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Rezidivikterus nach Pankreaskopfresektion wegen präpapillärer Gallengangstriktur

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Page 1: Rezidivikterus nach Pankreaskopfresektion wegen präpapillärer Gallengangstriktur

RedaktionB. Bokemeyer, MünchenB. Kohler, BruchsalW. Schepp, München

Gastroenterologe 2007 · 2:365–368DOI 10.1007/s11377-007-0094-5Online publiziert: 18. August 2007© Springer Medizin Verlag 2007

H. Lübke · C. SöllenböhmerKlinik für Innere Medizin II – Gastroenterologie und Hepatologie, HELIOS-Klinik Emil v. Behring, Berlin

Rezidivikterus nach Pankreas kopfresektion wegen präpapillärer Gallengangstriktur

Bild und Fall

Anamnese

Ein 67-jähriger Patient entwickelte aus völ-liger Gesundheit heraus einen schmerz-losen Ikterus. Computertomographisch fand sich eine Pankreaskopfvergrößerung präpapillär. Nach ERCP (.Abb. 1) und unter dem Verdacht eines Pankreaskopf-karzinoms erfolgte eine Whipple-Ope-ration mit regelrechtem postoperativem Verlauf. Die histologische Untersuchung ergab eine Entzündung mit chronischer Pankreatitis ohne Anhalt für Malignität.

Drei Monate später entwickelten sich erneut Schüttelfrost, Fieber und ein schmerzloser Ikterus mit acholischem Stuhl, Verfärbung des Urins und Pruritus. Postoperativ war ein Gewichtsverlust von 5 kg registriert worden,

Klinischer Befund: 67-jähriger ikte-rischer Patient in befriedigendem Allge-mein- und mäßigem Ernährungszustand (169 cm, 60 kg). Die Untersuchung er-brachte lediglich einen mäßigen Druck-schmerz im rechten Oberbauch, ansons-ten reizlose Narbenverhältnisse, keine Re-sistenz. Submandibulär ca. 2 cm großer, weicher, verschieblicher Lymphknoten.

Diagnostik

Sonographisch sind die intrahepatischen Gallenwege beidseitig gestaut, Erweite-rung des proximalen DHC. Im Ober-bauch-MRT ebenfalls dilatierte intrahe-patische Gallenwege. In der ERC bei Zu-stand nach Whipple-Resektion ist die He-patikojejunostomie erreichbar. Der dista-le Anteil des Ductus hepaticus commu-nis anastomosennah erscheint aufweit-bar, im Bereich der Hepatikusgabel deut-liche Einengung beider Ducti hepatici (.Abb. 2).

Abb. 1 8 Vor Whipple-Operation. a ERCP: DHC distal kurzstreckig, präpapillär hochgradig stenosiert; proximaler DHC ca. 1 cm weit. b Ductus Wirsungianus unregelmäßig mit filiformer KM-Reduzierung über 1,5 cm Strecke im Pankreaskopf vor der Fusionsstelle Ductus Wirsungianus – Ductus Santorini

Abb. 2 9 Nach biliodi-gestiver Anastomose. ERC: Klatskin-ähnliche Gallengangsstenose im Bereich der Hepati-kusgabel und kurzstre-ckig verbliebenem Gal-lengang bei Zustand nach Whipple-Opera-tion mit biliodigestiver Anastomose, intrahe-patische Gallenwege mäßig dilatiert

Ihre Diagnose? D

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Ergänzende Untersuchungen

Bilirubin 17,7 mg% (normal −1,1 mg%), AP 574 U/l, γ-GT 33 U/l, Immunglobu-line quantitativ normal, Autoimmunan-tikörper (ANA, AMA, ANCA) negativ, CA19-9 normal.

Verlauf

Trotz zweier innerer Drainagen in den rechten und linken Ductus hepaticus kam es zunächst zu einem weiteren An-stieg der Cholestaseparameter, zytolo-gisch und bioptisch ergab sich kein An-halt für ein Malignom. Die Neuanlage zweier Endoprothesen erbrachte keinen Rückgang der Cholestase, das Bilirubin stieg auf 22,8 mg%. Die histologische Un-tersuchung des 3 Monate zuvor entnom-menen Operationspräparates (Pankre-askopfresektion) zeigte in der Neubeur-teilung die Diagnose einer tumorartigen Myofibroblastenproliferation präpapil-lär mit Stenosierung des Ductus choledo-chus. Für die Differenzialdiagnose einer chronischen Cholangitis, für das Vorlie-gen eines Gallengangskarzinoms mit Re-zidiv in Form eines Klatskin-Tumors erg-ab sich nach CT, MRT und Leberpunktion kein Anhalt. Nach Beginn einer Kortikos-teroidtherapie (60 mg Prednisolon) kam es zu einem progredienten Abfall des Bi-lirubins und zu einem Rückgang der sub-mentalen Lymphknotenschwellung und des Pruritus. Die Endoprothesen wurden 4 Monate später entfernt, bis heute ist der Patient ohne Rezidiv.

