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183 Annemarie Gubler-Beck Portfolios im angelsächsischen und im deutschen Sprachraum Zusammenfassung In angelsächsischen Ländern sind Portfolios bereits seit einigen Jahren im Einsatz. In deutschspra- chigen Ländern wird dagegen erst seit kurzem mit Portfolios gearbeitet und dabei auf Erfahrungen aus dem angelsächsischen Sprachraum verwiesen. Im vorliegenden Beitrag werden Gemeinsam- keiten und Unterschiede hinsichtlich der Funktionen des Portfolios, seiner unterrichtskulturellen Voraussetzungen, seines didaktischen Anspruchs und seines praktischen Einsatzes im angelsächsi- schen und im deutschen Raum herausgearbeitet. Abschließend wird für den deutschen Sprachraum ein Kriterienraster für die Portfolioarbeit im Mathematikunterricht der Grundschule entwickelt. Dieser Raster soll die Schüler bei der Auswahl von Arbeiten sowie der Selbstbewertung unterstüt- zen, indem er hierfür Standards anbietet, die sich auf allgemeine mathematische Lernziele bezie- hen. Abstract Portfolios are weil known in English speaking countries. In Gerrnan speaking countries the work with portfolios only just begins and authors refer to the experiences of their English speaking col- legues. This paper describes the common aspects and the differences in English and in Gerrnan speaking countries with regard to their educational systems, the functions of porfolio, its theoreti- cal expectations and its use in school. Finally a kind ofrubric for a mathematical portfolio for pri- mary school will be developped on the background ofthe Gerrnan educational system. This rubric helps students to select and value their mathematical work on the basis of standards for higher- order skills, such as creativity or problem solving. Einleitung Seit den neunziger Jahren werden in den USA, in Kanada, Australien und Großbritan- nien, hier kurz zusammengefasst als angelsächsischer Sprachraum, im Zusammenhang mit konstruktivistisch orientierten Lehr-Lemformen in einigen Klassen Portfolios vor al- lem zur Beurteilung der Schüler im Unterricht eingesetzt. Deutschsprachige Publikatio- nen zu diesem Thema gibt es in nennenswerter Zahl erst ab dem Jahr 2000, wobei es zum Mathematikunterricht noch weniger Beiträge gibt als beispielsweise für das Fach Deutsch. Bei den Veröffentlichungen handelt es sich zum Teil um Übersetzungen aus dem angloamerikanischen Sprachraum (vgl. Paulson 2001; EasleylMitche1l2004). Daher verwundert es nicht, dass Definitionen, Inhalte und Funktionen sich auf den ersten Blick kaum unterscheiden. Betrachtet man die Literatur vor dem Hintergrund der unterschied- lichen Unterrichtskulturen im angelsächsischen und im deutschen Sprachraum, der im Rahmen dieses Artikels Deutschland, Österreich und die Schweiz umfasst, jedoch ge- nauer, werden neben Gemeinsamkeiten auch deutliche Unterschiede sichtbar. (JMD 28 (2007) H. 3/4, S. 183-208)

Portfolios im angelsächsischen und im deutschen Sprachraum

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Annemarie Gubler-Beck

Portfolios im angelsächsischen und im deutschen Sprachraum

Zusammenfassung

In angelsächsischen Ländern sind Portfolios bereits seit einigen Jahren im Einsatz. In deutschspra­chigen Ländern wird dagegen erst seit kurzem mit Portfolios gearbeitet und dabei auf Erfahrungen aus dem angelsächsischen Sprachraum verwiesen. Im vorliegenden Beitrag werden Gemeinsam­keiten und Unterschiede hinsichtlich der Funktionen des Portfolios, seiner unterrichtskulturellen Voraussetzungen, seines didaktischen Anspruchs und seines praktischen Einsatzes im angelsächsi­schen und im deutschen Raum herausgearbeitet. Abschließend wird für den deutschen Sprachraum ein Kriterienraster für die Portfolioarbeit im Mathematikunterricht der Grundschule entwickelt. Dieser Raster soll die Schüler bei der Auswahl von Arbeiten sowie der Selbstbewertung unterstüt­zen, indem er hierfür Standards anbietet, die sich auf allgemeine mathematische Lernziele bezie­hen.

Abstract

Portfolios are weil known in English speaking countries. In Gerrnan speaking countries the work with portfolios only just begins and authors refer to the experiences of their English speaking col­legues. This paper describes the common aspects and the differences in English and in Gerrnan speaking countries with regard to their educational systems, the functions of porfolio, its theoreti­cal expectations and its use in school. Finally a kind ofrubric for a mathematical portfolio for pri­mary school will be developped on the background ofthe Gerrnan educational system. This rubric helps students to select and value their mathematical work on the basis of standards for higher­order skills, such as creativity or problem solving.

Einleitung

Seit den neunziger Jahren werden in den USA, in Kanada, Australien und Großbritan­nien, hier kurz zusammengefasst als angelsächsischer Sprachraum, im Zusammenhang mit konstruktivistisch orientierten Lehr-Lemformen in einigen Klassen Portfolios vor al­lem zur Beurteilung der Schüler im Unterricht eingesetzt. Deutschsprachige Publikatio­nen zu diesem Thema gibt es in nennenswerter Zahl erst ab dem Jahr 2000, wobei es zum Mathematikunterricht noch weniger Beiträge gibt als beispielsweise für das Fach Deutsch. Bei den Veröffentlichungen handelt es sich zum Teil um Übersetzungen aus dem angloamerikanischen Sprachraum (vgl. Paulson 2001; EasleylMitche1l2004). Daher verwundert es nicht, dass Definitionen, Inhalte und Funktionen sich auf den ersten Blick kaum unterscheiden. Betrachtet man die Literatur vor dem Hintergrund der unterschied­lichen Unterrichtskulturen im angelsächsischen und im deutschen Sprachraum, der im Rahmen dieses Artikels Deutschland, Österreich und die Schweiz umfasst, jedoch ge­nauer, werden neben Gemeinsamkeiten auch deutliche Unterschiede sichtbar.

(JMD 28 (2007) H. 3/4, S. 183-208)

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Im ersten Abschnitt wird zunächst eine fachunspezifische Definition des Portfolios gegeben, bevor dann die Funktionen des Portfolios erläutert werden. Im zweiten Ab­schnitt wird auf die häl)'figste Funktion, nämlich die eines alternativen Beurteilungsin­struments, genauer eingegangen. Allgemeindidaktische Aussagen werden dabei mit ma­thematikdidaktischen Beispielen untermauert. Der dritte Abschnitt bezieht sich aus­schließlich auf deutschen Mathematikunterricht. Hier wird ein Kriterienraster flir ein Portfolio im Mathematikunterricht der Grundschule entwickelt.

1 Das Portfolio und seine Funktionen

Unabhängig vom Fach gibt es verschiedene Arten von Portfolios, die unterschiedliche Funktionen verfolgen. In der angelsächsischen Literatur wird meist schlicht der Begriff "portfolio" oder "portfolio assessment" verwendet. Im Deutschen ist der Sprachgebrauch vielfaltiger: Häcker (2006, S. 33) nennt insgesamt 19 Portfolio-Begriffe und bezeichnet diese als "ungeordnete Auswahl", was bedeutet, dass die Vielfalt in der Praxis noch grö­ßer ist. Die verschiedenen Bezeichnungen reflektieren die unterschiedlichen Schwer­punktsetzungen, die mit Portfolios verbunden werden können. Der Sprachgebrauch ist jedoch auch innerhalb der Begriffsvielfalt nicht einheitlich. So sollen zum Beispiel so­wohl das Prozess-Portfolio als auch das Entwicklungsportfolio das Wachstum der Kenntnisse und Fähigkeiten eines Schülers dokumentieren.

Bei der grundsätzlichen Definition eines Portfolios herrscht dagegen große Einigkeit. Hier wird meist Bezug auf die Definition von Paulson, Paulson und Meyer (1991, S. 60) genommen: "A portfolio is a purposeful collection of student work that exhibits the stu­dent's efforts, progress, and achievements in one or more areas. The collection must in­clude student participation in selecting contents, the criteria for selection, the criteria for judging merit, and evidence of student self-reflection". Diese Definition enthält vier As­pekte, die eine Sammlung von Schülerarbeiten zum Portfolio machen:

• Es erfolgt eine zielgerichtete Auswahl von Arbeiten. Das Ziel richtet sich nach der Art des Portfolios. In einem Beurteilungs- oder Vorzeigeportfolio werden Arbeiten gesammelt, die erfolgreiche Leistungsresultate zeigen. In einem Pro­zess- oder Entwicklungsportfolio liegt der Schwerpunkt auf der Demonstration von Leistungsfortschritten.

• Die Schüler beteiligen sich bei der Auswahl der Inhalte sowie der Kriterien flir Auswahl und Bewertung, wobei der Grad der Beteiligung je nach Alter der Schüler oder Funktion des Portfolios variiert.

• Das Portfolio enthält mehr oder weniger selbstreflexive Gedanken zur Auswahl der Einträge und zur Einschätzung, inwiefern die Lernziele erreicht wurden.

• Das Portfolio dient der nach außen gerichteten Dokumentation und wird bewer­tet.

Da deutschsprachige Autoren die Definition ihrer amerikanischen Kollegen im We­sentlichen übernehmen, gibt es hier keine nennenswerten länderspezifischen Unterschie­de. Das sieht bei den Funktionen, die mit Portfolios verfolgt werden, anders aus. Im an­gelsächsischen Sprachraum ist das Portfolio untrennbar mit der Funktion der Leistungs­feststellung und -beurteilung verbunden, was bereits an den Überschriften der jeweiligen Zeitschriftenbeiträge deutlich wird: "The Vermont Portfolio Assessment Program: Fin-

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dings and Implications" (Koretz/Stecher/Klein/McCaffrey 1994), "Portfolio Assessment: Making it Work for the First Time" (Kuhs 1994), "Impact of a Content Selection Fra­mework on Portfolio Assessment at the Classroom Level" (Simon/Forgette-Giroux 2000) und viele mehr. Seltener wird die Bedeutung des Portfolios für den Lernprozess selbst hervorgehoben. Arter und Spandei (1992) gehören zu den wenigen Autoren, die diese Funktion des Portfolios bereits im Titel ihres Beitrags ansprechen: "Using Portfo­lios of Student Work in Instruction and Assessment". In Praxisberichten amerikanischer Lehrkräfte wird die Funktion des Portfolios als Lehr- und Lerninstrument deutlicher her­vorgehoben als in rein wissenschaftlichen Artikeln. So merken Lambdin and Walker (1994, S. 323/324) an, dass ihre Schüler durch den Einsatz von Portfolios ein besseres Verständnis dafür entwickelt hätten, was mit Problemlösen und Argumentieren gemeint ist. Robinson (1998, S. 321) hebt hervor, dass sie mit dem Portfolio auf der Schülerseite drei Ziele verfolgt: Übernahme von Verantwortung für den eigenen Lernprozess, Ent­wicklung von Selbstvertrauen und mathematischer Kommunikationsfahigkeit.

