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iterentwicklung der rundschule RAHMENPLAN GRUNDSCHULE Teilrahmenplan Fremdsprache April 2004

RAHMENPLAN GRUNDSCHULE - grundschule…grundschule.bildung-rp.de/fileadmin/user_upload/grundschule... · chenarbeit der Grundschule die Sprachkompetenz der Kinder in einer Zielspra-che

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R a h m e n p l a n G r u n d s c h u l e

iterentwicklung der rundschule

RAHMENPLAN GRUNDSCHULE

Teilrahmenplan Fremdsprache

April 2004

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R a h m e n p l a n G r u n d s c h u l e

Impressum:

Herausgegeben vom

Ministerium für Bildung, Frauen und Jugend

Wallstraße 3

55122 Mainz

Weitere Informationen zum Rahmenplan Grundschule:

www.grundschule.bildung-rp.de

Autorinnen und Autoren, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie beteiligte Schulen:

letzte Seite

Druck: SOMMER Druck und Verlag, 67269 Grünstadt

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R a h m e n p l a n G r u n d s c h u l e

Sehr geehrte Damen und Herren,liebe Eltern,

zum Zeitpunkt, da in Rheinland-Pfalz das früheFremdsprachenlernen auf die Klassenstufen 1 und 2ausgeweitet wird, liegt mit dem TeilrahmenplanFremdsprache erstmals eine umfassende curriculareGrundlage für die Integrierte Fremdsprachenarbeit vor.

Dieser Teilrahmenplan fügt sich in die Konzeptent-wicklung ein, die mit der Allgemeinen Grundlegung zum Rahmenplan Grund-schule und mit dem Teilrahmenplan Mathematik zum Schuljahr 2002/03 begon-nen wurde.

Beim Lesen dieses Teilrahmenplans werden Sie vielfach auf Kontinuität mit derbisherigen Konzeption der Integrierten Fremdsprachenarbeit stoßen. Andererseitssetzt er jedoch neue Schwerpunkte und verknüpft das frühe Fremdsprachenler-nen mit wesentlichen Neuerungen und besonderen Anforderungen für die Unter-richtsarbeit.

Der Teilrahmenplan ermöglicht in der Primarstufe eine planmäßig angelegte undprogressionsorientierte Ausdehnung der Integrierten Fremdsprachenarbeit.

• Er zeigt Einstiegsmöglichkeiten ab Beginn der Klassenstufe 1.

• Er beschreibt Wege zum Aufbau einer elementaren kommunikativenKompetenz in der gewählten Zielsprache (Englisch oder Französisch).

• Er nimmt elementares Lesen und Schreiben als Lernziele ausdrücklichauf.

• Er ermöglicht das Aufgreifen verschiedener Sprachen und Kulturen,etwa in Klassen mit Migrationshintergrund.

• Er macht eine individuelle Lernerfolgskontrolle und Leistungsrückmel-dung verbindlich.

• Er steht in engem Zusammenhang mit der Homepage Grundschule(www.grundschule.bildung-rp.de ), die diesen Teilrahmenplan auch nachseiner Drucklegung flexibel ergänzt und dessen Umsetzung begleitet.

Ich bin sicher, dass der Teilrahmenplan neue und entscheidende Impulse für eineOptimierung der Fremdsprachenarbeit zu leisten vermag. Hierfür liefert er wich-tige Vorgaben. Darüber hinaus will er zu einer eigenverantwortlichen Unterrichts-planung und -gestaltung der Einzelschule anregen, die das Interesse und dieBegeisterung von Kindern für fremde Sprachen weckt und zur Offenheit undToleranz anderen Kulturen gegenüber beiträgt.

Allen, die an der Erarbeitung des Teilrahmenplans mitgewirkt haben, sei an dieserStelle herzlich gedankt.

Doris AhnenMinisterin für Bildung, Frauen und Jugend

Mainz, im April 2004

Foto: T. W. Klein - photography

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TEILRAHMENPLAN FREMDSPRACHE

Vorwort ......................................................................................... 3

Inhaltsverzeichnis ........................................................................ 5

Fremdsprache .............................................................................. 6

1. Leistungsprofil ‘Fremdsprache‘ ............................................. 7

2. Wissens- und Kompetenzentwicklung ................................... 8

3. Didaktisch-methodische Leitvorstellungen ........................... 11

4. Orientierungsrahmen für die Klassenstufen 1 – 4 ............... 15

5. Feststellen des Lernerfolges .................................................... 21

6. Qualitätsindikatoren in der Fremdsprachenarbeit ............. 22

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Fremdsprache

Die Begegnung mit anderen Kulturen und Sprachen gehört heute zunehmend zur

Alltagserfahrung von Kindern. Viele fremdsprachliche Einflüsse durchziehen

unsere Sprache – gerade auch die der Kinder. Menschen anderer Kultur und Spra-

che leben in unserer Mitte. Sie sind nicht mehr nur fern oder medial vermittelt,

sondern Teil unserer Lebens- und Sprachwirklichkeiten. Hinzu kommt, dass eine

Fremdsprachenfrühbegegnung heute in zunehmendem Maße auch bereits im Ele-

mentarbereich stattfindet.