Einige Jahre später zeigte ein 12-jäh-riger Enkel des Patienten bei der Abklä-rung eines Gewichtsverlustes und einer la-borchemischen Cholestase eine entzünd-liche Pankreaskopfvergrößerung. Nach-dem mittels Sono, CT, Endosono und Feinnadelpunktion ein Malignom weitge-hend ausgeschlossen wurde, bildeten sich die Veränderungen nach Beginn einer im-munsuppressiven Therapie mit Kortikos-teroiden und Azathioprin vollständig zu-

rück, klinisch ist der junge Patient darun-ter völlig beschwerdefrei.

Definition, Epidemiologie und Differenzialdiagnose

Inflammatorische myofibroblastische Tu-more (IMT) oder entzündliche Pseudo-tumore werden gewöhnlich in der Lunge und im oberen Respirationstrakt gefun-den. Lokalisationen in der Leber und im Bereich des intra- und extrahepatischen Gallenwegsystems sind selten. Immun-histochemische Untersuchungen dieser Läsionen in der periampullären Region des Pankreaskopfes und des distalen Gal-lenganges scheinen mit denen kompatibel zu sein, die auch bei autoimmuner Pank-reatitis beschrieben werden. Die Charak-teristika beschreiben unspezifische lym-phozytäre und eosinophile Infiltrate, ne-krotische Elemente, gelegentlich eine ok-klusive Phlebitis und eine Proliferation von Myofibroblasten (stark positive Re-aktion für Vimentin und Actin 1). Mor-phologisch und durch Befunde der Bild-gebung können diese Veränderungen ei-nen malignen Prozess mit Verschlussik-terus imitieren. ERCP und endosono-graphische Befunde können die Dignität der DHC-Stenose präoperativ nicht ein-deutig klären. Die Diagnose des entzünd-lichen Pseudotumors wird nach der Lite-ratur häufig histopathologisch erst am Re-sektionspräparat gestellt [1, 2, 3, 4].

Die Differenzialdiagnose einer autoim-munen Pankreatitis (AIP) soll heute nach den Kriterien der Japanischen Pankreas-gesellschaft (2002) sehr früh bedacht wer-den [5, 6]:Fim Pankreatogramm diffuse Ein-

engung des Hauptganges mit Irregu-larität der Wand (> ein Drittel des ge-samten Pankreas),

Fim Labor Erhöhung der γ-Globuline und/oder der IgG-Fraktion oder der Nachweis von Autoantikörpern,

Fhistopathologisch fibrotische Pankre-asveränderungen mit lymphozytären und Plasmazellinfiltraten.

Für die Diagnose einer AIP muss Kriteri-um 1 und 2 oder 3 vorhanden sein [7].

Die Pathogenese und die Ätiologie der entzündlichen biliären Pseudotumore bleiben hypothetisch. Bakterielle, parasi-täre oder virale (Eppstein-Barr-Virus) Ur-sachen werden diskutiert. Die vorliegende Beobachtung von 2 Betroffenen innerhalb einer Familie lässt eine (bisher nicht disku-tierte) genetische Komponente vermuten.

Behandlung

Da das klinische Bild des entzündlichen Pseudotumors häufig dem eines malignen Verschlussikterus ähnelt, ist eine radikal chirurgische Therapie (Resektion mit bi-liodigestiver Anastomose, Pankreatikodu-odenektomie) die logische Folge. Das An-sprechen auf eine Kortikosteroidtherapie – wie im vorliegenden Fall bei der Behand-lung des Rezidivikterus – verstärkt die Hy-pothese einer biliären und extrabiliären immunologischen/allergischen Reaktion. Ähnlichkeiten mit der lymphoplasmo-zytären sklerosierenden (autoimmunen) Pankreatitis, die ebenfalls auf Kortikoste-roide anspricht, werden hier verständlich. Biliäre Rezidive mit Striktur nach zuvor erfolgter radikaler Resektion wurden nur in Einzelfällen mitgeteilt. IMT-assoziier-te Lymphknotenschwellungen submandi-bulär, die ebenfalls auf die Gabe von Ste-roiden ansprechen, deuten auf eine Vari-ante oder einen besonderen Verlauf einer multifokalen entzündlichen inflammato-rischen Reaktion hin.

Fazit für die Praxis

Inflammatorische myofibroblastische Tu-moren (IMT) oder bestimmte Verlaufs-formen der autoimmunen Pankreatitis (AIP) können auch bei Einsatz der gesam-ten Bildgebung nicht immer von einem malignen Pankreaskopfprozess unter-schieden werden. Die Diagnose ist häu-fig erst am Resektionspräparat zu stellen. Biliäre Rezidive der Pseudotumoren wie auch die autoimmune Pankreatitis schei-nen auf eine immunsuppressive Therapie anzusprechen.

