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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. Übergangsmetallkomplexe mit Aminosäuren und Dipeptiden Transition Metal Complexes of Amino Acids and Dipeptides H ANS G UNTNER Anorganisch-chemisches Institut der Technischen Universität München und K ARL E. S CHWARZHANS Institut für Anorganische und Analytische Chemie der Universität Innsbruck (Z. Naturforsch. 31B, 198-202 [1976]; eingegangen am 7. November 1975) Amino Acid Complexes A series of transition metal complexes with the ligands L-Tyr, Gly-L-Tyr and Gly-L-Phe has been prepared. The magnetic moments, the IR and EPR spectra of the isolated compounds have been collected. Sehr viele Enzyme sind keine reinen Proteine, sondern enthalten Metallzentren, wie jüngst sogar an der Urease gezeigt werden konnte, die bisher als reines Eiweißenzym galt 1 . Den Chemiker interes- siert nun in erster Linie die Wechselwirkung zwi- schen Metall und Eiweißanteil, die entscheidend für die biologische Wirksamkeit des Holoenzyms ist. Zur Untersuchung bieten sich hierzu als Modell- systeme vor allem Metallkomplexe mit Oligopeptid- liganden aufgrund ihrer chemischen Verwandtschaft an. Während nun die meisten derartigen Arbeiten sich vor allem mit der potentiometrischen und spektroskopischen Untersuchung wäßriger Lösun- gen solcher Systeme beschäftigen 2-5 , behandelt nur ein verhältnismäßig kleiner Teil definierte, in Rein- form dargestellte Komplexe mit diesen Liganden 6_9 . Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich aus diesem Grund mit der zum Teil erstmaligen Darstellung und Charakterisierung einer Reihe solcher Verbin- dungen. Umsetzungen mit L-Tyrosin 9 L-Tyrosin wird in heißem Wasser suspendiert und mit einer äquimolaren Menge Natronlauge gelöst. Dazu wird langsam eine heiße, wäßrige Lösung des Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. KARL E. SCHWARZHANS, Institut für Anorganische und Analy- tische Chemie Universität Innsbruck, Innrain 52 a, A-6020 Innsbruck, Österreich. entsprechenden Metallsalzes im Molverhältnis Salz : Ligand = 1:2 zugetropft. Der sich jeweils schnell bildende Niederschlag wird nach einigen Stunden Reaktionsdauer abfiltriert und mehrmals gründlich in heißem Wasser gewaschen und im Hochvakuum getrocknet. Die erstmalige Darstellung des Mangan- (II)-Komplexes wird analog in heißem Äthanol und mit Lithiumhydroxid als Base durchgeführt. Im IR-Spektrum zeigen die Verbindungen die in der folgenden Tab. I aufgeführten Absorptionen für einige charakteristische Gruppen. Tab. I. Charakteristische IR-Frequenzen von L- Tyrosin und einigen seiner Komplexe in cm -1 . Zu- ord- Tyr Cu(II) Mn(II) Zn(II) Co(II) Ni(II) nung - O H \ 3210 s 3320 s 3345 s 3620 s 3340 m 3340 s -NHsJ 3300 s 3290 s 3340 s 3280 m 3280 s 3270 sb 3200 sh NH3© 3130 W 3050 w -COO© 1610 s 1605 s 1590 sb 1600 sb 1595 sb 1600 s 1590 s 1585 s 1580 sh 1570 sh 1415 m 1405 s 1410 s 1405 s 1405 s 1410 s -CO 1240 s 1235 s 1255 sb 1235 s 1240 s 1240 s Hieraus geht klar die Koordination über Amino- stickstoff und Carboxylsauerstoff hervor. Das ergibt sich aus den meist starken Verschiebungen im

Übergangsmetallkomplexe mit Aminosäuren und Dipeptidenzfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/31/ZNB-1976-31b-0198.pdf · Lösungsmitteln unlösliche Komplex Cu(Tyr)2 H2O wurde als Feststoff

