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Polio (Picornaviren) Allgemeine Virologie Teil 9

Polio (Picornaviren) - Universitätsklinikum Tübingen - Homepage · 2018-01-11 · Polio 16 Virämie • Doses of virus administered to experimental animals and man are customarily

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Polio

(Picornaviren)

Allgemeine Virologie

Teil 9

Lernziele

• Klinik der paralytischen Poliomyelitis

• Impfstoffe gegen Poliovirus

• Poliovirus Aufbau

• Entry-Mechanismus der Picornaviren

• Cap-unabhängiger Translation-Mechanismus

• Mechanismus der Umwandlung der Zelle in

Virusfabrik

• Escape vom Interferon System

Allgemeine Virologie

Polio 2

Poliomyelitis

• First described by Michael Underwood in 1789

• First outbreak described in U.S. in 1843

• 21,000 paralytic cases reported in the U. S. in 1952

• Global eradication in near future

Franklin D. Roosevelt's paralytic illness began in 1921, when the future

President of the United States was 39 years of age and vacationing with his

family at their summer home on Campobello Island. Roosevelt was diagnosed

with poliomyelitis two weeks after he fell ill. He was left with permanent paralysis

from the waist down, and was unable to stand or walk without support

Allgemeine Virologie

Polio 6

Hepatitis A

Simian hepatitis A

Echovirus 22

Evolutionary distance

Hepatoviruses

FMDV-A

FMDV-O

EMC

TMEV (Theilers)

Aichi

Aphthoviruses

Cardioviruses

Kobuvirus

Coxsackie B3

Swine vesicular disease

Enterovirus 70

Poliovirus type 1

Coxsackie A16

Bovine enterovirus

Human rhinovirus 14

Human rhinovirus 2

Human rhinovirus 89

Enteroviruses

Rhinoviruses

00.5

Parechovirus

A Phylogenetic Tree of the Picornaviridae

Poliovirus

• Enterovirus (RNA)

• Three serotypes: 1, 2, 3

• Rapidly inactivated by heat, formaldehyde, chlorine, ultraviolet light

Poliomyelitis Pathogenesis

• Entry into mouth

• Replication in pharynx, GI tract, local lymphatics

• Hematologic spread to lymphatics and central nervous system

• Viral spread along nerve fibers

• Destruction of motor neurons

Allgemeine Virologie

Polio 9

Polio - Klinik • 95% asymptomatisch

• Abortive Poliomyelitis: Nach einer Inkubationsperiode von etwa 6–9 Tagen kommt es bei ca. 5 % der Infizierten zu kurzzeitigen unspezifischen Symptomen wie Gastroenteritis, Fieber, Übelkeit, Halsschmerzen, Myalgien und Kopfschmerzen

Infektion des ZNS

• Nichtparalytische Poliomyelitis (aseptische Meningitis): • Etwa 3–7 Tage nach der abortiven Poliomyelitis kommt es zu Fieber,

Nackensteifigkeit, Rückenschmerzen und Muskelspasmen.

• Paralytische Poliomyelitis • Nach einem oder mehreren Tagen kommt es bei Patienten mit nichtparalytischer

Poliomyelitis neben schweren Rücken-, Nacken- und Muskelschmerzen zur schnellen oder schrittweisen Entwicklung von Paralysen. Häufig imponiert bei der Erkrankung ein biphasischer Verlauf, die Symptome der aseptischen Meningitis bessern sich zunächst, aber nach etwa 2–3 Tagen kommt es zu einem Fieberanstieg und dem Auftreten von Paralysen. Die motorische Schwäche tritt üblicherweise asymmetrisch auf und kann Bein- (am häufigsten), Arm-, Bauch-, Thorax- oder Augenmuskeln betreffen

• Postpolio-Syndrom: Jahre oder Jahrzehnte nach der Erkrankung kann es zu einer Zunahme der Paralysen mit Muskelschwund kommen. Vermutlich bedingt durch chronische Überlastung

0 20 40 60 80 100

Percent

Asymptomatic Minor non-CNS illness

Aseptic menigitis Paralytic

Outcomes of poliovirus infection

Allgemeine Virologie

Polio 11

Infektion • Infektion beim Menschen:

• nach Aufnahme über Aerosol oder Nahrung, Wasser, primäre Replikation im Respirationstrakt und im Verdauungstrakt.

