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Interaktionen bei der Therapie von Herz-Kreislauf-Erkrankungen Dr. Nina Griese Zentrum für Arzneimittelinformation und Pharmazeutische Praxis (ZAPP), Geschäftsbereich Arzneimittel der ABDA, Berlin [email protected] Pharmacon Davos 2010

Pharmacon Davos 2010 Interaktionen bei der Therapie von ... · wie Fieber, Anaphylaxie und Steven-Johnson-Syndrom (relative Kontraindikation)

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Page 1: Pharmacon Davos 2010 Interaktionen bei der Therapie von ... · wie Fieber, Anaphylaxie und Steven-Johnson-Syndrom (relative Kontraindikation)

Interaktionen

bei der Therapie von

Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Dr. Nina Griese

Zentrum für Arzneimittelinformation

und Pharmazeutische Praxis (ZAPP), Geschäftsbereich

Arzneimittel der ABDA, Berlin

[email protected]

Pharmacon Davos 2010

Page 2: Pharmacon Davos 2010 Interaktionen bei der Therapie von ... · wie Fieber, Anaphylaxie und Steven-Johnson-Syndrom (relative Kontraindikation)

Gerdemann A., Griese

N. Interaktions-Check in

der Apotheke,

Govi-Verlag 2010

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3

Wichtige Arzneistoffgruppe

Hypertonie (Leitlinie der Hochdruckliga) ACE-Hemmer, Betablocker, AT1-Antagonisten,

Diuretika, Calciumkanalblocker

Koronare Herzkrankheit (NVL KHK) Betablocker, Nitrate, Calciumkanalblocker,

Thrombozytenaggregationshemmer, Statine

Herzinsuffizienz (NVL Herzinsuffizienz) Betablocker, Diuretika (Thiazide, Schleifendiuretika,

Aldosteron-Antagonisten), ACE-Hemmer (AT1-Antagonisten)

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4

Häufige Interaktionsmeldungen

Anwendungsbeobachtung bayerischer

Qualitätszirkel 2006

107 Apotheken von 20 Qualitätszirkeln

5145 Interaktionsmeldungen bei 3617 Patienten

85 % der mittelschweren / schwerwiegenden

Meldungen: 48 verschiedene Interaktionsmeldungen

22 Interaktionsmeldungen betreffen die ausgewählten

Arzneistoffe (60 % aller Meldungen)

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5

Was Sie erwartet:

Interaktionspotential und ausgesuchte

Interaktionsmeldungen von

Diuretika

ACE-Hemmern, AT1-Antagonisten

Verapamil, Diltiazem

Statinen

Thrombozytenaggregationshemmern

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6

Interaktionspotential Diuretika

Pharmakodynamische Interaktionen im Vordergrund

Additive Effekte auf den Kaliumspiegel mit anderenden Kaliumspiegel beeinflussenden Arzneistoffen

• Kaliumretinierende Diuretika: Gefahr Hyperkaliämie

• Kaliuretische Diuretika: Gefahr Hypokaliämie

Verminderte blutdrucksenkende Wirkung, Nierenfunktionsstörungen mit NSAR möglich

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7

Klassifikation der ABDA-Datenbank (01/2009)

