Upload
phamanh
View
219
Download
2
Embed Size (px)
Citation preview
Research Collection
Doctoral Thesis
Beitrag zum Studium pharmazeutischer Inkompatibilitäten mitbesonderer Berücksichtigung der synthetischen Stickstoffbasen
Author(s): Jaspersen, Hans-Peter
Publication Date: 1963
Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000131809
Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted
This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection. For moreinformation please consult the Terms of use.
ETH Library
Prom. Nr. 3327
Beitragzum Studium pharmazeutischer
Inkompatibilitätenmit besonderer Berücksichtigung der synthetischen
Stickstoffbasen
Von der
EIDGENÖSSISCHEN TECHNISCHEN
HOCHSCHULE IN ZÜRICH
zur Erlangung
der Wurde eines Doktors der Naturwissenschaften
genehmigte
PRO MOTIONSARBEIT
Vorgelegt von
HANS-PETER JASPERSEN
dipl Apotheker
danischer Staatsangehöriger
Referent Herr Prof Dr J Buchi
Korreferent Herr Prof Dr P P Speiser
Juris Verlag Zurich
1963
Meinen lieben Eltern
und
meiner lieben Frau
Die vorliegende Arbeit wurde in der pharmazeutisch-chemischen Abteilung des
Pharmazeutischen Institutes der Eidgenössischen Technischen Hochschule unter der
Leitung von
Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. J. Büchi
ausgeführt. Meinem hochverehrten Lehrer möchte ich für das Interesse, mit wel¬
chem er diese Arbeit leitete, und für sein persönliches Wohlwollen herzlich danken.
Mein Dank gebührt auch dem Schweizerischen Apotheker-Verein für finanzielle
Unterstützung dieser Arbeit und seinem damaligen Präsidenten, Herrn Dr. W.
Birnstieli" sowie meinem damaligen Chef an der Wissenschaftlichen Zentral¬
stelle des Schweizerischen Apotheker-Vereins, Herrn P-of. Dr. K.Steiger -
T r ipp i, auf deren Anregung mir diese Unterstützung gewährt wurde.
- 3 -
INHALTSVERZEICHNIS
Theoretischer Teil
Definition und Charakter der pharmazeutischen Inkompatibilität 7
Einteilung der Inkompatibilitäten 10
2.1 Physikalische Inkompatibilitäten 11
2.2 Chemische Inkompatibilitäten 12
2.3 Therapeutische Inkompatibilitäten 14
Zusammenfassung der neueren Literatur über Inkompatibilitäten 15
und grundsätzliche Eigenschaften einiger Inkompatibilitätenaufweisender Gemische
3.1 Physikalische Inkompatibilitäten 15
3.11 Auf Nichtmischbarkeit von Flüssigkeiten zurückzu- 16
führende Inkompatibilitäten
3.12 Auf ungenügende Löslichkeit einer Substanz zurück- 16
zuführende Inkompatibilitäten
3.13 Auf Verflüssigung fester Arzneizubereitungen zurück- 21
zuführende Inkompatibilitäten
3.14 Auf Verfestigung flüssiger Arzneizubureitungen zurück- 22
zuführende Inkompatibilitäten
3.15 Auf Aenderung des Dispersitätsgrades zurück- 23
zuführende Inkompatibilitäten
3.2 Chemischeinkompatibilitäten 25
3.21 Entstehen neuer chemischer Bindungen 26
3. 21.1 Entstehen von Salzbindungen im Verlaufe 26
einer Ionenreaktion
3. 21. 2 Bildung von Doppelsalzen 28
3.21.3 Doppelte Umsetzungen 28
3. 21. 4 Entstehen von Molekülverbindungen bzw. 34
Ionen- und Molekülverbindungen in Form
von Komplexen
3.21. 5 Entstehen von zwischenmolelmlaren Asso- 38
ziationsverbindungen
3.21.6 Veresterungen und Aetherbi düngen 57
3.21.7 Bildung eutektischer Gemische 58
3. 22 Die Auflösung bestehender chemischer Bindungen 58
(Solvolyse)
- 4 -
3. 23 Die Abhängigkeit der Zustandsform schwacher, 60
schwerlöslicher Säuren und Basen vom pH der
Lösung
3.24 Aenderung des Oxydationszustandes 68
3.25 Razemisierung 70
3.3 Therapeutischeinkompatibilitäten 70
3.31 Antagonistische Wirkung von gleichzeitig verabreichten 70
Substanzen, bzw. Substanzmischungen
3.32 Synergistische Wirkung von gleichzeitig verabreichten 71
Substanzen, bzw. Substanzmischungen
3.33 Förderung oder Hemmung der Wirkung eines Arznei- 71
mittels durch die für die Arzneiformung verwendeten
Hilfsstoffe (insbesondere Löslichkeitsvermittler)
4. Zusammenfassende Arbeiten über Inkompatibilitäten oder Gruppen 73
von solchen
Praktischer Teil
5. Die untersuchten Substanzen 74
5.1 Synthetische organische Stickstoffbasen, Charakterisierung 74
der Substanzen
5. 2 In Kombination mit den unter 5.1 angeführten Substanzen 84
geprüften Zusatzstoffe
6. Die Reaktionstypen bei den synthetischen organischen Stickstoffbasen 90
6.1 Allgemeines über die Versuchsbedingungen 90
6.1.1 Versuche mit Lokalanaesthetica 93
6.1.2 Versuche mit Antihistaminica 97
6.1. 3 Versuche mit Acridinderivaten 105
6.1. 4 Versuche mit stickstoffhaltigen Basen anderer 112
Konstitution und verwandten Substanzen
6. 2 Zusammenfassung der Resultate der Fällungsversuche 117
6. 2.1 Resultate mit Lokalanaesthetica 118
6. 2. 2 Resultate mit Antihistaminica 125
6. 2. 3 Resultate mit Acridinderivaten 133
6. 2. 4 Resultate mit Stickstoffbasen anderer Konstitution 139
und verwandten Substanzen
6. 3 Die Abhängigkeit der Resultate von den reaktiven Funktionen 142
der Wirkstoffe
7. Einzelheiten über die Reaktionen der synthetischen organischen 147
Stickstoffbasen
- 5 -
7.1 Physikalische Inkompatibilitäten 147
7.1.1 Herabsetzung der Löslichkeit infolge des Aussalz- 147
effektes eines weiteren gelösten Stoffes
7.2 Chemische Inkompatibilitäten 156
7. 2.1 Entstehen von Salzbindungen im Verlaufe einer 156
Ionenreaktion
7.2.1.1 Analysenmethoden, Allgemeines 156
7.2.1.2 Die Hochfrequenztitration 157
7.2.1.3 Spektrophotometrische Bestimmung von 162
Aethacridin
7.2.1.4 Kolorimetrie von Tripelemuunin als 163
Reineckat
7.2.1.5 Fällungsversuche, Allgemeines 164
7.2.1.6 Bestimmung der Löslichkeit unlöslicher 165
Aethacridinsalze als Inkompatibilität
7. 2.1. 7 Bestimmung der Löslichkeil von Tripelenna- 172
miniodid
7.2.2 Entstehen von Molekülverbindungen, Versuche mit 172
Promethazinhydrochlorid
7. 2. 2.1 Allgemeines 172
7.2.2.2 Abhängigkeit von der Reaktion der Lösung 172
7. 2. 2. 3 Quantitative Verhältnisse 174
Zusammenfassung 176
Leer - Vide - Empty
- 7 -
THEORETISCHER TEIL
1. DEFINITION UND CHARAKTER DER PHARMAZEUTISCHEN
INKOMPATIBILITAET
Die Unverträglichkeit von Arzneimitteln in Mischungen ist im Laufe der Ent¬
wicklung der Arzneipräparate unter verschiedenen Aspekten betrachtet worden.
Beruhten die ältesten Arzneipräparate auf dem Prinzip der Mischung möglichst
zahlreicher Komponenten, wie sie am mannigfaltigsten in den Theriakpräparaten
des Mittelalters und der beginnenden Neuzeit vorkommen, so zeichnet sich in der
Folge die Entwicklung zur Mischung von jeweils als wirksam erkannten einzelnen
Arzneistoffen und -Präparaten zu Kombinationspräparaten ab. Die Inkompatibilität
trat zunächst eher als ein technisches Hindernis auf, durch welches die Herstellung
eines äusserlich ansprechenden Präparates erschwert wurde, und welchem man
durch technische Massnahmen wie z. B. Filtration begegnen konnte. Mit der Ent¬
wicklung der pharmazeutischen Chemie und der immer grösser werdenden Bedeu¬
tung der synthetischen Arzneimittel wurde die Inkompatibilität zum chemischen
Problem. Bei der Kombination zweier wohldefinierter chemischer Arzneimittel
liess sich bereits einigermassen abschätzen, ob eine Reaktion stattfinden könnte
und welche Richtung sie gegebenenfalls nehmen würde. Mit der genaueren und sy¬
stematischeren Kenntnis der Materie ergaben sich auch neue Gesichtspunkte, indem
gewisse physiologische und pharmakodynamische Reaktionen als Folgen von Inkom¬
patibilitäten bewertet werden konnten, entweder als Folgen unerwünschter Reaktionen,
die unter Umständen nicht einmal sichtbar oder nicht mit chemischen Mitteln zu ver¬
folgen waren, oder als Folgen von Reaktionen, die überhaupt erst im Organismus sel¬
ber stattfinden konnten. Endlich wurden auch die Massnahmen zur Verhinderung oder
Behebung von Inkompatibilitäten nach theoretischen Grundlagen festgelegt, indem die
empirisch gewonnenen Erfahrungen rationell ausgewertet wurden. Das Wesen der
pharmazeutischen Inkompatibilität liegt aber immer - unabhängig vom ändernden
Stand der Erkenntnis - im Auftreten einer unvorhergesehenen und unerwünschten
Auswirkung eines Arzneimittels oder in der Abschwächung oder Aufhebung der beab¬
sichtigten Wirkung, ganz gleich, ob diese bei der Zubereitung, Lagerung oder Ver¬
wendung erfolgt und unangesehen wie sich die Abweichung eventuell beheben lässt.
- 8 -
Wir definieren auf Grund dieser Ueberlegungen die pharmazeutische Inkompa¬
tibilität als
eine nicht beabsichtigte und nicht vorhergesehene, sichtbare oder versteckte
Aenderung einer Kombination von zwei oder mehreren Arznei- oder Hilfsstof¬
fen, durch welche die beabsichtigte arzneiliche Wirkung oder die vorgesehene
technische Zustandsform der Kombination im ungünstigen Sinne beeinflusst
wird, und welche nur durch das Verhalten der einzelnen Bestandteile zu¬
einander bedingt ist.
Nach diesem Grundsatz Hessen sich die bekannten Inkompatibilitäten bereits
seit geraumer Zeit in die unten aufgeführten drei Hauptgruppen physikalische, che¬
mische und therapeutische Inkompatibilitäten einteilen.
Indessen schliesst unsere Definition auch gewisse Reaktionen aus, die zeit¬
weise als Inkompatibilitäten behandelt werden. Insbesondere sind beabsichtigte Reak¬
tionen nicht als Inkompatibilitäten aufzufassen, auch wenn der Typus der Reaktion
demjenigen einer Unverträglichkeitsreaktion durchaus entspricht. Als Beispiel sei
die Verflüssigung von Cocainhydrochlorid, Menthol und Phenol im Liqueur de Bo-
nain (1) erwähnt, welche zwar auf einer Unverträglichkeit dieser drei Substanzen im
kristallinen Zustand beruht, aber vorausgesehen und zweckmässig ist. Bei Fragen
der Löslichkeit wie z. B. die Ordination von verflüssigtem Phenol in Paraffinöl (2)
kann die Grenze zwischen Kunstfehler und Inkompatibilität bei einer Ordination nicht
immer klar gezogen werden.
Die Abhängigkeit eventueller Inkompatibilitäten von den Eigenschaften der ver¬
schiedenen Arzneisubstanzen (Löslichkeiten, Reaktionsfähigkeiten, Temperaturbe¬
einflussung usw. ) sind häufig unübersichtlich und für den ordinierenden Arzt und
bisweilen auch für den ausführenden Apotheker nicht immer leicht vorauszusehen.
Noch weitaus schwieriger für den ausführenden Apotheker wird die Abschätzung im
FaUe der therapeutischen Inkompatibilitäten, wenn es sich z. B. um Synergismus
und Antagonismus zweier gleichzeitig verabreichter Arzneistoffe handelt.
In der vorliegenden Arbeit soll eine Uebersicht über die neueren zur Aufklärung
pharmazeutischer Inkompatibilitäten geleisteten Arbeiten gegeben werden. Auf Grund
dieser Uebersicht soll ein experimenteller Beitrag zu den Kontrollmethoden sowie
zur systematischen Abgrenzung der Möglichkeiten für das Auftreten von Inkompati-
1) Codex Medicamentarius Gallicus (Codex Français), VITe éd., Paris 1949, p. 474.
2) Koch K., Dtsch. Apoth. Ztg. 96, 774(1956).
- 9 -
bilitäten geleistet werden. Insbesondere sollen dabei die synthetischen organischen
Stickstoffbasen (Nicht-Alkaloide) Berücksichtigung finden, von welchen die folgenden
Versuchssubstanzen:
Procainhydrochlorid, Amylocainhydrochlorid, Cinchocainhydrochlorid, Me-
pyraminmaleat, Tripelennaminhydrochlorid, Antazolinhydrochlorid, Pro-
methazinhydrochlorid, Diphenhydraminhydrochlorid, Proflavinsulfat, Acri-
flaviniumchlorid, Aethacridinlaktat, Cetylpyridiniumchlorid, Nitrofural,
Naphazolinnitrat und Tolazolinhydrochlorid
als praktische Beispiele für diese chemische Stoffklasse und verwandte Substanzen
diener. Die Untersuchung typischer Reaktionen soll insbesondere unter Ausnutzung
der zugrundliegenden pharmazeutisch-chemischen Gesetzmässigkeiten erfolgen.
- 10 -
2. EINTEILUNG DER INKOMPATIBILITAETEN
Die oben erwähnte Einteilung in die drei Haupttypen der physikalischen, chemi¬
schen und therapeutischen Inkompatibilität ergibt sich zunächst aus dem visuellen
Eindruck der jeweiligen Inkompatibilität.
Die physikalische Inkompatibilität lässt sich im allgemeinen sofort durch eine
sichtbare Zustandsänderung des Gemisches erkennen. Bei der chemischen Inkom¬
patibilität braucht dies nicht unbedingt der Fall zu sein, und bei der therapeutischen
ist es selten der Fall. Zwischen der physikalischen und der chemischen Inkompati¬
bilität kann die Grenze verwischt sein.
Trotzdem erscheint es praktisch, diese beiden Kategorien aufzutrennen, so¬
dass man als physikalische Inkompatibilitäten Zustandsänderungen in festen und in
flüssigen, nichtwässrigen Systemen von zwei oder mehreren nicht mischbaren Pha¬
sen bezeichnet, sowie Zustandsänderungen, an denen mehrere nicht mischbare Pha¬
sen beteiligt sind, von denen die eine wässrig ist. Die physikalische Inkompatibilität
ist also im allgemeinen durch Aenderung oder Nichtänderung der Phasen - je nach
Zweck des Arzneimittels ist entweder ersteres oder letzteres als Inkompatibilität
zu werten - gekennzeichnet, oder durch die Verteilung einer dritten Phase zwischen
zwei nicht mischbaren Phasen.
Als chemische Inkompatibilitäten bezeichnet man die Zustandsänderung in wäss-
rigen Systemen oder in anderen Systemen, die aus zwei oder mehreren mischbaren
Phasen bestehen. Die chemische Inkompatibilität ist wie der Name besagt durch den -
mehr oder weniger vollständigen - Verlauf einer chemischen Reaktion gekennzeichnet.
Eine Phasenänderung kann auch hier eintreten, ist aber durch den Verlauf der chemi¬
schen Reaktion bedingt.
Die chemische und die physikalische Inkompatibilität unterliegen der Kontrolle
des Apothekers, während die therapeutische Inkompatibilität eher in den Bereich des
Arztes gehört und zudem nicht ohne weiteres kontrollierbar ist. Während die beiden
ersteren meistens schon bei der Herstellung eines Arzneimittels ersichtlich sind,
spielen bei der Beurteilung der therapeutischen Inkompatibilität auch die Reaktions¬
bedingungen, welche der lebende Organismus zur Verfügung stellt, eine entscheidende
Rolle. Diese können naturgemäss bei der Verabreichung zweier Stoffe an verschiedene
Patienten erhebliche Unterschiede aufweisen, sodass bei einem Teil der Patienten
zwischen den betreffenden Stoffen eine therapeutische Inkompatibilität besteht und bei
einem anderen Teil nicht. Schon aus diesem Grunde gehört die therapeutische Inkom-
- 11 -
patibilität in eine gesonderte Gruppe und soll auch in dieser Arbeit, abgesehen von
der Charakterisierung durch einige Beispiele, nicht behandelt werden.
Die Einteilung der erwähnten drei Haupttypen von Inkompatibilitäten in ver¬
schiedene, zur Beurteilung praktische Untergruppen geht aus der folgenden Ueber-
sicht hervor; wobei das in der Arbeit verwendete Dezimalsystem zur Erleichterung
von Hinweisen so angelegt ist, dass Zehnerziffern an zweiter Stelle stets physika¬
lische Inkompatibilitäten bedeuten, Zwanzigerziffern stets chemische Inkompatibili¬
täten und Dreissigerziffern stets therapeutische Inkompatibilitäten.
2. 1 Physikalische Inkompatibilitäten
2.11 Auf Nichtmischbarkeit von Flüssigkeiten zurückzuführende Inkompatibilitäten
2.12 Auf ungenügende Löslichkeit einer Substanz zurückzuführende
Inkompatibilitäten:
2.12.1 Ungenügende Löslichkeit in dem zur Verfügung stehenden Lösungs¬
mittel
2.12. 2 Herabsetzung der Löslichkeit infolge Zusatzes eines weiteren, mit
dem ursprünglichen mischbaren Lösungsmittel
2.12.3 Aenderungen in der Verteilung zwischen zwei nicht mischbaren Phasen
(Adsorption)
2.12. 4 Herabsetzung der Löslichkeit infolge des Aussalzeffektes eines weite¬
ren gelösten Stoffes
2.13 Auf Verflüssigung fester Arzneizubereitungen zurückzuführende Inkompatibili¬
täten, sofern die Verflüssigung nicht auf chemischen Reaktionen, sondern nur auf
physikalischen Vorgängen beruht (hygroskopische Gemische, Aufnahme von Kristall¬
wasser, Schmelzpunktsdepression, Verflüssigung von Gelen)
2.14 Auf Verfestigung flüssiger Arzneiformen zurückzuführende Inkompatibilitäten
- 12 -
2.15 Auf Aenderung des Dispersitätsgrades zurückzuführende Inkompatibilitäten:
2.15.1 Bei kolloidalen Lösungen
2.15. 2 Bei grobdispersen Systemen
2.2 Chemische Inkompatibilitäten
Diese lassen sich nach der Art der Reaktion oder des Reaktionsproduktes ein¬
teilen. Die letztere Einteilung ist praktisch, wenn von einer bereits vorliegenden
Inkompatibilität- vergleichende Schlüsse gezogen werden müssen, bzw. wenn vom
Reaktionsprodukt auf die Ursache der Reaktion zurückgegriffen werden soll. In die¬
sem Falle teilt man praktisch nach Fällung, Verfärbung, Gasentwicklung, Explosion,
Konsistenzänderung (3, 4) ein, sofern es sich um sinnlich wahrnehmbare Verände¬
rungen handelt. Für Handbuchzwecke sowie für Arbeiten von Uebersichtscharakter
eignet sich die Anordnung nach Einzelstoffen oder Stoffklassen (5, 6, 7, 8). In eini¬
gen Fällen werden Reaktionsprodukte und die Art der chemischen Prozesse der Ein¬
teilung zu Grunde gelegt (3, 9), oder die Einteilung wird ausschliesslich nach der
Art der chemischen Reaktion vorgenommen (10). Die neuere Entwicklung der Phar¬
mazie bedingt eine Verlegung des Schwergewichtes in der Herstellung von Arznei¬
mitteln von der magistralen Einzelrezeptur auf die Defektur und die Fabrikation. Da
infolgedessen die Voraussage von sämtlichen möglichen Reaktionen eines Arzneimit¬
tels oder einer Gruppe von Arzneimitteln grössere Bedeutung erlangt hat als die Vor¬
aussage von Inkompatibilitäten in einzelnen Ordinationen oder Ordinationstypen,
3) Keller O., Studie über Inkompatibilitäten von Arzneimitteln, Diss. ETH 696
Zürich 1932.
4) Corte si R. und Béguin Ch., Introduction à l'étude de la Pharmacie,Genève 1943, S. 952 ff.
5) Ruddiman E.A. und Nichols A.B., Incompatibilities in Prescriptions,6th ed., John Wiley & Sons, New York 1936.
6) Martin E.W. (ed.), Husa's Pharmaceutical Dispensing, 5th ed., Mack Pub¬
lishing Comp., Easton(Pa.), 1959, S. 351 ff.
7) Koch K., Dtsch. Apoth. Ztg. 96, 754 ff. (1956).8) van Ark el CG., Onverenigbaarheid van Geneesmiddelen, 4. Aufl., D.B.
Centens Uitgevers-Mj. N. V., Amsterdam 1954.
9) Münzel K., Büchi J. und Schultz O.-E., Galenisches Praktikum, Wis¬
senschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 1959, S. 927 ff.
10) Go ris A. und Liot A., Incompatibilités pharmaceutiques, 2'eéd., Librai¬
rie E. Le François, Paris 1941, S. 18 ff.
- 13 -
scheint die Einordnung nach Art der Reaktion die zweckmässigste zu sein. Bei dem
im folgenden angegebenen Einordnungssystem muss beachtet werden, dass die dort
angeführte Reaktion jeweils nur dann zu einer Inkompatibilität führt, wenn dadurch
die in einem System enthaltene wirksame Form eines Wirkstoffes in eine unwirksa¬
me, weniger wirksame oder anders wirkende Form überführt wird, oder wenn eine
technisch unvorteilhafte Zustandsform des Gemisches entsteht.
2. 21 Entstehen neuer chemischer Bindungen:
2. 21.1 Entstehen von Salzbindungen im Verlaufe einer Ionenreaktion (Bildung
unlöslicher anorganischer Salze oder schwerlöslicher Salze von orga¬
nischen Basen)
2. 21. 2 Bildung von Doppelsalzen
2. 21. 3 Doppelte Umsetzungen
2. 21.4 Entstehen von Molekülverbindungen bzw. von Ionen- und Molekülver¬
bindungen durch Bildung eines Komplexes in einer Lösung
2. 21. 5 Entstehen von zwischenmolekularen Assoziationsverbindungen
2. 21. 6 Veresterungen und Aetherbildungen
2. 21. 7 Die Bildung eutektischer Gemische durch Reaktion zwischen festen Stof¬
fen (im Gegensatz zu der auf einer Feuchtigkeitsaufnahme beruhenden
Verflüssigung, welche als physikalische Inkompatibilität in 2.13, S. 11,
einzureihen ist)
2. 22 Die Auflösung bestehender chemischer Bindungen. Durch Solvolyse bedingte
Prozesse (Hydrolysen bzw. Verseifungen, soweit sie nicht lagerungsbedingt und
daher als Haltbarkeitsprobleme aufzufassen sind, Alkoholysen und andere Um-
esterungsprozesse)
- 14 -
2. 23 Aenderung der Zustandsform durch Einfluss der Reaktion (pH) des Gemisches.
Einflüsse des pH einer Lösung bzw. des Dissoziationsgrades der gelösten Substanz
auf die Zustandsform der Substanz in wässeriger Lösung (Fällung schwer löslicher
Basen oder Säuren, Verdrängungsreaktionen)
2. 24 Aenderung des Oxydationszustandes
2. 24.1 Reduktion einer im Redox-System nur als Ox-Form wirksamen
Komponente
2. 24. 2 Oxydation einer im Redox-System nur als Red-Form wirksamen
Komponente
2. 25 Razemisierung
2.3 Therapeutische Inkompatibilitäten
2. 31 Antagonistische Wirkung von gleichzeitig verabreichten Substanzen bzw.
Substanzmischungen
2.32 Synergistische, evtl. toxische Wirkung von gleichzeitig verabreichten
Substanzen bzw. Substanzmischungen
2.33 Förderung oder Hemmung der Wirkung eines Arzneimittels durch die für die
Arzneiformung verwendeten Hilfsstoffe (insbes. Löslichkeitsvermittler)
- 15 -
3. ZUSAMMENFASSUNG DER NEUEREN LITERATUR UEBER INKOMPATIBILI-
TAETEN UND GRUNDSAETZLICHE EIGENSCHAFTEN EINIGER, INKOMPATIBI-
LITAETEN AUFWEISENDER GEMISCHE
3.1 Physikalische Inkompatibilitäten
Zu den physikalischen Inkompatibilitäten allgemein lassen sich eine Anzahl
von Erscheinungen rechnen, bei welchen der genaue Vorgang, sei er physikalisch
oder eventuell auch chemisch, z. T. noch nicht untersucht ist, und wo der physika¬
lische Charakter der betreffenden Inkompatibilität am stärksten in Erscheinung tritt.
Diese Gruppe umfasst insbesondere Salben- und Suppositoriengrundlagen, und hier
insbesondere die neueren hydrophilen Kolloide sowie die höheren Fettalkohole und
Aethylenoxydkondensate. Die Inkompatibilität von Traganthsalben mit Teeren, orga¬
nischen Säuren, Phenolenund Ichthyol wurden von Kaufmann und Mitarb. (11) un¬
tersucht. Zathurecky und Mitarb. (12) untersuchten die Kompatibilität von Ben-
tonit-, Methylcellulose- und Pektinsalbengrundlagen mit verschiedenen Arzneimit¬
teln, während Cronk und Zopf (13) ebenfalls in Tabellenform die Inkompatibili¬
täten der Hydroxyäthylstärke in verschiedenen Rezepten angaben. Lehmann und
Granert (14) bearbeiteten die Inkompatibilitäten der Unguenta hydrophilica I, II
und HI der Praescriptiones magistrales des Schweizerischen Apothekervereins, und
Rosenthaler und Bayraktar (15) stellten bei der Bearbeitung von anderen
Salbeninkompatibilitäten fest, dass eine gegebene Reaktion zwischen Wirkstoffen
durch Zusatz von Vaselin nur verzögert, nicht aber verhindert werden kann. Die In¬
kompatibilitäten der Polyäthylenglycole wurden von Beuttner und Steiger (16)
zusammengefasst. Ritschel (17) untersuchte den Einfluss verschiedener Zusätze
auf das physikalische Verhalten einer Suppositoriengrundmasse. Johnson und
Thomas (18) fanden, dass Polyäthylenglycol-400-monostearat (Tween 80) mit
11) Kaufman J.W., Burlage H.N. und Lloyd W. R., J. amer, pharm. Ass.
(pract. Ed.) 16_, 234 (1955).12) Zathurecky L., Gruntova Z. und Somoskeöy G., Kosmetik-Parfum-
Drogen-Rundschau 7_, 97 (1960).13) Cronk D.H. und Zopf L.C., J. amer, pharm. Ass. (pract. Ed.) 14, 302
(1953).14) Lehmann H. und Granert W., Schweiz. Apoth. Ztg. 95_, 727(1957).15) Rosenthaler L. und Bayraktar S., Pharm. Acta Helv. 19, 205(1944).16) Beuttner W. und Steiger K., Schweiz. Apoth. Ztg. 96, 293(1958).17) Ritschel W. A., Pharm. Ind. 23, 275(1961).18) Johnson CA. und Thomas ~J\ A., Pharm. J. 175, 51 (1955).
- 16 -
Phenol, Resorzin, Gerbsäure und mit konz. Kochsalzlösung inkompatibel ist und
ferner, dass die baktericide Wirkung quaternärer Ammoniumbasen durch Zusatz der
vierfachen Menge Tween aufgehoben wird. Czetsch-Lindenwald (19) führte
den Begriff der larvierten Inkompatibilität ein, unter welchem äusserlich unsicht¬
bare Aenderungen meist physikalischen Charakters zu verstehen sind, welche die
Resorption oder die Lagerfähigkeit des fertigen Medikamentes beeinflussen. Hiezu
gehören Beeinflussung der Wirkstoffabgabe durch Silicone ("Einmauerung"), durch
Feuchthalter wie Glycerin und Polyglycole, sowie durch grenzflächenaktive Stoffe
wie Tweens, ferner die Adsorption von Wirkstoffen an Pflanzenschleime oder an
thixotrope Feststoffe.
Ausser den erwähnten Arbeiten allgemeinen Charakters werden im folgenden
noch Einzelbeispiele gegeben, deren jedes für eine der in 2 aufgestellten Untergrup¬
pen der physikalischen Inkompatibilitäten charakteristisch ist.
3.11 Auf Nichtmischbarkeit von Flüssigkeiten zurückzuführende Inkompatibilitäten
Die Verschreibung nicht mischbarer Flüssigkeiten wie z. B. in der Einleitung
erwähnt (2) oder im Falle der Verordnung von Chloroform in wässrigen Elixiren
beruht im allgemeinen auf Unkenntnis der Mischbarkeitsverhältnisse. In der vor¬
liegenden Literatur konnten keine neueren Beispiele dieser Gruppe gefunden werden.
3.12 Auf ungenügende Löslichkeit einer Substanz zurückzuführende
Inkompatibilitäten
3.12.1 Ungenügende Löslichkeit in dem zur Verfügung stehenden Lösungsmittel
Benzocain lässt sich fein pulverisiert zu 1 % in vorher geheiztem Glycerin und
ohne Heizen in Propylenglycol klar lösen (20), während es an sich in Glycerin schwer¬
löslich ist. Schwefel in einem wässrigen Präparat mit Aqua Laurocerasi steigt an die
Oberfläche der Mischung. Die Erscheinung wurde von Ro sent haier (21) als Flota¬
tionserscheinung infolge der am Schwefel adsorbierten Luft und des im Aqua Lauro-
19) Czetsch-Lindenwald H., Scientia pharm. 26, 197(1958).20) N. N., J. amer, pharm. Ass. (pract. Ed.) U, 6T0 (1953).
- 17 -
cerasi vorhandenen Oeles gedeutet. Sie lässt sich vermeiden, indem Schwefel wie
bei wässrigen Suspensionen üblich vor der Verwendung mit Alkohol befeuchtet wird.
Die Suspension von Schwefel in Wasser lässt sich durch Hydroxyäthylstärke (cold
water soluble) (22) verbessern. Kaliumchlorat wurde in einer Lösung für Mundspü¬
lungen mit Glycerin, Thymol und Wasserstoffsuperoxydlösung in einer nicht mehr
löslichen Menge verschrieben (23), ebenso Jod in Olivenöl (24).
3.12. 2 Herabsetzung der Löslichkeit infolge Zusatzes eines weiteren, mit
dem ursprünglichen mischbaren Lösungsmittel
Bei der Mischung von Tinctura Hyoscyami mit einem Elixir mit zu niedrigem
Alkoholgehalt (25) wurden die Extraktivstoffe der Tinktur als schwarzer Niederschlag
erhalten, ebenso erfolgte bei der Mischung von Tinct. Myrrhae mit wasserhaltigen
Tragmitteln ein Niederschlag (26). Die Abnahme der Löslichkeit von Strychnin in
Alkohol bei Zusatz von Wasser wurde von Wallace und Poe (27) untersucht, wel¬
che eine maximale Löslichkeit in 80-proz. Aethyl- oder Isopropylalkohol fanden und
diese Erscheinung mit der Bildung von Assoziaten mit einem oder beiden Bestandtei¬
len des Lösungsmittelgemisches erklärten. Wirkstoffe in fetten Zäpfchenmassen kön¬
nen nach Czetsch-Lindenwald (28) bereits durch die Gegenwart von Kristall¬
wasser in ihrer Löslichkeit oder Reaktionsfähigkeit im Sinne einer Inkompatibilität
beeinflusst werden.
21) Rosenthaler L., Pharm. Acta Helv. 13_, 1(1938).22) N. N.
,J. amer, pharm. Ass. (pract. Ed.) 14, 678(1953).
23) N. N.,
J. amer, pharm. Ass. (pract. Ed. ) Ï0", 561 (1949).24) Laseoff J., J. amer, pharm. Ass. 22_, 970~ (1933).25) N. N.
,J. amer, pharm. Ass. (pract. Ed.) 19, 557 (1958).
26) Corcoran M., Amer. prof. Pharm. ]_, 7"2l (1941).27) Wallace F. und Poe Ch.F., J. amer, pharm. Ass. (sei. Ed. ) 4_5, 351(1956).28) Czetsch-Lindenwald H., Scientia pharm. 26, 202(1958).
- 18 -
3.12. 3 Aenderungen in der Verteilung zwischen zwei nicht mischbaren Phasen
(Adsorption)
Die Adsorption von Wirkstoffen aus Lösungen an feste Stoffe als der häufigste
Sonderfall von verteilungsbedingten Inkompatibilitäten verläuft nach einer empirisch
ermittelten Adsorptionsgleichung (29), welche von der Beschaffenheit des Adsorp¬
tionsmittels und von den physikalisch-chemischen Eigenschaften (zusammengefasst
in der Adsorptionsisotherme) des Adsorbendums bestimmt wird. Trolle-Lassen
(30) fand, dass Cyanocobalamin in Uebereinstimmung mit dieser Adsorptionsglei¬
chung an Talk adsorbiert wird, während er mit Magnesiumstearat keine Adsorption
feststellen konnte und daher als Gleitmittel für cyanocobalaminhaltige Tabletten Mag¬
nesiumstearat empfiehlt. Die Eigenschaften verschiedener Tone wie Attapulgit (Per-
magel^ö'), Halloysite, Dickite und Kaolinite (bzw. Kaolin) wurden von Evcim und
Barr (31) unter Verwendung von Strychnin, Atropin und Chinin methodisch über¬
prüft. Barr und Arnista (32) prüften die Adsorption von Diphterietoxin und
Barr (33) die Adsorption von verschiedenen Bakterien an die erwähnten Tone. Ba-
tuyios und Brecht (34) fanden, dass Cetylpyridiniumchloridund in etwas schwä¬
cherem Masse Benzalkoniumchlorid an Talk und an Kaolin adsorbiert wird. 1 g Talk
inaktiviert etwa 5 mg Cetylpyridiniumchlorid. Ausser den erwähnten Inaktivierungen
von Wirkstoffen können Adsorptionserscheinungen zu technisch unvorteilhaften Mi¬
schungen führen, indem z. B. in einer Mischung von Himbeersirup mit Belladonna¬
tinktur, Phenobarbitalelixir und Magnesiumoxyd die Farbstoffe von dem entstandenen
Magnesiumhydroxyd adsorbiert werden (35). Die Adsorptionserscheinungen in Pudern
und Lotionen untersuchte Czetsch-Lindenwald (36) mittels Methylenblaulösun¬
gen. Er fand, dass Aerosil, Kieselgur, Talk und Kaolin stark bindende Adsorbentien
sind, während Stärke, Bentonit, Orba und Zellulose ebenfalls stark adsorbieren, aber
den adsorbierten Stoff leicht wieder abgeben. Mit Calamine, Calcium- und Magnesium¬
karbonat, Titandioxyd und Zinkoxyd und -stearat wurde keine Adsorption festgestellt.
29) Münzel K., Büchi J. und Schultz O.-E., Galenisches Praktikum,Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH., Stuttgart 1959, S. 710.
30) Trolle-Lassen C, Arch. Pharm. Chem. 67, 504(1960).31) Evcim N. und Barr M., J. amer, pharm. 'Sss. (sei.Ed.) 44, 570(1955).32) Barr M. und Arnista E.S., J. amer, pharm. Ass. (sci.EdT) 46, 493 (1957).33) Barr M., J. amer, pharm. Ass. (sei.Ed.) 46, 490 (1957).34) Batuyios N. H. und Brecht E.A., J. amer, pharm. Ass. (sei.Ed.) 46,
524 (1957).~
35) N. N.,
J. amer, pharm. Ass. (pract. Ed. ) 15, 746 (1953).36) Czetsch-Lindenwald H., Scientia pharm. 27_, 228(1959).
- 19 -
Die Adsorption von Alkoholen, p-Hydroxybenzoaten und quatemären Ammoniumbasen
an Traganth nimmt nach Eismann und Mitarb. (37) mit steigender Traganthkon-
zentration zu, wobei die keimhemmende Wirkung dementsprechend abnimmt. Tra¬
ganth bewirkt ferner in Mixturen mit Bismuthum subnitricum einen harten Nieder¬
schlag, welcher von Schmitz und Hill (38) auf die Wirkung des positiven Wis-
muths zurückgeführt wird, indem das Nitration von der Traganthmizelle zu schwach
adsorbiert wird, um gegenüber dem positiven Wismuth eine Schutzwirkung ausüben
zu können. Durch Zusatz von tribasischem Natriumphosphat, welches von der
Traganthmizelle genügend stark adsorbiert wird, lässt sich die Inkompatibilität
beheben.
Andere, verteilungsbedingte Inkompatibilitäten wurden von Royce und Sykes
(39) an Konservantien zwischen Gummistopfen und - kappen und wässrigen Lösungen
untersucht, wobei Phenol und Benzylalkohol die günstigsten und Phenylmerkurini-
trat die ungünstigsten Verteilungsverhältnisse aufwiesen. Ferner wurden die Gleich¬
gewichtsverhältnisse in Phenol-Wassergemischen von Mulley (40) untersucht.
3.12.4 Herabsetzung der Löslichkeit infolge des Aussalzeffektes eines
weiteren gelösten Stoffes
Die Aussalzeffekte treten insbesondere bei Zusatz von Neutralsalzen zu zusam¬
mengesetzten Präparaten vom Typus Elixir oder Sirup auf. So erfolgte durch Zusatz
von Natriumbromid zu einem pepsinhaltigen Elixir (41) eine Aussalzung des Enzyms,
und mit mehreren Sirupi wurden durch Uebersättigung mit Salzen bei ungünstigen
Lagernngsverhältnissen Niederschläge erhalten (42, 43, 44). Der Einsatz von Tweens
zur Lösungsvermittlung führte in Fällen, wo reine Aussalzungen vorlagen, zu kei¬
nem Resultat (44, 45). Aus einer nahezu gesättigten Phenollösung erfolgte durch
37) Eismann P.C., Cooper J. und Jaconia D., J. amer, pharm. Ass.
(sei. Ed.) 46, 144(1957).38) Schmitz R. E. und Hill J. S., J. amer, pharm. Ass. (pract. Ed.) 9_,
493 (1948).39) Royce A. und Sykes G., J. Pharm. Pharmacol. 9, 814(1957).40) Mulley B.A., Drug Stand. 27, 108(1959).41) N. N.
,J. amer, pharm. Ass. (pract. Ed. ) 19, 734(1958).
42) N. N.,
J. amer, pharm. Ass. (pract. Ed.) TT, 618(1950).43) Lehmann H. und Fischer S., Schweiz. Apoth. Ztg. 96, 690(1958).44) Beuttner W., Jaspersen H.-P. und Steiger K., Schweiz. Apoth. Ztg.
97, 368 (1959).45) N. N.
,J. amer, pharm. Ass. (pract. Ed. ) 15, 518 (1954).
- 20 -
Zusatz von Cocainhydrochlorid eine Aussalzung des Phenols (46). Während es sich
in diesen Fällen, soweit sie ursächlich ganz klargelegt sind, um die Aussalzung von
Nichtelektrolyten durch Zusatz von Elektrolyten handelte, sind ähnliche Beobachtun¬
gen auf dem Gebiete der Inkompatibilitäten auch bei dissoziierenden, organischen
Stickstoffbasen gemacht worden. Dastague und Edier (47) beobachteten an
Cocainhydrochloridlösungen, dass deren Wirkung bei steigender Konzentration von
Neutralsalzen in der Lösung verzögert wurde, während der pH-Wert der Lösung
anstieg. Die Versuche wurden mit Natriumchlorid, Kaliumchlorid, Calciumchlorid
und Magnesiumchlorid durchgeführt, wobei keine Abhängigkeit von der Valenz der
zugesetzten Ionen ermittelt werden konnte. Die Zunahme des pH-Wertes bei Zu¬
satz von Natriumchlorid wurde auch von Rae (48, 49) bei Lösungen von Tetra-
cainhydrochlorid gemessen. Bei Versuchen mit sauren Lösungen konstatierten
Critchfield und Johnson (50), dass der pH-Wert einer sauren Lösung mit
steigender Konzentration des Neutralsalzes abnimmt.
Bei Zusatz eines Neutralsalzes zu einer Lösung wird die Dissoziation der ge¬
lösten Substanz zurückgedrängt. Der Aussalzeffekt beruht auf einer Aenderung des
Aktivitätskoeffizienten der organischen Verbindung (der nichtdissoziierten Säure
bzw. Base), welcher für Nichtelektrolyten in reinem Wasser den Wert 1 annimmt.
Die Aussalzeffekte sind von Harned und Owen (51) beschrieben worden. Der
Einfluss eines neutralen Elektrolyten auf das Fällungs-pH basischer Chloride und
Hydroxyde und auf die Trennung von Metallen durch Fällung als Hydroxyde wurde
von Akselrud (52) untersucht. Der Aussalzeffekt wird auch bei der Papier¬
chromatographie z. B. von Lebensmittelfarbstoffen (53) zur besseren Sichtbarma¬
chung der Flecken ausgenutzt. Von Bedeutung für die Beurteilung möglicher Inkom¬
patibilitäten ist, dass eine durch Zusatz basischer Stoffe bedingte Ausfällung einer
46) N. N.,Pharm. J. 172, 91 (1954).
47) Dastague G. und Edier R., Trav. Soc. Pharm. Montpellier 16, 105(1956).48) Rae A., Pharm. J. 141, 24(1938).49) N. N.
,Pharm. J. 85j~467 (1937).
50) Critchfield F. C. und Johnson J.B., Anal. Chem. 3T, 570 (1959).51) Harned H. S. und Owen B.B., Physical Chemistry of Electrolytic Solutions,
Reinhold Publ. Corp., New York 1950, S. 531 ff. und 617 ff.
52) Akselrud N. V., Zhur. Priklad. Khim. 34, 776(1961), zit. nach Chem. Abs.
55, 17 179 (1961).53) Thaler H. und Sommer G., Z. Lebensm. Unt. Forschg. 97, 345, 441
(1953).
- 21 -
unlöslichen Base (siehe 3. 23 S. 60) bereits bei niedrigerem pH und mit weniger Ba¬
se erfolgt, wenn in der Lösung nennenswerte Konzentrationen von Neutralsalzen ent¬
halten sind (54). Die Wirkung der Salzzusätze auf schwach basische Substanzen wur¬
de von Long und McDevit (55) und jene auf Säuren von Paul (56) untersucht,
wobei eine Proportionalität in der Zunahme der Basizität bzw. Azidität mit steigen¬
den Salzkonzentrationen festgestellt werden konnte. Moiseev und F lid (57) stell¬
ten eine Formel für den Salzeffekt auf. Die Beurteilung des Salzeffektes bei der quan¬
titativen Behandlung der Inkompatibilitäten wurde in einem der bereits erwähnten
Sammelwerke über Inkompatibilitäten behandelt (6). Die Behandlung der Ursachen
dieser Aussalzungen bedingt die Einbeziehung der chemischen bzw. physikalisch¬
chemischen Vorgänge, sodass die Aussalzung nicht ausschliesslich als physikali¬
sche Inkompatibilität behandelt werden kann.