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

Übergangsmetallkomplexe mit Aminosäuren und Dipeptiden

Transition Metal Complexes of Amino Acids and Dipeptides

H A N S G U N T N E R

Anorganisch-chemisches Institut der Technischen Universität München

und

K A R L E . S C H W A R Z H A N S

Institut für Anorganische und Analytische Chemie der Universität Innsbruck

(Z. Naturforsch. 31B, 198-202 [1976]; eingegangen am 7. November 1975)

Amino Acid Complexes

A series of transition metal complexes with the ligands L-Tyr, Gly-L-Tyr and Gly-L-Phe has been prepared. The magnetic moments, the I R and EPR spectra of the isolated compounds have been collected.

Sehr viele Enzyme sind keine reinen Proteine, sondern enthalten Metallzentren, wie jüngst sogar an der Urease gezeigt werden konnte, die bisher als reines Eiweißenzym galt1. Den Chemiker interes-siert nun in erster Linie die Wechselwirkung zwi-schen Metall und Eiweißanteil, die entscheidend für die biologische Wirksamkeit des Holoenzyms ist. Zur Untersuchung bieten sich hierzu als Modell-systeme vor allem Metallkomplexe mit Oligopeptid-liganden aufgrund ihrer chemischen Verwandtschaft an. Während nun die meisten derartigen Arbeiten sich vor allem mit der potentiometrischen und spektroskopischen Untersuchung wäßriger Lösun-gen solcher Systeme beschäftigen 2-5, behandelt nur ein verhältnismäßig kleiner Teil definierte, in Rein-form dargestellte Komplexe mit diesen Liganden 6_9.

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich aus diesem Grund mit der zum Teil erstmaligen Darstellung und Charakterisierung einer Reihe solcher Verbin-dungen.

Umsetzungen mit L-Tyrosin9

L-Tyrosin wird in heißem Wasser suspendiert und mit einer äquimolaren Menge Natronlauge gelöst. Dazu wird langsam eine heiße, wäßrige Lösung des

S o n d e r d r u c k a n f o r d e r u n g e n a n P r o f . D r . K A R L E . SCHWARZHANS, Institut für Anorganische und Analy-tische Chemie Universität Innsbruck, Innrain 52 a, A-6020 Innsbruck, Österreich.

entsprechenden Metallsalzes im Molverhältnis Salz : Ligand = 1:2 zugetropft. Der sich jeweils schnell bildende Niederschlag wird nach einigen Stunden Reaktionsdauer abfiltriert und mehrmals gründlich in heißem Wasser gewaschen und im Hochvakuum getrocknet. Die erstmalige Darstellung des Mangan-(II)-Komplexes wird analog in heißem Äthanol und mit Lithiumhydroxid als Base durchgeführt.

Im IR-Spektrum zeigen die Verbindungen die in der folgenden Tab. I aufgeführten Absorptionen für einige charakteristische Gruppen.

Tab. I. Charakteristische IR-Frequenzen von L-Tyrosin und einigen seiner Komplexe in cm - 1 .

Zu-ord- Tyr Cu(II) Mn(II) Zn(II) Co(II) Ni(II) nung

- O H \ 3210 s 3320 s 3345 s 3620 s 3340 m 3340 s -NHsJ 3300 s 3290 s 3340 s 3280 m 3280 s

3270 sb 3200 sh NH3© 3130 W

3050 w -COO© 1610 s 1605 s 1590 sb 1600 sb 1595 sb 1600 s

1590 s 1585 s 1580 sh 1570 sh 1415 m 1405 s 1410 s 1405 s 1405 s 1410 s

- C O 1240 s 1235 s 1255 sb 1235 s 1240 s 1240 s

Hieraus geht klar die Koordination über Amino-stickstoff und Carboxylsauerstoff hervor. Das ergibt sich aus den meist starken Verschiebungen im