• Die Tonsillen und die Peyerschen Plaques im Dünndarm (Haufen von Lymphfollikeln) werden bereits sehr früh im Infektionsverlauf befallen.

• Virusrezeptoren findet man auch auf der Oberfläche von aktivierten Monozyten (Vorstufe von Makrophagen; differenzieren nach Einwanderung ins Gewebe zu gewebsspez. Makrophagen aus). Nur in aktivierten Monozyten kann sich das Virus replizieren.

• In ihnen wird das Virus zu weiteren Lymphknoten transportiert – primäre Virämie mit erstem Fieberschub.

• Infolgedessen gelangt das Virus schließlich ins Blut, vermehrt sich in Zellen des Blutbildenden Systems und in Endothelzellen.

• Übertritt ins ZNS durch direkte Infektion der Endothelzellen und lytische Replikation in motorischen Neutronen im Gehirn und Rückenmark, die unterschiedlich stark geschädigt werden

Allgemeine Virologie

Polio 12

Poliovirus

• Die entsprechenden Muskelzellen werden nicht mehr enerviert und als Folge tritt eine Lähmung auf.

• Die Poliomyelitis kommt durch den Befall der grauen (polios – griech.=grau) Gehirnsubstanz zustande.

• Es handelt sich um eine Infektion der Ganglienzellen in der grauen Substanz mit Beteiligung der Motoneuronen im Rückenmark und Gehirn.

• Durch Makrophagen werden die zerstörten Neuronen entfernt – noch Jahre nach akuter Infektion findet man Nachwirkungen.

• Weitere sek. Replikationsherde sind Herzmuskelzellen.

• Patienten, die Lähmungen der Intercostalmuskulatur (Brustkorbmuskulatur) haben, überleben die akute Phase nur in einer eisernen Lunge.

Allgemeine Virologie

Polio 13

Polio - Behandlung

Allgemeine Virologie

Polio 14

Polio-Epidemien

Allgemeine Virologie

Polio 15

Poliovirus Ausscheidung

Allgemeine Virologie

Polio 16

Virämie

• Doses of virus administered to experimental animals and man are customarily expressed in terms of their infectivity in an in vitro system.

• Thus the dose of attenuated poliovirus is usually expressed as a multiple of the quantity producing infection in 50 percent of monkey kidney tissue cultures exposed to the virus.

• = TCD50

Allgemeine Virologie

Polio 17

Tropismen

Allgemeine Virologie

Polio 18

Poliomyelitis-Ausbrüche in

Industrieländern seit 1978

Jahr Land Paralytische

Fälle Serotyp

1978 Niederlande Ca. 80 PV1

1979 Kanada 6 PV1

1979 USA 10 PV1

1984 Finnland 10 PV3

1988 Israel 15 PV1

1992 Niederlande 7 PV3

Allgemeine Virologie

Polio 19

AK Titer

110

Allgemeine Virologie

Polio 20

Kinderlähmung –

heute eine Erwachsenenlähmung?

• Früher erfolgte die Infektion der Kinder während der ersten sechs Monate unter dem Schutz placentar übertragener mütterlicher Antikörper oder während der Stillzeit.

• Die Kinder erkrankten nicht, wenn sie in dieser Phase infiziert wurden und entwickelten einen aktiven Immunschutz.

• Nur bei Kindern, die der Infektion entgingen, konnten spätere Kontakte mit dem Poliovirus – ohne mütterlichen Schutz – zu Erkrankungen führen.

• Insgesamt erkranken weniger als ein Prozent aller seronegativen Kinder nach Infektion an Poliomyelitis.

• Mit Steigerung des Lebensstandards wurde der Erstkontakt mit Polio ins höhere Lebensalter verschoben.

Allgemeine Virologie

Polio 21

• Vor Einführung der Impfung z.B. in den Jahren 1951-1955 jährlich ca. 38.000 Poliomyelitis-Fälle pro Jahr in den Vereinigten Staaten, 1995 ca. 10/ Jahr.

• Jedoch selbst in durchvakzinierten Ländern, wie Niederlande, Kanada, USA war bis vor einem Jahrzehnt pathogenes Wildtypvirus noch weit verbreitet, wie durch sporadische Ausbrüche von Kinderlähmung in Personengruppen gezeigt wurde, welche die Einnahme des Impfstoffes aus religiösen Gründen ablehnten.