3.13 Auf Verflüssigung fester Arzneizubereitungen zurückzuführende
Inkompatibilitäten
Verflüssigungen rein physikalischer Natur beruhen in den bisher untersuchten
Fällen auf der Aufnahme von Feuchtigkeit. Inkompatibilitäten dieser Art treten be¬
sonders bei Pulvern auf und sind häufig auf die Gegenwart hygroskopischer Stoffe
zurückzuführen. Sie sind im Gegensatz zu den in 3. 21. 7, S. 58, behandelten Ver¬
flüssigungen nicht durch die Bildung eutektischer Gemische bedingt.
Tritt in einem Pulvergemisch durch die Gegenwart eines hygroskopischen
Stoffes oder infolge der Eigenschaften des Gemisches (z.B. Verunreinigungen) eine
Wasseraufnahme ein, so bildet sich zunächst eine konzentrierte Lösung. Diese
nimmt, da die Dampfspannung über einer konzentrierten Lösung geringer ist als
über Wasser, noch weitere Feuchtigkeit auf, bis ein Gleichgewicht erreicht oder an¬
nähernd erreicht ist. Die hiefür benötigte Zeit hängt von der relativen Luftfeuchtig¬
keit, der Temperatur und vom Dampfdruck über der gesättigten Lösung der betref¬
fenden Substanz ab. Bei ungünstigen Bedingungen kann daher auch bei geringer rela¬
tiver Luftfeuchtigkeit eine vollständige Verflüssigung einer Pulvermischung eintreten.
54) Büchi J. und Per lia X., Arzneim.-Forsch. JU), 559 (1960).55) Long F.A. und McDevit W. F., Chem.. Revs. 51_, 119(1952).
56) Paul M.A., J. amer. chem. Soc. 76, 3236 (1954).
57) Moiseev LI. und Flid R. M., Zhur. Priklad. Khim. 27_, 1110 (1954),zit. nach Critchfield und Johnson (50).
- 22 -
Laseoff (58) beschreibt die Verflüssigung einer Mischung von Natriumbi-
carbonat, Cinchophen und Phenacetin einerseits und Acetylsalicylsäure und Codein-
sulfat andererseits sowie die Verflüssigung einer Mischung mit Natriumnitrit, bei
welcher letzteren das Natriumnitrit die Ursache der Wasseraufnahme war. In einer
Uebersicht über Pulververflüssigungen als Inkompatibilitäten beschrieb Rosen-
thaler (59) Reaktionen zwischen Pulvergemischen ohne Wasserzugabe, aber bei
normaler Feuchtigkeit. In der Uebersicht finden sich Beispiele für Verflüssigungen
durch Feuchtigkeitsaufnahme.
3.14 Auf Verfestigung flüssiger Arzneizubereitungen zurückzuführende
Inkompatibilitäten
Verfestigungen können in Mixturen und insbesondere in Schüttelpinselungen
auftreten und sind z.T. auf chemische Vorgänge (Ausfällung von Anionen und Katio¬
nen grossen Molekulargewichts in einer Netzstruktur, siehe auch 6.1. 2. 3, S. 100)
zurückzuführen. Eine bleibende Verfestigung in einer Schüttelpinselung führt im all¬
gemeinen mit der Zeit zur Abscheidung des wässrigen Bestandteils; Thixotropie in¬
dessen, wie sie in einer Mischung mit Bentonit und Triäthanolaminstearat beobach¬
tet wurde (60), wird in modernen Formulierungen für Schüttelpinselungen häufig an¬
gestrebt. In diesen Fällen ist nur eine unerwünschte Aenderung des vorgesehenen
Theologischen Verhaltens der Mischung als physikalische Inkompatibilität zu werten.
In der folgenden Schüttelpinselung (61)
Acid, benzoic. 3, 0
Sulfur, praeeip. 5,0Zinc, oxydât.Talc. aa. pts. 11,0Glycerin. 15,0Aq. destill. ad 100,0
wurde wenige Minuten nach der Herstellung eine Verfestigung beobachtet. Die Inkom¬
patibilität beruht auf einer Reaktion zwischen Benzoesäure und Zinkoxyd und sei hier
als einer der erwähnten Grenzfälle einer durch eine chemische Reaktion (Ausfällung
eines unlöslichen Salzes) bedingten, aber in ihrer Auswirkung als physikalische In-
58) Laseoff J. L., J. amer, pharm. Ass. 26, 817(1937).59) Rosenthaler L., Pharm. Acta Helv. 2T, 142 (1946).60) N. N.
,J. amer, pharm. Ass. (pract. EdTJ 17, 820(1956).
61) Anfrage an die Wissenschaftliche Zentralstelle des Schweizerischen Apotheker-
Vereins, Zürich.
- 23 -
kompatibilität zu wertenden Erscheinung angeführt. Die Inkompatibilität lässt sich
durch Verwendung von Titanoxyd insofern beheben, als die Mischung flüssig bleibt.
3.15 Auf Aenderung des Dispersitätsgrades zurückzuführende Inkompatibilitäten
3.15.1 Kolloidale Lösungen
Die Ausflockung kolloidal gelöster Silberverbindungen durch dissoziierende
Salze wurde von Lehmann (62) untersucht. Die Ausflockung von hydrophoben
Kolloiden sowie auch die Aussalzung hydrophiler Kolloide, welche in das in 3.12. 4,
S. 19, behandelte Gebiet hinüberführen, beruhen auf den Ladungsverhältnissen
und stellen wiederum ein Grenzgebiet zu rein chemisch bedingten Inkompatibilitäten
dar. Die Aussalzung hydrophiler Kolloide, für welche im Gegensatz zur Ausflockung
hydrophober Kolloide grössere Konzentrationen des zugesetzten Salzes erforder¬
lich sind, beruht auf einer Dehydratation durch die Ionen des Salzes. Im gleichen
Sinne wirkt ein Zusatz von Alkohol. Die durch Hofmeister aufgestellten lyotro-
pen Reihen der Kationen und Anionen können zur Beurteilung von möglichen Inkom¬
patibilitäten dienen, indem der Ion mit dem stärksten Hydratationsvermögen am
meisten zu einer Aussalzung hydrophiler Kolloide beiträgt. Im umgekehrten Falle
kann das Hydratationsvermögen bewirken, dass der gleiche Ion durch Salzbildung
z.B. mit der hydrophilen Säuregruppe einer an sich schwerlöslichen Verbindung
die Löslichkeit dieser Verbindung heraufsetzen kann (63). Die Ausfällung von Me-
thylcellulose und Carbonxymethylcellulose-Natrium mit verschiedenen ionisieren¬
den und nichtionisierenden Zusatzstoffen wurde von Campbell (64) untersucht.
3.15. 2 Grobdisperse Systeme
Aenderungen des Dispersitätsgrades können insbesondere bei Suspensionen
und Emulsionen auftreten, entweder durch Mischen inkompatibler Präparate unter¬
einander oder durch Beimischung eines mit dem Präparat inkompatiblen zusätzli¬
chen Wirkstoffes. Sprowls (65) unternahm eine systematische Durchprüfung
62) Lehmann H., Schweiz. Apoth. Ztg. 94, 172(1956).63) Ulimann E., Arzneim.-Forsch. £, 5Ö5'(1955).64) Campbell M., Austral. J. Pharm. 38_, 1029 (1957), zit. nach Pharmazeuti¬
sches Jahrbuch 1957, Govi-Verlag GmbH, Pharmazeitischer Verlag, Frankfurt
am Main 1959, S. 118.
65) Sprowls J.B., J. amer, pharm. Ass. (pract. Ed.) 2, 450(1941).
- 24 -
einer Reihe im amerikanischen Handel üblicher Suspensionen, welche Hydroxyde,
Karbonate und Silikate in dispergierter Form enthalten, darunter eine Kaolinsus¬
pension mit kolloidalem Aluminiumhydroxyd als Schutzkolloid und eine solche mit
Pektin als Schutzkolloid. Die Suspensionen wurden teils in Mischung untereinander,
teils mit Zusatz von basischem Wismuthkarbonat und teils mit Zusatz von basischem
Wismuthnitrat auf ihre Kompatibilität geprüft, indem die Mischung nach 4, 12 und
24 h und dann nach jeweils 24 h beobachtet wurde. Es ergaben sich eine Anzahl In¬
kompatibilitäten, welche als Beispiel für eventuell vorkommende Verschreibungen
mit den untersuchten Suspensionen und ähnlichen Präparaten dienen können. Für
die mit Schutzkolloiden hergestellten Suspensionen ergaben sich Inkompatibilitäten
des in 3.15.1, S. 23, dargestellten Typus. Die Mischungen wurden nach der bis
zum Auftreten der Inkompatibilität verlaufenen Zeit eingeteilt in nicht verwendbare
Mischungen, die nicht eigentlich als inkompatibel zu bezeichnen waren, aber nicht
mehr den Feinheitsgrad der ursprünglichen Suspensionen aufwiesen. Mischungen
mit Ammoniumsulfobituminat und mit Teeren geben häufig Anlass zu Inkompatibili¬
täten. Dabei spielt die Qualität des in Salben verwendeten Vaselins (66) sowie der
Zustand des verwendeten Ammoniumsulfobituminats eine Rolle. Bei zu langer oder
zu warmer Lagerung kann Ammoniak abdampfen, worauf die freien Sulfonsäuren
z. B. mit Zinkoxyd reagieren und körnige Produkte ergeben können (67). Ein solches
Produkt wurde durch Zusatz von Triäthanolamin verwendbar gemacht (68). Zur bes¬
seren Inkorporierung von Ammoniumsulfobituminat und Teeren wurden hydrophile
Salbengrundlagen empfohlen (69), in welchen infolge der schnelleren Resorption von
Teerpräparaten in Gegenwart von oberflächenaktiven Stoffen der Gehalt an Teer¬
präparaten entsprechend zu reduzieren ist (70, 71). Bei Mischung von Ammonium¬
sulfobituminat mit Kalkliniment wird dieses als wenig stabile W/O-Emulsion durch
die Ammoniumionen zerlegt (72, 73). Die Stabilisierung des Kalkliniments wurde
von S c h m i d (74) beschrieben. In einer oral zu verwendenden zuckerhaltigen Mix¬
tur wurde Ammoniumsulfobituminat in Verbindung mit der doppelten Gewichtsmenge
66) Burrin P. L., J. amer, pharm. Ass. (pract. Ed.) 15. 35(1954).67) N. N.
,J. amer, pharm. Ass. (pract. Ed.) 15, 664{Ï954).
68) N. N.,
J. amer, pharm. Ass. (pract. Ed. ) Tî, 202(1953).69) N. N.
,Dtsch. Apoth. Ztg. 97, 80, 176, 32Ô7"418 (1957).
70) N. N.,
J. amer, pharm. Ass. (pract. Ed. ) 1^, 538(1953).71) N. N.
,J. amer, pharm. Ass. (pract. Ed. ) 15, 664(1954).
72) Verstraete E., Pharm. Wbl. 75, 365(1938).73) N. N.
,J. amer, pharm. Ass. (pract. Ed. ) 11, 56 (1950).
74) Sc hm id D., Pharm. Acta Helv. 27, 92 (19"52).
- 25 -
Calciumchlorid als schmieriger Niederschlag an der Flaschenwand ausgefällt, wel¬
ches durch Zugabe von Gummi arabicum verhindert werden konnte (75). Mit Ocker
gefärbte Zinkoxydsuspensionen gaben mit Natriumcarboxymethylcellulose als Hilfs¬
stoff nur bei korrekter Herstellungstechnik homogene Produkte (76). Die Verschrei-
bung von O/W-Emulsionssalben mit W/O-Emulsionssalben wie im Falle der Kombi¬
nation von Unguentum refrigerans mit Eulenin (77) führt, wenn gleiche Mengen der
beiden Salben kombiniert werden, zu einer Phasenumkehr und zum folgenden Zer¬
brechen der Emulsionen. Emulsionen mit Stärke und mit Gummi zerbrechen bei Zu¬
gabe von mehr als 30 % Alkohol (78) (siehe 3.15.1, S. 23).
3.2 Chemische Inkompatibilitäten
Bei der Inkompatibilität handelt es sich, wie in der Definition dargelegt wurde,
stets um eine Veränderung der beabsichtigten Zustandsform des Gemisches. Für ei¬
ne chemische Veränderung müssen gewisse Voraussetzungen gegeben sein:
dass die Komponenten eine genügende Affinität zueinander aufweisen, damit
eine Reaktion zustande kommen kann, ferner
dass die Reaktion mit genügender Reaktionsgeschwindigkeit verläuft, um in¬
nert der praktisch in Frage kommenden Zeit zu einem Resultat zu führen,
sei es sichtbar oder nicht, oder sonst sinnlich wahrnehmbar, und schliess¬
lich
dass im Falle der sichtbar werdenden Ausfällung die Löslichkeit des Reak¬
tionsproduktes genügend niedrig ist, ^amit die Fällung entstehen kann.
Die Affinität wird - wenn in dieser Behandlung von den zugrundeliegenden
thermodynamischen Verhältnissen abgesehen wird - durch die Gleichgewichtskon¬
stante des Massenwirkungsgesetzes bestirimt. Je grösser der Wert dieser Konstan¬
te, desto grösser ist auch die Affinität unter ansonsten gleichen Bedingungen (Tem¬
peratur, Konzentration, Lösungsmittel). Bei Abwesenheit jeder Reaktionsträgheit
75) Ingold H., Schweiz. Apoth. Ztg. 85, 305(1947).76) N. N.
,J. amer, pharm. Ass. (pract. Ed. ) 14_, 268(1953).
77) Anfrage an die Wissenschaftliche Zentralstelle des Schweizerischen Apotheker-
Vereins, Zürich.
78) N. N.,
J. amer, pharm. Ass. (pract. Ed. ) 115, 370(1954).
- 26 -
bestimmt die Affinität der Stoffe unmittelbar den Gleichgewichtszustand. Das Mas¬
senwirkungsgesetz legt die statischen Verhältnisse im Gleichgewicht fest, im Ge¬
gensatz zu den Gesetzen der Reaktionsgeschwindigkeit, welche eine Darstellung der
zu diesem Gleichgewicht führenden kinetischen Verhältnisse sind. Die Untersuchung
von Inkompatibilitäten betrifft naturgemäss den Gleichgewichtszustand, welcher nach
Herstellung des gebrauchsfertigen Arzneimittels eintritt. Dieser Zustand bestimmt
die Zweckmässigkeit der vorliegenden Arzneistoffmischung.
Die Reaktionsgeschwindigkeit eines Gesamtprozesses wird von der langsamst
verlaufenden Stufe bestimmt. Ionenprozesse verlaufen momentan, d. h. ohne Reak¬
tionsträgheit, und ein Ionengleichgewicht stellt sich demnach sofort ein. Die Voraus¬
setzung für den Verlauf eines Prozesses ist die genügend hohe Ausgangskonzentration
der Komponenten. Je höher die Ausgangskonzentration ist, desto schneller verläuft
zunächst der Prozess. Die Reaktionsgeschwindigkeit nimmt auch mit steigender
Temperatur zu. Die Gegenwart von Katalysatoren kann einerseits im Sinne der posi¬
tiven Katalyse eine Steigerung der Reaktionsgeschwindigkeit bewirken, anderseits im
Sinne der negativen Katalyse den Verlauf eines nach den Affinitätsverhältnissen mög¬
lichen Prozesses verlangsamen oder gänzlich verhindern. In einem an sich inkompa¬
tiblen Gemisch kann die Inkompatibilitätsreaktion in Gegenwart eines negativen Kata¬
lysators (z.B. Antioxydantien als zusätzliche Komponente in einem Redoxsystem)
unterbunden werden.
3. 21 Entstehen neuer chemischer Bindungen
3. 21.1 Entstehen von Salzbindungen im Verlaufe einer Ionenreaktion
Das Entstehen neuer, nicht erwünschter Bindungen bei der Verschreibung von
zwei oder mehreren Stoffen in Mischungen kann gemäss unserer Definition zu Inkom¬
patibilitäten führen. So reagiert ähnlich dem in 3.14, S. 22, erwähnten Beispiel (61)
Salicylsäure in wässrigen Salben oder Pinselungen mit Zinkoxyd unter Bildung von
Zinksalicylat (79). Die Inaktivierung von Insulin durch Zusatz von Sulfationen wurde
von Rückert und Schöne (80) beschrieben. Die Gegenwart von Calciumspuren
in Ascorbinsäure, die zur Herstellung von Ampullen mit Natriumbisulfit als Konser-
79) Czetsch-Lindenwald H., Pahrm. Ind. 21, 50(1959).80) Rückert A. und Schöne J., Pharmazie l|£ 545(1961).
- 27 -
vans verwendet wurde, führte zu einer Trübung durch ausgefälltes Calciumsulfat
(81). Weitere Reaktionen, bei welchen infolge der Konzentration der verschriebe¬
nen Komponenten ein unlösliches Reaktionsprodukt statt der vorgesehenen Lösung
erhalten wurde, wurden von Bru in und Oliver (82) beschrieben. Imgleichen
Zusammenhang untersuchte Labancz (83) die Einwirkung von Tween 60® als
Lösungsvermittler bei Ausfällung in pharmazeutischen Präparaten.
Der Zusammenhang zwischen der Konzentration der Komponenten und der Lös¬
lichkeit des Reaktionsproduktes ergibt sich beim Ionenprozess aus der Anwendung
des Löslichkeitsproduktes der Komponenten. In der gesättigten Lösung besteht ein
Gleichgewicht zwischen gelöstem, in die Ionen M und L vollständig dissoziiertem
und ausgefälltem Stoff:
M© + Le _.
MLr ,
ausgefallt l J
Durch Anwendung des Massenwirkungsgesetzes erhält man für diesen Prozess die
Konstante K-, welche als Löslichkeitsprodukt bezeichnet wird:
KL = [M9] . [L6] [2]
Da die Konzentration des ausgefällten Reaktionsproduktes ML im Gleichgewicht un¬
abhängig von der Menge des ausgefällten Stoffes ist, kann [ML] in der Lösung als
Einheit angenommen werden und geht daher in die Konstante K. ein.
Bezeichnen M und L inkompatible Ionen, beginnt die Ausfällung sobald
im Gleichgewicht das Löslichkeitsprodukt überschritten wird, sofern nicht zunächst
eine übersättigte Lösung entsteht. In Gegenwart eines weiteren löslichen Salzes mit
einem gemeinsamen Ion wird entweder [M ] oder [L ] erhöht. Da K. bei konstan¬
ter Temperatur unverändert bleibt, muss die Konzentration des anderen Ions, also
[ L ] bzw. [ M ] abnehmen, d. h. dass mehr ML aus der Lösung ausgefällt wird
und die Löslichkeit von ML in der vorliegenden Mischung abnimmt. Die vorliegende
Form der Löslichkeitsgleichung trifft für schwerlösliche und in der Lösung praktisch
vollständig dissoziierte Salze zu, wenn sie in verdünnten Lösungen vorliegen.
81) Rajkowski S. und Koscianek-Zwolinska Z.,Acta Polon. Pharm.
1£, 45 (1958).82) Bruin V.H. und Oliver W.H., Austral. J. Pharm. 38, 226 (1957), zit.
nach Pharmazeutisches Jahrbuch 1957, Govi-Verlag GmbH, Pharmazeutischer
Verlag, Frankfurt am Main, 1959, S. 115.
83) Labancz B.K., Dtsch. Apoth. Ztg. 101, 1061(1961).
- 28 -
Im Falle eines in der Lösung nicht vollständig dissoziierten Elektrolyten müs¬
sen die Aktivitäten der beteiligten Ionen berücksichtigt werden. Die Gleichung erhält
die Form:
KL = [M®] [Le] . a^•
aLe [3]
Aus dieser Form der Gleichung geht hervor, dass bei Gegenwart eines anderen Ions
als M oder als L die Löslichkeit von ML zunehmen kann, weil nämlich infolge
der grösseren Ionenstärke der gesamten Lösung die Aktivitätskoeffizienten a*,®
und aT 8 niedrigere Werte annehmen. Da K- konstant ist, können also [ M ] und
[L ] grösser werden, sodass die Löslichkeit von ML in der vorliegenden Mischung
zunimmt. Für die Betrachtung der Inkompatibilitäten ergibt sich hieraus, dass eine
Fällung von ML bei höheren Konzentrationen der Komponenten erfolgt als in Abwe¬
senheit von Fremdionen.
3. 21. 2 Bildung von Doppelsalzen
Bei der Bildung eines Doppelsalzes, welches in der Lösung beide Komponenten
in Ionen dissoziieren lässt, ergeben sich im Prinzip die gleichen Betrachtungen wie
bei 3. 21.1. Damit das Doppelsalz ausfällt, muss seine Löslichkeit geringer sein als
die Löslichkeit von mindestens einem seiner beiden Komponenten. Liegen die beiden
Komponenten in äquivalenten Mengen vor, so muss die Löslichkeit des Doppelsalzes
sogar geringer sein als die Löslichkeit beider Komponenten.
3. 21. 3 Doppelte Umsetzungen
Die doppelte Umsetzung ist eine Erweiterung des in 3. 21.1 behandelten Falles
der Ausfällung eines schwerlöslichen Salzes. Als Inkompatibilität hat die doppelte
Umsetzung insbesondere dann Interesse, wenn sie zu einer Ausfällung oder sonstigen
Aenderung des Gemisches führt, wenn z. B. aus Alkaloidsalzlösungen bei Zugabe von
nichtbasischen Elektrolytlösungen (Isotonisierungszusätze, Puffersubstanzen) ein
schwerlösliches Alkaloidsalz ausfällt, wenn der gleiche Vorgang mit löslichen Salzen
synthetischer Stickstoffbasen erfolgt, oder wenn aus einer Metallsalz- oder Schwer¬
metallsalzlösung ein schwerlösliches Salz ausfällt.
- 29 -
Charakteristische neuere Beispiele für doppelte Umsetzungen sind die Inkom¬
patibilitäten der Phenylquecksilbersalze und der quaternären Ammoniumbasen. Leh¬
mann (84) beschrieb die Ausfällung von schwerlöslichem Phenylquecksilberchlorid(6)
aus Nasentropfen mit Ephedrinhydrochlorid als Wirkstoff und Merfen^ als Konser-
vans und schlug vor, statt des Hydrochlorides Ephedrinnitrat zu verwenden. Gold¬
stein und Ryan (85) fanden, dass auch Bromide mit Phenylmercurinitrat in Kon¬
zentrationen von 1 : 25 000 Niederschläge des schwerlöslichen Phenylmercuribro-
mids ergaben und empfahlen die Verwendung von Benzalkoniumchlorid in Konzentra¬
tionen von 1 : 10 000 bei Kombinationen mit Bromiden. In gleicher Weise fand Coo¬
per (86), dass die Inkompatibilität von N-Allylnormorphinbromid mit Phenylqueck-
silbernitrat auf einer Ausfällung des schwerlöslichen Phenylquecksilberchlorids be¬
ruht, und dass Lösungen von N-Allylnormorphinbromid mit Chlorocresol, Phenol
und Chlorobutanol verträglich sind. Die Inkompatibilitäten der quaternären Ammo¬
niumbasen wurden zuerst infolge Unregelmässigkeiten bei Wachstumsversuchen mit
positiver und negativer Gelatine (87, 88) untersucht, ferner bei der Inaktivierung
der keimtötenden Wirkung der quaternären Ammoniumbasen für Sterilitätsprüfungen,
wobei Lawrence (89) fand, dass anionische oberflächenaktive Substanzen sowie
Seifen die keimtötenden Eigenschaften der quaternären Ammoniumbasen nicht voll¬
ständig aufheben konnten. Indessen führen Kombinationen von grossen Anionen und
grossen Kationen mit entgegengesetzten Ladungen stets zu schwerlöslichen Verbin¬
dungen. So erhielt Berry (90) in Acriflavinlösungen mit Natriumlaurylsulfat eine
Fällung, welche sich in Ueberschuss von Natriumlaurylsulfat wieder löste (siehe
auch 6.1.3. 2, S. 107). Die von Auge sichtbaren Inkompatibilitäten beim Zusammen¬
bringen von 1-proz. Lösungen verschiedener oberflächenaktiver Substanzen mit ver¬
schiedenen Arzneimitteln wurden von Nixon und Cheetham (91) untersucht.
Uli mann und Mitarb. (92) benutzten die Ausflockung von Fettalkoholsulfaten durch
Rivanol^ zur Bestimmung dieser Substanzen mittels Trübungstitration mit Rivanol-
84) Lehmann H., Schweiz. Apoth. Ztg. 94, 173 (1956).
85) Goldstein S.W. und Ryan E. F., Drug Stand. 20, 133(1953).
86) Cooper P., Pharm. J. 173, 145(1954).87) Huyck C. L., Amer. J. Pharm. 116, 50(1944).88) Tice L. F. und Pressman R., J. amer, pharm. Ass. (sei.Ed.) 34_, 201
(1945).89) Lawrence CA., J. amer, pharm. Ass. (sei. Ed. ) 37_, 57(1948).
90) Berry H., Quart. J. Pharm. Pharmacol. 20, 497(1947).
91) Nixon W. und Cheetham M.W., Pharm. J. 165, 46(1950).
92) Ullmann E., Thoma R. und Dörflinger W., Dtsch. Apoth. Ztg. 100
33 (1960).
- 30 -
lösung. Doppelte Umsetzungen mit kleineren Anionen finden nach Hind und Sze-
kely (93) zwischen Benzalkoniumchlorid und Nitraten und Salicylaten unter Aus¬
fällung des schwerlöslichen Benzalkoniumnitrates bzw. -salicylates statt. Nitrate
werden auch mit Cetrimoniumbromid und Cetylpyridiniumchlorid und Salicylate
auch mit Phenamyliniumchlorid (Desogen^ ) gefällt (94). Phenamyliniumchlorid
ist nach Hör 1er (95) ferner inkompatibel mit Argyrolw, Borsäure und Fluores-
ceinnatrium. Eine Uebersicht über die Inkompatibilitäten einiger quaternärer Ammo¬
niumbasen wurde von KU Hing (96) aufgestellt. Die Inkompatibilität konzentrierter
Lösungen von Calciumchlorid und Natriumbenzoat wurde von Carlo (97) beschrie¬
ben. Bei gleichzeitiger Verordnung von weissem Quecksilberpräzipitat mit Salicyl¬
säure erfolgte nach Siemens und Schreiber (98) eine Freisetzung des stark
hautreizenden Quecksilber-(H)-Chlorids unter gleichzeitiger Bildung von Quecksilber-
(n)-salicylat und Ammoniumsalicylat. Von Huyck (99), welcher die quantitativen
Verhältnisse um diese Inkompatibilität untersuchte, wurde die Reizwirkung mit der
Bildung von basischem oder neutralem Quecksübersalicylat und Ammoniumchlorid
in Abhängigkeit von den verschriebenen Mengen von Salicylsäure und von Quecksilber¬
präzipitat begründet.
Die doppelte Umsetzung von Salzen organischer Säuren mit Salzen organischer
Basen mit Ausfällung der entgegengesetzt geladenen Ionen lässt sich als Typenreak¬
tion für die Voraussage von Inkompatibilitäten verwenden, indem diese Reaktionen
nach dem gleichen Schema verlaufen wie die oben erwähnte Umsetzung grosser Ionen
von oberflächenaktiven Substanzen mit entgegengesetzter Ladung. Miller (100)
prüfte systematisch zehn anionenaktive und zehn kationenaktive Substanzen in den
kleinsten, in der Praxis vorkommenden Konzentrationen auf ihre Verträglichkeit,
wobei er die sofortige Bildung eines Niederschlages als Kriterium benützte. Er er-
93) Hind H.W. und Szekely I. J., J. amer, pharm. Ass. (pract. Ed. ) 14,644 (1953).
—
94) Van Arkel CG., Ann. pharm, franc. 18, 81 (1960).95) Hörler Th., Schweiz. Apoth. Ztg. 92, 632(1954).96) Külling E., Ueber die Identitäts-, Reinheitsprüfung und Gehaltsbestimmung
einiger oberflächenaktiver, quaternärer Ammoniumverbindungen, Diss. ETH
Zürich 1961, S. 99.
97) Del Carlo E., Rev. farmaceutica 79, 241(1938), zit. nach Chem. Zbl. 109,n, 1808 (1938).
98) Siemens H.W. und Schreiber E., Dermatologica 93_, 1(1946), zit.
nach Huyck (99).99) Huyck C. L., J. amer, pharm. Ass. (pract. Ed.) 10, 568(1949).100) Miller O. H., J. amer, pharm. Ass. (pract. Ed. )T5, 657 (1952).
- 31 -
hielt in 52 Fällen Niederschläge. Nakashima und Miller (101) untersuchten
die ladungsbedingten Inkompatibilitäten von verschiedenen, hauptsächlich anionischen
Suspensionsmitteln (u. a. Gummi arabicum, Agar, Traganth, Natriuma lginat, Pek¬
tin, Bentonit und Gelatine) mit einer Reihe von Arzneimitteln. Die Reaktionen von
Natriumcarboxymethylcellulose mit kationenaktiven Arzneistoffen wurden von Ken¬
non und Higuchi (102) untersucht, wobei festgestellt wurde, dass bereits vor
dem Auftreten sichtbarer Reaktionsprodukte eine Bindung des Arzneistoffes an den
gelösten Polyelektrolyten stattfand, und dass dieser in wässriger Lösung zu etwa
60 % dissoziierte. Reaktionen wurden mit Chinin, Diphenhydramin, Procain und
Mepyramin sowie mit Amphaetamin und Ephedrin festgestellt, wobei sich die ge¬
bundenen Kationen durch Zusatz von Natriumchlorid wieder verdrängen Hessen.
Die gleichen Autoren (103) führten entsprechende Versuche mit anderen anionenak-
tiven Polyelektrolyten (z.B. Natrium-Polyacrylat) durch, wobei sie feststellten,
dass die doppelte Umsetzung zwischen dem Natriumsalz des Polyelektrolyten und
dem Chlorid des Arzneistoff-Kations im Mengenverhältnis
Polyelektrolyt : Kation = 2:1
verläuft. Czet seh- Lindenwald (104) beschrieb Inkompatibilitäten von Carbo-
(8)pol^ (Carboxymethylenpolymeres) mit mehrwertigen Metallsalzen. Ullmann
und Mitarb. (105) untersuchten die Reaktionen zwischen Ammoniumsulfobituminat
und kationenaktiven Arzneistoffen.
Eine in der gesamten Literatur über Inkompatibilitäten eingehend behandelte
doppelte Umsetzung liegt in der Ausfällung schwer löslicher Iodide oder Bromide
von Alkaloiden vor. Schill (106) bestimmte die Löslichkeitsprodukte von schwer¬
löslichen Iodiden und Bromiden, und Honkomp und Lichtin (107) untersuchten
die Ausfällungen schwerlöslicher Iodide von Codein und von Dihydrocodeinon mittels
Verdünnungsreihen und unter Berücksichtigung des Einflusses verschiedener Sirupi,
101) Nakashima I.Y. und Miller O.H., J. amer, pharm. Ass. (pract.Ed.)
1£, 496 (1955).102) Kennon L. und Higuchi T., J. amer, pharm. Ass. (sei. Ed. ) 45_, 157
(1956).103) Kennon L. und Higuchi T., J. amer, pharm. Ass. (sci.Ed.) 46, 21(1957).
104) Czetsch-Lindenwald H., Pharm. Ind. 21, 50(1959).
105) Ullmann E., Thoma K. und Moser B., Arch. Pharm. 294, 94(1961).
106) Schill G., Farm. Rev. 55, 503(1956).107) Honkomp L. und Licht in J. L., Amer. J. Pharm. 130, 395(1958).
- 32 -
welche als Tragmittel des Codeinsalzes in Frage kamen. Sie fanden, dass die Ten¬
denz zur Niederschlagsbildung im Sirup geringer war als in reinem Wasser.
Für die Beurteilung der doppelten Umsetzung als Inkompatibilität ist die Reak¬
tionsmöglichkeit zwischen zwei an sich löslichen Salzen zu beurteilen, welche im
folgenden am Beispiel der erwähnten Fällung eines unlöslichen Alkaloidiodides dar¬
gestellt sei. In einer Arzneilösung wird gleichzeitig ein Alkaloidhydrochlorid (be¬
zeichnet als AlkHCl) und Kaliumiodid verordnet. In der Lösung verlaufen die folgen¬
den Prozesse; primär durch Lösung der Komponenten in Wasser
AlkHCl
KI
AlkH*3 Clç
KwL -.
[4]
[5]
sekundär durch Reaktion der auf der rechten Seite der Primärprozesse entstandenen,
durch die gestrichelten Felder angedeuteten Reaktionsprodukte
AlkH^
K*
I©
cie
AlkHI
KCl
[6]
[7]
Da man [5] in einer verdünnten Lösung (die molaren Konzentrationen der therapeu-
tisch gebräuchlichen Alkaloidlösungen liegen in der Grossenordnung = 1-10,
diejenigen der Iodidlösungen etwa 5 • 10" ) als vollständig nach rechts verlagert
betrachten kann, und ebenso [7] als vollständig nach links verlagert, bestimmen
die Stufen [4] und [6] das Gleichgewicht in der gesamten Mischung. Durch Addition
der Einzelprozesse erhält man den Bruttoprozess
AlkHClTe AlkHI Cl
0 [8]
Das Gleichgewicht der Stufe [4] wird durch die Dissoziationskonstante des Alkaloid¬
hydrochlorids bestimmt
K[4] [AlkH®] •
[Clö] = 100
[9]
wobei die Gesamtkonzentration des Alkaloidhydrochlorids [AlkHCl] in die Konstante
einbezogen wird. Das Gleichgewicht der Stufe [6] wird durch das Löslichkeitspro-
- 33 -
dukt des Alkaloidiodides bestimmt, indem die Gleichgewichtskonstante für [6] der
reziproke Wert des Löslichkeitsproduktes ist
g _
1_
1_
1Tiol
W'
[AlkH®] . [I©]"
LAlkHI"
10-n
Im Gleichgewicht müssen sowohl die Bedingung Kr.i als auch die Bedingung Kr.i
gleichzeitig erfüllt sein. Die diesem Zustand entsprechende Gleichgewichtskonstan¬
te des durch Addition der einzelnen Stufen erhaltenen Bruttoprozesses erhält man
durch Multiplikation der Konstanten der einzelnen Prozesse
kv vC1@ io"m miK =
KW•
K[6]=
-p=
-^r tnJ
Im Gleichgewicht in Gegenwart einer bereits vorhandenen Fällung verhält sich also
die Konzentration der vom Dissoziationsprozess herrührenden Chloridionen zu
derjenigen der Iodidionen wie 10" zu 10",d.h. dass für je 10" Teile in der
Gleichgewichtsmischung vorhandenen Iodides noch 10" Teile des Alkaloidhydro-
chlorides vorhanden sind.
Je grösser die Dissoziationskonstante der in [4] reagierenden Substanz ist,
desto vollständiger ist [4] nach rechts verlagert, und desto weniger wird von dem
ausfällenden Ion in [ 6 ] benötigt, um den Bruttoprozess vollständig nach rechts zu
verlagern. Die gleiche Wirkung wird durch eine Aenderung des pH der Lösung er¬
zielt, indem hiermit in Abhängigkeit von der Dissoziationskonstante mehr oder we¬
niger des Alkaloidhydrochlorids als Kation vorliegt (siehe 3.23, S. 60). Bei ver¬
dünnten Metallsalz- und Alkalihalogenidlösungen können bereits äquivalente Mengen
zur vollständigen Fällung führen. In diesem Idealfalle einer doppelten Umsetzung
liegt der in 3. 21.1, S. 26, behandelte Fall vor, wo ausschliesslich das Löslichkeits¬
produkt der gelösten Substanzen zu berücksichtigen ist. Von einer doppelten Um¬
setzung im eigentlichen Sinne kann aber nur dann die Rede sein, wenn sowohl ein
Dissoziationsprozess eines schwachen Elektrolyten wie in [4] als auch ein Fällungs-
prozess wie in [6] nebeneinander und voneinander abhängig verlaufen. Je grösser
das Löslichkeitsprodukt des in [ 6 ] entstehenden Reaktionsproduktes ist, d. h. je lös¬
licher es ist, desto geringeren Wert nimmt Kr.i an, und in desto geringerem Aus-
mass verläuft infolgedessen der Prozess [6 J nach rechts. Die Verringerung des
Wertes von Kr.i führt zur Verringerung der Gleichgewichtskonstante des Brutto¬
prozesses und dementsprechend zur Verlagerung des Gleichgewichtes gegen links.
- 34 -
Man erhält also bei der Mischung solchermassen charakterisierter Substanzenkeine
Ausfällung. Die Ueberschreitung des Löslichkeitsproduktes bezeichnet das Mass, in
welchem die doppelte Umsetzung zur (sichtbaren) Inkompatibilität wird.
3. 21. 4 Entstehen von Molekülverbindungen bzw. Ionen- und Molekülver¬
bindungen in Form von Komplexen
Als Komplexe bezeichnet man nach der Werner'sehen Koordinationslehre
"diejenigen Verbindungen höherer Ordnung, die in Lösung eine hinreichende Be¬
ständigkeit aufweisen und nur teilweise in ihre Bestandteile zerfallen". In diesen
Verbindungen können gewisse Atome mit einer Höchstzahl - der Koordinationszahl -
anderer Atome, Molekeln oder Radikale zusammentreten. In den eigentlichen Kom¬
plexen handelt es sich dabei um Metallionen, welche sich mit Elektronendonoren
verbinden. Als Donoratome rangieren insbesondere die nichtmetallischen Elemente
Stickstoff, Sauerstoff und Schwefel. Man kann nach dem Bindungstyp die durch
Atombindungen zusammengehaltenen Komplexe im Gegensatz zu den zwischenmole¬
kularen Assoziationsverbindungen in zwei Gruppen einteilen, nämlich solche mit
semipolaren Bindungen, in welchen ein Metall direkt an Kohlenstoff gebunden ist,
und in solche mit semipolaren und Ibnenbindungen (siehe Tab. 3.1). Die erstere
Gruppe besteht aus Organometallkomplexen, welche für die Behandlung von Inkom¬
patibilitäten keine Bedeutung haben. Die letztere Gruppe besteht aus Komplexsal¬
zen, welche in den Metallammin-Typ nach Bj er rum und in die Chelate eingeteilt
werden können (siehe Tab. 3.1). In den ersteren enthält die mit dem Metallion rea¬
gierende Substanz nur eine Gruppe mit Donoreigenschaften, im letzteren Falle zwei
oder mehr Gruppen mit Donoreigenschaften, sodass bei der Reaktion ein oder mehre¬
re Ringe gebildet werden. Solche Ringsysteme mit Metallen werden ohne Rücksicht
auf die Art der chemischen Bindung als Chelate bezeichnet.
- 35 -
Tabelle 3.1 Einteilung der Komplexe
Bindungskräfte daraus resultierende Verbindungen
Echte Bindungen
(Atombindungen im Gegen¬satz zu den in Tab. 3. 2
dargestellten zwischen¬
molekularen Assozia¬
tionskräften)
Komplexe im engeren Sinne
a) Durch Absättigungkoordinativ unge¬
sättigter Verbindungenentstandene semipolareBindungen
a) Organometallkomplexe
b) Semipolare Bindungwie bei a) und Ionen¬
bindung
b) Komplexsalze
I Metallammin-Typn Chelate
Im Komplex sind infolge der Beständigkeit der Komplexbindung gewisse Eigen¬
schaften der Komponenten verdeckt. In der pharmazeutischen Praxis sind die wich¬
tigsten solcher Eigenschaften die Löslichkeit sowie spezifische, chemische Reak¬
tionsfähigkeiten. In der pharmazeutischen Literatur werden Komplexe der hier be¬
handelten Art in den folgenden Arbeiten behandelt. Der Einfluss von Chelatbildnern
auf die Haltbarkeit von Benzocainlösungen wurde von Lach und Pauli (108) unter¬
sucht, und Platt und Martin (109) bestimmten die Komplexbindung von Tetra-
cainhydrochlorid und verwandten Lokalanaesthetica durch Metalle mittels pH-Mes¬
sungen. Eine eingehende Uebersicht über die Bildung von Komplexen in pharmazeu¬
tischen Präparaten wurden von Nuppenau (110) gegeben. Havemeyer undHi-
guchi (111) untersuchten die Komplexbildung zwischen Cyanocobalamin und anorga¬
nischen Verbindungen. Komplexbindungen von eher analytischem Interesse sind die
Silberkomplexe von Barbitursäuren, deren Theorie, Bildungskonstanten und Auswer-
108) Lach J.L. und Pauli W. A., Drug Stand. 27_, 104(1959).109) Platt H.A. und Martin A.N., J. amer, pharm. Ass. (sei. Ed. ) 49_, 518
(1960).110) Nuppenau H., Arch. Pharm. Chem. 67, 1033, 1091 (1960).111) Havemeyer R.N. und Higuchi T., J. amer, pharm. Ass. (sei. Ed. ) 49,
356 (1960).
- 36 -
tung von Poethke und Fürst (112) und von Fürst (113) behandelt wurden.
Als Beispiel eines Chelates sei das Calciumsalz der Aethylendiamintetra-
essigsäure angeführt, indem diese u. a. zur Bindung von Kupfer- und Eisenionen
in destilliertem Wasser zur Verhinderung der kupfer- und eisenkatalysierten oxy-
dativen Zersetzung (114, 115) von Arzneimittellösungen verwendet wird. Die Chemie
der Metallchelatverbindungen wurde eingehend von Martell und Calvin (116)
behandelt.
P
\,
C c-
\lC N-
/
-c=o
/
yj
_n.<:..4->0c—N
\
I \i
-o
c=o
o
Als Beispiel eines Metallamminkomplexes sei das Silberdiamminion angeführt,
welches z. B. beim Lösen von Silberchlorid in Ammoniaklösung entsteht. Diese kom-
NH„
Ag©
NH„
Cl'0
plexen Ionen entstehen wie erwähnt durch die Anlagerung von Ionen oder von äusser¬
enlieh elektroneutralen Verbindungen an Metallionen. Das Metallion M wird als Zen-
112) Poethke W. und Fürst W., Pharmazie 15_, 673 (1960).113) Fürst W., Pharmazie 16, 24(1961).114) Schou S.A., Arch. Pharm. Chem. 61, 524(1954).115) Schou S.A., DanskT. Farm. 29, 2155(1955).116) Martell A. E. und Calvin M., Die Chemie der Metallchelatverbindungen,
Verlag Chemie GmbH, Weinheim/Bergstrasse 1958.
- 37 -
tralatom bezeichnet, während die angelagerten Teile L als Liganden bezeichnet
werden. Die Bindung vom Liganden zum Zentralatom ist eine als Donorbindung be¬
zeichnete koordinative Bindung kovalenter Natur, welche durch einen im Inneren
des Moleküls durch Aufspaltung der Ladung in formelle Ladungen entstandenen Di¬
pol bedingt ist. Die Ursache der Entstehung von Ionenkomplexen ist darin zu suchen,
dass in einer ternären Verbindung mit zwei verschiedenen Kationen, von denen eines
klein und hochgeladen (wie Bi,Fe u. a. ) und das andere niedrig geladen ist
(wie K,Na ), bereits im Kristallgitter auf Grund der elektrischen Kräfte, die ein
kleines, hochgeladenes Kation auf die Anionen ausübt der Komplex aus dem hochge¬
ladenen Kation als Zentralatom und mehreren Anionen gebildet werden. Die Aggre¬
gate bleiben auch beim Lösen der Verbindung in einem geeigneten Lösungsmittel
bestehen, sodass ein Komplexion in das niedrig geladene Kation und das komplexe
Anion dissoziiert, indem die koordinative Bindung stabiler ist als die polare Bindung.
