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Wasseraufbereitung · Bädertechnik | AB Archiv des Badewesens 03/2013 152 Neufassung der Norm DIN 19 643 „Aufbereitung von Schwimm- und Badebeckenwasser” Die wichtigsten Änderungen im Überblick mit Kommentar Dr. Ernst Stottmeister, Umweltbundesamt, Bad Elster, Obmann des DIN-Arbeitsausschusses „Schwimmbeckenwasser“ Der DIN-Arbeitsausschuss „Schwimm- beckenwasser“ wurde im April 2005 neu gegründet. Das DIN Deutsche Institut für Normung e. V. berief 29 Mitglie- der und fünf ständige Gäste als Exper- ten in den paritätisch zusammenge- setzten Ausschuss und übertrug ihm die Aufgabe, die Norm DIN 19 643 „Auf- bereitung von Schwimm- und Bade- beckenwasser“ zu novellieren und an den aktuellen Kenntnis- und Entwick- lungsstand anzupassen. Die Norm besitzt einen besonderen Stellenwert. Einerseits beschreibt sie die allgemein anerkannten Regeln der Technik der Beckenwasseraufberei- tung als Verfahrenskombinationen, die praktisch ausreichend erprobt, wis- senschaftlich gesichert und von der Mehrheit der Fachleute anerkannt sind. Andererseits besitzt die DIN 19 643 folgenden wichtigen gesundheitlichen Aspekt: Bei all den Bädern, die norm- gerecht gebaut und in denen die Was- seraufbereitung nach der Norm DIN 19 643 erfolgt, kann davon ausgegan- gen werden, dass eine hygienisch ein- wandfreie Wasserbeschaffenheit im Sinne des Infektionsschutzgesetzes § 37 Abs. 2 erreicht werden kann. 1) Hinzu kommt, dass einer Umfrage des Umweltbundesamtes zufolge 98,7 % aller Gesundheitsämter in Deutschland bei der praktischen Umsetzung ihres gesetzlichen Überwachungsauftrages von öffentlichen und gewerblich genutz- ten Bädern mit der Norm DIN 19 643 arbeiten. 2) Von daher wird der Beach- tung dieser Norm beim Bau und Be- trieb von Schwimm- und Badebecken- anlagen zusätzlicher Nachdruck ver- liehen. Bei der Neubearbeitung der Norm wurde das seit 1997 bewährte Kon- zept der offenen Normenreihe beibe- halten. So werden in der DIN 19 643 Teil 1 die allgemeinen Anforderungen an die Beschaffenheit des Schwimm- und Badebeckenwassers sowie die über- greifend geltenden Anforderungen z. B. an die Planung und Konstruktion der Anlagen, das hydraulische System, die Aufbereitungsanlage, die Chemikalien- dosierung, den Betrieb der Schwimm- und Badebeckenanlagen sowie die Be- triebskontrolle der Wasserbeschaffen- heit festgelegt. In den Folgeteilen wer- den die Verfahrenskombinationen be- schrieben, mit denen die im Teil 1 fest- gelegten Qualitätsziele der Wasserbe- schaffenheit erreicht werden können. Die Neufassung der Norm DIN 19 643 besteht aus vier Teilen; sie ist im No- vember 2012 im Beuth Verlag, Berlin, erschienen. Weitere Teile können nach Bedarf ergänzt werden. Die wohl wichtigste Norm für den Be- reich der Wasseraufbereitung in öffent- lichen und gewerblich genutzten Bä- dern, die DIN 19 643 „Aufbereitung von Schwimm- und Badebeckenwasser“, ist im November 2012 im Beuth Verlag als Neufassung erschienen. Der zuständige Arbeitsausschuss „Schwimmbeckenwas- ser“ im Fachbereich „Wasserversorgung“ des Normenausschusses Wasserwesen beim DIN Deutschen Institut für Nor- mung e. V. hat die neue Norm erarbei- tet. Der genannte Ausschuss ist mit ins- gesamt 34 Fachleuten aus den folgen- den Bereichen besetzt: Anwender (z. B. Badbetreiber, Deutsche Gesellschaft für das Badewesen), Hersteller von Anlagen und Mit- teln zur Wasseraufbereitung, Behörden/öffentliche Einrichtun- gen (z. B. Gesundheitsämter, Umweltbundesamt), Wissenschaft (z. B. Hygieneinstitut des Ruhrgebietes, Universitätsklini- kum Schleswig-Holstein), Planer und Berater. Die neue Norm besteht aus vier Teilen: Teil 1: Allgemeine Anforderungen, Teil 2: Verfahrenskombinationen mit Festbett- und Anschwemmfil- tern,

Neufassung der Norm DIN 19 643 „Aufbereitung von …...Bereits in der DIN 19643-2 vom April 1997 war ein Mindestwert der Säure - ka pazität (K S 4,3) von 0,7 mol/m3 für alle Schwimm-

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    Neufassung der Norm DIN 19 643 „Aufbereitungvon Schwimm- und Badebeckenwasser”D i e w i c h t i g s t e n Ä n d e r u n g e n i m Ü b e r b l i c k m i t K o m m e n t a r

    Dr. Ernst Stottmeister, Umweltbundesamt, Bad Elster, Obmann des DIN-Arbeitsausschusses „Schwimmbeckenwasser“

    Der DIN-Arbeitsausschuss „Schwimm-beckenwasser“ wurde im April 2005 neugegründet. Das DIN Deutsche Institutfür Normung e. V. berief 29 Mitglie-der und fünf ständige Gäste als Ex per -ten in den paritätisch zusammenge-setzten Ausschuss und übertrug ihm dieAufgabe, die Norm DIN 19 643 „Auf-bereitung von Schwimm- und Bade -beckenwasser“ zu novellieren und anden aktuellen Kenntnis- und Entwick -lungsstand anzupassen.

    Die Norm besitzt einen besonderenStellenwert. Einerseits beschreibt siedie allgemein anerkannten Regeln derTechnik der Beckenwasseraufberei-tung als Verfahrenskombinationen,die prak tisch ausreichend erprobt, wis -senschaft lich gesichert und von derMehrheit der Fachleute anerkannt sind.Andererseits besitzt die DIN 19 643folgenden wichtigen gesundheitlichenAspekt: Bei all den Bädern, die norm-gerecht gebaut und in denen die Was-seraufbereitung nach der Norm DIN19 643 erfolgt, kann davon ausgegan-gen werden, dass eine hygienisch ein-wandfreie Wasserbeschaffenheit imSinne des Infektionsschutzgesetzes§ 37 Abs. 2 erreicht werden kann.1)

    Hinzu kommt, dass einer Umfrage desUmweltbundesamtes zufolge 98,7 %aller Gesundheitsämter in Deutschland

    bei der praktischen Umsetzung ihresgesetzlichen Überwachungsauftragesvon öffentlichen und gewerblich ge nutz -ten Bädern mit der Norm DIN 19 643arbeiten.2) Von daher wird der Beach-tung dieser Norm beim Bau und Be -trieb von Schwimm- und Bade be cken -anlagen zusätzlicher Nachdruck ver-liehen.

