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Ruhr-Universität Bochum
PD Dr. med. G. Möllenhoff
Dienstort: Chirurgische Klinik der Raphaels – Klinik Münster GmbH
______________________________
Prognosen der verschiedenen Acetabulum - Frakturen:
Komplikationen und verbleibende Bewegungseinschränkungen
unter besonderer Berücksichtigung
von heterotopen Ossifikationen
Inaugural-Dissertation
zur
Erlangung des Doktorgrades der Medizin
einer
Hohen Medizinischen Fakultät
der Ruhr-Universität Bochum
vorgelegt von
Daniela Keil
aus Hamm
2004
Dekan: Prof. Dr. med. G. Muhr
Referent: PD Dr. med. Gunnar Möllenhoff
Koreferent: PD Dr. med. Stephan Ahrens
Tag der mündlichen Prüfung: 18.10.2005
1
Inhaltsverzeichnis
Seite
Kapitel 1 Einleitung 4
1.1. Anatomische Grundlagen 7
1.2. Unfallmechanismus 12
Kapitel 2 Diagnostik
2.1. Begleitverletzungen 13
2.2. radiologische Verfahren 16
2.2.1. a.p. Aufnahme 17
2.2.2. Ala- und Obturatoraufnahme 18
2.2.3. CT bzw. 3 D-CT 19
2.3. körperliche Untersuchung (Bewegungsausmaße) 20
2.4. Klassifikation der Frakturtypen
2.4.1. nach Letournel und Judet 24
2.4.2. AO- Klassifikation 25
2.5. Therapie 27
2.5.1. Operation 29
2.5.2. Konservativ 33
2.5.3. Nachbehandlung 34
Kapitel 3 Komplikationen
3.1. Intraoperativ 36
3.2. Postoperativ 39
2
Seite
Kapitel 4 periartikuläre Ossifikationen (PAO)
4.1. Definition und Ätiologie 42
4.1.1. Risikofaktoren 45
4.1.2. Pathomechanismus 48
4.2. Klassifikation 50
4.3. Diagnostik 51
4.4. Prophylaxe 52
4.4.1. Radiatio 53
4.4.2. Medikamentös 54
Kapitel 5 Zielsetzung und Fragestellung 56
Kapitel 6 Patientengut und Methodik 57
Kapitel 7 Ergebnisse 62
Kapitel 8 Diskussion 73
Kapitel 9 Zusammenfassung 81
Kapitel 10 Literaturverzeichnis 82
Kapitel 11 Danksagungen 99
Kapitel 12 Lebenslauf 100
3
Verzeichnis der Abkürzungen
A. = Arteria a.p. = anterior-posterior Aa. = Arteriae (Mz.) Abb. = Abbildung AC-Gelenk = Acromio-Clavicular Gelenk AO = Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthese bzw. = beziehungsweise Ca. = circa CT = Computertomographie d.h. = das heißt et al. = und andere evtl. = eventuell ff. = folgende Gy = Gray (Einheit der Strahlenenergiedosis) H2- Blocker = Medikament zur Hemmung der Magensaftproduktion IU = internationale Units (Einheiten für Laborparameter) lat. = lateral (seitlich) Lig. = Ligamentum (Band) Ligg. = Ligamenta (Mz.) M. = Musculus med. = medial (in der Mitte) mg = milligramm Mm. = Musculi (Mz.) N. = Nervus NSAID = nicht steroidale Antiphlogistica (entzündungshemmende Medikamente) OP = Operation OSG = oberes Sprunggelenk PAO = periartikuläre Ossifikation pH-Wert = saure oder alkalische Eigenschaft einer Substanz PKW = Personenkraftwagen Postop. = postoperativ (nach der Operation) S. = Seite s. = siehe s.o. = siehe oben SHT = Schädelhirntrauma syn. = synonym Tab. = Tabelle TEP = Totalendoprothese (Künstlicher Gelenkersatz) u.a. = und andere V. = Vena Vv. = Venae (Mz.) ZNS = Zentralnervensystem
4
Kapitel 1
Einleitung
Die Acetabulumfraktur ist eine schwerwiegende und relativ seltene Verletzung die nur
durch immense Krafteinwirkung auf das Becken hervorgerufen werden kann.
