23
(Aus der Abteilung fiir Ohren-, Nasen- und Halskrankheiten der Allgemeinen Po]iklinik in Wien [Vorstand: Prof. G. Alexander].) 0togener Schl/ifenlappenabszefi bei chronischer Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis. Yon Dr. Eugen Grabscheid. Mit 7 Abbildungen. (Eingegangen am 27. 7. 1931.) Der im folgenden zu beschreibende F~ll zeigt klinisch und histo- logisch so viele merkwfirdige Einzelheiten, d~l~ d~durch seine ~us- ffihrliche Beschreibung gerechtfertigt erscheint. Josef 0., 41 Jahre, Hauer. Anamnese: In der Kindbeit 1Vfasern, anschliel~end Otitis reed. supp. bilat. Sonst immer gesund gewesen. Alkoholabusus. Seit dem Jahre 1914 fliei3en wieder beide Ohren. Seit 14 Tagen hat Pat. stechende Schmerzen im und hinter dem linken Ohre, die gegen die Schl~fe ausstrahlen. Pat. klagt fiber Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, die an die linke Schl~feseite lokalisiert werden, Schwindel ,,es flimmert ihm vor den Augen". Pat. wurde bis jetzt fiberhaupt nicht behandelt. Aufnahme am 18. Juli 1930. Status praesens: l~echtes Ohr: Totaldestruktion mit reichlicher fStider Sekretion. Granulierende laterale Labyrinthwand. Linkes Ohr: Totaldestruktion mit tells epithelisierter, teils granulierender Labyrinthwand. l~eichliche fStide Sekretion. Odem fiber dem Warzenfortsatz. v: reehts 0, links 0. V: rechts 4 m, links 0. Weber nach rechts, Sehwabach anni~hernd normal, Rinne beiderseits negativ. e4 rechts um 14 Sekunden verkfirzt, links iiberhaupt nieht gehSrt. Stenger links negativ. Fistelsymptom beiderseits negativ. Spontannystagmus horizontal rotatoriseh, 1. Grades, beim Bliek naeh rechts. Naeh Linksdrehung Versti~rkung des Spontannystagmus, naeh Reehtsdrehung keine Reaktion. Nur bei t~eugung des Kopfes um 90 Grade naeh vorne sieht man nach l~echtsdrehung einige wenige rotatorische Zuekungen nach links. Nach Reehtsdrehnng Kopf auf die reehte Schulter gebeugt 10 Sekunden duuernder Nystagmus vertikal nach abw~rts, nach Linksdrehung Kopf auf der rechten Sehulter 10 Sekunden dauernder vertikaler Nystagmus nach aufw~rts. Bei Minimalspfilung rechts Sistieren des Spontannystagmus, jedoch kein Nystagmus naeh links, bei Massenspiilung einige rotatorische Zuckungen nach links. Fallen naeh reehts in Brunner-Jungerseher Stellung. 19. Juli. Interner Befund negativ. Augenbefund: Augenhintergrund, Gesichts- feld und Visus normal. Archly f. Oln'en-, Nusen- u. Kehlkopfheilkunde. Bd. 130. 13

Otogener Schläfenlappenabszeß bei chronischer Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Otogener Schläfenlappenabszeß bei chronischer Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis

(Aus der Abteilung fiir Ohren-, Nasen- und Halskrankheiten der Allgemeinen Po]iklinik in Wien [Vorstand: Prof. G. Alexander].)

0togener Schl/ifenlappenabszefi bei chronischer Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis.

Y o n

Dr. Eugen Grabscheid.

Mit 7 Abbildungen.

(Eingegangen am 27. 7. 1931.)

Der im folgenden zu beschreibende F~ll zeigt klinisch und histo- logisch so viele merkwfirdige Einzelheiten, d~l~ d~durch seine ~us- ffihrliche Beschreibung gerechtfertigt erscheint.

Josef 0., 41 Jahre, Hauer. Anamnese: In der Kindbeit 1Vfasern, anschliel~end Otitis reed. supp. bilat. Sonst immer gesund gewesen. Alkoholabusus. Seit dem Jahre 1914 fliei3en wieder beide Ohren. Seit 14 Tagen hat Pat. stechende Schmerzen im und hinter dem linken Ohre, die gegen die Schl~fe ausstrahlen. Pat. klagt fiber Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, die an die linke Schl~feseite lokalisiert werden, Schwindel ,,es flimmert ihm vor den Augen". Pat. wurde bis jetzt fiberhaupt nicht behandelt. Aufnahme am 18. Juli 1930.

Status praesens: l~echtes Ohr: Totaldestruktion mit reichlicher fStider Sekretion. Granulierende

laterale Labyrinthwand. Linkes Ohr: Totaldestruktion mit tells epithelisierter, teils granulierender

Labyrinthwand. l~eichliche fStide Sekretion. Odem fiber dem Warzenfortsatz. v: reehts 0, links 0. V: rechts 4 m, links 0. Weber nach rechts, Sehwabach anni~hernd normal, Rinne beiderseits negativ.

e4 rechts um 14 Sekunden verkfirzt, links iiberhaupt nieht gehSrt. Stenger links negativ. Fistelsymptom beiderseits negativ.

Spontannystagmus horizontal rotatoriseh, 1. Grades, beim Bliek naeh rechts. Naeh Linksdrehung Versti~rkung des Spontannystagmus, naeh Reehtsdrehung keine Reaktion. Nur bei t~eugung des Kopfes um 90 Grade naeh vorne sieht man nach l~echtsdrehung einige wenige rotatorische Zuekungen nach links. Nach Reehtsdrehnng Kopf auf die reehte Schulter gebeugt 10 Sekunden duuernder Nystagmus vertikal nach abw~rts, nach Linksdrehung Kopf auf der rechten Sehulter 10 Sekunden dauernder vertikaler Nystagmus nach aufw~rts.

Bei Minimalspfilung rechts Sistieren des Spontannystagmus, jedoch kein Nystagmus naeh links, bei Massenspiilung einige rotatorische Zuckungen nach links. Fallen naeh reehts in Brunner-Jungerseher Stellung.

19. Juli. Interner Befund negativ. Augenbefund: Augenhintergrund, Gesichts- feld und Visus normal.

Archly f. Oln'en-, Nusen- u. Kehlkopfhei lkunde. Bd. 130. 13

Page 2: Otogener Schläfenlappenabszeß bei chronischer Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis

176 Eugen Grabseheid: Otogener Sehlafenlappenabszeg bei ehroniseher

20. Juli. Pat. wird mit Nucidanspiilungen und forzierter Drainage behandelt. Bettruhe.

\

Es wird beschlossen, die Radikaloperation erst naeh Abflauen des Spontannystagmus naeh reehts vorzunehmen.

~ - - " ~ 21. Juli. ZunehmendeKopfsehmerzen, d~uern- ~ / der Sehwindel, Temperatur 38 ~ Pulse 80. Trotz

. des alle 10 Minuten vorgenommenen Streifen- \~ ~ weehsels ist der gu~ere Geh6rgang mit Eiter ans

der Tiefe des Mittelohrs erftillt, der sofort naeh Auswasehen naehrtiekt. Es wird die Diagnose Otitis interna diffusa mit Ubergang in eomplieata gestellt. Damit ergiht sick die Indikation zur Radikal- und lnnenohroperation.

O~)eration (Pro/. Alexander). 1. Spinalpunktion in reehter Seitenlage mit

Entleerung eines klaren Punktates. Druek nieht erh6ht, vielleieht etwas vermindert.

2. Freilegung und Er6ffnung des Warzenfort- satzes. F2astoid sklerotiseh. Antrum, Atgik und Tympanon yon Granulationen nnd Eiter unter bedeutendem Drueke erftillt. Naeh Durehsehlagung der Briieke quellen die Granulationen tumorartig vet. Vorsiehtige Sguberung und Entfernung der Granulationen mit einer Pinzette. Im Bereiehe des Promontoriums wird niehts mit dem L6ffel unternommen, aueh die Tube wird nieht ~,us- gekratzt. Es folgt Freilegung der Dura der mittleren Seh/idelgrube. Dura injiziert, sehr stark gespannt. Abtragung des Knoehens gegen die hintere Sehgdel- grube. Breite Freilegung der Mast. oeeip.-gegion dutch einen vom unteren Hautsehnittrand naeh hinten gefiihrten 3 em langen Sehnitt rnit Bildung eines Winkels. Da der Sinus welt naeh hinten gelegen und der Warzenfortsatz massig naeh hinten entwiekelt ist, wird auf die Freilegung der Dura und des Sinus der hinteren Sehgdelgrube ver- ziehtet und die I~esektion des frontalen Bogen- ganges yon der mittleren Sehgdelgrube aus vorgenommen. Die Operation besteht in der Abtragung der oberen Felsenbeinkante mit BloB- legung des Sinus petresus superior und Er6~fnung des frontMen Bogenganges bis an den Aquae- duetus vestibuli. ])er Saeeus endolymphatieus wird jedoeh nieht freigelegt. Naeh vorne zeigt sieh eine tiefgehende eitrige Erweiehung an der

J

N Konvexitgt des hinteren Bogenganges, j edoch ohne Feststellbarkeit, ob es sieh um eine durehggngige Fistel h~ndelt. In den Bogenggngen ist kein

fliissiger Inhalt, sondern tiefrote Koagula. Plastik mit T-Schnitt. Wunde weir often.

22. Juli. Temperatur 38,1 ~ 80 Pulse. Weehsel der guBeren Sehiehten. Intra- ven6se Injektion yon 5 eem 40~ Urotropin. Die Untersuehung des Spinal- punktates ergibt folgenden Befund: Pandy, Nonne-Appelt, Rob-Jones negativ. 3/3 Zellen.