1. Schwerwiegende Folgen wahrscheinlich –kontraindiziert

2. Vorsichtshalber kontraindiziert

3. Überwachung bzw. Anpassung nötig

4. In bestimmten Fällen Überwachung bzw. Anpassung nötig

5. Vorsichtshalber überwachen

6. In der Regel keine Maßnahmen erforderlich

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8

WW mit Hyperkaliämierisiko

Interaktionspartner

A

Interaktionspartner

B

Klassifikation

ABDA-Datenbank

ACE-Hemmer,

AT1-Antagonisten

Kaliumretinierende

Diuretika Überwachung /

Anpassung nötig

Kaliumsalze

ACE-Hemmer

Kaliumretinierende

Diuretika

Schwerwiegende

Folgen

wahrscheinlich -

Kontraindikation

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9

Hyperkaliämie

Kaliumwerte über 5,0 mmol/l

Über 6,5 mmol/l bedrohlich

Über 8 mmol/l oft tödlich

Akute gefährlicher als eine chronische Hyperkaliämie

Hyperkaliämie (aufgrund Arzneimittelinteraktion) kann sich

schnell, innerhalb einiger Tage entwickeln

Klinische Symptome

Herz-Kreislauf: z. B. Arrhythmien, Blutdruckabfall

Neuromuskulär: z. B. Muskelschwäche

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10

Risikofaktoren für eine Hyperkaliämie

Verminderte renale

Elimination

Akute und chronische Niereninsuffizienz,

Nebennierenrinden-Insuffizienz,

Arzneimittel

(Par-) Enterale

Erhöhung der

Kalium-Zufuhr

Kaliumreiche Infusionen oder

Nahrungsmittel,

kaliumhaltige Mineralstoffpräparate

Shift von Kalium

vom Intrazellulär- in

Extrazellulärraum

Azidose, Insulinmangel, Hyperglykämie,

Zellzerfall (z.B. durch

Tumorgewebsuntergang)

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Palmer B. N Engl J Med 2004;351:585-592

Das Renin-

Angiotensin-

Aldosteron

System und

die

Regulation

der

Kaliumaus-

scheidung

über die

Niere Gerdemann A., Griese N.

Interaktions-Check in der

Apotheke,

Govi-Verlag 2010

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ACE-Hemmer/AT1-Antagonisten und

kaliumsparende Diuretika

Kombination bei

einer persitierenden Hypokaliämie

bei schwerer Herzinsuffizienz NYHA III und IV

(RALES-Studie1) und Herzinsuffizienz nach

Myokardinfarkt (Teil der Standardtherapie)

Additive kaliumretinierende Wirkung

Risiko von Hyperkaliämien wahrscheinlich geringer bei

gleichzeitiger Einnahme von kaliuretischen Diuretika

1Pitt, B. et al. N Engl J Med. 1999 Sept 2;341(10):709-17.

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Spironolacton-Verschreibungen bei Patienten,

die wegen Herzinsuffizienz ins Krankenhaus aufgenommen wurden

und einen ACE-Hemmer erhielten,vor und nach Publikation der RALES-Studie

Spironola

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pro

1000 P

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n

Juurlink DN, et al., N Engl J Med 351, 543-551 (2004)

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Juurlink DN, et al., N Engl J Med 351, 543-551 (2004)

Hyperkaliämie-bedingte Krankenhausaufnahmen bei Patienten,

die kürzlich zuvor wegen Herzinsuffizienz stationär behandelt wurden

und einen ACE-Hemmer erhielten,vor und nach Publikation der RALES-Studie

Hospitalis

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1000 P

atiente

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ACE-Hemmer/AT1-Antagonisten und

kaliumsparende Diuretika

Breite Anwendung dieser Erkenntnisse in Kanada:1

Anwendung bei Patienten mit Niereninsuffizienz Dosierung von Spironolacton im Durchschnitt zu

hoch (> 25 mg) Kein ausreichendes Monitoring

Wichtige Kenntnisse für die Beurteilung von Interaktionen: Dosierungen Relevante Patientenfaktoren

1Juurlink, DN.et al. N Engl J Med. 2004 Aug 5;351(6):543-51.

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Kasuistik: Hyperkaliämie

Wrenger E. et al. BMJ, Jul 2003; 327: 147 - 149

Serumkalium

9,65 mmol/l

Hämodialyse

Serumkalium

4,65 mmol/l

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Fazit

Arzneimittelinteraktionen sind

auch bei durch Leitlinien empfohlenen Kombinationen von Arzneistoffen möglich !

Leitliniengerecht wird es erst durch Beachtung von Patientenfaktoren, Dosierungen und Monitoringmaßnahmen.

Dann sind Interaktionen in hohem Maße vermeidbar!