Die Fremdsprachenarbeit der Grundschule greift diese Erfahrungen auf, macht

sie bewusst und setzt sie zu den Erfahrungen mit der eigenen Sprache und Kultur

in Beziehung.

Die Begegnung mit einer fremden Sprache vollzieht sich im Unterricht der

Grundschule daher stets in einem kulturellen Kontext. Die Kinder erschließen

sich so grundlegende Kenntnisse über fremde Kulturen und erwerben interkultu-

relle Handlungserfahrungen.

Durch die Auseinandersetzung mit fremden Sprachen und Kulturen wird Frem-

des zunehmend vertraut. Die Kinder erfahren so, dass das Verfügen über fremd-

sprachliche Mittel Zugänge zu Menschen anderer Herkunft und Kultur schaffen

kann. Sie entdecken aber auch den Einfluss anderer Sprachen und Kulturen auf

die eigene Sprache und Kultur.

Die Fremdsprachenarbeit der Grundschule will das Interesse der Kinder an frem-

den Sprachen wecken und zur Offenheit und Toleranz gegenüber anderen Kultu-

ren erziehen. Dies bedingt einen kindorientierten, spielerischen und in hohem

Maße bewertungsfreien Raum für positive Lernerfahrungen.

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1. Leistungsprofil Fremdsprache

Das Leistungsprofil beschreibt, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten Kindern am

Ende ihrer Grundschulzeit zugetraut werden. Es bietet damit wesentliche An-

haltspunkte für die Planung und Gestaltung von Lernprozessen sowie die Fest-

stellung von Lernerfolgen.

Die hier gemachten Zielvorgaben sind nach oben hin offen und berücksichtigen

die individuelle Lern- und Leistungsbereitschaft und -fähigkeit jedes einzelnen

Kindes. Im Bereich der fremdsprachlichen Grundbildung erreichen die Kinder

daher diese Zielvorgaben auf unterschiedlichen Niveaus.

Die Kinder gehen mit Interesse und Neugier an fremde Sprachen heran. Sie

sind offen und tolerant anderen Kulturen gegenüber.

Sie verfügen über ein Bewusstsein ihrer eigenen sprachlichen Ausdrucks-

möglichkeiten – etwa in Form von Dialekten, Soziolekten und der Körper-

sprache.

Sie verfügen über ein Bewusstsein für Mehrsprachigkeit. Sie haben Erfah-

rung mit anderen Sprachen – etwa die unserer europäischen Nachbarn oder

die von Mitschülerinnen und Mitschülern mit Migrationshintergrund - und

nehmen ihre eigene und deren Mehrsprachigkeit positiv wahr.

Sie sind in der Lage, in einer Zielsprache1 Sachverhalte aus ihrem Erfah-

rungshorizont in sprachlich einfacher Form zu verstehen und zu beschrei-

ben, Dinge aus ihrer Lebenswelt zu benennen, Meinungen, Einstellungen

und Ansichten zu äußern.

Sie verfügen über eine elementare Kommunikationsfähigkeit in einer Ziel-

sprache. Sie sind in der Lage, einfache Fragen themenbezogen zu stellen

und Antworten zu geben sowie kurze adressatenbezogene Dialoge zu führen.

Sie verfügen über sprachliche Mittel und Strategien, um voraussagbare All-

tagssituationen fremdsprachlich zu bewältigen.

1 Englisch oder Französisch

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Sie verfügen über erste Kenntnisse grundlegender lexikalischer, phoneti-

scher und syntaktischer Strukturen einer Zielsprache.

Sie verfügen über erste Erfahrungen mit dem Schriftbild einer Zielsprache.

Sie sind in der Lage, zentrale Wörter und einfache Sätze zu lesen und auf-

zuschreiben.

Sie verfügen über elementare geographische, kulturelle und gesellschaftli-

che Kenntnisse englisch- oder französischsprachiger Länder, insbesondere

in Europa.