    Bei der Neubearbeitung der Normwur de das seit 1997 bewährte Kon-zept der offenen Normenreihe beibe-halten. So werden in der DIN 19 643Teil 1 die allgemeinen Anforderungenan die Beschaffenheit des Schwimm-und Badebeckenwassers sowie die über -greifend geltenden Anforderungen z. B.an die Planung und Konstruktion derAnlagen, das hydraulische System, dieAufbereitungsanlage, die Chemikalien -dosierung, den Betrieb der Schwimm-und Badebeckenanlagen sowie die Be -triebskontrolle der Wasserbeschaffen -heit festgelegt. In den Folgeteilen wer-den die Verfahrenskombinationen be -schrieben, mit denen die im Teil 1 fest-gelegten Qualitätsziele der Wasserbe-schaffenheit erreicht werden können.Die Neufassung der Norm DIN 19 643besteht aus vier Teilen; sie ist im No -vember 2012 im Beuth Verlag, Berlin,erschienen. Weitere Teile können nachBedarf ergänzt werden.

    Die wohl wichtigste Norm für den Be -reich der Wasseraufbereitung in öffent-lichen und gewerblich genutzten Bä -dern, die DIN 19 643 „Aufbereitung vonSchwimm- und Badebeckenwasser“, istim November 2012 im Beuth Verlag alsNeufassung erschienen. Der zuständigeArbeitsausschuss „Schwimmbeckenwas -ser“ im Fachbereich „Wasserversorgung“des Normenausschusses Wasserwesenbeim DIN Deutschen Institut für Nor-mung e. V. hat die neue Norm erarbei-tet. Der genannte Ausschuss ist mit ins-gesamt 34 Fachleuten aus den folgen-den Bereichen besetzt:■ Anwender (z. B. Badbetreiber,

    Deutsche Gesellschaft für dasBadewesen),

    ■ Hersteller von Anlagen und Mit-teln zur Wasseraufbereitung,

    ■ Behörden/öffentliche Einrichtun-gen (z. B. Gesundheitsämter,Umweltbundesamt),

    ■ Wissenschaft (z. B. Hygieneinstitutdes Ruhrgebietes, Universitätsklini-kum Schleswig-Holstein),

    ■ Planer und■ Berater.

    Die neue Norm besteht aus vier Teilen:■ Teil 1: Allgemeine Anforderungen,■ Teil 2: Verfahrenskombinationen

    mit Festbett- und Anschwemmfil-tern,

  • AB Archiv des Badewesens 03/2013 | Bädertechnik · Wasseraufbereitung153

    Bäde

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    ■ Teil 3: Verfahrenskombinationenmit Ozonung und

    ■ Teil 4: Verfahrenskombinationenmit Ultrafiltration.

    Im Folgenden wird nicht die Norm ansich vorgestellt; vielmehr werden aus-schließlich die wichtigsten Änderungender einzelnen Teile der Neufassung er -läutert.

    Teil 1: Allgemeine AnforderungenAbschnitt 1: AnwendungsbereichDer Anwendungsbereich wurde dahin-gehend präzisiert, dass die Norm nichtfür Wasser in Anlagen mit biologischerWasseraufbereitung (Schwimm- und Ba - deteichanlagen, Kleinbadeteiche) gilt.

    Abschnitt 5.2: Anforderungen an dasFüllwasserBeim Füllwasser wird zwischen pri mä -rem und sekundärem Füllwasser unter-schieden. Als primäres Füllwasser wirdFüllwasser bezeichnet, das dem Bad pri -mär zur Erst- oder Neufüllung zuge-führt wurde (z. B. Trinkwasser aus derzentralen Trinkwasserversorgung oderaus Eigen- oder Einzeltrinkwasserver-sorgungsanlagen). Als sekundäres Füll -wasser wird speziell zur Verwendungals Füllwasser gewonnenes Betriebs-wasser in Bädern mit Spülabwasser-

    Aufbereitung nach DIN 19 6453) be zeich -net. Es muss seuchen- und allgemein-hygienisch, insbesondere mikrobiolo-gisch, Trinkwassereigenschaften auf-weisen und die Anforderungen an sog.Betriebswasser Typ 1 nach DIN 19 645erfüllen. Um sicherzustellen, dass es zukeiner Anreicherung von chemischen Be -lastungsstoffen im Beckenwasserkreis-lauf kommt, die eine gesundheitliche Be -einträchtigung der Badegäste und desBadpersonals zur Folge haben können,darf der Anteil des sekundären Füll-wassers maximal 80 % betragen.

    Abschnitt 5.3: Anforderungen an dasReinwasser und das BeckenwasserDie mikrobiologischen Anforderungenan das Rein- und Beckenwasser sind in

    Tabelle 1 aufgeführt. Für alle Parametersind Nachweisverfahren, die zur Kon-trolle der festgelegten oberen Werte ein-gesetzt werden dürfen, vorgegeben. DerParameter „Legionella pneumophila“ wur -de durch den Parameter „Legionella spe -cies“ ersetzt, um die gesamte GattungLegionella (mehr als 48 Arten) zu erfas-sen, da alle Legionellen, darunter Le gi o -nella pneumophila, als potenziell hu -man pathogen einzustufen sind. Bei derLegionellen-Untersuchung wurden dieunterschiedlichen Bezugsvolumina beider Angabe der Ergebnisse für Be cken -wasser- und Filtratproben harmonisiert.Das Ergebnis wird jetzt einheitlich als ko -loniebildende Einheiten (KBE) pro100 mlProbe angegeben.

    Beckenwasser Filtrat

    KBE/100 ml Bewertung KBE/100 ml Bewertung 100 bis 1000 mittlere Konta- > 1000 hohe Konta-mination mination

    > 1000 hohe Konta-mination

    ■ Tabelle 1: Bewertung von Legionellen-Konzentrationen im Beckenwasser und im Filtrat

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    Als Nachweisverfahren wird mit zwei Verfahren in der Un -tersuchungspraxis gearbeitet, um einen möglichst großenKonzentrationsbereich abzudecken. Zur Erfassung hoherLe gionellen-Konzentrationen kommt der sog. Direktansatznach ISO 11 731 zum Einsatz.4) Die Er fassung niedriger Le -gionellen-Konzentrationen erfolgt nach Isolierung und An -reicherung der Legionellen durch Mem branfiltration nachDIN EN ISO 11 731-2.5) Die neue konzentrationsabhängigeBewertung und die zu ergreifenden Maßnahmen nach Erst-untersuchung, Nachuntersuchung oder weiteren Sanierungenbei Legionellen-Be funden richten sich nach den Vorgabender Tabellen 7 und 8 im Abschnitt 14.4 des Teils 1 der Norm.