Allgemeine Virologie

Polio 22

Polio- Schluckimpfung

Allgemeine Virologie

Polio 23

Polioimpfung

• Ziele der Impfung:

1. Verhinderung der Infektion/Erkrankung des

Impflings

2. Unterbrechung der Infektkette und Ausrottung des

Virus in einer Population

• Totimpfstoff (Salk):

• Enthält alle 3 Poliovirustypen, die durch

Formaldehyd-Behandlung inaktiviert sind.

• Lebendimpfstoff (Sabin)

• Enthält alle 3 Poliovirustypen, die durch die

Passage in Zellkultur „attenuiert“ wurden.

Allgemeine Virologie

Polio 24

Vor- und Nachteile der Impfstoffe

Lebendimpfstoff

(Sabin)

Totimpfstoff (Salk)

• Induktion von IgG und IgA Aks

• schnelle und anhaltende AK-

Antwort

• Rückmutation zum virulenten

Genotyp möglich

• keine Injektion erforderlich

• kostengünstig

• empfindlich gegen Wärme-

Inaktivierung

• Verbreitung des Virus an

Kontaktpersonen

• Interferenz mit anderen

Enteroviren möglich

• nur Induktion von IgG

• häufigere Auffrischung nötig

• keine Gefährdung durch den

Impfstoff

• Injektion erforderlich, teurer als

Lebendimpfstoff

• bessere Lagerstabilität

• Kombination mit anderen

Impfstoffen (z.B. DPT) möglich

• auch bei Immunsupprimierten und

deren Kontaktpersonen einsetzbar

Allgemeine Virologie

Polio 25

Allgemeine Virologie

Polio 26

Impfung

• Inaktivierte Virus Vakzine (nach Salk): • Polio 1,2,3 AK Titer gegen alle 3 Typen fallen innerhalb von 2 Jahren auf 20% des

Maximaltiters ab.

• Immunisierung hilft nur gegen Reinfektion im Oropharynx, nicht im Darmtrakt (keine AK).

• Jedoch im Vergleich zur Lebendimpfung keine Ausbildung von Mutanten möglich.

• Lebendimpfstoff (nach Sabin): • attenuiertes Virus, nur einige Basenaustausche gegenüber Wildtyp.

• Gefahr von Entwicklung weniger attenuierter Formen in Impfling.

• Tatsächlich einige wenige Fälle von Kinderlähmung nach Impfung bekannt: ca. 1 Fall pro 7,8 Millionen.

• Langandauernde Immunität, ähnlich natürlicher Infektion, Reinfektion des Darmtraktes verhindert, dadurch Eliminierung der Übertragungsroute.

• Billige Massenimmunisierung möglich, ohne steriles Impfbesteck.

• Picornaviren haben eine sehr hohe Mutationsrate – bei Lebendimpfungen im Darm entstehen Rückmutationen, aber auch intertypische Rekombinanten – offensichtlich jedoch nicht wirksam, da in immunologisch Gesunden eben sehr selten Kinderlähmung auftritt. Ausscheidung der Impfviren ca. 1-2 Monate. Die während dieser Phase ausgeschiedenen Rückmutanten können bei nicht geimpften Kontaktpersonen symptomatische Infektionen auslösen – Vorsicht bei Immunsupprimierten – meist Zwischenfälle durch Typ 3, selten Typ 2, fast nie Typ 1.

Allgemeine Virologie

Polio 27

Science 296:356 (April 12, 2002)

Live Vaccine induced

cases of polio have

occurred. Now the

eradication programs

are switching back to

the killed virus

vaccine.

Allgemeine Virologie

Polio 28

Geschätzte jährliche Kosten viraler Infektionskrankheiten,

ohne Impfmassnahmen (US Dollar)

Hepatitis 1.500.000.000

Influenza A 3.600.000.000

Masern 700.000.000

Poliomyelitis 3.100.000.000

Röteln 600.000.000

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Polio 29

Disappearance of Polio in the USA

In 1952 there were 57,000 cases of polio in USA mostly in children between five to nine years old.

By 1961 less than 100 cases were reported & by 1970 less than 10 cases occurred per year.