Die Neigung der Metallionen mit anderen Ionen oder Neutralsalzen zu Komplexen zu¬
sammenzutreten wächst mit abnehmender Elektroaffinität, sodass Edelmetalle die
grösste Komplexneigung aufweisen, während Alkalien keine Komplexe bilden. Infolge¬
dessen ist für die Beurteilung der pharmazeutischen Inkompatibilität insbesondere
die Komplexneigung der Komponenten in Lösungen mit Metallen von geringerer
Elektroaffinität zu beachten.
Die Bildung jeder einzelnen Komplexbindung zwischen dem Zentralatom und den
Liganden wird durch das folgende Gleichgewicht ausgedrückt, dessen Gleichgewichts¬
konstante k als Assoziationskonstante bezeichnet wird:
[ML]M + L ^ ML, k, =
[M] , [L][12]
[MLJML, + L = ML, k„ =
-p-^
— [13]1 2 2
[MLj] • [L]
usw. bis
[ML ]ML
,+ L - ML k =
2^^ [h]
n-1 n n [ML J.
[L]"- n-lJ L J
Die Summierung der Partialprozesse ergibt den Bruttoprozess für die Bildung des
Komplexes
M + nL ^ MLn [15]
führen.
MolekülaggregatenabgrenzbarenscharfzuGrunddiesemauswelche
Kräfte,wirksameRichtungeinerinnurabsättigende,gegenseitigSich25.21.3.
führen.Molekülaggregatengrenzbaren
ab¬scharfzunichtundAssoziatenunbestimmtenzuwelcheKräfte,
wirksameRichtungenallennachabsättigende,nichtgegenseitigSich5.121.3.
39):S.3.2,Tab.(sieheumdabeisichhandeltEsruhen.
be¬kcal/Mol1-10vonBindungsenergienmitDipol-Dipol-AttraktionderTypvom
Wechselwirkungenelektrostatischenschwachenrelativaufsiedasssondernhen,
entste¬kcal/Mol200-50vonBindungsenergienmit(Ionenbindung)Ionengeladener
entgegengesetztUeberschussladungendiedurchoderBindung)(kovalentenenschale
Elektro¬derEinbeziehungunterdiesewienichtsiedassdarin,Bindungenmischen
che¬denvonsichunterscheidenAssoziationskräftezwischenmolekularenDie
AssoziationenzwischenmolekularenvonEntstehen521.3.
stellt.
ein¬augenblicklichGleichgewichtdasKomponentenderZusammengebennachsich
denenbeiSysteme,umsicheshandeltRegelderInKomplex.dissoziiertenmass
Aus-geringeminnurstabilen,einendemgemässbezeichnenßvonWerteHohe
[18]
jrn=
[MV-
K
risii[L]"•[M]
k
Dissoziationskonstante
dermitGleichgewichtobigendemnachverläuftKomplexesdesDissoziationDie
[17]kn•k2kl=*n
AssoziationskonstanteneinzelnenderProduktdem
aussichergibtSiebezeichnet.KomplexkonstanteoderBildungskonstantealswird
][ML
BruttoprozessesdesKonstanteDie
-38-
- 39 -
Zwischen den Atomen verschiedener Molekeln entstehen infolge der gegensei¬
tigen Durchdringung der Elektronenschalen charakteristische Abstossungskräfte.
Gegen diese Abstossungskräfte wirken verschiedene Assoziationskräfte, welche im
Gleichgewichtszustand gleich den Abstossungskräften sind und infolgedessen die Mo¬
leküle zusammenhalten. Solche Assoziationskräfte werden häufig ganz allgemein
als van der Waals'sche Kräfte bezeichnet, wobei über die Begrenzung der Bezeich¬
nung van der Waals'sche Kräfte unterschiedliche Auffassungen bestehen. Es handelt
sich in allen Fällen um elektrische Dipolkräfte.
Tabelle 3.2 Uebersicht über die Bindungskräfte und die daraus resultierenden
Verbindungen bei den zwischenmolekularen Assoziationen
Bindungskräftedaraus resultierende
Verbindungen
Zwischenmolekulare Assozi¬
ationskräfte
3.21.5.1
sich gegenseitig nicht absättigend,nach allen Richtungen wirksam
3.21.5.1.1
van der Waals' sehe Kräfte im
engeren Sinne (London'seheDispersionskräfte)
Anziehung zwischen
induzierten Dipolen
keine scharf abgegrenzten Molekül¬
aggregate als Folge der Assoziation
3.21.5.1.2
elektrostatische Anziehungs¬kräfte der Ionen und perma¬
nenter oder induzierter Di¬
polmoleküleIon-Dipollon-induzierter DipolDipol-DipolDipol-induzierter Dipol
(Debye)
3.21.5.2
sich gegenseitig absättigend, nur
in einer Richtung wirksam
3.21.5.2.1
Wasserstoö-Brücke
Zwischenmolekulare Verbindungen
Molekülverbindungen("Uebermoleküle") u.a.
Einschlussverbindungen3.21.5.2.2
ÏÏ -Elektronen-Brücke
3.21.5.3.3
Kristallgitter Mischkristallisate
- 40 -
3. 21. 5.1.1 Diese können bereits zwischen Molekülen ohne permanentes Dipol¬
moment auftreten. Nach London (117) kann nämlich der in einem System Kern +
Elektron vorliegende Dipol (welcher wegen seiner Bewegung im Zeitmittel das Di¬
polmoment 0 ergibt) ein schnellschwingendes elektrisches Wechselfeld erzeugen,
das einen gleichgerichteten zweiten Dipol in einem benachbarten Atom induziert.
Zwischen diesen Dipolen entstehen Anziehungskräfte, welche als London'sehe
Dispersionskräfte oder als van der Waal s'sehe Kräfte im engeren Sinne bezeich¬
net werden.
Allgemein werden die Dispersionskräfte bei abnehmendem Molekulargewicht
geringer (was sich in einer Abnahme der Schmelz- und Siedetemperatur der von
diesen Kräften beeinflussten Substanz äussert), und sie werden bei Atomen ähnli¬
cher Elektronenstruktur mit abnehmender Ordnungszahl geringer. Der Einfluss
der Dispersionskräfte kann (z. B. bei der Assoziation von Aethanol in Tetrachlor¬
kohlenstoff) durch die Wechselwirkung mit dem Lösungsmittel ausgeglichen werden.
Als Beispiel für eine derartige Assoziation sei der Graphit angeführt. Graphit
besteht aus hexagonalen Schichten, deren jede man als ein riesiges Molekül ansehen
kann mit einem Schichtabstand von 3,40 X, d.h. so gross, dass keine kovalenten
Bindungen vorliegen können. Vielmehr halten schwache van der Waals'sche Kräfte
die Schichten zusammen. Die vier Valenzen des Kohlenstoffs werden daher inner¬
halb der Schicht abgesättigt und nicht für Bindungen zwischen den Schichten benötigt.
ORfià
«o3,40 A
?
Die Entfernungen zwischen den durch Valenzbindungen (kovalente Bindungen)
zusammengehaltenen Atomen sind, da die Elektronenschale in den Bindungsmecha¬
nismus einbezogen wird, geringer als bei den durch van der Waals'sche Kräfte zu¬
sammengehaltenen Atomen. Bei den letzteren werden nämlich beim Berühren der
Elektronenschalen die oben erwähnten Abstossungskräfte gleich den Assoziations-
117) London F., Z. phys. Chem. (B) JJ_, 222(1930).
- 41 -
kräften, sodass eine weitere Annäherung nicht mehr möglich ist. Die Unterschiede
lassen sich am Beispiel des Chloratoms definieren:
Im Chlormolekiil sind die beiden Chloratome durch eine kovalente Bindung
zusammen gehalten, welche die Abstossung zwischen den Atomen überwindet.
0 i0,99 A J
1,98 A
Als Kovalenzradius bezeichnet man den halben Abstand vom Kern zum gemeinsamen
Elektronenpaar (bzw. zum Ladungsmittelpunkt der Elektronenwolke), hier 0,99 A.
Im Chlorkristall indessen werden die einzelnen Moleküle durch London'sche
Dispersionskräfte zusammengehalten, welche im Gleichgewicht mit den Abstossungs-
kräften stehen und daher im Gegensatz zur kovalenten Bindung nur eine Annäherung
bis zur äusseren Elektronenschale gestatten:
Der van der Waal s'sehe Radius eines Chloratoms wird definiert (118) als
der halbe Abstand zwischen zwei benachbarten Chloratomen, die zwei verschiedenen
durch van der Waals'sche Kräfte zusammengehaltenen Chlormolekülen angehören.
Er ist naturgemäss grösser als der Kovalenzradius, da zwischen den beiden Atom¬
kernen zwei Elektronenpaare liegen. Die Atomradien sind also als die halben Ent¬
fernungen zwischen den Atomkernen definiert, wodurch sich die Stärke der Dipol¬
kräfte errechnen lässt. Einige van der Waals'sche Atomradien gehen aus der folgen¬
den Tabelle hervor (118):
118) Pauling L., Die Natur der chemischen Bindung, Verlag Chemie, Weinheim/
Bergstrasse 1962, S. 242 ff.
- 42 -
Tabelle 3.3 Van der Waals'sche Atomradien (in Ä)
H 1,2
N 1,5 O 1,40 F 1,35
P 1,9 S 1,85 Cl 1,80
As 2,0 Se 2,00 Br 1,95
Sb 2,2 Te 2,20 I 2,15
Radius der Methylgruppe bei van der Waals'scher Bindung (CH„) 2,0 X;Die halbe Dicke von Aromaten bei van der Waals'scher Bindung (vgl. Gra-
phitschichten-Abstand) 1,70 Ä.
Die in der Tabelle angegebenen Radien sind durchwegs um 0,75 - 0,83 À grösser
als die Radien der entsprechenden kovalenten Einfachbindungen und können also im
allgemeinen gleich dem kovalenten Radius + 0,80 A angenommen werden.
3. 21. 5.1. 2 Der grössere Teil der (häufig ebenfalls als van der Waals'sche
Kräfte bezeichneten ) Assoziationseffekte beruht auf den elektrostatischen Anziehungs¬
kräften zwischen Ionen oder permanenten Dipolen untereinander oder gegenüber in¬
duzierten Dipolen.
Die Gesamtwirkung der intermolekularen Assoziationskräfte ist als Resultante
von mehreren gleichzeitig wirkenden unter den hier beschriebenen einzelnen Kräften
zu betrachten. Dabei hängt es vom Charakter des betrachteten Moleküls ab, welchen
der einzelnen Kräfte das Hauptgewicht in der Gesamtwirkung zuzuschreiben ist.
Die stärkste, auf elektrostatischer Anzeihung beruhende Bindung ist die Ion-
Ion-Bindung, bei welcher im Falle zweier einwertiger Ionen die wirkende Kraft nach
dem Coulomb'sehen Gesetz folgendermassen berechnet wird (119):
KIon-Ion =
3 t19Jd
d = Abstand der Ionen (z. B. im Gitter)
e = Elementarladung 4,8 10" elektrostatische Einheiten
Kj j.ist grösser als die Bindungskräfte sämtlicher bekannter kovalenter Bindun¬
gen, daher wird bei Energiezufuhr zu einem Ion-Ion-Aggregat eher eine Auflösung
der kovalenten Bindung (d. h. chemische Zersetzung) eintreten als eine Auflösung
119) Klag es F., Lehrbuch der organischen Chemie, Walter de Gruyter & Co.,Berlin, 2. Aufl. 1957, Bd. II, S. 397 ff.
- 43 -
der interionischen Anziehungskräfte (d.h. Schmelzen).
Beispiele der Ion-Ion-Bindung sind an allen Salzen (NaCl usw. ) bekannt. Die
Ion-Ion-Bindung dient in dieser Uebersicht nur als Vergleich zu den wesentlich
schwächeren im folgenden angeführten Assoziationen, welche wir sämtliche unter
der Bezeichnung van der Waals' sehe Kräfte zusammenfassen. Die Ion-Ion-Bindung
ist nach der Definition von u.a. Pauling (120) als chemische Bindung (polare Bin¬
dung) anzusehen, und ihre Bedeutung für das Auftreten von Inkompatibilitäten wurde
in anderen Kapiteln (3. 21.1 - 3, S. 26 - 34) ausführlich besprochen.
Die Stärke der Bindung zwischen einem Ion und einem permanenten Dipol lässt
sich nach dem Coulomb'sehen Gesetz folgendermassen berechnen:
KIon-Dipol = ^ ^
u = Stärke des Dipols (in der günstigsten Lage) = e • d
Auf diesem Effekt beruht die Löslichkeit von Salzen in Wasser und anderen dipol-
haltigen Lösungsmitteln mit hoher Dielektrizitätskonstante und mit möglichst kleinem
Molekülvolumen. Durch kleines Molekülvolumen wird erreicht, dass sich die Dipole
den Ionen weitgehend nähern können. Die daraus folgenden kleinen Werte für d erge¬
ben grössere Werte für K._. . (vgl. Diskussion der van der Waals'sehen Radii,
S. *1).
Zu den hier beschriebenen Kräften gehört auch die Assoziation zwischen Ionen
und induzierten Dipolen, wie sie am Beispiel
I2 + KI = Klg [21]
gegeben ist, wo das Iodidion im Iodmolekül einen Dipol induziert.
Schliesslich lassen sich die Wirkungen zwischen zwei permanenten Dipolen
folgendermassen nach dem Coulomb'sehen Gesetz berechnen
ul • H2 -2
KDipol-Dipol
"
,4 .4oder i- [22]
120) Pauling L., Die Natur der chemischen Bindung, Verlag Chemie, Weinheim/
Bergstrasse 1962, S. 3.
- 44 -
Diese Wirkung ist, da d in der 4. Potenz in die Gleichung eingeht, noch schwächer
als die Ion-Dipol-Bindung. Sie beruht auf der gegenseitigen Orientierung nicht orien¬
tierter Dipole. Hierzu sind auch die intermolekularen Kräfte zwischen einem per¬
manenten und einem induzierten Dipol zu rechnen (Debye-Kräfte).
Zum Unterschied von den im vorhergehenden behandelten Kräften, die zu lo¬
sen Molekülaggregaten führen, werden im folgenden diejenigen Kräfte behandelt,
die nur in einer Richtung wirksam sind und sich gegenseitig absättigen. Diese kön¬
nen zu scharf abgegrenzten Molekülaggregaten führen, die als zwischenmolekulare
Verbindungen bezeichnet werden. Als solche definiert man alle chemisch einheitli¬
chen Individuen die durch Assoziation der Moleküle verschiedener Substanzen in
stöchiometrischem Mengenverhältnis entstehen und sich durch eindeutige physika¬
lische Konstanten (z. B. einen scharfen Schmelzpunkt) von zufälligen Mischungen
der gleichen Zusammensetzung unterscheiden (121). Sie lassen sich folgendermas-
sen einteilen (siehe Tab. 3.2, S. 39):
3. 21. 5. 2 Die Moleküle der Komponenten lagern sich in stöchiometrischem
Verhältnis zu einem Molekülkomplex (im Gegensatz zu den Komplexverbindungen
als "Uebermolekül" (121) bezeichnet) zusammen, der genügend beständig ist, dass
er innerhalb gewisser Grenzen selbständig auftreten kann und als kleinste Einheit
der Additionsverbindung fungieren kann; es entsteht eine Molekülverbindung. Man
unterscheidet nach der Art der Bindung:
3. 21. 5. 2.1 Wasserstoffbrücken-Verbindung und
3. 21. 5. 2. 2 TT-Elektronenbrücken-Verbindung, ferner den folgenden Fall:
3. 21. 5. 3 Die Moleküle der Komponenten bauen in stöchiometrischem Verhält¬
nis gemeinsam ein Kristallgitter der Additionsverbindung auf, inner¬
halb dessen sich keine kleineren Einheiten der gleichen Zusammen¬
setzung mehr abgrenzen lassen, es entsteht ein Mischkristallisat.
3. 21. 5. 2.1 Die Wasserstoffbrücken-Bindung
Das Wasserstoffatom zieht unter gewissen Voraussetzungen nicht nur ein an¬
deres Atom stark an, sondern gleichzeitig zwei, indem es eine Bindung zwischen
121) Klages F., Lehrbuch der organischen Chemie, Walter de Gruyter & Co.,Berlin, 2. Aufl. 1957, Bd. H, S. 423.
- 45 -
ihnen vermittelt, welche als Wasserstoffbrücken-Bindung bezeichnet wird. Das Was¬
serstoffatom kann nur eine kovalente Bindung eingehen. Die Wasserstoffbrückenbin¬
dung hingegen ist weitgehend ionisch (siehe S. 46) und bildet sich nur zwischen den
elektronegativsten Atomen. Die Bildung erklärt sich durch das Auftreten starker
Dipolkräfte, nicht infolge hoher Dipolmomente, sondern infolge des besonders klei¬
nen Aktionsradius des Wasserstoffatoms. Dieses kann sich als "nacktes" Proton
(ohne Elektronenschale), d. h. als verschwindend kleines Element, dem (beliebigen)
Anion X.. bis auf den Aktionsradius r als Gleichgewichtsabstand nähern.
Ebenfalls kann es noch ein zweites Anion X„~
anziehen und mit beiden einen stabilen
Komplex bilden. Ein drittes Anion X„ lässt sich indessen nicht mehr unterbringen.
Die wesentlichste Voraussetzung für die Bildung der Wasserstoffbrücke ist die
grundsätzliche Möglichkeit der Ausbildung einer Atombindung zwischen dem Proton
und dem Bindungspartner. Das assoziierende Molekül muss also aktiven Wasser¬
stoff an einem deutlich basisch reagierenden Atom mit einsamen Elektronenpaaren
besitzen. Indessen findet keine Protonenwanderung im Sinne der Brönsted'sehen
Säure-Base-Reaktion statt. Demnach bilden nur die elektronegativsten Atome Was¬
serstoffbrücken, nämlich F, O und N, wobei die Eignung zur Wasserstoffbrücken¬
bildung, d. h. die Bindungsenergie der Wasserstoffbindung, in der angegebenen Rei¬
henfolge abnimmt.
Erhöht sich die Elktronegativität eines Atoms, so erhöht sich auch seine Fähig¬
keit Wasserbstoffbrücken zu bilden. Daher sind Wasserstoffbrücken mit dem Ammo¬
niumion und seinen Derivaten (z. B. [RNH„]+
) stärker als solche mit NHg oder mit
normalen Aminen. In gleicher Weise sind die Phenole stärkere Wasserstoffbrücken¬
bildner als die aliphatischen Alkohole, weil die Elektronegativität des Sauerstoffatoms
durch die Resonanz mit Grenzstrukturen wie
e
iXoh
- 46 -
grösser geworden ist.
Im ganzen ist die Wasserstoffbrückenbindung nicht sehr stark. Ihre Bildungs¬
energie, nämlich die Energie der Reaktion
XjH + X2 = X^Xg [24]
liegt in der Regel zwischen 2 und 10 kcal/Mol. Sie benötigt nur geringe Aktivierungs¬
energie für ihre Bildung und Trennung und kann daher besonders bei Reaktionen auf¬
treten, die bei Raumtemperatur ablaufen. Durch diese Tatsache wird sie für phar¬
mazeutische und allgemein für physiologische Reaktionen besonders interessant.
Bei den meisten Wasserstoffbrückenbindungen ist das WasserStoffatom dem
einen seiner Liganden näher als dem anderen. Im Eis beträgt der Abstand zwischen
zwei über eine Wasserstoffbrücke verbundenen Sauerstoffatomen 2, 76 A. Durch
Neutronenbeugung hat man ermittelt, dass das Proton von dem einen Sauerstoff¬
atom 1,00 A, von dem anderen 1,76 X entfernt ist. Danach lässt sich die Wasser¬
stoffbrücke als Resonanzhybrid zwischen der Grundstruktur A und der energierei¬
cheren Struktur C erklären (122), wobei in der Formel nur das Skelett der Wasser¬
stoffbrücke und keine anderen Bindungen angegeben wurden:
A C
0 H |0«. »Ol H 0 [25]
1,00 1,76 A"
Die Mesomerieenergie des Systems ist die Bildungsenergie der Wasserstoffbindung
(vgl. Formel [24] ). Die Grenzstrukturen sind mit den folgenden Prozentteilen an
der Bindung beteiligt (122):
A 0 H |0 61 %
B 0| H+ |0 34 %
C 0| H 0 5 %
Aus dieser Aufstellung ist auch der teilweise Ionencharakter der Wasserstoffbindung
ersichtlich (vgl. S. 45).
Charakteristische Beispiele für das Auftreten von Wasserstoffbrücken sind:
122) Pauling L., Die Natur der chemischen Bindung, Verlag Chemie Weinheim/Bergstrasse 1962, S. 421.
- 47 -
1. Die hohe Assoziation von Wasser mit aussergewöhnlich hoher Dielektrizitäts¬
konstante. Der Abstand von Sauerstoffatom zu Sauerstoffatom beträgt 2,76 X. Im
Eis sind sowohl Wasserstoffbrücken als auch van der Waals'sche Kräfte an der As¬
soziationswirkung beteiligt.
H H H H
H H H H
2. Die Bildung von Polymeren infolge Wasserstoffbrückenbildung bei Alkoholen im
kristallinen Zustand nach dem Schema
RI
H''' XH H'
I
R
z. B. kann R das Radikal für Methanol (123) bezeichnen.
3. Ameisen- und Essigsäure bilden stabile Doppelmoleküle (z.B. in Tetrachlorkoh¬
lenstoff), welche sogar in der Gasphase noch als Dimere vorliegen, während im Was¬
ser die Wasserstoffbrücke nicht stabil genug ist um in der Gasphase zu merklichen
Konzentrationen an polymeren Molekülen zu führen.
0-H--0
H—C C—H
o- h—er
o
2.70 A
R
-o/"' V
R R
123) Tauer J. K. und Lipscomb W. N., Acta crystallogr. ^, 606(1952).
- 48 -
Die Wasserstoffbrücke ist hier kürzer als beim Wasser, weil die Bindungsstärke
grösser ist. Für die Bindungsstärke gilt allgemein, dass eine unsymmetrische
A-H... B Bindung stärker wird, wenn sich die positive Ladung von A und die nega¬
tive von B erhöhen.
4. Salicylsäure bildet in Benzol und Tetrachlorkohlenstoff Dimere, bei welchen
eine Chelation (eine intramolekulare Wasserstoffbrückenbildung neben der intermo¬
lekularen) vorliegt.
H^
O—H O
^Y°^(? H—Ô
00
<K-
3.21.5.2.2 Die IT-Elektronenbrücke
Die zweite wichtige Molekülverbindung entsteht durch die TT-Elektronenbrücke,
welche sich im Gegensatz zur Wasserstoffbrücke niemals zwischen gleichartigen Mo¬
lekülen bildet. Die IT-Elektronenbrücke verknüpft noch stärker als die Wasserstoff¬
brücke verschiedenartige Moleküle zu Molekülkomplexen ("Uebermolekülen"), so¬
dass sie eher den Eindruck einer schwachen Atombindung als den einer Assoziations¬
bindung erweckt.
Als TT-Elektronen bezeichnet man das in freien Bahnen bewegliche Valenzelek¬
tronenpaar der C=C Doppelbindung, im Gegensatz zu den axialsymmetrisch um die
Bindungslinie gelagerten drei k>-Elektronenpaaren. Die 1T-Elektronen sind charak¬
terisiert durch
a) erhöhte Polarisierbarkeit, weil die IT-Elektronen lockerer mit dem Atom
verbunden sind als die à-Elektronen,
b) freie Beweglichkeit (ähnlich wie die Elektronen im Metall) innerhalb des Be¬
reiches der mehrfach miteinander verbundenen C-Atome (z. B. über den ganzen
Bereich konjugierter Doppelbindungen),
- 49 -
c) eine durch die obigen Voraussetzungen gegebene, erhöhte Reaktionsfähigkeit.
Voraussetzung für die Entstehung von IT-Elektronenbrücken ist, dass beide
Bindungskomponenten je ein grösseres, zusammenhängendes TT-Elektronensystem
besitzen, wie z. B. Chinon und Hydrochinon (siehe [27] ).
Man kann 1T-Elektronenverbindungen formulieren, wie wenn sie Salze wären,
deren Ionen durch Elektronenüberführung (charge transfer) entstanden sind (124).
Es handelt sich dabei aber nicht um echte Salze, sondern nur um eine Grenzstruk¬
tur im Rahmen einer intermolekularen Mesomerie zwischen einem Donormolekül
und einem Acceptormolekül. Diese Reaktionen wurden von Weis (124) am Beispiel
der Komplexe zwischen Chinonen und Nitrochinonen einerseits und gewissen unge¬
sättigten Kohlenwasserstoffen anderseits untersucht, wie der folgende, aus Benzol
und Trinitrobenzol gebildete Molekularkomplex.
N02\
NO„
Das Acceptormolekül muss eine positive Elektronenaffinität, also eine oder
mehrere elektronegative Gruppen aufweisen. Im erwähnten Beispiel bedingen die
Nitrogruppen die Elektronenaffinität, wobei Resonanz zwischen den Nitrogruppen die
Elektronenaffinität weiter fördert, indem das überschüssige Elektron zwischen al¬
len Nitrogruppen und den unsubstituierten Stellen wechseln kann. Auch andere Sub-
stituenten, wie Cl und Br bedingen zunehmende Elektronenaffinität, während Amino-
und Methylgruppen die gegenteilige Wirkung ausüben. Das Donormolekül muss ein
niedriges Ionisierungspotential aufweisen, welches bei organischen Molekülen durch
die Gegenwart konjugierter Doppelbindungen mit den erwähnten charakteristischen
Eigenschaften bedingt ist. Eine Zunahme der Anzahl konjugierter Doppelbindungen
bewirkt Abnahme des Ionisierungspotentials, ungeachtet, ob die T-Elektronen von
C-Atomen oder von N-, O- oder S-Atomen stammen. Gewisse Substituenten, wie
Methyl-, Hydroxyl- oder Aminogruppen im Donormolekül bedingen eine Abnahme
124) Weis J., J. ehem. Soc. 1942, 245.
- 50 -
des Ionisierungspotentials, während andere, z.B. Chlor und Brom die gegenteilige
Wirkung ausüben. Die Reaktion lässt sich auf Grund dieser Voraussetzung als Säure-
Base-Reaktion im Sinne der Le wis'sehen Theorie beschreiben, indem das Donor-
molekül die Lewis-Base darstellt (z. B. Benzol, Toluol oder Xylol) und das Accep-
tormolekül die Lewis-Säure. Die Reaktion zwischen Substanzen mit den hier dar¬
gestellten Eigenschaften kann zu ir-Elektronenbrücken führen.
Die erwähnte Verbindung von Benzol und Pikrinsäure wird bei Zusatz von
Wasser zerstört, indem die Pikrinsäure als Pikration aus dem Gleichgewicht ent¬
fernt wird. Im umgekehrten Sinne werden Komplexe von Aminen bei Zusatz von Salz¬
säure zerstört, indem das nicht zur Komplexbildung befähigte Ion R-NH„ gebildet
wird. Aus den hier dargestellten Verhältnissen geht hervor, dass z. B. Pikrinsäure
mit starken Basen wasserlösliche Salze (Pikrate) bildet, während sie mit schwachen
Basen (wie z. B. Lokalanaestetica) keine Salze, sondern in Wasser unlösliche, aber
in organischen Lösungsmitteln lösliche Molekularkomplexe bilden kann.
Ein weiteres Beispiel einer auf Donor-Acceptorbindung beruhenden Reaktion
ist die Lösung von lod in Benzol.
0 * ^ - Ô * t2"
Während sich Iöd in aliphatischen Kohlenwasserstoffen, Chloroform und Schwefel¬
kohlenstoff in freiem Zustand mit violetter Farbe löst, sind Lösungen von lod in Benzol,
Aethern, Ketonen oder Aminen rotbraun bis rötlich, indem lod mehr oder weniger an
das Lösungsmittelmolekül gebunden wird. Benzol mit konjugierten Doppelbindungen
entspricht einer Verbindung mit niedrigem Ionisierungspotential und kann daher als
Elektronendonor fungieren, während lod auf Grund seiner Elektronenaffinität als Ac-
ceptormolekül fungiert. Die Komplexbindung entsteht nach B e n e s i und Hilde-
brand (125) aus einem Molekül lod mit einem Molekül Benzol. Weitere Halogen¬
verbindungen der aromatischen Kohlenwasserstoffe wurden von Hassel (126) aus
Benzol mit Brom und mit Chlor, beide wie der lodkomplex im Verhältnis 1:1, kri¬
stallin hergestellt.
125) Benesi H.A. und Hildebrand LH., J. amer. ehem. Soc. 7£, 2832
(1948) und 71, 2703 (1949).126) Hassel öT, Dansk T. Farm. 3£, 41(1962).
- 51 -
Die erwähnte Grenzstruktur im Rahmen der Mesomerie zwischen Donor- und
Acceptormolekül stellt man sich ähnlich vor wie diejenige der Wasserstoffbrücke,
welches sich am Chinhydron darstellen lässt:
„5^y <o=^>o) - Hs=Q/9 Ol [27]
Bei der Grenzstruktur ist die IT-Elektronenbrücke gestrichelt eingetragen, in glei¬
cher Weise wie bei der Wasserstoffbrücke die O H O Bindung. Die Ver¬
bindung ist tief grün gefärbt.
Da das TT-Elektronensystem in einer Verbindung für deren Farbe verantwort¬
lich ist, insbesondere wenn ladungstragende Atome daran beteiligt sind, äussert
sich die Bildung von ir-Elektronenbrücken in jedem Falle in einer Farbvertiefung.
Diese erfolgt durch Verschiebung der Absorptionsbanden (Elektronenüberführungs¬
banden) und lässt sich durch Spektroskopie im passenden Bereich nachweisen.
Eckert (127) konnte auf diese Weise IT-Elektronen-Donor-Acceptor-Komplexe
der Lokalanaesthetica in Lösungsgemischen mit Thiamin nachweisen. Als Beispiel
eines TT-Elektronensystems mit einem Ladungsträger in Endstellung sei das Phe-
nolphtalein angeführt.
O
©o
01»2 Na'
Das TT-Elektronensystem ist im Formelbild mit dicken Strichen eingezeichnet.
3.21.5.4 Einschlussverbindungen
Zu den Assoziaten der hier beschriebenen Gruppe gehören schliesslich die
Einschlussverbindungen, in welchen Moleküle in den Hohlräumen eines Gitters an¬
derer Moleküle eingeschlossen werden. Diese Verbindungen werden auch als Clathra-
127) Eckert Th., Arzneim. Forsch. 12, 8(1962).
- 52 -
te oder Käfigverbindungen bezeichnet. Die Moleküle des Käfigs sind häufig über
Wasserstoffbrücken miteinander verknüpft. Eine typische Anordnung dieser Art ist
der Kristall des Chlorhydrats (Cl„, 8 H„0), welcher durch Wasserstoffbrücken zu¬
sammengehalten wird. Ohne dass auf die Kristallstruktur näher eingegangen werden
soll, ist in diesem Zusammenhang charakteristisch, dass innerhalb der strukturge-
mässen Anordnungen noch weitere Chlormoleküle in regelloser Orientierung in den
Hohlräumen angebracht sind und in weiteren Hohlräumen (die für Chlormoleküle zu
klein sind) noch zwei weitere Wassermoleküle. Das Ganze bildet eine Elementarzelle
im stöchiometrischen Verhältnis Cl„, 8 H„0 mit isngesamt 46 Wassermolekülen und
stellt einen Chlorhydratkristall dar.
3. 21. 5. 5 Zusammenfassung der neueren Literatur
Da die in den vorgehenden Abschnitten referierten Typen von Assoziations¬
reaktionen nicht bei allen als Inkompatibilitäten veröffentlichen Erscheinungen klar
zu trennen sind, sollen diese im folgenden Abschnitt gesamthaft referiert werden.
Beobachtungen von Verfärbungen in Pulvern und Suppositorien Hessen bereits
frühzeitig auf Komplexbildungen vom Typ der Assoziationsreaktionen schliessen.
Lum (128) beobachtete Gelbfärbung in Kombinationen von Aminophenazon mit u. a.
Cinchophen bei saurer Reaktion, während Zwikker (129) nachwies, dass Chino-
linkerne (in Chinin, Cinchophen und Chiniofon) mit aromatischen Aminen (in Sulfa-
nilsäure, Procain, Anilin) in Gegenwart von Säuren eine gelbgefärbte, als Komplex¬
salz bezeichnete Verbindung gaben. Mittels Leitfähigkeitsmessungen konnte Kauf¬
mann (130) nachweisen, dass Aminophenazon und Theobromin mit Erdalkalihalo-
geniden und -rhodaniden Komplexe eingehen können, indem die molare Leitfähigkeit
einer Aufteilung in nur zwei und nicht wie beim Erdalkalisalz selbst drei Ionen ent¬
spricht. Demnach ist eines der Anionen in der folgenden Weise komplex gebunden
NCS
(Aminophenazon). • Ca
*(H20)3
128) Lum P., Pharm. J. 139, 297 (1937).129) Zwikker J.J.L., Pharm. Wbl. 75, 333(1938).130) Kaufmann H.P., Arch. Pharm.~2>78, 449(1940).
CNS0
- 53 -
Die Leitfähigkeitsänderungen in Natriumsalicylatlösungen bei Zusatz von Coffein
wurden von Blake und Harris (131) untersucht, und Hückel und Zinsser
(132) untersuchten die Verwendbarkeit von Leitfähigkeitsmessungen zur Ermittlung
des Lösungszustandes von Arzneimittelkombinationen an Salicylatlösungen mit Ami-
nophenazon. Russ und Wenning (133) fanden, dass bei den oben erwähnten Ver¬
färbungen auch der Einfluss von Licht und Temperatur zu beachten ist. Von Higu¬
chi und Mitarb. (134, 135, 136, 139) und anderen wurden zahlreiche Untersuchun¬
gen über Komplexbildungen in Kombinationen neuerer Arzneistoffe durchgeführt, von
welchen einige als Beispiele für Inkompatibilitäten, insbesondere mit neueren makro¬
molekularen Hilfsstoffen angeführt seien. Higuchi und Kuramoto (134) kontrol¬
lierten Komplexbildungen in Polyvinylpyrrolidor. mittels Dialyseversuchen, und Hi¬
guchi und Lach (135) konnten mittels Phasenanalysen nachweisen, dass in Ge¬
genwart von Polyaethylenglycolen ein Molekül Phénobarbital mit zwei Aethylenoxyd-
einheiten der Polyätherkette eine Komplexbindung eingeht, und dass auch mit Phenol
eine Bindung entsteht. Guttmann und Higuchi (136) untersuchten die Komplex¬
bildung von Polyaethylenglycol mit Iod und Iodiden, Rave 1 und Mitarb. (137) jene
mit Acetylsalicylsäure in Suppositorien und Chakravarty und Lach (138) jene
mit Salicylsäure, p-Aminobenzoesäure und p-Hydroxybenzoesäure. Higuchi und
Mitarb. (139) fanden, dass bei der Komplexbildung zwischen Phenolen und Poly¬
aethylenglycolen, Propylenglycolen und Polyvinylpyrrolidon die Komplexbildung von
der Konzentration des Phenols und nicht von jener des Polymeren abhing, dass die
Temperatur bei Komplexen mit Polyaethylenglycolen wenig, bei solchen mit Poly-
propylenglycolen aber bedeutenden Einfluss ausübte und schliesslich, dass Alkohol¬
zusätze die Neigung zur Komplexbildung herabsetzten. Die Inkompatibilitäten von
(R~) (R) (R)Polyäthern (Carbowax^, Pluronics
^ und Tweens ), welche elektronegativen
131) Blake M. und Harris L. E., J. amer, pharm. Ass. (sei. Ed. ) 41_, 524
(1952).132) Hückel W. und Zinsser F., Arch. Pharm. 293_, 673 (1960).133) Russ M. und Wenning H., Oesterr. Apoth. Ztg. 12, 256(1958).134) Higuchi T. und Kuramoto R,, J. amer, pharm.~Ä"ss. (sei. Ed. ) 43_, 465
(1954).135) Higuchi T. und Lach J. L., J. amer, pharm. Ass. (sei. Ed.) 43, 465
(1954).136) Guttman D. und Higuchi T., J. amer, pharm. Ass. (sei. Ed. ) 44, 668
(1955).137) Ravel K., Blaug S.M. und Lach J. L., Drug Stand. 24, 11(1956).138) Chakravarty D. und Lach J. L., Drug Stand. 27, 6 (TÏÏ59).139) Higuchi T., und Guttman D., J. amer, pharm. Ass. (sei. Ed. ) 45_, 659
(1956).
- 54 -
und daher zur Komplexbildung neigenden Sauerstoff enthalten, wurden von Marcus
(140, 141) untersucht. Die nichtionischen Makromoleküle wurden von Blau g und
Ah s an (142) auf ihre Reaktionen mit Sorbinsäure untersucht und von De Luc a
und Ko stenbauder (143) in einer von mehreren Untersuchungen über die Reak¬
tionen zwischen Konservantien und Makromolekülen auf mögliche Verbindungen mit
den quaternären Ammoniumbasen. Eine weitere Reihe neuerer, makromolekularer
Hilfsstoffe sind die auch als Hydrokolloide bezeichneten Quellstoffe, von welchen
Carrageenan und andere von Graham (144) auf Inkompatibilitäten mit Alkaloiden
undvonTilman und Kuramoto (145) auf solche mit p-Hydroxybenzoesäure-
estern untersucht wurden, wobei letztere zu Viskositätserhöhenden Komplexverbin¬
dungen führten. Komplexe mit p-Hydroxybenzoesäureestern wurden ferner von
Meyer (146) mit 7-Hydroxyäthyltheophyllin nachgewiesen und von Higuchi und
Drubulis (147) zwischen Theophyllin, Hydrocortison, Prednisolon und Phenace-
tin und Hydroxybenzoesäuren und deren Salzen sowie Hydroxynaphtoaten, wobei die
Arzneistoffe solubilisiert wurden. Diese Wirkung wurde der Bildung organischer
Molekularkomplexe, beruhend zur Hauptsache auf Wasserstoffbindungen und Donor-
Acceptorbindungen, zugeschrieben. Die gesamte Frage der Bildung von Molekülver¬
bindungen und Koordinationsverbindungen in Lösung wurde in einer Monographie
von Schläfer (148) eingehend behandelt. Eine Reihe von Komplexbildungen von
Inkompatibilitätscharakter geht aus der folgenden Tabelle (nach Martin (149)) her¬
vor, welche auch einige der oben erwähnten Arbeiten einbezieht (Tab. 3.4, S. 56).
Die von Higuchi und Mitarb. durchgeführten, ausführlichen Untersuchungen über
die Komplexbildung des Coffeins mit verschiedenen sauren Arzneistoffen betreffen
nur zum Teil Reaktionen von Inkompatibilitätscharakter, zum Teil auch Reaktionen
zum Schutz gegen Hydrolyse, wie z.B. die Komplexe mit Benzocain (150) und mit
140) Marcus A.D., Drug and Cosmetic Ind. 79, 456(1956).141) Marcus A.D., J. amer, pharm. Ass. (pract. Ed. ) 17, 453(1956).142) Blaug S.M. und Ahsan S.S., J. Pharm. Sei. 50,T38 (1961).143) De Luca P.P. und Kostenbauder H.B., J. amer, pharm. Ass. (sei.Ed.)
49, 430 (1960).144) Graham H., J. Pharm. Sei. 50, 483 (1961).145) Tilman W. und Kuramoto R., J. amer, pharm. Ass. (sei.Ed.) 46, 211
(1957).—
146) Meyer G., Arzneim. Forsch. 8, 196 (1958).147) Higuchi T. und Drubulis Ä"., J. Pharm. Sei. 50, 905(1961).148) Schläfer H. L., Komplexbildung in Lösung, Springer Verlag Berlin-Göttingen-
Heidelberg 1961.
149) Martin A.N., Physical Pharmacy, Lea and Febiger, New York 1960.
150) Higuchi T. und Lachmann L., J. amer, pharm. Ass. (Sei. Ed. ) 44. 521
(1955). —
- 55 -
Procain (151). Fällungsreaktionen wie z. B. mit Hydroxybenzoesäuren und Sulfonami¬
den (152, 153) werden dem Entstehen von Wasserstoffbindungen oder Dipol-Dipol¬
kräften zwischen den polarisierten Carbonylgruppen des Coffeins und dem Wasser¬
stoffatom der Säuregruppe zugeschrieben. Auch zwischen den nichtpolarisierten
Teilen der Moleküle werden Assoziationskräfte angenommen, sodass die Summe die¬
ser neuen Bindungen schliesslich die Solvatation infolge der ursprünglichen Wasser¬
stoffbrückenbildung zu den Wassermolekülen verdrängt und damit der Komplex aus
der Lösung ausgefällt wird.
151) Lachmann L., Ravin L. J. und Higuchi T., J. amer, pharm. Ass.,sei. Ed. 45, 290 (1956).
152) Higuchi T. und Zuck D. A., J. amer, pharm. Ass. (sei. Ed.) 42, 132
138 (1953).153) Higuchi T. und Lach J. L., J. amer, pharm. Ass. (sei. Ed. ) 43_, 349,
525, 527 (1954).
- 56 -
Tabelle 3. 4 Organische Molekularverbindungen von pharmazeutischer Bedeutung
Komplexbildner mit dem Komplexbildner reagierendeArzneistoffe
Polyâthylenglycol(PAeG)
p- und m-Hydroxybenzoesaure, Sahcyl-
sâure, o-Phtalsàure, Acetylsalicylsäure,
Resorcin, Catechm, Phenol, Phénobarbi¬
tal, Iod (in lod-Iodkalium-Losungen),Brom (in Gegenwart von Bromidion).
Polyvinylpyrro-likon (PVP)
Benzoesäure, p- und m-Hydroxybenzoesäu-
re, Salicylsàure, Natnumsalicylat, p-Amino-benzoesaure, Mandelsaure, Sulfathiazol,
Chloramphenicol, Phénobarbital.
Natnum-Carboxy-methylcellulose(Na-CMC)
Chinin, Diphenhydramin, Procain, Mepy-
ramin.
Oxytetracyclin und
TetracyclinN-Methylpyrrolidon, N, N-Dimethylaceta-
mid, f -Valerolacton, j^-Butyrolacton,Natrium-p-aminobenzoat, Natnumsalicy¬
lat, Natnum-p-hydroxybenzoat, Saccha¬
rinnatrium, Coffein.