Page 3: Otogener Schläfenlappenabszeß bei chronischer Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis

Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis. 177

23. Juli. Temperatur 37,8 ~ 80 Pulse. Vbdw. Relatives Wohlbefinden. Uro- tropin.

24. gull. Temperatur 37,8 ~ 72 Pulse. Vbdw. Relatives Wohlbefinden. Uro- tropin. Die bakteriologische Untersuchung des Liquors ergibt keine Bakterien, die Kultur blieb steril. Im Eiter des Mittelohrs h~molytische Streptokokken. Die histologische Untersuchung der Granulationen zeigt unspezifisehes Gewebe.

25. Juli. Temperatur 37,2 ~ 72 Pulse. Vbdw. Pat. hat um 1 Uhr naehts, 8 Uhr frfih und 3 Uhr nachmittags erbrochen, klagt fiber Sehmerzen in der Stirne. Keine meningealen Symptome. Spontannystagmus horizontal rotatoriseh, 2. Grad, grobschlggig, mittelfrequent nach rechts.

26. Juli. Vbdw. Mittags Temperaturanstieg unter gleiehzeitigem Schiittelfrost auf 39,5 ~

Diagnose: Sinusphlebitis, progrediente Otitis interna purulenta mit ~bertritt in die hintere Sch/~delgrube. Daher

2. Operation (Pro/. Alexander). 1. Spinalpunktion. Klarer Liquor. Druek vermindert. 2. Ausschaltung der Vena jugularis interna. Die Vene enth/~lt strOmendes Blur. 3. Freilegung des Sinus. Sinuswand zeigt keine pathologischen Ver/~nderungen.

Eitrigc Ostitis der Kortikalis zwischen Sinus und Bogengang. Abtragung des Knoehens vor dem Sinus, es schieBt ungef&hr 4 ccm dicker Eiter unter Druek hervor. Abtragung des Knochens, so dab mittlere und hintere Sch/~delgrube mit- einander vereinigt sind. Abtragung der oberen Felsenbeinkante mit Entfernung des horizontalen und sagittalen Bogenganges, die yon rotgelben Koagula erffillt sind. Freilegung der Saccusgegend. Abtragung der Apertura externa aquaeduetus vestibuli. Die Dura in 10-Groschengr5Be freigelegt, yon flachen, tiefroten Granu- lationen bedeekt. Kein Eiter mehr. Keine Fistel. Wundversorgung. Verband.

W/~hrend der Operation vor dem Ablassen des Eiters 124 Pulse, nach dem Ablassen des Eiters 96 Pulse, nach der Operation 104 Pulse.

26. Juli. 6 Uhr nachmittags Spontannystagmus horizontal rotatorisch 1. Grades nach reehts. 68 Pulse. Puls nicht besonders hart. Keine meningealen Symptome. Starker Schweil~ausbruch. Kein Schfittelfrost. Kein Kopfsehmerz. Kein Schwindel.

27. Juli. Allgemeinzustand relativ gut. Kcine Beschwerden. Zunge feueht. ~ystagmus wie gestern. Augenhintergrund, Gesichtsfeld normal.

28. Juli. Status idem. 5 ccm Urotropin. 29. Juli. Vbdw. friih 6 Uhr naehmittags Sehmerzen im I-Iinterkopf, SehweiB-

ausbruch. Kein Sehfittelfrost. Temperatur um 4 Ukr 39,5 ~ 6 Uhr 38,8 ~ ~ystagmus rotatorisch 2. Grades nach rechts. Kein Sehwindel. Keine meningealen Symptome. Kein Milztumor. Kein Ikterus. Ka~hektisches Aussehen. Augenbefund normal. Vbdw.

30. Juli. Temperatur 37,9 ~ 88 Pulse. 5 ccm Urotropin. Rotatorischer Nystag- mus 2. Grades nach rechts. Vbdw.

31. Juli. Temperatur 38,9 ~ 90 Pulse. Nystagmus unver~ndert. Augenbefund normal. Vbdw.

1. August. Friih Temperatursturz auf 36,5 ~ 84 Pulse. Rotatorischer Nystagmus 2. Grades nach rechts. ZSgern bei ]~enenuung yon Gebrauchsgegenstgnden, aber richtiges Benennen derselben. Einzelne Namen, z.B. Kaffeesehale, Sehlfissel, Ziffernblatt werden nieht hervorgebracht, manche werden dutch Zweckangaben ersetzt: Glocke : zum L~uten, Handtueh: zum Abwischen. Beim Lesen keine Paralexie. Keine Paraphasie. Die Untersuchung des Lumbalpunktates ergab in einem der drei RShrchen Diplococcus lanceolatus, die beiden anderen steril. Die Unter- suchung des Eiters im direkten Ausstrich vereinzelte Kokken, die aber in der Kultur nicht gewachsen sind. Pandy schwaeh positiv. Nonne-Appelt angedeutet. 8/3 Zellen.

13"

Page 4: Otogener Schläfenlappenabszeß bei chronischer Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis

17S Eugen Grabscheid: Otogener Schl~fenlappenabszeB bei ehroniseher

Bradyteleokinese links, geringe KoordinationsstSrungen links. 2. August. Temperaturanstieg auf 39,5 ~ Pulse 84. Rotatorischer Nystagmus

3. Grades nach reehts. Vbdw. Wunde trocken. Keine meningealen Erseheinungen, kein Vorbeizeigen. Augenbefund normal.

3. Operation (Pro]. Alexander). Zuerst Lok~lan~sthesie, dann ~therinhalationsnarkose. Freilegung der alten Wunde. Revision der ffeigelegten Dura. Zur Kontrolle

Abtragung des oberen Teiles der Pyramidenkante und der Bogengangreste bis zum Vorhof. Dabei zeigt sieh ein aufsteigender Eiterpunkt an der Dura der mit~leren Sehgdelgrube, der naeh vorsiehtigem Austupfen neuerlieh auftritt. Bei n~herer Untersuehung ergibt sieh, dab der Eiter aus einer Dur~fistel auf- steigt. Erweiterung der Fistel mit dem Messer, es kommt reichlich fTtider Eiter aus dem Sehl~fel~ppen and gleich dar~uf ein kleinapfelgrol]er Hirnprolaps. Abtragung der lateralen und oberen Partien des Abszesses. Spritzendes Gef~l~ der Dura, Blutstillung. In die AbszeBhShle, die fast g~nzlieh nach au~en prolabiert ist, wird niohts eingefiihrt. Wundversorgung, oberfl~ehliehe H~utnaht. Verband. Koehsalzi~ffusion.

3. August. Temper~tur 37,3 ~ 64 Pulse. Pat. liegt ruhig da, spricht spontan iiberhaupt nieht, komplette Fazialisl~hmung links, keine meningealen Symptome.

Spr~ehpriifung: Sprachverst~ndnis: Wie geht es Ihnen ? J~, so geht es nicht sehlecht, dann

Par~ph~sien. Wie haben Sie gesehl~fea ? No ja, schon eh' gesagt. Haben Sie gut gesehlafen ? Ja. Haben sie Kopfweh ? Nein. Wie alt sind Sie? Gelindfet. Wie geht es ihnen ? Ja, seehts, Gott, es ist nieht schlecht. Wie hei~en Sie? Spricht unverst~ndlich, man erkennt nut aus dem Gesproehenen Bruckstiieke yon Zahlen (kn~pp vorher wurde die Reehenf~higkeit geprtift). Wie ~lt sind Sie ? Dreimal acht ist einundvierig (Perseveration yon der Reehenpriifung). t taben Sie Kinder ? Ja. Wie viele ? Zwei (riehtig). Lebt Ihre Frau ? Eine vierte. Leben Ihre Eltern ? Ja. Wie alt sind die Eltern ? Sieben. Wo leben ihre Eltern ? segut.

Benennen yon Gegenst~nden: Sehliissel-Paraph~sie. Schliisselbund wird aku- stisch auch nieht erkannt. Krankensehwester Schwegit. Uhr - - ~vird erkannt. Bleistift ~ Blegit. Bueh ~ Begelik.

Lesen: Gedrucktes wird mit stark paraphasisehem Einsehlag gelesen. Ge- schriebene Worte kann er tiberhaupt nieht lesen, hingegen liest er das yon ibm selbst (paraphasiseh) Gesehriebene riehtig. Kein Verst~ndnis far das Lesen. 23 -- richtig gelesen. Ebenso 73. 185 -- wird gelesen 18-15. 326 -- 3undsechzund- zwant. 1746 -- Eintausendhipseehsundvierzig.

Reehnen- 5 • 5 = 2 5 , 3 • 7 = 2 1 . 5 • 1 8 = g e h t nicht. Er schreibt es sich auf in folgender Weise: 18 • 5 -- 540.

4. August. Temperatur 37,7 ~ 66 Pulse. Urotropin. Staphylokokkenvakzine. Keine meningealen Symptome.

]~enennen yon Gegenst~nden: Teller = Suppe mit (ira Teller war Suppe). L6ffel FTllel. Diktatsehreiben: Ieh gilbe rait Weft (Ieh liege im Bert). Heute ist ein schTner

Tag (riehtig). D~s ist eine sehSne Gloeke (riehtig). Das Zimmer ist weiB anstreibet (Das Zimmer ist weiB angestriehen).

Fragen- Wo sind Sie ? Josef Oft jahret im Zimmer Nummer 4 (Der Name des Pat. ist Ott, er befindet sich im Zimmer 4). Frage naeh der Adresse ? Josef Oft, Engabrunn 66, Postst~t Elsdoff. Was ist das ? (Lampe 7 Zentrum 26 vm.) Wie alt sind Sie? Josef Ott 41 Jahre.