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Risikomanagement

Zu Beginn einer Therapie mit ACE-Hemmern

Pausierung mit kaliumsparenden Diuretika

Spironolacton möglichst nicht > 25 mg

Kontrollen von Kalium- und Kreatininspiegeln:

1. Jahr: vor Start, nach 1, 4, 8 und 12 Wochen, danach alle

3 Monate. Folgejahre: halbjährliche Kontrolle

(Ausnahme: Risikopatienten)

Bei Kreatinin > 2,5 mg/dl und Serumkalium > 5 mmol:

Dosisreduktion (z. B. Spironolacton 25 mg alle 2 Tage) bzw.

keine Neuverordnung

NVL Herzinsuffizienz chronischen Herzinsuffizienz, Version 1.0, 12/2009

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Risikomanagement

Wenn möglich:

keine weiteren Arzneimittel, die Kalium retinieren,

z. B. NSAR, Ciclosporin, Tacrolimus

NSAR in der Selbstmedikation möglichst meiden

Reduktion der oralen Kaliumbelastung

Interaktions-Check!

NVL Herzinsuffizienz chronischen Herzinsuffizienz, Version 1.0, 12/2009

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Interaktionspotential ACE-Hemmer/

AT1-Antagonisten

Pharmakodynamische Interaktionen im Vordergrund

Additive Effekte auf den Kaliumspiegel mit anderen den Kaliumspiegel erhöhenden Arzneistoffen erhöhte Gefahr von Hyperkaliämien

Allopurinol und ACE-Hemmern

Verminderte blutdrucksenkende Wirkung, Nierenfunktionsstörungen mit NSAR möglich

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ACE-Hemmer – Allopurinol

Risikomanagement:

Erstverordnung Allopurinol: Patienteninformation

Absprache mit Ärzten, die Kombination häufiger verordnen

• Information bei Verordnung von anderem Arzt

Effekt: Erhöhte Gefahr immunologischer Nebenwirkungen,

wie Fieber, Anaphylaxie und Steven-Johnson-Syndrom

(relative Kontraindikation)

Mechanismus: nicht bekannt,

Effekt innerhalb von Stunden bis mehren Wochen

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Interaktionspotential Betablocker

Vor allem pharmakodynamische Interaktionen

Additive negativ inotrope und chronotrope Effekte:

z.B. Calciumkanalantagonisten, Digitalisglykoside

Verschiedene Mechanismen bei NSAR, Insulin, oralen Antidiabetika, α2-Rezeptoragonisten und β-Sympathomimetika

Pharmakokinetische Interaktionen Metoprolol, Propranolol: höhere

Plasmaspiegel mit CYP2D6 Inhibitoren (z.B. Fluoxetin)

Page 23: Pharmacon Davos 2010 Interaktionen bei der Therapie von ... · wie Fieber, Anaphylaxie und Steven-Johnson-Syndrom (relative Kontraindikation)

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Betablocker

Interaktionspartner

A

Interaktionspartner

B

Klassifikation

ABDA-Datenbank

Betabocker Verapamil / AnalogeÜberwachung /

Anpassung nötig

Betablockerβ-Sympathomi-

metika, (Theophyllin)

Überwachung /

Anpassung nötig

Betablocker, (nicht)

kardioselektive

Insuline, (orale

Antidiabetika)

Überwachung /

Anpassung nötig

Page 24: Pharmacon Davos 2010 Interaktionen bei der Therapie von ... · wie Fieber, Anaphylaxie und Steven-Johnson-Syndrom (relative Kontraindikation)

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β-Sympathomimetika – Betablocker

Effekt

Abschwächung der bronchodilatatorischen, tokolytischen

und kardialen Wirkungen von β-Sympathomimetika

Mechanismus

V.a. nicht-selektive Betablocker

antagonisieren die Wirkung von

β-Sympathomimetika

an β2-Rezeptoren

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β-Sympathomimetika – Betablocker

Häufig nicht „nur“ eine Interaktion:

Behandlung bei Patienten mit bronchialer Hyperreagibilität

(z.B. bei Asthma bronchiale) kontraindiziert!