    Das Bewertungsschema für Beckenwas ser- und Filtratprobenist unterschiedlich (siehe Tabelle 1).

    Bei Legionellen-Konzentrationen > 10 000 KBE/100 ml imBe ckenwasser und Le gionellen-Nachweis im Filtrat ist dieNutzung des Beckens sofort zu untersagen.

    Der Parameter KBE bei (20 ± 2) °C wur de gestrichen. Eswurde vom Ausschuss als ausreichend erachtet, die KBE bei36 °C im Beckenwasser zu bestimmen. Bei 36 °C werdenauch die von den Ba degästen ins Be cken wasser eingetrage -nen Bakterien er fasst. Hohe KBE-Werte im Beckenwasserge ben ei nen Hinweis auf ungenügende Desinfektion, aufun zureichende Beckendurch strömung bzw. auf eine zu star-ke Besucherbelastung. Dieser Parameter ist kein Infektions-indikator.

    Die chemischen und physikalisch-chemischen Anforderun-gen an das Reinwasser und das Beckenwasser sind in Tabel-le 2 der Norm aufgeführt. Für alle Parameter werden auchhier Nachweisverfahren als Referenzverfahren vorgegeben.Der obere pH-Wert des Rein- und Beckenwassers wurde andie Flo ckungs bedingungen angepasst. So beträgt der oberepH-Wert bei Flockung mit Alu minium- oder Aluminium-Eisen-Produk ten für das Rein- und Beckenwasser jetzt 7,2,da sich bei pH > 7,2 bereits unerwünschtes wasserlöslichesAluminat bildet. Bei Flockung mit Eisen-Produkten und beiWasseraufbereitung ohne Flo ckung wurde der obere pH-Wert von 7,6 auf 7,5 herabgesetzt. Der Wert 7,5 war schonin der alten Norm, Teile 2 bis 5, enthalten und wurde nunfür alle Teile vereinheitlicht. Das hat den positiven Ne ben -effekt einer wirksameren Desinfektion. Bei gleichem Gehaltan freiem Chlor ist die Desinfektionswirkung der Chlorungbei z. B. 25 °C bei pH 7,5 um den Faktor 1,12 größer als beipH 7,6.

    In Tabelle 2 wurde der Parameter Säure kapazität übergreifendfür alle Folgeteile der Norm neu aufgenommen. Dieser Para-meter ist ein Maß für die Pufferkapazität eines Wassers. Eineausreichende Säurekapazität des Be ckenwassers (Pufferka-

    Wasseraufbereitung · Bädertechnik | AB Archiv des Badewesens 03/2013

  • AB Archiv des Badewesens 03/2013 | Bädertechnik · Wasseraufbereitung155

    pazität) verrin gert eine pH-Wert-Verän-derung. Für eine einwandfreie Flockungist ein Mindestwert der Säurekapazitätunbedingt notwendig. In der Praxis be -deutet eine zu geringe Säurekapazität dielatente Ge fahr einer plötzlichen, unkon-trollierten pH-Wert-Absenkung in einenfür die Flo ckung kritischen Bereich. Soliegt z. B. der pH-Wert für eine optimaleFlo ckung mit Alu minium-Produkten imBereich 6,5 - 7,2. Wird in diesem Fallaufgrund zu geringer Säurekapazität derWert von 6,5 un terschritten, entstehenaus den schwer löslichen abfiltrierba-ren Alu mi ni um hy droxid-Flocken lösli-che Al3+-Ionen, die den Filter passieren.

    Bereits in der DIN 19 643-2 vom April1997 war ein Mindestwert der Säure -ka pazität (KS 4,3) von 0,7 mol/m3 füralle Schwimm- und Badebecken (außerWarm sprudelbecken) festgelegt. Für

    Warmsprudelbecken mit eigener Auf -bereitungs anlage war ein Mindestwertvon 0,3 mol/m3 vorgesehen. Diese Wertesind in die Tabelle 2 übernommen wor-den. Neu hinzugekommen ist, dass beiVerwendung von Flockungsmitteln miteiner Basizität (Maß für die Vorneutra-lisation des Mittels) von > 65 % für alleSchwimm- und Badebecken eine Säu-rekapazität von ≥ 0,3 mol/m3 eingestelltwerden kann.

    Der obere Wert für die Oxidierbarkeitdes Reinwassers über dem Wert des Füll-wassers mit Kaliumpermanganat wur -de auf 0,5 mg/l als O2 bzw. 2 mg/l alsKMnO4 angehoben, da der bisherigeWert 0 mg/l in der Praxis nicht erreichtwerden kann.

    In die Tabelle 2 der Norm wurden alsneue chemische Parameter für das Be -

    ckenwasser die anorganischen Desin-fektionsnebenprodukte (DNP) Chlorit undChlorat aufgenommen und ihre Summemit einem oberen Wert be grenzt.

    Das freie Chlor im Beckenwasser setztsich aus hypochloriger Säure (HOCl) undHypochlorit-Ionen (OCl-) zusammen. Inwässriger Lösung zerfallen die Hypo-chlorit-Ionen in einer zweistufigen Re -aktion zu Chlorat (ClO3-). In der erstenStufe wird Chlorit (ClO2-) gebildet, dasin Gegenwart von weiterem Hypochlo-rit sofort zu Chlorat weiter reagiert. Des-halb ist in einem Beckenwasser, das aus-reichend freies Chlor enthält, kein Chlo-rit vorhanden. Die Disproportionierung(Zerfall) von Hypochloriten zu Chloritund Chlorat wird begünstigt durch ho -he Hypochlorit-Konzentrationen (z. B.konzentrierte Natriumhypochlorit-Lö -sung), Wärme, UV-Strahlung (Sonnen-

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  • Wasseraufbereitung · Bädertechnik | AB Archiv des Badewesens 03/2013 156

    licht), pH-Werte < 10,5 und Katalysato-ren (z. B. Schwermetallionen). So kannes insbesondere durch den Zerfall vonHypochlorit im Beckenwasser von Frei -bädern an heißen Sommertagen (starkeUV-Strahlung, höhere Temperaturen) zurBildung von Chlorat kommen. Eine we -sentliche Chlorat-Quelle stellt gealterteNatriumhypochlorit-Lösung („Chlor-bleichlauge“) dar. Höhere Temperatu-ren, Lichteinstrahlung und lange La -gerzeiten führen zum beschleunigtenAb bau des freien Chlors unter Bildungvon Chlorat. Hohe Chlorat-Gehalte kön-nen auch durch die Verwendung vonnicht ausreichend reinem Salz entste-hen, z. B. bei der Erzeugung von Chlor-bleichlauge vor Ort mittels Elektrolyse.Beim Einsatz von Chlorgas zur Desin-fektion von Beckenwasser in Hallenbä-dern ist die Gefahr der Bildung von Chlo-rat nicht gegeben. Beim Einsatz vonCalciumhypochlorit (Tabletten, Granu-lat) findet eine Bildung von Chlorat nur

    statt, wenn vor Ort hergestellte Lösun-gen unter ungünstigen Bedingungen ge -lagert werden. In Freibädern kann esaufgrund der Sonneneinstrahlung abergenerell zur Chlorat-Bildung kommen,unabhängig von der Art des eingesetz-ten Desinfektionsmittels.