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H. G U N T N E R - K . E. SCHWARZHANS • KOMPLEXE VON AMINOSÄUREN 199

Carbonylbereich nach niedrigeren Wellenzahlen und an den neu auftretenden scharfen Banden im Be-reich von 3000 cm-1 bis 3700 cm-1. Diese Befunde stimmen mit Werten überein, die in der Literatur9

für einige Komplexe des DL-Tyrosins angegeben werden. Darüber hinaus deutet sich in den Fällen von Cu(II), Zn(II) und Mn(II) eine Beteiligung der phenolischen Hydroxylgruppe an der Koordina-tionssphäre an. Das trotz langdauernder Trocknung nicht zu entfernende Wasser dagegen scheint nicht an der Koordination beteiligt zu sein, sondern Wasserstoffbrücken mit den dafür hervorragend geeigneten Liganden auszubilden. Die sehr breite Absorption im Bereich der Wasserstoffbrücken-schwingungen ist ein deutlicher Hinweis darauf.

Eine definitive Aussage über die Struktur der dargestellten Komplexe ist auf Grund der Messung der magnetischen Momente der Verbindungen mit der Gouyschen Waage bzw. in Lösung nach EVANS10'11 möglich. Der in allen gebräuchlichen Lösungsmitteln unlösliche Komplex Cu(Tyr)2 • H2O wurde als Feststoff vermessen und besitzt ein effektives magnetisches Moment von 1,8 B.M., was auf einkernig vorliegende Moleküle hinweist. Eine Temperaturabhängigkeit des magnetischen Momen-tes liegt nicht vor. Nachdem Wasser als Koordina-tionspartner auf Grund des IR-Spektrums nicht beteiligt ist, scheint eine Verbrückung benachbarter Moleküle über die phenolischen Hydroxylgruppen vorzuliegen.

Mn(Tyr)2 • 2 H20 wurde in Dimethylsulfoxid als Lösungsmittel nach E V A N S gemessen und weist ein Moment von 5,7 B.M. auf, wie es für normale okta-edrische d5-high-spin-Mangan(II)-Komplexe zu er-warten ist. Hier gilt bezüglich des Wassers das gleiche wie im Fall des Kupfer(II)-Komplexes. Die Kobalt(II)- und Nickel(II)-Verbindungen zeigen bei der Vermessung im Festzustand ein effektives Mo-ment von 5,2 bzw. 3,3 B.M., was klar auf okta-

edrische Ligandenanordnung hinweist. Da auch in diesen Fällen das beteiligte Wasser auf Grund der IR-Befunde nur Brückenbindungen einzugehen scheint, muß ebenfalls eine Beteiligung der Ring-hydroxylgruppen an der Koordinationssphäre an-genommen werden.

Umsetzungen mit Glycyl-L-Tyrosin Äquimolare Mengen von Gly-Tyr und Lithium-

hydroxid werden in warmem 99-proz. Äthanol auf-geschlämmt. Die nach etwa zwanzig Minuten ent-stehende farblose Lösung wird von suspendierten Resten des in geringem Überschuß eingesetzten Lithiumhydroxids abfiltriert. Das Metallsalz wird daraufhin im Verhältnis Metallsalz: Ligand = 1:2 in verdünnter äthanolischer Lösung zugetropft und der sich bildende Niederschlag abfiltriert und ge-waschen. Für die Ionen Co(II), Ni(II), Cu(II), Mn(II), Zn(II) und Fe(III) kommen die wasser-freien Chloride zum Einsatz. Dabei zeigt sich, daß bei der Darstellung des Eisen (III)-Komplexes nur ein sechsfacher Ligandenübcrschuß zu befriedigen-den Ergebnissen führt. Trotz zwanzig- bis dreißig-stündiger Trocknung im Hochvakuum bei 55 °C gelang es nicht, die entstandenen Komplexe wasser-frei zu machen, wobei angenommen werden muß, daß das bei der Neutralisation entstandene Wasser über Wasserstoffbrückenbindungen an die Li-ganden gebunden wird. Das IR-Spektrum der Lithiumsalze der Liganden zeigt tatsächlich eben-falls nach Trocknung die breite Absorption im Wasserstoff brückenbereich.