2. Wissens- und Kompetenzentwicklung

Die Fremdsprachenarbeit der Grundschule greift vorhandene Kenntnisse frem-

der Sprachen auf, macht Anlehnungen aus fremden Sprachen in unserer eigenen

Sprache transparent und führt die Kinder so zu einem ersten Bewusstsein für

Mehrsprachigkeit.

„Mehrsprachigkeit (...) betont die Tatsache, dass sich die Spracherfahrungen ei-

nes Menschen in seinen kulturellen Kontexten erweitern, von der Sprache im

Elternhaus über die Sprache der ganzen Gesellschaft bis zu den Sprachen anderer

Völker (...). Diese Sprachen und Kulturen werden aber nicht in strikt voneinander

getrennten mentalen Bereichen gespeichert, sondern bilden vielmehr gemeinsam

eine kommunikative Kompetenz.“ (‘Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen

für Sprachen’ des Europarates)

Ausgehend von einer bewusst gemachten Sprachenvielfalt weitet die Fremdspra-

chenarbeit der Grundschule die Sprachkompetenz der Kinder in einer Zielspra-

che – Englisch oder Französisch – im Hinblick auf eine elementare Kommunika-

tionsfähigkeit aus (vergleichbar dem Niveau A1 des Referenzrahmens).

So erreichen die Kinder am Ende der Grundschulzeit ein Niveau an Bildungs-

standards in der Zielsprache, das an der Schnittstelle zu den weiterführenden

Schulen einen Weg zu den dort formulierten Bildungsstandards für die erste

Fremdsprache (vergleichbar dem Niveau B1 des Referenzrahmens) aufzeigt.

(s. Bildungsstandards für die erste Fremdsprache (Englisch/Französisch) für den

Mittleren Schulabschluss der Kultusministerkonferenz)

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Durch die bewusste Auseinandersetzung mit anderen Kulturen, Werten und Ein-

stellungen leistet die Fremdsprachenarbeit der Grundschule einen Beitrag zum

Erwerb interkultureller Handlungskompetenz.

So entdecken die Kinder die Rolle der Fremdsprache(n) bei der Erschließung der

gegenwärtigen und der zukünftigen Welt.

Damit leistet die Fremdsprachenarbeit der Grundschule zur Wissens- und Kom-

petenzentwicklung von Kindern (s. 2.2 der Allgemeinen Grundlegung des Rah-

menplans) folgende Beiträge:

anschlussfähiges Wissen:

grundlegende kommunikative Kompetenzen

- verstehen vertrauter Wörter und einfacher Sätze, die sich auf das Kind

selbst, seine unmittelbare Umgebung (Familie, Freunde, Schule, ...) oder

konkrete Dinge beziehen, bei langsamer und deutlicher Sprechweise

- einfache Verständigung mit einem Gesprächspartner über vertraute The-

men (Hobbys, Interessen, Spiele, ...) bei langsamer und deutlicher Sprech-

weise

- bedürfnisorientierte Verständigung über unmittelbar notwendige Dinge

(Essen, Trinken, Toilette, ...) mit vertrauten und alltäglichen Ausdrücken in

einfachen Sätzen

- Angaben zur eigenen Person (sich vorstellen, Gefühle und Befinden

ausdrücken, Hobbys und Interessen mitteilen, einfache Fragen beant-

worten, ...)

- Angaben zu anderen Personen (jemanden vorstellen, einen Gesprächspart-

ner nach seiner Person befragen, ...)

grundlegende Kenntnisse der Kultur dieses Sprachraumes

- Lebensgewohnheiten (Tagesablauf, Reise- und Freizeitverhalten, ...)

- landestypische Feste und Bräuche

- landestypische Lieder, Reime, Kinderliteratur

- kulturelle Besonderheiten (Begrüßungsrituale, Höflichkeitsformeln, ...)

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- Bekleidungsgewohnheiten und typische Kleidungsstücke

- Essgewohnheiten und typische Gerichte

grundlegende landeskundliche Kenntnisse

- Lage, Klima, Sehenswürdigkeiten Englands / Frankreichs

- englisch- bzw. französischsprachige Länder

grundlegende Kenntnisse der zielsprachlichen Lexik

- Wortfelder zu kindorientierten Lebens- und Erfahrungsbereichen

- Zahlen, Farben und Formen

- Raum und Zeit (Uhrzeit, Jahreszeit, Kalender, ...)