5. August. Oberfl~ehlicher Vbdw. Im Eiter im direkten Ausstrieh und in der Kultur zahlreiche Bakterien, darunter Diplokokken, das ~r war offenbar verunreinigt.

Page 5: Otogener Schläfenlappenabszeß bei chronischer Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis

Otitis media und ehroniseher zirkumskripter Labyrinthitis. 179

6. August. Temperatur 37,7 ~ 78 Pulse. Vbdw. Prolaps stark pulsierend. Mgl~ige eitrige, stark f6tide Sekretion. Vollst/~ndige am nestisehe Aphasie. Staphylo- kokkenvakzine.

7. August. Temperatur 37,7 ~ 78 Pulse. Vbdw. Staphylokokkenvakzine. 8. August. Temperatur 38,7 ~ 78 Pulse. Vbdw. Staphylokokkenvakzine. 9. August. Temperatur 39,5 ~ 96 Pulse. Vbdw. Rapider Verfall. Augenbefund

normal. Kampher, Koffein. 10. August. Temperatur 40,1 ~ 96 Pulse. Vbdw. Kein Spontansprechen,

Pat. versteht alles. Keine Paraphasien, Sehlfisselbund mit drei Sehliisseln wird die Zahl 3 genannt, das Wort Sehliissel aber nicht. L6ffel wird verstanden und gesproehen. Trinkglas wird zu Mund gefiihrt, aber nieht gesproehen.

11 August. Temperatur 39,4 ~ 96 Pulse. Vbdw. Prolaps nekrotiseh, Teile stogen sieh bereits ab. Urotropin, Staphylokokkenvakzine, Kampher, ])igitMis.

12. August. Temperatursturz auf 36,9 ~ 100 Pulse. Vbdw. Wunde fast trocken, Prolaps klein, nekrotiseh. Kampher, ])igitalis.

13. August. Temperatur 37,8 ~ 110 Pulse. Rapider VerfMl. Pat. deliriert, ist sehr unruhig. Naekensteifigkeit. Beiderseitige Lobulgrpneumonie. Kampher, ])igitalis, Wiekel. Uhr wird erkannt und gesproehen, Bleistift = Leder, ]~eder- stiel ~ Lariat.

14. August. Exitus letalis. Obdulctionsbe/und (Dr. Horacek): Abseessus lobi temporalis sinistri eerebri.

Thrombophlebitis purulent~ sinus sigmoidei et transversus sinistri. Oedema eerebri aeutum. Pneumonia lobularis eonfluens lobi inferioris lateris utriusque. Tumor lienis aeutus. Status post trepanationem fossae oceipitalis sinistrae faetam.

Makroskopische Besehreibung des Gehirns: ttirnhgute zart, Gef~l]e zart. Im linken Pes peduneuli Bin Erweiehungsherd, der sieh welt in den Pons erstreekt, sonst an der Basis niehts Besonderes. Grol3e araehnoideale Blutung im Gebiete der linken t~'ossa Sylvii, die sich weir hinein in den t~rontal- und Temporallappeu erstreekt, weiter tier in die Fissura Sylvii, aus der die Blutkoagula entfernt werden. Auf der linken Seite finder sieh eine flaeh abfallende Ubergangswindung. ])as Planum temporale ist gut entwiekelt. An der Basis des Hirnes finder sich eine pflaumengroBe 0ffmmg, die die hinteren Teile der zweiten und dritten Temporal- windung und des Gyrus fusiformis einnimmt. Erste Temporalwindung normal. ])ie Wgnde der H6hle werden yon griinlieh verfgrbter nekrotiseher Hirnsubstanz dargestellt. ])ie H6hle selbst zeigt eine welt naeh vorne und eine weir nach hinten ausladende Tasehe, reieht abet nieht fiber das Gebiet der zweiten TemporMwindung naeh oben heraus. Weder Niter, noeh eine Kapsel zu sehen.

])er linke Okulomotorius etwas plattgedrfiekt. Makroskopisehe Beschreibung der Felsenbeine: Reehtes l%lsenbein o. B. Linkes ~'elsenbein: Grote Operationsh6hle im Warzenfortsatz, die mit nekro-

tisehen Grannlationen und Niter erftillt ist. ])ura der mit~leren Seh~delgrube in Guldengr6ge freigelegt, die t~gnder der ])ura granulierend. ])er ])uradefekt reieht naeh hinten his zum Sinus petrosus superior. Die eitrige Entzfindung des Sinus sigmoideus lgBt sieh aueh in den Sinus petrosus superior verfolgen, der ebenfalls mit Eitermassen erfiillt ist. :Die OperationshStxle erstreckt sich in die Tiefe bis etw~ 1 cm oberhalb des inneren Geh6rganges, so dag der laterale Teil der Pyramide fast vollstgndig fehlt. ])ura der hinteren Schgdelgrube augerordentlieh verdiekt, an ihrer Augenflgehe mi~ Granulationen, an ihrer Innenflgehe mit Niter bedeekt. Im ilmeren GehSrgang Niter.

Page 6: Otogener Schläfenlappenabszeß bei chronischer Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis

180 Eugen Grabscheid: Otogener Schlafenl~ppenabszeB bei chronischer

Mikroskopische Untersuchung der Felsenbeine. Linke Seite.

Tube und TrommelhShle.

Die Tube ist weir und enth~lt reichlich eitriges Exsudat. Ihr Lumen wird yon Bindegewebsstreifen durchzogen, die mit Zylinderepithel bekleidet sind. Kn6cherne W~nde der Tube sind yon einem derben infiltrierten Bindegewebe bekleidet, das ein kubisches bis zylindrisehes Epithel tri~gt. Das Dach der Tube besteht aus einem dieken spongi6sen Knochen. In den Markriiumen dieses Knochens finder sich ein Faser- mark, das weder An- noch Abbauerscheinungen am Knochen produziert. Der Boden der kn6chernen Tube zeigt zahlreiche, zum gr613ten Teile ausgeheilte ostitisehe Herde. Vom Boden der Tube dehnt sich ein 6demat6ses Granulationsgewebe gegen die Basis der Pyramide aus und fiihrt in eine groBe mit Eiter erffillte H6hle, in der die h~utige Bulbus- wand aufgegangen ist. Diese H6hle erstreckt sich nach oben bis in die enchondrale Kapsel und bis in die Nische des runden Fensters und wird yon der hinteren Sch~delgrube durch eine diinne, yon ostitischen Herden durchsetzte Knochenplatte abgetrennt (Abb. 4). Von der Tube dringt aber auch die Entziindung in den perikarotischen Kana], wo sich eine eitrige Thrombophlebitis in den Plexusvenen ~indet (Abb. 2).

Das Mittelohr ist mit eitrigem Exsudat erfiillt. In seinem vorderen Teile findet sich eine zystisehe, leicht infiltrierte, yon hoehkubischem Epithel bekleidete Schleimhaut. In seinem hinteren Teile sind die kn6chernen W~nde mit einem dicken, leicht infiltrierten Bindegewebe bedeckt. Dieses Bindegewebe zeigt wieder einen Eiterbelag. Es fehlt aber das Epithel vollkommen, nur die Zysten, die im Bereieh der beiden :Fensternischen in dieses Bindegewebe eingelagert sind, weisen einen kubisehen Epithelbelag auf. Von den laterMen Geh6rkn6chelchen fehlt jede Spur. ]:)as Trommelfell ist in seinem vordersten Anteil vorhanden und verdickt, zum Teil mit der zystisch entarteten Sehleimhaut des Promontoriums verwachsen. Gegen die Mitre des Mittelohrs zu finder sich nur der untere Ansatz des Trommelfells, der in ein Bindegewebs- polster eingebettet ist. In diesem Bindegewebspolster finder sich auch ein Teil der Membrana propria des Trommelfells, die bald in einen Kn~ul zusammengebMlt, bald in Bruchstfieke zerfallen ist. Zur Erkl~rung dieser Verhi~ltnisse mug man sich vorstellen, dag s wie dies in jiingster Zeit Brunner besehrieben hat, der untere Teil des Trommelfells naeh der l~adikaloperation in einen Granulationspolypen umgewandelt wurde, an dessen Oberfl~che die Epitheldecke aus dem i~uBeren Geh6r- gang gegen das Mittelohr vorgewachsen ist. Dieser Granulationspolyp wandelt sich spi~ter in ein zystisehes Narbengewebe urn. In dieser Weise l~gt sich der Befund, wonach man mitten in dem zystisehen Narben- gewebe Reste des Trommelfells finder, erkl/~ren. Das Tegmen tympani

Page 7: Otogener Schläfenlappenabszeß bei chronischer Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis

Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis. 181

ist in seinem vordersten Anteil verdiekt und zeigt groge t{esorptions- raume, die aber bereits alle mit lockerem Bindegewebe ausgefiillt sind. Es handelt sieh um ausgeheilte ostitisehe Herde. Im hinteren Anteil

Abb. 2. Sehni t t dutch die Tube (T) und den karo t i sehen K a n M (C). 3 / I ikrophotogramm. F~rbung mit II~matoxylin-Eosin. Ge BlutgefitB mit perivaskul~rem Infiltrat, das aus tier Tubenseh le imhaut in den per ikarot isehen l~amu eindringt . I I n f i l t r a t im peri-

karot i sehen t~aum.

fehlt das Tegmen tympani. Des Boden des PaukenhShle ist vielfach dehiszent und yon der verdickten Schleimhaut des Mittelohrs zieht Granulationsgewebe in die groge Zerst6rungshShle an der Basis der Pyramide (Abb. 4). Der Museulus tensor tympani ist im vordersten Anteil normal, in seinem hinteren Anteil nekrotisch (Abb. 5). Das Pro- montorium zeigt sehon in seinem vordersten Anteil ostitisehe Herde, die zum gr6gten Teil in Iteilung begriffen sind. In seinem mittleren

Page 8: Otogener Schläfenlappenabszeß bei chronischer Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis

182 Eugen Grabscheid: Otogener 8ch!/ifenlaploenabszel3 bei chronischer

Anteil ist das Promontorium hochgradig verschm/~lert und zeigt auch hier aktive ostitisehe Herde (Abb. 4). Der hintere Teil des Promontoriums ist dureh die Operation parfiell zerst6rt. Die Nisehe des ovalen Fensters

Abb. 3. Sehni t t dureh alas P r o m o n t o r i u m (P) und die FensLer. l~fikrophotogramm. FLtrbung" rnit t t~matoxyl in -Eos in , rF Sekundgres TrommelfeI1. St FuBpl~tte des Stapes. aL Fistul6s durchbrochenes ~ ingband . E E x s u d a t in der Cisterna per i lymphat ica .