Dieses hochenergetische Trauma wird verursacht durch axiale Krafteinwirkung über den
Femurkopf, direkten Anprall von lateral oder als Begleitverletzung bei Beckenbrüchen.
Hierbei ist als Pathogenese auch das Überrolltrauma zu nennen. (8, 9, 27, 74, 96, 97, 101,
106)
Die Behandlung der Acetabulumfraktur bestand bis 1961 aus der geschlossenen Reposition
und der langandauernden Immobilisierung der Hüfte. Diese u.a. von Cottalorda 1922
vertretene Strategie lieferte allerdings sehr oft enttäuschende Ergebnisse, da keine
zufriedenstellende und bleibende Reposition der Fragmente erreicht werden konnte.
Als Pioniere der Versorgung der Acetabulumfraktur sind die Professoren Emile Letournel
und Robert Judet zu nennen. Sie waren die ersten Operateure, die eine wissenschaftliche
Langzeitbeobachtung über die Anatomie des Acetabulums und die Zugangsmöglichkeiten
zu selbigem durchführten. 1961 veröffentlichten sie einen Artikel über 75 von ihnen
operativ versorgte Acetabulumfrakturen und deren klinische Ergebnisse.
Das Fazit war, dass das funktionelle Resultat durch eine Operation erheblich verbessert
werden kann, wenn sie sorgfältig und frühzeitig vorgenommen wird.
Damit wurde die bislang praktizierte konservative Behandlung als inadäquat bewertet und
in den Hintergrund gedrängt. (57)
Trotzdem wurden bis vor 25 Jahren die meisten Frakturen konservativ, d.h. mit
geschlossener Reposition und anschließender Extension behandelt, da viele operative
Behandlungen an den zahlreichen Komplikationen, wie tiefen Venenthrombosen mit
nachfolgender Lungenembolie, Wundinfekten, übermäßigen Blutverlusten mit
kardiopulmonalem Versagen, sekundärer Dislokation oder nicht ausreichender Reposition
durch falsche Zugangswege, sowie Nervenschädigungen scheiterten. (36)
5
Mit der Weiterentwicklung der diagnostischen Möglichkeiten (CT und 3 D-CT), der
Verbesserung des Instrumentariums sowie der OP-Technik und der annähernd optimalen
Versorgungsmöglichkeit polytraumatisierter Patienten in bestimmten dafür ausgestatteten
Zentren, ist heute die operative Versorgung dislozierter Acetabulumfrakturen die Therapie
der Wahl. (24, 27, 66, 96, 97, 100)
Von den durch Letournel behandelten Patienten war die Mehrzahl (Anzahl 50) in einen
Autounfall involviert, 2 verletzten sich bei einem Sturz aus großer Höhe und 9 erlitten
einen direkten Stoß gegen den großen Rollhügel (Trochanter major). Bei den übrigen war
der Verletzungsmechanismus nicht bekannt. Schon vor 40 Jahren war somit der Autounfall
die häufigste Ursache für eine Acetabulumfraktur.
Daran hat sich im Laufe der Jahre auch nichts geändert. Die Zahl der Autounfälle hat in
den letzten Jahrzehnten sogar zugenommen. Die Ausstattung mit Sicherheitsgurten,
Airbags, Seitenaufprallschutz und ähnlichem verhindert zwar oft den tödlichen Ausgang
dieser Unfälle, leider jedoch nicht die oft auftretenden Hüftgelenksverletzungen, wie
Hüftdislokationen, Luxationsfrakturen oder Acetabulumfrakturen. (8, 11)
Da es eines hochenergetischen Trauma bedarf, um eine Acetabulumfraktur zu verursachen,
weisen die Patienten in über 80% der Fälle zusätzliche Verletzungen auf und über 50% der
Acetabulumfrakturen finden sich bei Polytraumatisierten. (8, 26, 38, 52, 59, 66, 78, 96, 97,
101)
Die Prognose der verschiedenen Verletzungstypen des Acetabulums ist zum großen Teil
abhängig vom Allgemeinzustand des Patienten, da die vorhandenen Begleitverletzungen
oftmals das Management der Acetabulumfrakturen erschweren. (62).