- Redewendungen des täglichen Gebrauchs (Begrüßung, Verabschiedung,

Zustimmung, Ablehnung, ...)

grundlegende Kenntnisse der zielsprachlichen Phonetik

- Aussprache und Intonation

- Rhythmus

grundlegende Kenntnisse der zielsprachlichen Syntax

- Fragesätze

- Aufforderungssätze

- Aussagesätze und Verneinungen

anwendungsfähiges Wissen:

- einfache Dialoge adressaten- und themenbezogen führen

- Fragen stellen und Antworten geben

- Dinge benennen

- Dinge und Sachverhalte umschreiben

- Verstehen und Nichtverstehen signalisieren

- Hilfestellung erbitten

- Zustimmung und Ablehnung äußern

- Sprache gezielt einsetzen (Betonung)

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- Verständnislücken aushalten (Sprachbad) und Orientierungsmöglichkeiten

entwickeln (Signalwörter, Gestik etc.)

- Sprachbegleitende Handlungen gezielt einsetzen (auf etwas zeigen, etwas

demonstrieren)

- Körpersprache gezielt einsetzen (Gestik, Mimik, Blick- und Körperkontakt)

- Einfache authentische Texte hörend verstehen

- Lesen und Schreiben (einzelne vertraute Wörter und kurze einfache Sätze

auf Schildern, Plakaten, Postkarten etc.)

- Paratextuelle Mittel erkennen und nutzen (Fotos, Zeichnungen, Schau-

bilder etc.)

- Spracherfahrungen verbalisieren

- Zielsprachliche Muster und Strukturen entdecken und mit muttersprach-

lichen vergleichen (Analogien bilden)

- Sprache(n) und Kulturen erforschen

- ...

Die hier aufgeführten Wissens- und Kompetenzbereiche können in der Grund-

schule nicht abschließend entwickelt werden. Die Arbeit in der Primarstufe bil-

det jedoch die Grundlage für eine organische und schülerorientierte Weiterent-

wicklung fremdsprachlichen Lernens in der Sekundarstufe.

3. Didaktisch-methodische Leitvorstellungen

Die Auseinandersetzung mit fremden Sprachen in der Grundschule basiert auf

der prinzipiellen Offenheit und Neugier der Kinder Fremdem gegenüber. Die

Bereitschaft, sich für neue Erfahrungen zu öffnen, sich Unbekanntes vertraut zu

machen und sich anderen Sprachen ohne Hemmungen zu nähern, gilt es daher in

erster Linie in der Fremdsprachenarbeit aufzugreifen und fruchtbar zu machen.

Dies gelingt, wenn

• die Unterrichtsplanung von der Fragehaltung und den Interessen der Kinder

ausgeht

• fremdsprachliche Lerninhalte behutsam eingeführt und variantenreich

geübt werden

• Fehler toleriert und als Lernchance gesehen werden

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Kindgemäße Fremdsprachenarbeit orientiert sich dabei an folgenden didaktisch-

methodischen Leitvorstellungen:

Integratives Lernen

Kinder sammeln Erfahrungen aus ihrer Umwelt nicht getrennt nach wissenschaft-

lichen Kategorien. Ein fächerverbindendes und fächerübergreifendes Arbeiten im

Unterricht der Grundschule versucht dieser Weltwahrnehmung von Kindern

Rechnung zu tragen. Daher vollzieht sich Fremdsprachenlernen in der Grund-

schule auch nicht losgelöst von anderen Lernbereichen. Vielmehr gilt es Unter-

richtsinhalte so aufzubereiten, dass sie unter verschiedenen fachlichen Aspekten

thematisiert werden: Nahrung, Kleidung oder Tiere beispielsweise haben nicht

nur eine sachliche, muttersprachliche oder musisch-ästhetische Dimension, son-

dern eben auch eine fremdsprachliche. Kinder erfahren so Fremdsprachen in ihrer

Funktionalität.

Sprachliches Lernen

Fremdsprachliche Lernerfahrungen machen Kinder in ihrer Umwelt nicht einsei-

tig über das Hören, Sprechen, Lesen oder Schreiben. Vielmehr begegnen ihnen

alle vier Bereiche – in unterschiedlicher Gewichtung – von Anfang an (Lieder im

Radio, die gehört und ‘nachgesungen’ werden; fremdsprachige Wörter aus der

Werbung oder in unserer Alltagssprache, die als Ganzwörter gelesen und lautge-

treu geschrieben werden). In der Fremdsprachenarbeit der Grundschule wird die-

se ‘natürliche‘ Ausgangslage aufgegriffen und unter der Zielsetzung einer fremd-

sprachlichen Grundbildung systematisch ausgeweitet. Auch wenn die rezeptive

Sprachverfügung über das Hören und die produktive Sprachverfügung über das

Sprechen im Vordergrund stehen, gilt es daher die Schrift nicht auszuklammern,

sondern vielmehr sukzessive in den Spracherwerbsprozess einzugliedern.