Der Mechanismus der Wasserstoffbrückenbildung an Estern und anderen polarisier¬
ten Carbonylgruppen beruht auf der Zunahme der Elektronendichte am Carbonylsau-
erstoff und wurde von S e a r 1 e s (154) untersucht. Komplexe zwischen quatemären
Ammoniumbasen und Farbstoffen wurden von Bal lard und Mitarb. (155) isoliert,
und Lachmann und Mitarb. (156) untersuchten die Inkompatibilitätsreaktionen
zwischen Cetylpyridiniumchlorid, Benzalkoniumchlorid und Phenododecinium (Bra-
dosol^) einerseits und den in USA zugelassenen Farbstoffen FD&C Red No. 1,
FD&C Blue No. 1 und FD&C Yellow No. 10 anderseits und stellten genau abgegrenz¬
te Bereiche fest, innerhalb welcher diese Substanzen noch mischbar waren und aus¬
serhalb welcher unlösliche Komplexverbindungen ausgefällt wurden. Die Mischbar¬
keit einer bestimmten Menge der quatemären Ammoniumbase mit den Farbstoffen
nahm von Benzalkoniumchlorid über Phenododecinium bis Cetylpyridiniumchlorid zu,
sodass letzteres mit den höchsten Konzentrationen der Farbstoffe mischbar war.
154) Searles S., Tamres M. und Barrow G.M., J. amer. ehem. Soc. 75,71 (1953).
—
155) Ballard C.W., Isaacs J. und Scott P.G.W., J. Pharm. Pharmacol.
6, 971 (1954).156) Lachmann L., Kuramoto R. und Cooper J. J. amer, pharm. Ass.
(sei. Ed. ) 47, 871 (1958).
- 57 -
3.21.6 Veresterungen und Aetherbildungen
Diese Reaktionen werden, da sie im allgemeinen reaktivere Substanzen als
Arzneimittel und andere Temperatur- und Druckverhältnisse als die für die Her¬
stellung und Verwendung von Arzneimitteln üblichen erfordern, bedeutend seltener
Anlass zu Inkompatibilitäten als die bisher beschriebenen.
Meister und Mitarb. (157) fanden, dass in Mischungen von Prednisolon
und Acetylsalicylsäure eine Veresterung des Prednisolons zu Prednisolonacetylat
vorkommt, indem die Acetylgruppe der Acetylsalicylsäure auf das Prednisolon-
molekül übergeht. Eine verwandte Reaktion, obschon keine Esterbildung, fand
Hardie (158) in wässrigen Lösungen von Procainhydrochlorid, welche mit Na-
triumformaldehydsulfoxylat konserviert waren. Beim Erwärmen reagierten die bei¬
den Substanzen nach der Formel
R-NH2 + HO • CH2 • S02 • Na —* R-NH-CH2 • S02 • Na + HgO [28]
wobei der resultierende Zwitterion keine anaesthesierende Wirkung mehr aufweist.
Procainhydrochloridlösungen in Verbindung mit Glucose verlieren nach Charon-
nat und Lechat (159) bei schwacher Erwärmung ihre anaesthesierende Wirkung
auf die Kaninchencornea. Van"ecek (160) fand, dass in solchen Lösungen unter ka-
talytischer Wirkung von Säurespuren Procain-N-D-Glucosid gebildet wird. Patel
und Friebel (161) konnten in einer eingehenden Untersuchung nachweisen, dass
Procain-, Oxyprocain- und Procainamidhydrochlorid an der primären aromatischen
Aminogruppe Glukoside bildeten, während ein Lokalanaestheticum von sekundärem
aromatischem Amincharakter kein Glukosid bildete. Die Reaktion verlief unabhängig
von Temperatureinflüssen und protrahiert. Die Glukosebildung war mit Verlust der
anaesthesierenden Wirkung verbunden, während die Toxizität nur abgeschwächt wurde.
157) Meister P.D., Schlägel CA., Stafford J.E. und Johnson J. L.,J. amer, pharm. Ass. (sei. Ed. ) £7, 576 (1958).
158) Hardie W. R., J. amer, pharm. Ass. (Sei. Ed. ) 43_, 436(1954).
159) Charonnat R. und Lechat P., Ann. pharm, franc. 12, 533, 538(1954).160) Vanècèk R., Cèskoslov. Farmac. 8_, 491 (1959).
161) Patel N. und Friebel H., Arch. Pharm. 295_, 106(1962).
- 58 -
3. 21. 7 Bildung eutektischer Gemische
Die Bildung von elektischen Gemischen zwischen festen Arzneistoffen führt
zu einer Verflüssigung der Mischung infolge einer chemischen Reaktion, im Gegen¬
satz zu der Verflüssigung durch Feuchtigkeitsaufnähme, welche in 3.13, S. 21, be¬
schrieben wurde. Ausser den ausführlichen Behandlungen dieser Frage in den ein¬
gangs erwähnten Gesamtwerken über chemische Inkompatibilitäten (3, 5, 7, 8, 9)
sei hier nur auf einige typische Reaktionen dieser Art hingewiesen, nämlich die Ver¬
flüssigung von Suppositoriengrundmassen aus Polyaethylenglycolen mit Acetylsali¬
cylsäure, Salicylsäure, Salicylaten und Phenol (162) (siehe auch 3.21.5.5, S. 52 ff.),
und auf eine Uebersicht von Hu sa und Becker (163) in welcher neben der Be¬
schreibung sich verflüssigender Mischungen auch Anweisungen für den Zusatz indif¬
ferenter Stoffe gegeben werden, welche die Verflüssigung verhindern oder bereits
entstandene Verflüssigungen beheben sollen.
3. 22 Die Auflösung bestehender chemischer Bindungen (Solvolyse)
Die wichtigsten dieser Inkompatibilitäten betreffen naturgemäss die Hydrolyse,
insbesondere von Estern, in wässerigen Arzneizubereitungen. Als Inkompatibilitäten
im engeren Sinne sind diese gemäss unserer Definition nur dann zu werten, wenn die
Hydrolyse infolge des Zusammenbringens zweier oder mehrerer Arznei- oder Hilfs¬
stoffe erfolgt, nicht aber wenn sie durch Lagerung eines Esters in wässeriger Lösung
bedingt ist und demnach als Haltbarkeitsproblem zu behandeln ist.
In einem "factorial experiment" (Experiment mit gleichzeitiger, systematischer
Durchprüfung mehrerer Faktoren) bestimmte Ribeiro (164) die Einwirkungen von
Feuchtigkeit, Gleitmittel, Druck und Acetylsalicylsäurefabrikat auf den Salicylsäure-
gehalt der fertigen Acetylsalicylsäuretablette und fand u. a., dass Stearinsäure und
Stéarate als Gleitmittel völlig ungeeignet waren, Talk hingegen geeignet. Die Stabili¬
tät von Acetylsalicylsäure in Lösungen wurde von Bolton (165) untersucht, wobei
sich ergab, dass die von verschiedenen Zusätzen verursachte Hydrolyse der Acetyl-
162) Knabe J., Mitt. dtsch. pharm. Ges. 25, 62 (1955).163) Husa W.J. und Becker Ch. H., J. amer, pharm. Ass. (sci.Ed.)29, 78
(1940).—
164) Ribeiro D., J. amer, pharm. Ass. (sci.Ed.)44, 226(1955).165) Bolton S., Drug Stand. 28, 117(1960).
- 59 -
salicylsäure nur vom pH-Wert der Lösung, nicht aber von der Art der Zusätze (Ci-
trat, Acetat, Phosphat und Natriumhydroxyd abhängig war. In einer Mischung von
Aminophenazon mit Acetylsalicylsäure konnte Rosenthaler (166) anhand der
entwickelten Essigsäuredämpfe die Verseifung der Acetylsalicylsäure bei gewöhn¬
licher Luftfeuchtigkeit nachweisen. Eine ausführliche Uebersicht über die Zerset¬
zung der Acetylsalicylsäure gab Stempel (167). Die Wirkungsverluste einer Rei¬
he von Tropasäureestern, u.a. Atropin, Atropin-N-methyInitrat (Eumydrin^j,
Scopolamin-N-butylbromid (Buscopan ^) und verwandter Verbindungen bei Zusatz
der basischen Lösungsvermittler Mono-, Di- und Triäthanolamin sowie Aethylen-
diamin wurden in einer eingehenden Untersuchung von Sommer und Mitarb. (168)
geprüft. Dabei ergaben sich mit biologischen Testverfahren unerwartet hohe Alka-
liempfindlichkeiten für Eumydrin^ und Buscopan^. Die Kinetik der Zersetzung
von Chloralhydratlösungen in Gegenwart alkalischer Stoffe (Borax, Dinatriumphos-
phat, Phenobarbitalnatrium) wurde von Tuchel und Lenhardt (169) untersucht.
Die Verwendung oberflächenaktiver Substanzen in parenteralen Arzneiformen (170)
wurde mit besonderer Berücksichtigung der Wirkung auf die Stabilität, z. B. auf die
Hydrolysegeschwindigkeit von Benzocain, von Riegelmann (171) untersucht. Die
Spaltung von Tweens^ durch Esterasen verschiedener Bakterien und durch Schim¬
melarten führte nach Barr und T i c e (172) zu unvorhergesehener Säureabspal¬
tung, welche sich durch Zusatz von 0,2 % Sorbinsäure vermeiden lasst.
166) Rosenthaler L., Pharm. Acta Helv. 21, 187(1946).
167) Stempel E., Amer. J. Pharm. 133, 226~(1961).168) Sommer S., Freden E. und Friebel H., Arch. Pharm. 290, 273(1957).
169) Tuchel N. und Lenhardt E., Farmacia (rumän.) 9_, 351 (19"6TT-170) Charniki W. F., Amer. J. Pharm. 130, 409(1958).171) Riegelmann S., J. amer, pharm. Als. (sei.Ed.) 49, 339(1960).
172) Barr M. und Tice L. F., J. amer, pharm. Ass. (sei. Ed. ) 46, 7, 442,
446 (1957).
- 60 -
3. 23 Die Abhängigkeit der Zustandsform schwacher, schwerlöslicher Säuren
und Basen vom pH der Lösung
3.23.1 Literatur
Aus der umfangreichen Literatur über dieses Gebiet seien im folgenden die¬
jenigen Arbeiten herausgegriffen, welche für die Beurteilung dieser Abhängigkeit
im Zusammenhang mit Inkompatibilitäten Bedeutung haben. Von besonderer Wichtig¬
keit ist die Kenntnis der pH-Verhältnisse, wenn säure- oder alkaliempfindliche Sub¬
stanzen zu handelsüblichen Vehikeln zugesetzt werden müssen, deren Zusammenset¬
zung nicht auf ihren pH-Wert schliessen lässt. Daher wurden, hauptsächlich in USA,
die pH-Werte handelsüblicher Vehikel und Spezialitäten bestimmt. Solche Tabellen
wurden von Fielitz und Leuallen (173) und von Riegler und Licht in (174)
(unter Berücksichtigung der möglichen pH-Aenderungen bei Verdünnung des Vehikels,
welche indessen gering waren) zusammengestellt, ferner von Martin (175). Die
Pufferkapazität der gebräuchlichsten Infusionslösungen wurde von Vogt und Glei¬
che (176) untersucht, und die gleichen Verfasser bestimmten pH-Werte und Puffer¬
kapazität einiger Tinkturen des DAB VI (177). Das pH-Gleichgewicht im Bindegewebe
wurde von Eckstein und Mitarb. (178) untersucht. Ausführliche Untersuchungen
über die Beziehungen zwischen den physikalisch-chemischen Eigenschaften und der
Wirkung von Lokalanaesthetica wurden von Büchi und Per lia (179) durchgeführt.
Die Bestimmung der für das Verhalten von Arzneistoffen bei unterschiedlichem pH
massgeblichen Dissoziationskonstanten wurde ferner von Götz (180) unter Berück¬
sichtigung der Strukturabhängigkeit und für die Alkaloide von Moll (181) bearbeitet.
Bei Kenntnis des in diesen Arbeiten dargestellten Faktoren lässt sich, wie dies in
3.23.2, S. 62, und 3. 23. 3, S. 65, erörtert wird, die Zustandsform einer dissoziieren-
173) Fielitz R. und Leuallen E.E., Amer. Profess. Pharm. 1/7, 1002(1951).174) Riegler C.W. und Lichtin J. L., J. amer, pharm. Ass., pract. Ed. 14,
706 (1953).175) Martin A.N., Physical Pharmacy, Lea and Febiger, New York 1960,
S. 226 ff.
176) Vogt H. und Gleiche G., Mitt, dtsch. pharm. Ges. !tt, 97 (1961).177) Vogt H. und Gleiche G., Mitt. dtsch. pharm. Ges. 31, 189 (1961).178) Eckstein M., Linder J. und Schweinitz H. A., "Srzneim. -Forsch.
1£, 902 (1960).179) Büchi J. und Per lia X., Arzneim. Forsch. 10, 554, 745 (1960).180) Götz H., Mitt. dtsch. pharm. Ges. 30, 81 (196Ü).181) Moll F., Dtsch. Apoth. Ztg. 101, 1Ö35 (1961).
- 61 -
den Substanz in einem gegebenen Medium voraussehen.
(6)Phenindamin (Thephorin ^j ist inkompatibel mit Alkalien bei pH über 7 (182),
AJkaloide werden (wie auch Phénobarbital) in Verschreibungen mit Spiritus Ammo-
nil anisatus ausgefällt (183), und Methylscopolamin ist nur mit Substanzen von pH
unter 7 verträglich (184). In allen Fällen treten bei höherem pH Fällungen oder an¬
dere Inkompatibilitätsreaktionen auf. Sulfonamide wie Sulfisoxazol (Gantrisin ^)(185), Sulfadicramidnatrium (Irgamidnatrium^) (186) und Sulfadimidinnatrium
(Diazilnatrium **) (186) fallen in Augentropfen und anderen Präparationen von zu
niedrigem pH aus. Acetylsalicylsäure fällt aus basischer Lösung bei Zusatz saurer
Sirupi oder anderer Zusätze sofort aus (187, 188). Eine Untersuchung über die Ab¬
hängigkeit der Löslichkeit von Acetylsalicylsäure von pH und Salzzusätzen, besonders
Citratzusätzen, führte Bolton (189) durch. Die pH-Abhängigkeit der Löslichkeit
von Phénobarbital und anderen Barbitursäuren in Verbindung mit Inkompatibilitäten
wurde Gegenstand zahlreicher Untersuchungen. Riegler und Lichtin (174) un¬
tersuchten die Reaktionen verschiedener Vehikel mit Phenobarbitalnatrium, und
Leuallen (190) sowie Urdang und Leuallen (191) bestimmten die Löslich¬
keiten von Phénobarbital bei verschiedenem pH mit und ohne Alkoholzusatz, während
Edmondson und Goyan (192) umgekehrt bestimmten, welche pH-Werte und
Alkoholkonzentrationen einzuhalten sind, um die üblicherweise verordneten Dosen
von Phénobarbital in Lösung zu bringen. Der Einfluss von verschiedenen Löslich-
keitsvermittlern auf die Löslichkeit von Phénobarbital, Pentobarbital, Aprobarbital,
Amobarbital und Barbital wurde von Linde (193) bestimmt, und die Abhängigkeit
der Löslichkeit des Phenobarbitals von verschiedenen kristallinen Modifikationen
sowie von Salz- und Zuckerzusätzen wurde von Eriksson (194) eingehend unter¬
sucht. Durch die erwähnten Untersuchungen lässt sich sehr genau feststellen, wo
182) N. N.,
J. amer, pharm. Ass. (pract Ed. ) 17, 273 (1956).183) Soos E., Scientia pharm. £2, 59 (1954).184) Dale J.K., J. amer, pharm. Ass. (pract. Ed. ) 16, 554(1955).185) Anfrage an die Wissenschaftliche Zentralstelle des Schweizerischen Apothe¬
ker-Vereins, Zürich.
186) Ingold H., Schweiz. Apoth. Ztg. 85_, 308(1947).187) N. N.
,J. amer, pharm. Ass. (pract. Ed.) 15, 666 (1954).
188) Bowey P., Amer. Profess. Pharm. 23, 1Ü63 (1957).189) Bolton S., J. amer, pharm. Ass. (sci.Ed.)49, 237(1960).190) Leuallen E.E., J. amer, pharm. Ass. (pract.Ed.) 10, 722(1949).191) Urdang A. und Leuallen E.E., J. amer, pharm. 5ss. (sei.Ed.) 45, 525
(1956).192) Edmondson T.D. und Goyan J.E., J. amer, pharm. Ass. (sei. Ed. ) 47,
810 (1958).193) Linde S., Svensk farm. T. 65, 181(1961).194) Eriksson S.O., Svensk farm. T. 65, 353, 413 (1953).
- 62 -
die Grenzen einer pH-bedingten Inkompatibilität von Phénobarbital in einem gegebe¬
nen Medium liegen. Der Einfluss des pH auf Konservierungsmittel und ihre Wirkung
wurde von Bandelin (195) untersucht, Hess und Speiser (196) untersuchten
die Wirkung bakterizider Substanzen in Pufferlösungen. Entrekin (197) bestimmte
die Beziehung zwischen pH und Wirkung von Konservantien in saurem Medium.
3.23.2 Zustandsform einer schwachen, schwerlöslichen Säure
Der Gehalt einer wässerigen Lösung an einer in Wasser schwerlöslichen Säure
oder Base hängt von der Zustandsform der Säure bzw. Base ab, welche ihrerseits
durch die Reaktion der Lösung sowie die Dissoziationskonstante der Säure oder Ba¬
se bedingt ist. Eine schwache schwerlösliche Säure HA wird in Wasser nach dem
folgenden Schema protolysiert
HA + H20 = HgO® + A® [29]
Die Gleichgewichtskonstante dieses Prozesses nach der Massenwirkungsgleichung ist
[H,0®] • [Ae]K =
—2 [30]a
[HA]
und entsprechend
RTHA] . TK-]
A° =
a[31]
[ HgO® ]
HA ist die Konzentration nicht dissoziierter Säure in der Lösung. Sofern feste Säure
(z. B. von einer Ausfällung stammend) vorhanden ist, ist die Lösung mit HA gesättigt,
und [HA ] bleibt konstant. Beträgt die Gesamtkonzentration gelöster Säure
L Mol/l, so ist
L = [HA] + [Ae] [32]
195) Bandelin F. J., J. amer, pharm. Ass. (sei. Ed.) 47, 691(1958).196) Hess H. und Speiser P.P., J. Pharm. Pharmacol. H_, 650, 694(1959).197) Entrekin D. N., J. Pharm. Sei. 50, 743(1961).
- 63 -
In rein wässeriger Lösung kann, sofern K =10 und L = 10 ist, wie dies beia
den arzneilich verwendeten schwachen Säuren (vgl. Beispiel unten) der Fall ist,
[A®] neben [HA] vernachlässigt werden. Bezeichnet man die hierdurch erhaltene
Löslichkeit in reinem Wasser als L,so erhält man
o'
und
oder
Lo = [HA] [33]
L = Lo + [A0] [34]
K \L„ 11 + —^s- <198> 199> t35 3o
[H3Ow]|
L
L " L = K 2__ [ 36 ]o a
[H3Ow]
In logarithmischer Form lautet diese Gleichung:
log (L - Lo) = log Ka + log Lo - log [H30®] [37 ]
L - L
pH = pK • log -^j^ [ 38 ]
aLo
L - LQMit zunehmendem pH wird log s und demnach (da L konstant ist) L grösser
JjQ o
und die Löslichkeit der Säure nimmt infolge der Aenderung des Dissoziationsgrades
zu.
Die Zunahme der Löslichkeit mit steigendem pH geht aus der folgenden Tabelle
hervor:
198) Davidson D., J. Chem. Educ. 1£, 221, 226(1942).199) Kostenbauder H., Gable F. und Martin A.N., J. amer, pharm. Ass.
(sei. Ed. ) 42_, 210 (1953).
- 64 -
Tabelle 3. 5 Abhängigkeit der Löslichkeit schwacher, schwerlöslicher Säuren vom
pH der Lösung
pH = pKaL - L = L
0 0
L = 2 L„0
Verdoppelung der
Löslichkeit
pH = pKa + 1L - L = 10 L
0 0
L = 11 L0
Verelffachung der
Löslichkeit
pH = pKa + 2L - L = 100 L
o o
L = 101 L0
Annähernd Verhun¬
dertfachung der
Löslichkeit
Betrachtet man als Beispiel die Löslichkeit der Salicylsäure (pK = 2,97;
L/25o>
= 0,016 Mol/l), so erhält man folgende Tabelle:
Tabelle 3.6 Abhängigkeit der Löslichkeit der Salicylsäure vom pH der Lösung
pH L(25°) in Mo1/1
2,97 0,032
3,97 0,176
4,97 1,615
5,97 16,02
In entsprechender Weise lässt sich die Zunahme der Löslichkeit für jede pH-Aende-
rung berechnen (200), und verallgemeinernd feststellen, dass die Löslichkeit einer
schwachen, schwerlöslichen Säure bei Erhöhung des pH um eine Einheit um annä¬
hernd das zehnfache zunimmt.
Die schwache Säure findet in flüssigen Kombiantionspräparaten in Form ihres
Salzes Verwendung (z. B. Natriumsalicylat, Natriumbenzoat, Natriumsalze der Bar-
bitursäuren usw. ). In diesem Falle beträgt die Gesamtkonzentration L ein Vielfaches
der Konzentration der undissoziierten Säure L,also L » L
,und Gleichung [ 38 ]
kann ohne bedeutenden Fehler abgeändert werden in
pH = pKa + log -i [39]
200) Schill G., Farm. Rev. 55, 503(1956).
- 65 -
Aus dieser Gleichung lässt sich der "kritische pH-Wert" pH errechnen, bei welchem
aus der Lösung unlösliche Säure ausgefällt wird. Die Gleichung [ 39 ] kann erst dann
angewendet werden, wenn bereits eine Ausfällung (Sättigung) vorliegt, da sonst die
oben erwähnte Voraussetzung, dass L = [HA] konstant ist, nicht zutrifft.
Aus der Messung des kritischen pH-Wertes ergibt sich umgekehrt die Löslich¬
keit der freien Säure unter den geltenden Temperatur- und Konzentrationsbedingungen
log Lo = log L + pKa - pHp [40]
3. 23. 3 Zustandform einer schwachen, schwerlöslichen Base
Im Falle einer schwachen, schwerlöslichen Base B kann eine ähnliche Berech¬
nung angestellt werden. Die Base wird nach dem folgenden Schema protolysiert
B + H20 = BH® + OH® [41]
Nach entsprechenden Grundlagen wie oben für die Säure angegeben, erhält man die
folgenden Gleichungen:
_
[BH®] - [OH®]o [B]
Beträgt die Löslichkeit der Base wiederum L Mol/1, so ist
L = [B] + [BH® ] [43]
In rein wässeriger Lösung kann, sofern K. = 10 und L = 10" ist, [BH ] neben
[ B ] vernachlässigt werden, und man erhält
Lo = [B] [44]
und
L = Lo + [BH®] [45]
oder
L = L • 1+—Ï— (vgl. Formel [35]) [46]0 l [OH®]
- 66 -
Die letztere Gleichung wird unter Einbeziehung der Dissoziationskonstante des Was¬
sers umgeformt in
[H30®]- ^ \
1 +K
H20[47]
L - Lo
= SL • [H,Ow]o 3
V[48]
In logarithmischer Form:
log (L - LQ) = log 1^ + log Lo + log [H30®]- log K^ Q[ 49 ]
[50]PH = pKH00 " pKb + log L-HLT2 o
Mit abnehmendem pH wird log ,°, kleiner, und demnach (da L konstant ist),
L grösser und die Löslichkeit der Base nimmt infolge der Aenderung des Dissozia¬
tionsgrades zu.
Die Zunahme der Löslichkeit geht aus der folgenden Tabelle hervor:
Tabelle 3. 7 Abhängigkeit der Löslichkeit schwacher, schwerlöslicher Basen vom
pH der Lösung
PH =
P^O PKßL = L - L0 0
L = 2 L0
Verdoppelung der
Löslichkeit
PH =
p^o- (pV1}
10 L = L - L0 0
L = 11 L0
Verelffachung der
Löslichkeit
pH = PKH20- (pKj^+2)
100 L = L - L0 0
L = 101 L0
Annähernd Verhun¬
dertfachung der
Löslichkeit
Betrachtet man als Beispiel die Löslichkeit des Morphins (p^ioq0) = ^> ^>
L = 0,0007 Mol/1), so erhält man die folgende Tabelle:
- 67 -
Tabelle 3.8 Abhängigkeit der Löslichkeit des Morphins vom pH der Lösung
PH L in Mol
14,17 - 6,13
= 8,04
7,04
6,04
0,0014
0,0077
0,0707
Verallgemeinernd gelangt man auch hier zu der Feststellung, dass die Löslich¬
keit einer schwachen, schwerlöslichen Base bei Erhöhung des pH um eine Einheit
um annähernd das Zehnfache zunimmt.
Wird in gleicher Weise wie oben L » L angenommen, so erhält die Gleichung
[ 50 ] die abgeänderte Form
pH =
pKH20" pKb + l0g — [51]
durch welche sich wiederum der "kritische pH-Wert" pH errechnen lässt, bei wel¬
chem aus der Lösung unlösliche Base ausgefällt wird. Die Löslichkeit der freien
Base wird in diesem Fall berechnet aus
log Lo = log L - (pK^ - pKb) + pHp [52]
In moderner Literatur wird häufig die basische Dissoziationskonstante K. durch
die entsprechende saure Dissoziationskonstante K„ der mit der betreffenden Basea
korrespondierenden Säure ersetzt. Die Relation ergibt sich aus
Ka'
*b =
^O [53]
und für die entsprechenden Exponenten
pKa + pKb =
pK^o [54]
Der in den vorstehenden Berechnungen verwendete Ausdruck pK„ _- pK, lässt
sich in diesem Falle sinngemäss durch pK für die korrespondierende Säure er¬
setzen.
570(1940).77,Wbl.Pharm.H.A.,WeberundJ.J.Zwikker203)60(1957).178,J.Pharm.K.J.,Steel202)
8.S.1950,Zürich,ETHDiss.steme,Redoxsy-alsArzneistoffeoxydationsempfindlicherStabilisationR.,Dolder201)
ProcainlösungenwerdenWeisegleicherIn(203).verfärbtdunkelbraunOxydation
durchLuftderanNatriumhydrogenkarbonatverwendetenimManganspurenvon
WirkungkatalytischedurchwerdenNatriumsalicylatlösungenAlkalische224.3.
Sublimatlösungen.vonFärbungdie
fürgeeignetalssicherwiesenTrypanblauundIndigocarminist.kompatibel
in¬Quecksilber-(n)-chloridmitDefinitionunserernachdaherundgeeignet
un¬FärbunggewünschtediefürMethylenblauweshalbLeukoform,diegewicht
Gleich¬imüberwiegt2ca.vonpHeinemund0,34unterOxydationspotential
einemmitSublimatlösungenInist.LeukomethylenblaufarblosedasRed-Form
dessenist,Redox-SystemseinesOx-FormdieMethylenblauFarbträgerder
dasserklären,damitsichBeobachtunglässtgemachte(202)SteelvonDiese
werden.aufgehobenvölligQuecksilber-(n)-chloridvonKonzentrationenden
steigen¬mitkannMethylenblaumitSublimatlösungenvonFärbungDie24.13.
günstiger.PräparateswirksamenRed-Formderinnureinestion
Oxyda¬diefürVoraussetzungenäusserendiesindEntsprechendmüsste.verlaufen
LuftoxydationderRichtungentgegengesetzterinstetsProzesssolchereindavor,
seltenerInkompatibilitätalsliegtArzneistoffeswirksamenOx-Formderinnurnes
ei¬ReduktionDieWirkstoffes.enthaltenenPräparatimdesAenderungenzu60)S.
23,3.(sieheDissoziationszustandesdesStörungenwieWeiseentsprechenderinren
füh¬ZusatzstoffedurchRedoxsystemimGleichgewichtesdesStörungenhervorgeht.
(201)DoldervonUebersichtdetaillierteneinerausGrundlagenlisch-chemischen
physika¬derGrundaufCharakterisierungallgemeinederenvor,Redoxsystemenvon
ForminArzneipräparateninliegenArzneistoffeoxydationsempfindlichenDie
OxydationszustandesdesAenderung243.
aufnichtkönnenundpHumpH-Wertendenbeih.d.Base,oderSäure
löslichen
werden.angewendetSalzesdesLöslichkeitdie
pH-Widenbeih.d.Base,oderSäure
hen
schwer-derBereichimnurnaturgemässgeltenBerechnungenangestelltenDie
-68-
- 69 -
durch metallkatalysierte Oxydation gelb verfärbt (204) und Ascorbinsäurelö-
sungen werden durch die im destillierten Wasser enthaltenen Spuren von Kupfer
(114, 115) zersetzt. Die erwähnten Oxydationsreaktionen sind durch Zusatz
von Natriumpyrophosphat, Natriumhydrogensulfit oder Natriumpyrosulfit als
Antioxydantien zu verhindern oder die Metallionkatalyse kann durch Zugabe
von Chelatbildnern wie aethylendiamintetraessigsaurem Natrium unterbunden
werden. Kritische Betrachtungen über mögliche Aenderungen von Arzneimitteln
durch Zusatz von Salzen der schwefligen Säure als Stabilisatoren in Injektions¬
lösungen wurden von Bamann (205) angestellt. Die Verwendung von Sulfiten als
Antioxydantien wurde auch von Schroeter (206) beschrieben, und Higuchi
und Schroeter (207) beschrieben die Inkompatibilitäten, welche sich aus der
Reaktionsfähigkeit der Sulfite mit einer Anzahl ,'on Arzneimitteln ergeben kön¬
nen. Antioxydantia allgemein, darunter dj.' vom Standpunkt der Inkompatibilitä¬
ten wichtigen phenolischen Antioxydantien, wurden von Jaminet (208) aus¬
führlich behandelt. Die Inkompatibilitätsreaktioneii der Antioxydantia gehören
verschiedenen der beschriebenen Reaktionstypen an und die Arbeiten wurden
nur des Zusammenhanges halber hier aufgeführt. Der Einfluss von oxydierten
Oelen auf Antibiotika und andere oxydationsempfindliche Wirkstoffe in Emulsio¬
nen untersuchten Kudalkar und Mitarb. (209). Heftiger als die erwähnten
Oxydationsreaktionen verläuft die Mischung von Ascorbinsäure mit Natriumper¬
karbonat, bei welcher eine Explosion eintreten kann (210).
204) N. N.,
J. amer, pharm. Ass. (pract.Ed.) 14, 748 (1953).
205) Bamann E., Dtsch. Apoth. Ztg. 9£, 384 (Ï958).206) Schroeter L. C., J. Pharm. Sei. 50, 891(1961).
207) Higuchi T. und Schroeter L. C., J. amer, pharm. Ass. (sci.Ed.)48,535 (1959).
208) Jaminet F., Farmaco (ed. prat. ) 1^, 3(1951).
209) Kadulkar V.G., Hall N. A. und Rising L.W., Amer. J. Pharm. 13J.,166 (1959).
210) N. N.,Farm. Tid., 71, 91 (1961).
- 70 -
3.25 Razemisierung
Die Wirkungseinbusse durch Razemisierung optisch aktiver Wirkstoffe wurde
hauptsächlich als Lagerungserscheinung untersucht. (Tropaalkaloide, Secalealka-
loide, Rauwolfiaalkaloide u.a.). Als Inkompatibilitäten kommen Razemisierungennur
dann in Betracht, wenn sie nicht durch Lagerung, sondern immittelbar durch den
Zusatz von Wirk- oder Hilfsstoffen erfolgen. Krogerus (211) konnte nachweisen,
dass Zusatzstoffe für die Tablettierung eine Razemisierung der in die Tabletten¬
komposition eingehenden Belladonnaalkaloide, insbesondere des (-)-Hyoscyamins
förderten.
3.3 Therapeutische Inkompatibilitäten
3. 31 Antagonistische Wirkung von gleichzeitig verabreichten Substanzen,
bzw. Substanzmischungen
Li einer Uebersicht über therapeutisch inkompatible Mischungen, welche als
Beispiele widersinniger Verschreibungen gelten können, führte Kok (212) unter
anderem die gleichzeitige Verordnung von Kohle und Alkaloiden oder von Fermenten
und stark salzsäurehaltigen Elixiren in Mischungen an. Die Möglichkeit einer quanti¬
tativen Voraussage, in wie weit von gegebenen Arzneistoffen in Mischung eine syner¬
gistische oder antagonistische Wirkung zu erwarten ist, wurde von Van Arkel (213)
behandelt. Schmidt und Modde (214) untersuchten die Inaktivierung von Penicil¬
lin durch Haemoglobin. Eine antagonistische Wirkung im Sinne einer Steigerung der
Toxizität wurde von Knabe (215) bei Sulfonamiden in Kombinationen mit Ascorbin-
säure und von Gorby (216) bei Barbitursäuren in Kombinationen mit Cortison und
Desoxycorticosteron gemeldet.
211) Korgerus V. E., Med. norsk farm. Selsk. 24, 1(1962).212) Kok J., Ned T. Geneesk. 19^, 104 (1960) zit. nach Nouveautés Médicales 9
378 (1960).213) Van Arkel CG., Ann. pharm, franc. IIB, 73 (1960).214) Schmidt B. und Modde H., Arzneim. Forsch. 10, 92(1960).
215) Knabe J., Mitt. dtsch. pharm. Ges. 25, 62 (195577216) Gorby CK., J. amer, pharm. Ass. (ici. Ed.) 42, 213(1953).
- 71 -
3.32 Synergistische Wirkung von gleichzeitig verabreichten Substanzen,
bzw. Substanzmischungen
B rack (217) untersuchte den Synergismus der bakteriostatischen und fungi-
statischen Wirkung bei Kombinationen einer Reihe Hydroxychinolin- und Hydroxy-
chinaldinderivaten, welcher mit der gegenseitigen Beeinflussung der Lipoidlöslich-
keit und dem damit verbundenen veränderten Durchdringungsvermögen durch die
Zellwand erklärt wird. Die Potenzierung narkotischer Wirkung von Arzneimitteln
wurde von Theobald und Domenjoz (218) und die Potenzierung der Wirkung
einiger antihypertensiver Arzneimittel von Goldstein und Rossi (219) unter¬
sucht. Prickett (220) fand, dass die konservierende Wirkung von Hydroxybenzoe-
säureestern in pharmazeutischen Präparaten durch die Gegenwart geringer Mengen
von Propylenglycol potenziert wird.
3.33 Förderung oder Hemmung der Wirkung eines Arzneimittels durch die für die
Arzneiformung verwendeten Hilfsstoffe (insbesondere Löslichkeitsvermittler)
Die Fähigkeit verschiedener Salbengrundlagen zur Freigabe von Wirkstoffen
wurden von Schulte (221) anhand der hyperämisierenden Wirkung des in die Sal¬
bengrundlagen eingearbeiteten Capsaicins untersucht. Dabei erzeugten Oele, flüssi¬
ge Paraffine und Polyglycole kein Wärmegefühl, Wollfett, Polyaethylenglycol 1500,
Vaselin, Eucerin und Ozokerit hingegen in steigendem Masse eine Hyperämisierung.
W/O-Emulsionen waren wirksam, O/W-Emulsionen nicht. Die Wirkung von Erythro¬
mycin in Vaselinsalbengrundlage wurde nach Tinker und Hu s a (222) durch Zuga¬
be von Salicyl- und Benzoesäure verbessert und durch Zugabe von Wachs, Phenol,
Benzocain und rotem Quecksilberoxyd zerstört. Paraffine, Wollfett, Glycerin und
Wasser waren indifferent. Die Kompatibilität und Fähigkeit zur Freilassung von
Arzneistoffen aus Salbengrundlagen, die hydrophile Kolloide und Cetylalkohol ent¬
halten, wurde von Gruntova und Mitarb. (223) untersucht.
217) Brack A., Arzneim.-Forsch. 1^, 144(1962).218) Theobald W. und Domejoz R., Arzneim.-Forsch. 9, 285(1959).
219) Goldstein S. und Rossi G. V., Amer. J. Pharm. 13Î, 255(1959).220) Prickett P.S., J. Pharm. Sei. 50, 316(1961).
221) Schulte K.E., Pharm. Ztg. 1027653 (1957).
222) Tinker R.B. undHusa W. J. J. amer, pharm. Ass. (sei.Ed.) 46, 243 (1957).223) Gruntova Z., Zathurecky L. und Somoskeoy G., Ceskoslov. Farm.
9_, 282 (1960).
- 72 -
Czetsch-Lindenwald (224) untersuchte die Resorptionsverhältnisse bei Sili¬
konpräparaten. Die Verträglichkeit der Methyl- und der Carboxymethylcellulosen
im Magen-Darmkanal wurde von Kern (225) bearbeitet. Blanpin (226) untersuchte
die Wirkung der oberflächenaktiven Substanzen (Tweens^u.a.) auf Lokalanaestheti-
ca im Hinblick auf therapeutische Inkompatibilitäten. Weitere therapeutische Inkom¬
patibilitäten wurden von Jeske und Stochla (227) bei Eisen in Verbindung mit
Oxytocinverabreichung und von Wallenius und Aman (228) in Form einer Hä-
molysewirkung bakteriostatischer Zusätze zu sterilen Injektabilia gefunden. Eine
Inkompatibilität infolge Diffusion des Wirkstoffes (As20_) in die zur Arzneiformung
verwendete Gelatinekapsel wurde von St ai ni er (229) nachgwiesen.
224) Czetsch-Lindenwald H., Fette und Seifen 59, 37(1957).225) Kern W., Pharm. Ind. 21., 45(1959).226) Blanpin O., Prod, pharm. 13, 425(1958).227) Jeske J. und Stochla K., "Xcta Polon. Pharm. 16, 337(1959).228) Wallenius G. und Aman B., Svensk farm. T. TJ3, 634(1960).229) Stainier C. und Lapière Ch., Pharm. Acta Helv. 35, 578 (1960Ï
- 73 -
4. ZUSAMMENFASSENDE ARBEITEN UEBER INKOMPATIBILITAETEN
ODER GRUPPEN VON SOLCHEN
Aus der reichhaltigen Literatur über Inkompatibilitäten seien ferner einige
Beispiele neuerer zusammenfassender Arbeiten erwähnt, welche nicht wie die in
den vorhergehenden Abschnitten referierten Arbeiten als Beispiele für einzelne In¬
kompatibilitäten eingereiht werden können. Soos und Pöhm-Karger (230, 231),
Knabe (215), Lehmann (232) und Schou (233) bearbeiteten eine Reihe von In¬
kompatibilitäten. An einzelnen Präparatetypen wurden die Ihjectabilia von Bogash
(234), die Collyria von Hind und Szekely (93) behandelt. An einzelnen Gruppen
von Substanzen wurden die antibakteriellen Substanzen von Goldstein (235), die
Schleime und schleimbildenden Stoffe von Goldstein und and. (236, 237) und die
Farbstoffe von Pia Delfina (238) auf ihre Inkompatibilitäten untersucht. Die In-
aktivierung der p-Hydroxybenzoesäureester durch nichtionogene Netzmittel wurde
von Bolle und Mirimanoff (239) untersucht. Schliesslich haben Münzel (240)
und Whittet (241) zahlreiche Inkompatibilitäten angegeben, welche durch die Ge¬
genwart von Konservantien oder Antioxydantien sowie durch den Einfluss anderer
Hilfsstoffe oder der Behälter verursacht wurden.
230) Soos E. und Pöhm-Karger F., Scientia pharm. 22_, 53 (1954).231) Soos E., Pöhm-Karger F. und Schmidt A., Scientia pharm. 22, 201
(1954).232) Lehmann H., Oesterr. Apoth. Ztg. 10, 459, 498, 516(1956).233) Schou S.A., Amer. J. Hosp. Pharm.TT, 153 (1960).234) Bogash R.., Bull. amer. Soc. Hosp. Pharm. Ij2, 445(1955).235) Goldstein S.W., J. amer, pharm. Ass. (pract. Ed. ) 14, 498(1953).236) Goldstein S.W., J. amer, pharm. Ass. (pract. Ed. ) 14, 111(1953).237) N. N.
,Farmaco 10, 612 (1955).
238) Pia Delfina J.M., Galenica Acta 12_, 1(1959).239) Bolle A. und Mirimanoff A., J. Pharm. Pharmacol. 2, 685(1950).240) Münzel K., Pharm. Acta Helv. 34, 453, 486(1959).241) Whittet T., Pharm. Acta Helv. ~U, 489(1959).
- 74 -
PRAKTISCHER TEIL
5. DIE UNTERSUCHTEN SUBSTANZEN
5.1 Synthetische, organische Stickstoffbasen,
Charakterisierung der Substanzen
Die untersuchten synthetischen, organischen Stickstoffbasen sind im Folgenden
in der Reihenfolge aufgeführt, wie sie auf Grund gemeinsamer chemischer oder phy¬
sikalisch-chemischer Charakteristika zusammengehören.
5.1.1 Derivate von /3-Aminoäthanol und Aethylendiamin mit lokalanaesthetischer
Wirkung
5.1.1.1 Procainhydrochlorid, 2-Diäthylaminoäthylester der p-Aminobenzoe-
säure als Hydrochlorid,
/TA II ®/H2N \ /—C—0-CH2—CH2—N
©/CH2~CH3
CH2-CH3
Cl'©
5.1.1. 2 Amylocainhydrochlorid, 2-Dimethylamino-l-äthyl-l-methyl-äthylester
der Benzoesäure als Hydrochlorid.
O (fH2 CIV CH„—CH,
II I ©/ 2 3
C-0-C-CH„—NI 2 h\CH3 CH2-CH3
Cl'0
- 75 -
5.1.1.3 Cinchocainhydrochlorid, 2-Diäthylaminoäthylamid der 2-Butyloxycin-
choninsäure als Hydrochlorld.
Î e/H2-CH3C—NH-CH„—CH-—N
H^
CH2-CH3
^>S^ • 0-CH2-CH2-CH2-CHg
Cle
745(1960).
10,
Arzneim.-Forsch.
X.,
Perlia
und
J.
Büchi
242)
intraspinal
ml
g/100
25
0,
infiltr.
ml
g/100
50,
extern
ml
g/100
2-
0,1
infiltr.
ml
g/100
1
infiltr.
ml
g/100
2-
1
v.
i.ml
g/100
1-
50,
löslich
leicht
303,3
50
50
100
8,87
7,85
9,09
90-98°
177-79°
153-56°
379,92
271,80
272,77
C20H
29N3
°2'H
C1
C14H
21N0
2,HC
1
C13H
20N2°2>HC1
hydrochlorid
Cinchocain-
chlorid
hydro
Amylocain-
chlorid
hydro
Procain-
Alkohol
in
inHgO
ml
g/100
in
Lösung
wässriger
in
Konzentration
therapeutische
übliche
ml
g/100
inLöslichkeit
pKa(242)
Smp.
Molekulargewicht
Bruttoformel
Substanz
Lokalanaesthetica
untersuchten
der
Eigenschaften
Die
5.1
Tabelle
- 77 -
5.1.2 Derivate von Aethylendiamin und ß-Aminoäthanol mit Antihistaminwirkung
5.1.2.1 Mepyraminmaleat, N-p-Methoxybenzyl-N-cx-pyridyl-N',N'-dimethyl-
äthylendiamin als saures Maleat.
o,VA <vCH=N-CH2—CH2—N
CH3^A #~CHa
H
CHs
coo^ICHIICHI
COOH
5.1.2.2 Tripelennaminhydrochlorid, N-Benzyl-N-<x-pyridyl-N',N'-dimethyl-
äthylendiamin als Hydrochlorid.
