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Periphere Veränderungen des Blutbildes nach Angiographie mit kolloidalem Thoriumdioxyd. : II. Konstanz der Blutwerte bei interner Dauerbestrahlung

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Page 1: Periphere Veränderungen des Blutbildes nach Angiographie mit kolloidalem Thoriumdioxyd. : II. Konstanz der Blutwerte bei interner Dauerbestrahlung

Actr Medics Scandinnvics. Vol. CLIX, firsc. 111, 1957.

A u s c h i Finsen-Institut, Zentrallaboratoriuiii, Kopenhagen (Direktor: Oberarzt Dr. mcd. M. Fatw).

Periplierc Veriincleriingen dw BliitbildC8 iinch Aiigiogriqdiie 111 I t kol loitiikl ern T horiii indiox yd.

11. Konwtunx d w Blntwerte bei interncr I).ziierbest~rnliluii g.

Von

OLE G . BACKER.

( h i der Rrtlalit ion i i m 28. Juni 1957 eingegmgrn.)

Z ,veihiuidert z\\-ciuiitlzwanziy riiit nl'liorotrasto angiographicrtc Pat ~ v i i t c i i zeigtcn 10.6 .Tahrc nacli der ;ingiograph~c. in 24 "/o dcr Falle cine Verringeriuig der pcri- plicren J,eiikozvtciim~c.rtc. In 19 (7" der Falle m-urde Lymphopenie gefuiiden.

IJm Klarhcit dariibcr zii erlangen. wieweit d i e x Yer8nderungen von ciiicr He- sc~h~idigung drs liatiiatopoietische~i Gcwebes durch andaucrndc Bc~tralihing ll(+ riihrvn. wiirtlcn Zililungen mit jiilirlicheii Zm-iscliciir~iim~~i1 v o r g e ~ i o ~ ~ i ~ ~ i e n .

E i r: c 11 e I' ii t e rs i I c h 11 11 g c 11.

Eiiihuiictcrt ciiiiiiii tctreissig I'atieiitcii \vnrden z\vcinial i t i i t einem Z~viscliciiraiini yon durehsch~iittlicl~ I. 7 Jahren (0.5 3 . 8 Jahreii) iiiitcrsucht; 56 hicrvon wurdcii ausserdcni zuni clrittennial nach durchschnittlich I . (; .Jaliren (0.8- 3.4 Jahren) untcrsucht. Zwisclicn (3er crstcn iind clritten Untcrsuc'hi~ng liegt cine tlurclisclinitt- liche Zeitspanne ~ 0 1 1 3 . 2 Jahren (2.1

Die Alpha-Aktivit6t des veralmichten Thoriumpraiparates fallt wahrend tler crsten funf Jahre nach Herstellung ab, wonach die Aktivitat auf Grund der Ncuhildung von RdTh wieder anstcigt. In allen FSilleii wurden die wiederliolten 1Jiitersuchuiigeii Iiiehr als 6 Jahre nach de- Injektioii vorgenommen; dies hc- deutet. dass alle Patienten zwisclien den einzalrien Ziihlungen einer scliwach an steigenden Rcstraliliingsinteiisitat ausgesetzt w a ~ c n .

4.7 Jahren).

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Die ))Recommendations of the British X-Ray and Radium Protection Com- mittee, 1948)) nehmen an, dass die typische Wirkung einer Uberdosierung mit ionisierender Strahlung zu einer allmahlich abnehmenden Zellenzahl fuhrt, die sich schliesslich zu einer ausgesprochenen Zytopenie entwickelt.

Es wurde deshalb untersucht,, ob die beobachteten Blutabnormitaten konstaiit sind, oder ob bei wiederholten Untersuchungen eine Progression feststellbar ist. Zur Aufklarung dieser Frage dienen einerseits die im folgenden angegebenen durchschnittlichen Blutwerte, anderseits die Falle mit abnorm niedrigen Werten der Zellzahlungen.

Durchschnittliche Blutwerte bei wiederholten Untersuchungen.

Tabelle 1 zeigt die durchschnittlichen Blutwerte bei wiederholten Unter- suchungen, und zwar sowohl fur die 131 zweimal untersuchten als fur die 56 dreimal untersuchten Patienten.

Tnbelle 1.

Durchschnittliche Werte tler it*eissen Blzitkiirperchen bei 131 zlceiinal w i d 56 ilreiinal iozter- srtchten Patienten.