Spiralförmiges Lernen

Der große Stellenwert der mündlichen Spracharbeit im Fremdsprachenlernen der

Grundschule erfordert in besonderem Maße ein spiralförmiges Vorgehen, bei dem

einzelne Inhalte immer wiederkehren und behutsam erweitert werden. Eine hohe

zielsprachliche Redundanz und ein spielerisches Üben bilden daher die Grund-

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lage für eine kindgemäße Fremdsprachenarbeit. Ein spiralförmiges Vorgehen be-

rücksichtigt darüber hinaus den individuellen Lernfortschritt jedes einzelnen

Kindes. Es ermöglicht dem Kind eigene Lernwegeerfahrungen zu machen, diese

zu überdenken und auszubauen. Neben einer thematischen Erweiterung gewinnt

das Kind so zunehmend Einblicke in die Struktur der Sprache. Diese sprachliche

Progression darf aber nicht zufällig entstehen. Sie ist wesentlicher Bestandteil

einer langfristigen, ziel- und ergebnisorientierten Lernplanung durch die Lehr-

kraft.

Authentisches Lernen

Fremdsprachenarbeit in der Grundschule will neben dem Erlernen fremder Spra-

chen Einblicke in die Lebensgewohnheiten und Lebensumstände in anderen

Ländern ermöglichen. Der Einsatz authentischer Materialien schafft hierzu eine

wesentliche Voraussetzung. Anhand von Liedern, Reimen, Geschichten, Kinder-

büchern und Gegenständen (Realien) aus dem Land oder Kulturkreis der Ziel-

sprache begegnen Kinder nicht nur einer anderen Sprache sondern auch einer

anderen Welt. Neben dieser kulturellen Zielsetzung versucht eine authentische

Lernorganisation aber auch die Sprache selbst so echt wie möglich darzubieten.

Der Sprache der Lehrkraft kommt hierbei eine Schlüsselstellung zu. Sie ist für

viele Kinder das einzige fremdsprachliche Modell. Um eine möglichst authenti-

sche Lernsituation zu schaffen, sollte der sprachliche Input aber nicht allein durch

die Lehrersprache gegeben werden. Multimediale Software, Hörkassetten, Videos

und Internetzugänge sind bei der langfristigen Lernplanung ebenso zu berück-

sichtigen und situationsgerecht einzusetzen. Wo immer sich die Möglichkeit bie-

tet, wird man aber auch versuchen, native speakers in den Unterricht einzuladen.

Interkulturelles Lernen

Die Auseinandersetzung mit und das Verständnis für Menschen anderer Herkunft

und anderer Sprache ist ein langfristiges und übergeordnetes Ziel schulischer

Bildung. Es lässt sich nicht auf einen Lernbereich oder gar ein Fach reduzieren.

Dennoch kann die Fremdsprachenarbeit der Grundschule einen ganz besonderen

Beitrag zum Erreichen dieser Zielsetzung leisten. Fremde Sprachen und Kultu-

ren können hier nicht nur betrachtet oder gelehrt, sondern konkret erfahren wer-

den. Interkulturelles Lernen geschieht jedoch nicht beiläufig oder als Nebenpro-

dukt des Spracherwerbsprozesses, sondern nur in einer bewussten und kindge-

mäßen Auseinandersetzung mit relevanten Fragestellungen.

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Kommunikatives Lernen

Kinder wollen sich mitteilen. Sie möchten über ihre Eindrücke, Erlebnisse, Ge-

fühle und Vorstellungen berichten. Gerade im Grundschulalter ist dieses Bedürf-

nis noch ausgeprägt vorhanden. Darüber hinaus erweitern Kinder durch Schule

und Unterricht zunehmend ihre sprachlichen Handlungsmöglichkeiten. Sie er-

fahren neue und differenziertere Formen der Mitteilung. Diese Kompetenzen und

das natürliche Mitteilungsbedürfnis gilt es auch in der Fremdsprachenarbeit

fruchtbar zu machen. Dies geschieht, wenn Themen und Inhalte bei der Lern-

planung auf ihre Kommunikationsrelevanz hin überprüft werden und der Unter-

richt genügend Freiräume für kommunikative Aktivitäten bietet. Gerade zu Be-

ginn des Fremdsprachenlernens machen Kinder aber auch die Erfahrung, dass sie

vieles von dem, was sie erzählen möchten, noch nicht oder nur unzureichend

fremdsprachlich bewältigen können. Diese Diskrepanz zwischen fremdsprach-

lichem Handeln und kommunikativen Bedürfnissen gilt es ebenfalls fruchtbar zu

machen. Zielsprachliches und muttersprachliches Handeln bleiben in der Fremd-

sprachenarbeit der Grundschule daher stets eng verbunden.