    Der toxikologische Hintergrund für ei -ne Begrenzung des SummenparametersChlorit/Chlorat (∑ Chlorit + Chlorat) imBeckenwasser auf 30 mg/l besteht vor-rangig in der Schädigung der roten Blut-körperchen (Methämoglobin-bildendeStof fe) und in der nierenschädigendenWirkung.

    Chlorat lässt sich nicht durch die Was-seraufbereitung aus dem Beckenwasserentfernen. Die Chlorat-Konzentrationkann deshalb nur durch die Verminde-rung des Chlorat-Eintrags über chlo-rathaltige Desinfektionslösungen unddurch Verdünnung mit Füllwasser in

    Grenzen gehalten werden. Ausführlichwird die Chlorit- und Chlorat-Proble-matik im Beckenwasser von Dygutschund Kramer beschrieben.6)

    Das anorganische DNP Bromat (BrO3-)

    wurde ebenfalls in die Tabelle 2 der Normals chemischer Qualitätsparameter fürdas Be ckenwasser neu aufgenommenund ein oberer Wert von 2 mg/l für die-sen Parameter festgelegt. Dieser toxi-kologisch begründete Wert wurde vomUmweltbundesamt abgeleitet. Bromat istein nicht-gentoxisches Karzinogen mitre lativ niedrigem karzinogenem Po ten -zial; Zielorgan ist die Niere. Bei nicht-gentoxischen Substanzen wird die Exis - tenz eines Schwellenwertes angenom-men, sodass für diese Stoffe duldbareAufnahmemengen abgeleitet werdenkön nen, bei deren Einhaltung nicht miteinem gesundheitsschädlichen Effekt ge - rechnet werden muss.

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  • AB Archiv des Badewesens 03/2013 | Bädertechnik 157

    Bromat kann auf zwei unterschiedlichen Wegen in das Be -ckenwasser gelangen. So entsteht durch Oxidation von Bro-mid mit Ozon bei der Beckenwasseraufbereitung (Verfah-renskombination nach DIN 19 643, Teil 3) Bromat. Die Quellefür das Bromid im Beckenwasser ist das Füllwasser (Meer-,Thermal, Mineral- und Heilwasser sowie Sole). Die Konzen-tration des gebildeten Bromats hängt vor allem von folgen-den Parametern ab: Bromid-Konzentration im Beckenwas-ser, Ozon-Dosis, Reaktionszeit mit Ozon, pH-Wert. Währenddie Bromid-Konzen tration durch das Füllwasser vorgegebenist, greifen Bromat-limitierende Maßnahmen beim pH-Wert,bei der Ozon-Dosis und der Reaktionszeit mit Ozon. DurchHerabsetzung des pH-Wertes auf pH < 7,0 wird bei gleich-bleibender Ozon-Exposition die Bromat-Bildung sehr effek-tiv eingeschränkt. Da rüber hinaus können folgende Mög-lichkeiten der Bromat-Minimierung ge nutzt werden: Nachder neuen Norm DIN 19 643 darf die geforderte Ozon-Kon-zentration von 0,3 mg/l auf eine Mindestkonzentration von0,1 mg/l Ozon reduziert werden, wenn die Ozon-Zu gabe inAbhängigkeit einer kontinuierlichen Bestimmung des ge -bundenen Chlors im Beckenwasser geregelt wird.

    Kürzere Reaktionszeiten des gelösten Ozons unter 3 minsind dann zulässig, wenn damit die Anforderungen nachDIN 19 643, Teil 1, Tabellen 1 und 2, erfüllt werden. EineReduzierung der Ozon-Konzentration und der Reaktionszeitdes Ozons ist für Therapiebecken jedoch nicht erlaubt.

    Bromat kann aber auch als Verunreinigung der zur Desin-fektion eingesetzten Natriumhypochlorit-Lösung ins Becken - wasser eingebracht werden. Ausschlaggebend für den Bro-mat-Gehalt einer handelsüblichen oder auch in einer Elek-trolyseanlage vor Ort hergestellten Na triumhypochlorit-Lö -sung ist der Bromid-Gehalt des eingesetzten Elektrolysesal-zes. Je geringer der Bromid-Gehalt des zur Elektrolyse ver-wendeten Salzes ist, desto geringer wird der Bromat-Gehaltin der hergestellten Natriumhypochlorit-Lösung sein.

    In die Tabelle 2 der Norm ist Arsen als chemischer Becken-wasserqualitätsparameter neu aufgenommen. Eine Arsen-Konzentration von 0,2 mg/l darf im Be ckenwasser nichtüberschritten werden. Der Parameter ist nur dann im Be -ckenwasser zu untersuchen, wenn arsenhaltige Füllwässer(z. B. Heilwässer) zum Einsatz kommen. EpidemiologischeStudien belegen, dass Arsen ein systemisch wirkendes Kar-zinogen für die Organe Haut, Harnblase, Leber und Lungeso wie eine Reihe weiterer Organe darstellt.

  • Wasseraufbereitung · Bädertechnik | AB Archiv des Badewesens 03/2013 158

    Abschnitt 7: Anforderungen an Schwimm- und BadebeckenFür Therapiebecken wurde neu festge-legt: Therapiebecken dürfen nur ange-schlossen werden■ an Aufbereitungsanlagen mit

    Ozon-Stufe nach Teil 3 der Norm;dabei ist auf die Einhaltung desoberen Wertes für Bromat im Be -ckenwasser zu achten.

    ■ an Aufbereitungsanlagen mitvirendichter Membranfilteranlage(Ultrafiltration) nach Teil 4 derNorm.

    Abschnitt 8: Nennbelastung, Belastbarkeitsfaktor, Mindestüberlauf,VolumenströmeIn der neuen Norm sind bei der Pla-nung zur Dimensionierung der Aufbe-reitungsanlage der Aufbereitungs-Vo -lumenstrom Q und der Beckenvolumen-strom QB für die jeweilige Beckenartnach Tabelle 3 der Norm zu berechnen.