In der deutschsprachigen Literatur dominiert zwar auch die Funktion der Leistungs­beurteilung, das Spektrum der Funktionen ist jedoch weiter und die über die Leistungs­beurteilung hinausgehenden Funktionen werden stärker betont als im angelsächsischen Sprachraum. Häcker (2002, S. 211) hat die unterschiedlichen Funktionen der Portfolio­arbeit im deutschsprachigen Raum zusammengetragen. Demnach werden mit dem Port­folio die folgenden fünf Funktionen angestrebt, die aus analytischen Gründen einzeln aufgeführt werden, die in der Praxis aber nicht zu trennen sind:

I. Portfolio als Lehr- und Lerninstrument, 2. Portfolio als alternatives Beurteilungsinstrument, 3. Portfolio als Entwicklungsinstrument, 4. Portfolio als politisches Instrument, 5. Portfolio als innovatives Forschungsinstrument.

Zu 1. Portfolio als Lehr- und Lerninstrument Konzepte, in denen das Portfolio vorrangig als Lehr- und Lerninstrument eingesetzt wird, verbinden damit vor allem folgende Ziele:

• Selbststeuerung des Lernens durch die Schüler, • individuelles, differenziertes Lernen bei gleichzeitiger Orientierung an Stan­

dards (vgl. F. Winter 2002b, S. 55), • Förderung der Lernmotivation, • Übernahme von Verantwortung für das eigene Lernen.

In Deutschland wird diese Richtung z. B. von F. Winter (2002b; 2003) oder Schal­lies, Wellensiek und Lembens (2000) vertreten, die "den ersten deutschen Erfahrungsbe­richt über den Einsatz von Portfolios in der Schule" (Häcker 2002, S. 209) veröffentlich­ten. In der Schweiz sind Portfolios in dieser Funktion schon ein wenig länger im Einsatz. Sie werden dort aber vor allem in der Hochschule eingesetzt (vgl. z. B. Behrens 1997). Die meisten deutschsprachigen Publikationen zum Portfolioeinsatz in der Schule stam­men aus Österreich (vgl. z. B. Brunner/Schmidinger 2000). Der Schwerpunkt liegt hier allerdings auf der Funktion eines alternativen Beurteilungsinstruments, Selbststeuerung und Individualisierung des Lernprozesses werden in diesem Rahmen mitthematisiert.

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Zu 2. Portfolio als alternatives Beurteilungsinstrument Konzepte, in denen das Portfolio vorrangig als Beurteilungsinstrument eingesetzt wird, richten sich aus verschiedenen Gründen gegen die traditionelle Leistungsbewertung mit­tels Ziffernzensuren (vgl. F. Winter 2004, S. 33 - 67). Sie gehen davon aus, Portfolios könnten im Gegensatz zu Ziffernzensuren:

• anspruchsvolle Lernprozesse authentisch erfassen, • auch die Lösung komplexer, offener Aufgaben bewertbar machen, • neben Lemprodukten auch Lernprozesse abbilden, • der Individualität der Schüler gerecht werden, • eine wiederholte multidimensionale Beurteilung ermöglichen (vgl. Lissmann

2001, S. 492). Die meisten Veröffentlichungen zu Portfolios beziehen sich auf diese Funktion. In

Österreich findet das Konzept vor allem durch die Publikation von Vierlinger (1999) Verbreitung. Vierlinger hatte bereits 1978 ein Konzept entwickelt, in dem Ziffernzensu­ren durch die direkte Vorlage von Leistungsergebnissen ersetzt werden. Er nennt dieses Konzept dementsprechend "Direkte Leistungsvorlage". 1999 verwendet er im Rahmen der Verbreitung des Portfoliokonzepts statt der Bezeichnung Direkte Leistungsvorlage den modemen Begriff Portfolio. Häcker (2002, S. 212) kritisiert diese Gleichsetzung je­doch als ungerechtfertigt. Im Folgenden wird herausgearbeitet, inwiefern sich Direkte Leistungsvorlage und Portfolio trotz gewisser Ähnlichkeit unterscheiden, um damit den Begriff Portfolio zu schärfen. Dazu werden die erhofften Vorteile und die Inhalte ver­gleichend gegenübergestellt.

Die Vorteile, die man sich vom Einsatz der Direkten Leistungsvorlage erhofft, bezie­hen sich hauptsächlich auf die Leistungsbeurteilung, da dies ihre einzige Funktion ist. Die Direkte Leistungsvorlage kann sich im Gegensatz zu Ziffernzensuren an der Indivi­dualnorm orientieren und damit individuelle Lemfortschritte deutlich machen (vgl. Vier­linger 2002, S. 35). Zudem verspricht er sich eine bessere Information der Eltern (vgl. Vierlinger 1999, S. 27) und der zukünftigen Arbeitgeber (vgl. Vierlinger 1999, S. 16 -19). Bezüglich der Schüler wurde in einer Befragung eine positive Einwirkung auf die Selbsteinschätzung und Selbstkontrolle ermittelt (vgl. Vierlinger 2002, S. 32).

Die Vorteile, die man sich von der Arbeit mit Portfolios aufseiten der Leistungsbe­wertung, des Unterrichtsprozesses und der Schüler erhofft, sind wesentlich umfangrei­cher. Wie bei der Direkten Leistungsvorlage wird davon ausgegangen, dass in Portfolios die Lementwicklung verdeutlicht werden kann. Zudem kann innere Differenzierung be­wertbar gemacht und es können auch außerschulische Bemühungen in die Leistungsbe­wertung einbezogen werden (vgl. F. Winter 2002c, S. 177). Damit sind bereits Erwar­tungen hinsichtlich des Unterrichtsprozesses angesprochen: Portfolios erlauben komple­xere und individuellere Aufgaben als traditionelle Verfahren zur Leistungsfeststellung (vgl. F. Winter 2002a, S. 94) und ermutigen die Schüler zu individuellen Lemwegen (vgl. Brunner 2002, S. 57). Sie geben den Lehrern Aufschluss über Gelerntes und Lern­wege (vgl. BrunnerlSchmidinger 2000, S. 56) und ermöglichen auf dieser Grundlage konkrete und individuelle Gespräche über die Arbeit (vgl. Brunner 2002, S. 62). Zudem geht man davon aus, dass die Kinder durch die Arbeit mit Portfolios Selbständigkeit entwickeln, Verantwortung für ihr eigenes Lernen übernehmen, sich Bewertungskompe­tenz und Qualitätsempfinden aneignen (vgl. Brunner 2002, S. 57) sowie metakognitive Strategien entwickeln (vgl. Lissmann 2001, S. 494).

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Die Direkte Leistungsvorlage enthält eine Auswahl von Schülerarbeiten, die den er­reichten Leistungsstand dokumentieren. Es handelt sich dabei vorwiegend um Endpro­dukte (vgl. Vierlinger 2002, S. 30 - 31). Portfolios können dagegen sowohl Anfangs- als auch Endprodukte enthalten, wenn sie das Entstehen eines Produkts und die dabei durch­laufene Lernentwicklung zeigen sollen. Zudem gehören in ein Portfolio immer selbstre­flexive Gedanken, d. h. Begründungen für die Aufnahme der ausgewählten Arbeiten so­wie Selbstbewertungen der Arbeiten. Auf diese Weise sollen die Schüler langfristig er­folgreiche Lernstrategien entwickeln (vgl. F. Winter 2003, S. 285). Das ist in der Direk­ten Leistungsvorlage nicht der Fall. Hier werden die ausgewählten Produkte ohne Schü­lerkommentar abgeheftet. Als Lesehilfe für die Adressaten werden sie aber vom Lehrer kommentiert und bei Bedarf mit Lernziellisten versehen, "die es dem Be­trachter ermöglichen, den Portfolio-Inhalt1 in den Gesamtrahmen der curricularen Arbeit einzuordnen" (Vierlinger 2002, S. 31). Bewertungsraster, z. B. in Form von Lernziellis­ten sowie schriftliche Rückmeldungen des Lehrers gehören auch zum Portfolio-Konzept. Hier ist es aber zusätzlich unerlässlich, dass sich Lehrer und Schüler über die Leistung und das Erreichen der Lernziele im Rahmen von Portfoliogesprächen austauschen. In der Direkten Leistungsvorlage konzentriert sich die Tätigkeit der Schüler also auf das Sam­meln und Auswählen von Arbeitsprodukten, während das Sammeln und Auswählen beim Portfolio zwei Komponenten neben der Selbstbewertung und Kommunikation über die Leistung darstellen. Die genannten Unterschiede verdeutlichen, dass Portfolios in viel stärkerem Maße als die Direkte Leistungsvorlage auf den Lernprozess und die Ent­wicklung der Schülerleistung ausgerichtet sind. Das zeigt sich auch daran, dass die Überarbeitung und Verbesserung der Inhalte beim Portfolio intendiert ist (vgl. F. Winter 2004, S. 204), während sie in der Direkten Leistungsvorlage nicht gestattet ist (vgl. Vier­linger 1999, S. 14).

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass das Portfolio mehr Funktionen bedienen und mehr Erwartungen erfüllen soll sowie durch die Betonung des Entwicklungsgedankens mehr und anders gelagerte Inhalte hat als die Direkte Leistungsvorlage. Zudem unter­scheiden sich die Adressaten. Die Direkte Leistungsvorlage wendet sich wie eine Künst­lermappe an Außenstehende (künftige Schule, Betrieb). Das Portfolio wendet sich dage­gen in Deutschland meist an die im Lernprozess Beteiligten (Schüler, Lehrer).

Portfolios erscheinen geeignet, die Leistungsbewertung an veränderte Unterrichts­formen anzupassen, die mit dem Schlagwort "neue Lernkultur" umschrieben werden (vgl. F. Winter 2004). F. Winter verspricht sich von Portfolios allerdings nicht nur eine Anpassung der Leistungsbewertung an längst vollzogene didaktisch-methodische Ver­änderungen des Unterrichts, sondern auch umgekehrt von einem "veränderten Umgang mit den Schülerleistungen starke Impulse für eine didaktische Reform, die Motivation al­ler an der Schule beteiligten und das Schulklima insgesamt" (F. Winter 2004, S. 313). Damit spricht er bereits die dritte Funktion von Portfolios an.

Zu 3. Portfolio als Entwicklungsinstrument Konzepte, in denen das Portfolio vorrangig als Entwicklungsinstrument eingesetzt wird, streben an, durch das Portfolio die Kommunikation über Leistung in Gang zu bringen

Es handelt sich hierbei natürlich um den Inhalt der Direkten Leistungsvorlage, die Vierlinger selbst teilweise als Portfolio bezeichnet.

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und die Schüler an der Beurteilung ihres Lernens zu beteiligen. Auf diese Weise sollen Schule und Unterricht in Richtung der so genannten "neuen Lemkultur" weiterentwi­ckelt werden, die F. Winter (2004, S. 6) durch folgende Merkmale charakterisiert:

• höhere Selbständigkeit und Eigenverantwortung der Lernenden, • Orientierung auf die Lernprozesse, • Hinwendung zu komplexen, alltagsnahen Aufgaben, • Partizipation der Schüler und Demokratisierung der Lemkultur.