Exemplarisches Lernen

Fremdsprachenlernen in der Grundschule ist in hohem Maße exemplarisches

Lernen. Die Auseinandersetzung mit einer Sprache und Kultur steht immer auch

exemplarisch für die Beschäftigung mit anderen Sprachen und Kulturen. Es gilt

daher dort, wo es sich anbietet, Parallelen und Vergleiche mit anderen Sprachen

und Kulturen herzustellen. Dies ist insbesondere dann notwendig, wenn sie in

der Klassen- oder Schulgemeinschaft vertreten sind.

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4. Orientierungsrahmen

Der Orientierungsrahmen beschreibt, welche Inhalte geeignet sind, den in Punkt 2

beschriebenen Wissens- und Kompetenzzuwachs zu ermöglichen.

Er gliedert sich in für die Grundschule fremdsprachlich relevante Lebens- und

Erfahrungsbereiche (Domänen), die unter fünf thematischen Leitgedanken zu-

sammengefasst sind:

Meine Sprache(n) – deine Sprache(n)

Das bin ich – Familie, Freunde, Freizeit

Feste feiern – hier und anderswo

Andere Länder – andere Leute

Märchen, Mythen, Fantasien

Der Orientierungsrahmen versteht sich weder als geschlossener Kanon noch als

beliebiges Menü. Er ist gedacht als dynamisches und flexibles System zur kon-

kreten Lernplanung, das situationsbedingt um weitere Themen ergänzt werden

kann.

Die einzelnen Lebens- und Erfahrungsbereiche erstrecken sich auf die Klassen-

stufen 1 – 4. Die Inhalte weisen jedoch eine schwerpunktmäßige Gewichtung für

die erste und zweite oder dritte und vierte Klassenstufe auf. Sie sollen nicht

unverbunden nebeneinander thematisiert, sondern im Sinne eines Spiralcurricu-

lums im Verlauf der Grundschulzeit zusammenhängend und immer wieder ver-

tiefend aufgegriffen werden.

Bei der konkreten Lernplanung können für eine Unterrichtssequenz daher meh-

rere Erfahrungsbereiche herangezogen werden. Entscheidend bleibt die Ausrich-

tung auf kommunikationsrelevante Situationen und eine fremdsprachliche

Progression.

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Mimik und Gestik als nonverbale

Ausdrucksmöglichkeiten erfahren

Körpersprache in ihrer

Sprachgrenzen überschreitenden

Funktion erfahren

Eigene sprachliche

Ausdrucksmöglichkeiten erkunden

Spielen mit Sprache

Vorurteile abbauen

Elementare fremdsprachliche

Fähigkeiten bewusst machen

Einflüsse anderer Sprachen

auf die eigene transparent machen

Fremde Sprachen in der Klasse,

der Familie oder im Freundeskreis

erkunden

Die Sprachen der Nachbarländer,

Partnerstädte etc. erkunden

Die Sprachen Europas

Englisch als Weltsprache

Andere Weltsprachen

Meine Sprache(n) – deine Sprache(n)

Körpersprache

Dialekte,

Soziolekte

Lehnwörter,

Internationalismen

Fremdsprache(n)

Klassenstufen 1 / 2 Klassenstufen 3 / 4

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Das eigene Befinden ausdrücken

Zustimmung oder Ablehnung kundtun und begründen

Über Gefühle sprechen

Körperteile und Kleidungsstücke benennen

Form, Farbe und Größe beschreiben

Landestypische Kleidungsstückeund Bekleidungsgewohnheiten erkunden

und Vorurteile abbauen

Lebensmittel und Speisen benennen

Einkaufssituationen planen und durchspielen

Landestypische Gerichte selbst zubereiten

Vorurteile über Essgewohnheiten abbauen

Familienmitglieder und Verwandtschaftsbeziehungen benennen

Das eigene Haus, die eigene Wohnung beschreiben

Über Freundschaft sprechen

Sich vorstellen

Haustiere, Lieblingstiere benennen

Über Interessen sprechen (Natur, Technik, Sport)

Lieblingsspiele benennen und Spielverläufe erklären

Das bin ich – Familie, Freunde, Freizeit

Gefühle undBefinden

Körper und Kleidung

Essen und Trinken

Familie und Freunde

Hobbysund Interessen

Klassenstufen 1 / 2 Klassenstufen 3 / 4

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R a h m e n p l a n G r u n d s c h u l e

Jemandem gratulieren,etwas wünschen

Geburtstagslieder singen

Einen Geburtstagskalendererstellen (Monatsnamen, Jahreszeiten)

Einen Geburtstagsgruß(Postkarte) schreiben

Landestypisches Brauchtum erkunden

Religionsspezifischen Kontextaufzeigen

Gemeinsamkeiten und Unterschiede beschreiben

Landestypische Feste und Feiern kennen lernen

Landestypische Feiertage kennen lernen

Feste selbst gestalten

Ein Klassenfest nach landestypischem Brauchtum vorbereiten und gestalten

Eine fremdsprachliche Aufführung planen und präsentieren

Feste feiern – hier und anderswo

Geburtstag

Weihnachten /Ostern etc.