    Für die Dimensionierung der Aufberei-tungsanlage ist mindestens der hygie-nisch begründete Aufbereitungs-Volu-menstrom anzusetzen. Ergibt sich fürden hydraulisch begründeten Becken-Volumenstrom ein größerer Wert, so istmindestens dieser als Aufbereitungs-Volumenstrom anzusetzen. Der Wert fürQB darf nicht unterschritten werden, umdie Beckenhydraulik unbedingt sicher-zustellen. Sie sorgt für eine optimalegleichmäßige Verteilung des Desinfek-tionsmittels im gut durchströmten Be -cken und für den Austrag von Ver-schmutzungsstoffen. Für Becken mit ei -ner Länge der Überlaufkante (Rinnen-länge) L ≤ 40 m, bei denen nach Tabel-le 3 nicht explizit QB = Q gilt (Durch-schreite-, Warmsprudel- und Kaltwas-sertauchbecken), darf der kleinere Auf-bereitungs-Volumenstrom für die Be mes -sung zugrunde gelegt werden, auch wenner kleiner als QB ist.

    Für die Sanierung von Freibädern wur -de folgender Sonderfall aufgenommen:Ist bei der Sanierung anhand von Do -kumentationen im Betriebsbuch über

    mindestens fünf Jahre die Sicherheitgegeben, dass die festgestellte maxima -le tägliche Belastung auch bei zukünf-tig gleicher betrieblicher Nutzung nichtüberschritten wird, darf die daraus er -mittelte Nennbelastung zur Ermittlungdes Aufbereitungs-Volumenstroms Q zu -grunde gelegt werden, sofern im Rah-men der Sanierung keine zusätzlichenWasserflächen (Beckenanlagen), Attrak -tionen (Rutschen, Strömungskanal usw.)oder betriebliche Nutzungsänderungen(Einführung einer beheizten Wasserflä -che) vorgesehen werden.

    Die Bedeutung dieser Öffnungsklauselsoll an einem Beispiel erläutert werden.7)

    Hat z. B. eine zu sanierende Freibadan-lage ein Schwimmerbecken mit den Ab -messungen 50 x 21 m mit einer Sprin-gerbucht, ein Nichtschwimmerbeckenmit einer Wasserfläche von 600 m2 undein Kleinkinderbecken mit einer Wasser-fläche von 80 m2, so kann mit einer da -nach dimensionierten Aufbereitungsanla -ge der Schmutzeintrag von ca. 8000 Be -suchern pro Tag eliminiert werden. Wennbekannt ist, dass die Freibadanlage inden letzten fünf Jahren als Folge ihrerLage und des Einzugsgebietes von max.

    2000 Badegästen pro Tag besucht wur -de, dann ist es jetzt zulässig, diese Be -sucherzahl für die Dimensionierung derAufbereitungsanlage bei der Sanierungzugrunde zu legen und den Volumen-strom kostensparend zu mindern.

    Diese Öffnungsklausel kann bedeutsamsein, wenn es um die Entscheidung geht,ein vorhandenes Freibad auf Grundlageder DIN 19 643 zu sanieren oder die An -lage in eine sog. Schwimm- und Bade-teichanlage (Kleinbadeteich) mit biolo-gischer Wasseraufbereitung umzuwan-deln.

    Abschnitt 11.2.3: ChlorungsanlagenChlorelektrolyseanlagen im Inline-Be -trieb (Durchflusselektrolyse-Verfahren)wurden Bestandteil der Norm.

    Für die Anwendung dieses Verfahrensist eine Chlorid-Konzentration von mehrals 1200 mg/l im Beckenwasser erfor-derlich. Dies entspricht einem Salzge-halt als NaCl von mehr als 2000 mg/l.

    Das Filtrat passiert vollständig oder zumTeil eine ungeteilte Elektrolysezelle (sie -he Abbildung 1). Ein Teil des im Be cken -

    ■ Abbildung 1: Chlorelektrolyseanlage im Inline-Betrieb. Das Filtrat passiert drei parallel ange-ordnete Elektrolyseeinheiten; Quelle: T. Beutel, Lutz-Jesco, Wedemark

  • AB Archiv des Badewesens 03/2013 | Bädertechnik · Wasseraufbereitung159

    wasser enthaltenen Chlorids reagiert ander Anode zu Chlor. Das erzeugte Chlorreagiert noch in der Zelle mit Wasserab hängig vom pH-Wert zu hypochlori-ger Säure und Hypochlorit-Ionen. Ander Kathode entstehen Natronlauge undWasserstoffgas. Die Natronlauge be wirkteine Erhöhung des pH-Werts; dadurchkönnen Flockung und Desinfektion be -einträchtigt werden. Darauf ist bei derpH-Wert-Regelung zu achten. Der ent-stehende Wasserstoff entweicht über dieWasseroberflächen der Becken. Durchausreichende Zufuhr von Außenluft istsicherzustellen, dass sich in Betriebs-räumen und im Schwimmhallenbereichkein zündfähiges Gemisch bilden kannund der entstehende Wasserstoff ge fahr -los ins Freie abgeführt wird. Der Was-serdurchfluss der Elektrolysezelle mussvon einem Strömungswächter überwachtwerden, der bei fehlendem Durchflussdie Anlage ausschaltet, um eine weitereWasserstoffentstehung zu verhindern.

    Die Steuerung/Regelung der Desinfek-tionsmittel-Erzeugung erfolgt durch Re -gelung des Zellstroms. Für jedes Be ckenmuss eine separate Elektrolyseeinheiteingesetzt werden. Bei der Messung derRedox-Spannung müssen Redox-Elek-troden verwendet werden, die durch denentstehenden Wasserstoff nicht gestörtwerden. Hierbei haben sich z. B. Gold-elektroden bewährt.

    Abschnitt 14: Betriebskontrolle derWasserbeschaffenheitUnter Punkt 14.1 ist die Zeitfolge derKontrollen für die Parameter Trihalo-genmethane (THM) und Bromat sowiefür den Summenwert von Chlorit/Chlo-rat spezifiziert. Sie sind im Beckenwas-ser im Abstand von längstens zwei Mo -naten zu messen. Wenn der obere Wertnach Tabelle 2 der Norm über den Zeit-raum eines Jahres nicht überschrittenwird, kann das Untersuchungsintervallauf längstens vier Monate ausgedehntwerden.