131 zweimal untersuchte 56 dreimal nntersuchte Patienten Patienten

1. ITnters. 2. Unteru. 1. Unters. 2. Unters. 3. Unters. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leukozytcn 5,300 6,150 5,100 6,400 6,000

Xeutrophile <:ranulozyten ..... 3,330 3,960 3,180 3,940 3,560 Lyniphozyten ................ 1.410 1,800 1,320 1,7XO 1,770

Daraus geht hervor, dass eine Tendenz zur stetigeii Abnahme der durchschnitt- lichen peripheren Zellwerte nicht nachgewiesen werden kann. Auch die Zahlung der roten Rlutkorperchen xeigt keine stetig fallenden Durchschnittswerte.

Konstans der abnormen Blutsahlungen bei wiederholten Untersuchungen.

Wenn 1x4 einem Patienten ahnorm niedrige Zahlwerte einen patliologischen Funk- tionszustand im hamopoietischen Gewebe anzeigen, sollte man bei fortdauernder Bestrahlung, die eine Restituierung verhindert, Progression, oder jedenfalls Kon- stanz erwarten.

Tabelle 2 zeigt die Anzahl und Typen abnormer Zahlungen der weissen Blut- korperchen bei 131 zwei- oder dreimal untersuchten Patienten. 22 Patienten weisen nur bei eiiier Untersuchung eine herabgesetzte Gesamtzahl auf. In 17 Fallen er- gab einc spatere Zahlung normale Werte; in 5 Fallen war nur bei dcr letzten Un- tersuchung Leukopenie zu konstatieren, nachdem die fruheren Ziihlungen normal waren. 8 Patienten hatten bei wiederholten Untersuchungen Leukopenie, jedoch zeigten 6 hiervon bei einer dazwischenliegenden Untersuchung normale Werte, so-

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PERTPHERE VERANDERUNGEN D E S BLUTBILDES NACH ANGIOGRAPHIE. 207

Tebelle 2.

Rolistnnz nbnormer Ziihlrrngen bei wiederholt unterszichten Patienfen.

Anzahl Patienten mit Anzahl Patienten nlit Total zwischenliegender nor- Normalwerten bei der

maler Zahlung letzten Zahlung

22 - I,etikopenie nur liei einer I'ntersuchung .... 1,ctikopenie bei M iderholten Untersuchungen 8 G

Seutropenie ntir bei einer Untersuchiinp ... Seutropenie bei wiederholten Untersuchungen 4 2

Lymphopenie nur bei einer Untersuchung . . 26 - stirhungen ............................. 19 2

- 18

Lymphopenie bei wiederholten Unter-

17 0

13 0

20

2

T ~ b e l l e 3.

Rotistnnz der nbnorwwn Werte bei uieduholten Unterszcchzingen.

Anzahl Anzahl Patienten mit Zyto- ProZen- Pati- penie zumindest bei den tisch. enten letzten zwei Zahlungen

1,eultopenie bei einer oder mehreren Untersuchungen 25 2

mchungen .................................. 17 2

surhungen .................................. 39 16

Neutropenie bei einer oder mehrercn Unter-

Lymphopenie h i einer oder niehreren Unter-

dass also nur 2 Patienten hei der zwei oder drei zuletzt vorgenommenen Unter- suchung inimer herabgesetzte Totalwerte aufwiesen.

dhnliches gilt fur die einzelneii Zellformen. Von den 19 Patienten mit Lynipho- pellie bei wiederholten Untersuchungen hatten 2 bei dazwisclienliegender Zahlung norniale Werte und 2 normale Werte bei den spateren Zahlungen, sodass nur 15 Patienten eine dauernd herabgesetzte Lymphozytenzahl aufwiesen (5 Patienten hei drei Untersuchungen, 8 zweimal untersuchte Patienten in heiden Unter- suchungen, und 2 Patienten bei den letzten beiden von drei Untersuchungen).