Zusätzlich spielt das Ausmaß der Zerstörung der acetabularen Gelenkfläche, welches sich
durch den Grad der Zertrümmerung bestimmen lässt, eine zentrale Rolle. Ebenso sind die
begleitende Verletzung des Femurkopfes infolge einer Hüftluxation (127), eine zusätzlich
vorhandene Osteoporose (69), oder der Zeitpunkt der Operation die Prognose
beeinflussende Faktoren. (66, 78, 97)
Postoperativ bestimmt die mehr oder weniger wiederhergestellte Kongruenz der
Gelenkfläche im großen Maß die Prognose der Acetabulumfraktur. (52, 69, 78)
6
Neben den erwähnten Begleitverletzungen können so genannte periartikuläre
Ossifikationen die Rekonvaleszenz des Patienten erheblich erschweren. Dieses sind
Verkalkungen bzw. Verknöcherungen der die Gelenke umgebenden Weichteile, aufgrund
des erheblichen Unfalltraumas oder der Verletzung der Weichteile im Rahmen der
Operation. (3, 23, 24, 41, 78, 81, 97, 98, 100, 101, 127)
Nach erfolgter primärer Versorgung der notwendigen Verletzungen und eingetretener
Kreislaufstabilisierung des Patienten, wird heute so schnell wie möglich operiert, d.h.
zwischen dem 2. und 10. Tag nach dem Trauma. (38, 42, 52, 66)
Zur OP-Planung stehen als Standardaufnahme die a.-p.-Darstellung, eine Zielaufnahme der
betroffenen Hüfte und die Ala- und Obturator-Aufnahme zur Verfügung. Seit Ende der
Siebziger Jahre gehört die Computertomografie des Acetabulums ebenfalls zur
Standarddiagnostik, da einige Studien gezeigt haben, dass auf den konventionellen
Aufnahmen oft intraartikuläre Fragmente übersehen wurden. (1, 26, 113, 122)
Eine weitere Erleichterung bei komplexen Frakturen bringt die Berechnung einer 3 D-
Computertomografie mit eventueller Femursubtraktion, um den genauen Frakturverlauf zu
rekonstruieren. (9, 26, 39, 52, 97)
Die Operation selbst verlangt große Erfahrung seitens des Operateurs, da eine absolute
Kongruenz zwischen Hüftkopf und Pfanne wieder hergestellt werden muss, damit es nicht
zum vorzeitigen Verschleiß des extrem beanspruchten Hüftgelenkes kommt.
(9, 58, 63, 65, 78, 96, 97, 118)
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den häufig auftretenden Frakturen des
Acetabulums im Zusammenhang mit Autounfällen und Stürzen aus großer Höhe.
7
1.1. Anatomische Grundlagen
Das menschliche Becken und seine Aufgaben
Das Becken des Menschen hat unterschiedliche Aufgaben, welche die ungewöhnliche
Form und die Großflächigkeit der Beckenknochen bedingen.
Als erstes ist das Becken das zentrale Element der Statik des menschlichen Skeletts.
Es dient der beweglichen Verbindung des Rumpfes mit den Beinen. Hier ist es der Träger
der Gelenkpfanne (Acetabulum), deren traumatische Zerstörung in dieser Abhandlung
genauer in Augenschein genommen wird. Eine Einbuße der Beweglichkeit in diesem
Gelenk äußert sich somit in einer Bewegungseinschränkung der Beine gegenüber dem
Körper und folglich in einem veränderten Gangbild.
Da der auf zwei Beinen stehende Mensch leichter aus dem Gleichgewicht zu bringen ist als
ein Vierfüßer, benötigt der Mensch starke Muskulatur, die ihn im aufrechten Stand oder
Gang hält. Die Beckenknochen dienen somit als Ursprungsflächen für diese mächtige
Muskulatur, welches die zweite Aufgabe des Beckens darstellt.