    Unter Punkt 14.2 wird die Probenahmezur Bestimmung der chemischen Para-

    meter in Tabelle 2 der Norm detailliertbeschrieben, während für die Durchfüh -rung der Probenahme zur Bestimmungder mikrobiologischen Parameter inTa belle 2 der Bezug auf die DIN EN ISO19 4588) ausreichend ist. Das ist darinbegründet, dass die DIN 38 402-19: 1988„Probenahme von Schwimm- und Ba -debeckenwasser“ ersatzlos zurückgezo -gen wurde und deshalb für die chemi-schen Parameter keine zitierfähige Normexistiert.

    Teil 2: Verfahrenskombinationen mitFestbett- und AnschwemmfilternIn Teil 2 der Norm wurden die Teile 2und 5 der DIN 19 643-Normenreihe ausdem Jahr 1992 bzw. 2000 unter Be -rücksichtigung technischer Weiterent-wicklungen und neuer Anforderungenim Teil 1 der Norm zusammengeführt.

    Schwerpunkt dieser neuen Norm sind imWesentlichen Beschreibungen grundle-gender Verfahrenskombinationen, dieeine Festbett- bzw. Anschwemmfiltra-tion als Aufbereitungsstufe beinhalten.Die in dieser Norm dargelegten Verfah-renskombinationen beschreiben unter-schiedliche Wege zur Implementierungvon Methoden zur Verhinderung undEntfernung von DNP. Neben der bishe-rigen Verwendung von Pulveraktivkoh-le und Kornaktivkohle im nachgeschal-teten Sorptionsfilter sowie adsorptiv wir-kender Kohle als obere Schicht einesMehrschichtfilters wurde als weitere Mög -lichkeit der Einsatz von UV-Bestrah-lungseinheiten zur Beseitigung von Chlo -ramin-Verbindungen aufgenommen.

    Im Einzelnen sind folgende Verfahrens-kombinationen genormt:■ Flockung – Filtration – Chlorung,■ Flockung – Mehrschichtfiltration

    mit adsorptiver Kohle – Chlorung,■ Adsorption an Pulver-Aktivkohle –

    Flockung – Filtration – Chlorung,■ Flockung – Filtration – Adsorption

    an Kornaktivkohle – Chlorung,■ Flockung – Filtration –

    UV-Bestrahlung – Chlorung,

    ■ Flockung – Mehrschichtfiltrationmit adsorptiver Kohle – UV-Bestrahlung – Chlorung und

    ■ Adsorption an Pulver-Aktivkohle –Anschwemmfiltration – Chlorung.

    Für alle Verfahrenskombinationen be -trägt der Belastbarkeitsfaktor k (k-Wert)0,5 m-3. Dieser Wert bedeutet, dass proPerson und Stunde 2 m3 aufbereitetesWas ser zur Verfügung stehen müssen.

    Abschnitt 4.3: FlockungPolyaluminiumchloride nach DIN EN15 0319) mit einer Basizität > 50 % wur-den neu als Flockungsmittel aufgenom-men. Sie haben sich in der Praxis bei derAufbereitung von Schwimm- und Ba -debeckenwasser ausreichend be währt.

    Abschnitt 4.5: Eliminierung von DesinfektionsnebenproduktenIst die Verfahrenskombination Flo ckung– Filtration – Chlorung dauerhaft für

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    eine Einhaltung des oberen Wertes fürdie DNP gebundenes Chlor und THM(Teil 1, Tabelle 2) nicht ausreichend, sowerden jetzt optional folgende Aufbe-reitungsstufen für deren Eliminierungempfohlen:■ Adsorption durch Mehrschicht-

    filtrationWegen erhöhtem Verkeimungsrisikoist auf die Verwendung von Korn -aktivkohle zu verzichten und Braun-kohlenkoks (Handelsprodukt z. B.Filterkohle-H oder Antrasit H) auf-grund des geringeren Verkeimungs-risikos der Vorzug zu geben. Braun-kohlekoks hat durch seine rauheOberfläche eine gute Wirkung beimkatalytischen Abbau von gebunde-nem Chlor an der Koksoberfläche zuz. B. Chlorid, Nitrat und Stickstoff.

    ■ Adsorption an Pulver-Aktivkohle■ Adsorption an Kornaktivkohle

    Zur Beseitigung von DNP wird dem

    Festbettfilter zur Partikelabtrennungein zweiter Filter mit Korn aktiv -kohle nachgeschaltet. Dieser kannim Voll- oder Teilstrom angeordnetwerden. Um einer Verkeimung desKornaktivkohlefilters vorzubeugen,ist eine Redox-Spannung von min-destens + 650 mV im Filtrat desvorgeschalteten Filters erforderlich.Wird der Wert nicht erreicht, istdem Rohwasser mindestens 1 g/m3

    Chlor zuzusetzen.■ UV-Bestrahlung

    Zur Reduktion der Konzentrationdes gebundenen Chlors (Chloramine)darf eine UV-Bestrahlungsanlageeingesetzt werden. Dazu ist das Fil-trat mit einer UV-Anlage mit Mit-teldruckstrahlern zu behandeln.Die UV-C-Dosis muss im Bereichvon 400 bis 600 J/m2 liegen. In der UV-Anlage müssen Emissionenunter 200 nm ausgeschlossen wer-

    den, um die Bildung unerwünsch-ter Nebenprodukte zu vermeiden.Die Wirksamkeit der UV-Anlage istgegenüber dem Badbetreiber nach-zuweisen. Die Alterung der Strah-ler ist dabei zu berücksichtigen. Eswurden nur Mitteldruckstrahler indie Norm aufgenommen, weil Nie-derdruckstrahler kein polychroma-tisches Emissionsspektrum für denphotochemischen Chloramin-Ab bauerzeugen. Zur Eliminierung vonTHM ist diese Option nicht geeignet.Sie kann unter bestimmten Rand-bedingungen auch zur Erhöhung derTHM-Konzentration im Becken-wasser führen.

    Teil 3: Verfahrenskombinationen mit OzonungIm neuen Teil 3 der Norm wurden dieTeile 3 und 4 der DIN 19 643-Normen-reihe aus dem Jahr 1997 bzw. 1999 zu -

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  • AB Archiv des Badewesens 03/2013 | Bädertechnik · Wasseraufbereitung161

    sammengeführt. Dabei wurden technischeWeiterentwicklungen, neue Er kennt nis -se und die neuen Anforderungen imTeil 1 der neuen Norm berücksichtigt.

    Schwerpunkt dieses Teils der Norm sindim Wesentlichen Beschreibungen fol-gender Verfahrenskombinationen:■ Flockung – Filtration – Ozonung –

    Sorptionsfiltration – Chlorung und■ Flockung – Ozonung – Mehr -

    schichtfiltration mit Sorptionswir-kung – Chlorung.

    Bedingt durch die Ozonung beträgt fürbeide Verfahrenskombinationen der Be - lastbarkeitsfaktor k 0,6 m-3 entsprechendeinem Reinwasservolumen von 1,67 m3

    pro Person.