0

5000

10000

15000

20000

25000

1950 1956 1962 1968 1974 1980 1986 1992 1998 2004

Ca

se

sPoliomyelitis—United States, 1950-2005

Inactivated vaccine

Live oral vaccine

Last indigenous case

Allgemeine Virologie

Polio 31

Polio Ausrottung

Allgemeine Virologie

Polio 33

Polio WT Juli 2014

Allgemeine Virologie

Polio 34

Poliovirus in Deutschland

• 1990:

letzte Erkrankung durch Wildtypvirus

• 1992:

letzten beiden importierten Erkrankungen (Ägypten,

Indien)

• bis 1997:

1 bis 2 Vakzine-assoziierte paralytische

Poliomyelitis-Erkrankungen durch orale Polio-

Vakzine (Lebendimpfstoff)

• seit 1998 Poliototimpfstoff

Allgemeine Virologie

Polio 35

Diagnostik

• Nukleinsäurenachweis durch PCR

• Virusnachweis:

• Stuhlproben, Rachenabstriche oder –

spülwasser und bei ZNS-Manifestation Liquor

auf permanenten Monolayer-Zellkulturen

• Antikörpernachweis über

Neutralisationstest

Allgemeine Virologie

Polio 36

Virusstruktur von Picorna Viren

• keine Membranhülle

• ikosaedrisches Kapsid

• ssRNA (+) , ~7200-8500 nt

• Vorläuferprotein

Allgemeine Virologie

Polio 37

Allgemeine Virologie

Polio 38

Virion Entry • Icosahedral virion entry: Picornavirus

• Poliovirus (and rhinoviruses, which cause about 50% of “ common colds") have an icosahedral structure which has been highly characterized. The icosahedral surface of the virion consists of 60 copies each of three proteins designated VP1, VP2, and VP3. A groove, or "canyon", in the VP1 structure provides an annulus around each pentameric vertex that provides the specific attachment site to cells. A subsequent interaction of the protein with the cell's plasma membrane leads to the entry of the viral RNA genome into the cytoplasm.

Allgemeine Virologie

Polio 39

Rezeptoren für Picornaviren • Immunglobulin-ähnlich

• short consensus repeat ähnlich

• low –density lipoprotein ähnlich

Car:

Coxsackie-

Adenovirus-

Rezeptor

Pvr:

Poliovirus

-Rezeptor

Icam1:

Rhinovirus

-Rezeptor

Allgemeine Virologie

Polio 40

ICAM-1als Rezeptor für Rhinoviren • Natürlicher Ligand von ICAM-1 = lymphocyte function associated antigen Lfa-1

• auf Oberfläche von Lymphozyten – führt zur Auslösung von immunologischen und

entzündlichen Reaktionen

Bindestelle für

Humanes Rhinovirus

weisse loops der Domäne 1

BC, DE, FG binden HRV

Allgemeine Virologie

Polio 41

Allgemeine Virologie

Polio 42

ICAM-1

• Interaktion von ICAM-1 (gelb) mit dem

Canyon von HRV 16

Allgemeine Virologie

Polio 43

Struktur von Picornavirus (rot) das an lösliche

Rezeptormoleküle (grün) gebunden hat

60 Bindungsstellen

Allgemeine Virologie

Polio 44

Oberflächenstruktur

• Aufklärung der 3-dimensionalen Oberflächenstruktur des VP1-Proteins von HRV 14 ergab eine räumliche Struktur von tiefen und flachen Canyons. In einem dieser Canyons bindet der zelluläre Rezeptor ICAM 1.

• Canyons enthalten hochkonservierte Aminosäuren, welche mit dem Rezeptor wechselwirken.

• Es gibt Substanzen, die mit der Bindung des Rezeptors an diese Aminosäuren interferieren können – sogenannte WIN-Substanzen.

Allgemeine Virologie

Polio 45

Ansätze zur antiviralen Therapie von Rhinoviren • Sterling WINtrop Pharmaceutical Research „WIN“ bindet über

hydrophobische Wechselwirkungen und van-der-Waals-Kräfte in diesen Canyons, lagert sich dort ein und verdrängt das Lipid. WIN wurde als Schnupfenspray ausprobiert. Wirkt natürlich nicht gegen alle Rhinoviren. Diese Substanzen wirken zwar hervorragend in Zellkultursystemen, aber in klinischen Studien kein profunder antiviraler Effekt zu beobachten.