Ferner bildet das Becken den Abschluss der Leibeswand nach hinten und unten und
beherbergt somit zahlreiche Eingeweide, welche bei Unfällen mit mäßiger
Gewalteinwirkung, durch die Beckenknochen, von denen sie wie eine Schale umgeben
werden, geschützt sind.
Die vierte Aufgabe besteht darin den unteren Teil der Wirbelsäule zu bilden und als
Ursprungsort von Rücken- und Bauchmuskeln zu fungieren.
Letztendlich wird die Form und Größe des Beckens noch durch seine Aufgabe als
Geburtskanal bestimmt.
8
Im aufrechten Stand oder Gang kommt es wie in einem Gewölbebogen zu folgender
Kraftübertragung von der Wirbelsäule über das Becken auf die beiden Oberschenkel-
knochen. (siehe Abb. 1)
Abb. 1: Funktionelle Anatomie des Beckens
(Quelle: 106, S. 874)
Das Kreuzbein (Os sacrum) bildet zusammen mit den beiden Hüftbeinen (Ossa coxae) den
knöchernen Beckenring.
Die Symphysis pubica verbindet ventral die beiden Ossa coxae untereinander.
Dorsal besteht die Verbindung zum Os sacrum aus einer Amphiarthrose, einer echten
straffen Gelenkverbindung, der Articulatio sacroiliaca.
Dieses Gelenk ist zwar ein echtes Gelenk, doch ist es durch viele starke Bänder (Ligamenta
Sacro-iliaca anteriora/ interossea/ posteriora) in seiner Beweglichkeit erheblich
eingeschränkt und die Hauptfunktion besteht in der Federung von Wirbelsäule und Kopf.
Im Sitzen ruht das gesamte Gewicht auf den beiden Sitzbeinhöckern (Tuber ischiadica), im
Stand wird es durch die beiden Hüftgelenke (Articulationes coxae) an die Oberschenkel-
knochen (Femur) weitergegeben.
Voraussetzung für die Kraftübertragung vom Rumpf auf die freie untere Extremität ist die
Stabilität innerhalb des Beckenringes, wobei ein Gleichgewicht zwischen den auf die Ilio-
sakralgelenke und auf die Symphyse wirkenden Kräften herrschen muss. Ist der Beckenring
zum Beispiel durch unfallbedingte Sprengung des Iliosakralgelenkes oder der Symphyse
unterbrochen, oder ist es zu einer Durchtrennung der Rami des Os pubis und Os ischii
gekommen, ist die Tragfähigkeit des Beckens reduziert und das Gehen und Stehen ist nur
sehr schwer möglich.
9
Durch die am Os coxae ansetzenden oder entspringenden Muskeln entsteht zusätzlich eine
Zugbelastung des Beckens, die durch eine Art Rahmenkonstruktion des Os coxae in Form
einer 8 ausgeglichen wird.
So wird klar, welche zentrale und wichtige Stellung, sowohl anatomisch (morphologisch)
als auch funktionell das Becken und die Hüftgelenke haben.
Entwicklung des Os coxae:
Das Os coxae besteht aus drei Knochen dem Darmbein (Os ilii), dem Sitzbein (Os ischii)
und dem Schambein (Os pubis), die im Laufe des Wachstums in Form einer Synostose zu
einem einzigen Knochen zusammen wachsen.
Die erste Verbindung der drei Knochen ist eine Y-förmige Knorpelfuge im Bereich des
Acetabulums, welche die Hauptwachstumszone darstellt. Somit bilden alle drei die
knöcherne Hüftgelenkspfanne, wobei das Os ischii und das Os ilium zu jeweils zwei
Fünfteln und das Os pubis zu einem Fünftel am Aufbau des Acetabulums beteiligt sind.
Hierbei bildet das Os pubis den ventralen, das Os ilium den kranialen und das Os ischii
den dorsalen Anteil der des Acetabulums.
Innerhalb der Knorpelfuge bilden sich zwischen dem 9.-12. Lebensjahr mehrere
Schaltknochen, die dann als eigenständige Knochenbildungszentren fungieren.
Der genaue Zeitpunkt der synostotischen Verschmelzung der drei Knochen ist nicht genau
anzugeben, liegt aber normalerweise zwischen dem 14.-16. Lebensjahr.