Fa FaeiMis.

ist mit einer zystisehen infiltrierten Bindegewebsmembran erftillt. Die Stapesplatte ist im vordersten Anteil des ovalen Fensters vorhanden und gegen das Mittelohr verdr&ngt (Abb. 3). ])as g ingband ist im vorderen Tell des l%nsters gedehnt und nur in seinem oberen Teil etwas infiltriert, im hinteren Anteil des ovalen Fensters ist der Stapes in Sequester zerfallen und das infiltrierte Bindegewebe fiillt die Fenster- 5ffnung aus. Gleiehzeitig hat dieses ]3indegewebe den oberen Fenster- rahmen zerstSrt und ist in Form eines breiten Kanals medial vom

Page 9: Otogener Schläfenlappenabszeß bei chronischer Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis

0titis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis. ]S8

Facialis gegen die Area cribrosa superior vorgewachsen (Abb. 4). Dadurch wurde nutiirlich ein Teil der lateralen Wand des Recessus ellipticus yon der fibrigen Innenohrkapsel abgetrennt. Es handelt sich

Abb. ~. Sehni t t durch den Facialis (Fa) und das osti t iseh c rk rank te P r o m o n t o r i u m (P). l~{ikrophotogramm. F~rbung m i t H/~matoxylin-Eosin. St Sequest r ier te Fnl~pla tc des Stapes. F Fistulbser E inbrueh yon Graml la t ionsgcwebe in den oberon Fens t e r r ahmen . E Exsuda t in dor Cisterna per i lympha t iea , rF Sekundfires Trommelfe l l . B Ncab i lduug

Yon Xnoche~- und Bin4egewebe im der Scala tynipan.i cter Vorhofswindung.

demnach um einen il teren Durehbrueh der Mittelohreiterung in d~s Innenohr.

Die Nisehe des runden Fensters ist ebenf~lls mit einem zystischen infiltrierten Bindegewebe ~usgefiillt, dgs stellenweise in die Zerst6rungs- h6hle ~n der Basis der Byr~mide eindringt (Abb. 4). Das sekund/~re Trommelfell ist in seinem medi~len Anteile yon dem Bindegewebe durchw~ehsen und h/~ngt in dieser Weise mit einem ]3indegewebspolster

Page 10: Otogener Schläfenlappenabszeß bei chronischer Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis

]8~ Eugen Grabscheid: 0togener SchlafcnlappenabszeB bei chronischcr

zusammen, welches wieder seinerseits mit der Lamina spiralis ossea der Vorhofswindung zusammenh/~ngt und yon der noch spgter die Rede sein wird. Der Fazialis ist in seinem vorderen Abschnitten normal, in seinem hinteren Abschnitt zeigt er eine starke Reduktion seiner Fasern. Der Fazialiskanal ist sehon vor dem ovalen Fenster s tark ostitisch ver/~ndert, im hinteren Teil des Fazialis fehlt er vollkommen und der Fazialis liegt in derbem Bindegewebe eingebettet (Abb. 4).

Abb. 5. Schn i t t durch die Cochlea,. ~ l : ikrophotogramm. FSrbuI~g m i t H~m~toxylin-Eosii~. Das Cortisehe Organ fehl t in allen Windungen . Die ]~ei~ncrsche 5 Iembran i s t fiberall

s t a r k gcsei lkt . K e i n E x s u d ~ t in der Schnecke.

Der Warzenfortsatz ist, so weit er noeh vorhanden 1st, diploetiseh und zeigt eine intensive Ostitis.

H~iutiges innenohr und innerer Gehdrgang. Die Schnecke zeigt eine normale Form und einen normalen Pigment-

gehalt (Abb. 5). Der Nervganglienapparat ist im Bereich der Basal- windung deutlich atrophisch, in den iibrigen Windungen normal. Das Cortische Organ ist iiberall kadaver6s ver~ndert, zum Tell fehlt es voll- kommen. Die Reisnersche Membran und die Cortische Membran sind gesenkt, zum Teil bis zur Bertihrung mit der Basilarmembran. An Stelle der Stria vascularis finder sich im grSi3ten Teile der Schnecke ein homogener Saum, der keine Zellgrenzen mehr erkennen l~6t, sich blal3rosa f/~rbt und viel Pigment enth/~lt. Am besten ist die Stria noeh im Bereiehe der Spitzenwindung erhalten, wo man das Vas prominens noeh deutlich erkennen kann. Aueh das Lig. spirale ist meist stark verschm~Llert und zeigt nur mehr Kernschatten. Am auffallendsten ist der fast vollkommene Ausfall der Kernf/irbung im Bereiche der Weichteile der Sehnecke und in der Sehneckenspindel. Im Vorhofsteil

Page 11: Otogener Schläfenlappenabszeß bei chronischer Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis

Otitis media und ehroniseher zirkumskripter Labyrinthitis. 185

der Sehnecke findet sieh in der Scala tympani, Scala vestibuli und im Schneckenlumen etwas serSses Exsudat und das schon erws Binde- gewebspolster, das mit der Lamina spiralis ossea verwachsen ist. Von diesem Bindegewebspolster zieht ein Bindegewebsstrang lateralw~rts, der bald an der Membrana basilaris, bald am Ligamentum spirale inseriert (Abb. 4). In diesem Bindegewebspolster findet sich reichlich Pigment und Knochenbildung. In der Scala vestibuli reichlich scholliges Pigment, das zum Tell frei im Lumen liegt, zum Teil yon Phagozyten eingeschlossen ist. Recessus sphaericus ist vollkommen mit serSsem Exsudat aus- gefiillt. Saceulus fehlt. Der Recessus ellipticus ist mit Niter erfiillt. In der Cysterna perilymphatica serofibrinSser Exsudatpfropf, der sich in die Vorhofswindung hineinzieht. Duetus reuniens zerstSrt. Aqu/~dukte weit, leer, often. BogengS~nge fehlen. Ligamentum spirale der Vorhofs- windung zeigt Knochenbildung.

Die W/~nde des inneren GehSrganges zeigen vielfach ostitische Ver- s die zum grSl~ten Tell den Knochen durch Osteoklasten abbauen. I m inneren Geh6rgaug Niter. Die Nerven sind normal. In einer Arterie findet sieh eine Mediaverkalkung.

Kngcherne Innenohrka~)sel. Die kn6cherne Innenohrkapsel zeigt, soweit sie noch vorhanden ist,

eine intensive Ostitis. Es ist bemerkenswert, dag sieh diese Ostitis vorwiegend in der periostalen Kapsel auswirkt, w~hrend die enchon- drale Kapsel zum gr61~ten Teil intakt ist. Nur der grol~e ZerstSrungs- herd an der Basis der Pyramide dringt bis an die enchondrale Kapsel vor. Diese Ostitis der periostalen Kapsel zeigt vielfache Durehbriiche gegen die Dura und es liegt ein sch6ner Beweis fiir die allerdings sehon bekannte Resistenz der Dura in dem Befunde, dal~ aueh an Stelle dieser Durehbriiche die Dura keine Infiltration zeigt. Nur an der oberen Pyramidenkante sind die Verh/~ltnisse insofern anders, als sieh hier ein gro6er ostitischer Herd finder, der sowohl gegen die Dura als gegen den inneren Geh6rgang durehbrieht (Abb. 6).

An dieser Stelle zeigt die Dura ein streifiges Infi l t rat und in ihrem Inneren ein unregelmg6ig begrenztes, zellreiehes Granulationsgewebe. Da sieh an dieser Stelle das Lumen des Sinus petrosus superior nicht findet, muB man wohl annehmen, da6 dieses Granulationsgewebe eine organisierte Thrombose des Sinus petrosus superior darstellt. Schliel~lieh ist die Dura an dieser Stelle fistul6s durchbrochen. An der Innenfl~che der Dura der hinteren Schadelgrube Niter. I m medialen Teil des Tegmen tubae ein sehr groger Bindegewebszapfen yon der Dura ausgehend. Der Zapfen ist entziindet infolge der ostitischen Herde in seiner Umgebung, die in den Zapfen eingebrochen sind.

Rechte Seite. ])as Lumen der Tube ist sehr weit und enth~lt Niter. Die Tuben-

sehleimhaut ist durch lockeres, stark infiltriertes Bindegewebe verdickt.