LandestypischeFeste und Feiern

Klassenfeste

Klassenstufen 1 / 2 Klassenstufen 3 / 4

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R a h m e n p l a n G r u n d s c h u l e

Lage, Klima, Sehenswürdigkeiten erkunden

Kulturelle Besonderheiten (‘Warten in einer Schlange‘,‚Begrüßung’) erfahren

Lage, Klima, Sehenswürdigkeiten erkunden

Bezug zum ‚Mutterland’betrachten

Gemeinsame Sprache als Bindeglied entdecken

Europa als ‚gemeinsames Haus’ erfahren

Die Sprachenvielfalt Europasbetrachten

Die kulturelle Vielfalt Europasentdecken

Einen Schultag in England / Frankreich kennen lernen

Eine Partnerschaft zu einer engl. oder franz.Schule / Klasse aufbauen

Über Wünsche und Vorstellungen im Umgang mit Menschen

anderer Sprache und Herkunft sprechen

Ideen für eine gemeinsame Zukunft entwickeln und gestalten

Andere Länder – andere Leute

England / Frankreich

Englisch- bzw.französisch-sprachige Länder

Europa

Schule

Ideen und Ideale

Klassenstufen 1 / 2 Klassenstufen 3 / 4

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R a h m e n p l a n G r u n d s c h u l e

Bilderbücher, Leporellos, Big Books,Pop-Up-Bücher etc. betrachten, dazu malen und gestalten(The Gingerbread Man,Le roi de la forêt, …)

Landestypische Kinderliteraturvorlesen, nacherzählen, weitererzählen

(The Three Little Pigs, Une promenade au zoo, …)

Einfache Bildunterschriften lesen,Geschichten verändern, gestalten und dazu spielen

(Le corbeau et le renard, Brown Bear, Brown Bear, What Do You See?)

Reime sprachgestaltend vortragen, Lieder singen und in Bewegung umsetzen

(Incy Wincy Spider, Hickory Dickory Dock, Toc, toc,toc, …)

Lieder singen und in Bewegung umsetzen(Head and shoulders, Happy birthday,

For he’s a jolly good fellow,Frère Jacques,

Sur le pont d’Avignon, …)

Sagengestalten und Helden kennen lernen(Robin Hood,

Merlin,Harry Potter,

Les Trois Mousquetaires,Le Petit Prince,

Astérix, …)

Märchen, Mythen, Fantasien

LandestypischeKinderliteratur

Reime und Lieder

Sagengestalten und Helden

Klassenstufen 1 / 2 Klassenstufen 3 / 4

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5. Feststellen des Lernerfolges

Kinder haben einen Anspruch darauf, dass ihre Leistungen und ihr Lernzuwachs

wahrgenommen und rückgemeldet werden.

Guter Unterricht benötigt daher Instrumentarien zur Feststellung des Lernerfol-

ges. Dies gilt für die Fremdsprachenarbeit ebenso wie für andere Lernbereiche.

Leistungsfeststellung und Leistungsrückmeldung müssen aber mit dem hier for-

mulierten Leistungsprofil und den Zielen anschluss- und anwendungsfähigen

Wissens kongruent sein. Daraus folgt, dass die Beschreibung und Dokumentation

von Leistungen in der Fremdsprachenarbeit sich Formen bedient, die den indi-

viduellen Lernzuwachs berücksichtigen und dem Kind regelmäßig Einblicke in

die Resultate seines Spracherwerbsprozesses bieten.

Die Arbeit mit dem Sprachenportfolio (s. Homepage Grundschule) ist ein taug-

liches Instrument, um Fremdsprachenkompetenz zu dokumentieren. Das Spra-

chenportfolio macht Ziele und Standards transparent und ermöglicht Kindern,

sich unterschiedlichen Kompetenzniveaus zuzuordnen und sich gleichzeitig auch

individueller Lernstrategien und selbstverantworteten Lernens bewusst zu

werden.