Während sich die erste Funktion des Portfolios als Lehr- und Leminstrument am Einzelschüler orientiert, zielt die dritte Funktion des Portfolios als Entwicklungsinstru­ment auf die systemische Veränderung der Institution Schule. In Deutschland wird diese Richtung z. B. von F. Winter (2004) oder Häcker, Durnke und Schallies (2003) vertreten. Insgesamt gibt es deutlich weniger Publikationen als zu den ersten beiden Funktionen. Das ist insofern erklärbar, als sich für die systemische Veränderung der Institution Schu­le im Wesentlichen nur Pädagogen oder Psychologen verantwortlich fühlen, während die ersten beiden Funktionen auch Fachdidaktiker und Lehrkräfte zur Entwicklung und Er­probung fachbezogener Vorschläge anregen.

Zu 4. Portfolio als politisches Instrument Dieser Ansatz betrifft den Übergang von der Schule ins Arbeitsleben. Hier verspricht man sich von der Hinzunahme von Portfolios zu den üblichen Bewerbungsunterlagen verbesserte Beschäftigungschancen auf dem Arbeitsmarkt. In dieser Perspektive ist es wichtig, dass ein Portfolio auch außerschulische Lemprodukte enthält, um die breite Qualifikation eines Bewerbers deutlich machen zu können. In dieser Form werden Port­folios im deutschsprachigen Raum vor allem in der Schweiz eingesetzt. Dabei wird an die nordamerikanische Tradition der Qualifikationsmappe angeknüpft, die es zum Ziel hat, Benachteiligungen am Arbeitsplatz aufzuheben. Im Bereich des Sprachenlernens soll das so genannte "Europäische Sprachenportfolio" Ähnliches leisten und für Ver­gleichbarkeit bei .der Anerkennung von Sprachfertigkeiten sorgen (vgl. Häcker 2002, S. 206 - 207).

Zu 5. Portfolio als Forschungsinstrument Häcker (2002, S. 210/ 211) setzt das Portfolio auch als Forschungsinstrument in der Schule, der Hochschule und bei der Weiterbildung von Lehrkräften ein. Er beabsichtigt damit "die spezifischen Leistungen und Grenzen des Portfolios als Instrument für die Untersuchung bzw. Rekonstruktion individueller Lernprozesse im naturalistischen Kon­text auszuloten".

2 Portfolio als alternatives Beurteilungsinstrument im angelsächsischen und im deutschen Sprach­raum

Portfolios werden sowohl im angelsächsischen als auch im deutschen Sprachraum vor allem zur Leistungsfeststellung oder -bewertung eingesetzt. Von Leistungsbewertung oder Leistungsbeurteilung mittels Portfolio wird gesprochen, wenn Portfolios eine Zif­fernbeurteilung vollständig ersetzen. Ersetzen sie keine Ziffernbeurteilung, sondern fun-

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gieren als eine von mehreren Methoden, die Leistung eines Schülers zu ermitteln, spricht man von Leistungsfeststellung. Eine Leistungsbeurteilung erfolgt in diesem Fall auf der Grundlage verschiedener Methoden der Leistungsfeststellung (vgl. Brunner/Schmidinger 2000, S. 62). Die Leistungsfeststellung mittels Portfolio ist rechtlich unproblematisch, während im Fall der Leistungsbewertung mitunter eine Genehmigung des jeweiligen Ministeriums erforderlich ist, die vorgeschriebenen Formen der Leistungsbeurteilung durch Portfolios ersetzen zu dürfen.

2.1 Traditionelle Formen der Leistungsfeststellung

Portfolios kommen aus den angelsächsischen Ländern und wurden als eine Alternative zu den dort üblichen externen, standardisierten Papier-und-Bleistift-Tests entwickelt. Diese sind durch folgende Merkmale gekennzeichnet (vgl. Rowan/ThompsonlBriars 1989, S. 24; Firestone/Winter/Fitz 2000, S. 29; Watt 2005, S. 24):

• starke Betonung von Rechenfertigkeiten, • Wiederholung bekannter und geübter Verfahren, • kleine Aufgabenpäckchen, • Erwartung einer vorgegebenen besten Antwort, • Produktorientierung, • begrenzte Zeit.

Während die befragten Lehrer mit dieser Form der Leistungsfeststellung durchaus zufrieden sind (vgl. Arvold 2001, S. 19; Watt 2005, S. 21), sehen Didaktiker hier Prob­leme. Sie bemängeln, dass die Beschränkung auf diese eine Form der Leistungsfeststel­lung Schüler benachteilige, die ihre Fähigkeiten besser mit anderen Methoden demonst­rieren könnten. Verschiedene Ziele erforderten außerdem unterschiedliche Erfassungs­methoden, um ein ausgewogenes Bild der mathematischen Leistung eines Schülers zu erhalten. In diesem Zusammenhang wird insbesondere kritisiert, dass höhere kognitive Prozesse wie das Anwenden von Mathematik oder das Problemlösen mit traditionellen Tests nur schlecht erfasst werden können (vgl. Watt 2005, S. 23). Werden ausschließlich traditionelle Tests eingesetzt, dann gehen aktuelle Lehr-Lern-Vorstellungen, die koope­ratives Lernen, das Entwickeln von Problemlösestrategien, Anwendungen von Mathema­tik und einen vielfältigen Gebrauch mündlicher und schriftlicher Sprache beinhalten, in der Leistungsbewertung unter (vgl. Stephens 1987, S. 3).

Im deutschsprachigen Raum haben standardisierte Tests zur Leistungsfeststellung keine vergleichbare Tradition. Hier spielen klasseninteme, schriftliche Klassenarbeiten bei der Zensurenvergabe und bei Versetzungsentscheidungen die entscheidende Rolle. Die oben genannten Merkmale treffen auf traditionelle Klassenarbeiten jedoch ebenfalls zu. Trotz unterschiedlicher Traditionen liest sich die Kritik an traditionellen Klassenar­beiten im deutschsprachigen Raum daher fast genauso wie die Kritik an Tests im angel­sächsischen Raum (vgl. Maier 1995; Selter 2000; F. Winter 2004, S. 30 - 36): Klassen­arbeiten erfolgen unter besonderen Bedingungen. Die Aufgaben sind genau umschrieben und mit vorher eingeübten Techniken lösbar. Zusätzlich werden möglichst eindeutige Aufgaben bevorzugt, die einen bestimmten Lösungsweg nahe legen. Es zählt nur das Endprodukt, nicht aber der Lernprozess. Die Aufgaben sind für alle Schüler einer Lern­gruppe gleich, es gibt im Gegensatz zum Unterricht keine Differenzierung. Die Arbeits-

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zeit ist begrenzt und der Zeitpunkt der Leistungsüberprüfung genau festgelegt. Jeder muss für sich arbeiten und es sind keine bzw. nur vorgegebene und dann wieder für alle Schüler gleiche Hilfsmittel zugelassen. Es gibt eine Tendenz zur reinen Wissensprüfung, was zum oberflächlichen, kurzfristigen Lernen des Stoffs und in Mathematik insbeson­dere zum Einüben normierter arithmetischer und algebraischer Verfahren notfalls auch ohne Verständnis verführt. Höhere kognitive Prozesse wie Mathematisieren oder Prob­lemlösen werden vernachlässigt und spielen folglich auch im Unterricht selbst bisweilen eine untergeordnete Rolle. Herrschen traditionelle Klassenarbeiten und Klausuren bei der Leistungsfeststellung vor, so werden soziale und kommunikative Leistungen, ge­meinschaftlich erbrachte Leistungen sowie außerschulisch erbrachte Leistungen kaum berücksichtigt.

Sind die unterschiedlichen Traditionen bei der Leistungsfeststellung im angelsächsi­schen und im deutschsprachigen Raum sowie die fast gleichlautende Kritik an der je­weils vorherrschenden Form bekannt, dann erstaunen die Konsequenzen. In Australien erhofft man sich beispielsweise von schulinternen Formen der Leistungsbewertung statt oder zusätzlich zu standardisierten, externen Tests eine Lösung der Probleme (vgl. Kar­melita 1987). In Deutschland gibt es dagegen eine Tendenz einige Probleme der Leis­tungsfeststellung durch landesweite standardisierte, externe Vergleichstests beheben zu wollen, die zwar nicht zur individuellen Leistungsbewertung entwickelt wurden, jedoch in der Praxis trotz kritischer Stimmen aus der Mathematikdidaktik nicht selten zu diesem Zweck eingesetzt werden.

Hinzu kommt als weiteres, vor allem in Deutschland gesehenes Problem die Beno­tung von Leistungen mit Ziffern. Diese Ziffernbeurteilung dient dazu, "die Leistungen -und mit ihnen auch die Schüler - in eine Rangordnung zu bringen, die den Grad der Er­reichung von Unterrichtszielen zum Ausdruck bringen soll" (F. Winter 2004, S. 37). Zif­fernnoten dienen also der Vergleichbarkeit von Leistungen. Gerade diese wurde aber seit den siebziger Jahren wiederholt in verschiedenen Untersuchungen in Frage gestellt (vgl. Ingenkamp 1971; ThielNaltin 2002). Noten wurden folglich wegen ihrer ungenügenden Messqualität, aber auch auf grund der Nichterfüllung der mit ihnen angestrebten Funkti­onen und der Befürchtung unerwünschter Nebenwirkungen wie Konkurrenzdenken und Ängstlichkeit kritisiert.

Um die Kritik und die daraus entwickelten Alternativen besser zu verstehen, ist es nötig, sich mit den Funktionen von Leistungsbewertung auseinander zu setzen und zu fragen, inwiefern Zensuren diese erfüllen. In der Literatur werden meist gesellschaftliche und pädagogische Funktionen der Leistungsbewertung unterschieden (vgl. Till­mannNollstädt 2000, S. 28). Gesellschaftliche Funktionen sind Erwartungen, die außer­halb der Schule von anderen gesellschaftlichen Bereichen an die Schule gerichtet wer­den. Hiermit ist vor allem die Selektionsfunktion gemeint. Leistungsbewertung in der Schule soll die Schüler späteren Bildungswegen und Berufsfeldern zuweisen. Kritisiert wird daran zweierlei: Erstens gibt es für die Lehrkräfte einen unauflöslichen Wider­spruch zwischen dem Bemühen jedes Kind gemäß seiner Möglichkeiten individuell zu fördern und andererseits Schüler nach ihren Leistungen auszulesen und Leistungsmes­sung so zu konzipieren, dass sie zur Auslese geeignet ist (vgl. TillmannNollstädt 2000, S. 31). Zweitens hat sich die prognostische Validität "von Zensuren in Hinblick auf den erfolgreichen Besuch einer weiterführenden Schule, den Schulabschluss und den Berufs-

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erfolg" (Valtin 2002, S. 12) als ausgesprochen gering erwiesen. Zensuren können die Se­lektionsfunktion also nur schlecht errullen.

Im Sinne der pädagogischen Funktion sollen Leistungsbeurteilungen dazu beitragen, Lernprozesse zu optimieren. Dazu gehört eine Rückmeldung rur Lehrer, Schüler und El­tern. Die Lehrer erhalten durch Leistungsmessung Hinweise auf den Erfolg ihrer Lehrtä­tigkeit und können weitere Lernprozesse auf dieser Grundlage passend planen. Die Schüler haben die Möglichkeit, selbst festzustellen, inwiefern sie die Lernziele erreicht haben (Eigenkontrolle). Leistungsbeurteilung soll darüber hinaus motivieren, disziplinie­ren und dazu beitragen, dass die Schüler das Leistungsprinzip verinnerlichen. Für die El­tern haben Leistungsbeurteilungen schließlich eine Berichtsfunktion (vgl. Till­mannlVollstädt 2000, S. 30). Kritisiert wird jedoch, dass Zensuren diese Funktionen nicht oder nur unzureichend errullen (vgl. Valtin 2002, S. 12; F. Winter 2004, S. 37 -54).