Mechanismus

Blockade von 2-Rezeptoren verminderte sympathisch

kontrollierte Bronchodilatation

Bronchoobstruktion bei Asthmapatienten

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Betablocker und Asthma/COPD

Relatives Risiko für Krankenhauseinweisungen bei

3.062 Patienten mit ß1-selektiven, 690 mit nicht selektiven

ß-Blockern vs. 7.840 Kontrollen:

Asthma ( COPD):

Höheres Risiko für Notaufnahmen und Krankenhaus-

einweisungen bei (nicht) kardioselektiven Betablockern

Nur COPD:

Kein höheres Risiko

Brooks T. et al. Pharmacother. 2007;27:684-90.

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Risikomanagement

Kardioselektive Betablocker

COPD: 1. Wahl Bisoprolol, Metoprolol, 2. Wahl Nebivolol1

Asthma: nur, wenn kardiales Risiko größer als pulmonales

Risiko: Herzinsuffizienz, KHK (insbesondere nach

Myokardinfarkt)2

Voraussetzungen: kontrolliertes Asthma plus rasch

wirkendes β2-Sympathomimetikum

Nicht kardioselektive Betablocker

Nicht bei Asthma bronchiale (und COPD)

Carvedilol bei COPD + engmaschigem Monitoring

möglich3

1 NVL Herzinsuffizienz chronischen Herzinsuffizienz, Version 1.0, 12/20092Salpeter SR et al. Cochrane Database Syst Rev. 2002;(1): CD002993 Kotlyar E. J Heart Lung Transplant. 2002 Dec;21(12):1290-5

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Betablocker und Antidiabetika

Hypoglykämie

< 50 mg/dlSympathikus

Adrenalin,

NoradrenalinGlykogenolyse

Gluconeogenese

Unruhe, Tremor,

Herzklopfen

AcetylcholinSchwitzen,

Hunger

Insulin,

insulinotrope

Antidiabetika

Nicht selektive

Betablocker

Selektive

Betablocker

β2

β1

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Risikomanagement

Wenn möglich keine nicht kardioselektiven

Betablocker1

Einsatz von kardioselektiven Betablockern

Nicht 1. Wahl bei Hypertonie und Diabetes

1. Wahl bei Herzinsuffizienz, KHK2

Beratung zu Symptomen und Maßnahmen bei einer

Hypoglykämie

1Diagnostik und Therapie der Hypertonie bei Diabetes mellitus,

DDG (Gültigkeit ausgelaufen)2Leitlinien zur Behandlung der arteriellen Hypertonie, Hochdruckliga

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30

Kasuistik

77-jähriger Patient mit Hypertonie & beginnender Linksherzinsuffizienz:

seit mehreren Jahren Lisinopril 5 mg, Metoprolol 95 mg (ZOK-Galenik),

Hydrochlorothiazid 25 mg

Aufgrund chronischer Osteoarthritis: Diclofenac 2 × 75 mg täglich

1 Woche später:

Bei Ermüdbarkeit, Unwohlsein und 38 °C Einweisung in die Klinik:

Serumkreatinin 310 µmol/l (Referenzwert: 49 – 97 µmol/l)

Serumkalium: 3,8 mmol/l (Referenzwert: 3,6 – 4,8 mmol/l)

anamnestisch keine Nierenerkrankung bekannt

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31

Kasuistik

77-jähriger Patient mit Hypertonie & beginnender Linksherzinsuffizienz:

seit mehreren Jahren Lisinopril 5 mg, Metoprolol 95 mg (ZOK-Galenik),

Hydrochlorothiazid 25 mg

Aufgrund chronischer Osteoarthritis: Diclofenac 2 × 75 mg täglich

1 Woche später:

Bei Ermüdbarkeit, Unwohlsein und 38 °C Einweisung in die Klinik:

Serumkreatinin 310 µmol/l (Referenzwert: 49 – 97 µmol/l)

Serumkalium: 3,8 mmol/l (Referenzwert: 3,6 – 4,8 mmol/l)

anamnestisch keine Nierenerkrankung bekannt

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Antihypertensiva und NSAR

In bestimmten Fällen Überwachung bzw. Anpassung nötig

Zwei Interaktionsmechanismen

Effekt auf den Bluthochdruck

Verringerung der antihypertensiven Wirkung

Effekt auf die Nierenfunktion (ACE-Hemmer, AT1-Antagonisten, Diuretika)

Verschlechterung der Nierenfunktion

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33 Palmer B. N Engl J Med 2004;351:585-592

Glomeruläre Filtration

Prostaglandine und Angiotensin II

ProstaglandineAngiotensin II

Normal =

GFR n

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34

Risikofaktoren

Aufrechterhaltung der Nierenfunktion: durch Angiotensin II und/oder Prostaglandine

Herzinsuffizienz mit deutlich eingeschränkter Auswurfleistung des Herzens

Nierenfunktionsstörung

Volumenmangel (z. B. durch hohe Diuretikadosenoder Exsikkose)

Hitze, Durchfall und Erbrechen

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Risikofaktoren

Aufrechterhaltung der Nierenfunktion: durch Angiotensin II und/oder Prostaglandine

Herzinsuffizienz mit deutlich eingeschränkter Auswurfleistung des Herzens

Nierenfunktionsstörung

Volumenmangel (z. B. durch hohe Diuretikadosenoder Exsikkose)

Hitze, Durchfall und Erbrechen

Page 36: Pharmacon Davos 2010 Interaktionen bei der Therapie von ... · wie Fieber, Anaphylaxie und Steven-Johnson-Syndrom (relative Kontraindikation)

36

Risikomanagement

Schwere Nierenfunktionsstörung, schwere Herzinsuffizienz: NSAR kontraindiziert

Leicht bis mäßig eingeschränkte Nierenfunktion oder Hypovolämie1: Überwachung von Nierenfunktion /Blutdruck bei Einnahme von

NSAR und Diuretika sowie Flüssigkeitshaushalt ±

Möglichst keine NSAR in der Selbstmedikation

Herzinsuffiziente Patienten (mit o. ohne Niereninsuffizienz)

Möglichst keine NSAR ohne Kenntnis des behandelnden Arztes

Einnahme von ACE-Hemmern oder AT1-Antagonisten und

kaliumsparenden Diuretika:

möglichst keine NSAR in der (Selbst)Medikation2

1Horn J., Hansten P., Pharmacy Times, 20062NVL Herzinsuffizienz chronischen Herzinsuffizienz, Version 1.0, 12/2009

Page 37: Pharmacon Davos 2010 Interaktionen bei der Therapie von ... · wie Fieber, Anaphylaxie und Steven-Johnson-Syndrom (relative Kontraindikation)

37

Effekt auf den Blutdruck

Mittlerer arterieller Blutdruckanstieg von 5 - 6 mmHg

Risikofaktoren: Herzinsuffizienz, Niereninsuffizienz, höheres

Lebensalter sowie erhöhte Kochsalzempfindlichkeit

Mechanismus nicht vollständig geklärt

Gefäßwiderstand, Natriumretention

ACE-Hemmer/AT-Antagonisten > Diuretika >

Betablocker > Calciumkanalblocker*

NSAR (inkl. Coxibe): Unterschiede, keine statistische Signifikanz*

*Elliot W.J. J Clin Hypert. 2006;10:731-37

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Risikomanagement

Kurzfristige Einnahme (2 Wochen), gelegentliche

Einnahme, ASS zur Thrombozytenaggregationshemmung:

keine Maßnahmen notwendig

Bei längerer gemeinsamer Einnahme:

2 – 3 Wochen: Blutdruckmessung morgens und

abends, jeweils vor der Mahlzeit und vor der Einnahme

von blutdrucksenkenden Medikamenten

Danach 1 x pro Woche morgens und abends

Standardarbeitsanweisungen

www.abda.de

unter Gesundheit & Gesellschaft/

Qualitätssicherung/Leitlinien und

Arbeitsmittel

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39

Interaktionspotential Verapamil & Co

Pharmakokinetische Interaktionen:

Metabolisierung über CYP3A4: Interaktionen mit CYP3A4 Induktoren z.B. Phenytoin

Verapamil und Diltiazem CYP3A4-Inhibitoren: Interaktionen u.a. mit Statinen, Carbamazepin

Verapamil (Diltiazem und Gallopamil?): Inhibition von P-Glykoprotein

Interaktion u.a. mit Digoxin, Aliskiren

Pharmakodynamische Interaktionen: Additive kardiodepressive Effekte

z.B. mit Betablockern

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40

Verapamil und Analoge

Interaktionspartner

A

Interaktionspartner

B

Klassifikation

ABDA-Datenbank

Verapamil und

Analoge

Betablocker

Überwachung

bzw. Anpassung

nötig

Statine

Digoxin und -

Derivate

Page 41: Pharmacon Davos 2010 Interaktionen bei der Therapie von ... · wie Fieber, Anaphylaxie und Steven-Johnson-Syndrom (relative Kontraindikation)

41

Betablocker – Verapamil/Diltiazem

Effekt

Bradykardie, Hypotonie, Herzinsuffizienz, AV-Block

Mechanismus

Additive kardiodepressive Wirkung durch verstärkte Hemmung der Kontraktionskraft des Herzens und der atrioventrikulären Überleitung

Hemmung der hepatischen Metabolismus von Metoprololund Propranolol

Auch Betablocker-haltige Augentropfen problematisch

Page 42: Pharmacon Davos 2010 Interaktionen bei der Therapie von ... · wie Fieber, Anaphylaxie und Steven-Johnson-Syndrom (relative Kontraindikation)

42

Risikomanagement

Betablocker-Gabe: kein Verapamil/Diltiazem aufgrund

Risiko lebensbedrohlicher bradykarder Rhythmusstörungen*

Wenn unumgänglich: langsame Auftitrierung nur im Krankenhaus

und unter engmaschiger Überwachung

Betablocker plus Dihydropyridin-Calciumantagonisten*

z.B. wenn durch Betablocker bei Angina pectoris keine

ausreichende Symptomreduktion

Verapamil-Gabe und Offenwinkelglaukom:

Statt Betablocker Carboanhydrase-Hemmer (z. B. Dorzolamid) oder

α2-Rezeptoragonisten (Brimonidin, Clonidin)

*Leitlinien zur Behandlung der arteriellen Hypertonie, Hochdruckliga 2009

*NVL KHK, Version 1.8, 04/2008

Page 43: Pharmacon Davos 2010 Interaktionen bei der Therapie von ... · wie Fieber, Anaphylaxie und Steven-Johnson-Syndrom (relative Kontraindikation)

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Interaktionspotential Statine

Pharmakokinetische Interaktionen im Vordergrund

Inhibition (bzw. Induktion) vor allem von CYP3A4, aber

auch P-Glykoprotein

Aufgrund unterschiedlicher pharmakokinetischer Eigenschaften

unterschiedliches Interaktionspotential

Interaktionen durch Hemmung von CYP3A4

Verapamil, Diltiazem

Makrolide (Erythromycin, Clarithromycin)

Azolantimykotika (Itraconazol und Ketoconazol)

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Metabolisierung Statine

Absorp-

tion %

Bioverfüg-

barkeit %Metaboli-

sierung

CYP

3A4 2C9 2C8 2C19

Simvastatin* 60 - 80 < 5 XXX XX X

Lovastatin* 30 5 XXX XX X (?)