©/ 3
N—CH,—CH,—Nvh\
ch3
er5
5.1.2.3 Antazolinhydrochlorid, 2-(N-Phenyl-N-benzylamino-methyl)-imidazo-
lin als Hydrochlorid.
\ A HN-
,N-CH„
ch*2
;N
H
Cl*
- 78 -
5.1. 2.4 Promethazinhydrochlorid, 10-(2'-Dimethylaminopropyl)-phenothiazin
als Hydrochlorid.
f~\CH„
m
CH„
I 3 0/3
S N—CH„—CH—N
«\„3CI0
5.1.2.5 Diphenhydraminhydrochlorid, Benzhydrol-/3 , ß-dimethyl-amino -
äthyläther als Hydrochlorid.
W //
\ //
®/H3CH—0-CHo—CH0—Nv
H
CH3
,2 ^2cr
[1955]
270
10,
Pharmacol.
J.
Brit.
P.B.,
Marshall
244)
[1956]
300
45,
sei.Ed.
Ass.,
pharm.
Amer,
J.
E.,
J.
Christian
und
N.G.
Lordi
243)
p.o.
ml
g/100
0,5
inhal.
ml
g/100
250
100
<244
>8,98
166-
70°
291,83
HCl
C17H
21NO
,chlorid
hydro
Diphenhydramin-
p.o.
ml
g/100
0,1
extern
ml
g/100
2
löslich
etwas
löslich
leicht
<244
>9,08
(55-60°)
215-225°
320,89
HCl
C17H20N2S,
hydrochlorid
Promethazin-
Nasentr.
ml
g/100
0,5
42,5
<243
>10,06
(120-22°)
237-41°
301,83
HCl
C17H19N3,
hydrochlorid
Antazolin-
o.
p.
ml
g/100
50,
Aerosol
ml
g/100
2
i.v.
ml
0,125g/100
17
100
<244
>8,95
188-
92°
291,83
HCl
C16H21N3,
chlorid
hydro
Tripelennamin-
o.
p.
ml
g/100
0,5
m.
i.ml
g/100
2,5
6,7
250
8,96
<243
>10
0-10
1°401,47
C4H4°4
C17H23N3°
Mepyraminmaleat
Alkohol
in
H20
in
ml
g/100
in
Lösung
wässriger
in
Konzentration
therapeutische
übliche
ml
g/100
inLöslichkeit
PKa
Base)
der
(Smp.
Smp.
gewicht
Molekular¬
Bruttoformel
Substanz
Antihistaminica
untersuchten
der
Eigenschaften
Die
25.
Tabelle
- 80 -
5.1. 3 Acridinderivate mit bakteriostatischer Wirkung
5.1.3.1 Zweibasisches Proflavinsulfat, Proflavine hemisulphate Brit. Pharm.,
3,6-Diaminoacridin als Sulfat.
2 J2
SO,e e
5.1.3.2 Neutrales Acriflaviniumchlorid, Acriflavinium chloratum Ph. Helv. V,
Add. HI, Mischung von etwa 65 % 3,6-Diamino-N-methylacridinium-
chlorid und etwa 35 % 3,6-Diaminoacridin als Monohydrochlorid
(vgl. 6.1.3.2, S. 107).
NH„Cl
H2N^
rH
NH„
er
5.1.3.3 Aethacridinlaktat, 2-Aethoxy-6,9-diaminoacridin als Laktat.
0-CH2-CH3 COO®ICHOHI
CH„
ff.
114
S.
1951
,London
Co.,
&Arnold
Edward
Acridines,
The
A.,
Albert
(245
)
Alkohol
50-proz.
in
**)
berechnet
Gemisches
des
Komponenten
einzelnen
der
Anteil
dem
aus
-gewicht
Mol.
mittleres
*)
Urologie
und
ext.
ml
g/100
0,2
Pinselungen
f.ml
g/100
20,9
6,7
'11,04
235°
361,41
H2°
C3H6°3>
C15H
15N3
°>laktat
Aethacridln-
ml
g/100
0,01-0,1
löslich
vollst,
un
33
-
'255
Gemisch:
c)
Proflavinsulfat
wie
12,5
9,65
245,7
HCl
C13H11N3,
Verbindung:
tenichtmethylier-
b)
verwendet
medizinisch
nicht
löslich
0,4
12
Schmelzpkt.
definierter
kein
260
C14H
14N3
C1
Verbindung:
methylierte
a)
chlorid
Acriflavinium-
Urologie
ml
g/100
0,05-0,1
ext.
ml
g/100
0,25
löslich
wenig
0,6
0,3-
9,65
(277°)
534,6
H20
1H2S04,
<C13
H11N
3>2'
Proflavinsulfat
Alkohol
in
H20
in
ml
g/100
in
Lösung
wässriger
in
Konzentration
therapeutische
übliche
ml
g/100
in
Löslichkeit
(245)
Wasser
in
PKa
Base)
der
(Smp.Smp.
gewicht
Molekular¬
Bruttoformel
Substanz
Acridinderivate
untersuchten
der
Eigenschaften
Die
5.3
Tabelle
82
5.1.4 Stickstoffhaltige Basen anderer Konstitution und verwandte Substanzen
5.1.4.1 Cetylpyridiniumchlorid, 1-Hexadecylpyridiniumchlorid.
? -< CH2 ) 15-CH3 Cle
5.1.4.2 Nitrofural, 5-Nitrofuraldehyd-(2)-semicarbazon.
°>A^-—OII
-NH—C-NH.
5.1.4.3 Naphazolinnitrat, 2-(Naphtyl-(l)-methyl)-imidazolin als Nitrat.
CH„
HN 1
N
H
Cle
5.1. 4. 4 Tolazolinhydrochlorid, 2-Benzyl-imidazolin als Hydrochlorid.
CH„
©
HN-
Jl
N
Cl©
Injektionenfür
ml
g/100
-2,5
1
lösl.
leicht
lösl.
leicht
174°
196,69
HCl
C10H12N2,
chlorid
hydro
Tolazolin-
Nasentropfen
für
und
ophthalm.
ml
g/100
0,05-0,1
löslich
leichter
4168°
273,28
HN03
C14H14N2,
NaphazoUnnitrat
Nasentropfen
für
und
ophthalm.
ml
g/100
0,02
0,17
0,024
236-40°
198,14
C6H6N4°4
Nitrofural
Lösung
alkohol.
in
ext.
ml
g/100
5-0
,0,1
Lösung
wässr.
in
ext.
ml
g/100
0,01-1
lösl.
leicht
lösl.
leicht
77-8
3°357,99
C21H40C1NO
chlorid
ridinium-
lpy
ety
C
Alkohol
in
HgO
in
ml
g/100
in
Lösung
wässriger
in
Konzentration
therapeutische
übliche
ml
g/100
in
Löslichkeit
Base)
der
(Smp.Smp.
gewicht
Molekular¬
Bruttoformel
Substanz
Substanzen
verwandter
und
Konstitution
anderer
Basen
stickstoffhaltigen
untersuchten
der
Eigenschaften
Die
5.4
Tabelle
- 84 -
5.2 In Kombination mit den unter 5.1 angeführten Substanzen
geprüfte Zusatzstoffe
Die in 5.1 erwähnten Substanzen wurden zur Abklärung ihrer Reaktionsfähigkeit
gegenüber verschiedenen Arzneistoffen in wässriger Lösung mit einer Anzahl von
Substanzen zusammengebracht. Massgeblich für die Auswahl der im Folgenden auf¬
geführten Substanzen war bei diesen Versuchen weniger die tatsächliche Verwendung
in therapeutisch wirksamen Kombinationen als vielmehr die Eigenschaften der aus¬
gewählten Stoffe als Vertreter einer Gruppe mit ähnlichen physikalisch-chemischen
Eigenschaften.
Da die in 5.1 aufgeführten Substanzen mehr oder weniger leicht wasserlösliche
Salze sind, welche in wässriger Lösung in die betreffenden Kationen dissoziieren,
kann man bei der Verwendung dieser Substanzen in Arzneimittelkombinationen ins¬
besondere Inkompatibilitäten in Form von Fällungen durch Anionen erwarten. Eine
Reihe verschiedener Anionen wurde daher systematisch mit den erwähnten Kationen
versetzt unter den Bedingungen wie in 6.1 beschrieben ist. Um möglichst einen
Ueberblick über die Reaktionsfähigkeit zu erhalten, wurden sämtliche Anionen mit
Natrium als Kation verwendet, so dass wenn möglich mit bezug auf Kation gleich¬
artige Stoffe zum Vergleich herangezogen wurden.
5. 2.1 Zur Untersuchung gelangten zunächst die Natriumsalze schwächerer
und stärkerer Säuren und verwandte Verbindungen, welche in Arzneipräparaten
teils als Wirkstoffe und teils als Puffersubstanzen in Erscheinung treten. Dabei wur¬
de für die Wirkstoffe die molare Konzentration so gewählt, dass sie annähernd den
üblichen therapeutischen Konzentrationen der betreffenden Substanzen in Arzneilö¬
sungen entsprachen. In Tabelle 5. 5 und 5.6 werden diese Substanzen mit den pK -
Werten der entsprechenden Säuren und den Molekulargewichten der Salze aufgeführt.
In Tab. 5. 5 findet sich Sulfacetamid als Substanz und als Salz, ferner Phénobarbital -
natrium mit etwa dem gleichen Molekulargewicht, aber höherem pK und schliesslich
Sulfadimidinnatrium mit etwa dem gleich pK wie Fhenobarbitalnatrium, aber höherem
Molekulargewicht und höherer Gebrauchskonzentration.
218.
S.
1960,
York
New
Febiger,
&Lea
Pharmacy,
Physical
A.N.,
Martin
247)
[194
2]2905
64,
Soc.
ehem.
Amer.
J.
R.O.,
Robinson
und
P.H.
Bell
246)
9,25
8,35
7,50
4,00
m0,2
m0,02
m0,02
m0,02
7,37(246>
7>41(247)
5,38<246)
5,38(246>
300,32
23
254,
254,25
214,25
natrium
Sulfadimidin-
natrium
Phenobarbital-
natrium
Sulfacetamid-
Sulfacetamid
^CH3
N_/CH3
o^"^
CH3C
H2
^^-N'Na
/==\
H..O
1oben,
wie
Natriumsalz
so2-
mi-c
-cn3
1W~\_y~
pH
Konz.
molare
Zusatzlösung:
als
*Ka
-gewicht
Mol.
Name
Gruppen
funktionellen
mit
Formel
Charakter
Wirkstoff
von
Zusatzstoffe
55.
Tabelle
9,30
0,1
9,24
(201,27)
381,43
Natriumborat
H20
10
Na2B
407
8,20
0,1
7,21
(141,98)
178,01
sekundär
Natriumphosphat
H20
2Na2HP04
7,90
0,1
4,76
(82,04)
136,09
Natriumacetat
HgO
3CHg-COONa•
7,10
0,1
4,20
144,11
Natriumbenzoat
Do
CeHc-COONa
6,40
0,1
2,97
160,11
Natriumsalicylat
HO-CgH4-COONa
4,20
0,1
2,12
(120,03)
156,07
primär
Natriumphosphat
HgO
2•
NaH2P04
pH
Konz.
molare
Zusatzlösung;
als
(247)a
*pK
wasserfrei)
-gewicht
(Mol.-gewicht
Mol.
Name
Formel
Hilfsstoffcharakter
von
Zusatzstoffe
65.
Tabelle
- 87 -
5. 2. 2 Ferner wurden einige weitere Anionen verschiedener Struktur mit ho¬
hem Molekulargewicht geprüft, welche in Tab. 5.7 mit dem Formelbild, dem Mole¬
kulargewicht sowie dem pH der als Zusatzlösung verwendeten Lösung der jeweili¬
gen Substanz angegeben sind.
5.2.3 Schliesslich wurden die in der Tabelle 5.8 aufgeführten typischen Alka-
loidfällungsmittel auf ihre eventuelle Reaktion mit den in 5.1 erwähnten synthetischen
Stickstoffbasen geprüft und ferner einige, in der Ophthalmologie und Oto-Rhino-Laryn-
gologie häufig in Kombinationen verwendete Metallsalze bzw. -Verbindungen auf die
gleiche Weise geprüft. Diese Substanzen sind ebenfalls in Tabelle 5.8 angegeben.
- 88 -
Tabelle 5.7 Zusatzstoffe mit hohem Molekulargewicht
Name Mol. -gewichtals Zusatzlösung:molare pHKonz.
reos
tTTf'JL .coo9
L2 Na®
Fluorescein-
natrium 376,28 0,01 m 7,80
r HgOH
9o.Jy°yy°Br-"
Jv^coo93 H20
Merbromin-
natrium
(Trihydrat)804,75 0,02 m 9,40
-
^^jj2 Na®
[ C17H33COOe ] Na® Natrium¬
oleat(304)* 0,05 m 9,90
0
CH3-(CH2)1O-CH2-O-S-O0o
Natrium-
laurylsuliat288,38 0,05 m 9,30
Na®
*angenommenes Mol. -gewicht, für reines Natriumoleat berechnet.
- 89 -
Tabelle 5.8 Alkaloidfällungsmittel und Metallverbindungen als Zusatzstoffe
Formel Nameals Zusatzlösung:molare Konz. pH
Nal
NaBr
C76H52°46kolloidales
Silber
AgNOg
ZnS04
Natriumiodid
Natriumbromid
Gerbsäure
Protargol
Silbernitrat
Zinksulfat
0,1 m
0,1 m
0,02 m
0,02 m*
0,01 m
0,1 m
6,60
6,60
3,30
7,60
6,70
4,80
* 0,02 m in Bezug auf den Gehalt an Ag
5. 2. 4 Ausser den beschriebenen Substanzen, welche systematisch auf mögli¬
che Reaktionen geprüft wurden, wurde in einigen besonderen Fällen die Wirkung von
Elektrolytzusätzen studiert. Bei diesen Untersuchungen, auf welche in 7.1.1, S. 147,
näher eingegangen wird, wurden die in Tabelle 5.9 erwähnten starken Elektrolyte
verwendet.
Tabelle 5.9 Elektrolyte als Zusatzstoffe
Formel Name Wertigkeit des
Anions Kations
NaCl Natriumchlorid 1 1
KCl Kaliumchlorid 1 1
KNOg Kaliumnitrat 1 1
MgCl2 Magnesiumchlorid 1 2
Na2S04 Natriumsulfat 2 1
A12(S04)3 Aluminiumsulfat 2 3
- 90 -
6. DIE REAKTIONSTYPEN BEI DEN SYNTHETISCHEN, ORGANISCHEN
STICKSTOFFBASEN
Für die Versuche wurden die in 5.1 beschriebenen Salze der synthetischen, or¬
ganischen Stickstoffbasen in der Qualität der Ph. Helv. V oder in entsprechender
Arzneistoffqualität gemäss anderen Arzneibüchern verwendet. Für die in 5.2 be¬
schriebenen Zusatzstoffe wurden ebenfalls Pharmakopoequalitäten sowie, wenn er¬
hältlich, analysenreine Substanzen verwendet.
6.1 Allgemeines über die Versuchsbeaingungen
Von den beiden Stoffgruppen wurden mit frisch ausgekochtem und wieder abge¬
kühltem destilliertem Wasser oder mit frisch entnommenem Ionenaustauscherwas¬
ser (Christ-Ministil P-5) Lösungen hergestellt, deren Konzentrationen im Bereich
der Konzentrationen von therapeutisch verwendeten Lösungen dieser Substanzen la¬
gen. Die therapeutischen Konzentrationen (siehe Tab. 5.1 - 5. 4) wurden den Arznei¬
büchern, sowie der Tabelle über Verbrauchs- und Maximaldosen der Subsidia Phar¬
maceutica (248) entnommen. Zur Erleichterung der Abschätzung der Versuchsergeb¬
nisse verwendeten wir nicht runde Ziffern ergebende prozentuale Konzentrationen in
Gewicht/Volumen, wie sie in der Verschreibung vorkommen, sondern wir wählten
diejenigen runde Ziffern ergebenden molaren Konzentrationen, welche den üblichen
therapeutischen Konzentrationen so nahe als möglich lagen. Auf diese Weise konnten
wir eine Abhängigkeit der gefundenen Resultate von z. B. Kristallwassergehalt oder
ähnlichem vermeiden. Die molare Konzentration lässt sich in die Konzentration in
% Gew. /Vol. umrechnen oder, indem als Rechengrösse anstelle dieses dimensions¬
losen Ausdrucks die Dimension g/ml verwendet wird, in die Konzentration in g/100
ml. In der amerikanischen Literatur (249) wirdg/100 ml als "Gramarity" (Gramari-
tät analog mit Molarität) mit der Abkürzung G bezeichnet. Die Umrechnung der Kon¬
zentrationsangaben ergibt sich aus den folgenden Beziehungen (sofern es sich um un¬
veränderte spezifische Gewichte von Arzneimitteln und Lösungsmitteln handelt, wie
dies bei verdünnten wässrigen Arzneistofflösungen als Regel angenommen werden
kann)
248) Subsidia Pharmaceutica, Selbstverlag des Schweiz. Apothekervereins, Zürich 1957.
249) Martin A.N., Physical Pharmacy, Lea & Febiger, New York 1960, S. 139.
- 91 -
c = —TT bzw.M
c • M
wobei c = molare Konzentration (M/1000 ml)
G = "Gramarität" (g/100 ml)
M = Molekulargewicht der gelösten Substanz
Sämtliche Lösungen wurden, soweit dies praktisch durchführbar war, für jeden
Versuch frisch zubereitet und, wo eine Aufbewahrung unvermeidlich war, unter Stick¬
stoffatmosphäre bei Kühlschranktemperatur aufbewahrt. Die pH-Werte der Lösungen
wurden mit einer komb. Elektrode Metrohm UX EA 121 und dem pH-Meter Metrohm
E 196 S gemessen.
Von der Lösung der jeweils zu untersuchenden Substanz wurden 10 ml mit je
10 ml der Zusatzlösung in der in den folgenden Uebersichten angegebenen Weise in
25 ml Jenaer Bechergläsern miteinander vermischt.
Beobachtet wurden sichtbare Folgen einer Reaktion (Verfärbung, Trübung,
Bildung eines Niederschlages, Art, Form und Farbe des Niederschlages). Als An¬
zeige eventueller unsichtbarer Reaktionen diente das pH der Mischung, indem die¬
ses zunächst unmittelbar nach dem Mischen der Flüssigkeiten und dann erneut nach
Ende der Beobachtungsperiode gemessen wurde. Die in den Tabellen angegebenen
pH-Werte sind nach dem Mischen der Lösungen gemessen und konnten auf 0,1 pH-
Einheit reproduziert werden, da im allgemeinen keine besonderen Massnahmen zum
Ausschluss von Kohlendioxyd getroffen wurden. Niederschläge wurden abfiltriert
und untersucht.
Die Mischungen wurden nach einer, zwei und drei Stunden bei Zimmertempera¬
tur und dann, um die ungünstigsten Lagerungsbedingungen zu berücksichtigen, wel¬
che in der allgemeinen Praxis vorkommen können, nach 24 und 48 bei Kühlschrank¬
temperatur beobachtet. Die pH-Messung nach Ende der Beobachtungsperiode erfolg¬
te nach Wiedereinstellen der Lösung auf Zimmertemperatur.
In den folgenden Uebersichten sind die Reaktionen der einzelnen, im 5.1 zu¬
sammengestellten Substanzen mit den in 5. 2 zusammengestellten Zusatzstoffen nach
den eingangs erwähnten Kriterien eingetragen. Sofern mit mehreren Konzentrationen
der Zusatzstoffe Niederschläge erhalten wurden, wird in den nachfolgenden Ueber¬
sichten die geringste Konzentration angegeben, mit der noch ein Niederschlag er-
- 92 -
halten wurde. Konnte eine Grenzkonzentration ermittelt werden, unter welcher kein
Niederschlag mehr erhalten wurde, so wird die betreffende Versuchsreihe gesondert
im Kommentar zur Uebersicht in 6. 2, S. 117, beschrieben. Die Reihenfolge und
Nummerierung der zu untersuchenden synthetischen Stickstoffbasen ist die gleiche,
wie in der Zusammenstellung 5.1, S. 74, angegeben wurde. Bei der Beschreibung
der Versuche werden zunächst die erhaltenen Reaktionen beschrieben. Die Reaktio¬
nen sind in der Reihenfolge aufgezeichnet, wie die Zusatzsubstanzen in 5. 2 aufge¬
führt sind, wo auch die pH-Werte der Zusatzlösungen angegeben sind. In die folgen¬
den Uebersichten wurden ausschliesslich diejenigen Fälle aufgenommen, wo eine
Reaktion nachgewiesen werden konnte, sei es durch Bildung eines definierbaren Nie¬
derschlages, einer Abscheidung oder Trübung, einer Farbänderung oder einer Aen-
derung des pH ausserhalb des je nach Konzentration der Lösungen zu erwartenden
resultierenden pH-Wertes der Mischungen. Bei den Ausfällungen unterschieden wir
zwischen der Trübung (Beobachtung nur von Auge) und der Bildung einer definierba¬
ren Abscheidung sofort oder nach einiger Zeit. Die definierbaren Abscheidungen wur¬
den in erkennbare Kristalle (Beschreibung), in nicht in ihrer feineren Struktur er¬
kennbare Flocken od. ähnl., in formlose Niederschläge und in flüssige Abscheidun¬
gen unterteilt. In den darauf folgenden Aufzählungen finden sich diejenigen der Zu¬
satzlösungen, mit welchen unter den gleichen Versuchsbedingungen während des Mi-
schens und der Lagerung keine Reaktionen beobachtet werden konnten, indem keine
sichtbare Aenderung des Gemisches nach den oben erwähnten Kriterien eintrat, und
indem das pH der Mischung nicht von dem zu erwartenden Wert abwich und sich wäh¬
rend der Beobachtungsperiode nicht veränderte. Schliesslich werden die Resultate
angeführt, die bei Parallelversuchen mit anderen Konzentrationen der zu untersu¬
chenden Stickstoffbasen, aber mit den gleichen Zusatzlösungen und unter den gleichen
Versuchsbedingungen erhalten wurden.
Nach den Uebersichten über die einzelnen Resultate für sämtliche untersuchten
Substanzen folgen schliesslich in 6. 2 einige graphische Darstellungen als Zusammen¬
fassung der Reaktionen der einzelnen Gruppe nach der in 5.1 und 5. 2 erfolgten Eintei¬
lung.
- 93 -
6.1.1 Versuche mit der Gruppe der Derivate von ß-Aminoäthanol und Aethylen-
diamin mit lokalanaesthetischer Wirkung
6.1.1.1 Procainhydrochlorid
Als Versuchslösung wurde eine 0,02 m-Lösung von pH = 5,60 verwendet. Reak¬
tionen konnten mit den folgenden Lösungen nachgewiesen werden:
Zusatzstoff pH der
MischungBeschreibung der
Veränderungen
Fluoresceinnatrium
0,01 m7,50 sofort Niederschlag,
Flocken, orange
Merbrominnatrium
0,02 m8,60 sofort Niederschlag,
Flocken, rot
Protargol0,02 m
8,00 erst nach 48 Trübung,kein Niederschlag
Silbernitrat
0,01 m
- sofort Niederschlag,AgCl
Mit den folgenden Lösungen traten unter den gleichen Versuchsbedingungen
keine Aenderungen des Gemisches ein:
Sulfacetamid 0,02 m; Sulfacetamidnatrium 0, 02 m; Phenobarbitalnatrium 0,02 m;Sulfadimidinnatrium 0, 2 m; Natriumphosphat primär 0,1 m; Natriumsalicylat 0,1m; Natriumbenzoat 0,1 m; Natriumacetat 0,1 m; Natriumphosphat sekundär 0,1 m;Natriumborat 0,02 m; Natriumoleat 0,05 m; Natriumlaurylsulfat 0,05 m; Natrium-
iodid 0,1 m; Natriumbromid 0,1 m; Gerbsäure 0,1 m; Zinksulfat 0,1 m.
Die gleichen Zusatzlösungen wurden unter den gleichen Versuchsbedingungen mit
einer 0,04 m-Lösung von Procainhydrochlorid zusammengebracht. Dabei wurde mit
Gerbsäure 0,01 m nach 1 eine Trübung, nach 24 ein geringer Niederschlag erhalten.
Mit den übrigen Lösungen ergaben sich die gleichen Resultate wie mit der oben be¬
schriebenen Versuchsreihe mit 0,02 m-Lösung.
- 94 -
6.1.1.2 Amylocainhydrochlünd
Als Versuchslösung wurde eine 0, 04 m-Lösung von pH = 5,20 verwendet. Reak¬
tionen konnten mit den folgenden Lösungen nachgewiesen werden:
Zusatzstoff pH der
Mischung
Beschreibung der
Veränderungen
Phenobarbitalnatrium
0,02 m7,10 sofort Trübung, nach 48
Abscheidung; flüssig, farblos
Sulfadimidinnatrium
0,2 m8,50 sofort Trübung, nach 48
Abscheidung; teils flüssig,teils Kristalle, farblos
Natriumphosphat sek.
0,1 m7,30 sofort Trübung, nach 48
Abscheidung; flüssig, farblos
Natriumborat
0,1 m8,30 sofort Trübung, nach 48
Abscheidung; flüssig, farblos
Fluoresceinnatrium
0,01 m
7,10 sofort Niederschlag;Flocken, orange
Merbrominnatrium
0,002 m6,80 sofort Niederschlag;
Flocken, rot
Natriumoleat
0,05 m7,70 sofort Trübung; keine
Abscheidung
Natriumlaurylsulfat
0,05 m6,90 sofort Trübung; keine
Abscheidung
Silbernitrat
0,01 m
- sofort Niederschlagvon AgCl
Mit den folgenden Lösungen traten unter den gleichen Versuchsbedingungen
keine Aenderungen des Gemisches ein:
Sulfacetamid 0,02 m; Sulfacetamidnatrium 0,02 m; Natriumphosphat primär
0,1 m; Natriumsalicylat 0,1 m; Natriumbenzoat 0,1 m; Natriumacetat 0,1 m; Na-
triumiodid 0,1 m; Natriumbromid 0,1 m; Gerbsäure 0,01 m; Argentum proteinicum
0,02 m; Zinksulfat 0,1 m.
- 95 -
Die gleichen Zusatzlösungen wurden in einer parallelen Versuchsreihe und
unter gleichen Versuchsbedingungen mit einer 0,02 m-Lösung von Amylocainhydro -
Chlorid zusammengebracht. Dabei wurden mit
Natriumoleat 0,05 m und mit
Natriumlaurylsulfat 0,05 m keine Fällungen erhalten.
Mit den übrigen Lösungen ergaben sich, abgesehen von geringen Abweichungen im
pH bei einigen der betreffenden Mischungen, in jeder Beziehung die gleichen Resul¬
tate, wie in der oben angegebenen Versuchreihe mit 0,04 m-Lösung.
6.1.1.3 Cinchocainhydrochlorid
Als Versuchslösung wurde eine 0, 0015 m-Lösung (1, 5 millimolar) von pH =
5,60 verwendet. Reaktionen konnten mit den folgenden Lösungen nachgewiesen wer¬
den:
- 96 -
Zusatzstoff pH der
Mischung
Beschreibung der
Veränderungen
Suifacetamidnatrium
0,02 m
6,80 erst nach 24 geringer
Niederschlag; kristallin,weiss
Phenobarbitalnatrium
0,02 m
8,20 sofort Niederschlag;kristallin, weiss
Sulfadimidinnatrium
0,2 m8,70 sofort Niederschlag;
kristallin, weiss
Natriumacetat
0,1 m6,80 erst nach 24 geringer
Niederschlag; kristallin,weiss
Natriumphosphat sek.
0,1 m7,30 sofort Niederschlag;
kristallin, weiss
Natriumborat
0,1 m9,00 sofort Niederschlag;
kristallin, weiss
Fluoresceinnatrium
0,01 m6,45 sofort Trübung, nach 1-3
Abscheidung; flüssig, rot
Merbrominnatrium
0,02 m9,00 sofort Niederschlag;
Flocken, rot
Gerbsäure
0,02 m3,20 sofort opale Trübung
Argentum proteinicum
0,02 m7,50 sofort Niederschlag;
kristallin, weiss
Silbernitrat
0,01 m
- sofort Niederschlag von
AgCl
Mit den folgenden Lösungen traten unter den gleichen Versuchsbedingungen
keine Aenderungen des Gemisches ein:
Sulfacetamid 0,02 m; Natriumphosphat primär 0,01 m; Natriumsalicylat 0,1
m; Natriumbenzoat 0,1 m; Natriumoleat 0,05 m; Natriumlaurylsulfat 0,05 m; Na-
triumiodid 0,1 m; Natriumbromid 0,1 m; Zinksulfat 0,1 m.
- 97 -
Die gleichen Zusatzlösungen wurden in einer parallelen Versuchsreihe und un¬
ter gleichen Bedingungen mit einer 0,003 m-Lösung (3 millimolar) von Cinchocain-
hydrochlorid zusammengebracht. Dabei ergaben sich, abgesehen von geringen Ab¬
weichungen im pH bei einigen der betreffenden Mischungen in jeder Beziehung die
gleichen Resultate wie in der oben angegebenen Versuchsreihe mit 0,0015 m-Lösung.
6.1.2 Die Versuche mit der Gruppe der Derivate von Aethylendiamin und
ß -Aminoäthanol mit Antihistaminwirkung
6.1.2.1 Mepyraminmaleat
Als Versuchslösung wurde eine 0,02 m-Lösung von pH = 5,20 verwendet. Reak¬
tionen konnten mit den folgenden Zusatzlösungen nachgewiesen werden:
Zusatzstoff pH der
MischungBeschreibung der
Veränderungen
Sulfadimidinnatrium
0,2 m8,50
Natriumborat
0,1 m8,90
Fluoresceinnatrium
0,01 m6,40
Merbrominnatrium
0,02 m7,10
Natriumoleat
0,05 m6,30
Natriumlaurylsulfat0,05 m
5,40
Gerbsäure
0,005 m3,80
Argentum proteinicum0,02 m
6,10
sofort schwache Trübungnach 48h Abscheidung;Kristalle, weiss
sofort Trübung, keine Abschei¬
dung; Suspension von farblosen
Tropfen
sofort Niederschlag,Flocken, orange
sofort Niederschlag;Flocken, rot
sofort Trübung, keine
Abscheidung
sofort Trübung, löslich in Ueber-
schuss von Natriumlaurylsulfat
sofort Niederschlag
sofort Trübung, keine
Abscheidung
- 98 -
Mit den folgenden Lösungen traten unter den gleichen Versuchsbedingungen
keine Aenderungen ein:
Sulfacetamid 0,02 m; Sulfacetamidnatrium 0,02 m; Phenobarbitalnatrium
0,02 m; Natriumphosphat primär 0,1 m; Natriumsalicylat 0,1 m; Natriumbenzoat
0,1 m; Natriumazetat 0,1 m; Natriumphosphat sekundär 0,1 m; Natriumiodid 0,1m; Natriumbromid 0,1 m; Silbernitrat 0,01 m; Zinksulfat 0,1 m.
Die gleichen Zusatzlösungen wurden in einer parallelen Versuchsreihe unter
gleichen Versuchsbedingungen mit einer 0,04 m-Lösung von Mepyraminmaleat von
pH = 5,00 zusammengebracht. Dabei ergaben die folgenden Lösungen andere Resul¬
tate als mit der 0,02 m-Lösung:
Zusatzstoff pH der
MischungBeschreibung der
Veränderungen
Natriumoleat
0,05 m
Natriumlaurylsulfat
0,05 m
Natriumsalicylat
0,1 m
Argentum proteinicum0,02 m
6,30
5,40
5,30
5,40
sofort Trübung, nach 1 Ab¬
scheidung; flüssig, farblos
sofort Trübung, keine Ab-
scheidung
sofort Trübung, nach 24 Ab¬
scheidung; flüssig, farblos
sofort Trübung, nach 24
quantitative Ausfällung
Mit den übrigen Lösungen ergaben sich, abgesehen von geringen Abweichungen
im pH bei einigen der betreffenden Mischungen, in jeder Beziehung die gleichen Re¬
sultate wie in der oben angegebenen Versuchsreihe mit 0,02 m-Lösung.
6.1.2.2 Tripelennaminhydrochlorid
Als Versuchslösung wurde eine 0,04 m-Lösung von pH = 6,60 verwendet. Reak¬
tionen konnten mit den folgenden Zusatzlösungen nachgewiesen werden:
- 99 -
Zusatzstoff pH der
MischungBeschreibung der
Veränderungen
Phenobarbitalnatrium
0,02 m7,60 sofort Trübung, nach 24 Ab¬
scheidung, flüssig, farblos
Sulfadimidinnatrium
0,2 m8,10 sofort Trübung, nach 24 Ab¬
scheidung; flüssig, farblos
Natriumborat
0,1 m8,40 sofort Trübung, nach 24 Ab¬
scheidung; flüssig, farblos
Fluoresceinnatrium
0,01 m7,50 sofort Niederschlag; Flocken
orange
Merbrominnatrium
0,002 m7,20 sofort Niederschlag; Flocken
rot
Natriumlaurylsulfat0,05 m
7,20 sofort Trübung, löslich in
Ueberschuss von Natrium¬
laurylsulfat
Natriumiodid
0,1 m7,20 erst nach 48 Niederschlag;
Kristalle, weiss
Gerbsäure
0,01 m
4,40 sofort Niederschlag
Silbernitrat
0,01 m- sofort Niederschlag von
AgCl
Mit den folgenden Lösungen traten unter den gleichen Versuchsbedingungen
keine Aenderungen ein:
Sulfacetamid 0,02 m; Sulfacetamidnatrium 0,02 m; Natriumphosphat primär
0,1 m; Natriumsalicylat 0,1 m; Natriumbenzoat 0,1 m; Natriumazetat 0,1 m; Na¬
triumphosphat sekundär 0,1 m; Natriumoleat 0,05 m; Natriumbromid 0,1 m; Ar-
gentum proteinicum 0,02 m; Zinksulfat 0,1 m.
Die gleichen Zusatzlösungen wurden in einer parallelen Versuchsreihe und
unter gleichen Versuchsbedingungen mit einer 0,02 m-Lösung von Tripelennamin-
hydrochlorid zusammengebracht. Dabei ergaben sich, abgesehen von geringen Ab¬
weichungen im pH bei einigen der betreffenden Mischungen in jeder Beziehung die
gleichen Resultate wie in der oben angegebenen Versuchsreihe mit 0,04 m-Lösung.
- 100 -
6.1. 2.3 Antanzolinhydrochlorid
Als Versuchslösung wurde eine 0,04 m-Lösung von pH = 6,10 verwendet.
Reaktionen konnten mit den folgenden Lösungen nachgewiesen werden:
Zusatzstoff pH der
Mischung
Beschreibung der
Veränderungen
Sulfadimidinnatrium
0,02 m8,80 sofort Trübung, keine
Abscheidung
Natriumsalicylat
0,1 m6,80 sofort Trübung, nach 24
Abscheidung; flüssig,farblos
Fluoresceinnatrium
0,01 m
7,70 sofort Niederschlag;Flocken, orange
Merbrominnatrium
0,02 m8,40 sofort Niederschlag;
Flocken, rot
Natriumlaurylsulfat
0,05 m7,80 sofort Niederschlag; .
Flocken weiss; nach 24
Verfestigung zu stürzbarem Gel
Gerbsäure
0,01 m3,60 sofort Niederschlag
Silbernitrat
0,01 m
- sofort Niederschlag von
AgCl
Mit den folgenden Lösungen traten unter den gleichen Versuchsbedingungen
keine Aenderungen des Gemisches ein:
Sulfacetamid 0,02 m; Sulfacetamidnatrium 0,02 m; Phenobarbitalnatrium 0,02
m; Natriumphosphat primär 0,1 m; Natriumbenzoat 0,1 m; Natriumacetat 0,1 m;
Natriumphosphat sekundär 0,1 m; Natriumborat 0,1 m; Natriumoleat 0,05 m; Na-
triumiodid 0,1 m; Natriumbromid 0,1 m; Argentum proteinicum 0,02 m; Zinksul¬
fat 0,1 m.
Die gleichen Zusatzlösungen wurden in einer parallelen Versuchsreihe und un¬
ter gleichen Versuchsbedingungen mit einer 0,02 m-Lösung (pH = 6,20) von Antazo-
linhydrochlorid zusammengebracht. Dabei ergaben sich, abgesehen von geringen Ab-
- 101 -
weichungen im pH bei einigen der betreffenden Mischungen, in jeder Beziehung die
gleichen Resultate wie in der oben angegebenen Versuchsreihe mit der 0,04 m-Lö-
sung.
6.1. 2.4 Promethazinhydrochlorid
Als Versuchslösung wurde eine 0,04 m-Lösung von pH = 5,50 verwendet. Da
die oxydative Zersetzung in Lösungen von Phenothiazinderivaten (250, 251) unter
Einfluss von Licht, sowie unter Einfluss von Sauerstoff bereits kurz nach der Her¬
stellung einsetzt, wurden für diese Versuche braune Gläser verwendet, welche un¬
mittelbar nach dem Zusammenmischen der beiden Lösungen und Durchleiten von
Stickstoff verschlossen wurden. Die erste der Nachkontrollen erfolgte statt nach
1,2 und 3
,wie bei den übrigen Versuchsreihen (mit Ausnahme des Proflavin-
hemisulfats, vgl. 6.1. 3.1, S. 105) erst nach 3,um eine Oxydation möglichst zu
vermeiden. Die Zersetzung ist an der violetten, später rötlich-violetten Verfär¬
bung erkenntlich, welche bei den zu unseren Versuchen verwendeten Lösungen ohne
Zusatzlösungen innert 24 einsetzte, während eine Aenderung des pH bei unseren
Lösungen innert der Beobachtungsperiode nicht festgestellt wurde. Reaktionen
konnten mit den folgenden Lösungen nachgewiesen werden:
250) V/aaler T., Pharm. Acta Helv. 35, 168(1960).251) Pungor E., Pharm. Acta Helv. 55, 173 (1960).
- 102 -
Zusatzstoff pH der
Mischung
Beschreibung der
Veränderungen
Sulfacetamid
0,02 m4,50 Verfärbung über blaugrün bis
tiefblau, kein Niederschlag
Sulfacetamidnatrium
0,02 m6,80 sofort Niederschlag; Undefi¬
niert; Verfärbung grün
Phenobarbitalnatrium
0,02 m6,50 sofort Niederschlag;
Undefiniert
Sulfadimidinnatrium
0,2 m7,90 sofort Niederschlag;
Flocken, weiss
Natriumsalicylat
0,1 m6,10 sofort Niederschlag;
Kristalle, weiss
Natriumbenzoat
0,1 m6,50 sofort Trübung, nach 24
Abscheidung; flüssig, farblos
Natriumacetat
0,1 m6,70 sofort Trübung; nach 48 Ab¬
scheidung; flüssig, farblos
Natriumphosphat sek.
0,1 m7,00 sofort Trübung, nach 24 Ab¬
scheidung; flüssig, farblos
Natriumborat
0,1 m8,30 sofort Trübung, nach 24 Ab¬
scheidung; flüssig, farblos
Fluoresceinnatrium
0,01 m7,20 sofort Niederschlag;
Flocken, orange
Merbrominnatrium
0,02 m8,70 sofort Niederschlag;
Flocken, rot
- 103 -
Zusatzstoffe pH der Beschreibung der
Mischung Veränderungen
Natriumoleat 7,90 sofort Trübung, keine Ab¬
0,05 m scheidung
Natriumlaurylsulfat 6,90 sofort Trübung, keine Ab¬
0,05 m scheidung
Natriumiodid 6,50 nach 48 Abscheidung;
0,1 m Kristalle, gelbgrün
Argentum proteinicum 7,00 sofort Niederschlag,
0,02 m Undefiniert
Silbernitrat 6,00 stark blauviolette Ver¬
0,01 m färbung, kein Niederschlag
Mit den folgenden Lösungen traten unter den gleichen Versuchsbedingungen
keine Aenderungen ein:
Natriumphosphat primär 0,1 m; Natriumbromid 0,1 m; Gerbsäure 0,01 m;
Zinksulfat 0,1 m.
Die gleichen Zusatzlösungen wurden in einer parallelen Versuchsreihe und un¬
ter den gleichen Versuchsbedingungen mit einer 0,02 m-Lösung von Promethazin-
hydrochlorid zusammengebracht. Dabei ergaben sich, abgesehen von geringen Ab¬
weichungen im pH, sowie geringen Abweichungen der Verfärbungen bei einigen der
betreffenden Mischungen, in jeder Beziehung die gleiche Resultate, wie in der oben
angegebenen Versuchsreihe mit 0,04 m-Lösung.
6.1. 2. 5 Diphenhydraminhydrochlorid
Als Versuchslösung wurde eine 0,02 m-Lösung von pH = 5,90 verwendet. Reak¬
tionen konnten mit den folgenden Lösungen nachgewiesen werden:
- 104 -
Zusatzstoff pH der
MischungBeschreibung der
Veränderungen
Phenobarbitalnatrium
0,02 m7,90 sofort Trübung, nach 24 Ab¬
scheidung; flüssig, farblos
Sulfadimidinnatrium
0,02 m8,80 sofort Trübung, nach 24 Ab¬
scheidung; flüssig, farblos
Natriumsalicylat
0,1 m6,20 erst nach 48 Trübung,
keine Abscheidung
Natriumborat
0,1 m8,90 sofort Trübung, nach 3
Abscheidung; flüssig, farblos
Fluoresceinnatrium
0,01 m
7,60 sofort Niederschlag;Flocken, orange
Merbrominnatrium
0,02 m9,00 sofort Niederschlag;
Flocken, rot
Natriumoleat
0,05 m9,50 sofort Trübung;
keine Abscheidung
Natriumlaurylsulfat
0,05 m7,20 sofort Trübung,
keine Abscheidung
Gerbsäure
0,005 m3,20 erst nach 24 Niederschlag
Silbernitrat
0,01 m
- sofort Niederschlag von
AgCl
Mit den folgenden Lösungen traten unter den gleichen Versuchsbedingungen
keine Aenderungen ein:
Sulfacetamid 0,02 m; Sulfacetamidnatrium 0,02 m; Natriumphosphat primär
0,1 m; Natriumbenzoat 0,1 m; Natriumacetat 0,1 m; Natriumphosphat sekundär
0,1 m; Natriumiodid 0,1 m; Natriumbromid 0,1 m; Argentum proteinicum 0,02m; Zinksulfat 0,1 m.
Die gleichen Zusatzlösungen wurden in einer parallelen Versuchsreihe und
unter den gleichen Versuchsbedingungen mit einer 0,04 m-Lösung (pH = 5,70) von
Diphenhydraminhydrochlorid zusammengebracht. Dabei ergaben die folgenden Zu¬
satzlösungen andere Resultate als mit der 0,02 m-Lösung:
- 105 -
Zusatzstoff pH der
MischungBeschreibung der
Veränderungen
Argentum proteinicum
0,02 m
Natriumsaücylat0,1 m
7,60
6,70
sofort Trübung, keine
Abscheidung
sofort Trübung, nach 1 Ab¬
scheidung; flüssig, farblos;nach 24*1 kristallin
Mit den übrigen Lösungen ergaben sich, abgesehen von geringen Abweichungen
im pH bei einigen der betreffenden Mischungen in jeder Beziehung die gleichen Re¬
sultate, wie in der oben angegebenen Versuchsreihe mit 0, 02 m-Lösung.