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Polio 46

Rezeptor, neutralisierende Antikörper und

Substanz-Bindung an Picornaviruskapsid

• Sphingosine –Lipid in Canyon von meisten Picornaviren

• Wird durch WIN Substanzen verdrängt

• verhindert Uncoating

Allgemeine Virologie

Polio 47

Ansätze zur antiviralen Therapie von Rhinoviren

• Herstellung eines monoklonalen Antikörpers gegen ICAM 1, welcher den Rezeptor blockiert und intra-nasal appliziert wurde. In vitro war der Antikörper ein potenter Inhibitor der viralen Infektion.

• Zwei klinische Studien unterschiedlich in Zeitabstand und Menge der applizierten Antikörper durchgeführt: in Studie mit höchster Dosis 1mg/ Individuum für 10d, konnte eine 1-2 tägige Verzögerung bis zu Virusausscheidung und dem Auftreten der Erkältungssymptome erreicht werden. Ebenso geringere Virustiter im Nasensekret. Jedoch konnte keine generelle Reduktion der Erkrankungsrate erzielt werden und während die ersten zwei Tage der Erkrankung besser als normal ausfielen, wurde am dritten und vierten Tag sogar eine Verschlimmerung der Symptome gegenüber einer normalen Erkrankung festgestellt.

Allgemeine Virologie

Polio 48

Ansätze zur antiviralen Therapie von Rhinoviren

• Alternativ: • Herstellung einer löslichen Form von ICAM 1 (sICAM 1),

kann den CPE verhindern, welchen Rhinoviren auf Zellen mit ICAM 1 Rezeptoren ausüben. Scheint klinisch erfolgversprechend zu sein, jedoch sehr teuer und mögliche Effekte auf Immunantwort, die zum Teil durch Oberflächenantigene wie ICAM 1 ausgelöst wird, sind zur Zeit noch nicht kalkulierbar.

Allgemeine Virologie

Polio 49

Allgemeine Virologie

Polio 50

Allgemeine Virologie

Polio 51

Penetration und Uncoating

Allgemeine Virologie

Polio 52

Replikationszyklus

Allgemeine Virologie

Polio 53

Ereignisse nach Infektion

• Frühe Ereignisse nach Infektion einer Zelle mit Poliovirus:

• Inhibierung der Translation und Transkription der Wirtszelle

• Translation viraler mRNA

• Bildung cytoplasmatischer Vesikel in denen virale RNA Vermehrung abläuft

humane

Zellen

murine

Zellen

Allgemeine Virologie

Polio 54

Allgemeine Virologie

Polio 55

Enteroviren (Polio)

Flaviviren

Besonderheit: Polio mRNA besitzt am 5‘-Ende keine cap-Struktur (7-

Methylguanin-triphosphat

Allgemeine Virologie

Polio 56

• Da Polio keine CAP-Struktur besitzt muß die Polio mRNA

„CAP-unabhängig“ translatiert werden

• Hypothese:

• mRNA von Polio bindet nicht durch CAP an das Ribosom,

sondern rekrutiert über die 5´-UTR des Virusgenoms das

Ribosom (vgl. mit prokaryoten mRNAs, Shine-Dalgarno-

Sequenz, ca. 7bp upstream vom AUG, komplementär zum

3‘-Ende der 16 S rRNA)

ORF VPg 5´ 3´

ORF cap 5´ 3´

Eukaryonte Standard mRNA

Polio RNA

5´UTR

Allgemeine Virologie

Polio 58

Experiment

ORF1 cap ORF 2 5´ 3´

ORF cap 5´ 3´

Eukaryonte Standard mRNA

Bicistronische RNA

viel Protein 1 deutlich Protein 2

Experiment:

ORF VPg 5´ 3´

Polio RNA

5´UTR

5´UTR

Allgemeine Virologie

Polio 59

Reportergene

tk cap cat 5´ 3´

TK Aktivität CAT Aktivität 5´UTR

ORF cap 5´ 3´

Bestimmung der Menge des ORF-kodierten Proteins

Reportergene:

• leicht messbare enzymatische Aktivität

• kein Hintergrund, da Protein in den untersuchten Zellen nicht vorkommt

• Beispiele:

• tk (HSV1 Thymidinkinase)

• cat (bakterielle Chloramphenicoltransferase)

• luc (Photinus pyralis Luziferase)

Allgemeine Virologie

Polio 60

IRES • Entdeckung der IRES (internal ribosomal entry site)

= 5´UTR des Virusgenoms

Poliovirus-

infizierte

Zellen

uninfizierte

Zellen

Zirkuläre

mRNA

Allgemeine Virologie

Polio 61

• Poliovirus UTR ca. 750 Nukleotide lang, entspricht ca. 10% des viralen Genoms. Bildet eine komplexe Sekundärstruktur mit multiplen Hairpins aus, die wahrscheinlich für die Erkennung durch die Ribosomen eine entscheidende Rolle spielt.