Kolonne 1 in Tahelle 3 gibt die Gesamtzahl Patienten an, hei denen eine oder mehrere ahnorme Zahlungsresultate gefundeii wurden. Nicht mitgezahlt sind jedoch Patienten, die nur hei der letzten Zahlung abnorme Werte zeigten, da in diesen Fallen nichts uber die Konstanz hekannt ist. I n Kolonne 2 ist die Anzahl Patienten aufgefuhrt, die zumindest bei den letzten heiden Zahlungen abnorme Werte aufwiesen. In der letzten Kolonne ist angegehen, wie haufig sich einmal festgestellte abnorme IVerte hei den zwei oder drei zuletzt vorgenommenen Un- tersuchungen konstant abnorm halten.

Hieraus geht hervor, dass Lymphopenie die stabilste Anomalie ist, was auch aus Abbildung 1 zu ersehen ist. wo das haufigere Vorkommen von Lymphopenie iiberhaupt der einzig ahnorme Befund hei der zwTeiten Untersuchung war. Lympho- pcnie wird jcdoch auf Grund fortlaufender Untersuchungen nur bei 38 yo der Patienten, dic zu irgendeinem Zeitpunkt an Lymphopenie litten, als konstanter

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308 OLE 0. BACKER.

Leucocyfon %t 30

01 Unfcrsuchunq an - , I -

.m ---,, - -

f0

(4 4-5 5-6 6-7 7-8 8-9 9-I0 L fOXfOJ

Granulocyten

% 30

20

I0

( 2 2-3 3-4 4-5 5-6 6-7 1 7 X f 0 3

L ym focyfen

V" 30

20

10

Ail)t). 1. Prozentisrhe Vrrtcilung der I,eukozytrn, nriitrophilen Granulo- zyten und Lymphozyten bei cter 1.. 2. iind 3. I'ntersnchinig.

Befund festgeutellt. h i den uhrigeii 62 '>o iiiu i s tlic Vc:iniiiclerung der Lymplio- zytenzalil als eiri zufalliger Refund angcsehen werden. tlrr iiicht in Zusanimcii- hang mit der Bestrahlung steht, (la trotz fortdaueriider Kxponierung cine Nor- malisierung eintritt.

Auch nicht in jenen Fallen, bci denen hei wiederholtcn Untcrmchungen Lympho- penie festzustellen war, kann von stetig fallenden Werten die Rede sein. Die 15 hier in Betracht kommenden Patieriten hatten bei der ersteii abnormal Zahluiig eine durchschnittliche Lymphozytenzahl von 740/cnim uiid bei der zweiteii Zahlung 840/cmm. Bei den fiinf Patienten mit Lymphopenie in 3 Untermchungeii war die Durchschnittszahl 609, 850, bzw. 740/cmrn. Yur in cinem Fall konrite

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PERIPHERE V E R ~ N D E R U N G E N DSS BLUTBILDES NACH ANGIOGRAPHIE. 209

t . i w stetig fallende Lyniphozytenzahl konstatiert werden, doch war die Ver- riiigerung nicht signifikant.

I in ganzen bestiitigt also umer hescheidenes Material Chamberlain et al.'s (1952) Aiis ehauung. class die Wirkung dauernder Bestrahlung auf das Blutbild in dieseni Dos isherrich ))is more a depression in the lymphocytes which remains constant wit 11 time than a prcgressive decline)).

I n Tabelle 4 ist die Haufigkeit der abnormen Ziihlungen zusanimengefasst, und %war sowohl bei der letzten Untersiichung als auch der dauernde Befund hei wie- (lerholten Untersuchiingen.

Tabelle 4.

Hnofcgkeit trhnorvit~r H l i r l n ( v t r hez tlar letzten Untersuchuny und als dauernder Befund bei wiederholten Untersuchicnyrn.

I,eitl,~izytenzclhl < 4,000 . . . . . . . . . . . . . .

Lyniphozytmzahl < 1.000 . . . . . . . . . . . . I'rozriittril mit Zytnprnie . . . . . . . . . . .

Srntrophilenzahl < 2.OnO. . . . . . . . . . . . . . . . . !) 0" . . . . *5 ?,, . . . . . 18 a,, . . . . . 21 "<,

Tnbelle 6. Ucr,r.hsr.h~riltliche prow~ttische untl ctbsolute Variatioi, tler uicht'igsteit Werte iler weisseir

Rlutliiirperrhen hei ,u-iederholten ITntersuchungen. 1 ) i i r t h w h i i . niiiiirriwhc Variation 1,riikozytrnzalil Nciitrophilenznhl Lyrnphozytenznhl

I'm izmt ixrhr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33. !) i", 3!Li 0: 45.4 I;, .\l)s~lllltl~ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 ,(EO 1.170 570

Die Tatsache. dats abnurme U7ertc fur die Lyniphozytenzahl bei wiederholten l'nterzuchungen prozentisch haufiger wiedergefunden wurden, kann darauf he- iuhen. dass die Lyniphozytenzahl iiherhaupt von qosserer Stabilitat charakteri- h i d ist.