    Abschnitt 3.2: Flockung – Ozonung –Mehrschichtfiltration mit Sorptionswirkung – ChlorungBei der Verfahrenskombination Flo ckung– Ozonung – Mehrschichtfiltration mitSorptionswirkung – Chlorung kann auf-grund der flockulierenden Wirkung desOzons (durch die Einwirkung des Ozonsbilden sich aus echt gelösten Verschmut -zungsstoffen im Wasser abfiltrierbareMikroflocken) auf die Dosierung vonFlockungsmittel verzichtet werden, wenndie Anforderungen an die Wasserqua-lität nach Tabelle 2 im Teil 1 der Normeingehalten werden. Eine weitere Be -dingung für den Flockungsmittelver-zicht ist, dass der obere Wert für ortho-Phosphat im Filtrat von 0,030 mg/l (an -gegeben als Phosphor, P) nicht über-schritten ist, um ein Algenwachstum zuverhindern. Andernfalls muss ortho-Phosphat durch Flockungsfiltration ent-fernt werden.

    Abschnitt 4.4.3: Ozon-ZugabeDie Ozon-Zugabe ist während des Ba -debetriebes ständig aufrechtzuerhalten.Es ist darauf zu achten, dass eine aus-reichende Restkonzentration an Ozondie adsorptive Filterschicht erreicht. Da -durch wird der katalytisch unterstützteAbbau von organischen Stoffen an derAktivkohleoberfläche unterstützt.

    Die Ozon-Zugabe kann reduziert wer-den; die Ozon-Konzentration von min-destens 0,3 mg/l direkt vor dem Einlaufdes Wassers in das Sorptionsfilter ist je -doch im Betrieb dauerhaft einzuhalten.

    Die Ozon-Zugabe darf alternativ (giltnicht für Therapiebecken) in Abhängig-keit einer kontinuierlichen Bestimmungdes gebundenen Chlors des Beckenwas-sers geregelt werden10); dabei muss ei -ne Mindestkonzentration von 0,1 mg/lOzon stets aufrechterhalten werden, umder Verkeimungsgefahr des Aktivkoh-

    lefilters entgegenzuwirken. Bei der Ein-stellung der Regelung ist die Einhal-tung des oberen Wertes für THM von0,020 mg/l (berechnet als Chloroform)zu beachten. Durch die bedarfsgerech-te Steuerung moderner Ozon-Anlagenlassen sich die laufenden Betriebskos -ten in Bädern senken.

    Die mittlere Reaktionszeit des gelöstenOzons sollte nach intensiver Vermischungmindestens 3 min innerhalb eines kor-rosionsgeschützten Reaktionsbehältersbetragen. Kürzere Reaktionszeiten sind

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  • Wasseraufbereitung · Bädertechnik | AB Archiv des Badewesens 03/2013 162

    dann zulässig, wenn damit die Anfor-derungen nach der DIN 19 643, Teil 1,Tabellen 1 und 2, erfüllt werden. Unter-suchungen in der Praxis haben gezeigt,dass die Ozon-Reaktionszeit im Reakti-onsbehälter tatsächlich eine untergeord-nete Rolle beim Abbau von Chlorami-nen (gebundenem Chlor) und Vorläufer-verbindungen (Präkursoren) von THMspielt. Diese gewünschten Reaktionenfinden im Wesentlichen auf der Ober-fläche der Aktivkohle in einem demReaktionsbehälter nachgeschalteten Ak - tivkohlefilter statt, der sicherstellen soll,dass das dem Schwimmbecken zuge-führte Wasser ozonfrei ist.11) Bei Thera-piebecken muss die mittlere Reaktions-zeit immer mindestens 3 min betragen,um für das umgewälzte Wasser die Wir-kung einer mikrobiologischen Barrieresicher zu garantieren. Die Verweilzeit imÜberstauraum des Sorptionsfilters kannder Reaktionszeit zugerechnet werden.

    Teil 4: Verfahrenskombinationen mitUltrafiltrationMit dem völlig neu erarbeiteten Teil 4der Norm wurde dem zunehmenden Ein-satz der Ultrafiltration (UF) zur Schwimm -beckenwasseraufbereitung Rechnung ge -tragen. Grundlage dieser Verfahrenskom -bination ist der Einsatz von Membran-filtrationsverfahren mit einer Po ren grö -ße der Membran im Bereich ≥ 0,05 μm.Das Funktionsprinzip der UF beruht aufGrößenausschluss. Die zum Einsatz kom -menden porösen Membranen habenPo ren (Öffnungen, „Löcher“) mit einemDurch messer von 0,01 bis 0,05 μm.

    Partikel und Substanzen, die größer alsdie Poren der Membran sind, werdenvon ihr zurückgehalten. Damit stellt dieUF eine Barriere für alle partikulärenBestandteile, höhermolekular gelöste,sus pendierte bzw. emulgierte Komponen -ten dar. Besonders hervorzuheben istdie Barrierewirkung gegenüber Mi kro -organismen (Parasiten, Bakterien, Vi -ren), wie folgender relativer Größen-vergleich verdeutlicht:■ Porengröße (UF): 0,01 - 0,05 μm■ Cryptosporidien: 4 - 6 μm

    ■ Legionella species: 0,5 - 1,5 μm■ Viren: 0,02 - 0,3 μm■ Chloroform-Molekül: ca. 0,0005 μm

    Am Beispiel des Chloroforms als Ver-treter der THM wird deutlich, dass alleecht gelösten Stoffe (z. B. auch dieChloramine) von der UF-Membran nichtzurückgehalten werden und im Wasserverbleiben.

    Um die molekular gelösten Verschmut-zungsstoffe aus dem Beckenwasserkreis-lauf zu entfernen, ist die Kombinationder UF mit einem Adsorptionsverfahrennotwendig.

    Auf diesen Überlegungen basiert dieneue Verfahrenskombination. In der ers -ten Stufe werden durch Flockung mitAluminium- und/oder Eisen(III)salzenkolloidal gelöste Verunreinigungen ent-stabilisiert, geflockt und ortho-Phospha-te gefällt. Für diesen Prozess wird derpH-Wert des Rohwassers innerhalb ei -nes von der Art des Flockungsmittelsabhängigen Bereichs gehalten.

    In der zweiten Stufe werden echt undkolloidal gelöste organische Verunrei-nigungen zum Teil an Aktivkohle ad -sorbiert. Anschließend wird das Ge mischaus Eisen(III)- und/oder Aluminium-phosphat und Eisen- und/oder Alumi-niumhydroxid und Kolloiden sowie ggf.beladener Pulver-Aktivkohle durch UFabgetrennt. Alternativ zur Pulveraktiv-kohledosierung darf zur Entfernung vonDNP ein spülbarer Filter mit grobkörni-ger Kornaktivkohle nach DIN EN 15 79812)

    vor der UF eingesetzt werden. DieserFilter kann gleichzeitig als Schutzfilterdienen.