Page 12: Otogener Schläfenlappenabszeß bei chronischer Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis

186 Eugen Grabseheid: Otogener Schl~fenlappenabszel3 bei chronischer

Das Epithel der Schleimhaut fehlt zum gr6gten Teil, w o e s noch vor- handen ist, ist es kubiseh oder zylindrisch. An Stelle der loeritubaren Zellen finden sich im Knochen grol3e R/~ume, die mit einem lockeren, stark infiltrierten Bindegewebe ausgefiillt sind. An den R/~ndern

Abb. 6. Schni t t durch den inneren GehSrgang (2r un4 die osti t isch e rkrank te obere P y r a m i d e n k a n t e (O). ~I ikrophotogr~mm. F~rbung m i t H~m~toxyl in-Eos in . F Fistel in

tier Dura.

dieser Rgume sieht man h&ufig Zeichen yon Knochenneubildung. Keine Osteoklasten. Das Tubendaeh ist aul3erordentlieh verdiekt und zeigt die gMchen Knoehenrgume, wie sie um die Tube gefunden wurden, nur findet man in den Markrgumen Bakterienhaufen. I m perikarotischen I~aume finder sieh ein leiehtes perivaskulgres Infiltrat. Pyramiden- spitze ist durehaus diploetiseh,

I m Mittelohr findet sieh nut wenig freier Eiter. Von den Geh6r- knSchelchen sind nur Reste zu sehen, die stark ostitiseh vergndert

Page 13: Otogener Schläfenlappenabszeß bei chronischer Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis

Otitis media und ehroniseher zirkumskripter Labyrinthitis. 187

sind (Abb. 7). I tammer-AmboSgelenk ist frei. AmboS-Stapesgelenk ist zerstSrt. Der Museulus tensor tympani ist sehr Iaserarm. Seine Sehne zeigt ein leiehtes Infiltrat. Die Mittelohrsehleimhaut ist auger- ordentlieh verdiekt und entzfindet. Uberdies linden sieh in der

Abb . 7: Ver t ik~Isehn i t t ( lurch 5 'I i t telohr u n d ~uge ren GehSrgang . M i k r o p h o t o g r ~ m m . F~,rbung m i t t I /~matoxy] in-Eos in . T Os t i t i sch e rk r~nk te s Tega~en. G Os t i t i sch e r k r a n k t e

Geh6rknSche lchen . Nio lVIittelohr. A g X u g e r e r G e h S r g a a g .

Schleimhaut zahlreiche Makrophagen. Das Epithel der Sehleimhaut ist zum gr6Bten Teile zerst6rt, wo es noch in Resten erhalten ist, besteht es aus kubisehen Zellen. Das Tegmen ist auBerordentlich, bis etwa 1 em verdickt (Abb. 7), seine Dieke nimmt ab, je weiter man gegen das Antrum vorriickt. Aueh hier findet man die groBen mit infiltriertem F~sermark erfiillten R/~ume, aber ~ueh hier findet tiberall Knoehenneubildung statt. 0steoklasten fehlen. Genau so wie das Tegmen verh~lt sich der Boden des Mittelohrs. Die mediale Wand des Mittelohrs

Page 14: Otogener Schläfenlappenabszeß bei chronischer Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis

]SS Eugen Grabscheid: Otogener Schl/ffenlappenabszeB bei ehronischer

zeigt nnr geringe ostitische Ver~nderungen. Nur vor und fiber der Knorpel- fuge zieht ein Keil infiltrierten Bindegewebes knapp unter dem HMbkanM des Musculus tensor tympani gegen den FaziMkanal. Welter nach rfick- ws geht dieser Bindegewebskeil in ein infitti'iertes Bindegewebs- polster fiber, das die Nische des ovMen Fensters ausffillt. Stapes und l%ingband o.B. In der runden Fensternisehe Eiter, der das sekund~re Trommelfell yon auBen ein wenig arrodiert, aber nicht durchbricht.

])as Trommelfell ist in seinem vordersten Anteile erhMten. Allerdings ist hier nur die Bindegewebssehicht zu sehen. Sehr bald hinter dem vorderen Ansatz des Trommelfells besteht eine zentrMe Perforation, die sieh nach hinten zu rasch erweitert (Abb. 7). Immer finder man aber, sowohl im oberen, Ms aueh im unteren Trommelfellrahmen Reste des Trommelfells, die sieh Mlerdings mikroskopisch versehieden verhMten. Der untere Trommelfellrest besteht aus der Bindegewebssehieht und ann~hernd normMen Hautschicht, die mit Eiter bedeckt ist. Der obere Trommelfellrest zeigt eine enorm verbreitete SchMmhaut, die stellen- weise mit der des Promontoriums verwaehsen ist. I m Lumen des/~uSeren Geh5rganges etwas abgeschilferte Epidermis. Die Hautbekleidung des ~ul]eren GehSrganges au~erordentlieh dfinn. Dort wo die Epidermis die Trommelfellreste fiberzieht zeigt sie eine sehr schlechte Kernf~rbung und ein vollkommenes Fehlen yon Papillen. Von einem Einwachsen der Epidermis kann nirgends die Rede sein. Die obere Wand des /~uSeren Geh5rganges ist ostitiseh vers

Das Antrum ist welt, seine Schleimhaut verh/~lt sich genau wie die Sehleimhaut des Mittelohrs, nut finder man hier FMten, die das Lumen durehziehen, aber nieht mit Epithel bekleidet sind. Ferner finder sieh medial vom AmboBk6rper eine ebenfMls epithellose Retentionszyste. Bogengang o.B. DaM Tegmen antri ist dfinner Ms das Tegmen des Mittelohrs und besteht vorwiegend aus den mit infiltriertem Binde- gewebe erffillten R~umen, w/~hrend das kn6cherne Gerfist mlr sehr wenig entwickelt ist. Einige dieser Fasermarkrs reiehen bis an die Dura heron (Abb. 7), andere wieder Mind nut dureh eine schmMe Knoehenspange yon der Dura getrennt, aber auch hier findet sich fiberM1 Knoehen~mbau, yon Osteoklasten ist niehts zu sehen. Warzen- fortsatz sklerotiseh.

I m inneren GehSrgang reiehlich Eiter, der aueh in den FaziMk~nal eindringt. Schneeke hoehgradig kadaverSs ver~ndert, am besten erhMten die untere BasMwindung. Das Cortische Organ geschrumpft und mit der Cortisehen Membran verklebt. Die Reisnersche Membran in normMer Stellung. Stria vaseularis in allen Windnngen verschm~lert. In der Sehnecke ser5ses Exsudat. Macula s~cculi et utriculi kadaverSs ver~ndert, genau so verhalten sieh die Cristae. In den Bogeng/ingen etwas serSses Exsudat, ebenso in der Scala tympani der Vorhofswindung. I m Crus commune seheinen die Lakunen an der knSchernen Umrandung tiefer

Page 15: Otogener Schläfenlappenabszeß bei chronischer Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis

O~itis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis. ]89

zu sein, als man dies normalerweise finder. Da in dieser Gegend auch das Nxsudat sehr kernreich ist, so w/~re es m6glieh, dal~ es sieh hier um eine Endostitis ]eiehten Grades handelt. Aquaeduetus vestibuli o .B. In der koehlearen Miindung des Aquaeduetus cochleae finder sieh ein loekeres kernreiehes Bindegewebe (Abb. 8).

Fassen wit zusammen, so linden wit auf der linken Seite folgende Vergnderungen:

1. Ostitis der kn6ehernen Tuben- w~nde.

2. Ausgedehnte Niterung an der Pyramidenbasis.

3. Thrombophlebitis des Plexus earotieus.

4: Ostitis des Promontoriums. 5. Unterer Trommelfellrest in einem

Bindegewebspolster umgewandelt. 6. Breiter Durehbrueh dureh das

ovMe Fenster. 7. Durehbrueh dureh das runde

Fenster. 8. Intensive Ostitis des knSeher-

nen Fazialkanals. 9. Verringerung der Fazialisfasern. 10. Ostitis im W~rzenfortsatzreste. 11. Atrophic der Basalwindung. 12. Mangelnde Keruf~rbung im

Bereiehe der Sehneeke. 13. SerSses Exsudat in der Vor-

hofswindung und im Reeessus sphaeri-

CUS. Abb. 8. Sehni t t 4urch den rai t lockerem 14. Bindegewebs- und Knoehen- Bindegcwebc ausgefiillten Aqllac4uetus

neubildung in der Scala tympani der cochleae. •Iiln, ophotogramm. Farbung m i t Hhmatoxy l in -Eos in .

Vorhofswindung. 15. Niter im Recessus ellipticus und innerem Geh6rgang. 16. Ostitis der periost~len Innenohrk~losel mit vielfachen Durch-

briichen gegen die Dur~ der mittleren Sch/~delgrube. 17. Dura in diesem Bereiche nicht entziindet. 18. Grol~er ostitischer Herd im Bereiche der oberen Pymmidenkante . 19. Dura im Bereiche der oberen Pyramidenkante infiltriert. Auf der rechten Seite: 1. Schleimhauteiterung in der Tube und Trommelh6hle. 2. SchMmhautepithel gr6Btenteils defekt.