Zensuren sollen zwar als Mittel der Rückmeldung dienen, ihr Informationsgehalt ist aber nicht sehr hoch. Schüler und Eltern wissen bei schlechten Noten nicht, was gekonnt bzw. nicht gekonnt wurde oder inwiefern sie üben müssten. Den Schülern ist es daher kaum möglich festzustellen, welche Lernziele sie wie weit erreicht haben. Da Noten zu­dem keine handlungsrelevanten Informationen rur das zukünftige Lernen enthalten, sind sie als Lernhilfe unbrauchbar. F. Winter (2004, S. 54) vertritt sogar die Ansicht, "dass viele Schüler durch die Notengebung eher daran gehindert werden, inhaltlich beschreib­bare, fach- und sachspezifische Selbstkonzepte eigener Fähigkeit zu entwickeln". Zur Eigenkontrolle eignen sich Noten also nicht, als Bericht rur die Eltern nur schlecht, weil sie lediglich mitteilen, dass alles in Ordnung ist oder dass der Schüler Schwierigkeiten hat, aber nicht welcher Art diese sind. Zur Motivation eignen sich Noten höchstens rur leistungsstarke Schüler. Schwächere Schüler erhalten auch bei großer Anstrengung und individueller Verbesserung wiederholt schlechte Noten, was sich auf ihre Motivation e­her ungünstig auswirken dürfte.

Zusammenfassend lässt sich die Kritik zum einen an der Art der Leistungsfeststellung in Form punktueller, produktorientierter, defizitorientierter, standardisierter und rein wissens- bzw. kalkülorientierter Klassenarbeiten oder Tests festmachen. Zum anderen wird die Art der Leistungsbewertung in Form subjektiver, einordnender, abstrakter und daher wenig aussagekräftiger Noten kritisiert, die sich an normierten Bewertungsmaß­stäben orientieren.

2.2 Neuere Formen der Leistungsfeststellung und -bewertung

Bei den neueren Formen kann, wenn auch nicht trennscharf, zwischen solchen unter­schieden werden, die hauptsächlich als Reaktion auf die Kritik an der Ziffernbeurteilung entwickelt wurden, und solchen, die eine Alternative zu Klassenarbeiten und Tests dar­stellen. Im angelsächsischen Sprachraum werden unter dem Schlagwort "alternative as­sessment" alle Formen der Leistungsfeststellung und -bewertung zusammengefasst, die keine standardisierten Tests sind. Alternative assessment umfasst demnach mündliche und praktische Aufgabenbearbeitungen, Präsentationen, Lehrerbeobachtungen, Lernta­gebücher, Schülerselbstbewertungen, Bewertungen durch die Eltern (vgl. Watt 2005, s. 26), Portfolios (vgl. PaulsonlPaulson/Meyer 1991) sowie so genannte Coursework, zu

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deutsch Kursarbeiten (vgl. Kaiser 2001). Dabei handelt es sich zum Teil um Formen, die in Deutschland zum gängigen Repertoire der Leistungsfeststellung und -bewertung ge­hören und hier in der "mündlichen Note" zusammengefasst werden. Dies betrifft münd­liche Aufgaben, kleine Präsentationen oder Referate, praktische Aufgaben und Lehrer­beobachtungen. Andere Formen wie Lerntagebücher, Schülerselbstbewertungen, Bewer­tungen durch die Eltern, Portfolios oder Kursarbeiten gehören auch in Deutschland im Allgemeinen nicht zur üblichen Leistungsbewertung, sondern werden lediglich in eini­gen Klassen bewusst als Alternative erprobt. Im Folgenden werden Lerntagebücher (Journals) und Kursarbeiten (Coursework) kurz vorgestellt, da es sich um neuere Formen der Leistungserbringung handelt, die im Mathematikunterricht bereits seit einigen Jahren erprobt werden und die sich durch eine deutliche Fachorientierung auszeichnen. In Ab­schnitt 2.3 wird dann aufPortfolios eingegangen. Zuvor werden einige Überlegungen re­feriert, die den neuen Methoden zugrunde liegen.

In den USA wurde die Hinwendung zur alternativen Leistungsfeststellung und -beurteilung angestoßen durch die 1989 vom NCTM veröffentlichten und bis 2000 über­arbeiteten "Curriculum and Evaluation Standards for School Mathematics", die 1995 durch die "Assessment Standards for School Mathematics" ergänzt wurden. Im Kern geht es dabei um eine prozessorientierte Leistungsbewertung, mit der beurteilt werden soll, "wie Lernende Aufgaben interpretieren, Lösungsstrategien entwickeln und Lö­sungswege durchführen" (Arvold 2001, S. 19). Prozessorientierte Leistungsbewertung bedeutet auch, dass Leistungsbewertung ein integraler Bestandteil des Unterrichts ist. Auf diese Weise erhofft man sich, neuere Lerntheorien bei der Leistungsüberprüfung be­rücksichtigen zu können, den Lernprozess und die Entwicklung eines Schülers über ei­nen längeren Zeitraum zu erfassen sowie die Leistungsüberprüfung in realistischeren Kontexten vorzunehmen als bisher. Durch diese neue Formen der Leistungsüberprüfung sollen die Schüler zudem ein klareres Bild davon erhalten, was wichtige Ziele des Ma­thematikunterrichts sind (vgl. Arter/Spandel 1992, S. 36). Bis dahin war Leistungsbe­wertung für viele Lehrer ein separater Bereich neben dem Unterricht, und sie nutzten die häufig verspätet mitgeteilten und ohnehin nur punktuellen Testinformationen nicht zur Unterrichtsplanung (vgl. Rowan/Thompson/Briars 1989, S. 22). Die neuen Formen der Leistungsbewertung sollen das mathematische Wissen dagegen umfassend berücksichti­gen. Gemäß den Standards beinhaltet mathematisches Wissen Verständnis von Konzep­ten und Verfahren plus die Fähigkeit, dieses zum Begründen, Formulieren und Reflektie­ren anzuwenden (vgl. Rowan/Thompson/Briars 1989, S. 23). Es ist klar, dass zur Über­prüfung dieses Wissens und Könnens die gebräuchlichen Papier-und-Bleistift-Tests al­lein nicht geeignet sind. Vielmehr sind unterschiedliche Methoden, zum Denken anre­gende vielfältige Aufgaben sowie aufseiten des Lehrers diagnostische Fähigkeiten erfor­derlich, um die Schülerantworten analysieren und einschätzen zu können (vgl. Ro­wan/Thompson/Briars 1989, S. 23). Aufgrund der Vorherrschaft externer Tests wird in den USA zudem herausgehoben, dass die Aufgaben zu den Zielen und Inhalten des Cur­riculums passen müssen (vgl. Rowan/ThompsonlBriars 1989, S. 24).

2.2.1 Journals

In den USA gibt es seit den 80er Jahren verschiedene Untersuchungen, die sich unter dem Stichwort "writing to learn Mathematics" oder "Journal writing" zusammenfassen

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lassen (vgl. Nahrgang/Petersen 1986; BorasilRose 1989; Hoffmann/Powell 1989). Die Grundidee besteht bei allen Variationen im Detail darin, dass die Schüler sich durch mehr oder minder strukturiertes Schreiben über Mathematik oder den Mathematikunter­richt mathematische Inhalte und Vorgehensweisen aneignen. Dem liegen folgende Ge­danken und Ziele zugrunde (vgl. NahrganglPetersen 1986, S. 461; BorasilRose 1989, S. 352; Hoffmann/Powell 1989, S. 55): Das Schreiben von Texten im Mathematikunterricht gibt Schülern die Möglichkeit, ihre Gedanken zu ordnen. Konzepte können formuliert, organisiert, internalisiert und bewertet werden. Die Schüler können ausgehend von ihrer Sprache und ihren Erfahrungen informell und persönlich an mathematischen Konzepten arbeiten und werden dadurch angeregt, neue Informationen mit ihrem bisherigen Wissen zu verbinden sowie Problemlösestrategien und Heurismen zu entwickeln. Dabei verwen­den die Schüler überwiegend Prosa, denn das Verständnis mathematischer Konzepte und die Fähigkeit, dieses Verständnis anzuwenden werden als wichtiger angesehen als die typisch mathematische Formelsprache (vgl. Nahrgang/Petersen 1986, S. 461,465). Dem Lehrer eröffnet das Journal Einblicke in das Denken seiner Schüler. Es ist daher ein her­vorragendes Diagnoseinstrument (vgl. Nahrgang/Petersen 1986, S. 464; BorasilRose 1989, S. 347), das sich auch zur Leistungsfeststellung und -bewertung im Sinne der von den NCTM-Standards geforderten prozessorientierten Leistungsbewertung heranziehen lässt.

2.2.2 Coursework

Kursarbeiten zielen auf das Anwenden von Mathematik, das sich aufgrund seines Um­fangs und seiner Komplexität mit standardisierten Tests nicht überprüfen lässt. Anwen­den von Mathematik beinhaltet das Bearbeiten außermathematischer sowie innermathe­matischer, aber in jedem Fall umfangreicher Probleme. Dementsprechend beträgt die Arbeitszeit für eine Kursarbeit in England zwei Wochen (Unterrichtszeit plus Hausar­beitszeit), in Victoria in Australien werden 15 bis 20 Stunden veranschlagt (vgl. Kaiser 2001, S. 15/16). Leistungsmessung und Lernen werden bei der Kursarbeit wie in den NCTM-Standards gefordert nicht strikt voneinander getrennt. Die Schüler sollen bei der Bearbeitung der Kursarbeiten Folgendes lernen; anhand derselben Kriterien wird die Kursarbeit aber auch bewertet (vgl. Kaiser 2001, S. 15, 17):

• Erwerb von Problemlösestrategien (Identifikation relevanter Informationen, Un­terteilung komplexer Probleme in kleinere Aufgaben, angemessene mathemati­sche Formulierung, Befähigung zum Aufstellen und Prüfen von Vermutungen, Verwendung verschiedener Lösungswege, Interpretation der Resultate),

• Förderung der Kommunikation in der Sprache der Mathematik (Kenntnis ma­thematischer Sprache, Symbole und Konventionen, Verwendung von Diagram­men und Graphen),

• Entwicklung von Argumentationsfähigkeit.