Am Ende des 2. Lebensjahrzehntes sind die drei Knochen so zusammen gewachsen, dass
man keine Nahtstelle mehr innerhalb des Acetabulums erkennen kann.
10
Aufbau und Funktion der Articulatio coxae:
Wie schon erwähnt stehen die untere freie Extremität und das Becken durch das
Hüftgelenk (Articulatio coxae) in Verbindung.
Die Articulatio coxae besteht aus den Elementen Femurkopf (Caput ossis femoris) und der
Gelenkpfanne (Acetabulum) und wird durch diverse Bänder und Muskeln stabilisiert.
Um eine gut bewegliche aber trotzdem sicher geführte Verbindung zwischen Femurkopf
und Acetabulum zu erreichen, wird der Rand der Hüftpfanne von einer faserknorpeligen
Gelenklippe (Labrum acetabulare) gebildet. Sie umgreift den Femurkopf über seinen
Äquator hinaus und bildet somit ein „Nußgelenk“.
Dieses ist eine Sonderform des Kugelgelenkes (Articulatio sphaeroidea), welches in allen
Richtungen des Raumes um ein Drehzentrum beweglich ist.
Ein Kugelgelenk besteht aus einem kugelförmigen Gelenkkopf und einer Gelenkpfanne,
die Teil einer entsprechenden Hohlkugel ist. Geringe Unregelmäßigkeiten in der
Oberfläche der artikulierenden Teile werden vom Knorpelüberzug ausgeglichen, so dass es
zu einer gleichmäßigen Spannungsverteilung innerhalb des Gelenkes kommt.
Hauptsächliche Tragflächen sind das Pfannendach und der kraniale Anteil des
Femurkopfes. Hier ist der Gelenkknorpel besonders dick und das subchondrale
Knochengewebe aufgrund der hohen Belastung vermehrt.
Caput ossis femoris und Acetabulum sind durch das Ligamentum capitis femoris
verbunden. Dieses Band besitzt jedoch keine mechanische Funktion, wie zum Beispiel eine
Bewegung zu limitieren, sondern es führt Gefäße zur Versorgung des Hüftkopfes, nämlich
die Rami acetabulares aus der Arteria obturatoria und der Arteria circumflexa femoris
medialis.
Da das Hüftgelenk einen großen Bewegungsumfang aufweist, muss dementsprechend die
Gelenkkapsel des Hüftgelenkes relativ weit sein, aber trotzdem den Hüftkopf fest in der
Gelenkpfanne halten. Deswegen ist die Membrana fibrosa der Gelenkkapsel dick und fest
und zusätzlich noch mit kräftigen Bändern verstärkt.
11
Die drei Bänder, die für die zusätzliche Festigkeit der Hüftgelenkkapsel sorgen, sind das
Ligamentum iliofemorale, das Ligamentum ischiofemorale und das Ligamentum
pubofemorale, die sich bei Beugung des Hüftgelenkes entspannen und bei Streckung
anspannen. Alle drei hemmen unterschiedliche Bewegungen.
Das Ligamentum iliofemorale, auch Bertinisches Band genannt, ist das kräftigste Band im
Körper mit einer geschätzten Zuglast von 350 kg und befindet sich auf der ventralen Seite
des Hüftgelenkes. Seine Aufgabe besteht darin, die Statik des Beckens ohne den Einsatz
von Muskelkraft aufrecht zu erhalten.
Weiterhin ist der laterale Teil des Bandes für die Stabilisierung des Standbeines in der
Frontalebene verantwortlich, weil er die Adduktion hemmt und zusammen mit den kleinen
Glutealmuskeln ein Abkippen des Beckens zur Schwungbeinseite verhindert.
Bei erworbenen (traumatischen) Hüftgelenksverrenkungen (Luxationen) reißt diese Band in
den seltensten Fällen. Der Hüftkopf kann nur selten nach ventral kranial luxieren. Häufiger
tritt er nach ventral kaudal oder nach dorsal aus der Pfanne. Die Luxation macht sich dann
durch die extreme Außen- oder Innenrotation des Beines bemerkbar.