Page 16: Otogener Schläfenlappenabszeß bei chronischer Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis

190 Eugen Grabscheid: Obogener Schl/~fenlaploenabsze~ bei chroniseher

3. Ostitis der peritubaren Zellen. 4. Perivaskul~res Infi l t rat im perikarotisehen Raume. 5. Ausgedehnte Ostitis des Tuben- und Mittelohrdaches. 6. Ostitis der Geh6rkn6ehelchen. 7. In den Fensternischen Granulationsgewebe und Eiter. 8. GroBer zentraler Defekt des Trommelfells. 9. Ostitis der oberen GehSrgangswand. 10. I m Tegmen antri ausgeheilte ostitische Herde, die bis an die Dura

reichen. 11. SerSses Exsudat im Mittelohr. 12. Lockeres kernreiches Bindegewebe im Aquaeductus cochleae. Der mitgeteilte Fall zeigt zuns in bezug auf seine Pathogenese

ein wesentliches Interesse. Es handelte sich um eine akute Exazerbation einer iiberhaupt nicht behandelten ehronischen Otitis beiderseits. Bei der Aufnahme lie6 sieh auf der linken Seite Taubheit nachweisen nnd das Labyrinth war links ausgeschaltet. Bemerkenswert dabei war nur, daft die Drehprtifung mit 90 Grad auf die Schulter geneigtem Kopf ein normales Resultat ergab, ein Verhalten, auf das Ruttin bereits vor vielen Jahren hingewiesen hat. Da die Temperatur zuerst normal war, der Fundus keine Ver/~nderungen zeigte und der neurologische Befund negativ war, wurde die Diagnose einer unkomplizierten diffusen latenten Otitis interna gestellt. Gem/tB den an unserer Abteilung geltenden Indikationen (Alexander, Fischer) wurde zun/tchst konservativ behandelt. A1s aber am 21. Juli die zunehmenden Kopfschmerzen, die Temperatur- steigerung und die intensive Eiterung aus dem Mittelohr eine drohende Komplikation anktindigten, wurde die Radikal- und Innenohroperation in einer Sitzung vorgenommen. Bei der I~adikaloperation fanden sieh reichlich Eiter und Granulationen im Antrum und Attik, w/thrend der Knochen gegen die hintere Sch/tdelgrube zu sich durchaus normal erwies. Man muBte daher annehmen, dab sich die haupts~ehlichsten Ver- /tnderungen in der N/~he der mittleren Seh/tde]grube vorfanden und da wir auf dem Standpunkt stehen, dab as eine typische, ftir alle F/~lle yon Interna g/iltige Innenohroperation nicht gibt, sondern die Operation dem jeweils vor]iegenden Falle im Sinne yon Jansen anzupassen ist, so wurde in unserem Falle die t~esektion des frontalen Bogenganges yon der mittleren Schgdelgrube aus vorgenommen, wobei der Bogengang bis an die Apertura interna der Vorhofwasserleitung er6ffnet wurde. Dabei zeigte sich eine tiefgehende Erweichung an der Konvexit~t des sagittalen Bogenganges, ohne dab man feststellen konnte, ob es sich um eine durchg~ngige Fistel handelte oder nicht. Sinus und Dura wurden nieht freigelegt. Naeh der Operation sank allm/thlieh die Tempe- ratur, bis am 25. Juli, also 4 Tage naeh der Operation, Erbrechen und Schmerzen in der Stirne auftraten. Die Untersuchung ergab einen Spontannystagmus 2. Grades zur rechten Seite, aber keine meningealen

Page 17: Otogener Schläfenlappenabszeß bei chronischer Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis

Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis. 191

Symptome. Als am ni~chsten Tage die Temperatur auf 39,5 ~ unter Schfittelfrost stieg, mu•te die Diagnose einer Sinusphlebitis gestellt werden, die offenbar infolge eines Durehbruches der In terna in die hintere Schi~delgrube entstanden war. Da sich bei der ersten Operation eine Erweichung des sagittalen Bogenganges gefunden hatte und der Pat ient fiber intensive Schmerzen in der Stirne klagte, so nahm man an, da[3 als Bindeglied zwischen der Interna und Sinusphlebitis ein extraduraler Absze• in der hinteren Schidelgrube gedient hat. Es wurde daher zum zweiten Male operiert, die Jugularis unterbunden und ein gro•er tiefer extraduraler AbszeB gefunden, der offenbar dureh Druck den spontanen Nystagmus erzeugt hatte. Da mit diesem Befunde die klinisehen Symptome erkli~rt waren und die Sinuswand selbst ein normales Aussehen zeigte, wurde vorderh~nd yon einer Inzision des Sinus abgesehen. Ob es sich bei diesem tiefen extraduralen AbszeB um ein Saecusempyem oder um einen Durchbruch der Eiterung durch die Konvexit~t des sagittalen Bogenganges gehandelt hat, liel3 sieh nicht nachweisen. Ein Naehweis, der sich naeh Wagener aueh sonst intra operationem nur sehr selten mit Sicherheit fiihren liBt. Jedenfalls semen durch diesen operativen Befund der Fall gekl i r t zu sein und um so mehr, als tats~chlich die Sym- ptome ffir drei Tage wesentlich naehlieBen. Am 29. Juli t ra ten wieder Schmerzen im Hinterkopf auf, gleiehzeitig stieg die Temperatur auf 39,5 o bei 80 Pulsen und auch der Spontannyst~gmus 2. Grades n~ch rechts ersehien wieder. Man mul3te daher an eine weitere Komplikation denken, die sich aber schwer diagnost.izieren liel3, da sieh keine meningealen Symptome, keine Veri~nderungen im Augenhintergrund nachweisen lie~en, wi~hrend der allgemeine Eindruck des Patienten das Bestehen einer Kaehexie auBer Zweifel liel3. Erst zwei Tage Sp~ter liel3en sich die ersten Zeichen einer amnestisehen Aphasie erkennen, wodureh der Verdaeht auf eine Komplikation im Bereiehe der mittleren Sehi~del- grube erweckt wurde. Es wurde allerdings nieht sofort die Diagnose eines Schl~fenlappenabszesses mit Sicherheit gestellt, da man wohl nach dem g~nzen Krankheitsverlauf eher an einen Kleinhirnabszei3 denken mul~te und sich auch bei Kleinhirnabszessen SpraehstSrungen linden, die sich nieht nur in einer Verlangsamung der spontanen Sprache, sondern ~uch in seltenen Fi~llen in einer amnestischen Aphasie manifestieren (Sittig). Um so komplizierter wurde der ganze Sachverhalt, als sich mit den apha- sischen StSrungen Kleinhirnsymptome auf der linken Seite (Brady- teleokinese, KoordinationsstSrungen) nachweisen lie~en. Obwohl sich keine siehere Diagnose stellen lie~, so mul3te doch am nichsten Tage die Wunde noch einmal erSffnet werden, da die Temperatur bei 84 Pulsen auf 39,50 anstieg und der Nystagmus nach reehts bereits den dritten Intensiti~tsgrad zeigte. Bei der Operation wurde die Pyramidenkante und der Bogengangrest abgetragen und es zeigte sieh nun etwa in 3 em Tiefe, ganz nahe der oberen Pyramidenkante eine Durafistel, aus der

Arch iv f. Ohren-, Nasen- u. Kehlkopfhoi lkunde . Bd. 130. 14a

Page 18: Otogener Schläfenlappenabszeß bei chronischer Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis

192 Eugen Grabscheid: Otogener Schl/~fenlappenabszeB bei chronischer

Eiter quoll. Der Schl~fenlappenabszel3 wurde nun mit breiter Spaltung der Dura und mit Abtragung der lateralen und oberen Absze6wand erSffnet.

I~ein klinisch wurde also die Pathogenese dieses komplizierten Falles in folgender Weise aufgefal3t: Die akut exazerbierte chronische Otitis ohne Cholesteatom war, da sich eine Fistel am horizontalen Bogengange nicht nachweisen lieS, offenbar durch die Fenster in das innere Ohr eingedrungen und hatte hier eine diffuse, latente, eitrige Interna erzeugt. Dureh diese Interna wurde welter entweder infolge eines Durchbruehes durch den sagittalen Bogengang oder auf dem Wege des Aquaeductus vestibuli ein tiefer extraduraler Absze6 im Bereich der hinteren Sch~del- grube hervorgerufen. Gleichzeitig hatte die Otitis auf dem Wege einer Ostitis der oberen Pyramidenkante, vielleieht auch einer Thrombo- phlebitis des Sinus petrosus superior einen SchlafenlappenabszeS erzeugt.

Durch die mikroskopisehe Untersuchung der Felsenbeine wurde diese klinische Auffassung des Falles teils bestKtigt, teils aber widerlegt, woraus wieder die besondere Wichtigkeit der mikroskopischen Unter- suchung in F~llen yon intrakraniellen Ohrkomplikationen hervorgeht. Zun~chst land sieh tatsi~chlieh die erwartete ehronisehe Otitis auf der linken Seite, die aber in einigen Punkten von dem gewShnlichen mikro- skopischen Bilde abwieh. Wi~hrend wir ni~mlich gewShnt sind, bei der einfachen chronisehen Otitis stets ein sehr gut erhaltenes, kubisches bis zy]indrisehes Epithel der Sehleimhaut anzutreffen, war die Sehleim- haut in unserem Falle zum grSl~ten Teile epithellos. Es fehlte auch jede Polypenbildung, die Schleimhaut war vielmehr in ein derbes schwartiges Bindegewebe umgewandelt, das start des fiblichen dichten Infiltrates nut streifige Ziige yon Infiltratzellen aufwies. Die Schleimhaut zeigte also das gleiche Verhalten, wie es jiingst Brunner in radikal operierten Cholesteatomen einige Tage nach der Operation gefunden hat.