2.2.3 Alternativen zur Ziffernbeurteilung in Deutschland

Hier gibt es zwei Richtungen: Zum einen wurden als Antwort auf die Subjektivität von Ziffernbelirteillingen objektive standardisierte Leistungstests vorgeschlagen (vgl. Till­mannNollstädt 2000, S. 32). Diese Richtung wurde in der Schulpraxis nicht weiterver-

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folgt, sie findet aber in der aktuellen Diskussion um landesweite Vergleichsarbeiten eine gewisse Renaissance. Mehr Einfluss hatte die zweite Forderung, Ziffernbeurteilungen durch Diagnosebögen oder Berichtszeugnisse zu ersetzen, um den pädagogischen Funk­tionen der Leistungsbewertung besser gerecht zu werden. In diesem Sinne werden Be­richtszeugnisse häufig als "wesentliches Element eines reformierten Grundschulunter­richts angesehen" (Valtin 2002, S. 13). Berichtszeugnisse enthalten keine Ziffernbewer­tung, sondern wie der Name schon sagt einen verbalen Bericht über den individuellen Lernprozess eines Kindes, sodass Stärken und Schwächen erkennbar werden. Verbalbe­urteilungen sollen pädagogische Lementwicklungsberichte sein und keine amtlichen Schülerbewertungen (vgl. Schmude 2002, S. 94). Da es bei Berichtszeugnissen weniger um normative Standards, sondern mehr um die Anstrengungen des Kindes geht (vgl. Schmude 2002, S. 96), wird die individuelle Bezugsnorm verwendet. Damit sind Be­richtszeugnisse von ihrer Anlage her weder objektiv noch mit denen für andere Kinder vergleichbar. Die starke Betonung psychologisch-pädagogischer Dimensionen wie Er­mutigung oder Wegfall des Konkurrenzkampfes unterscheidet Berichtszeugnisse deut­lich von den Bemühungen um alternative Leistungsmessung im angelsächsischen Sprachraum. Dort wird zwar auch der Prozesscharakter der alternativen Leistungsbewer­tung hervorgehoben und es geht um eine umfassende und eben nicht nur wissensorien­tierte Beurteilung des Leistungsstandes. Es gibt aber ganz klar sachliche Standards, an denen die Leistung gemessen wird, sodass im Gegensatz zu Berichtszeugnissen die sach­liche Bezugsnorm im Mittelpunkt steht.

Zur Bewertung von Schülerarbeiten durch die Lehrkräfte eignen sich auch so ge­nannte Rückmeldebägen (vgl. F. Winter 2004, S. 283 - 294). Ziel ist es wie bei Be­richtszeugnissen, den Schülern differenzierte Aussagen zur Qualität ihrer Arbeit zu ma­chen und sie mit detaillierten Hinweisen gegebenenfalls zur Verbesserung anzuregen. Rückmeldebägen beziehen sich auf eine konkrete Einzelaufgabe und nicht auf die The­men eines halben Schuljahres und sind stärker sachlich orientiert als die pädagogischen Berichtszeugnisse. Dementsprechend finden Rückmeldebögen auch in der gymnasialen Oberstufe Verwendung, während sich der Einsatz von Berichtszeugnissen im Wesentli­chen auf die Grundschule beschränkt.

Zur besseren Vergleichbarkeit mit den zuvor aufgeführten Alternativen aus dem an­gelsächsischen Sprachraum werden als alternative Verfahren zur Leistungsfeststellung und -bewertung im deutschsprachigen Raum ebenfalls Lemtagebücher und Facharbeiten kurz erläutert. Für die Grundschule können weitere interessante Vorschläge für Alterna­tiven zu traditionellen Klassenarbeiten bei Selter und Sundermann (2006) nachgelesen werden.

2.2.4 Lerntagebücher

Lemtagebücher werden im deutschsprachigen Raum seit den neunziger Jahren einge­setzt, angestoßen durch die so genannten Reisetagebücher von Gallin und Ruf (1993) in der Schweiz. Lemtagebüchern liegen ähnliche Vorstellungen und Intentionen zugrunde wie den Journals im angelsächsischen Sprachraum: Es geht um die persönliche, durchaus auch gefühlsbetonte Auseinandersetzung mit Mathematik, wobei Verständnis höchste Priorität hat. In Lemtagebüchern steht nicht die fertige Mathematik im Mittelpunkt, son­dern die Entwicklung mathematischer Ideen und Konzepte durch die Schüler. Dement-

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sprechend benutzen die Schüler wie im angelsächsischen Sprachraum nicht vorrangig die Fach-, sondern ihre Alltagssprache (vgl. GallinlRuf 1998, S. 5/14). Sprachliche oder sachliche Fehler werden meist nicht korrigiert (vgl. GallinlRuf 1993, S. 14). Beck, Gul­dimann und Zutavern (1991, S. 29) setzen zur selbständigen Entwicklung von Lösungs­wegen das so genannte Arbeitsheft ein. Zusätzlich gab es bei diesem Schweizer Unter­richtsversuch ein Lemheft für die Arbeitsrückschau nach einer längeren Arbeitsphase (vgl. BeckJGuldimann/Zutavern 1991, S. 39). Selter und Sundermann (1995) verwende­ten in Deutschland so genannte Rechentagebücher, in denen die Schüler ihr Rechnen schreibend begleiteten oder abschließend dokumentierten. In einer neueren Publikation sprechen sie von Lemwegebüchern, um sie von der Privatheit eines Tagebuchs abzu­grenzen (vgl. Selter/Sundermann 2006, S. 62/63).

Lemtagebücher dienen im deutschsprachigen Raum im Gegensatz zum angelsächsi­schen Raum nicht der Leistungsbewertung. F. Winter (2004, S. 269) rät ausdrücklich da­von ab, sie zu benoten, weil dies die motivierte, persönliche Auseinandersetzung mit dem Lernstoff beeinträchtigen könnte. Lemtagebücher machen aber "Voraussetzungen und Prozesse der Leistung besser sichtbar" (F. Winter 2004, S. 254). Sie eignen sich in­sofern gut zur umfassenden Leistungsfeststellung, bei der es neben Lernerfolgen auch um individuelle Verstehensprozesse und Lemwege geht. Mit Lemtagebüchern lassen sich die Leistungen erfassen, die bei traditionellen Klassenarbeiten unberücksichtigt bleiben. Aufgaben, die in Lemtagebüchern bearbeitet werden, sind meist nicht mit vor­her eingeübten Techniken lösbar und fordern höhere kognitive Prozesse wie Mathemati­sieren, Problemlösen und Kreativität heraus. Wie bereits mehrfach erwähnt steht nicht das Ergebnis, sondern der Lösungsweg, der Prozess der Bearbeitung im Mittelpunkt. Gu­te Aufgaben enthalten außerdem Differenzierungsmöglichkeiten. Bei der Bearbeitung gibt es keine derart beschränkten Bedingungen wie in Klassenarbeiten, sondern die Schüler dürfen sich gegenseitig beraten und Hilfsmittel verwenden. Die schulische Ar­beitszeit ist zwar (wie immer im Unterricht) begrenzt, aber doch nicht in derart extremer Weise wie bei einer Klassenarbeit. Daher erhält der Lehrer Informationen über das ma­thematische Verständnis seiner Schüler und über ihre mathematischen Fähigkeiten, die er ohne Lemtagebücher nicht hätte (vgl. Beck 2002).

Wird mit Portfolios gearbeitet, so können Lemtagebücher den Schülern "als Grund­lage für eine Rückschau auf einen längeren Zeitraum" (F. Winter 2004, S. 263) dienen und dabei helfen, die Auswahl einzelner Arbeiten fur das Portfolio zu begründen.

2.2.5 Facharbeiten

Facharbeiten haben im Rahmen der Diskussion um Schulleistungen deutschlandweit Einzug in die Gymnasien gehalten (vgl. Knechtel 2001). Es handelt sich dabei, genau wie bei der angelsächsischen Coursework, um eine eigenständige wissenschaftspropä­deutische Leistung, die etliche Stunden Arbeit umfasst. Ziel ist im Gegensatz zur Dip-10marbeit an der Universität nicht das Entdecken objektiv neuer Zusammenhänge, "son­dern das für den Schüler neue Erkennen von alten, ihm aber nicht bekannten Sachzu­sammenhängen" (Knechtel 2001, S. 68). In Berlin z. B. stellt eine Facharbeit eine Mög­lichkeit der Prüfung in besonderer Form für den Mittleren Schulabschluss dar. Damit die Schüler dem Anspruch, sich selbständig intensiv mit einem mathematischen Thema aus­einander zu setzen, gerecht werden können, muss der Unterricht sie darauf vorbereiten.

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Es muss also im Unterricht für die Schüler wiederholt Gelegenheiten geben, kreativ zu sein, selbständig mathematische Probleme zu bearbeiten, Literatur zu recherchieren und ähnliches. Selbst wenn Facharbeiten ihren Platz erst in der Sekundarstufe haben, sollten die dafür benötigten Fähigkeiten bereits ab der Grundschule geübt werden. Hierzu eignet sich ein Unterricht nach dem Prinzip des aktiv-entdeckenden und sozialen Lernens.

Facharbeiten können innermathematische oder außermathematische Themen behan­deln. Um genügend Themen für alle Schüler zur Verfügung zu haben, sollte von Prob­lemen ausgegangen werden, die eine Vielfalt an Fragestellungen mit sich bringen. Zur besseren Identifikation der Schüler mit dem gestellten Thema empfiehlt Knechtel (2001, S. 69) "Facharbeiten individuell, zum Beispiel auf ein ortsnahes Problem" zuzuschnei­den. Dieses Vorgehen beugt außerdem der Gefahr vor, dass die Schüler ihre Arbeiten als Fertigprodukte aus dem Internet entnehmen. Themenstellungen können relativ offen formuliert werden, z. B. "Ortskurven beim Fahrgeschäft ,Break Dance'" (KnechteI2001, S. 70) oder bereits Hinweise darauf enthalten, was untersucht werden soll, z. B. "Unter­suchung verschiedener Scheibenwischermodelle im Hinblick auf die Effektivität bei der Reinigung von Scheibenflächen sowie unter Konstruktions- und Kostenaspekten" (Knechte 1 2001, S. 71). Dadurch ist eine Differenzierung möglich. Zur Facharbeit gehört in der Regel eine kurze Präsentation in Form eines Vortrags.

Im Vergleich mit traditionellen Klassenarbeiten sind Facharbeiten nicht mit vorher eingeübten Techniken lösbar und sie erfordern höhere kognitive Prozesse wie Mathema­tisieren oder Problemlösen. Die Arbeitszeit ist zwar begrenzt, aber durch unterschiedli­che Anteile häuslicher Arbeit nicht für alle Schüler gleich. Hier wie bei der Themenver­gabe gibt es folglich Differenzierungsmöglichkeiten. Verschiedene (auch gescheiterte) Versuche ein Problem zu lösen, können dargelegt werden und damit den Lernprozess ei­nes Schülers transparent machen. Für die gymnasiale Oberstufe scheinen Facharbeiten daher als zusätzliche Form der Leistungsfeststellung ein probates Mittel zu sein, um die mathematischen Fähigkeiten zu berücksichtigen, die mit traditionellen Klassenarbeiten nur schlecht erfasst werden können. Für die Grundschule eignen sich Facharbeiten dage­gen aufgrund ihres hohen wissenschaftspropädeutischen Anspruchs nicht.

2.3 Das Portfolio als alternative Form der Leistungsfeststel­lung und -bewertung

Wie in 2.2 anhand der Beispiele des Lerntagebuchs und der Facharbeit dargestellt, ist es nicht ungewöhnlich, dass didaktisch-methodische Ideen zur Leistungsbeurteilung aus dem angelsächsischen Raum im deutschsprachigen Raum übernommen werden. Die di­daktische Diskussion sowie die praktische Umsetzung erfolgen jedoch vor dem Hinter­grund der hiesigen Traditionen. Das hat neben Gemeinsamkeiten auch Unterschiede zur Folge, was nun am Beispiel des Portfolios aufgezeigt wird.