Das Ligamentum pubofemorale befindet sich kaudal des Hüftgelenkes und ist das
schwächste der drei Hüftgelenkbänder. Es hemmt die Extension, Abduktion und
Außenrotation.
Das Ligamentum ischiofemorale liegt dorsal des Hüftgelenkes und hemmt die
Innenrotation, Extension und Abduktion.
Die tiefen Kollagenfaserbündel der Gelenkkapsel verlaufen zirkulär und bilden so noch
eine Art viertes Band, die Zona orbicularis.
Dieses 0,5 - 1 cm breite Ringband umfasst den Femurhals an seiner schmalsten Stelle wie
ein Knopfloch und verhindert somit zusätzlich ein Herausrutschen des Femurkopfes aus
der Gelenkpfanne bei angehobenem Bein, wie z. B. beim Gehen.
Die Zona orbicularis hat keine direkte Verbindung zum Knochen.
Relativ entspannt ist die Gelenkkapsel bei Beugung, leichter Adduktion und Außenrotation.
Zu dieser Stellung kommt es z. B. bei einer Entzündung im Hüftgelenk (Koxitis), um den
Dehnungsschmerz in der Kapsel zu vermindern. (91 S.502)
12
1.2. Unfallmechanismus
Der Verletzungshergang erfordert eine große Krafteinwirkung über den Schenkelhals auf
das Acetabulum. Dieses kann hervorgerufen werden durch direkten Schlag oder Fall auf
den Trochanter major oder durch Längsstauchung des Oberschenkels. Es kommt jedoch
immer zur indirekten Krafteinwirkung auf das Acetabulum, wobei das Acetabulum der
letzte Teil einer ungebrochenen Fortleitung eines Gewaltmomentes ist. Der Ursprungsort
dieses Gewaltmoments ist oft das distale Ende der unteren Extremität, wie bei einem
Sprung aus größer Höhe, wobei es zu einer axialen Krafteinwirkung auf Calcaneus, Talus,
Tibia und Femur kommt.
Die meisten Acetabulumfrakturen resultieren aus Verkehrsunfällen, bei denen es zu einem
Anprall des Knies an das Armaturenbrett kommt („dashboard- injury“), bei dem die Kraft
primär auf das Knie einwirkt und axial über den Femur ans Acetabulum weitergeleitet wird.
Ein weiterer Verletzungsmechanismus besteht in einem direkten Schlag auf den Trochanter
major, wie zum Beispiel bei Sturz auf das seitliche Becken oder Anprall gegen eine PKW-
Tür. (9, 96, 101, 106)
In den seltensten Fällen werden Acetabulumfrakturen durch direkte Krafteinwirkung über
das Becken verursacht, wie z.B. bei Verschüttung von gebückt arbeitenden
Stollenarbeitern(101, S. 620)
Die resultierende Frakturform ist abhängig von der Richtung der einwirkenden Kraft, der
Geschwindigkeit und der Stellung des Femurkopfes gegenüber der Pfanne zum Zeitpunkt
der Gewalteinwirkung. (8, 9)
Generell lässt sich sagen, dass Beugung und Innenrotation des Beines den dorsalen,
Streckung und Außenrotation den ventralen Pfeiler belasten. Bei Abduktion ist die
Krafteinwirkung im Zentrum größer, bei Adduktion im Pfannendach. (101, S. 620)
Bei 90° gebeugter Hüfte, leichter Adduktion und frontaler, d.h. axialer Krafteinwirkung
kann es zu einer dorsalen Luxation des Femurkopfes kommen, wobei jedoch vorher
dorsale Acetabulumanteile durch den Anprall des Femurkopfes frakturiert werden. (9)
Da die beschriebene Stellung der Sitzhaltung im PKW entspricht, ereignen sich diese so
genannten Luxationsfrakturen besonders häufig bei Verkehrsunfällen.