Die IR-Spektren der Komplexe weisen eine sehr große Anzahl meist schwer zuzuordnender Signale auf. Die folgende Tabelle 2 zeigt einige charakteri-stische Frequenzen des Liganden und ihre Ver-schiebungen bei der Komplexbildung. Die Zu-ordnungen stützen sich auf Literaturwerte für ähn-liche Verbindungen12.

Tab. II . Charakteristische IR-Frequenzen von Gly-Tyr und seinen Komplexen in cm - 1 .

Zuordnung Gly-Tyr Mn(II) Cu(II) Co (II) Ni(II) Zn(II) Fe (III)

-NH 2 \ - O H /

- C O - N H -

-COOe

3360 s

1665 s

1635 w 1600 m

3360 sb 3280 sb

1630 sh

1605 sb

3400 sh 3340 sh 3300 b

1610 sh

1600 sb

3360 sh 3300 sb

1630 sh

1610 sb

3350 b 3300 b

1655 sh

1615 sb

3460 b 3300 b

1635 sh

1610 sb

3280 b

1680 sh 1630 sh

1610 sb

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200 H. G U N T N E R - K . E. SCHWARZHANS • K O M P L E X E VON AMINOSÄUREN 200

Dabei kann die Einordnung der Aminofunktion nicht ganz eindeutig erfolgen, die starke Komplex-bildungstendenz dieser Gruppe legt jedoch eine Beteiligung nahe. Einwandfrei zeigt sich wieder in allen Verbindungen die starke Koordination an die Peptidbindung, deren CO-Frequenz immer relativ stark nach kleineren Wellenzahlen verschoben ist. Das gleiche gilt für die Verschiebungen der Carboxyl-absorptionen nach niedrigeren Frequenzen. Sowohl die CO-Schwingung der Peptid- als auch die der Car-boxylgruppe ist am stärksten verschoben im Kom-plex Cu(Gly-Tyr). Dabei handelt es sich im Gegensatz zu allen anderen um eine 1:1-Verbindung. Sie zeigt als Feststoff vermessen ein magnetisches Moment von 2,2 B.M., das an der oberen Grenze des Wertes für normale Kupfer(II)-Verbindungen liegt. Tem-peraturerniedrigung von 297 K auf 77 K ergibt ein kontinuierliches Absinken des effektiven magneti-schen Momentes von 2,2 B.M. bis auf 1,6 B.M. Dies kann nm auf eine teilweise Spinabpaarung durch direkte Kupfer-Kupfer-Wechselwirkung der Ionen im Gitter zurückgeführt werden13-15. Ein dimeres Vorliegen des Komplexes ist nicht sehr wahrscheinlich, da sonst das Moment bei 297 K schon etwas niedrigere Werte haben müßte. Die EPR-Messung einer polykristallinen Probe der Sub-stanz zeigt eine recht breite Einzellinie mit einem g-Wert von 2,00. In verdünnter wäßriger Lösung ergibt sich eine Aufspaltung in vier HFS-Linien, die vom Kupfer kern mit 1 = 3/2 herrührt. Mit zu-nehmender Magnetfeldstärke nimmt die Wende-punktsbreite der differenzierten Signale ab und die Amplitude zu, wie dies von vielen Kupfer(II)-Komplexen bekannt ist16-17. Eine weitere Aufspal-tund der HFS-Linien durch die Wechselwirkung von Kupfer(II)-Elektronen mit koordiniertem 14N mit 1 = 1 der Aminogruppe konnte nm beim schmälsten der beobachteten HFS-Signale aufge-zeichnet werden. Dieses weist drei, der HFS-Linie überlagerte, Absorptionen auf, wie es für die Auf-spaltung dmch einen Stickstoff kern charakteristisch ist. Auch in den Komplexen Mn(Gly-Tyr)2 • 2 H20, Co(Gly-Tyr)2 • H20 und Zn(Gly-Tyr)2 • H20 ist die Koordination der Peptidfunktion an das Metall-zentrum recht stark, wie sich an der Verschiebung der CO-Frequenz im IR-Spektrum um A v — 35 cm-1