Atorvastatin 30 12 XX XX (X)

Fluvastatin 98 30 XXX X

Pravastatin 35 18 X (X)

Rosuvastatin 50 20 X (X) XX (X)

Neuvonen P.J. et al. Clin. Pharmacol. Ther. 80 (2006) 565 - 581

* Prodrugs

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Verapamil und Statine

Diltiazem und Verapamil: Inhibition von CYP3A4

Metabolisierung von Lovastatin, Simvastatin und Atorvastatin

Datenlage

Pharmakokinetische Untersuchungen

UAW-Meldungen

Große klinische Langzeitstudien wie z.B. der

4S (Scandinavian Simvastatin Survival Study)-Studie:

keine Evidenz für erhöhtes Risiko von Myopathien bei

Kombination von Simvastatin und Calciumkanalblockern

Fluvastatin, Pravastatin und Rosuvastatin:

Interaktion wahrscheinlich nicht relevant

Page 46: Pharmacon Davos 2010 Interaktionen bei der Therapie von ... · wie Fieber, Anaphylaxie und Steven-Johnson-Syndrom (relative Kontraindikation)

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Risikomanagement

Einsatz von Pravastatin, Fluvastatin oder Rosuvastatin sinnvoll (Erstverordnung!)

Gleichzeitige Gabe von Verapamil oder Diltiazem mit Simvastatin, Lovastatin oder Atorvastatingrundsätzlich möglich

Wenn Kombination dann: Simvastatin nicht > 20 mg pro Tag

Lovastatin nicht > 40 mg pro Tag

Page 47: Pharmacon Davos 2010 Interaktionen bei der Therapie von ... · wie Fieber, Anaphylaxie und Steven-Johnson-Syndrom (relative Kontraindikation)

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Thrombozytenaggregationshemmer

Interaktions-

partner A

Interaktions-

partner B

Klassifikation

ABDA-Datenbank

Niedrigdosierte ASS Ibuprofen

Überwachung bzw.

Anpassung nötig

Thrombozyten-

aggregations-

hemmer (TAH)

NSAR

Clopidogrel* PPI

*Stellungnahme der AMK und der DPhG, PZ 17, 2009

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ASS zur TAH + und Ibuprofen

Gerdemann A., Griese N. Interaktions-Check in der Apotheke, Govi-Verlag 2010

Nicht acetylierte COX-1 Acetylierte COX-1 Acetylierung durch

Ibuprofen blockiert

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Und andere Analgetika ?

Hohlfeld T. et al., Abstract VKliPha-Kongress, Oktober 2009

Hemmung der Thrombozytenaggregation

• Ibuprofen, Metamizol, Propyphenazon, Piroxicam> 50 %

• Naproxen> 25 %

• Diclofenac, Ketoprofen, Paracetamol, Indometacin, FlurbiprofenNicht

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Risikomanagement

Thrombozytenaggregationshemmung und Risiko für

gastrointestinale Blutungen berücksichtigen

Ibuprofen (unretardiert) 30 min nach und ≥ 8 Stunden vor

nicht magensaftresistentem ASS einnehmen (Compliance!?)

Bei gelegentlicher Einnahme (Selbstmedikation) von

Ibuprofen (& anderen): wahrscheinlich kein Interaktionsrisiko

Selbstmedikation: 1. Wahl Paracetamol, 2. Wahl Diclofenac

Längere gemeinsame Einnahme:

Alternativen: Diclofenac, Paracetamol, opioide Analgetika?

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Wichtige Punkte

Kombination vieler interagierender Arzneistoffe

bei entsprechenden Maßnahmen möglich

Vorsicht bei älteren Patienten, renaler oder

hepatischer Insuffizienz

Nicht interagierende Kombinationen v. a. bei der

Selbstmedikation bevorzugen

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Zusammenfassung

Risikomedikamente erkennen

Beurteilung der klinischen Relevanz für den

individuellen Patienten

Entscheidung für oder gegen eine Intervention

oder gemeinsame Abgabe

Beratung des Patienten und bei Bedarf des Arztes

Gute Interaktionsberatung