13
Kapitel 2
Diagnostik
2.1. Begleitverletzungen
Die Ursache einer Acetabulumfraktur ist ein hochenergetisches Trauma. Daher kommt es
zu zahlreichen Begleitverletzungen an den oberen und unteren Extremitäten, im thorakalen
und abdominalen Bereich und an der Wirbelsäule. Nicht selten erleiden die Patienten
schwere Kopfverletzungen und Schädel-Hirn-Traumata. In der Literatur lassen sich Zahlen
von 50-70% polytraumatisierter Patienten finden.(8, 38, 52, 66, 97,101)
Gerade der Fall des polytraumatisierten Patienten stellt große Anforderung an die
behandelnden Ärzte. Die oberste Priorität haben die Kreislaufstabilisierung und die
Behandlung der vitalbedrohenden intraabdominellen und –thorakalen Verletzungen. (88,
121)
Begleitende Beckenringzerreißungen, die in 1/3 der Fälle vorkommen, müssen vorläufig
stabilisiert werden (Fixateur externe), da durch sie ein massiver intraabdomineller
Blutverlust von bis zu 4 Litern verursacht werden kann. Der Urogenitalbereich ist wegen
seiner engen Nachbarschaft zum Becken am häufigsten mit verletzt. Hier kommen Blasen-
und Harnröhrenrupturen vor. Weiterhin treten in abnehmender Häufigkeit Nervenläsionen
(Plexus lumbosacralis, N. ischiadicus) (15%), Gefäßläsionen mit retroperitonealer Blutung,
Verletzungen im rektoanalen Bereich, Frakturen von Extremitäten, Schädel-Hirn-
Traumata, Wirbelsäulenverletzungen und thorakoabdominelle Verletzungen, sowie
Zwerchfellrupturen auf. (27, 66, 78, 101, 106)
Gefäßläsionen betreffen bei Luxation des Hüftkopfes nach dorsal oft die A. glutea superior
(aus der A. iliaca interna), oder die A. circumflexa femoris medialis und lateralis (aus der A.
iliaca externa).
14
Schwere Beckenverletzungen sind mit einem hohen Risiko für Lungenembolien belegt, da
es oftmals zu extremen Weichteilquetschungen oder Frakturen großer Knochen kommt.
Daher sollte sofort eine medikamentöse Thromboembolieprophylaxe mit
niedermolekularen Heparinderivaten begonnen werden. (27, 66, 97)
Sobald eine stabile Kreislaufsituation geschaffen und die vitale Bedrohung des Patienten
beseitigt ist, muss nun die Aufmerksamkeit auf weniger bedrohliche Begleitverletzungen
gerichtet werden.
Die einzelnen Elemente Vorfuß - Fuß - oberes Sprunggelenk (OSG) - Kniegelenk -
Hüftgelenk - Wirbelsäule bilden eine so genannte Bewegungskette, weshalb auch alle an ihr
beteiligten Gelenke überprüft werden müssen. Besondere Beachtung sollte dem
Kniegelenk und hier besonders einer eventuellen Kreuzbandverletzung geschenkt werden,
besonders dann, wenn Prellmarken am Schienbeinkopf sichtbar sind. (101, S.621)
Übersieht man diese Verletzung kann es bei postoperativer Mobilisation aufgrund der
Instabilität im Kniegelenk zu einer noch nicht erlaubten vollen Belastung der Extremität
kommen, welche die noch nicht knöchern verheilte Rekonstruktion des Acetabulums
zunichte machen kann. Eventuell kann es sogar zu einem Sturz auf das Becken kommen,
welcher eine Dislokation der gerade erst operativ versorgten Fraktur oder zusätzliche
Frakturen nach sich ziehen kann.
Die Prüfung der hinteren Schublade ist jedoch bei einem frisch verletzten Hüftgelenk
aufgrund der Schmerzen nicht sinnvoll und bei Luxationsfrakturen sogar kontraindiziert.