2., 2 . -3. und 1.- 3. Zahlung wurtie ctcslialh herechnet und sowohl als absolute Anzahl Zelleri per cmm als auch in Prc.zenten des Ausgangswertes fur jede Kombination ausgedriickt.

Tabelle 5 zeigt die durchschnittliche numerische prozentische bezw. absolute Variation der wichtigsten Formen weisser Blutkbrperchen. Fur die einzelnen Zell- typen ist die prozentische Variationshreite: Gesamtzahl 0-200 yo, neutrophile Granulozyten 0-280 %, und Lyniphozyten 0-230 yo.

Hieraus ist zu ersehen, dass die Schwankung in der Anzahl Lymphozyten in Prozenten ausgedriickt von der gleichen Grossenordnung ist wie die der iibrigeii Zellenformen. Ein geringerer absoluter Wert bedeutet eher eine grossere prozentischr Variation, wiihrend die absolute Variation natiirlich bei Zellenformen mit geringeni ahsoluten Vorkommen kleiner wird.

Die grbssere Konstanz ahnorin niedriger Lymphozytenzahlen muss daher ver- mutlieli als Au4ruck f i n (lie griissere Strnhlenempfindlichkcit des Iymphoiden

Die numerische Variation znischen der 1.

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Gewebes angesehen werden und liefert somit ein Argument dafiir, dass die kon- stanten Lymphopenien strahleninduziert sind.

Diskussion.

Es ist eine Voraussetzung dafiir, geringe Veranderungen des Blutbildes nach- weisen zu konnen, dass die Zellenzahl ein Charakteristikum des Individuums ist (Garrey und Bryan, 1935).

Die betrachtlichen Variationen innerhalb aller Zellformen, die bei wieder- holten Untersuchungen gefunden wurden, zeigen, dass diese Voraussetzung im vorliegenden Material nicht erfiillt ist.

Die Schwankungen konnen sowohl physiologischen Ursachen als auch den1 betrachtlichen Zahlfehler zuzuschreiben sein (Garrey und Bryan, 1935, Chamher- lain et al. 1951 und 1952, Williams, 1954).

Im Falle der hier behandelten thoriumkontaminierten Gruppe ist die geringe Konstanz der abnormen Werte moglicherweise das Ergebnis physiologischer Varia- tionen iiber einen langeren Zeitraum, wie sie z. B. von Turner (1954) gefunden sind. Kontrolluntersuchungen an einem zufalligen Ausschnitt der Bevolkerung haben wahrend der Jahre 1947-1951 niedrige durchschnittliche Leukozyten- zahlen ergeben (Backer, unveroffentl.). Dies sind die Jahre, wahrend der der grosste Teil der Patienten zum erstenmal untersucht wurde. Das haufigere Vor- kommen von Zytopenien bei der ersten Untersuchung kann ein Ausdruck von die- sen physiologischen Variationen sein und beleuchtet die Schwierigkeiten der hamatologischen Kontrolle mit chronisch strahlenexponierten Personen.

Summary.

At intervals ranging from 0.5-3.8 years 131 thorium-contaminated patients were examined up to three times. During continued irradiation repeated counts give the best evaluation of the radiation effect on the peripheral blood picture. Lymphopenia was the most stable anomaly. Still, only 38 yo of the lymphopenias found were constant and interpretable as radiation-induced. The remaining 62 yo were chance findings, as a return to normal level followed despite continued irradiation.

Sohrifttum.

Chamberlain, A. C. u. Turner, F. M.: A. E. R. E. Med/R 708, Harwell, 1951. - Cham- berlain, A. C., Turner, F. M. u. Williams, E. K.: Brit. J. Radio]. 25: 169, 1952. - Garrey, W. E. u. Bryan, R.: Physiol. Rev. 15: 597, 1935. - Turner, F. M.: A. E. R. E. Med/R 1579, Harwell, 1954. - Williams, E. K.: Acta radiol. 41: 21, 1954.