6.1. 3 Die Versuche mit der Gruppe der Acridinderivate mit bakteriostatischer
Wirkung
6.1. 3.1 Proflavinhemisulfat
Als Versuchslösung wurde eine 0,004 m-Lösung von pH = 6,40 verwendet. Un¬
sere Proflavinlösungen wiesen unter Einfluss von Licht und Sauerstoff bereits 3-4
nach der Herstellung eine Niederschlagsbildung auf, und bei längerem Stehen entstan¬
den braunorange Flocken eines nicht definierten Niederschlages, welcher z. T. als
Proflavinsulfat identifiziert werden konnte. Die Lösung ist nahezu gesättigt und kann
daher beim Stehen wieder auskristallisieren. Ohne Licht- und Sauerstoffeinfluss ver¬
blieben die Lösungen unverändert.
In der Literatur werden alle Salze von Proflavin als lichtempfindlich bezeichnet,
indem die antibakterielle Wirkung einer Lösung eines Proflavinsalzes durch achtstün¬
dige Einwirkung von Tageslicht völlig aufgehoben wird (252). Daher wurde diese Ver¬
suchsreihe in gleicher Weise wie diejenige mit Promethazinhydrochlorid (vgl. 6.1. 2.4,
S. 101) in braunen Gläsern und unter Stickstoffatmosphäre durchgeführt. Reaktionen
konnten mit den folgenden Lösungen nachgewiesen werden:
252) Albert A., The Acridines, Edward Arnold & Co., London 1951, S. 239.
- 106 -
Zusatzstoff pH der
MischungBeschreibung der
Veränderungen
Sulfacetamidnatrium
0,02 m7,40
Phenobarbitalnatrium
0,02 m8,10
Sulfadimidinnatrium
0,2 m8,80
Natriumsalicylat
0,1 m6,70
Natriumbenzoat
0,1 m6,80
Fluoresceinnatrium
0,01 m8,00
Merbrominnatrium
0,002 m7,20
Natriumoleat
0,05 m9,65
Natriumlaurylsulfat
0,05 m8,10
Natriumiodid
0,1 m6,45
Gerbsäure
0,01 m3,50
Argentum proteinicum
0,02 m6,70
erst nach 24 Niederschlag;Kristalle, orange, Nadeln
erst nach 48 Niederschlag;Kristalle, orange, Nadeln
sofort Trübung, nach 48 Ab¬
scheidung, Kristalle, orange,Nadeln
sofort Trübung, nach 24 Ab¬
scheidung; Kristalle, orange,
flockige Aggregate
sofort Niederschlag; Kristalle,orange, flockige Aggregate
sofort Niederschlag; Kristal¬
le, orange, Nadelbündel
sofort Niederschlag;amorpher Farblack
Trübung, löslich in Ueber-
schuss von Natriumoleat
sofort Trübung, welche nach
ln wieder verschwindet
sofort Niederschlag; Kristalle,orange, flockige Aggregate
sofort Niederschlag
sofort Niederschlag,amorpher Farblack
- 107 -
Mit den folgenden Lösungen traten unter den gleichen Versuchsbedingungen
keine Aenderungen ein:
Natriumphosphat primär 0,1 m; Natriumacetat 0,1 m; Natriumphosphat se¬
kundär 0,1 m; Natriumborat 0,1 m; Natriumbromid 0,1 m; Zinksulfat 0,1 m.
Die gleichen Zusatzlösungen wurden in einer parallelen Versuchsreihe und
unter den gleichen Versuchsbedingungen mit einer 0,002 m-Lösung von Proflavin-
hemisulfat zusammengebracht. Dabei ergaben sich, abgesehen von geringen Abwei¬
chungen im pH bei einigen der betreffenden Mischungen, in jeder Beziehung die glei¬
chen Resultate wie in der oben angegebenen Versuchsreihe mit 0,004 m-Lösung.
6.1.3.2 Acriflavlnium chloratum Ph. H. V
Als Versuchslösung wurde eine 0,05-proz. Lösung mit pH = 6,40 verwendet,
welche bei einem angenommenen Molekulargewicht von 255 (siehe Tab. 5.3) einer
0,002 m-Lösung entspricht, indem Handelspräparate von Acriflavin (neutrales Acri¬
flavin) aus einer Mischung der N-methylierten Verbindung mit Proflavinmonohydro-
chlorid (siehe 5.1. 3. 2, S. 80)
2 J
Cl0
bestehen, im Gegensatz zum sauren Acriflavin, welches statt des Monohydrochlorids
in derg leichen Proportion das sauer reagierende Proflavindihydrochlorid
2C1e
enthält. Dieses kann durch Zufügen von Natriumhydrogencarbonat in das Monohydro-
chlorid überführt werden. Durch die Gegenwart von Proflavin, welches an sich eine,
- 108 -
durch den Herstellungsprozess bedingte Verunreinigung darstellt, nimmt die Was¬
serlöslichkeit des Gemisches zu (siehe Tab. 5.3) und erreicht ihr Maximum, wenn
das Gemisch aus äquimolekularen Mengen der methylierten Verbindung und des
nicht methylierten Proflavins besteht (253).
hi den Handelspräparaten von Acriflavin ist das Verhältnis zwischen methylier-
ter und nichtmethylierter Verbindung nicht 1 : 1 sondern etwa 2 : 1. Wie Proflavin
wird auch Acriflavin in wässriger Lösung durch Belichtung des Acritlavingemisches
rasch zersetzt. Es handelt sich um eine photochemische Oxydation, welche in Ab¬
wesenheit von Sauerstoff nicht stattfindet (254). Unsere Versuche mit dieser Substanz
wurden daher unter den gleichen Massnahmen zum Ausschluss von Licht- und Sauer¬
stoffeinwirkung durchgeführt wie diejenigen mit Proflavin. Reaktionen konnten mit
den folgenden Lösungen nachgewiesen werden:
Zusatzstoff pH der
MischungBeschreibung der
Veränderungen
Sulfadimidinnatrium
0,2 m8,60 nach 1 Trübung
Natriumbenzoat
0,1 m6,60 erst nach 3 Niederschlag;
Kristalle, orange
Natriumsalicylat0,1 m
6,10 sofort Niederschlag;Kristalle, orange
Fluoresceinnatrium
0,01 m7,80 sofort Niederschlag; Undefiniert,
teilweise flüssig, orange
Merbrominnatrium
0,02 m8,50 sofort Niederschlag;
Flocken, rot
Natriumoleat
0,05 m10,00 sofort Trübung, löslich in Ueber-
schuss von Natriumoleat
Natriumlaurylsulfat
0,05 m7,00 sofort Trübung, löslich in Ueber
schuss von Natriumlaurylsulfat
253) Gailliot M., Quart. J. Pharm. Pharmacol. ]_, 63 (1934).254) Mathur K.G. und Bhatnagar S.S., Indian J. Physics 3, 37, (1928) zit.
nach Chem. Abs. 23, 340 (1929).
- 109 -
Zusatzstoff pH der
MischungBeschreibung der
Veränderungen
Natriumiodid
0,1 m
Gerbsäure
0,01 m
Silbernitrat
0,1 m
6,00
3,30
sofort Niederschlag;Kristalle, orange
nach 1 Trübung
Fällung
Mit den folgenden Lösungen traten unter den gleichen Versuchsbedingungen
keine Anederungen ein:
Sulfacetamid 0,02 m; Sulfacetamidnatrium 0,02 m; Phenobarbitalnatrium 0,02m; Natriumphosphat primär 0,1 m; Natriumacetat 0,1 m; Natriumphosphat sekun¬
där 0,1 m; Natriumborat 0,1 m; Natriumbromid 0,1 m; Zinksulfat 0,1 m.
Die gleichen Zusatzlösungen wurden in einer parallelen Versuchsreihe und
unter den gleichen Versuchsbedingungen mit einer 0, 25-proz. Lösung von Acrifla-
vinhydrochlorid mit pH = 6,60 (entsprechend einer 0,01 m-Lösung) zusammenge¬
bracht. Dabei ergaben die folgenden Zusatzlösungen andere Resultate als mit der
0,05-proz. Lösung:
Zusatzstoff pH der
MischungBeschreibung der
Veränderungen
Natriumlaurylsulfat 7,00 sofort Trübung, nicht in Ueber-
0,05 m schuss löslich
- 110 -
Mit den übrigen Lösungen ergaben sich, abgesehen von geringen Abweichungen
im pH bei einigen der betreffenden Mischungen, in jeder Beziehung die gleichen Re¬
sultate wie in der oben angegebenen Versuchsreihe mit 0,05-proz. Lösung.
6.1.3.3 Aethacridinlaktat
Als Versuchslösung wurde eine 0, 01 m-Lösung vom pH = 6,70 verwendet. Die
Versuche wurden unter den gleichen Massnahmen zur Verhinderung von Licht- und
Sauerstoffeinwirkungen durchgeführt wie für die übrigen Acridinderivate angegeben.
Die Lösungen sind, lichtempfindlich und können bei Lagerung mit Lichteinfluss be¬
reits nach 5 Tagen ihre antibakterielle Wirksamkeit gegenüber Staph, albus einbüs-
sen (255). Reaktionen konnten mit den folgenden Lösungen nachgewiesen werden:
Zusatzstoff pH der Beschreibung der
Mischung Veränderungen
Sulfacetamidnatrium 7,50
0,02 m
Phenobarbitalnatrium 7,80
0,02 m
Sulfadimidinnatrium 8,900,2 m
Natriumsalicylat 7,050,1 m
Natriumbenzoat 7,200,1 m
erst nach 48 schwacher Nie¬
derschlag, Kristalle, gelb
sofort nahezu quantitative Aus¬
fällung; Kristalle, gelb
sofort quantitative Ausfällung;Kristalle, gelb
sofort Niederschlag;Kristalle, gelb
sofort nahezu quantitative Aus¬
fällung; Kristalle, gelb
255) Govorov N. P. und Mursaev V.K., Russ. J. Physiol. 14, 175(1931) zit.
nach Chem. Abs. 28, 5595 (1934).~
- Ill -
Zusatzstoff pH der
MischungBeschreibung der
Veränderungen
Natriumborat
0,1 m8,90 erst nach 48 Niederschlag;
Kristalle, gelb
Fluoresceinnatrium
0,002 m7,40 sofort Trübung, nach 24 Ab¬
scheidung; Undefinierte, teil¬
weise flüssige Masse
Merbrominnatrium
0,002 m7,30 sofort Trübung, nach 48 Ab¬
scheidung; Undefinierte, teil¬
weise flüssige Masse
Natriumoleat
0,05 m9,60 sofort Trübung, keine
Abscheidung
Natriumlaurylsulfat
0,05 m8,00 sofort Trübung, keine Ab¬
scheidung
Natriumiodid
0,1 m6,90 sofort Niederschlag;
Kristalle, gelb
Natriumbromid
0,1 m7,30 erst nach 1 Niederschlag;
Kristalle, gelb
Gerbsäure
0,02 m4,05 nach 1 Trübung, keine
Abscheidung
Argentum proteinicum0,02 m
6,70 sofort Niederschlag; Undefi¬
nierte, teilweise flüssige Masse
Zinksulfat
0,1 m5,50 erst nach 24 Niederschlag;
Kristalle, gelb
Mit den folgenden Zusatzlösungen traten unter den gleichen Versuchsbedingun¬
gen keine Aenderungen ein:
Sulfacetamid 0,02 m; Natriumphosphat primär 0,1 m; Natriumacetat 0,1 m;
Natriumphosphat sekundär 0,1 m; Silbernitrat 0,1 m.
Die gleichen Zusatzlösungen wurden in einer parallelen Versuchsreihe und
unter gleichen Versuchsbedingungen mit einer 0,005 m-Lösung von Aethacridinlaktat
zusammengebracht. Dabei wurden mit
- 112 -
Sulfacetamidnatrium 0,02 m und mit
Natriumborat 0,1 m keine Niederschläge erhalten.
Mit den übrigen Lösungen ergaben sich, abgesehen von geringen Abweichungen im
pH bei einigen der betreffenden Mischungen, in jeder Beziehung die gleichen Resul¬
tate wie in der oben angegebenen Versuchsreihe mit 0,01 m-Lösung.
6.1.4 Die Versuche mit stickstoffhaltigen Basen anderer Konstitution
6.1.4.1 Cetylpyridiniumchlorid
Als Versuchslösung wurde eine 0,005 m-Lösung von pH = 5,80 verwendet. Bei
der Aufbewahrung bei Kühlschranktemperatur fielen Kristalle von Cetylpyridinium¬
chlorid aus, welche indessen bei Wiedereinstellung auf Zimmertemperatur wieder
in Lösung gingen, ohne dass eine Veränderung eingetreten wäre. Bei den Kontrollen
der Versuchsgemische wurde daher von diesen, gelegentlich auch in den Gemischen
auftretenden Fällungen abgesehen. Reaktionen konnten mit den folgenden Lösungen
nachgewiesen werden:
- 113 -
Zusatzstoff pH der
MischungBeschreibung der
Veränderungen
Sulfadimidinnatrium
0,2 m9,00 sofort Trübung, nach 24
Abscheidung; Flocken, weiss
Fluoresceinnatrium
0,01 m7,80 sofort Trübung, nach 24
Abscheidung; flüssig, orange
Merbrominnatrium
0,028,60 sofort Trübung, nach 24
Abscheidung; Flocken, rot
Natriumiodid
0,1 m7,10 sofort Trübung, nach 24
Abscheidung; Flocken, weiss
Natriumbromid
0,1 m6,90 erst nach 24 Niederschlag;
äusserst feinkristallin, weiss
Gerbsäure
0,01 m3,40 erst nach 24 Trübung
Silbemitrat
0,01 m- erst nach 48 Niederschlag;
von AgCl
Mit den folgenden Zusatzlösungen traten unter den gleichen Versuchsbedingun¬
gen keine Aenderungen ein:
Sulfacetamid 0,02 m; Sulfacetamidnatrium 0,02 m; Phenobarbitalnatrium 0,02m; Natriumphosphat primär 0,1 m; Natriumsalicylat 0,1 m; Natriumbenzoat 0,1 m;Natriumacetat 0,1 m; Natriumphsophat sekundär 0,1 m; Natriumborat 0,1 m; Na-
triumoleat 0,1 m; Natriumlaurylsulfat 0,1 m; Argentum proteinicum 0,02 m; Zink¬
sulfat 0,1 m.
Die gleichen Zusatzlösungen wurden in einer parallelen Versuchsreihe und un¬
ter den gleichen Versuchsbedingungen mit einer 0,01 m-Lösung (pH = 5,60) von Ce-
tylpyridiniumchlorid zusammengebracht. Dabei ergaben sich, abgesehen von geringen
Aenderungen im pH bei einzelnen der betreffenden Mischungen in jeder Beziehung
die gleichen Resultate wie in der oben angegebenen Versuchsreihe mit 0,005 m-Lö¬
sung.
- 114 -
6.1.4.2 Nitrofural
Als Versuchslösung wurde eine 0,001 m-Lösung von pH = 6,10 verwendet.
Reaktionen konnten mit den folgenden Lösungen nachgewiesen werden:
Zusatzstoff pH der
MischungBeschreibung der
Veränderungen
Natriumlaurylsulfat0,05 m
Natriumoleat
0,05 m
7,60
9,90
nach 24 Trübung, keine
Ausfällung
nach 24 Trübung, keine
Ausfällung
Mit den folgenden Zusatzlösungen traten unter den gleichen Versuchsbedingun¬
gen keine Aenderungen ein:
Sulfacetamid 0,02 m; Sulfacetamidnatrium 0,02 m; Phenobarbitalnatrium
0,02 m; Sulfadimidinnatrium 0,2 m; Natriumphosphat primär 0,1 m; Natriumben-
zoat 0,1 m; Natriumsalicylat 0,1 m; Natriumacetat 0,1 m; Natriumphosphat sekun¬
där 0,1 m; Natriumborat 0,1 m; Fluoresceinnatrium 0,01 m; Merbrominnatrium
0,02 m; Natriumiodid 0,1 m; Natriumbromid 0,1 m; Gerbsäure 0,01 m; Argentumproteinicum 0,02 m; Silbernitrat 0,01 m; Zinksulfat 0,1 m.
Da die wässrige 0,001 m-Lösung von Nitrofural fast gesättigt ist (die Löslich-
keit beträgt 0, 0012 Mol pro Liter), konnte eine entsprechende Versuchsreihe mit
konzentrierterer Lösung nicht durchgeführt werden.
6.1.4.3 Naphazolinnitrat
Als Versuchslösung wurde eine 0, 004 m-Lösung von pH = 6,40 verwendet. Reak¬
tionen konnten mit den folgenden Lösungen nachgewiesen werden:
- 115 -
Zusatzstoff pH der
Mischung
Beschreibung der
Veränderungen
Fluoresceinnatrium
0,01 m7,70 erst nach 24 Niederschlag;
Flocken, orange
Gerbsäure
0,01 m
3,40 erst nach 48 geringerNiederschlag
Argentum proteinicum
0,02 m7,00 erst nach 48 geringe Trü¬
bung, keine Abscheidung
Mit den folgenden Zusatzlösungen traten unter den gleichen Versuchsbedingun¬
gen keine Aenderungen ein:
Sulfacetamid 0,02 m; Sulfacetamidnatrium 0,02 m; Phenobarbitalnatrium
0,02 m; Sulfadimidinnatrium 0,2 m; Natriumphosphat primär 0,1 m; Natriumsali -
cylat 0,1 m; Natriumbenzoat 0,1 m; Natriumazetat 0,1 m; Natriumphosphat se¬
kundär 0,1 m; Natriumborat 0,1 m; Merbrominnatrium 0,02 m; Natriumoleat 0,05
m; Natriumlaurylsulfat 0,05 m; Natriumiodid 0,1 m; Natriumbromid 0,1 m; Silber¬
nitrat 0,01 m; Zinksulfat 0,1 m.
Die gleichen Zusatzlösungen wurden in einer parallelen Versuchsreihe und un¬
ter gleichen Versuchsbedingungen mit einer 0,008 m-Lösung (pH = 6,40) von Napha-
zolinnitrat zusammengebracht. Dabei ergaben die folgenden Zusatzlösungen andere
Resultate als mit der 0,004 m-Lösung:
Zusatzstoff pH der
MischungBeschreibung der
Veränderungen
Merbrominnatrium
0,02 m8,60 erst nach 48 leichte Trü¬
bung, keine Abscheidung
Natriumoleat
0,05 m9,70 erst nach 24 Trübung,
keine Abscheidung
Natriumlaurylsulfat0,05 m
8,00 erst nach 24 Niederschlag
- 116 -
Mit den übrigen Lösungen ergaben sich, abgesehen von geringen Aenderungen
im pH bei einigen der betreffenden Mischungen, in jeder Beziehung die gleichen
Resultate wie bei der oben angegebenen Versuchsreihe mit 0,004 m-Lösung.
6.1.4.4 Tolazolinhydrochlorid
Als Versuchslösung wurde eine 0,05 m-Lösung von pH = 6,40 verwendet.
Reaktionen konnten mit den folgenden Zusatzlösungen nachgewiesen werden:
Zusatzstoff pH der
Mischung
Beschreibung der
Veränderungen
Fluoresceinnatrium
0,01 m7,60 sofort Trübung, nach 24
Abscheidung; Flocken, orange
Merbrominnatrium
0,02 m7,70 sofort Niederschlag;
Flocken, rot
Natriumoleat
0,05 m8,80 sofort gelartige Klumpen,
Zunahme der Viskosität
Silbernitrat
0,01 m
- sofort Niederschlag von
AgCl
Mit den folgenden Zusatzlösungen traten unter den gleichen Versuchsbedingun¬
gen keine Aenderungen ein:
Sulfacetamid 0,02 m; Sulfacetamidnatrium 0,02 m; Phenobarbitalnatrium 0,02
m; Sulfadimidinnatrium 0,2 m; Natriumphosphat primär 0,1 m; Natriumsalicylat
0,1 m; Natriumbenzoat 0,1 m; Natriumazetat 0,1 m; Natrimphosphat sekundär 0,1
m; Natriumboral 0,1 m; Natriumlaurylsulfat 0,05 m; Natriumiodid 0,1 m; Natrium-
bromid 0,1 m; Gerbsäure 0,01 m; Argentum proteinicum 0,02 m; Zinksulfat 0,1 m.
Die gleichen Zusatzlösungen wurden in einer parallelen Versuchsreihe und un¬
ter gleichen Versuchsbedingungen mit einer 0,1 m-Lösung (pH = 6, 20) von Tolazo-
linhydrochlorid zusammengebracht. Dabei ergaben sich, abgesehen von geringen
Abweichungen im pH bei einigen der betreffenden Mischungen, in jeder Beziehung
die gleichen Resultate wie in der oben angegebenen Versuchsreihe mit 0,05 m-Lö¬
sung.
- 117 -
6.2 Zusammenfassung der Resultate der Fällungsversuche
In den folgenden Diagrammen sind die unter 6.1 beschriebenen Versuchsresul¬
tate in der Weise in Gruppen eingeordnet, dass zunächst die Reaktionen sämtlicher
in Tab. 5.1 beschriebenen Substanzen (vgl. Einzelangaben über die Reaktionen in
6.1.1.1 - 6.1.1. 3, S. 93 - 95 ff. ) mit sämtlichen in Tab. 5. 5 beschriebenen Zu¬
satzlösungen mit einer annähernden Charakterisierung des Reaktionstypus zusam¬
mengestellt sind. Danach folgen die Reaktionen der gleichen Substanzen mit den je¬
weils in Tab. 5. 6, 5. 7 und 5.8 beschriebenen Zusatzlösungen in der gleichen Weise
in je einem Diagramm. Darauf werden die Reaktionen sämtlicher in Tab. 5. 2 be¬
schriebenen Substanzen (vgl. Einzelangaben über diese Reaktionen in 6.1. 2.1 -
6.1.2.5, S. 97 - 103 ff. ) mit den Gruppen der Zusatzlösungen in Diagrammen zu¬
sammengestellt, und weiter werden in der gleichen Weise die Reaktionen der in Tab.
5. 3 und 5. 4 beschriebenen Substanzen mit den Gruppen der Zusatzlösungen zusam¬
mengestellt. Die Bestimmung der Schmelzpunkte erfolgte auf einem Koflerblock, wel¬
cher mittels verschiedener Arzneimittel mit scharfem Schmelzpunkt (Pharmakopöe-
qualität) geeicht wurde.
Durch die Anordnung der Diagramme soll versucht werden, die Empfindlichkeit
dieser Substanzen in den verwendeten Konzentrationen gegenüber den in Tab. 5. 5 -
5. 8 beschriebenen Zusatzlösungen zusammenzufassen.
Auf der Abszisse der Diagramme sind die Zusatzlösungen jeweils in der glei¬
chen Reihenfolge wie in den Tab. 5.5 -5.8 aufgezählt. Auf der Ordinate wird der
Typus der Reaktion entsprechend dem zunehmenden Umfang der Reaktion in die folgen¬
den Gruppen unterteilt:
a) pH-Aenderung ohne Fällung bezeichnet eine Aenderung des pH ausserhalb des
zu erwartenden Bereiches, ohne dass eine sichtbare Reaktion erfolgt.
b) Fällung ohne chemische Reaktion bezeichnet eine Ausfällung von entweder dem
Zusatzstoff oder der zu untersuchenden Substanz, welche ausschliesslich auf
der durch das Mischen der beiden Lösungen bedingten pH-Aenderung beruht.
Dabei wird unterschieden, ob die Fällung sofort beim Zusammenbringen der
beiden Lösungen erfolgte, oder später, d. h. erst während der Aufbewahrung
(Einzelheiten vgl. den entsprechenden Abschnitt in 6.1).
c) Chemische Reaktion ohne Fällung bezeichnet eine nur durch Verfärbung od.
ähnl. ersichtliche chemische Reaktion (im Gegensatz zur blossen pH-Aenderung
und ihren Folgeerscheinungen).
- 118 -
d) Fällung mit chemischer Reaktion bezeichnet die Ausfällung einer Verbindung
zwischen dem Zusatzstoff und der zu untersuchenden Substanz. Dabei wird
unterschieden, ob die Fällung sofort beim Zusammenbringen der beiden Lö¬
sungen erfdlgte oder später, d. h. erst während der Aufbewahrung (Einzelhei¬
ten vgl. den entsprechenden Abschnitt in 6.1).
6. 2.1 Diagramme der Resultate mit der Gruppe der Derivate von ß-Aminoäthanol
und Aethylendiamin mit lokalanästhetischer Wirkung
Die zu prüfenden Substanzen werden in den folgenden 4 Diagrammen mit den
folgenden Kurven angegeben (in Klammern die Abschnitte mit den detaillierten An¬
gaben über die einzelnen Reaktionen):
Procainhydrochlorid (6.1.1.1, S. 93)
Amylocainhydrochlorid (6.1.1.2, S. 94)
—x-x—x Cinchocainhydrochlorid (6.1.1.3, S. 95)
Aus Tab. 6.1 geht hervor, dass Procainhydrochlorid mit keiner der Zusatz¬
lösungen irgendwelche Aenderungen ergab. Mit Sulfacetamid ergaben alle drei Sub¬
stanzen keine Aenderungen, während mit Sulfacetamidnatrium das Cinchocainhydro¬
chlorid nach 24 einen geringen Niederschlag von Cinchocainbase (Smp. 64 ) auf¬
wies. BeiPhenobarbitalnatrium erfolgte diese Reaktion sofort, bei sowohl Cincho¬
cainhydrochlorid als auch Amylocainhydrochlorid. Schliesslich wurde mit Sulfadimi-
dinnatrium in beiden Fällen ein Gemisch der Lokalanästheticumbase mit einer Ver¬
bindung mit dem Anion des Sulfadimidins ausgeschieden (mit Amylocain Ausscheidung
einer Mischung von Tropfen und amorphen Teilchen; mit Cinchocain amorphe Teil¬
chen, bei 178 schmelzend sowie Plättchen, bei 185 - 192 schmelzend).
Gemäss Tab. 6. 2 ergab sich mit Procainhydrochlorid wiederum mit keiner
der Zusatzlösungen irgendwelche Aenderung. Mit Amylocainhydrochlorid und Cincho¬
cainhydrochlorid wurde Amylocainbase (flüssig) resp. Cinchocainbase (Smp. 64°) er¬
halten. In allen diesen Fällen handelt es sich, wie aus dem Diagramm hervorgeht,
um eine pH-bedingte Fällung in Uebereinstimmung mit dem zunehmenden pK -Wert
des Zusatzstoffes (vgl. 3. 23. 3, S. 65).
- 119 -
Tabelle 6.1 Zusatzstoffe von Wirkstoffcharakter
Fällungmit ehem.
Reaktion
sofort
,'f
später
f
ehem. Reaktion
ohne Fällung
/
/
*
Fällungohne ehem.
Reaktion
sofort
/ /
4>
später /<<i
i
pH-Aenderung/ /
/
keine Aenderung
./ ./
«-t- %V
Sulfacetamid 0,02m Sulfacetamidnatrium
0,02m Phenobarbitalnatrium
0,02m Sulfadimidinnatrium
0,2
m
- 120 -
Tabelle 6.2 Zusatzstoffe von Hilfsstoffcharakter
Fällungmit ehem.
Reaktion
sofort
später
ehem. Reaktion
ohne Fällung
Fällungohne ehem.
Reaktion
sofort Ï-- • —•
-X-»
später /+ '
i
i
pH-Aenderung
1/
keine Aenderunga
*/
_
"""•" — •-
— x-«—x -Jt--Si
Natriumphosphatprimär
0,1
m Natriumsalicylat0,1
m Natriumbenzoat0,1
m
Natriumacetat
0,1
m Natriumphosphatsekundär
0,1
m Natriumborat0,1
m
- 121 -
Tabelle 6.3 Zusatzstoffe mit hohem Molekulargewicht
Fällungmit ehem.
Reaktion
sofort T
•—X —X-
"
T \
x"t \ \
später vA
ehem. Reaktion
ohne Fällung
vA*
V \\ \ \
Fällungohne ehem.
Reaktion
sofort
\ \* \
\ \
\
später
\
\*
\ \\ \
pH-Aenderung
keine Aenderung
\ 1 V
\ W—•—X — X — X X •
Fluoresceinnatrium0,01m Merbrominnatrium
0,02m Natriumoleat 0,05
m Natriumlaurylsulfat0,05m
- 122 -
Tabelle 6.4 Abhängigkeit der Form der Ausfällung von der Konzentration
der Zusatzlösung
Zusatzlösungmolare
Konz.
pH der
Zusatz¬
lösung
pH der
MischungCharakter der Fällung
Cinchocainhydrochlorid- lösung0,015m
Fluorescein-
natrium
0,008
0,006
0,004
0,002
7,86
7,82
7,82
7,60
7,35
7,25
6,90
6,80
flüssige Abscheidung,nahezu quantitativ in
Bezug auf Fluorescein-
natrium
Merbromin-
natrium
0,016
0,012
0,008
0,004
9,35
9,22
9,00
8,50
8,62
8,50
7,45
6,87
Trübung, kaum Abschei¬
dung der Fällung
deutliche Flocken, fast
quantitativ in Bezugauf Merbrominnatrium
teilw. flüssige Abschei¬
dung, nicht quantitativ
Cinchocainhydrochlorid- lösung0,005m
Fluorescein-
natrium
0,008
0,006
0,004
0,002
7,86
7,82
7,82
7,60
7,70
7,60
7,45
7,30
deutliche Flocken,nicht quantitative Aus¬
fällung
flüss. Niederschlag
Merbromin-
natrium
0,016 9,35 8,82 Trübung, keine Abschei¬
dung
0,012
0,008
9,22
9,00
8,76
8,66
Trübung, einzelne Flocken,nicht quantitative Fällung
0,004 8,50 8,24 deutliche Flocken, fast
quantitativ in Bezug auf
Merbrominnatrium
- 123 -
Der Einfluss eines Salzzusatzes auf diese Ausfällungen wird in 7.1, S. 147, näher
behandelt.
Bei den Versuchsreihen gemäss Tab. 6.3 wurden mit Fluoresceinnatrium
und Merbrominnatrium durchwegs sofort Fällungen erhalten. Die Niederschläge
bestanden alle aus Mischungen, welche nur teilweise wasserlöslich waren. Der
aus Fluoresceinnatrium und Amylocainhydrochlorid erhaltene Niederschlag bestand
aus braungelben Plättchen, welche z. T. bei 72 zu schmelzen anfingen, während
der aus Merbrominnatrium und Amylocainhydrochlorid erhaltene Niederschlag aus
roten Plättchen bestand, welche z.T. bei 115 zu schmelzen anfingen. Mit Merbro¬
minnatrium und Cinchocainhydrochlorid wurden ebenfalls rote Plättchen mit Schmelz¬
bereich 150 - 162 erhalten. Zudem enthielten sämtliche Niederschläge freies Fluo¬
rescein bzw. Merbromin. Mit Natriumoleat und Natriumlaurylsulfat wurde nur mit
der konzentrierten der beiden Amylocainhydrochloridlösungen eine bleibende Fäl¬
lung erhalten.
Ausser den in 6.1.1.3, S. 95, beschriebenen Versuchen wurden zur Abklärung
der Form der Ausfällung von der Konzentration noch die in Tab. 6.4 zusammenge-
fassten Versuche unternommen.
Mit den beiden Zusatzstoffen wird stets eine Mischung ausgefällt, welche ne¬
ben Cinchocainbase und freiem Fluorescein bzw. Merbromin (in Wasser nicht lös¬
lich) auch noch eine Verbindung dieser Stoffe enthält. Cinchocainhydrochlorid ist
in sämtlichen Mischungen noch nachweisbar, während die Farbstoffe in einigen Fäl¬
len erwartungsgemäss nahezu quantitativ ausgefällt werden. Mit Ueberschuss von
Cinchocain entstehen stets schlecht definierte (flüssige oder halbflüssige) Abschei¬
dungen, in welchen weder das Cinchocain noch der Farbstoff völlig ausgefällt wird.
Im Bereich nahezu gleicher Molarität indessen entstehen definierte Fällungen,
welche die Substanzen nahezu quantitativ erfassen. Die beste Abtrennung erhielten
wir mit einem Mengenverhältnis von 2 Mol Cinchocainhydrochlorid zu 1 Mol Mer¬
brominnatrium. Bei Ueberschuss des Zusatzstoffes entstehen wiederum Undefinierte
Trübungen und nicht quantitative Ausfällungen.
Aus den Resultaten geht hervor, dass es sich bei Fällungen dieses Charakters
um eine Wechselwirkung zwischen der pH-Aenderung und einer doppelten Umsetzung
zwischen den grossen Kationen und Anionen handelt. Fällungen vom Typus der in
dem vorstehenden Beispiel behandelten Inkompatibilität wurden in der Praxis bei
der Verordnung von z. B. Merbrominnatrium mit Ephedrinhydrochlorid beobachtet.
- 124 -
Tabelle 6. 5 Alkaloidfällungsmittel und Metallverbindungen als Zusatzstoffe
Fällungmit ehem.
Reaktion
sofort
f— K—JC\
später/*
/V
/MAIl M
/' X\
ehem. Reaktion
ohne Fällung
/Jr
/»
Il >A/' M
/''
'i
Fällungohne ehem.
Reaktion
sofort
/ 1\\\
später
/
/
IIIIII
\*
i y
t V
pH-Aenderung/M
1If
IIII1
II Kkeine Aenderung
1 II t
i»•- -
• X -4-U
Natriumiodid0,1
m Natriumbromid0,1
m Gerbsäure 0,02m Silbernitrat 0,01
m Argentumproteinicum
0,02m Zinksulfat 0,1m
- 125 -
lodid und Bromid ergaben gemäss Tab. 6. 5 mit keiner der verwendeten Kon¬
zentrationen und mit keiner der zu prüfenden Substanzen eine Fällung. Mit Gerb¬
säure reagierte Amylocain in den verwendeten Konzentrationen nicht, Procain erst
in höherer Konzentration und langsam, Cinchocain indessen umgehend. Die Aus¬
fällung von Argentum proteinicum erfolgte mit Cinchocainhydrochlorid sofort (aus¬
gefällt wurde zum grössten Teil Cinchocainbase). Mit Procainhydrochlorid erhiel¬
ten wir nach 48 eine trübe Flüssigkeit ohne deutliche Ausfällung, aus welcher sich
ein Rückstand von koaguliertem Argentum proteinicum abiltrieren liess. Mit Silber¬
nitrat ergab sich erwartungsgemäss ein Niederschlag von Silberchlorid. Mit Zink¬
sulfat erhielten wir keine Reaktionen.
6. 2. 2 Diagramme der Resultate mit der Gruppe der Derivate von Aethylendiamin
und ß-Aminoaethanol mit Antihistaminwirkung
Die zu prüfenden Substanzen:
Mepyraminmaleat (6.1.2.1, S. 97)
Tripelennaminhydrochlorid (6.1.2.2, S. 98)
Antazolinhydrochlorid (6.1.2.3, S. 100)
Promethazinhydrochlorid (6.1.2.4, s. 101)
Diphenhydraminhydrochlorid (6.1.2.5, s. 103)
Sulfacetamid und Sulfacetamidnatrium ergaben in der Versuchsreihe gemäss
Tab. 6.6 nur mit dem Promethazinhydrochlorid Reaktionen, indem mit Sulfaceta¬
mid eine stark gefärbte lösliche Verbindung (vgl. 1.2. 2) und mit Sulfacetamidna¬
trium eine Fällung bestehend aus der erwähnten Verbindung und Promethazinbase
erhalten wurde. Die übrigen Substanzen ergaben mit diesen Zusatzstoffen keine Reak¬
tionen. Mit Phenobarbitalnatrium erfolgte bei Mepyramin und Antazolin keine Reak¬
tion, während bei Tripelennamin und Diphenhydramin die Base (flüssig) ausgeschie¬
den wurde. Abscheidung der Base erfolgte bei diesen Stoffen auch beim Mischen mit
Sulfadimidinnatrium, während hier bei Mepyramin und Antazolin eine Verbindung
abgeschieden wurde (Smp. 165 - 170°) sowie z.T. auch Sulfadimidin (Smp. 195 -
200°). Mit Promethazin wurden mit Phenobarbitalnatrium und Sulfadimidinnatrium
Gemische erhalten.
—— wie —8X
- 126 -
Tabelle 6.6 Zusatzstoffe von WirkstoffCharakter
- 127 -
Aus den Versuchen geht hervor, dass bei den geprüften Antihistaminica in be¬
deutend stärkerem Ausmass als bei den geprüften Lokalanaesthetica eine Abhängig¬
keit vom Mischungs-pH und vom Mengenverhältnis der Substanzen besteht, wenn ent¬
gegengesetzt geladene Ionen von ähnlichem Molekulargewicht gemischt werden. In
der in Tab. 6. 7 angegebenen Versuchsreihe wurde diese Abhängigkeit untersucht:
Tabelle 6. 7
Molare Konzentration in
der fertigen MischungpH der
MischungCharakterisierungder Ausfällung
Mepyramin-maleat
Sulfadimidin-
natrium
0,018
0,016
0,014
0,012
0,010
0,008
0,006
0,004
0,002
0,02
0,04
0,06
0,08
0,10
0,12
0,14
0,16
0,18
6,72
7,66
8,07
8,35
8,55
8,75
8,95
9,17
9,47
kaum Base, fast aus¬
schliesslich Sulfadimidin
halbflüssige, langsam teil¬
weise kristallisierende
Gemische
hauptsächlich kristalline
Verbindung, kaum Sulfadi¬
midin
Die erhaltenen Gemische wurden auf Grund ihrer Schmelzpunkte qualitativ
identifiziert, während bei der Ausschüttelung eine Auftrennung der Verbindungen
erfolgte. Die Gemische konnten daher nient quantitativ voneinander getrennt wer¬
den. In Abb. 6.1 wurden die Ibnisationsgrade (o*) des Mepyramins und des Sulfa-
dimidins bei verschiedenen pH-Werten dargestellt. Die Berechnung der einzelnen
Kurvenwerte erfolgt auf Grund der in Tab. 5.2, S. 79, bzw. Tab. 5.5, S. 85, ange¬
gebenen pKa-Werte nach den Formeln
1~ =
1 + 10PKs " PH
1~
=
10pH - pKs
(Säure)
(Base)
- 128 -
% ionisiert lonisationsgrad
'10
ne
Q6
eu
Q2
2 U 6 8 10 12u
pH
Abb. 6.1 Abhängigkeit der Ionisation vom pH-Wert
a) Sulfadimidin
b) Mepyramin
Aus der Abb. 6.1 geht (in Uebereinstimmung mit den in Tab. 6. 7 beschriebenen
Resultaten) hervor, dass zwischen pH = 7, 5 und pH = 9 grössere Mengen beider
Substanzen ionisiert sind, so dass Ionenreaktionen gemäss 3.21.3, S. 28, zu er¬
warten sind, während ausserhalb dieser Werte zur Hauptsache der undissoziierte
Anteil des Gemisches gemäss 3. 23, S. 60, und ohne Beimischung des anderen, bei
diesen Werten praktisch völlig dissoziierten Anteils ausfällt.
Bei den Antihistaminen tritt die Fällung durch Zusatz basisch reagierender
Anionen gemäss Tab. 6.8 erst bei stark basischer Reaktion ein, mit Ausnahme des
Promethazins. Das Antazolinhydrochlorid ergibt in den untersuchten Konzentrationen
keine pH-bedingte Aenderung. In allen Fällen wurde als basisch bedingte Fällung er-
wartungsgemäss die Antihistaminbase freigesetzt. Einzig mit Natriumsalicylat wur¬
den aus Antazolin, Promethazin und Diphenhydramin unlösliche Salicylate erhalten
(von Antazolin flüssig; von Promethazin kristallin, Plättchen, Smp. 156,0 ; von
Diphenhydramin kristallin, Plättchen, Smp. 97 - 99 ).
aj Ib
- 129 -
Tabelle 6.8 Zusatzstoffe von HiUsstoffcharakter
- 130 -
Bei den Versuchsreihen gemäss Tab. 6. 9 erhielten wir mit Fluorescein- und
Merbrominnatrium erwartungsgemäss durchwegs sehr ähnliche Fällungen wie in
6. 2.1. Eine einheitliche Verbindung wurde zwischen Antazolinhydrochlorid und
Fluoresceinnatrium erhalten (Smp. 138 - 142 ). Die anderen Fällungen bestanden
aus Mischungen, wobei aus Promethazinhydrochlorid mit Fluoresceinnatrium gröss¬
tenteils rote Plättchen mit Schmelzbereich 100 - 105,mit Merbrominnatrium sol¬
che mit Schmelzbereich 130 - 139 erhalten wurden. Mit Natriumoleat wurden bei
Mepyramin, Promethazin und Diphenhydramin durch die pH-Aenderung die flüssi¬
gen, nicht wasserlöslichen Basen ausgefällt, während Tripelennamin und Antazolin
keine Aenderungen ergaben. Mit Natriumlaurylsulfat wurden bei Mepyramin und
Promethazin wiederum durch die pH-Aenderung die Basen ausgefällt, während mit
Tripelennamin, Antazolin und Diphenhydramin z. T. nicht definierte Fällungen ent¬
standen. Antazolin wird durch Natriumlaurylsulfat sofort als kaum wasserlösliche
Flocken ausgefällt (keine Kristallstruktur, Smp. der Partikel 128,0 ), welche sich
beim Stehen zu einem stürzbaren Gel vernetzen. Das Gel verfestigt sich nach Auf¬
schütteln wieder und wird erst durch kräftiges Rühren zerstört.
Unlösliche Iodide entstanden gemäss Tab. 6.10 in den verwendeten Konzentra¬
tionen mit Tripelennamin (Nadeln, Smp. 197 - 198, 5 ) und mit Promethazin (hell¬
blaue Nadeln und Plättchen, subi, bei 183,0°, Smp. 196,5-198,2°). Natriumbro-
mid ergab in den verwendeten Konzentrationen keine Fällungen. Mit Gerbsäure wur¬
de bei Diphenhydramin erst bei Lagerung eine Fällung erhalten, während Prometha¬
zin nicht gefällt wurde. Die übrigen Substanzen wurden mit Gerbsäure sofort gefällt.
Mit Silbernitrat ergab sich bei Mepyraminmaleat keine, bei den Chloriden erwar¬
tungsgemäss die Silberchloridreaktion, welche beim Promethazin erst nach einer
Verzögerung eintrat (vgl. 7. 2. 2. 2, S. 172). Mit Argentum proteinicum wurde bei
Mepyraminmaleat und Promethazinhydrochlorid sofort Koagulation des kolloidal
gelösten Silberpräparates erhalten; mit den übrigen drei Substanzen ergab sich kei¬
ne Reaktion. Mit Zinksulfat konnte mit keiner der geprüften Substanzen eine Aende-
rung nachgewiesen werden.
- 131 -
Tabelle 6.9 Zusatzstoffe mit hohem Molekulargewicht
• * X —
^\Fällung sofort« X —-
•r.
mit ehem. —?W \ij
Reaktion•— «— X— Ji /p
\V ** 1
später
VI
//1
ehem. Reaktion
ohne Fällung \»
*
1
\7it
N)- \ ' y
\v""i't~"/ ^—«»-•
Fällung sofort \\ \l-h ,
ohne ehem.