Sowohl im angelsächsischen als auch im deutschsprachigen Raum wurden Portfolios aus der in 2.1 skizzierten Unzufriedenheit mit den vorherrschenden Methoden der Leis­tungsüberprüfung entwickelt. Mit ihnen verknüpft sich wie bei den anderen in 2.2 be­schriebenen Methoden die Hoffnung, die Leistungsbeurteilung an die neue Lehr-Lern­Kultur anpassen zu können. Als Vorteil des Portfolios wird dabei in der didaktischen Li­teratur sowohl im angelsächsischen als auch im deutschen Sprachraum hervorgehoben,

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dass sie durch komplexe Aufgaben die Chance eröffnen auch höhere kognitive Prozesse wie Kreativität, Mathematisieren oder Problemlösen in die Leistungsbewertung einzube­ziehen. Portfolios ermöglichen darüber hinaus eine prozessorientierte und individuali­sierte Beurteilung der Leistungsentwicklung über eine längere Zeitspanne. Vergleicht man diese Vorteile mit der in 2.l zusammengefassten Kritik an der Leistungsüberprü­fung, dann lässt sich fur den angelsächsischen und den deutschsprachigen Raum stich­punktartig festhalten:

• Portfolios ermöglichen eine kontinuierliche Leistungsfeststellung. • Portfolios ermöglichen eine prozessorientierte Leistungsfeststellung. • Portfolios ermöglichen eine könnensorientierte Leistungsfeststellung. • Portfolios beziehen auch allgemeine mathematische Lernziele ein. • Portfolios ermöglichen eine individuelle Form der Leistungsbewertung. • Portfolios ermöglichen eine konkrete und daher aussagekräftige Form der Leis­

tungsbewertung, denn sie enthalten eine begründete Sammlung ausgewählter Schülerarbeiten.

In Portfolios können die bisher angesprochenen alternativen Formen wie Auszüge aus Lerntagebüchern, Schülerselbstbewertungen oder Facharbeiten integriert werden. In diesem Sinne sind Portfolios keine neue inhaltliche Alternative, sondern eine neue Form der Aufbereitung und Präsentation verschiedener traditioneller und neuerer Formen der Leistungserbringung. Ihr besonderer Wert besteht in der Kompetenzorientierung und in der selbstbestimmten Leistungsdarstellung.

Hinsichtlich der Punkte Standardisierung und Subjektivität gibt es jedoch im angel­sächsischen und im deutschen Sprachraum deutliche Unterschiede, die aus der in 2.1 an­gesprochenen unterschiedlichen Leistungsbeurteilungskultur erklärbar sind und weiter unten aus ge fuhrt werden.

In der Praxis ist das Portfolio im Mathematikunterricht bislang im angelsächsischen Sprachraum deutlich stärker verbreitet als im deutschen, wo "nur sehr wenige Erfah­rungsberichte über Portfolioarbeit [ ... ] vorliegen" (Häcker 2002, S. 212). Diese beziehen sich ausnahmslos auf kleinere Untersuchungen in einzelnen Klassen. In den entspre­chenden Publikationen geht es hauptsächlich um folgende Fragen: Was ist überhaupt ein Portfolio? Was wird gesammelt? Wie wird es geordnet? Wozu soll ein Portfolio dienen? In den USA gibt es dagegen neben etlichen Erfahrungsberichten von Lehrern bzw. Leh­rerbildnern aus Einzelklassen Bestrebungen das Portfolio in größerem Stil wissenschaft­lich zu untersuchen. Dazu wurde in Vermont bereits in den Schuljahren 1991/1992 und 1992/1993 in den Klassen vier und acht eine quantitative Studie in Mathematik durchge­fuhrt. Im Gegensatz zu anderen Untersuchungen wurde das Portfolio fur externe Berich­te verwendet. Mit diesem Ansatz wurden zwei Ziele verfolgt: Erstens sollten Daten von hoher Qualität über die Schülerleistung erhoben werden. Zweitens sollte der Unterricht durch den Portfolioeinsatz verbessert werden (vgl. Koretz/Stecher/Klein/McCaffrey 1994, S. 5). Das zweite Ziel wurde teilweise erreicht (vgl. Ko­retz/Stecher/Klein/McCaffrey 1994, S. 12): Die Lehrer verwendeten mehr Zeit fur Prob­lemlösen sowie Kommunikation über Mathematik und sie nutzten häufiger schüleraktive Arbeitsformen wie Partner- und Gruppenarbeit (vgl. Koretz/StecherlKlein/McCaffrey 1994, S. 6). In diesem Bereich decken sich die Ergebnisse der Interviews und Fragebö­gen, die an 80 Schulen verschickt wurden, mit den veröffentlichten Erfahrungsberichten

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einzelner Lehrer. Das erste Ziel wurde dagegen nicht erreicht (vgl. Ko­retziStecherlKleinlMcCaffrey 1994, S. 11), was die Autoren auf mehrere Gründe zu­rückführen: Insbesondere in Mathematik variierte die Leistung eines Schülers von Ein­trag zu Eintrag so stark, dass viele Einträge benötigt wurden, um ein aussagekräftiges Ergebnis für diesen Schüler zu erhalten (vgl. Koretz/StecherlKlein/McCaffrey 1994, S. 9). Weiterhin wurden die verwendeten Aufgaben sowie das Vorgehen bei der Überarbei­tung nicht standardisiert, sodass einzelne Lehrer hier sehr unterschiedlich vorgingen, was die Vergleichbarkeit zwischen einzelnen Schulen beeinträchtigte (vgl. Ko­retz/StecherlKleinlMcCaffrey 1994, S. 7, 11 - 12). Schließlich zeigte sich bei der Aus­wertung eine geringe Inter-Rater-Reliabilität (vgl. Koretz/StecherlKlein/McCaffrey 1994, S. 7), weil es sehr schwierig war eine große Anzahl an Beurteilenden vernünftig zu schulen (vgl. KoretziStecherlKlein/McCaffrey 1994, S. 12). Alle diese Probleme zei­gen sich beim Einsatz des Portfolios in nur einer Klasse natürlich nicht. Sie spielen aber dann eine große Rolle, wenn Portfolios standardisierte Leistungstests ersetzen sollen und statt dieser über die Vergabe von Bildungschancen entscheiden.

Die Zielstellung der Vermonter Studie, die letztlich auf den vollwertigen Ersatz ex­terner, standardisierter Tests durch Portfolios zielt, unterscheidet das amerikanische Pro­jekt von Bestrebungen im deutschsprachigen Raum. Hier wird zwar auf die geringe Ver­gleichbarkeit von Portfolios hingewiesen, eine Normierung von Portfolios wird jedoch weder als machbar noch als erstrebenswert angesehen. Damit trotz der geringen Ver­gleichbarkeit von Portfolios klar wird, "inwieweit der betreffende Schüler übergreifende Leistungsziele erreicht hat und wie seine Leistungen relativ zu denjenigen anderer Schü­ler stehen" (F. Winter 2004, S. 211), schlägt F. Winter Kommentare des Lehrers und Be­scheinigungen der Schule als Ergänzung zu den üblichen vom Schüler selbst ausgewähl­ten Inhalten des Portfolios vor.

Die geringe Bedeutung von Normierungen in der deutschsprachigen Literatur ist aus mehreren Gründen verständlich: Zum einen ist der Portfolioansatz hier relativ neu und es stehen praktische Probleme im Vordergrund, messtheoretische Fragen sind sekundär. Zum anderen ist Leistungsbewertung im deutschsprachigen Raum ohnehin nicht so stark standardisiert. Während in der angelsächsischen Literatur zu Portfolios sehr häufig das Problem der Standardisierung diskutiert wird (vgl. Jervis 2006), konzentrieren sich deutschsprachige Publikationen stärker auf die Verbesserung des Unterrichts und die Anpassung der Leistungsbewertung an neuere Lehr-Lern-Vorstellungen. Die Vermonter Studie hat klar gezeigt, dass hier Potenziale des Portfolios liegen. Diese stehen jedoch zum Teil im Widerspruch zu den Standardisierungsbemühungen. Daher sehen Koretz, Stecher, Klein, McCaffrey (1994, S, 14) selbst ihre Bemühungen um die inhaltliche Standardisierung von Portfolios kritisch: Sie führe zwar zu höherer Validität und Relia­bilität, laufe andererseits aber den Bemühungen des Portfolios um Integration der Leis­tungsbewertung in den Unterricht, um Individualisierung und eine Vielfalt an Testaufga­ben zuwider. Im deutschsprachigen Raum gehört Lissmann (2001) zu den wenigen Au­toren, die sich mit messtheoretischen Fragen auseinander setzen. Er kritisiert wie seine amerikanischen Kollegen die geringe Objektivität, Reliabilität und Validität des Portfo­lios, setzt aber im Gegensatz zu diesen weniger auf Standardisierung der Inhalte und Bewertungsverfahren, sondern mehr auf geeignete Aufgaben zur Erfassung komplexer Fähigkeiten.

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Lehrer beschäftigen im angelsächsischen wie im deutschen Sprachraum vor allem praktische Fragen. Als großes Problem sehen sie den Arbeits- und Zeitaufwand an (vgl. z. B. Lambdin/Walker 1994, S. 324; Richter 2003, S. 46), denn Portfolios erfordern vom Lehrer sowohl Mehrarbeit bei der Vor- und Nachbereitung als auch ein erhebliches Maß an Unterrichtszeit, in der die Schüler ihre Arbeiten sichten, auswählen, reflektieren und in Portfoliogesprächen mit der Lehrkraft diskutieren. Problem Nummer zwei ist aus Leh­rersicht die Ordnung und Autbewahrung des Portfolios (vgl. z. B. LambdinlWalker 1994, S. 320; Brunner/Schmidinger 2004, S. 37).

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die positiven wie negativen Erfahrungen von Lehrern beim Einsatz des Portfolios im angelsächsischen und deutschen Sprachraum vergleichbar sind. Die Probleme, die Wissenschaftler sehen, sind jedoch trotz ähnlicher lerntheoretischer Grundannahmen aufgrund der unterschiedlichen Traditionen in der Leistungsbewertung verschieden. Während in Deutschland eher die Sorge vorherrscht, Portfolios würden zu wenig komplexe Aufgaben beinhalten, macht man sich im angel­sächsischen Sprachraum eher Gedanken über eine Standardisierung der Aufgaben.

3 Entwicklung eines Kriterienrasters für die Portfo­lioarbeit im Mathematikunterricht der Grund­schule

Die bisherigen Ausführungen haben deutlich gemacht, dass die Entwicklung eines als hilfreich empfundenen Portfoliokonzepts die jeweilige Unterrichts- und Leistungsmes­sungskultur berücksichtigen muss. Daher bezieht sich der folgende Abschnitt nur auf die deutsche Praxis. Hier müssen Portfolios nicht mit standardisierten Tests konkurrieren und bei der Entwicklung wird das auch nicht angestrebt. Der Fokus liegt auf den allge­meinen mathematischen Lernzielen (vgl. H. Winter 1975) und der Einbettung des Port­folios in ein solides fachdidaktisches Konzept mit einem Mindestmaß an Komplexität, denn im deutschsprachigen Raum fehlen bislang ausgearbeitete fachdidaktische Vor­schläge zur Portfolioarbeit für den Mathematikunterricht. Das ist vermutlich einer der Gründe dafür, dass Leuders (2004, S. 74) feststellt: "im Mathematikunterricht spielt das Portfolio (im Gegensatz zum Lerntagebuch) bislang keine Rolle". Die wenigen deutsch­sprachigen Publikationen, in denen auch auf den Mathematikunterricht Bezug genom­men wird (v gl. z. B. Brunner/Schmidinger 2000), machen deutlich, dass pädagogisch­psychologisch orientierte Ideen allein für einen fachdidaktisch fundierten Einsatz des Portfolios im Mathematikunterricht nicht ausreichen. Während die Ausführungen in den Abschnitten 1 und 2 stufenunabhängig waren, bezieht sich die konstruktive Arbeit in diesem Abschnitt auf die Grundschule.