• Lebendimpfstoff Polio Typ 1 unterscheidet sich durch 56 veränderte Nukleotide von Wildtypvirus, der von Polio 3 weist zehn Mutationen auf. Veränderungen vor allem im Bereich der IRES – beeinflussen Stabilitätsstruktur.

Allgemeine Virologie

Polio 62

• Poliovirus mRNA konkurriert nach wie vor natürlich mit der zellulären mRNA, um andere Initiationsfaktoren der Translation wie eIF-4A,B und um ribosomale Untereinheiten.

• Trotzdem ist ca. 3h nach Infektion keine Translation von Wirts mRNA mehr festzustellen, jedoch eine effiziente Translation von Poliovirus mRNA. In der infizierten Zelle finden sich normale Mengen an mRNA, die jedoch nicht mit Polysomen assoziiert sind.

• Dies ist auf einen Defekt in der Translationsinitiation zurückzuführen, die 40S Untereinheit der Ribosomen ist nicht mehr in der Lage an die mRNAs zu binden. Daran ist nicht eine veränderte Struktur der Wirts mRNAs schuld, diese haben einen normalen Cap und poly A Schwänze und können nach Extraktion aus der infizierten Zelle effizient in vitro translatiert werden.

Allgemeine Virologie

Polio 63

• As 40S subunit scans the untranslated Region (UTR) a number of eIFs (eukaryotic elongation factors) including eIF-3, eIF-2, eIF-4 & eIF-5 become associated with the subunit.

• eIF4G, a component of the eIF4F cap binding complex, acts as a bridge between the cap structure and the 40S subunit. • The helicase, eIF4A, associates with eIF4F to unwind secondary structure in the UTR.

• The 40S subunit plus the eIFs increase subunit size progressively. • eIF-5 associates with the subunits to promote 60S subunit assembly and recognition of AUG Kozak Sequences(5’-GCA/GCCAUGG-3’).

Allgemeine Virologie

Polio 64

Allgemeine Virologie

Polio 65

2A Protease

Allgemeine Virologie

Polio 66

Allgemeine Virologie

Polio 67

Allgemeine Virologie

Polio 68

• Kurz nach Inhibition der zellulären Translation wird in Poliovirus-infizierten Zellen auch die Neusynthese von zellulärer RNA gehemmt.

• Die Entstehung von Transkripten durch alle drei zellulären RNA-Polymerasen, Pol I, II und III ist inhibiert.

• Wenn man jedoch diese RNA-Polymerasen aus den Zellen aufreinigt, findet man, daß diese Enzyme in zellfreien Systemen ganz normal arbeiten.

• Deswegen wurde bereits früh vermutet, daß der Block nicht auf der Ebene der Polymerasen liegt, sondern vielleicht auf der Ebene essentieller Transkriptionsfaktoren.

Allgemeine Virologie

Polio 69

• PV 3CPro spaltet den DNA-bindenden basalen Transkriptionsfaktor TBP und inaktiviert ihn

• TBP wird auch für Pol I und Pol III Transkription benötigt

• Inhibition der zellulären Transkription

• Zellen, welche ein gegen 3CPro-Spaltung resistentes TBP exprimieren, zeigen schlechtere PV Replikation

Pol II (mRNA)

Allgemeine Virologie

Polio 70

• In Poliovirus infizierten Zellen tauchen verstärkt Membranvesikel auf. Wo kommen sie her und was bedeuten sie? • Die virale Replikation läuft in einem Replikationskomplex an

Membran Vorstülpungen des endoplasmatischen Retikulums ab. Dies läßt sich mit Immun-Elektronenmikroskopie zeigen und dadurch, daß isolierte Vesikel-Komplexe zur Synthese von viraler +Strang RNA in der Lage sind. Der Ursprung dieser Vesikel wurde geklärt durch eine Droge Brefeldin A (aus Pilz), die den Vesikeltransport vom ER zum Golgi hemmt. Damit läßt sich auch die Virusreplikation um 5-6 Größenordnungen hemmen.