Von dieser chronischen Otitis aus war es nun zu einem Durchbruch der Eiterung durch beide Fenster gekommen, wobei der Durchbruch dutch das ovale Fenster wie gewShnlich eine viel gr56ere Ausdehnung hatte als der durch das runde Fenster. In beiden Fenstern land sich aber bereits Granulations- bzw. Bindegewebe, woraus wir den Schlu$ ziehen mfissen, dal3 diese Durchbrfiche bereits vor l~ngerer Zeit statt- gefunden haben. Bis zu diesem Punkte s t immt der mikroskopisehe Befund mit dem klinischen tiberein. Die Sachlage andert sich abet, wenn wir nun auf das innere Ohr fibergehen. Auf Grund des klinisehen Befundes haben wir eine diffuse latente eitrige Interna erwartet, die sieh aber mikroskopiseh nicht nachweisen liel3. Nun kSnnen wir aller- dings fiber das Verhalten der Bogengi~nge nichts Sicheres aussagen, da diese dutch die Operation zerstSrt waren. Es mu6 aber bemerkt werden, daS sieh bei der Operation im Lumen der Bogengange kein Eiter, sondern nur rotgelbe Koagula nachweisen liel3en. Was das fibrige Innenohr betrifft, so /anden sich in der Schnecke, wenn man von ihrem Vorho/steite

Page 19: Otogener Schläfenlappenabszeß bei chronischer Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis

Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis. 198

absieht, weder Eiter noch Residuen nach Eiterung. Dabei darf man aber nicht annehmen, dab der Eiter aus der Schnecke infolge der Operation abgeflossen ist, da sich in den der Operationswunde nahen Teilen des inneren Ohres, ni~mlich im Vorhof Exsudat nachweisen lieB, and zwar eitriges im I~ecessus ellipticus und serofibrinSses im t~ecessus sphaericus. Die Schnecke wurde bei der Operation nicht er5ffnet. Wenn wir also auch zugeben wollen, dab die Eiterung im Vorhofe schon vor der Opera- tion bestanden hat und nicht erst durch eine sekunds Infektion yon der Operationswunde her erfolgt ist und wenn wir welter zugeben wollen, dab eine ~hnliche Entziindung auch in den operativ entfernten Bogen- gs bestanden hat, so miissen wir doch sagen, das au/Grund der mikro- skopischen Untersuchung im inneren Ohre nicht eine di//use eitrige, latente Interna, sondern eine chronische zirlcumslcripte Interna bestanden hat.

Bei dieser Saehlage erinnert unser Fall in vieler Hinsicht an einen von Alexander beschriebenen Fall, bei dem es sich um eine Cholesteatom- eiterung mit HSrresten handelte. Das Labyrinth wurde klinisch nicht untersucht. Mikroskopisch land sich eine chronische zirkumskripte Eiterung im Bereiche des Vorhofendes der Schnecke, des Vorhofes und der Bogeng~tnge mit Sequestration der lateralen knSchernen Labyrinth- wand. SchneckenkSrper and Schneckenspitze waren unveri~ndert, hin- gegen war es yon der zirkumskripten Labyrinthitis zu einem Durchbruch gegen die hintere Schi~delgrube mit eitriger Pachymeningitis im Bereiche des Saccus endolymphaticus gekommen. So sinnf~llig auch die ~hn- lichkeit dieser beiden Fs ist, so linden sich doch auch einige Unter- schiede zwischen diesen beiden Fs Denn erstlich handelte es sich im Falle yon Alexander um ein Cholesteatom, in unserem Falle mn eine einfache Mittelohreiterung (keine Tuberkulose). Ferner beschr~nkten sich in unserem Falle die Vers am Vorhofende der Schnecke auf eine geringe Neubildung yon Knochen- und Bindegewebe in der Scala tympani , w~hrend die ZerstSrung im Falle yon Alexander eine viel intensivere war. Schliel~lich bestand in unserem Falle klinisch Taubheit, w~hrend im Falle yon Alexander HSrreste nachzuweisen waren. Und Alexander betont sogar ausdriicklich, dab diesbeziiglich die HSr- prfifung in seinem Falle als verl~l~lich anzusehen ist, da das Cortische Organ und seine Hilfsapparate sich mikroskopisch als funktionsff~hig erwiesen und auch die LymphstrSmung in dem yore Vorhof g~nzlich iso- lierten Schneckenk6rper durch den unveri~nderten Aquaeductus cochleae noch mSglich war. Dieses merkwiirdige Verhalten der Schnecke erkls Alexander in folgender Weise: ,,Ira vorliegenden Falle sind nun schon !ange Zeit vorher die nekrotisch gewordenen Labyrinthws deren Sequester in reichhche Bindegewebsmassen eingebettet sind, durch das Cholesteatom in den Vorhof vorgedri~ngt worden und so kam es relativ bald zur VerlStung dieser aus Knochen und Bindegewebe bestehenden Schwarte mit der lateralen verdickten Wand des Utrieulus und Sacculus

14"

Page 20: Otogener Schläfenlappenabszeß bei chronischer Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis

194 Eugen Grabscheid: Otogener SchlafenlappenabszeB bei chronischer

und es formierte sich schlieBlich in unserem Falle ein fester Verschlul3 der Scala vestibuli gegen den SehneckenkSrper". Auf einen ~hnlichen Vernarbungsprozel~ fiihrt Alexander die Tatsache zuriick, dab die Eiterung nicht vom runden Fenster aus auf den Schneckenk6rper iibergegriffen hat. Hier ergibt sich nun ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden F/~llen. Denn erstlich fehlte in unserem Falle eine bindegewebige Abdichtung der Scala vestibuli gegen die Zisterne; man konnte vielmehr im Gegenteile deutlich sehen, wie sich das serofibrin6se Exsudat in die Scala vestibuli der Vorhofswindung hinuntersenkte. Zweitens fehlte jedes Anzeichen, dab die geringe zur Zeit des Todes bereits ausgeheilte Ent- ziindung in der Scala tympani der Vorhofwindung jemals gegen den iibrigen SchneckenkSrper abgegrenzt gewesen ist. Schlie61ich ergab die mikroskopische Untersuchung in unserem Falle eine nicht funktions- fi~hige Schnecke im Gegensatze zu dem Falle yon Alexander.

DaB die Schnecke wirklich nicht funktionsf~hig war, folgt nicht nur aus der Tatsache, dab an vielen Stellen das Cortische Organ voll- kommen fehlte, an anderen Stellen nur ein Hiiufchen yon Zeildetritus an seinen Bestand erinnerte. Diese Schlu~folgerung ergibt sieh aueh aus der degenerativen Atrophic der Stria vaseularis und aus dem klinisehen Befunde. SchlieBlich ergibt sieh diese SehluBfolgerung auch aus der sehr geringen Kernf~rbung im Bereiehe der h~tutigen Sehnecke bei guter Kernf~rbung des iibrigen Pr~parates. Wenn wir uns auch dessen wohl bewuBt sind, dab man mit der Verwertung eines derartigen Befundes sehr vorsichtig sein mu6, so glauben wir doch, daft dieser Be/und im Verein mit den iibrigen in der Schnecl~e erhobenen Be/unden die Annahme einer Nelcrose der Miutigen Sehneclce gerecht/ertigt erscheinen lii/3t, wobei der Nervenganglienapparat abgesehen yon der Basalwirkung nur wenig Schaden erlitten hat, soweit sich dies allerdings an H~matoxylin-Eosin- pr~tparaten erkennen lg6t.

Schwer ist die Frage zu beantworten, auf welche Krankheitsvorgi~nge diese /qekrose der Schnecke zuriiekzufiihren ist. Hier kommen ver- schiedene M5gliehkeiten in Betracht. Es kann die h/~utige Schnecke durch Toxine zerstSrt worden sein, die wieder entweder vonde r zirkum- skripten Interna oder yon der Mittelohreiterung ausgegangen sind 1 Oder es kann die hi~utige Sehnecke infolge rezidivierender serSser Internen bzw. eines rezidivierenden Hydrops labyrinthe im Sinne yon Wittmaac]c zugrunde gegangen sein, wobei die I~eizstoffe fiir die Entstehung der ser5sen Interna entweder yore Mittel- oder vom Innenohr ausgegangen sind. Bekanntlieh hat man in der jiingsten Zeit versueht, zwischen diesem Versehiedene Krankheitsformen zu unterscheiden (Zange, Steurer). Was unseren Fall betrifft, so li~Bt sich eine derartige Unterscheidung

1 Es wiirde sich in diesem Falle um einen ~hnlichen Befund handeln, wie ihn zuerst Alexander in seinem Falle yon Maserntaubheit beschrieben hat, zumal auch unser l~atient die Otitis auf Masern zuriickfiihrt.

Page 21: Otogener Schläfenlappenabszeß bei chronischer Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis

0titis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis. ]95

kaum durchfiihren, wir glauben aber such nieht, dal3 eine derartige Unter- scheidung wenigstens fiir die Klinik yon Bedeutung sein kann. Wit glauben vielmehr, dal3 in der Regel alle diese Krankheitsursachen zusammenwirken wie dies wenigstens fiir unseren Fall anzunehmen ist. Denn wenn die mangelhafte Kernf/irbung und das Fehlen yon neugebildetem Knochen- und Bindegewebe fiir eine direkte Einwirkung der Toxine anf die h/~utige Schnecke sprechen, deutet nach Zange, Ruttin u .a . der Kollaps des h/~utigen Schneekenkanales auf eine iiberstandene ser6se In terna hin.

~assen wir zusammen, so handelt es sich in unserem Falle um eine von den l~enstern ausgegangene zirkumskripte Interna mit hSehst- gradiger degenerativer Atrophie der Sehneeke. Eine Tuberkulose bestand nicht. Die eitrige Entztindung butte zwei verschiedene Tefle des inneren Ohres ergriffen: in kleinem Ausmal3e die Scala tympani der Vorhofs- windung, in grol3em AusmMle Vorhof und Bogeng/~nge. Die Entziindung in der Scala tympani ist mit Neubildung yon Knochen- und Bindegewebe ausgeheilt, die Entziindung in den Bogenggngen ist nicht ausgeheilt und hat mit Wahrseheinlichkeit einen tiefen extradurMen Abszel3 erzeugt. Wir kSnnen das letztere nur mit Wahrscheinliehkeit annehmen, da die mikroskopisehe Untersuchung die M6glichkeit einer anderen Pathogenese des extraduralen Abszesses aufgedeckt hut. Wir sehen n~mlich, dal3 die Mittelohreiterung den perikarotischen I~aum infiziert und eine ausgedehnte Eiterung an der Basis der Pyramide hervorgerufen hat, welch letztere zahlreiche Durchbriiche gegen die hintere Sch/~delgrube zeigt. Der Befund bei der Operation 1/~13t durchaus die M6glichkeit zu, da[3 der tiefe extradurale Abszel3 nicht labyrinthogener Natur ist, sondern dutch die Eiterung an der Basis hervorgerufen wurde. Eine siehere Antwort auf diese Frage l~[tt sich nicht geben.