Dies gelingt aber nur, wenn das Sprachenportfolio über die Dokumentation hin-

aus zu einem Beratungs- und Rückmeldungsinstrument der Lehrerinnen und

Lehrer wird, die anhand dieses Dokuments regelmäßig Gespräche mit den

Kindern über Resultate ihres Spracherwerbsprozesses führen.

Das Sprachenportfolio bietet gleichzeitig gute Ansätze für die Unterrichtspla-

nung und ein förderndes Einwirken durch Lehrerinnen und Lehrer, es schafft

Transparenz für die Eltern und eröffnet Informations- und Kommunikationswege

zwischen der Primarstufe und der Sekundarstufe. Dadurch werden Brüche im

Übergang zwischen diesen Schulstufen vermieden.

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6. Qualitätsindikatoren in der Fremdsprachenarbeit

Die hier dargestellten Qualitätsindikatoren, die sich aus den vorausgehenden

Kapiteln ergeben, bieten Anhaltspunkte für die Bewertung und Evaluation von

Fremdsprachenarbeit im Sinne einer Qualitätssicherung.

Gute Fremdsprachenarbeit ist dabei sowohl durch die Rolle der Schülerinnen

und Schüler als auch die der Lehrerinnen und Lehrer definiert.

Schülerinnen und Schüler:

gehen mit Interesse und Neugier an fremdsprachliche Sachverhalte heran,

sind offen für neue Lernerfahrungen und besitzen Zutrauen zu ihren eige-

nen sprachlichen Fähigkeiten

bewegen sich sicher in elementaren fremdsprachlichen Situationen, halten

Verständnislücken aus, entwickeln Orientierungsmöglichkeiten und stellen

Nachfragen

spielen und experimentieren mit Sprache, entdecken Analogien zur Mut-

tersprache und stellen Vermutungen an, beschreiben und erklären ihre

Spracherfahrungen

bewegen sich auf vielfältige Weise in der Zielsprache und nutzen dabei alle

sprachlichen Möglichkeiten (auch Mimik, Gestik, Körpersprache)

entdecken und erforschen fremde Kulturen und nutzen selbstständig Hilfs-

mittel und Materialien

...

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Lehrerinnen und Lehrer:

sind sich der Bedeutung ihres sprachlichen Modellhandelns bewusst, ver-

wenden ein adäquates Sprachregister und verfügen über aktuelle fachliche

und didaktische Kompetenzen

gehen bei der Planung und Gestaltung ihres Unterrichts von der Fragehal-

tung und dem Erfahrungshorizont der Kinder aus und orientieren sich an

der Bedeutung von anschluss- und anwendungsfähigem Wissen

fördern ein positives Lernklima, in dem Kinder ohne Druck und Sanktio-

nen fremdsprachliche Lernerfahrungen sammeln können

führen neue fremdsprachliche Lerninhalte behutsam ein, bieten spiele-

rische und variantenreiche Übungsmöglichkeiten und achten auf hoch

redundantes Sprachmaterial

beobachten und begleiten das Sprachhandeln der Kinder, sehen Fehler als

Chance und ermöglichen, dass aus ihnen neue Lernerfahrungen gemacht

werden

geben den Kindern in geeigneter Form Rückmeldung über Resultate ihres

Spracherwerbsprozesses

stellen kindgemäße authentische Materialien zur Verfügung

informieren die Eltern über Belange des frühen Fremdsprachenlernens

...

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Der Teilrahmenplan Fremdsprache wurde erarbeitet von:

Hans-Josef Dormann, Ministerium für Bildung, Frauen und Jugend, MainzThomas Reviol, Grundschule Metternich-Oberdorf, Koblenz

An den vorbereitenden Arbeiten waren die folgenden Lehrerinnen beteiligt:

Karen Harding, Grundschule Mainz-Drais, Marc-Chagall-Schule, 55127 MainzAndrea Iber, Grundschule Willi-Graf-Schule, 56070 KoblenzKatharina Kesternich, Vischeltalschule, 53505 Berg-KrälingenAnnette Schiffmann, Grundschule Metternich-Oberdorf, 56072 KoblenzChristine Schmidt-Kukuk, Waldschule Montabaur, 56410 MontabaurCarmen Schulz, Grund- und Hauptschule Petersackerhof, 55413 Oberdiebach

Wissenschaftliche Beratung:

Prof. Dr. Peter Doyé, Universität BraunschweigProf. Dr. Heidemarie Sarter, Universität Koblenz-LandauProf. Dr. Gisela Schmid-Schönbein, Universität Koblenz-LandauProf. Dr. Dieter Wolff, Universität Wuppertal