Aus fachdidaktischer Sicht ist es nahe liegend, den Schwerpunkt auf die Funktionen eines Lehr- und Lerninstruments sowie eines alternativen Beurteilungsinstruments zu le­gen, weil hier fachliche Lernprozesse eine Rolle spielen. Dabei fallen Gemeinsamkeiten zwischen dem aktiv-entdeckenden Lernen und dem Portfolioansatz auf: Beide beruhen auf einer konstruktivistischen Lernvorstellung und verstehen Lernen als eigenaktive Autbauleistung des Individuums in Auseinandersetzung mit seiner Umwelt. Beide legen Wert auf selbsttätiges Lernen und die Übernahme von Verantwortung für den eigenen

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Lernprozess. Zudem ergeben sich Ergänzungsmöglichkeiten: Ein aktiv-entdeckender Mathematikunterricht geht von herausfordernden Situationen aus, die notwendigerweise anspruchsvolle, komplexe oder offene Aufgaben mit sich bringen. Gerade zur Beurtei­lung solcher Arbeitsergebnisse bietet sich das Portfolio an. Insofern erscheint es mög­lich, das Portfolio Gewinn bringend innerhalb eines aktiv-entdeckenden Mathematikun­terrichts einzusetzen. Umgekehrt gilt: Wollen Portfolios ihren eigenen Ansprüchen ge­nügen, sind sie auf einen aktiv-entdeckenden Mathematikunterricht angewiesen.

Bei meiner Forschungstätigkeit bildet daher das aktiv-entdeckende Lernen den didak­tischen Hintergrund rur die Entwicklung eines Mathematik-Portfolios. Damit ist zudem eine fachliche Ausrichtung der Portfolioarbeit gewährleistet. Das aktiv-entdeckende Lernen ist unter anderem im Zahlenbuch (vgl. WittmannJMüller 2004) materialisiert, welches im Unterricht als Aufgabenpool dient und auch als Grundlage rur das Portfolio fungieren kann. Portfolios erfordern im Gegensatz zu Leistungstests keine speziellen Testaufgaben, sondern beinhalten eine Auswahl von Arbeitsergebnissen, die im Mathe­matikunterricht entstanden sind und insofern eine Aussage darüber ermöglichen, was ein Kind in der Auseinandersetzung mit mathematischen Situationen gelernt hat. Dennoch eignet sich nicht jede Aufgabe oder jedes Arbeitsergebnis gleich gut zur Demonstration der eigenen mathematischen Fähigkeiten. Gerade Grundschüler neigen häufig zur Über­betonung von Äußerlichkeiten wie guter Schrift oder Wahl richtiger Satzzeichen (vgl. EasleylMitchel 2004, S. 60) und haben Schwierigkeiten zu erkennen, was beim Mathe­matiktreiben wichtig ist.

Daher beinhaltet Portfolioarbeit immer auch die Orientierung an so genannten Krite­rienrastern, die sich auf Lernziele oder Standards beziehen und die Schüler bei der Aus­wahl von Arbeiten rur ein niveauvolles Portfolio sowie bei der Selbstbewertung unter­stützen sollen. Während die Arbeit mit Kriterienrastern im angelsächsischen Raum Tra­dition hat, ist sie hierzulande weitgehend unbekannt. Kriterienraster, die in der deutsch­sprachigen Literatur vorgeschlagen werden, beziehen sich fachunspezifisch auf allge­meine Erziehungsziele oder, wenn sie mathematikpezifisch formuliert sind, einseitig auf inhaltliche Lernziele (vgl. Brunner/Schmidinger 2000; Hilf/Lack 2004). Sie sind damit ungeeignet zur Reflexion über die gesamte Bandbreite mathematischer Aktivitäten anzu­leiten und werden daher im Folgenden um einen Kriterienraster rur allgemeine mathe­matische Lernziele erweitert. Die Standards dieses Kriterienrasters geben den allgemei­nen Lernzielen den Raum, den sie in einem aktiv-entdeckenden Mathematikunterricht haben sollten. Sie helfen insofern Schülern aber auch Lehrkräften, sie angemessen zu be­rücksichtigen.

Bei den inhaltlichen Lernzielen gibt es kein grundsätzliches Problem, denn sie lassen sich relativ gut operationalisieren. Zum kleinen Einmaleins gibt es zum Beispiel Vor­schläge von Brunner und Schmidinger (2000, S. 75) sowie von Hilf und Lack (2004, S. 284 - 286). Die Kenntnis der Malfolgen lässt sich leicht in der Form festhalten, dass das Datum, an dem jede Einmaleinsreihe auswendig aufgesagt werden kann, notiert wird (vgl. Hilf/Lack 2004, S. 286).

Nur ist damit noch nichts über die Fähigkeit ausgesagt, Beziehungen zwischen ver­schiedenen Einmaleinsaufgaben zu erkennen, Aufgabenpäckchen unter Beibehaltung der erkannten Beziehungen fortsetzen oder erkannte Zusammenhänge begründen zu können,

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Portfolios 201

wie das z. B. bei den folgenden Aufgaben aus dem Zahlenbuch fiir das zweite Schuljahr (vgl. WittmannlMüller 2004b, S. 100) intendiert ist: a)3.3 b)4.4 c)5.5 d)6.6 e)7.7 t)8.8

2.4 3.5 4.6 5.7 6.~ 7.9 Die oben genannten Fähigkeiten betreffen allgemeine Lernziele, neuerdings allge­

meine mathematische Kompetenzen genannt. Allgemeine Lernziele können nicht opera­tionalisiert werden (vgl. Wittmann 1981, S. 126). Sie werden auch nicht in einer einzi­gen Unterrichtseinheit oder innerhalb eines Schuljahres erreicht, sondern die entspre­chenden Fähigkeiten entwickeln sich das ganze mathematisch tätige Leben weiter. Es ist daher unmöglich zu sagen, der Schüler kann argumentieren. Es ist höchstens möglich zu sagen, er kann so argumentieren, wie man das von einem Kind in dieser Klassenstufe erwartet. Jede weitere Atomisierung würde der Sache nicht gerecht (vgl. Wittmann 1981, S. 125). Dennoch ist es an einigen Stellen möglich und sinnvoll die Lernziele zu präzi­sieren, wobei es hier verschiedene Möglichkeiten gibt. H. Winter nennt zur Konkretisie­rung der allgemeinen Lernziele jeweils viele Aktivitäten, die der Lehrer kennen sollte, um entsprechend vielfältige Tätigkeiten anregen zu können, z. B. fiir Kreativität "Beo­bachten; bewusstes Suchen nach Gesetzmäßigkeiten, Symmetrien, Gestalten, Invarianten in einem Vielerlei von Erscheinungen; Konstruieren (Herstellen) von Figuren oder Situa­tionen; Schematisieren einer komplexen Situation; Klassifizieren; Anordnen; Aufsuchen von Entsprechungen (Analogisieren); Verallgemeinern; Spezialisieren; Umstrukturieren; Entwerfen und Verwerfen; Vermuten und Prüfen; Formulieren und Umformulieren; Va­riieren; Bedenken von Alternativen; Zerlegen und Zusammensetzen; Kombinieren und Trennen" (H. Winter 1975, S. 107). Es scheint mir aber fiir einen Kriterienraster kontra­produktiv, diese Tätigkeiten aufzulisten und vom Schüler ihr Erreichen abhaken zu las­sen. Damit ist fiir die allgemeinen Lernziele nichts gewonnen.

Die in Ich-Form abgewandelten Formulierungen aus den "Tragfähigen Grundlagen Mathematik" (vgl. Selter/Scherer 2003, S. 14)

• Ich kann beim Erfinden und beim Bearbeiten von Aufgaben kreativ sein. • Ich kann Sachsituationen mathematisieren. • Ich kann Auffälligkeiten begründen. • Ich kann eigene Überlegungen darstellen.

dürften fiir Grundschüler ebenfalls keine Hilfe bei der Reflexion sein, und dafiir waren sie auch nie gedacht. Dennoch bieten diese Formulierungen in ihrer Schlichtheit und Ganzheitlichkeit einen Ansatzpunkt fiir die Entwicklung eines handlichen Kriterienras­ters.

Wie kann ein Schüler selbst erkennen, dass er kreativ ist? Die obige Aufzählung nennt bereits zwei verschiedene Möglichkeiten: kreativ sein beim Erfinden von Aufga­ben und kreativ sein beim Bearbeiten von Aufgaben. Hier stellt sich die Frage, ob bereits jede erfundene Aufgabe eine kreative Leistung des Schülers ist. Ich denke, damit wird der Begriff der Kreativität überstrapaziert. Kreativität braucht auch Beschränkung. Krea­tive Erfindungen erfordern Bedingungen, die es einzuhalten gilt, innerhalb derer aber Variationen und Spielereien erlaubt sind, wie bei der folgenden Aufgabe: "Erfinde Fol­gen von Punktmusterzahlen!" (KleinlSteinweg 2001, S. 11). Klein und Steinweg (2001) setzen von dieser Kreativität beim Erfinden von Aufgaben die so genannte Kreativität in den Lösungswegen ab, die sich durch Aufgaben wie die folgenden fördern lässt: "Finde

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selbst Zahlenmauem mit 1,2,3. Vergleiche sie" (WittmannlMüller 2004a, S. 67). "Wäh­le eine Zahl'. Wie kannst du sie mit drei Würfeln erreichen?" (WittmannlMüller 2004a, S. 91). Kreativität beim Bearbeiten von Aufgaben kann sich nur einstellen, wenn Aufga­ben Spielräume für kreatives Verhalten erötInen, wenn also nicht nur mechanisch zu rechnen ist. Insofern sind die Übergänge zwischen dem Erfinden und Bearbeiten von Aufgaben fließend. Hier kommen Aufgaben vom Typ "Legen und überlegen" infrage, wie zum Beispiel Rechendreiecke, bei denen nur die drei äußeren Zahlen angegeben sind und die inneren Zahlen durch (systematisches) Probieren gefunden werden müssen (vgl. WittmannlMüller 2004a, S. 101), ebenso wie schöne Päckchen, bei denen es Muster zu entdecken gibt. Dass der Schüler ein Muster oder eine Auffälligkeit entdeckt hat, merkt der Lehrer am einfachsten daran, . dass der Schüler das Entdeckte verbalisiert. Es kann jedoch sein, dass ein Kind Zusammenhänge entdeckt, aber nicht in der Lage ist, sie zu verbalisieren. Daher gibt es im Zahlenbuch mehrfach die Aufforderung "Setze fort" oder "Wie geht es weiter?" (vgl. z. B. Wittmann/Müller 2004b, S. 1001101). An der Art der Fortsetzung kann der Lehrer erkennen, wie der Schüler das Muster verstanden hat. Hin­sichtlich eines Kriterienrasters kann der Punkt Kreativität also durch folgende Unter­punkte beschrieben werden:

• Ich kann zu einer Aufforderung Aufgaben erfinden. • Ich kann kniffelige Aufgaben (durch Probieren) lösen. • Ich kann Muster fortsetzen. • Ich kann in Aufgaben oder ihen Lösungen Muster entdecken und sie mit Worten

oder Zeichen beschreiben. Die genannten vier Unterpunkte sind natürlich keine vollständige Beschreibung,

denn eine solche ist weder möglich, noch sinnvoll. Die Kriterien sind aber einerseits konkreter als das Stichwort Kreativität, sodass zu erwarten ist, dass Grundschüler mit ih­~en etwas anfangen können. Das ist v:or allem bei Kindern anzunehmen, die mit dem Zahlenbuch arbeiten, weH sich die Kriterien auf typische Aufgabenformate aus dem Zah­lenbuch beziehen, sodass diese Kinder mit den Formulierungen eine Bedeutung verbin­den dürften. Die Kriterien sind andererseits nicht zu umfangreich und dadurch übersicht­lich und handlich. Sie geben eine anleitende Struktur vor und eröffnen gleichzeitig Frei­räume für die eigene Gestaltung des Portfolios über die Auswahl und die Freiheit bei der Anfertigung der Produkte, die die jeweilige Kompetenz demonstrieren. Da das Portfolio ein "kompetenzorientiertes Instrument" (Leuders 2004, S. 76) ist, werden alle Aussagen in der Form "ich kann ... " formuliert.

Wie kann ein Schüler erkennen, dass er Sachsituationen mathematisieren kann? Er erkennt das vermutlich zuerst daran, dass er Sach- oder Textaufgaben aus dem Schul­buch oder aus anderen Quellen erfolgreich bearbeiten kann. Dabei kann es sich um Auf­gaben handeln, die sich aus Sachtexten ergeben (vgl. Erichson 1990). Weiterhin sind Projekte denkbar, in denen Fragestellungen aus der Umwelt der Kinder nachgegangen wird (vgl. Franke 1995; Winter 1994). Da Projekte einen "hohen organisatorischen und zeitlichen Aufwand" bedeuten, können sie das Sachrechnen nicht allein bestimmen, son­dern es braucht auch weniger aufwändige Formen. Erichson (2003, S. 188 - 189) schlägt dazu "Authentische Schnappschüsse" vor. Neben "Sachaufgaben zu realen Situationen

Hiermit sind arithmetische oder geometrische Muster gemeint.

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aus dem Alltag der Kinder" (Franke 2003, S. 36) können auch "Sachaufgaben zu fikti­ven Situationen" (Franke 2003, S. 36) bearbeitet werden. Was unter einer erfolgreichen Bearbeitung zu verstehen ist, wird im Unterricht bei der Beschäftigung mit solchen Auf­gaben ausgehandelt. Hinweise aus Schulbüchern zum Lösen von Textaufgaben wie zum Beispiel in Schulz/Stoye (1998, S. 61) sollten in diesem Rahmen thematisiert werden und können in Portfoliogesprächen als Grundlage fur die Beratung der Schüler verwen­det werden. Sie sind aber nicht als Punkte eines Kriterienrasters geeignet, weil sie den ganzheitlichen Bearbeitungsprozess unzulässig atomisieren würden.

Ein zweites Kriterium ist das selbständige Erfinden von Sachaufgaben, was laut Drö­ge (1991) das verständige Bearbeiten vorgegebener Sachaufgaben fördert. Um zu prüfen, ob die eigenen Sachaufgaben verständlich formuliert und lösbar sind, bietet es sich an, dass die Schüler sie einem Mitschüler zur Bearbeitung vorlegen. Damit ergeben sich fur einen Kriterienraster zum Punkt Mathematisieren folgende zwei Unterpunkte:

• Ich kann Sachaufgaben bearbeiten. • Ich kann mir selbst sinnvolle Sachaufgaben ausdenken, die andere lösen können.

Wie kann der Schüler erkennen, dass er Auffälligkeiten begründen kann? Das scheint einerseits einfach und andererseits schwierig. Wenn dem Schüler eine Begründung ein­fällt, dann kann er begründen, sonst nicht. Aber was ist, wenn diese Begründung falsch ist? Kinder neigen bisweilen dazu, sich innerhalb der Lerngruppe argumentativ auf fal­sche Aussagen zu verständigen und diese dann zu akzeptieren (vgl. Voigt 1998, S. 128). Hier ist die Lehrkraft mit ihrer Fachkompetenz gefragt. Im Klassengespräch muss klar herausgearbeitet werden, welche Begründungen tragfähig sind und welche nicht. Nach einem solchen Gespräch sollten die Schüler wissen, ob ihre eigene Begründung richtig war und sie sollten anderenfalls nun in der Lage sein, eine richtige Begründung mit ei­genen Worten oder Veranschaulichungsmitteln anzugeben. Das bedeutet fur einen Krite­rienraster zum Punkt Argumentieren, dass auch hier eine weitere Auf teilung keinen Sinn macht. Trotz der Relativität der Argumentationsfähigkeit scheint mir folgende Aussage am handlichsten:

• Ich kann Auffälligkeiten begründen. Was dabei als Begründung akzeptiert wird, muss wie beim Mathematisieren inner­

halb der Klasse ausgehandelt werden (vgl. Schwarzkopf2001, S. 253, 263). Wie kann der Schüler erkennen, dass er eigene Überlegungen darstellen kann? Hier

scheint mir der Kriterienraster von Easley und Mitchell (2004, S. 97) sowohl als Anre­gung fur das Schreiben als auch als Checkliste fur die Darstellungsfähigkeit hilfreich, wenn nicht jeder Punkt gedankenlos abgearbeitet wird. Damit ergeben sich fur einen Kriterienraster zum Punkt Darstellen folgende Unterpunkte, die selbstverständlich nach den Bedürfnissen der eigenen Schüler verändert werden müssen:

Ich kann eigene Überlegungen darstellen und dabei • mich verständlich ausdrücken, • Beispiele angeben, • mit Bildern oder Diagrammen arbeiten, • mathematische Ausdrücke benutzen, • Dinge auf unterschiedliche Weise beschreiben.

Werden alle genannten Kriterien zusammengefugt und mit einer dreistufigen Quali­tätsskala in Anlehnung an Hausherr (2001, S. 12) verknüpft, entsteht insgesamt als An-

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regung zur bedarfsgerechten Veränderung folgender Kriterienraster for allgemeine Lernziele im Mathematikunterricht der Grundschule. Um auch das kooperative Arbeiten sowie den konstruktiven Umgang mit Fehlern in die Selbstbewertung aufzunehmen, soll­ten zu den vier Zeilen, die die Winterschen allgemeinen Lernziele enthalten, zwei Zeilen hinzukommen, die diese allgemeinen Fähigkeiten bezogen auf den Mathematikunterricht reflektieren helfen Dieses: kann ich kann ich kann ich

sehr gut. em wemg. noch nicht.

Ich kann zu einer Aufforderung Aufgaben erfinden. Ich kann kniffelige Aufgaben (durch Probieren) lö-sen. Ich kann Muster fortsetzen. Ich kann in Aufgaben oder ihren Lösungen Muster entdecken und sie mit Worten oder Zeichen be-schreiben. Ich kann Sachaufgaben bearbeiten. Ich kann mir selbst sinnvolle Sachaufgaben ausden-ken, die andere lösen können. Ich kann Auffälligkeiten begründen. Ich kann eigene Überlegungen darstellen und dabei

• mich verständlich ausdrücken, • Beispiele angeben, • mit Bildern oder Diagrammen arbeiten, • mathematische Ausdrücke benutzen, • Dinge auf unterschiedliche Weise beschrei-

ben. Ich kann mit anderen Kindern zusammenarbeiten. Ich kann Fehler in meinen Arbeiten finden, erklären und verbessern.

Der entwIckelte Kntenenraster kann als OnentIerungsrahmen für dIe PortfolIoarbeIt gesehen werden. Das fertige Portfolio enthält aber mehr als einen ausgefüllten Kriterien­raster, in dem sich ein Kind in jedem der aufgeführten Kompetenzbereiche selbst ein­schätzt. Zu jeder Könnensaussage muss als Beleg eine Schülerarbeit (ein Arbeitsblatt, ein Forscherbericht, ein Auszug aus dem Lerntagebuch, ein Foto eines geometrischen Bauwerks o. Ä.) in das Portfolio gelegt werden und der Schüler muss seine Auswahl be­gründen und mit Bezug auf das Lernziel kommentieren. Die Auswahl von Arbeiten und Reflexion anhand konkreter Belegstücke ist aus mehreren Gründen sinnvoll: Zum einen fördert die Auswahl von Arbeiten und das damit verbundene Formulieren einer Begrün­dung eine tiefgründige Reflexion oder wie es eine Schülerin ausdrückte: "mit Arbeits­blättern fand ich das besser, weil das auch mithilft, dass man nachdenkt". Die reine Selbsteinschätzung verführt die Schüler dagegen häufig zu einem schnellen Abarbeiten der Könnensaussagen und zu einer Entscheidung aus dem Bauch heraus, die die Kinder auch im Nachhinein nicht begründen können. Zum anderen lässt die beleggestützte Re­flexion die Gründe für die Selbsteinschätzung transparent und damit auch diskutierbar

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werden. Dadurch kann Lehrenden wie Lernenden deutlich werden, "welche mathemati­schen Handlungen und welche Bewertungsaspekte jeweils eine Rolle spielen und welche jeweils bewusst ausgeblendet werden" (Leuders 2004, S. 68). Auf diese Weise ist es möglich, das Empfinden der Schüler rur qualitätvolle mathematische Arbeiten zu schu­len. Schließlich ermöglicht das Anrugen von Belegstücken eine Fremdeinschätzung, die mit der Selbsteinschätzung der Schüler verglichen und in einem Portfoliogespräch disku-tiert werden kann. .

Zur Portfolioarbeit gehören als weiterer Baustein neben der Auswahl geeigneter Ar­beiten, der kriteriengestützten Reflexion über das eigene Können und eine damit verbun­dene Selbsteinschätzung immer auch so genannte Portfoliogespräche. Hier präsentieren die Kinder der Lehrkraft zunächst ihr Portfolio und erläutern noch einmal ihre Auswahl und Selbsteinschätzung. Danach sprechen Lehrkraft und Schülr anhand des Portfolios über die Stärken des Kindes und über die Bereiche, in denen es sich verbessern möchte. Gemeinsam weden dazu geeignete Maßnahmen überlegt und Ziele rür die weitere Arbeit im Mathematikunterricht formuliert.

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Adresse der Autorin Annemarie Gubler-Beck Universität Dortmund Fachbereich Mathematik Institut rur Entwicklung und Erforschung des Mathematikunterrichts Vogelpothsweg 87 44221 Dortmund

Manuskripteingang: 23. März 2006 Typoskripteingang: 8. Januar 2007