Reaktionu */
V '/
später \ /\» '/
V //pH-Aenderungen
V7keine Aenderung Y
ram 3Hat
u 3m
et *j
S g a Er
o Ü o d
0) c gs |s 1 a
2 "-1 % N u m ki m
3 °
So*13°fco
S-
Z o
- 132 -
Tabelle 6.10 Alkaloidfällungsmittel und Metallverbindungen als Zusatzstoffe
Fällungmit ehem.
Reaktion
sofort hspäter
inehem. Reaktion
ohne Fällung »r > i
Fällungohne ehem.
Reaktion
sofort
i<i
pi '' M:Aspäter
\SI
xlfy
• i
i
i
i
1 \* 7
»
pH-Aenderung
>
i
i
i
i
1 /X *
1/ »M
A
\keine Aenderung •—x
-4
y %-»
- jc-^^ L- I
Natriumiodid0,1
m Natriumbromid0,1
m Gerbsäure 0,02m Silbernitrat 0,01
m Argentumproteinicum
0,02m
Zinksuifat
0,1
m
- 133 -
6. 2.3 Diagramme der Resultate mit der Gruppe der Acridinderivate mit
bakteriostatischer Wirkung
Die zu prüfenden Substanzen:
Proflavinsulfat (6.1.3.1, S. 105)
-*-*- Acriflaviniumchlorid (6.1.3.2, S. 107)
Aethacridinlaktat (6.1.3.3, S. 110)
Während gemäss Tab. 6.11 mit Sulfacetamid keine Reaktionen erhalten wur¬
den, ergaben sich sowohl beim Proflavinsulfat als auch beim Aethacridinlaktat in
den verwendeten Konzentrationen duetliche Salzbildungen. (Die Abhängigkeit der
Salzbildung vom pH der Lösung bzw. vom Dissoziationsgrad der Substanz wurde
auch in der im folgenden Abschnitt beschriebenen Versuchsreihe verzeichnet. Mit
Sulfacetamidnatrium wurde ausser dem Salz auch Proflavinsulfat abgeschieden,
(beide Substanzen waren wasserlöslich), beim Sulfacetamidsalz wurde Smp. 185 -
195 gemessen, bei jenem mit Phénobarbital 150 - 155 und bei jenem mit Sulfa-
dimidin 140 - 142.In der vorliegenden Versuchsreihe ergab Acriflaviniumchlorid
nur mit Sulfadimidinnatrium eine Fällung, welche durch den Anteil an Proflavin
verursacht war (die Identität der beiden Fällungen wurde durch Kontrolle der
Schmelzpunkte festgestellt). Bei Aethacridinlaktat wurden mit Sulfacetamidnatrium
gelbe Nadeln (Smp. 286 - 288, 5°), mit Phenobarbitalnatrium gelbe Plättchen (Smp.
252 - 254 ) und mit Sulfadimidinnatrium ebenfalls gelbe Plättchen (Smp. 159,5 -
161°) erhalten.
Li der in Tab. 6.12 zusammengefassten Versuchsreihe wurden wegen der ho¬
hen pK -Werte (vgl. Tab. 5.3, S. 81) dieser Substanzen mit keinem der drei Acri¬
dinderivate bei den verwendeten Konzentrationen pH-bedingte Ausfällungen der Ba¬
se erhalten. Salzbildungen erfolgten beim Proflavinsulfat mit Salicylat und Benzoat
(Smp. 215 - 25° bzw. 210 - 12°), beim Acriflavinchlorid nur mit dem Salicylat,
indem hier der Proflavinanteil zu niedrig ist, um als Benzoat auszufällen. Beim
Aethacridin wiederum wurden sowohl mit dem Salicylat als auch mit dem Benzoat
Salze gefällt (Smp. 275 bzw. 239 - 40 ), ferner noch mit dem Borat (Undefinierter
Schmelzbereich).
- 134 -
Tabelle 6.11 Zusatzstoffe von Wirkstoffcharakter
s+Fällung sofort
mit ehem.
Reaktion
^ r'
>• -'
T—z,
i y
. J^L. — *"'
später?h
i I 1ehem. Reaktion i *t
ohne Fällung i /i J
1
h
/i I
*
Fällung sofort t\ /
ohne ehem. I
Reaktion 1,
l // /
iH
später 1
t
i *
pH-Aenderung l
i J/*
f
keine Aenderung
Ai H
SQ 3
atrii natr it
rit
2 unidn rbital idinnts a 'S g
oM dim
,2 COa o ä o
ni-
w o" « o Çk o M o
- 135 -
Salicylation und Benzoation wurden in Form der korrespondierenden Säure,
also bei schwacher Dissoziation, mit dem Proflavinsulfat und dem Aethacridinlak-
tat versetzt. Aussder diesen beiden Säuren wurde vergleichshalber auch die Acetyl¬
salicylsäure (pK = 3,49) zugesetzt, welche in Lösungen gleicher Konzentration
pH-Werte der gleichen Grössenordnung ergibt wie Salicyl- und Benzoesäure. Die
Natriumsalze dieser Säuren (dasjenige der Acetylsalicylsäure wurde durch Neutra¬
lisation mit 1 n-NaOH hergestellt) sind bedeutend stärker dissoziiert als die freien
Säuren und führen daher eher als die gleichen Konzentrationen der freien Säuren zur
Ueberschreitung des Löslichkeitsproduktes und zur Ausfällung des unlöslichen Sal¬
zes (siehe 3.21.1, S. 26).
Mit Proflavin wurden überhaupt nur mit den Salzen Fällungen erhalten, mit
Aethacridin indessen ergab die Benzoesäure in gleicher Konzentration wie ihr Na¬
triumsalz innert der Beobachtungsperiode keine Fällung, Salicylsäure nach kurzer
Reaktionszeit nahezu quantitative Fällung, Acetylsalicylsäure hingegen sofort Fäl¬
lung, aber nicht quantitativ. Die Natriumsalze ergaben sofort Fällungen. Die ent¬
sprechende Situation liegt bei der Salzbildung mit Sulfacetamid (siehe oben) vor, wo
ebenfalls nur mit dem Natriumsalz in gleicher Konzentration eine Fällung entstand.
Die Versuchsreihe mit Natriumsalzen mit Anionen von hohem Molekularge¬
wicht (gemäss Tab. 5. 7, S. 85) ergab in allen Fällen Salzbildungen. Mit Acrifla-
viniumchlorid wurde neben den definierten Salzverbindungen (Kristalle) mit Fluores-
ceinnatrium eine als flüssige, orange Masse erscheinende Fällung der methylierten
Verbindung erhalten. Die Fällungen mit Oleat und Laurylsulfat waren im Ueberschuss
der Zusatzstoffe wieder löslich (Smp. der Verbindung aus Acriflaviniumchlorid und
Natriumlaurylsulfat 76 - 80°).
Mit Iodid erfolgte gemäss Tab. 6.14 mit allen drei Substanzen eine Fällung
von unlöslichem Salz, während diese mit Bromid in den verwendeten Konzentrationen
nur bei Aethacridinlaktat erfolgte (Smp. der Verbindungen über 300, Zersetzung,
Undefinierter Schmelzbereich). Mit Gerbsäure erfolgte eine Fällung bei Proflavin
sofort, bei Acriflaviniumchlorid infolge des geringeren Gehaltes an Proflavin erst
bei der Lagerung, bei Aethacridin ebenfalls erst bei der Lagerung. Mit Argentum
proteinicum ergaben alle drei Substanzen eine Ausfällung der kolloidal gelösten Sil¬
berverbindung. Mit Zinksulfat wurde nur bei Aethacridinlaktat ein Niederschlag er¬
halten, welcher nicht durch das Zinkion, sondern durch das Sulfation verursacht
wurde. Auf diese letztere Inkompatibilitätsreaktion wird in 7.2.1.6, S. 165, näher
eingegangen.
- 136 -
Tabelle 6.12 Zusatzstoffe von Hilfsstoffcharakter
Fällungmit ehem.
Reaktion
sofortr- —1
i
später
Mi
w *
'// l
\ 1
\ \
f
ehem. Reaktion
ohne Fällung
///l
'// \\ \
\\\\ /
Fällungohne ehem.
Reaktion
sofort/
1
\
i
l
i/
später
*
\\ i
\ \
\ \
\ >
/
pH-Aenderung
''/ \«
\X
\l\\
\>
keine Aenderungu
« —•—î
.-+1- —•
Natriumphosphatprimär
0,1
m
Natriumsalicylat
0,1
m Natriumbenzoat0,1
m
Nat
riumacetat
0,1
m Natriumphosphatsekundär
0,1
m Natriumborat0,1
m
260-270°)
(Smp.quantitativ
nicht
Niederschlag;
sofort
3,10
Reaktion
keine
2,60
0,01
säure
salicyl¬
Acetyl¬
quantitativ
fast
Niederschlag;
sofort
6,60
quantitativ
nicht
Lagerung;
bei
Niederschlag
6,20
0,01
salicylat
acetyl-
Natrium-
275-276,5°)
(Smp.
tativ
quanti¬
fast
Lagerung;
bei
Niederschlag
2,80
Reaktion
keine
2,60
0,01
säure
Salicyl-
quantitativ
fast
Niederschlag;
sofort
6,60
quantitativ
nicht
Niederschlag;
sofort
5,80
0,01
salicylat
Natrium-
Reaktion
keine
3,50
Reaktion
keine
3,20
0,02
Benzoesäure
quantitativ
fast
Lagerung;
bei
Niederschlag
6,90
quantitativ
nicht
Lagerung;
bei
Niederschlag
6,30
0,02
benzoat
Natrium-
Veränderungen
der
Beschreibung
Mischung
der
pH
Veränderungen
der
Beschreibung
Mischung
der
pH
Konz.
mol.
Substanz
m0,01
Aethacridinlaktat
m0,004
Proflavinsulfat
Zusatzstoffe
Acridinderivaten
bei
Niederschläge
der
pH-Abhängigkeit
6.13
Tabelle
- 138 -
Tabelle 6.14 Alkaloidfällungsmittel und Metallverbindungen als Zusatzstoffe
Fällung sofort* Ä
,Amit ehem.
Reaktion
\\ /f
lv\ / *' « /später ï1' \
ft /1 M l
ehem. Reaktion
'V'* 1
/ohne Fällung
i ; \ \ /\ \
\
/ \l *J
Fällung sofort \\ f / \ l/v
ohne ehem.
Reaktion
»> / « \l
»\
Ï il/ /
"
später \\ I \\ 1! Y/ . \
«> /« V 1 \\
pH-Aenderungen \l/keine Aenderung
r/ t
S3u
c
o <o
o B s3o•1-t
2 0) 15g 13
1 S .3 s to" ES |B
13 w_ "SI *g So £g a"£o 2o Üo w o <o No"
- 139 -
6. 2. 4 Diagramme der Resultate mit der Gruppe der stickstoffhaltigen Basen
anderer Konstitution
Die zu prüfenden Substanzen:
Cetylpyridiniumchlorid (6.1.4.1, S. 112)
— ,» — »x— Nitrofural (6.1.4.2, S. 114)
— «—x—»— Naphazolinnitrat (6.1.4.3, S. 114)
Tolazolinhydrochlorid (6.1.4.4, S. 116)
Gemäss Tab. 6.15 ergab sich in den verwendeten Konzentrationen nur bei Cy-
tylpyridiniumchlorid mit Sulfadimidinnatrium eine Fällung, bestehend aus einer
Verbindung zwischen dem grossen Kation und dem grossen Anion (Smp. der Fällung
144 - 147 ). Mit Nitrofural, Naphazolinnitrat und Tolazolinhydrochlorid konnten
keine Veränderungen nachgewiesen werden.
Die Versuchsreihe mit Anionen von vorwiegend Hilfsstoffcharakter (gemäss
Tab. 5. 6, S. 86) ergab mit keiner der geprüften Substanzen auch bei stark basi¬
scher Reaktion in den verwendeten Konzentrationen pH-bedingte oder andere Aus¬
fällungen.
Mit Fluorescein- und Merbrominnatrium wurden gemäss Tab. 6.16 bei Ce¬
tylpyridiniumclilorid und Tolazolinhydrochlorid umgehend Fällungen erhalten. Bei
Naphazolinnitrat wurde in beiden untersuchten Konzentrationen ein Niederschlag
mit Fluoresceinnatrium erhalten; aber mit den drei übrigen Zusatzstoffen nur in
der höheren und nicht in der niedrigeren Konzentration. Bei Cetylpyridiniumclilo¬
rid konnten mit Natriumoleat und Natriumlaurylsulfat in den verwendeten Konzen¬
trationen keine Niederschläge nachgewiesen werden, während sich mit Nitrofural
Niederschläge ergaben. Nitrofural ergab mit Fluoresceinnatrium und Merbromin¬
natrium keine Aenderungen.
Mit Natriumiodid und Natriumbromid wurden gemäss Tab. 6.17 nur bei Ce¬
tylpyridiniumclilorid kristalline Fällungen erhalten, mit Natriumiodid in den ver-
wendten Konzentrationen sofort (Smp. 99 - 100 ), mit Natriumbromid erst bei
Lagerung (Smp. 62 ). Gerbsäure ergab mit Cetylpyridiniumchlorid und Naphazolin¬
nitrat bei Lagerung schwache Fällungen. Bei Cetylpyridiniumchlorid erfolgte die
Fällung mit Silbernitrat erst bei Lagerung. Argentum proteinicum wurde durch To¬
lazolinhydrochlorid ausgefällt, durch die übrigen Stoffe nicht. Mit Zinksulfat konn¬
ten bei keiner der zu prüfenden Substanzen in den verwendeten Konzentrationen
Aenderungen nachgewiesen werden.
- 140 -
Tabelle 6.15 Zusatzstoffe von Wirkstoffcharakter
Fällungmit ehem.
Reaktion
sofort
später
ehem. Reaktion
ohne Fällung
Fällungohne ehem.
Reaktion
sofort
später
pH-Aenderung
keine Aenderung
Ä
— ICK S
_#•
XX % Rtf - — KX '#' M X -
Sulfacetamid 0,02m Sulfacetamidnat
rium
0,02m Phenobarbitalnatrium
0,02m Sultadimidinnatrium
0,2
m
- 141
Tabelle 6.16 Zusatzstoffe mit hohem Molekulargewicht
Fällung sofort \mit ehem. V-n—«A
— 4Reaktion ^
später \V A
/ 1
- **—#
\ \ / \
ehem. Reaktion * \« \
» \
/ \ohne Fällung \Tß \\ * X
: \z* »
Fällung sofort \ X
ohne ehem.
Reaktion
t
\ /\
später \ \
\ \ \
\ / \ \
\
pH-Aenderung* *•
\ /\ \
\
•»»—-#* V«
keine Aenderung 5-*- -X • X--i
B s 33
3IG
vi HRi
a fr•pH Ol 3V nio B o
<D S sa la 1 a.s
2 *« 1h W h m (h m
3 o
ho*<U o
So3°
Z o
- 142 -
6.3 Die Abhängigkeit der Resultate von den reaktiven
Funktionen der Wirkstoffe
Da als Zusatzstoffe für die in 6.1, S. 90, beschriebenen Versuchsreihen fast
ausschliesslich Salze mit Natrium als Kation verwendet wurden, lassen sich trotz
der Konzentrationsunterschiede aus den in 6. 2, S. 117, nach Gruppen geordneten
Resultaten einige für das Auftreten der Inkompatibilitäten wichtige reaktive Funk¬
tionen der betrachteten Wirk- und Zusatzstoffe unterscheiden.
Die Salzbildungsfähigkeit, bedingt durch die in 3. 21, S. 26, behandelten Eigen¬
schaften, führte insbesondere dann zur Bildung unlöslicher Salze, wenn eine Kompo¬
nente vorwiegend hydrophoben Charakter bzw. wenige hydrophile Gruppen aufwies.
Es lässt sich mit dem vorliegenden Material im übrigen nicht genauer unterschei¬
den, welche einzelnen funktionellen Gruppen bei der Salzbildung in besonderem
Ausmass zur Herabsetzung der Löslichkeit des gebildeten Salzes und damit zu In¬
kompatibilitäten vom Fällungstyp beitrugen. Indessen geht aus den Versuchen deut¬
lich hervor, wie mit steigendem Molekulargewicht der einen oder beider an sich
zur Salzbildung neigenden Komponenten die Wahrscheinlichkeit einer Ausfällung
grösser wird.
Die Fähigkeit zur Komplexbildung erreichte in den Versuchsreihen eher unter¬
geordnete Bedeutung (vgl. nähere Untersuchungen in 7. 2. 2, S. 172). Bei Ausfäl¬
lungen mit relativ schwerlöslichen Substanzen, welche nach den in 3. 21. 5, S. 38,
dargelegten Grundsätzen zur Assoziation oder zur Bildung von Komplexen neigen,
konnte die Ausfällung eines Anteils der ursprünglich gelösten Substanz zusammen
mit dem entstandenen Salz festgestellt werden, ohne dass dabei die üblichen undefi¬
nierbaren Gemische erhalten wurden. Dies war beim Proflavin der Fall (vgl. Tab.
6.11, S. 134) welches wie die Salze der übrigen Acridinderivate in Konzentrationen
über 10" m in Micellen vorliegt (256).
Der pK-Wert der Substanz bestimmt in Verbindung mit der Löslichkeit der Ba¬
se den kritischen pH-Wert, bei welchem unlösliche Base ausfällt. Durch die Ver¬
suchreihen wurde dies in allen Fällen ersichtlich, wobei zwar überall dort, wo die
pH-Aenderung durch Zugabe eines basisch dissoziierenden Salzes erfolgte, neben
der nach 3.23.3, S.70, erfolgendenpH-Aenderung und der entsprechenden Ausfällung
von Base auch noch eine Salzbildung (3. 21.1, S. 26) sowie in Abhängigkeit von Kon¬
zentration auch der entgegengesetzte Prozess der Ausfällung des Zusatzstoffes
nach 3. 23. 2, S. 62, erfolgte.
256) Albert A., The Acridines, Edw. Arnold & Co., London 1951, S. 110.
- 143 -
Tabelle 6.17 Alkaloidfällungsmittel und Metallverbindungen als Zusatzstoffe
Fällung sofort \mit ehem.
Reaktion\ *
^»_ ä
später
l /ehem. Reaktion 1 \
1 \1 \
ohne Fällung 1 \ 1 l
1 \
Fällung sofort/
1
ohne ehem.
Reaktion iX
/
>
;
später /*
\•A
/* / \
pH-Aenderungen/
/ /
\
+
keine Aenderung S^~»'
JC
*—•!— »
-4
u \.« \*—! "^
•-- --•— --•
a3U
C
o tu4-1
o a y
iumiodm
iumbrom
u
S g
OlM mit
ratm ntum
p
sulfat m
13" 3 <= 3«fco Zo Üo ra o <o N o"
- 144 -
Deutlich wurde dies in der Versuchsreihe gezeigt, welche in Tab. 6.7, S. 127,
wiedergegeben ist, und zu welcher die jeweils entsprechenden Ionisationsgrade aus
Abb. 6.1, S. 128 zu entnehmen sind.
Bei unseren Versuchen mit den nach steigenden pK-Werten angeordneten Na-
trmmsalzen schwächerer und stärkerer Säuren (siehe Tab. 5.6, S. 86) erhielten
wir stets mit zunehmendem pK-Wert des Zusatzstoffes die grössere Wahrschein¬
lichkeit einer Fällungsinkompatibilität, wie dies aus den entsprechenden Diagram¬
men der Versuchsresultate in den Tab. 6.1, 6.2, 6.6, 6. 8 und 6.11 (S. 119 ff.)
hervorgeht. In allen diesen Fällen spielen die (durch die pK-Werte der Stickstoff¬
basen wie der Zusatzstoffe bedingten) lonisationsgrade der beiden Komponenten
beim Mischungs-pH die entscheidende Rolle für das Auftreten oder Ausbleiben einer
Fällung und für den Charakter der Fällung, in der Weise wie dies in Tab. 6. 7 und
Abb. 6.1, S. 127-128, an einem Beispiel gezeigt wurde. Gruppen von organischen
Stickstoffbasen ähnlicher pK-Werte (wie gemäss unserer Einteilung in Tab. 5.1,
5. 2 und 5.3, S. 76) geben untereinander ähnliche Resultate. Wie ebenfalls aus den
Versuchsreihen hervorgeht, wurde die unter passenden Versuchsbedingungen (siehe
7.1.1.4, S. 151) reproduzierbare pH- bzw. pK-bedingte Fällungsreaktion unter den
der Praxis angeglichenen Verhältnissen häufig von anderen Fällungsreaktionen über¬
lagert.
Die Löslichkeit der Substanz selber wie auch der korrespondierenden Base
sind für alle drei in diesem Abschnitt erwähnten reaktiven Funktionen bestimmend,
wobei gültige Vergleiche nur unter Berücksichtigung des Molekulargewichtes durch
Angabe der Löslichkeit in Mol/1 erzielt werden und nur dann, wenn gleiche Salze
(in unseren Versuchen meist Hydrochloride) verschiedener Substanzen verglichen
werden. Dies trifft in unseren Versuchsreihen für die Reaktionen mit Procainhydro-
chlorid, Amylocainhydrochlorid und Cimchocainhydrochlorid (Löslichkeiten der
Salze 3,7 Mol/1 bzw. 1,8 Mol/1 bzw. 1,3 Mol/1) zu, wo mit Procainhydrochlorid
die wenigsten, mit Cinchocainhydrochlorid die meisten Inkompatibilitäten beobach¬
tet wurden. Gleiches gilt für die Versuchsreihen mit Antihistaminica, wo nur das
Mepyramin als maleinsaures Salz verwendet wurde, die übrigen als Hydrochloride.
Dementsprechend verhalten sich diese Stoffe bei den in 7.1.1.2, S. 148, beschrie¬
benen Versuchsreihen mit Natriumchloridzusatz, wo neben dem Hydrochlorid des
Tripelennamins zum Vergleich auch dessen Maleat geprüft wurde. Es verhielt sich
dabei sehr ähnlich wie das chemisch nur durch die Methoxygruppe unterschiedene
Mepyraminmaleat.
- 145 -
Es gelang nicht, den Einfluss der genannten Faktoren so zu ermitteln, dass
von den erhaltenen Resultaten allgemeingültige Schlüsse auf das Verhalten anderer
Verbindungen mit ähnlichen funktionellen Gruppen oder ähnlichen reaktiven Funk¬
tionen anderer Art gegenüber den gleichen Zusatzstoffen gezogen werden könnten.
Dies scheint nur für Stoffe fast identischer Konstitution möglich (z.B. Tripelenna-
min und Mepyramin, welche in nahezu allen Reaktionen gut übereinstimmen). Auch
konnten, abgesehen von den bereits aus der Literatur bekannten (vgl. 3, S. 15-71),
keine allgemeinen Gesetze für die Bedeutung einzelner funktioneller Gruppen für
für Inkompatibilitätsreaktionen bei verschiedenen Substanzen aufgestellt werden,
in dem Sinne wie z. B. die Gesetze über die hydrolytische Spaltung von Estern von
allgemeiner Bedeutung für die Haltbarkeit von Substanzen mit Esterbindungen sind.
Anderseits lässt sich auf Grund der Versuchsreihen feststellen, in welchem
Ausmass eine Inkompatibilität in einem zusammengesetzten Präparat auf den be¬
treffenden Wirkstoff zurückzuführen ist, indem in den Diagramm die Reaktionen der
verschiedenen Wirkstoffe mit den Zusatzstoffen zu vergleichen sind. Als Beispiele
seien die folgenden, von neueren Verschreibungen stammenden Reaktionen ange¬
führt (257).
Fällung bei Zusatz von Zinksulfat zu einer gepufferten Naphazolinnitratlösung: Bei
therapeutischen Konzentrationen erfolgt zwischen Zinkion und Naphazolinnitrat ge¬
mäss 6.1.4.3, S. 114, bzw. Tab. 6.17, S. 143, keine Reaktion. Der Niederschlag
wurde in Uebereinstimmung mit dieser Feststellung als Zinkphosphat identifiziert.
Abhilfe: Die Naphazolinlösung ist mit einem anderen Puffer als Phosphat einzustel¬
len (wie dies bei einer entsprechenden Spezialität bereits der Fall ist). Gemäss
6.1.4.3 ist z. B. das Borat kompatibel.
Fällung bei Zusatz von Procainhydrochlorid zu einer Lösung von Argentum colloidale:
Bei den Versuchen mit ähnlichen Konzentrationen mit einer Lösung von Argentum pro-
teinicum ergab sich gemäss 6.1.1.1, S. 93, bzw. Tab. 6.5, S. 124, dass durch Zu¬
satz von Procainhydrochloridlösung das kolloidal gelöste Argentum proteinicum koa¬
guliert. Gemäss Tab. 6.5 reagiert Amylocainhydrochlorid bei den verwendeten Kon-
zentrationen nicht mit Argentum proteinicum. Ein Versuch mit der Kombination von
Amylocainhydrochlorid mit Argentum colloidale* ergab keinen Niederschlag.
Abhilfe: Soweit therapeutisch zulässig, kann Amylocainhydrochlorid statt Procain¬
hydrochlorid verwendet werden.
257) Anfragen an die Wissenschaftliche Zentralstelle des Schweizerischen Apothe¬
ker-Vereins, Zürich.
- 146 -
Fällung bei der Herstellung des Gargarisma antisepticum PM (Ausgabe 1951) 1318
(258) mit Aethacridinium lacticum statt Rivanol : Die Formel enthielt Rivanol
0,15 g und Aluminiumsulfat 7,5 g gelöst in Wasser zu 160 g, zur Verdünnung etwa
1 : 5 unmittelbar vor dem Gebrauch. Bei Herstellung mit Rivanol wurde eine
klare Lösung, bei Herstellung mit Aethacridinium lacticum Ph. H. V nach 1-2 Ta¬
gen ein gelber kristalliner Niederschlag erhalten. Der Niederschlag war in Wasser
so langsam löslich, dass die 1 : 5 Verdünnung auch bei Entnahme mit dem Nieder¬
schlag nicht innert nützlicher Frist hergestellt werden konnte. Das Aethacridinlak-
tat ergab gemäss 6.1.3.3, S. 110, bzw. Tab. 6.14, S. 138, mit Zinksulfat einen
Niederschlag, welcher aus Aethacridinsulfat bestand. Dementsprechend wurde der
mit Aluminiumsulfat erhaltene Niederschlag als das schwerlösliche Aethacridinsul¬
fat identifiziert. Aenderungen des pH bzw. der Salzkonzentration hatten (vgl. auch
7.1.1.2, S. 148 und 7. 2.1.6, S. 165) im benötigten Konzentrationsgebiet keinen
entscheidenden Einfluss.
Abhilfe: Die Formel ist mit Aethacridinlaktat nicht herzustellen. Sie wurde in die
zweite Auflage der PM 1956 nicht aufgenommen.
258) Béguin J., Praescriptiones Magistrales, Schweiz. Apothekerverein, Zürich
1951.
- 147 -
7. EINZELHEITEN UEBER DIE REAKTIONEN DER SYNTHETISCHEN,
ORGANISCHEN STICKSTOFFBASEN
Aus den in 6., S. 90 ff. beschriebenen Versuchen wurden einzelne Reaktionen
näher untersucht, soweit es sich um typische Reaktionen im Sinne des in 2. aufge¬
stellten Systems (S. 10 ff. ) handelte. Die betreffenden Reaktionen wurden als Bei¬
spiele der zahlreichen, in 6. erhaltenen Resultate näher untersucht.
7.1 Physikalische Inkompatibilitäten
Physikalische Inkompatibilitäten der in zwei unter den Bezeichnungen 2.11 -
2.12.3 sowie 2.13 - 2.15 erwähnten Typen wurden in der vorliegenden Arbeit nicht
in Einzelheiten untersucht.
7.1.1 Herabsetzung der Löslichkeit infolge des Aussalzeffektes eines weiteren
gelösten Stoffes (Gruppe 2.12. 4)
7.1.1.1 Versuchsbedingungen
Nach den in 3.12. 4, S. 19, erwähnten Beispiele in der Literatur wurde die
Einwirkung von Salzzusätzen auf die untersuchten Substanzen kontrolliert. Als Salz
wurde hauptsächlich Natriumchlorid gewählt, um die Verhältnisse in der isotonisier-
ten Arzneimittellösung zu imitieren. Die Konzentration wurde über die therapeutisch
üblichen Salzzusätze hinaus gesteigert bis gegen die gesättigte Lösung. Die benötigte
Menge des Salzes wurde in der frisch hergestellten Lösung unter Einleitung von Stick¬
stoff zur Verhinderung von CO„-Aufnahme gelöst, wonach sofort der erhaltene pH-
Wert gemessen wurde. Eine Lagerung der Lösungen erfolgte nur in Ausnahmefällen.
Die erhaltenen Resultate gehen aus den folgenden Abbildungen hervor, wo der pH-
Wert in Abhängigkeit der Salzkonzentration für diejenigen Substanzen aufgetragen
wurde, für die in 6.1, S. 90 (ohne Salzzusatz) eine unmittelbare Abhängigkeit der
Niederschlagsbildung vom pH der Lösung beobachtet wurde (siehe Tab. 6.1 und 6.6,
sowie 6.15). Zum Vergleich wurden auch die in 6.1 als nicht oder fast nicht pH-ab¬
hängig befundenen Acriflaviniumchlorid, Aethacridinlaktat sowie Nitrofural in der
gleichen Weise geprüft.
- 148 -
7.1.1. 2 Versuche mit Natriumchloridzusatz
l
12 3 4
a025 0.0b 0 075 0.1
(acd)NaCl M/l
Abb. 7.1 Abhängigkeit der pH-Aenderung von der Natriumchloridkonzentration
Die untersuchten Substanzen sind:
a) Cinchocainhydrochlorid 0,0015 mb) Aethacridinlaktat 0,005 m
c) Diphenhydraminhydrochlorid 0,02 m
d) Mepyraminmaleat 0,02 m
Die Pfeile bezeichnen die Natriumchloridkonzentration, bei welcher spon¬
tan ein Niederschlag entstand.
Bei Cinchocain- und bei Diphenhydraminhydrochlorid steigt der pH-Wert an,
während er beim Mepyraminmaleat etwas abnimmt. Das pH der Aethacridinlaktat-
lösung wird von der Salzkonzentration nicht beeinflusst. Hier bilden sich nach eini¬
ger Zeit Niederschläge aus dem in kaltem Wasser bedeutend schwerer löslichen
Chlorid (vgl. 7.2.1.6, S. 165).
- 149 -
5 Md/lNaCl
Abb. 7.2 Abhängigkeit der pH-Aenderung von der Natriumchloridkonzentration
Die untersuchten Substanzen sind:
a) Nitrofural 0,001 m
b) Acriflaviniumchlorid 0,01 mc) Acriflaviniumchlorid 0,002 md) Antazolinhydrochlorid 0,02 m
e) Amylocainhydrochlorid 0,02 m
Die Pfeile bezeichnen die Natriumchloridkonzentration, bei welcher spon¬
tan ein Niederschlag entstand, wobei jedoch der mit x bezeichnete Pfeil
eine Auskristallisierung nach 30 Minuten anzeigt.
Bei Amylocainhydrochlorid und Antazolinhydrochlorid wurde ähnlicn wie beim
Cinchocainhydrochlorid eine stärkere, bei den beiden anderen Substanzen eine sehr
schwache Beeinflussung des pH-Wertes durch den Salzzusatz gefunden. Antazolin¬
hydrochlorid wurde bereits von niedrigeren Salzkonzentrationen ausgefällt. Während
Nitrofural auch bei hohen Salzkonzentrationen in Lösung blieb, entstand bei Acrifla-
vinhydrochlorid eine Fällung.
- 150 -
pH
7
6 •
—» o d
1 5 Mol/L NaCl
Abb. 7.3 Abhängigkeit der pH-Aenderung von der Natriumchloridkonzentration
Die untersuchten Substanzen sind:
a) Tripelennaminhydrochlorid 0,02 mb) Procainhydrochlorid 0,02 m
c) Procainhydrochlorid 0,004 md) Tripelennaminmaleat 0,02 m
Der Pfeil bezeichnet die Natriumchloridkonzentration, bei welcher nach
4-tägiger Lagerung ein Niederschlag entstand.
Bei Procainhydrochlorid wurde eine mit zunehmender Verdünnung nahezu
linear verlaufende Zunahme des pH erhalten. Tripelennaminhydrochlorid ergibt
ein ähnliches Bild wie Diphenhydraminhydrochlorid, während Tripelennaminmaleat,
welches als Vergleich untersucht wurde, eine mit Mepyraminmaleat nahezu identi¬
sche, durch den sauren Maleatrest bedingte Kurve ergab. Während mit dem Hydro-
chlorid nach 4 Tagen ein Niederschlag erhalten wurde, trat beim Maleat keine Fäl¬
lung auf.
7.1.1.3 Versuche mit Zusatz anderer Salze
Einige der oben untersuchten Wirkstoffe wurden unter den gleichen Bedingungen
zusätzlich mit den übrigen, in Tab. 5.9, S. 89, erwähnten Salzen zusammengebracht.
Dabei erhielten wir mit Kaliumchlorid entsprechend wie mit Natriumchlorid eine Zu-
- 151 -
nähme des pH-Wertes, während mit Magnesiumchlorid beim Cinchocainhydrochlo-
rid eine Abnahme der pH-Werte mit steigender Salzkonzentration erfolgte. Mit
Magnesiumsulfat erfolgte keine Beeinflussung des pH und keine Fällung, ebenso
wenig wie mit Aluminiumsulfat, welches durch seine eigene stark saure Reaktion
ein niedriges pH der Mischung bedingte und daher nicht weiter untersucht wurde.
Mit Kaliumnitrat erhielten wir beim Cinchocainhydrochlorid das schwerlösliche
Nitrat als Fällung, während der pH-Wert der Lösung mit zunehmender Salzkonzen¬
tration abnahm.
7.1.1.4 Quantitative Versuche
Zur genaueren Abklärung der quantitativen Verhältnisse bei der Aussalzung
mit Natriumchlorid untersuchten wir am Cinchocainhydrochlorid den Zusammen¬
hang zwischen der Natriumchloridkonzentration und der bis zum Auftreten einer
Trübung jeweils nötigen Menge von Natriumhydroxyd (vgl. 3.23.3, S. 65).
Die Versuchsanordnungbestand aus einem Kolben unter Stickstoffatmosphäre,
der in einem Wasserbad bei 25 C gehalten wurde. Wir arbeiteten mit einer 0,0015
molaren Lösung von Cinchocainhydrochlorid, welches etwa der therapeutischen Kon¬
zentration für parenterale Zwecke entspricht. Höhere Konzentrationen erwiesen sich
als ungeeignet, da kein klares Bild der Abhängigkeiten erhalten wird. Mit einer
0,015 m-Lösung blieb nur die Lösung mit 1 Mol/1 Natriumchlorid klar, während
bei 2 Mol/l bereits eine Ausfällung eintrat. Für die Titration verwendeten wir 0,005
n-Natronlauge, welche aus karbonatfreier, konzentrierter Natronlauge hergestellt
wurde und unter Stickstoff aufbewahrt wurde. Die Versuchslösung wie auch die Lauge
wurde mit dest. Wasser hergestellt, welches in einer Quarzapparatur destilliert war.
Durch die Lösung wurde paraUeles Licht unter Ausschluss von Streulicht geleitet,
und die Lösung quer zur Lichtrichtung beobachtet.
- 152 -
Abb. 7. 4 Gerät zur Trübungsbestimmung
a) Burette, b) Stickstoffzuleitung, c) Elektrode des pH-Meters, d) lichtun-
durchlässige Verkleidung, e) durchbohrter Kunststoffverschluss, f) Haltevor¬
richtung, g) Becherglas mit Wasser, temperiert auf 25 + 0, 2°, h) Erlenmey-erkolben mit Versuchslösung (Trübungspunkt), i) Porzellanring, k) Dunkel¬
kammer zum Auffangen von Streulicht, 1) Lampe, für Punktlicht.
Damit konnten auftretende Trübungen sofort erkannt werden. Die Lösung wurde
durch den eingeleiteten Stickstoff gerührt. Von einer Kolben-Mikroburette wurden
nun in gleicher Weise wie bei bekannten Trübungstitrationen (92) allmählich Natrium¬
hydroxyd zugesetzt, bis eine Trübung durch ausfallende Cinchocainbase erfolgte.
Die Trübung konnte im "LEITZ"-Chemikermikroskop als feine Kristallnadeln beo¬
bachtet werden, die sich rasch zu Aggregaten sammeln. Makroskopisch entspricht
dies dem raschen Uebergang der Trübung in Flocken. Die Aggregatbildung erfolgt in
Gegenwart von Natriumchlorid bedeutend langsamer als in rein wässriger Lösung.
Mit einer in die Versuchsanordnung eingebauten Glaselektrodewurde am Anfang und
Ende jedes Versuches der pH-Wert der Lösung gemessen. Die erhaltenen Werte
und ihre Abhängigkeit voneinander gehen aus Abb. 7. 5 hervor.
- 153 -
pH
e
7
6-
0 12 3
NaCl M/l
Abb. 7. 5 Trübungtitration von 0,0015 m-Cinchocainhydrochlorid mit 0,005n-Natriumhydroxyd
o o o pH-Werte vor der Titration
x x x pH-Werte nach der Titration
Nds. = Niederschlag
Die pH-Werte nehmen mit steigender Natriumchloridkonzentration der Lösung
zu, während die pH-Werte, bei welchen die Trübung erfolgt, entsprechend abneh¬
men. Die Linearität der Zu- bzw. Abnahme konnten wir nicht sicher belegen. Mit
steigender Natriumchloridkonzentration wurde für die Titration weniger Natrium¬
hydroxyd verbraucht. Zwischen 2,8 m und 2,9 m Natriumchlorid entstand bereits
ohne Zusatz von Lauge ein Niederschlag.
Zur FeststeUung der Identität dieses Niederschlages wurden die bei hoher
Salzkonzentration erhaltenen FäUungen von der salzhaltigen Lösung abfiltriert und
analysiert. Die abfiltrierte, getrocknete Fällung wurde zunächst mit wasserfreiem
Aether extrahiert, wodurch der basische Anteil der Fällung abgetrennt wurde. Da¬
bei konstatierten wir, dass ein bedeutender Anteil des frisch gefällten Cinchocain-
hydrochlorids -im Gegensatz zum ursprünglichen Cinchocainhydrochlorid- im Aether
mitgelöst wurde und beim Stehenlassen wieder ausfiel. Wir konnten dann mit was¬
serfreiem Chloroform das in der Fällung verbliebene Cinchocainhydrochlorid extra¬
hieren, ohne dass in beiden Fällen das zugesetzte Natriumchlorid in das Extraktions-
- 154 -
mittel überging. Schliesslich wurde das im Filtrat noch vorhandene Cinchocain
durch basische Ausschüttelung isoliert. Die als Cinchocainbase isolierten Anteile
wurden acidimetrisch bestimmt, während die als Cinchocainhydrochlorid isolierten
Anteile argentometrisch gegen Fluoreszenzindikator bestimmt wurden. Die Resul¬
tate dieser Analysen gehen aus der folgenden Tabelle hervor:
Tabelle 7.1 Zusammensetzung des ausgesalzenen Niederschlages in einer
0,0015 m Cinchocainlösung
(1)Natriumchlorid-
Konzentration
(2)in Lösunggeblieben
(3)gesamte
Fällung
(4)Base in %
der gesamtenFällung (3)in % der
wiedererhaltenen
Cinchocain-Menge
3,5 m 63,6 % 36,4 % 9,4 %
5,0 m 20,5 % 79,5 % 7,2 %
Bei den Versuchen wurden von 94 - 96 % des eingewogenen Cinchocains wie¬
der gefunden, die restlichen 6 - 4 % beziehen sich auf die gesamten Verluste wäh¬
rend der 3 Extraktionen. Die Fällungen wurden vor und nach jeder Extraktion gewo¬
gen. Dabei wurden innerhalb der Abweichungen der titrimetrisch ermittelten Resul¬
tate die gleichen Werte gefunden.
Es wurde versucht, die Ausfällung der Cinchocainbase während des Zusatzes
von Natriumhydroxydlösung mittels Hochfrequenzanzeige zu verfolgen (vgl. Hoch-
frequenztitrimeter 7. 2.1. 2, S. 157). 0,002 m und 0,004 m Cinchocainhydrochlorid-
lösungen wurden sowohl ohne Salzzusätze als auch in Gegenwart von Natriumchlorid
in den Konzentrationen 0,02 Mol/1, 0, 05 Mol/l, 0,1 Mol/1 und 0,2 Mol/1 mit 0,01
n-Natriumhydroxyd versetzt. Diese Konzentrationen lagen an sich innerhalb des pas¬
senden Empfindlichkeitsbereiches gemäss den vorher aufgenommenen Empfindlich¬
keitskurven der verwendeten Zelle HTB-1. Für die Anzeige wurde die Ausschlags¬
methode (vgl. 7.2.1.2, S. 160) verwendet. Als Blindversuch wurden Wasser und
wässrige Natriumchloridlösungen in entsprechender Weise mit Natriumhydroxyd
versetzt, wobei erwartungsgemäss eine lineare Abnahme der Anzeige erfolgte. In
Gegenwart von Cinchocainhydrochlorid wurden stufenförmig verlaufende Kurven er-
- 155 -
halten, welche unmittelbar vor Einsetzen der Trübung einen deutlichen Sprung auf¬
wiesen. Nach Einsetzen der Trübung erfolgte eine lineare Abnahme der Anzeige¬
werte bis zum Aequivalenzpunkt nach Zusatz der äquivalenten Menge Natriumhydro¬
xyd, wo der übliche Knick der Kurve erhalten wurde. Es gelang indessen nicht re¬
produzierbare und eindeutig konzentrationsabhängige Ergebnisse zu erhalten, wel¬
che Aufschluss über die Aggregatbildung vor der sichtbaren Ausfällung der Cincho-
cainbase geben könnten.
7.1.1. 5 Fällungsversuche mit Mischungen
Schliesslich wurde der Einfluss des Salzzusatzes auf die Ausfällung von Cin-
chocainbase in Mischungen mit Phenobarbitalnatriumlösungen untersucht. Ausser
der in 6.1.1. 3, S. 95, benutzten Mischung 1 : 1 wurden Mischungen in den übrigen
in Abb. 7. 6 wiedergegebenen Verhältnissen hergestellt. Die in jeder Mischung er¬
haltenen pH-Werte sind in der Abbildung in Kurven in Abhängigkeit vom Mischungs¬
verhältnis zusammengefasst.
pH
830
8,00
7.70.
0
'
2 i'
6 "ß t 10 mt(1)10 8 6 U 2 | 0 ml (2)
Abb. 7.6 Aenderungen der Fällungskonzentrationen durch den Einfluss von
Natriumchlorid bei Zusatz von Phenobarbitalnatrium
1. Cinchocainhydrochlorid 0,0015 m2. Phenobarbitalnatrium 0, Ol m
a = reine Lösungb = Lösung mit 1-m Natriumchlorid
- 156 -
Aus der Abb. 7. 6 geht hervor, dass die Fällung (die Pfeile begrenzen den Be¬
reich der Fällung) in der salzhaltigen Lösung bei einem niedrigeren pH anfängt als
in der reinen Lösung und bereits bei einem geringeren Ueberschuss an basischem
Zusatzstoff nicht mehr erfolgt.