D Diagnose: Inflammatorischer myofibroblastischer Pseudotumor des Gallenganges

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Bild und Fall

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KorrespondenzadresseProf. Dr. H. Lübke

Klinik für Innere Medizin II – Gastroenterologie und Hepatologie, HELIOS-Klinik Emil v. BehringGimpelsteig 9, 14165 [email protected]

Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Literatur

1. Fukushima N, Suzuki M, Abe T, Fukayama M (1997) A case of inflammatory pseudotumour of the com-mon bile duct. Virchows Arch 431: 219–224

2. Walsh SV, Evangelista F, Khettry U (1998) Inflamm-atory myofibroblastic tumor of the pancreaticobili-ary region. Am J Surg Pathol 22: 412–418

3. Sobesky R, Chollet JM, Prat F et al. (2003) Inflamm-atory pseudotumor of the common bile duct. En-doscopy 35: 698–700

4. Martin Malagon A, Lopez-Tomassetti Fernandez E, Arteaga Gonzalez I et al. (2006) Inflammatory my-ofibroblastic tumor of the distal bile duct associa-ted with lymphoplasmacytic sclerosing pancreati-tis. Pancreatology 6:145–154

5. Nakazawa T, Ohara H, Sano H (2005) Clinical dif-ferences between primary sclerosing cholangitis and sclerosing cholangitis with autoimmune pan-creatitis. Pancreas 30: 20–25

6. Members of the Criteria Committee for Autoim-mune Pancreatitis of the Japan Pancreas Society (2002) Diagnostic criteria for autoimmune pancre-atitis by the Japan Pancreas Society. J Jpn Panc Soc 17: 585–587

7. Nakazawa T, Ohara H, Sano H (2007) Dificulty in di-agnosing autoimmune pancreatitis by imaging findings. Gastrointest Endosc 65: 99–108

Ein neues Enzym entfernt das Erbgut des AIDS-Erregers aus infizierten Zellen

Eine HIV-Infektion lässt sich bislang nicht

heilen. Die derzeitigen Therapien, die von

HIV-Positiven lebenslang eingenommen

werden müssen, verzögern nur den Ausbruch

von AIDS. Sie können das Virus aber nicht aus

infizierten Zellen entfernen. Den Forschern

vom Heinrich-Pette-Institut in Hamburg und

vom Max-Planck-Institut für Molekulare Zell-

biologie und Genetik in Dresden gelang es

jetzt erstmals, mit Hilfe einer Rekombinase,

das HIV-Erbmaterial wieder aus dem mensch-

lichen Erbgut herauszuschneiden (Indrani

Sarkar, Ilona Hauber, Joachim Hauber, Frank

Buchholz 2007. HIV-1 Proviral DNA Surgery

with an Evolved Recombinase. Science 316

(5833:1912-5).

Rekombinasen spalten und or-ganisieren DNA-Sequenzen neu. Die Wissenschaftler gingen dabei von einer ursprünglichen Rekombinase aus, die nur bestimmte DNA-Sequenzen erkennt und schneidet. Das Enzym Cre erkennt eine Sequenz, die dem HIV-Erbgut nur entfernt ähnlich ist. Daraus züchteten sie in über 120 Generationen das HIV-spezifische Enzym Tre heran, das nunmehr in mensch-lichen Zellkulturen erfolgreich getestet wurde.

Inwiefern dieser neue Ansatz die tech-nische Grundlage sein kann, später einmal das Virus aus Patientenzellen zu entfernen, die mit HIV infiziert sind, hängt davon ab, wie effektiv und sicher sich die Rekombi-nase in die infizierten Zellen des mensch-lichen Körpers einbringen lässt.

Quelle: Max-Planck-Institut für Molekulare

Zellbiologie und Genetik, Dresden

Rund und aggressiv: Wie Krebs-zellen in ihre Angriffs-Form wechseln

Runde Tumorzellen sind besonders beweg-

lich und aggressiv. Um in gesundes Köper-

gewebe einzudringen und Metastasen zu

streuen, wechseln Krebszellen häufig in eine

Kugelform. Das Protein „Diaphanous1“ (Dia1)

steuert die Bildung bestimmter Strukturen

des Zellskeletts und damit dessen Form.

Dadurch ist die Krebszelle in der Lage, eine

dynamische, runde Gestalt anzunehmen.

Sie passen sich der jeweiligen Beschaf-fenheit des Gewebes an, indem sie ihre Form ständig verändern. Ähnlich wie Em-bryonalzellen können Krebszellen gewis-sermaßen einen Schalter umlegen, um von einer Zellgestalt in die andere zu wechseln.

Heidelberger Forscher entdeckten, dass „Dia1“ durch einen Mechanismus, der sich selbstständig verstärkt, die Aktin-Baue-lemente des Zellskeletts koordiniert, und zwar dann, wenn das Zellskelett sich zu-sammenzieht: Die Voraussetzungen für die Kugelform der Tumorzelle sind geschaffen. (Kitzing TM, Sahadevan AS, Brandt Di et al. (2007) Positive feedback between Dia 1, LARG, and RhA regulates cellmorphology and invasion. Genes Dev 21:1478-83).

In der Zukunft könnte es möglich sein, die Aktivität der Proteine aus der Diapha-nous-Molekülgruppe gezielt zu hemmen und eindringende Krebszellen wirksam zu bekämpfen

Quelle: Universität Heidelberg,

www.uni-heidelberg.de

Fachnachrichten

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