Als letzte Komplikation war schlieltlieh yon der Mittelohrentziindung ein Schl/~felappenabszel~ ausgegangen. Hier wurde unsere klinische Annahme durch den mikroskopischen Befund best/itigt. Es stellte sich n/~mlich heraus, dal3 sich im Bereiche der oberen Pyramidenkante ein sehr bedeutender ostitischer Herd fund, der sowohl gegen den inneren Geh6rgang als auch gegen die Dura durchgebrochen war, in welch letzterer sich ein deutlieher Fistelgang nachweisen liel3.

In diesem Befunde liegt insofern eine Besonderheit, als wir sonst gew6hnlich den Sehl/~felappenabszel3 vom Tegmen tympani bzw. antri ausgehen sehen. Auch in unserem Falle waren diese beiden Gebiete wohl schwer ostitiseh vergndert, zeigten aber durchaus die Zeichen der Ausheihmg, so dal3 sie als Ausgangsstelle des Schl~tfelappenabszesses nicht in Betracht kamen. Ob in unserem Falle eine Thrombophlebitis des Sinus petrosus superior als Bindeglied fiir die Entwieklung des Abszesses gedient hat, ist m6glich, da wir in vielen Schnitten im Inneren der Dura eine aus Granulationsgewebe bestehende Insel nachweisen konnten, die vielleieht den obliterierten Sinus darstellte.

A r c h i v f. O h r e n - , N a s e n - u. K e h l k o p f h o i l k u n d e . B d . 130. 14b

Page 22: Otogener Schläfenlappenabszeß bei chronischer Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis

196 Eugen Grabseheid: Otogener Schl/ffenlappenabszeB bei ehroniseher

Klinisch ist der Hirna,bszeB deshalb yon Interesse, weil er zunAehst vollkommen latent verlief and durch die Symptome der Innenohr- erkra,nkung bzw. des tiefen extra,dura,len Abszesses verdeekt wurde. Allerdings klagte der Pa,tient sehon be/ seiner Aufna,hme in das Spitat fiber Sehmerzen, die er in die linke SchlAfegegend lokalisierte und in der Tat wurde ja a,ueh bei der ersten Operation zunAehst gegen die mittlere SehAdelgrube vorgega,ngen. Sparer standen abet die Symptome des Labyrinthes und des Kleinhirns so sehr im Vordergrunde und es lieBen sieh diese Symptome dureh den opera,riven Befund so gut erklAren, dab man vergaB, dab aueh ein SehlAfelappenabszeB Kleinhirnsymptome erzeugen ka,nn. Erst na,eh der zweiten Operation wurde man dadurch, dab der Patient bei der Benennung yon GegenstAnden zfgerte, a,n da,s Vorha,ndensein eines SehlAfela,ppenabszesses gemahnt. Die volle Aphasie tra,t a,ber erst na,eh Entleerung des Abszesses a,uf. Dieses Ver- ha,lten ist insofern yon Interesse, als man sonst da,s gegenteilige Verha,lten zu sehen gewShnt ist, da beka,nntlieh hAufig naeh Entleerung des Abszesses die Apha,sie sehr rasch versehwindet.

Zum Sehlusse seien noeh zwei Befunde yon Interesse a,ngefiihrt. ZunAchst konnten wit auf beiden Seiten eine Infiltration im perikaro- tisehen Ra,ume linden, a,uf der linken Seite starker ausgeprAgt a,ls a,uf der rechten. Auf beiden Seiten lieB sich die Infektion dieses t~aumes yon der Tubensehleimhaut her naehweisen, wodureh die vor allem yon Brunner festgestellte Ta,tsa,ehe, da,B der perika.rotisehe l~a,um sehr hAufig, und zwar bei allen mSgliehen Formen der Mittelohreiterung infiziert wird, eine Bestatigung erfAhrt. Was schlieglieh den Befund a,uf der reehten niehtoperierten Seite betrifft, so handelt es sieh bier um eine ehronisehe Eiterung, welehe den grf~ten Teil des Trommelfelles zerstSrt hat. Es ist bemerkenswert, dal3 der klinisehe Befund einer Tota,1- destruktion des Trommelfelles dureh die mikroskopisehe Untersuehung nieht bestAtigt werden konnte, die viehnehr eine grebe zentrale Perforation erkennen liel~, an deren Rgndern noeh iibera,ll Trommelfellreste naehzu- weisen wa,ren. Es muB ferner hervorgehoben werden, da,B es trotz der viele Ja,hre da,uernden Eiterung und trotz ihres Auftretens naeh einer Infektionskrankheit (Ma,sern) nieht zum Einwa,ehsen yon Epidermis in die Trommelfellhfhle gekommen ist.

lm Mittelohr hatte nun die Eiterung da,s Tegmen ostitiseh verandert, wodureh dieses um ein vielfaehes verdiekt wurde. Die fibrigen WAnde zeigten keine ostitischen VerAnderungen, hingegen waren die la,teralen GehSrknfehelehen intensiv erkra,nkt. Ein Durchbrueh der Eiterung in das Innenohr liel3 sieh nieht na,ehweisen, obwohl da,s sekundAre Trommel- fell von a,ugen her dureh den Eiter a,rrodiert war. Auffa,llend wa,r hin- gegen im Innenohr der Befund eines a,us loekerem, kernreichem Binde- gewebe bestehenden Pfropfens im Aquaeduetus cochleae.

Wenn uns nun aueh durchaus bekannt ist, dab der AquAdukt in

Page 23: Otogener Schläfenlappenabszeß bei chronischer Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis

Otitis media und chronischer zirkumskripter Labyrinthitis. 197

seinem Verlaufe durch den Knochen hie und da vol lkommen mi t arachnoi- dealem Bindegewebe erffillt sein kann , so glauben wir doch, dab unser Befund, der sich auf die Miindung des Aqu~tduktes in das innere Ohr bezieht, als pathologisch angesprochen werden muB. Bei diesem Sach- verhalte miiBte m a n zungchst an eine Infekt ion des Aqugduktes yon den Meningen her denken. N u n lieB sich allerdings bei der Autopsie unseres Falles eine Meningitis nicht naehweisen, es ist aber wahr- scheinlich, dab mikroskopiseh eine Meningitis hgt te nachgewiesen werden k6nnen. Aber selbst bei dieser Annahm e ist es nicht mSglieh, bei der relat iv kurzen Krankhe i t sdauer die Entwick lung yon Binde- gewebe im Aqugdukte auf die Meningitis zuriiekzufiihren.

Es bleibt nu r die Annahme iibrig, dab der Pa t i en t wghrend des langen Bestandes seiner Otitis eine oder mehrere At tacken yon ser6ser induzier ter I n t e rna durchgemacht hat, als deren I{iickstand das Bindegewebe im Aqugdukte aufzufassen ist. Fi ir diese Annahme spricht erstens der Umstand , dag sieh wahrscheinlieh Gin gleicher Krankhei tsproze6 auch auf der l inken Seite abgespielt hat, fernGr die Tatsache, dab der Pa t i en t aueh auf der rechten Seite sehr schleeht h6rte und bei der kalorisehen Pri ifung eine deutliche Untererregbarkei t aufwies. Bei dieser Auffassung gewinnt unser ~'all eine gewisse ~hnl ichke i t ini t den seinerzeit von Siebenmann und Nager unte r der Bezeichnung , ,Cholesteatomtaubheit" zusammengefaBten Vergnderungen im inneren Ohre, nur waren diese Vergnderungen in unserem Falle night so weir vorgeschri t ten wie in den FgIlen yon Siebenmann und Nager, ferner fehlte in unserem Falle das Cholesteatom.

Literatur. Alexander: Uber Atrophic des labyrinth/~rert Sinnesepithels. Arch. Ohren-

heilk. 74 (1907). -- Uber chronisch umschriebene Labyrintheiterung. Z. Ohren- heilk. 61 (1910). -- Behandlung, Verlauf and Prognose der entziindlichen Labyrin~h- erkrankungen des Ohres. Ref. 16. internal. _il_rztevers. Budapest 1909. Bericht Mschr. 0hrenheilk. 1919, 493. -- Brunner: ~ber das Verhalten der Mittelohr- schleimhaut nach l~adikaloperationen. Arch. Ohr- usw. Heilk. 1931. -- Beitr/~ge zur Patlaologie der otogenen Kavernosusphlebitis. Mschr. Ohrenheilk. 60 (1926). -- Fischer: Die Indikatioa zu chirurgischen Eingriffen am inneren Ohr. Arch. klin. Chit. 140 (1926). -- 2Vager u. Sicbenmann: Jahresbericht der Baseler Klinik. Z. Ohrenheilk. 53 (1907). -- Rutti~: !Jber Kompensation des Drehnystagmus. Verh. dtsch, otol. Ges. 1914. -- Die konservative und chirurgische Behandlung der Labyrinthentziindungen usw. Verb. Ges. d~sch. Hals- usw. ~rzte 1927. -- Sittig: Schl~felappensymptome bei KleinhirnabszelL Z. ~NTeur. 19211. -- Steurer: ~ber (lie Entstehung der nekrotisierenden Labyrinthi~is. Verb. Ges. dtsch, t~als- usw. Arzte 1924. -- Watcher: Kritische Bemerkungen fiber das Empyem des Saccus endolymphaticus. Arch. Ohrenheilk. 68 (1906). -- Zange: Die konservative und chirurgische Behandlung der entzfindlichen Erkrankungen des Innenohres usw. Verh. Ges. dtsch. Hals- usw. ~rzte 1927.