Bei der Salzwirkung auf die Kombination zweier dissoziierender Stoffe wird
die Dissoziation beider gelöster Substanzen zurückgedrängt. Infolge dieses Misch¬
effektes erhielten wir in der salzhaltigen Lösung bereits bei einem geringeren Ueber¬
schuss an Phenobarbitalnatrium wieder eine klare Lösung als in der reinen Wirkstoff¬
lösung ohne Salzzusatz. Die Kombination mit Phenobarbitalnatrium wurde nicht auf
Grund einer denkbaren Inkompatibilität sondern wegen der in diesem Falle geeigne¬
ten Konzentrationsverhältnisse gewählt.
7.2 Chemische Inkompatibilitäten
Ausser den in 6.1, S. 90, beschriebenen und in 6. 2, S. 117, kommentierten
Versuchen, wurden einzelne der dabei erhaltenen Reaktionen näher untersucht, um
als Beispiele der in 3., S. 15 ff., behandelten grundsätzlichen Eigenschaften zu
dienen.
7. 2.1 Entstehen von Salzbindungen im Verlaufe einer Ionenreaktion
Mit diesen Versuchen wurden einige der in 6.1 festgestellten und auf der Bildung
schwerlöslicher Salze beruhenden Niederschlagsbildungen quantitativ verfolgt, wobei
angestrebt wurde, am Beispiel einer typischen Inkompatibilitätsreaktion den zeitli¬
chen Verlauf der Niederschlagsbildung (übersättigte Lösungen, Vollständigkeit der
Ausfällung) unter den beim Auftreten der Inkompatibilität herrschenden Bedingungen
zu untersuchen.
7.2.1.1 Analysenmethoden, Allgemeines
Die bei den Fällungsversuchen erhaltenen Lösungen sollten in möglichst gleich¬
artiger Weise Und möglichst unabhängig von einem evtl. gegenwärtigen gefärbten Ka¬
tion analysiert werden. Hierzu eignet sich die spektrophotometrische Bestimmung der
- 157 -
wirksamen Kationen oder geeigneter Derivate in den Lösungen, sowie die Fällungs¬
titration der zu bestimmenden Anionen mit Hochfrequenzanzeige. Diese mit kleinen
Stoffmengen arbeitenden Verfahren wurden gewählt, weil in den Lösungen im allge¬
meinen mindestens eine der Komponenten in sehr geringer Konzentration vorliegt.
Ferner erlaubt insbesondere die Hochfrequenztitration rasche Fällungstitrationen
durch Messung der Leitfähigkeit ohne Störungen (Elektrodenverkrustung) durch an¬
dere, bei den Inkompatibilitätsreaktionen häufig vorliegende gemischte Fällungen.
7. 2.1. 2 Die Hochfrequenztitration (HF-Titration)
Die Hochfrequenztitration ist im Prinzip eine Leitfähigkeitstitration, bei wel¬
cher der verwendete Strom im Gegensatz zu den konventionellen konduktometrischen
Anzeigeverfahren statt der mittleren Frequenz von 80 - 1000 Hz eine solche von
3 Millionen - 130 Millionen Hz (3 - 130 MHz) aufweist. Die Arbeitsfrequenz des von
uns verwendeten Hochfrequenztitrimeters (HF-Titrimeters) HFT 30 C der Wissen¬
schaftlich Technischen Werkstätten, Weilheim/Oberbayern, beträgt 30 MHz. Da
dieser hochfrequente Strom im Stande ist, die bedeutenden Widerstände der Gefäss-
wände der Titrierzellen zu überbrücken, brauchen die Elektroden bei der HF-Titra¬
tion nicht in die Messlösung einzutauchen, sondern können, ohne galvanischen Kon¬
takt mit der Messlösung, aussen an den Gefässwänden angebracht werden. Durch die¬
se Anordnung werden Störungen durch aggressive Proben (Elektrodenangriff), durch
Unterbrechung des galvanischen Kontaktes, durch Ablagerungen und Adsorption an
den Elektroden und durch katalytische Wirksamkeit vermieden.
Obwohl die Abhängigkeiten von Strom, Spannung und Widerstand untereinander
beim Wechselstrom, ungeachtet welcher Frequenz, allgemein komplizierter sind
als beim Gleichstrom, kann man sie unter Berücksichtigung der besonderen Umstände
auf eine dem Ohmschen Gesetz entsprechende Form zurückführen. Dies gestattet,
ähnlich wie bei Gleichstrommessungen, eine Aenderung des Wechselstromwiderstan¬
des durch die entsprechende Aenderung der Stromstärke zu verfolgen, wenn man
bei konstanter Spannung misst. Der Wechselstromwiderstand (Impedanz) ist eine
komplexe Grösse, bestehend aus einem realen, Ohm'sehen und einem imaginären,
kapazitiven Anteil. Bei mittlerer Frequenz (80 - 1000 Hz) hat die Dielektrizitäts¬
konstante (DK) der Lösung praktisch keinen Einfluss und man misst allein den
Ohm'schen Anteil der Impedanz. Beim hochfrequenten Wechselstrom hingegen kön¬
nen infolge der häufigeren Richtungsumkehr bei gleicher Spannung bedeutend grös¬
sere Stromstärken auftreten als bei niederen Frequenzen. Infolgedessen erhält beim
- 158 -
hochfrequenten Wechselstrom die DK der Lösung eine entscheidende Bedeutung, und
das Messverfahren lässt sich auch auf den kapazitiven Anteil des hochfrequenten
Wechselstromwiderstandes basieren. Die Einzelheiten der erforderlichen Berech¬
nungen werden unter Berücksichtigung der allgemeinen, apparatetechnischen Bedeu¬
tung von Blair (259) erörtert und für die besonderen Verhältnisse bei der HF-Ti¬
tration von Cru se und Hub er (260) in einer Monographie beschrieben. Da bei¬
de Impedanzanteile in der HF-Titration gemessen werden können, ergeben sich re¬
lativ vielseitige Verwendungsmöglichkeiten für dieses Titrationsverfahren.
Der für die HF-Titration benötigte hochfrequente Wechselstrom konstanter
Frequenz wird von einem Oszillator und einem Röhrensender geliefert. Das Wesent¬
liche der Schaltung ist ein Resonanzkreis, in welchem zugeführte Energiestösse
zwischen elektromagnetischer Energie im magnetischen Feld der Spule einerseits
und Ladungsenergie im Kondensator anderseits schwingen. Dabei entstehen durch
passende Steuerung der Energiezufuhr des Röhrensenders über dessen Gitter unge¬
dämpfte Schwingungen mit der Resonanzfrequenz des Kreises. Eine Aenderung der
Resonanzfrequenz erfolgt durch Aenderung der Kapazität des Kondensators. Zur Er¬
zeugung der erwähnten Schwingungen konstanter Frequenz dienen verschiedene Sy¬
steme, im übersichtlichsten Falle ein Quarzkristall, der ungefähr wie ein Parallel¬
resonanzkreis fungiert. Schaltungen dieser Art wurden in allgemeiner Form von
Blair (259) und für den engeren Bereich der HF-Titration von Cruse und Hu¬
ber (260) beschrieben.
Die Titrationslösung befindet sich in einer passend geformten Messzelle (für
unsere Versuche die Glasmesszelle HTB 1, Füllvolumen ca. 100 ml) durch welche
sie als fester Kondensator parallel mit einem passend eingestellten variablen Kon¬
densator in den Schwingkreis eingeschaltet ist.
259) Blair E.J., Introduction to Chemical Instrumentation Mc Graw-Hill Book
Company, Inc., New York 1962, S. 131 ff., bzw. S. 242 ff.
260) Cruse K. und Hub er R,, Hochfrequenztitration, Verlag Chemie, Wein¬
heim/Bergstrasse 1957, S. 6 ff., bzw. S. 64 ff.
159
R, R2
CLnHlTLn
„a__ii£—u&lLorir1
o
-ob
-0Ä
Abb. 7.7 Kapazitätszelle und ihr Ersatzschaltbild (260)
Damit addieren sich die Kapazitäten, und die Funktion des Oszillators wird
nicht verändert. Findet aber in der Titrationslösung eine Reaktion statt, so muss
der variable Kondensator erst nachjustiert werden, bis mit der Summe beider Ka¬
pazitäten wieder Resonanz besteht.
Werden im Verlaufe einer Titration die Aenderungen am variablen Parallelkon¬
densator als Ordinate und die zugesetzte Titrierflüssigkeit als Abszisse eingetragen,
so ergibt sich eine Titrierkurve nach der sogenannten Blindkomponente, also aus¬
schliesslich für den kapazitiven Teil des hochfrequenten Wechselstromwiderstandes.
Gleichzeitig mit der Kapazität der Lösung ändert sich aber auch die Leitfähigkeit.
Bei einer Zunahme der Leitfähigkeit geht ein grösserer oder kleinerer Teil der
hochfrequenten Energie im ursprünglichen Schwingungskreis als Wärme verloren.
Man bezeichnet das als Aenderung der Gütezahl des Kreises, und man misst sie
als Ohm'sehe Komponente der Impedanz oder als sogenannte Wirkkomponente, in¬
dem man ein Mikroamperemeter in Serie mit dem Widerstand schaltet. Bei Reso¬
nanz zeigt das Amperemeter einen Maximalwert an. Trägt man die Aenderung dieses
Maximalwertes während einer Titration als Funktion der zugesetzten Menge Titrier¬
lösung auf, so erhält man eine Titrierkurve nach der Wirkkomponente. Beide ange¬
gebenen Verfahren erfordern eine ständige Nachstellung des variablen Kondensators
von Hand. Die rechnerische Verfolgung der Aenderungen wie auch die theoretische
Auswertung der erhaltenen Kurven für Absolutmessungen ist kompliziert und für
- 160 -
die Darstellung des Messprinzips unübersichtlich. Sie lässt sich aus der bereits
zitierten Monographie von Cru se und Huber (260) entnehmen.
Der von uns verwendete Apparat bietet ferner die Möglichkeit, einen Misch¬
effekt der Wirk- und der Blindkomponentenmethode auszuwerten. Diese als Aus-
schlagsmethode bezeichnete Messmethode erfordert nur eine einmalige Einstellung
des variablen Kondensators von Hand, während danach nur die Aenderung des Am¬
peremeters (Ausschlag) als Funktion der zugesetzten Menge Titrierlösung verfolgt
wird. Diese Methode ist weitaus die einfachste, wenn man nur die Anzeige eines
Umschlagpunktes erreichen möchte. Der geeignete Empfindlichkeitsbereich wird
für jede der drei Methoden durch Aufnahme von Kennkurven für die verwendete
Messzelle mit Hilfe von Kaliumchloridlösungen unterschiedlicher Konzentration
ermittelt.
Aus den hier dargelegten Gründen schien die Methode für die Kontrolle des
Verhaltens von inkompatiblen Gemischen Möglichkeiten zu bieten. Die Verwendung
von Hochfrequenztitrimetern für die in unseren Versuchen benötigten Fällungsti¬
trationen wurde für die Chloridtitration mit Silbernitrat von Blaedel und Malm¬
stadt (261) u. a., für Sulfattitration mit Bariumacetat von Milner (262) und für
die Sulfattitration mit Bariumchlorid von Bien (263) beschrieben. In Uebersichts-
artikeln von Bervenmark (264) sowie von Pur dy und Stock (265) finden sich
Aufstellungen über zahlreiche weitere mit Hochfrequenzanzeige durchgeführte Titra¬
tionen. Bei Untersuchungen über die Genauigkeit der Hochfrequenztitration fand
Stuhec (266), dass mit Messungen nach dieser Methode die gleiche Genauigkeit
erzielt werden kann, wie mit solchen nach der klassischen konduktometrischen Me¬
thode mittels Niederfrequenz. Der Einfluss des Materials und der Form der Zelle
(Zellengeometrie) und die Bedingungen für optimale Messwerte wurden von Lob er
und Hesse (267) untersucht. Schliesslich wurden die aus der Serienproduktion von
HF-Titrationsgeräten verfügbaren, käuflichen Modelle in einer Uebersicht von
C ru s e (268) aufgezählt und charakterisiert.
261) Blaedel W.J. und Malmstadt H.V., Anal. Chem. 22, 734, 1413 (1950).262) Milner O.I., Anal. Chem. 24, 1247(1952).263) Bien G.S., Anal. Chem. 26, 909(1954).264) Bervenmark H., Farm. Revy 57, 323(1958).265) Purdy W. C. und Stock J.T., Drug Standards 26, 177(1958).266) Stuhec H., Wiss. Zeitschr. Techn. Hochsch. Chemie Leuna-Merseburg 2_,
295 (1959/60).267) Löber G. und Hesse G., Pharmazie lf, 214(1959).268) Cru se K., Chimia JL4, 97(1960).
- 161 -
Arbeitsvorschrift für Fällungstitrationen:-3
Die zur Analyse entnommenen Proben wurden wenn nötig bis 10 m verdünnt.
Von dieser Verdünnung wurden 25,00 ml in die Messzelle einpipettiert und die Zel¬
le durch Zugabe von 50 ml Methanol aufgefüllt. Nach Abstimmung des Titrimeters
auf Resonanz wurden von einer Ströhlein-Stempelbürette 0, 5 ml-Anteile der 10~2jn
Titrierlösung zugegeben und die Aenderungen des Ausschlags notiert. Bei der Chlo¬
ridtitration erfolgte die Einstellung jeweils momentan, bei der Sulfattitration infol¬
ge der Neigung zur Bildung von übersättigten Lösungen erst nach 30 - 60 sec. Durch
Eintragung der erhaltenen Wertetabelle in ein Titrationsdiagramm lässt sich der
Aequivalentpunkt als Schnittpunkt der beiden Kurvenäste graphisch bestimmen. So¬
fern die Zunahme und Abnahme der Anzeige linear erfolgt (bzw. um lineare Mittel¬
werte streut), kann der Schnittpunkt ohne graphische Darstellung direkt aus der
Wertetabelle rechnerisch ermittelt werden.
Eine typische, bei unseren Versuchen erhaltene Titrationskurve ist in Abb. 7.8
dargestellt.
Abb. 7.8 HF-Titration von Chlorid in Mischung mit Rivanol ^ (Versuch 3
in Tab. 7.2, S. 168)
Titrationsflüssigkeit: 0,01 n-Silbernitrat; Skt = Skalenteile
- 162 -
7. 2.1.3 Spektrophotometrische Bestimmung von Aethacridin
Die direkte spektrophotometrische Bestimmung in der Analysenlösung wurde
beim Aethacridinlaktat verwendet, weil dieses neben nicht absorbierenden Anionen
vorlag. Aethacridinlaktat wurde als Beispiel gewählt, weil Unterschiede in den Ei¬
genschaften der verfügbaren Substanzen vorzuliegen schienen (siehe 6.3, S. 142).TD
Es wurden von Aethacridinlaktat Pharmacopoequalität und von Rivanol (Hoechst)
Absorptionskurven aufgenommen. Die Kurven wurden mit frisch hergestellter 0,02
millimol. und 0,03 millimol. Lösung der Substanzen in frischem Ionenaustauscher¬
wasser im Zeiss Spektralphotometer PMQ II aufgenommen. Die erhaltenen Kurven
waren für beide Substanzen identisch und gehen aus Abb. 7.9 hervor.
E
400
MO
200
100
300
' ' '
350' '
400
' ' ' '
450 nry
Abb. 7.9 Extinktionskurve für Aethacridinlaktat (Ph. Helv. V)
Die lineare Abhängigkeit der gemessenen Extinktion von der Konzentration
-5 -5konnte in einer Eichkurve für Konzentrationen von etwa 1.10 m bis etwa 5.10 m
festgestellt werden. Die zur Analyse entnommenen Proben wurden z. T. verdünnt,
bis die Konzentrationen im angegebenen Messbereich lagen. Für alle Versuche wur¬
den die mit der gleichen Substanz zur Erstellung der Eichkurven hergestellten Lö¬
sungen als Bezugslösungen genommen.
\
- 163 -
7.2.1.4 Kolorimetrie von Tripelennamin als Reineckat
Tripelennamin und andere Antihistaminica sowie die Lokalanästhetica lassen
sich gravimetrisch als Pikrate bestimmen (269). Für kleinere Mengen wie bei den
vorliegenden Untersuchungen eignet sich indessen die quantitative Fällung mit
Reinecke-Salz
NH4 [ Cr(NH3)2 (SCN)4 ] H.,0
besser. Die Fällung organischer Stickstoffbasen als Reineckate wurde zuerst von
Beattie (270) für gewisse quanternierte Ammoniumverbindungen und von Ban-
delin (271) für Antihistaminica beschrieben. Steiger und Hippenmeyer
(272) beschrieben die Reineckatfällung von Procain, Tetracain und Cinchocain und
Oertenblad und Jansson (273) jene von Xylocain. Eine allgemeingültige
Analysenmethodik wurde von Bande lin und Mitarb. (274) ausgearbeitet und lässt
sich ebenfalls für Alkaloidsalze (ausgenommen Colchicin und Morphin), nicht aber
für Sympathomimetica (275) verwenden. Die von uns verwendete Analysenmethode
für Tripelennamin richtet sich nach Bandelin (274) und nach der von Büchi
und P e r 1 i a (276) für Cinchocainhomologe verwendeten Arbeitsvorschrift.
Arbeitsvorschrift:
Die Lösungen wurden wenn nötig so weit mit 1-proz. Schwefelsäure verdünnt,dass sie 40 - 80 mg Tripelennamin pro 100 ml enthielten (1,5-3 millimolar). Von
der Verdünnung bzw. Lösung wurden 10, 00 ml abpipettiert und in einem 50 ml Schliff-
stopfenfläschchen in ein Eisbad gestellt. Langsam und unter ständigem Umschwenken
wurden jedem Glas 3 ml einer vor der Bestimmung frisch hergestellten und durch
gehärtetes Filterpapier filtrierten Lösung von 2,0 g Ammoniumreineckat (Merck) in
100 ml 1 proz. Schwefelsäure zugesetzt. Die Mischung wurde 2n im Eisbad belassen
und dann quantitativ in eine Jena'er Glasfilternutsche G5 überführt, deren Stiel so
weit ausgezogen wurde, dass er tief in den Hals eines 10 ml-Messkolbens passte.Nach Absaugen der Flüssigkeit wurde der Niederschlag zweimal mit je 5 ml eiskal¬
ter 0,04 prom. Ammoniumreineckatlösung ausgewaschen. Die Fällung wurde dann
269) USP XTV, Bestimmungsmethode für Tripelennaminhydrochlorid (später Titra¬
tion mit Perchlorsäure in Eisessig).270) Beattie F.J.R., Biochem. J. 30, 1554(1936).271) Bandelin F. J., J. amer, pharm. Ass. (sei. Ed.) 37^, 10(1948).272) Steiger K. und Hippenmeyer F., Pharm. Acta Helv. 24, 443(1949).273) Oertenblad B. und Jansson K., Acta Chem. Scand. j>(~5l0 (1951).274) Bandelin F.J., Seifer E. D. und P ankratz R.E., J. amer, pharm.
Ass. (sci.Ed.)3£, 277(1950).275) Bandelin F.J., J. amer, pharm. Ass. (sei.Ed.) 39, 493(1950).276) Büchi J. und Perlia X., Arzneim.forsch. 1£, 2§T(1960).
- 164 -
direkt auf der Nutsche in Azeton pro analys. gelöst, indem jeweils 2 ml Azeton auf
die über einem Messkolben aufgehängte Nutsche gebracht wurden. Die Azetonlösungwurde durch Druck in den Messkolben gepresst. Der Niederschlag löst sich in 3 x
2 ml Azeton vollständig. Der Messkolben wurde mit Azeton pro analys. aufgefülltund die Extinktion der Lösung wurde bei 525 mu im Bausch & Lomb "Spectronic"Photometer gemessen. Die Auswertung der Messergebnisse erfolgte mit Hilfe einer
Eichkurve, welche im gleichen Konzentrationsbereich mit Lösungen von bekanntem
Gehalt in entsprechender Weise aufgenommen wurde. Die erhaltene Eichkurve gehtaus Abb. 7.10 hervor.
Abb. 7.10 Eichkurve für die Kolorimetrie von Tripelennamin als Reineckat
Das Maximum der Farbintensität wurde durch drei Messungen bei verschiede¬
nen Konzentrationen über den Bereich von 450 bis 600 mu bei 525 mu ermittelt.
Eine Abnahme der Farbstärke des Reineckatniederschlages in den Azetonlö¬
sungen als Funktion der Zeit konnte innerhalb der Versuchszeit nicht beobachtet
werden. Nach 12 wurden noch die gleichen Werte erhalten wie unmittelbar nach
der Herstellung der Azetonlösungen, während nach 48 eine Abnahme der Farbstärke
festzustellen war.
7.2.1.5 Fällungsversuche, Allgemeines
Unsere Versuchsmethode richtete sich nach der von Kostenbauder und
Mitarb. (277) für Löslichkeitsbestimmungen angegebenen Methode, indem wir jedoch
277) Kostenbauder H., Gable F. und Martin A.N., J. amer, pharm. Ass.
(sei. Ed.) 42, 210 (1953).
- 165 -
zur bestmöglichen Imitation der beim Auftreten von Inkompatibilitäten vorliegenden
Verhältnisse nicht vom festen Reaktionsprodukt, sondern von den gemäss Verschrei-
bung vorliegenden Lösungen ausgingen. Auf diese Weise erhielten wir Auskunft über
die Ausfällungsgeschwindigkeit. Zur Herstellung der Niederschläge wurden frisch
bereitete Lösungen der beiden Komponenten in passender Konzentration zu je
30,00 ml bzw. 50,00 ml in getrocknete SchliffStopfengläser aus braunem, alkali¬
armem Glas abpipettiert und gemischt. Die Gläser wurden zugebunden und bei
Zimmertemperatur (22 - 24 ) über Nacht stehen gelassen. Zum Aequilibrieren
wurden die Gläser vor jeder Entnahme von Proben 6 auf einer Schüttelmaschine
in einem Wasserbad geschüttelt, welches durch einen Thermofix Eintauchthermo¬
staten auf 25 Î 0,2° temperiert wurde. Mit einer Pipette, an deren Spitze eine
getrocknete, umgekehrte Jena'er Glasfilternutsche angesetzt war, wurden nach
Spülen der Pipette mit der überstehenden Flüssigkeit 10,00 ml von dieser entnom¬
menen und der Analyse nach den eingangs beschriebenen Methoden zugeführt.
7. 2.1.6 Bestimmung der Löslichkeit unlöslicher, durch Inkompatibilitäten
entstandener Aethacridinsalze
Die Abhängigkeit der Niederschlagsbildung von der Konzentration der Kompo¬
nenten wurde im Vorversuch mit Verdünnungsreihen festgestellt. Berechnungen über
das Löslichkeitsprodukt bei sofortiger Niederschlagsbildung in Lösungen von Riva-
nol bei Zusatz von Chloridion wurden bereits von Lehmann (278) und von Ni-
colet (279) angestellt. In Abb. 7.11 sind unsere Versuche mit Zusatz von Chlori¬
den zusammengestellt. Die Abb. 7.11 stellt ein Diagramm und nicht Kurven dar,
indem nur die eingezeichneten Konzentrationen, aber nicht die dazwischenliegenden,
bei den Versuchen verwendet wurden, und indem die Lösungen nur zu den einge¬
zeichneten Zeiten, aber nicht dazwischen, beobachtet wurden. Bei Konzentrationen
unterhalb und Zeiten links der eingezeichneten Linien waren die Lösungen klar (mit
der erwähnten Einschränkung betreffend Konzentrationen und Beobachtungszeiten),
bei Konzentrationen oberhalb und Zeiten rechts der eingezeichneten Linien enthiel¬
ten die Lösungen einen Niederschlag. In den Mischungen mit Natriumchlorid lag
der pH-Wert um 6,20 (siehe auch 7.1.1.2, S. 148), in jenen mit Salzsäure zwi¬
schen 1 und 2.
278) Lehmann H., Schweiz. Apoth. Ztg. 82, 514(1944).279) Nicolet M., Schweiz. Apoth. Ztg. 8J7 561 (1944).
- 166 -
[ci«;
020
0.10
0 05
0 0«
0.03
0 02
0 01
1h 2h 3h 2th
Abb. 7.11 Die Ausfällung von schwerlöslichem Aethacridinchlorid
Konzentration Grenzlinien für Versuche mit
von Aethacridin-
laktatZusatz von
Natriumchlorid
Zusatz von
Salzsäure
0,004 m
0,005 m
0,0075 m
0,010 m
0,0125 m
gleiche Werte wie 0,004 m alle vier weiteren Konzen¬
trationen ergaben gleicheWerte wie 0,004 mgleiche Werte wie 0,0075 m
gleiche Werte wie 0,0075 m
Ausser der Tatsache, dass höhere Konzentrationen bereits rascher zu Nieder¬
schlägen führen, zeigt die Abbildung, dass die Niederschlagsbildung bei niedrigem
pH erst bedeutend später einsetzt als bei höherem. Alle Niederschläge sind in heis-
sem Wasser löslich. Die Vorversuche wurden bei Zimmertemperatur (22 - 24 )
durchgeführt. Bei Lagerung bei 5 (Versuchsbedingungen wie in 6) wurden die Nieder¬
schläge sehr viel rascher erhalten. Bei Lagerung bis zu 6 Tagen wurden in sämtli¬
chen Lösungen Niederschläge erhalten, bei pH 6, 2 zum Teil bereits nach 48. Alle
Niederschläge konnten als Aethacridinchlorid identifiziert werden. Sie waren in
Alkohol löslich.
- 167 -
Bei Vorversuchen mit einer 2, 5 millimol. Aethacridinlaktatlösung mit Sulfat
und Nitrat ergaben sich entsprechende Resultate. Mit Aluminiumsulfat (im Gegen¬
satz zu Natrium-, Magnesium- und Zinksulfat) wurde mit geringeren Konzentratio¬
nen (0,02 bis 0,08 m) schneller und reichlicher als mit höheren Konzentrationen
(0,1 m) ein Niederschlag erhalten. Die Niederschläge waren in Alkohol schwer lös¬
lich. Der pH-Wert nahm von 3,60 bei der geringsten bis zu 3,40 bei der höchsten
Aluminiumsulfatkonzentration ab. Alle Niederschläge konnten als Aethacridinsul-
fat bzw. -nitrat identifiziert werden.
Die eigentlichen Löslichkeitsversuche wurden gemäss Tab. 7. 2 nach der ein¬
gangs beschriebenen Versuchsmethode und mit den in den Tabellen angeführten Kon¬
zentrationen angesetzt. Die gemachten Beobachtungen sowie die nach Entnahme der
Proben und Analyse erhaltenen Resultate gehen ebenfalls aus den Tabellen hervor,
in denen die Messwerte am Ende des jeweiligen Versuchs angeführt sind. Die da¬
zwischenliegenden Werte, welche durch die Probeentnahmen während des Versuchs
in genau gleicher Weise erhalten wurden, sind in Abb. 7.12 dargestellt. Aus dieser
geht ferner hervor, dass auch bei Fortführung der Versuche über längere Zeit (bis
zu 14 Tagen) keine genügend konstanten Werte erhalten wurden um die Berechnung
des Löslichkeitsprodukts in mehr als approximativer Weise zu gestatten.
messbar.
genau
ausreichend
nicht
Schlusskonzentration
und
Anfangs-
zwischen
Unterschiede
geringen
zu
der
Wegen
*)
--
-
Niederschlag
kein
81.25-10"3
1:2
0,025
0,05
11
0.95
-10"
62,
7-Hf
43,5-10~3
Niederschlag
sofort
21.25-10"3
2:1
0,05
0,025
10
-10"5
4,5
6,9-10"3
6.5-10"3
Tg.
4nach
Niederschlag
86.25-10"4
1:1
0,025
0,025
9
--
-
Niederschlag
kein
8-10"4
2,5
1:2,5
0,01
0,025
8
chlorid
Kai.
dinlaktat
Aethacri¬
-10"6
2,2
2.2-10"1
1.0-10"5
Niederschlag
sofort
86,25-10"3
10:1
0,25
0,025
7
-10"6
1,1
7,5-10"2
1.5-10"5
Niederschlag
sofort
8-10"3
2,5
4:1
0,1
0,025
6
--
-
Niederschlag
kein
81,25-10"3
2:1
0,05
0,025
5
--
-
Niederschlag
kein
86,25-10"4
1:1
0,025
0,025
4
-10"6
1,6
4,5-10"2
3.5-10"5
Tg.
9nach
Niederschlag
15
-10"4
2,5
10:1
0,05
0,005
3
-*)
3.2.10-5
Tg.
3nach
Niederschlag
15
-lO"4
2,5
40:1
0,1
0,0025
2
-*>
MO"5
2,Niederschlag
sofort
4-10"4
2,5
160:1
0,2
0,00125
1
Gleichgewicht
im
chlorid
Kai.
Rivanol®
[RH+][C1-]
rci-i
[RH®]
Beobachtungen
(Tag
e)
dauer
Versuchs¬
Anf.Konz.
der
Produkt
[rh®
J
[cie
]Mischung
der
in
Anfangskonzentration
Nr.
Aethacridinlaktat
mit
Fällungsversuche
7.2
Tabelle
169
[RH®]
b)
10
5-10-
10"
5'10-5
d)
e)
0 2 4 6 8 10 12 14 16
Beobachtungszeit in Tagen
Abb. 7.12 Löslichkeitsversuche mit Aethacridinlaktat und Chloriden sowie Nitraten
a) Versuch Nr. 3 in Tab. 7. 2
b) Versuch Nr. 2 in Tab. 7. 2
c) Versuch mit Kaliumnitrat in einer Konzentration
entsprechend jener in Versuch b)
d) Versuch Nr. 1 in Tab. 7. 2
e) Versuch mit Kaliumnitrat in einer Konzentration
entsprechend jener in Versuch d)
Ordinate logarithmisch unterteilt.
ff.
38
S.
3.21.3,
s.
*)
keine
Trüb.
kaum
deutl.
noch
kräftig
keine
Trüb.
kaum
deutl.
noch
kräftig
Reagens
sDragendorff
mit
Reaktion
_lt_
Krist.
wenige
Krist.
einz.
ver-
_it^
h24
_ti_
_n_
Ile
Krista
wenige
h2
Niederschi.
kräftiger
Krist.
wenige
Krist.
einz.
ver-
Krist.
keine
Niederschlag
kraftiger
Krist.
wenige
Krist.
einz.
ver-
h1
1Niederschi.
Reaktion
keine
kräftiger
..
_.
Niederschi.
kräftiger
Reaktion
keine
O'
Mischung
der
an
Beobachtungen
100
40
20
10
52
150
20
10
52,5
10,5
:[Cl"]*
][i
"Verhältnis
1,0
0,4
0,2
0,1
0,05
0,02
0,01
1,0
0,4
0,2
0,1
0,05
0,02
0,01
NaI
0,01
0,02
namin
Tripelen¬
Losung
fertigen
der
in
Konz.
molare
Iodid
durch
Tripelennamin
von
Ausfällung
der
bei
Konzentrationsabhängigkeit
Die
7.3
Tabelle
0,82
-10"
4
0.73
-10"
4
0,61
-10"
4
0,4M0"4
-10"2
9,1
-10"
28,1
3.19-10"2
0.31-10*2
0,90-10'3
0,93-10'3
1,90-10"3
1.31-10"2
Niederschlag
feinkristalliner
Niederschi.
krist.
fein-
reichlich
Niederschi.
ner
feinkristalli¬
Kristallegrosse
wenige
Krist.
wenige
min
10
nach
Niederschi.
ger
kräfti¬
sofort
Kristalle
wenige
sofort
Krist.
einzelte
ver¬
h1
nach
20:2
10:2
5:2
1:2
lo"3
2-10"3
lo"3*
2-10
_4
0,1
0,1
0,05
0,01
0,01
0,02
0,02
0,02
iodid
Kalium¬
HCl
min
Tripelenna-
[RH+][r]
Entnahme)
letzter
(nach
Gleichgew.
im
[I"]
Entnahme)
letzter
(nach
Gleichgew.
im
]+
[RH
Tagen)
3(nach
Versudhesdes
Schluss
bei
Beobachtungen
Versuchesdes
Anfang
bei
Beobachtungen
]+
[RH
[I"]
konz.
Anfangs-
der
Produkt
Mischung
der
in
Anfangskonzentration
Tripelennaminhydrochlorid
mit
Fällungsversuche
47.
Tabelle
- 172 -
7. 2.1.7 Die Bestimmung der Löslichkeit von Tripelennaminiodid
Die Abhängigkeit der Niederschlagsbildung von der Konzentration der Kompo¬
nenten wurde aus der Verdünnungsreihe gemäss Tabelle 7.3 im Vorversuch festge¬
stellt, indem die überstehende Flüssigkeit nach 24 filtriert und qualitativ mittels
Dragendorff's Reagens auf Tripelennamin geprüft wurde.
Ausser der Tatsache, dass die Ausfällung mit zunehmender Iodmenge schnel¬
ler erfolgt, und dass kleinere Wirkstoffmengen einen relativ grösseren Ueberschuss
von lodid für die spontane Fällung benötigen als grössere (Löslichkeitsprodukt),
zeigt die Tabelle, dass für die totale Ausfällung des Wirkstoffes bedeutende Ueber-
schüsse des Fällungsmittels benötigt werden (40 - 100 fâcher Ueberschuss).
Die eigentlichen Löslichkeitsversuche wurden gemäss Tab. 7. 4 nach der ein¬
gangs beschriebenen Versuchsmethode und mit den in der Tabelle angeführten Kon¬
zentrationen angesetzt. Die gemachten Beobachtungen, sowie die nach Entnahme der
Proben und Analyse erhaltenen Resultate, gehen ebenfalls aus der Tabelle hervor.
7. 2. 2 Entstehen von Molekülverbindungen, Versuche mit Promethazinhydrochlorid
7. 2. 2.1 Allgemeines
Als Beispiel einer chemischen Reaktion ohne sichtbare Ausfällung wurde die in
6.1. 2.4, S. 101 erhaltene Reaktion von Promethazinhydrochlorid mit Sulfacetamid
sowie mit Silbernitrat näher untersucht.
7. 2. 2. 2 Abhängigkeit von der Reaktion der Lösung
Die stärkere der in 6.1. 2. 4 verwendeten Promethazinhydrochloridlösungen von
0,04 m wurde mit gleichen Teilen der in 6.1. 2. 4 verwendeten Sulfacetamid- und Sil¬
bernitratlösungen versetzt. Die Mischungen wurden mit 0,1 n-Natriumhydroxyd ti¬
triert. Die gemessenen pH-Werte gehen aus der Abb. 7.13 hervor.
- 173 -
pH
7
6'
5"
i i 'ml
Abb. 7.13 Titrationskurven von Promethazinmischungen
I Mischung von 5 ml 0,02 m-Promethazinhydrochloridmit 5 ml 0,01 m-Sulfacetamid
n Mischung von 5 ml 0,02 m-Promethazinhydrochloridmit 5 ml 0,005 m-Silbernitrat
Titration mit 0,1 n-Natriumhydroxyd
Die Abbildung zeigt, dass nach der Neutralisation des Sulfacetamids (Kurve I)
eine Farbänderung erfolgt. Mit weiterem Basenzusatz wird erwartungsgemäss die
Promethazinbase ausgefällt. Der Prozess ist reversibel und liess sich durch Rück¬
titration mit 1 n Salzsäure wieder vollständig in die Ausgangslage zurückführen.
Bei der Lösung mit Silbernitrat (Kurve II) erfolgte bei zunehmender Basizität
ebenfalls eine Ausscheidung, welche im Gegensatz zu der in Kurve I erhaltenen Aus¬
scheidungen durch Rücktitration mit Salpetersäure nur nahezu, aber nicht mehr voll¬
ständig aufgehoben werden konnte. Dementsprechend konnte aus der neutralisierten
Lösung beim Ausschütteln mit Chloroform Silberchlorid in der Grenzphase zum Aus¬
scheiden gebracht werden, während in der sauren Lösung eine Ausscheidung von Sil¬
berchlorid erst nach mehreren Stunden Stehenlassen erfolgte. Zur Kontrolle wurden
Lösungen entsprechender Konzentration ohne Promethazin im Parallelversuch ent¬
sprechend behandelt, wobei deutliche Silberchloridniederschläge erhalten wurden.
- 174 -
7. 2. 2.3 Quantitative Verhältnisse
Zur Abklärung der mit der pH-Messung nicht deutlich ersichtlichen quantita¬
tiven Verhältnisse wurde die Reaktion zwischen Promethazinhydrochlorid und Sul¬
facetamid im HocMrequenztitrimeter verfolgt. In sinngemäss entsprechender Weise
wie bei der Vorschrift für Fällungstitrationen (siehe 7. ZA. 2, S. 157) wurden Pro-
methazinhydrochloridlösungen verschiedener Konzentration vorgelegt und mit 0,02 m
Sulfacetamidlösungen in passenden Anteilen versetzt. Wir erhielten dabei Kurven
wie die in Abb. 7.14 angegebene.
58
56
5t
52
50
0 2 4 6 8 ÜT ml
Abb. 7.14 Titration von Promethazinhydrochloridlösung mit Sulfacetamidlösungmittels Hochfrequenzanzeige
Vorlage: 10,00 ml 0,01 m-Promethazinhydrochlorid
Titrationsflüssigkeit: 0,02 m-Sulfacetamid
Anzeige nach der AusSchlagsmethode (siehe 7. 2.1. 2, S. 160)Skt = Skalenteile
Der Schnittpunkt der Kurvenäste liegt bei äquimolaren Konzentrationen von Pro¬
methazin und Sulfacetamid. Die Resultate lassen darauf schliessen, dass die in den
Versuchen in 6.1.2.4, S. 101, erhaltene tiefe Färbung auf einer Assoziation von 1
Molekül Promethazinhydrochlorid und 1 Molekül Sulfacetamid beruht.
Wir stellten eine stark übersättigte Lösung von Sulfacetamid her und versetzten
diese mit Promethazinhydrochlorid in dem ermittelten Mengenverhältnis. Diese Mi¬
schung wurde in Gläser abgefüllt, verschlossen und nach Abkühlen im Dunkeln
- 175 -
aufbewahrt. Parallel damit wurden eine Reihe Sulfacetamidlösungen in Konzentra¬
tionsbereichen um die für den Versuch verwendete Konzentration hergestellt und
unter gleichen Bedingungen gelagert. Die promethazinhaltige Lösung nahm innert
weniger Stunden eine tiefblaue Farbe an und hielt sich im übrigen mehrere Monate
unverändert, während die reinen Sulfacetamidlösungen bis in niedere Konzentrations¬
bereiche auskristallisierten.
- 176 -
ZUSAMMENFASSUNG
1. Es wurde ein System zur Einordnung der Inkompatibilitäten nach Reaktions¬
typen (physikalische Vorgänge verschiedener Art und chemische Vorgänge verschie¬
dener Art) aufgestellt.
2. In einer Uebersicht über die neuere Literatur über das gesamte Gebiet der
pharmazeutischen Inkompatibilitäten wurden charakteristische Beispiele für jeden
der im System benutzten Reaktionstypen gegeben.
3. Die Grundlagen einzelner für die quantitative Untersuchung von Inkompati¬
bilitäten zweckmässiger Analysenmethoden, darunter insbesondere die Hochfrequenz¬
titration, wurden dargestellt.
4. Die Voraussetzungen und Reaktionsbedingungen für Reaktionen, welche zu
Inkompatibilitäten vom Fällungstyp führen können (insbesondere die Bildung von
schwerlöslichen Salzen, Komplexverbindungen und Assoziaten sowie die Ausfällung
unlöslicher Basen und Säuren aus ihren Salzen) wurden auf Grund der chemischen
und physikalisch-chemischen Gesetze diskutiert und durch die aus der Literatur zu¬
sammengetragenen Beispiele erläutert.
5. Es wurde eine systematische Durchprüfung der folgenden, nach funktionel¬
len Gruppen, pK-Wert und Molekulargewicht zweckmässig eingeteilten Stickstoffba¬
sen und verwandten Arzneisubstanzen:
Procainhydrochlorid, Amylocainhydrochlorid, Cinchocainhydrochlorid, Mepyramin-
maleat, Tripelennaminhydrochlorid, Antazolinhydrochlorid, Promethazinhydrochlo-
rid, Diphenhydraminhydrochlorid, Proflavinsulfat, Acriflaviniumchlorid, Aethacri-
dinlaktat, Cetylpyridiniumchlorid, Nitrofural, Naphazolinnitrat und Tolazolinhydro-chlorid
auf mögliche mkompatibilitätsreaktionen mit einigen, als Wirk- oder Hilfsstoffe vor¬
kommenden Zusatzstoffen unternommen. Als Zusatzstoffe wurden die folgenden,
ebenfalls nach funktionellen Gruppen, pK-Wert und Molekulargewicht zweckmässig
eingeteilten Substanzen verwendet:
Sulfacetamid, Sulfacetamidnatrium, Phenobarbitalnatrium, Sulfadimidinnatrium,primär. Natriumphosphat, Natriumsalicylat, Natriumbenzoat, Natriumacetat, sek.
Natriumphosphat, Natriumborat, Fluoresceinnatrium, Merbrominnatrium, Natrium-
oleat, Natriumlaurylsulfat, Natriumiodid, Natriumbromid, Gerbsäure, Argentumproteinicum, Silbernitrat, Zinksulfat, sowie einige Neutralsalze.
- 177 -
Die erhaltenen Resultate wurden nach Untersuchung der Reaktionsprodukte ge¬
mäss ihrer Zugehörigkeit zu den Reaktionstypen des aufgestellten Systems in solcher
Weise eingeordnet, dass sie zur Voraussage möglicher Inkompatibilitäten der ge¬
prüften Substanzen dienen können.
6. Einzelne der erhaltenen Fällungs- und Assoziationsreaktionen wurden mit¬
tels verschiedener Methoden (Löslichkeitsbestimmung, Hochfrequenztitration) quan¬
titativ untersucht.
Curriculum vitae
Am 28. November 1929 wurde ich als Sohn von Max-Peter Jaspersen und
Hanne Jaspersen, geb. Eckert, in Newchwang (China) geboren. Ich besuchte die
Primarschule in Haderslev (Dänemark) und das Gymnasium in Kopenhagen und
schloss im Sommer 1948 mit dem Maturitätsexamen der mathematisch-naturwissen¬
schaftlichen Richtung ab. Vom Herbst 1948 an machte ich mein Praktikum bei Herrn
Dr. H. H. Hansen in Haderslev, worauf ich das weitere Pharmaziestudium an der
Kgl. Dänischen Pharmazeutischen Hochschule in Kopenhagen im Oktober 1954 mit
dem dänischen Staatsexamen abschliessen konnte. Ich arbeitete dann während drei
Jahren in öffentlichen Apotheken in Gstaad (Berner Oberland) und Genf und wurde
im Mai 1958 an der Wissenschaftlichen Zentralstelle des Schweizerischen Apothe¬
ker-Vereins als Mitarbeiter angestellt. Da sich die Wissenschaftliche Zentralstelle
am Pharmazeutischen Institut der Eidgenössischen Technischen Hochschule befindet,
hatte ich Gelegenheit im Januar 1959 mit der vorliegenden Promotionsarbeit unter
Leitung von Herrn Prof. Dr. J. Büchi zu beginnen. Gleichzeitig blieb ich halbtags
an der Wissenschaftlichen Zentralstelle angestellt.