    Zur Reduktion der Konzentration desgebundenen Chlors darf zusätzlich eineUV-Bestrahlungsanlage eingesetzt wer-den. Dazu ist das Filtrat mit einer UV-Anlage mit Mitteldruckstrahlern zu be -handeln. Die UV-C-Dosis muss im Be -reich von 400 bis 600 J/m2 liegen. Inder UV-Anlage müssen Emissionen < 200 nm ausgeschlossen werden, um

  • AB Archiv des Badewesens 03/2013 | Bädertechnik · Wasseraufbereitung163

    die Bildung unerwünschter Nebenpro-dukte zu vermeiden. Die Wirksamkeitder UV-Anlage ist gegenüber dem Bad-betreiber nachzuweisen.

    Die mit dieser Verfahrenskombinationerzielbare bessere Reinwasserqualität hatdazu geführt, dass ein Belastbarkeits-faktor k von höchstens k = 1,0 m-3 fürdie Berechnung des Aufbereitungs-Vo -lumenstroms in der Norm festgelegt wur -de, was eine Verminderung der aufzu-bereitenden und umgewälzten Wasser-menge bedeutet.

    Ein wesentlicher wirtschaftlicher Vor-teil der UF liegt in der geringen Bauhöhesowie der modularen Bauweise und derdadurch flexibel gestaltbaren Bauaus-führung begründet. Durch die niedrigeBauhöhe (siehe Abbildung 2) von UF-Anlagen und durch den Wegfall großerSpeicherbehälter für Spülwasser und Ab -wasser verringert sich der Raumbedarf.

    Dadurch ist diese Verfahrenskombina-tion prädestiniert für Sanierungen inbestehenden Baukörpern. Bei Neubau-ten kann der Technikbereich von vorn-herein kleiner gebaut werden.

    AusblickDie Neufassung der DIN 19 643 findetauch vielfältiges Interesse in ausländi-schen Fachkreisen. Deshalb ist die Pub -likation einer englischen Ausgabe derNorm in Kürze vorgesehen.

    Die Herausgabe eines Kommentars zurNeufassung der DIN 19 643 ist geplant.

    Ge genwärtig finden diesbezüglich Ge -sprä che mit dem Beuth Verlag statt.

    Dem DIN-Arbeitsausschuss „Schwimm -beckenwasser“ liegt ein Normungsantragfür das Bromid/Ozon-Verfahren zur Des-infektion des Beckenwassers vor. DasDesinfektionsmittel hypobromige Säure(HOBr) wird dabei aus Bromid und Ozondirekt im Wasser erzeugt. Der Aus-schuss wird sich in seinen nächsten Sit-zungen damit befassen.

    ZusammenfassungDie hier beschriebenen Änderungen inder Neufassung der DIN 19 643 sind,wie eingangs erwähnt, nicht vollstän-dig. Wer einen Überblick über sämtli-che Änderungen der neuen Norm vomNovember 2012 erhalten möchte, kanndie Norm über den Beuth Verlag entwe -der in Papierform oder online beziehen.

    DankDer Autor dieses Artikels und Obmanndes zuständigen DIN-Arbeitsausschussesbedankt sich bei den Ausschussmitglie-dern für die ausgezeichnete ehrenamt-lich geleistete Arbeit bei der Neufassungder Norm. Ganz besonderer Dank gilt denHerren Wolfgang Prüfrock und Jürgen-Michael Schley für ihre Ar beit und fürihr großes Engagement als zuständigeProjektbetreuer vonseiten des DIN Deut -schen Institutes für Normung e. V.

    Literatur■ 1) Hygieneanforderungen an Bä der und

    deren Überwachung. Emp feh lung desUmweltbundesamtes nach An hö rungder Schwimm- und Ba de becken was -serkommission des Bundesministe-riums für Gesundheit beim Um welt -bundes amt (2006). In: Bundesge-sundheitsbl-Gesundheitsforsch-Gesundheitsschutz 49: 926 - 937

    ■ 2) Umweltbundesamt (2011): Berichtzur Fragebogenaktion des Umwelt-bundesamtes (UBA) im Auftrag desBundesministeriums für Gesundheit(BMG) „Überwachung und Aufberei -tung von Schwimm- und Bade be -cken wasser“. In: www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/4303.pdf

    ■ 3) DIN 19 645 (2006): Aufbereitungvon Spülabwässern aus Anlagenzur Aufbereitung von Schwimm-und Badebeckenwasser, Beuth Ver-lag, Berlin

    ■ 4) ISO 11 731 (1998): Wasser be schaf fen -heit – Nachweis und Zählung vonLegionellen, Beuth Verlag, Berlin

    ■ 5) DIN EN ISO 11 731-2 (2008): Was-serbeschaffenheit – Nachweis undZählung von Legionellen – Teil 2:Direktes Membranfiltrationsverfah-ren mit niedriger Bakterienzahl,Beuth Verlag, Berlin

    ■ 6) Dygutsch, D. P., Kramer, M. (2012):Chlorit und Chlorat. Ein neuerSummenparameter der DIN 19 643zur Überwachung von Schwimm-beckenwasser. In: AB Archiv desBadewesens 03/2012, 166 - 178

    ■ 7) Gansloser, G. (2005): RechtlicheGrundlagen und Einführung in dieDIN 19 643, Vortrag, DVGW-Forum,22. - 23.02.2005, Würzburg

    ■ 8) DIN EN ISO 19 458 (2006): Wasser-beschaffenheit – Probe nah me fürmikrobiologische Un ter su chungen,Beuth Verlag, Berlin

    ■ 9) DIN EN 15 031 (2006): Produkte zurAufbereitung von Schwimm- undBadebeckenwasser – Flo ckungs mit -tel auf Aluminiumbasis, Beuth Verlag, Berlin

    ■ 10) Hoffmann, M. (2010): Wirtschaftli-cher Betrieb von Ozonanlagen. In:AB Archiv des Badewesens 01/2010,38 - 43

    ■ 11) Hoffmann, M. (2012): Ozon-Verfahrenmit kurzer Reak tionszeit. In: AB Ar -chiv des Badewesens 01/2012, 37-42

    ■ 12) DIN EN 15 798 ( 2010): Produkte zurAufbereitung von Schwimm- undBadebeckenwasser – Filtermateria-lien, Beuth Verlag, Berlin

    ■ Abbildung 2:Ultrafiltrations -anlage, Decken-

    höhe 2,50 m;Quelle:

    K. Hagen, VWS Deutschland,

    Bayreuth