Allgemeine Virologie

Polio 71

Poliovirus Replikation

Verküpfung von VPg

mit Polio RNA. Die 22 aa von

VPg sind über eine Phospho-

diester- Brücke mit Uridylyl

verknüpft. Ein zell. Enzym spaltet

VPg ab um Polio- mRNA mit end-

ständigem Uridin zu bilden

Minus-Strang Synthese:

Eine Vorläuferform von VPg , 3AB ist membrangebunden und agiert als

VPg-Donor in den membrangebundenen Replikationskomplexen. Wenn die

hydrophobe (membran-bindende)Domäne in 3AB mutiert wird resultiert dies

in defekter Replikationsinitiation, VPg-Uridylierung, und Plus-Strangsynthese.

Das Poly (rC) bindende Protein PCbp und der Precursor 3CDpro bildet mit der

IRES der RNA einen Ribonukleotidkomplex der dann noch mit dem am

Poly-A Schwanz gebundenen Poly-A-binding Protein Pabp interagiert und

somit wird eine ringförmige Struktur ausgebildet. Die Protease 3CDpro spaltet

membrangebundenes 3AB und produziert VPg. Die cre-Sequenz bindet

3Dpol, 3CDpro und VPg. Durch die Aktivität von 3Dpol wird VPg-pUpU synthe-

tisiert unter Verwendung der Termplate-seq. AAACA innerhalb von cre.

Der Komplex wird an das 3-Ende des Genoms transloziert und 3Dpol benützt

VPg-pUpU als primer für Minus-Strangsynthese

IRES, cre (cis-acting replication

element und 3´- pseudoknot

cre

Allgemeine Virologie

Polio 72

Plus-Strangsynthese ausgehend von Replikations-Intermediat RF:

2C separiert die Stränge durch Bindung an IRES in Minusstrang und

PCbp, 3CDpro und 3AB durch Bindung an IRES in Plusstrang.

Membrangebundenes 3AB wird durch 3CDpro gespalten und bildet

VPg und 3A und 3CDpro spaltet sich selbst und formt 3Cpro und 3Dpol.

VPgpUpU wird durch 3Dpol mit Hilfe von terminalen A´s der IRES gebildet

und wird durch 3Dpol elongiert mit Hilfe von membrangebundenem

3AB

Poliovirus Replikation

Allgemeine Virologie

Polio 73

Replikationszyklus

Allgemeine Virologie

Polio 74

Aktivierung von 3

Enzymen: 2-5 A

Synthetase, RNase,

Proteinkinase

Zuerst durch 2-5

Oligo A-Synthase

Bildung von

(2,5)pppA(pA)n, n=1-

15, wobei durch

ungewöhnliche 2-5

Verknüpfung Oligo A

resistent ist gegen

normale Nukleasen

2-5 Oligo A aktiviert

dann eine bereits im

Zytoplasma

vorliegende RNase

Rnase L (latent), die

alle mRNA Moleküle 3‘-

von UA, UG und UU

spaltet.

Induktion von p68

Kinase (PKR),

posphoryliert

eukaryonten

Initiationsfaktor eIF2α.

Führt zu Stop der

Proteinbiosynthese.

2-RNA induziert Interferon

Allgemeine Virologie

Polio 75

Aktivierung der Pkr

durch ds-RNA

Effekt der eIF2alpha-Phosphorylierung auf PBS

Pkr

Allgemeine Virologie

Polio 76

Polio entkommt der Interferon-

induzierten ds-RNA aktivierten

Protein Kinase p68. P68 ist eines

von 30 Interferon-induzierbaren

Genen.

Erst kommt es zu einer

Autophosphorylierung von

PKR/p68, welche danach die

alpha-Untereinheit des eIF-2 alpha

phosphoryliert.

Das verhindert die Katalyse von eIF2-GDP zu aktivem eIF2-GTP und führt somit zu einem Stop der

Proteinbiosynthese. Also das was ein replizierendes sich vermehrendes Virus, welches viele reife

infektiöse Nachkommen generieren möchte auf keinen Fall will. In Poliovirus infizierten Zellen wird die

Proteinkinase p68 durch eine noch unbekannte Protease degradiert (weder über 2A noch über 3C).