bzw. A v = 30 cm-1 zeigt. Der Mangan(II)-Komplex weist in Dimethylsulfoxid ein Moment von 5,7 B. M. auf, was auf die oktaedrische Ligandenanordnung hinweist. Die Co (II)-Verbindung weist als Feststoff

ein Moment von 4,9 B.M. auf, was ebenfalls inner-halb des Bereiches für eine oktaedrische Konfigura-tion liegt. Der Ni(II)-Komplex zeigt im IR-Spek-trum eine nur recht schwache Koordination der Peptidgruppierung. Auch das magnetische Moment von 3,6 B.M. als Feststoff liegt zwischen dem theo-retischen Wert für tetraedrische und oktaedrische Anordnung. In diesem Fall kann also keine klare Aussage über die Koordination gemacht werden, zumal die Elementaranalyse zeigt, daß der hohe Momentwert nicht durch einen nichtstöchiometri-schen Nickel(II)-Überschuß bedingt ist.

Der Komplex Fe(Gly-Tyr)3 • 2 H20 entsteht nur bei einem mindestens sechsfachen Ligandenüber-schuß ausgehend vom Chlorid. Bei geringerem Ligandeneinsatz bildet sich ein Gemisch verschieden stark chloridhaltiger Verbindungen. Das magne-tische Moment liegt mit 5,9 B.M. beim normalen Wert für einen oktaedrischen Eisen(III)-high-spin-Komplex.

Umsetzungen mit Grlycyl-L-Phenylalanin Die Synthesen der Komplexe aus den Metall-

chloriden von Co(II), Ni(II), Cu(II) und Zn(II) erfolgt analog der im vorhergehenden für den Ligan-den Gly-Tyr beschriebenen. Nur im Falle des Mn(II)-Komplexes wurde vom Perchlorat und von Natronlauge als Base ausgegangen. Der Ligand zeigt ein recht ähnliches IR-Spektrum wie Gly-Tyr. Hier fehlt jedoch wie erwartet die scharfe Bande bei 3360 cm-1, die im Gly-Tyr die OH-Valenzschwin-gung der phenolischen Hydroxylgruppe kennzeich-net. Interessant ist deshalb das beobachtete Ko-ordinationsverhalten von Gly-Phe im Vergleich zu Gly-Tyr, da ja bei letzterer in mehreren Fällen eine Beteiligung der Ringhydroxylgruppe an der Ko-ordination angenommen werden mußte. Beachtens-wert ist noch, daß im Gly-Phe die Absorption der CO-Gruppierung in der Peptidbindung um Av=15 cm-1 nach höheren Wellenzahlen verscho-ben ist im Vergleich zu Gly-Tyr. Tab. III zeigt einige charakteristische Frequenzverschiebungen, die durch die Komplexbildung verursacht werden.

Die in allen Fällen sehr breite Absorption um 1600 cm-1 ist leider so stark, daß zwar eine Ver-schiebung von Frequenzen im Carbonylbereich fest-gestellt werden kann, aber eine getrennte Betrach-tung der Carbonylschwingung in Peptid- und Säurefunktion nicht mehr durchgeführt werden kann. Am stärksten ist diese Absorption in den

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H. G U N T N E R - K . E. SCHWARZHANS • KOMPLEXE VON AMINOSÄUREN 201

Tab. III . Charakteristische IR-Frequenzen der Komplexe mit Gly-Phe in c m - 1 ; verd. = verdeckt.

