmanagement in Großbetrieben 978-3-7663-6118-9 2012

Sven HinrichsPersonalauswahl und Auswahlrichtlinien 978-3-7663-6116-5 2011

Edgar Rose · Roland KöstlerMitbestimmung in der EuropäischenAktiengesellschaft (SE) 978-3-7663-6088-5 2011

Hiltraud Grzech-Sukalo · Kerstin HäneckeDiskontinuierliche Schichtsysteme 978-3-7663-6061-8 2011

Nikolai Laßmann · Rudi RuppBeschäftigungssicherung 978-3-7663-6076-2 2010

Regine RomahnBetriebliches Eingliederungsmanagement 978-3-7663-6071-7 2010

Gerd Busse · Claudia KleinDuale Berufsausbildung 978-3-7663-6067-0 2010

Karl-Hermann BökerZeitwirtschaftssysteme 978-3-7663-3942-3 2010

Detlef UllenboomFreiwillige betriebliche Sozialleistungen 978-3-7663-3941-6 2010

Nikolai Laßmann · Dietmar RöhrichtBetriebliche Altersversorgung 978-3-7663-3943-0 2010

Marianne Giesert FallstudienZukunftsfähige Gesundheitspolitik im Betrieb 978-3-7663-3798-6 2010

Thomas BreisigAT-Angestellte 978-3-7663-3944-7 2010

Reinhard BechmannQualitätsmanagement und kontinuierlicherVerbesserungsprozess 978-3-7663-6012-0 2010

Berthold Göritz · Detlef Hase · Nikolai Laßmann · Rudi RuppInteressenausgleich und Sozialplan 978-3-7663-6013-7 2010

Thomas BreisigLeistung und Erfolg als Basis für Entgelte 978-3-7663-3861-7 2009

Sven HinrichsMitarbeitergespräch und Zielvereinbarung 978-3-7663-3860-0 2009

Christine ZumbeckLeiharbeit und befristete Beschäftigung 978-3-7663-3859-4 2009

Karl-Hermann BökerOrganisation und Arbeit von Betriebs- und Personalräten 978-3-7663-3884-6 2009

Ronny HeinkelNeustrukturierung von Betriebsratsgremiennach § 3 BetrVG 978-3-7663-3885-3 2008

Christiane Lindecke FallstudienFlexible Arbeitszeiten im Betrieb 978-3-7663-3800-6 2008

Svenja Pfahl · Stefan Reuyß FallstudienGelebte Chancengleichheit im Betrieb 978-3-7663-3799-3 2008

Karl-Hermann BökerE-Mail-Nutzung und Internetdienste 978-3-7663-3858-7 2008

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160

Ingo HammFlexible Arbeitszeit – Kontenmodelle 978-3-7663-3729-0 2008

Werner Nienhüser · Heiko Hoßfeld ForschungVerbetrieblichung aus der Perspektivebetrieblicher Akteure

für die Praxis

978-3-7663-3905-8 2008

Martin RenkerGeschäftsordnungen von Betriebs- und Personalräten 978-3-7663-3732-0 2007

Englische AusgabeIntegrating Foreign National Employees 987-3-7663-3753-5 2007

Karl Hermann BökerFlexible Arbeitszeit – Langzeitkonten 978-3-7663-3731-3 2007

Hartmut Klein-SchneiderFlexible Arbeitszeit – Vertrauensarbeitszeit 978-3-7663-3725-2 2007

Regine RomahnEingliederung von Leistungsveränderten 978-3-7663-3752-8 2007

Robert Kecskes FallstudienIntegration und partnerschaftliches Verhalten 978-3-7663-3728-3 2006

Manuela Maschke · Gerburg ZurholtChancengleich und familienfreundlich 978-3-7663-3726-2 2006

Edgar Bergmeier · Andreas HoppePersonalinformationssysteme 978-3-7663-3730-6 2006

Regine RomahnGefährdungsbeurteilungen 978-3-7663-3644-4 2006

Reinhild ReskaCall Center 978-3-7663-3727-0 2006

Englische AusgabeOccupational Health Policy 978-3-7663-3753-5 2006

Gerd Busse · Winfried HeidemannBetriebliche Weiterbildung 978-3-7663-3642-8 2005

Englische AusgabeEuropean Works Councils 978-3-7663-3724-6 2005

Berthold Göritz · Detlef Hase · Anne Krehnker · Rudi RuppInteressenausgleich und Sozialplan 978-3-7663-3686-X 2005

Maria BüntgenTeilzeitarbeit 978-3-7663-3641-X 2005

Werner Nienhüser · Heiko Hoßfeld ForschungBewertung von Betriebsvereinbarungendurch Personalmanager

für die Praxis

978-3-7663-3594-4 2004

Hellmut GohdeEuropäische Betriebsräte 978-3-7663-3598-7 2004

Semiha Akin · Michaela Dälken · Leo MonzIntegration von Beschäftigtenausländischer Herkunft 978-3-7663-3569-3 2004

Karl-Hermann BökerArbeitszeiterfassungssysteme 978-3-7663-3568-5 2004

Heinz Braun · Christine EggerdingerSucht und Suchtmittelmissbrauch 978-3-7663-3533-2 2004

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Barbara Jentgens · Lothar KampBetriebliches Verbesserungsvorschlagswesen 978-3-7663-3567-7 2004

Wilfried Kruse · Daniel Tech · Detlef Ullenboom FallstudienBetriebliche Kompetenzentwicklung 978-3-935145-57-8 2003

Judith Kerschbaumer · Martina PerrengBetriebliche Altersvorsorge 978-3-9776-3514-6 2003

Frank Havighorst · Susanne Gesa UmlandMitarbeiterkapitalbeteiligung 978-3-7663-3516-2 2003

Barbara Jentgens · Heinzpeter HöllerTelekommunikationsanlagen 978-3-7663-3515-4 2003

Karl-Hermann BökerEDV-Rahmenvereinbarungen 978-3-7663-3519-7 2003

Marianne Giesert · Heinrich GeißlerBetriebliche Gesundheitsförderung 978-3-7663-3524-3 2003

Ferdinand GröbenBetriebliche Gesundheitspolitik 978-3-7663-3523-5 2003

Werner Killian · Karsten SchneiderUmgestaltung des öffentlichen Sektors 978-3-7663-3520-0 2003

Hartmut Klein-SchneiderPersonalplanung 978-3-935145-19-5 2001

Winfried Heidemann Hrsg.Weiterentwicklung von Mitbestimmung imSpiegel betrieblicher Vereinbarungen 978-3-935145-17-9 2000

Hans-Böckler-StiftungBeschäftigung – Arbeitsbedingungen– Unternehmensorganisation 978-3-935145-12-8 2000

Englische AusgabeEmployment, working conditionsand company organisation 978-3-935145-12-6 2000

Lothar KampTelearbeit 978-3-935145-01-2 2000

Susanne Gesa Umland · Matthias MüllerOutsourcing 978-3-935145-08-X 2000

Renate Büttner · Johannes Kirsch FallstudienBündnisse für Arbeit im Betrieb 978-3-928204-77-7 1999

Winfried HeidemannBeschäftigungssicherung 978-3-928204-80-7 1999

Hartmut Klein-SchneiderFlexible Arbeitszeit 978-3-928204-78-5 1999

Siegfried LeittretterBetrieblicher Umweltschutz 978-3-928204-77-7 1999

Lothar KampGruppenarbeit 978-3-928204-77-7 1999

Hartmut Klein-SchneiderLeistungs- und erfolgsorientiertes Entgelt 978-3-928204-97-4 1998

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