Zuordnung Gly-Phe Cu(II) Mn(II) Co(II) Ni(II) Zn(II)

- O H \ 3400 sb 3400 sb 3360 sh 3360 sh 3340 sb 3330 sh -NH2J 3230 sb 3110 s 3300 sb 3300 sb 3280 s

- C O - N H - 1680 s 1640 s 1640 sh verd. verd. 1675 s

-COO® 1620 sh 1620 sh 1610 sb 1610 sb 1625 sb 1600 sb 1600 sh 1600 s 1560 s 1560 sh 1530 sh 1560 sh

Komplexen mit Kobalt(II) und Nickel(II). Die Verschiebungen in der Carbonylregion sind durch-wegs schwächer ausgeprägt als in den Verbindungen mit Gly-Tyr. Dies und die wesentlich geringeren Ausbeuten bei der Darstellung zeigen recht klar die schwächere Komplexierungstendenz des Gly-Phe im Vergleich zu Gly-Tyr, was wiederum die Bedeu-tung der Ringhydroxylgruppe für die Verbindungs-bildung zeigt. Interessante Ergebnisse weisen auch die magnetischen Messungen auf. Für den Kobalt-(II)-Komplex liegt das effektive magnetische Mo-ment, vermessen als Feststoff, um 0,3 B.M. oberhalb der Fehlergrenze des Wertes für einen oktaedrischen Komplex, so daß hier eine Koordination von mehr als einem Kobalt(II)-Ion an die Ligandenmoleküle angenommen werden muß, was sich auch deutlich im Ergebnis der Elementaranalyse äußert. Der Nickel(II)-Komplex besitzt mit 4,0 B.M. einen Wert, der mit tetraedrischer Konfiguration in Ein-klang steht. Das ist ein weiterer Hinweis auf die Bedeutung der Hydroxylgruppe im Gly-Tyr für die Komplexierung. Der Mangan(II)-Komplex wurde als einziger in Dimethylsulfoxid vermessen und zeigt mit 5,6 B.M. wieder einen Wert für magne-tisch normale oktaedrische Anordnung. Der Kupfer-(II)-Komplex hat im Gegensatz zu dem mit Gly-Tyr eine 1:2-Koordination der Liganden und keine Temperaturabhängigkeit des magnetischen Momen-tes. Dieses liegt mit 2,2 B.M. wieder an der oberen Grenze für Kupfer(II). EPR-Messungen in ver-dünnter wäßriger Lösimg zeigen die gleichen Auf-

spaltungsmuster wie im Falle von Gly-Tyr, was die Koordination über Stickstoff klar beweist.

Experimenteller Teil Die IR-Spektren wurden in KBr und Nujol mit

einem Spektrometer der Marke IR 10 der Firma Beckmann gemessen. Die magnetischen Momente nach Evans wurden durch das NMR-Spektrometer A 60 der Firma Varian bestimmt. Als ESR-Spektro-meter fand das Varian E 3 Verwendung.

Darstellung der Verbindungen Co(Tyr)2 • H20

Äquimolare Mengen Natronlauge und L-Tyrosin in heißer wäßriger Lösung werden mit der gleichen Molmenge an CoCl2 • 6 H20 in heißem Wasser um-gesetzt. Der rote Niederschlag wird nach einigen Stunden Reaktionsdauer heiß filtriert und der Rück-stand fünfmal in heißem Wasser aufgeschlämmt und gewaschen. Der Rückstand ist nach 20-stündi-ger Trocknung im Hochvakuum bei 50 °C fein-pulvrig. Die Umsetzung des Liganden mit Man-gan(II) erfolgt in heißem Äthanol über das wasser-freie Chlorid und das Lithiumsalz des Liganden. Alle anderen Verbindungen werden analog der ersten Beschreibung dargestellt.

Co(Gly-Tyr)2 • H20 Äquimolare Mengen von Glycyl-L-Tyrosin und

Lithiumhydroxid werden in warmem 99-proz. Äthanol aufgeschlämmt. Die entstehende farblose Lösung wird von suspendierten Resten des in ge-ringem Überschuß eingesetzten Lithiumhydroxids ab filtriert. Nach Zugabe des CoCl2, das in der halben Molmenge von Gly-Tyr in Äthanol gelöst zugegeben

Verbindung Farbe Ber. [ % ] Gef. [ % ] C H N C H N

Mn(Tyr)2 • 2 H 2 0 graurosa 47,90 5,36 6,21 47,16 4,84 6,01 Cu(Tyr)2 • H 2O blau 48,92 5,02 6,34 49,28 4,63 6,23 Co(Tyr)2 • H 2O hellrosa 49,43 5,07 6,41 49,58 4,80 6,20 Ni(Tyr)2 • H 2 O pastellgrün 49,46 5,07 6,41 50,20 5,04 6,35

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wird, bildet sich schnell ein rotbrauner Nieder-schlag. Dieser wird in einer Fritte (G4) gesammelt und fünfmal in heißem Äthanol gewaschen. Eine Trocknung im Hochvakuum bei 55 °C schließt sich an. Die Darstellung der Fe(III)-Verbindung gelingt nm bei sechsfachem Ligandenüberschuß. Die ande-ren Komplexe werden analog hergestellt. Eine Aus-

nahme stellt nm noch der Mangan(II)-Komplex mit Glycyl-L-Phenylalanin dar, der über Mn(C104)2 und NaOH als Base dargestellt wird.

Diese Arbeit wurde von der Deutschen For-schungsgemeinschaft und dem Fonds der Chemi-schen Industrie gefördert.

Verbindimg Farbe C

Ber. [ % ] H N C

Gef. [ % ] H N

Co(Gly-Tyr)2 • H 2 0 lila 4 7 , 9 2 5 , 1 2 1 0 , 1 6 4 7 , 3 0 4 , 8 9 9 , 8 3

Ni(Gly-Tyr)2 • H2O grün 4 7 , 9 4 5 , 1 2 1 0 , 1 6 4 7 , 6 5 5 , 0 5 1 0 , 2 6

Mn(Gly-Tyr)2 • 2 H 2 0 weiß 4 6 , 7 3 5 , 3 5 9 , 9 1 4 6 , 7 6 5 , 0 2 9 , 3 9 Cu(Gly-Tyr) blau 4 3 , 9 2 4 , 3 6 9 , 3 2 4 4 , 6 0 4 , 7 6 9 , 4 1

Fe(Gly-Tyr)3 • 2 H 2 0 dunkelrot 4 9 , 3 2 5 , 3 9 1 0 , 4 6 4 8 , 9 1 5 , 2 5 1 0 , 0 4

Zn(Gly-Tyr)2 • H2O weiß 4 7 , 3 6 5 , 0 6 1 0 , 0 4 4 7 , 5 9 5 , 2 0 9 , 9 7 Co(Gly-Phe)2 • 2 H 2 0 violett 4 9 , 1 6 5 , 6 3 1 0 , 4 3 4 8 , 5 3 5 , 1 1 1 0 , 0 4

Ni(Gly-Phe)2 • 3 H 2 0 grün 4 7 , 5 9 5 , 8 1 1 0 , 0 9 4 7 , 5 3 5 , 3 1 9 , 9 5

Mn(Gly-Phe)2 • 2 H 2 0 weiß 4 9 , 5 3 5 , 6 7 1 0 , 5 1 4 9 , 6 2 5 , 1 7 1 0 , 3 2

Cu(Gly-Phe)2 • H 2 0 blau 5 0 , 4 3 5 , 3 9 1 0 , 7 0 5 0 , 4 0 5 , 4 0 1 0 , 2 4

Zn(Gly-Phe)2 weiß 5 2 , 0 3 5 , 1 6 1 1 , 0 3 5 1 , 8 5 5 , 2 0 1 0 , 8 9

Alle Verbindungen werden unter Inertgasschutz dargestellt.

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