Sie sollte dann aber nach Reposition oder während der ersten Narkose vorgenommen und
dokumentiert werden. (101, S.621)
Nervenläsionen sind bei wachem und kooperativem Patienten anhand der peripheren
Innervation zu prüfen. Oft kommt es zu einem nicht persistierenden Ausfall der
peronealen Anteile des N. ischiadicus, welcher durch die Luxation des Hüftkopfes eine
Überdehnung erfährt. Gelegentlich besteht ein Dehnungsschaden im höher liegenden
Plexus lumbosacralis. Diese Läsion bildet sich in vielen Fällen nach einigen Tagen spontan
zurück. (101)
15
Nach einer Verletzung, welche den Bereich des Hüftgelenkes betrifft, besteht meistens eine
schmerzhafte Bewegungseinschränkung des Beines und eine Belastung des Beckens ist
nicht mehr möglich. Oft besteht ein Beckenkompressions- und Stauchungsschmerz. Steht
das Bein in einer Richtung fixiert, so handelt es sich um eine Luxationsfraktur. Um
zusätzliche Knorpelverletzungen am Femurkopf zu vermeiden, sollten alle weiteren aktiven
und passiven Bewegungen bis zur ersten Röntgenuntersuchung und dem Ausschluss einer
Fraktur unterbleiben. (101)
Eine Acetabulumfraktur ist jedoch in den seltensten Fällen allein aufgrund der klinischen
Symptomatik zu diagnostizieren.
Der entsprechende Unfallhergang lenkt die Verdachtsdiagnose aber schnell auf eine
Acetabulumfraktur. (9)
16
2.2. Radiologische Verfahren
Die Diagnose einer Acetabulumfraktur erfordert die Röntgenuntersuchung des
Beckens.
Anhand dieser Röntgenbilder erfolgt die Einteilung der Fraktur nach Letournel und Judet,
die einen ventralen und einen dorsalen Pfeiler unterscheiden (43, 53,58), bzw. nach der
AO- Klassifikation, welche noch differenzierter aber auch abstrakter ist. (77)
Die einzelnen im Folgenden beschriebenen Aufnahmen dienen unterschiedlichen, sich
ergänzenden Zwecken. Die Beckenübersichtsaufnahme ermöglicht das Erkennen der
Fraktur, die Ala- und Obturatoraufnahmen geben einen Hinweis auf den Frakturverlauf
und die CT-Untersuchung lässt Aussagen über das Verletzungsausmaß des Hüftkopfes und
der Pfanne zu. Außerdem lassen sich intraartikuläre Fragmente auf der CT entdecken. Eine
3-D Rekonstruktion verbessert das räumliche Verstehen der Fraktur. (9, 26, 52, 97)
Die verschiedenen bildgebenden Verfahren gehören heutzutage zur Standarduntersuchung
bei Verdacht auf eine Acetabulumfraktur. (9, 26, 39, 50, 52, 97)
17
2.2.1. Becken a.p. (oder p.a.)
Diese Aufnahme verschafft einen Überblick über die anatomischen Gegebenheiten des
Beckens, der Intertrochanterregion und des Schenkelhalses und klärt die Frage, ob
überhaupt eine Acetabulumfraktur vorliegt. Weiterhin lässt sich hier eine Mitbeteiligung
weiterer Anteile des knöchernen Beckens verifizieren. Zur Klassifizierung der
Acetabulumfraktur und zur Auswahl der speziellen Therapie ist sie jedoch keinesfalls
ausreichend.
In der Verlaufskontrolle nach Beckenverletzungen stellt die Beckenübersichtsaufnahme
einen Standard dar.
a) a.-p. Beckenaufnahme
1= hinterer Pfannenrand
2= vorderer Pfannenrand
3= Acetabulumdach
4= Tränenfigur
5= ilioischiale Linie
6= iliopektineale Linie
Abb.2: anteriore- posteriore Röntgenaufnahme des Hemipelvis im Schema mit
eingezeichneten Leitlinien (9, S.429 ff)
18
2.2.2. Ala- und Obturatoraufnahme
Die Schrägaufnahmen nach Letournel und Judet ermöglichen eine komplette Projektion
des Beckens und eine gleichzeitige Begutachtung von frakturierter und gesunder Seite.
(9, 43)
Man unterscheidet zwei unterschiedliche Projektionen:
1. Foramen obturatum- Projektion (auch Obturator-Aufnahme genannt).
Bei dieser Aufnahme wird die verletzte Seite um 45° angehoben, so dass sich das
Foramen obturatum in die Bildebene dreht.
2. Beckenschaufelprojektion (auch Ala-Aufnahme genannt)
Hierbei wird die unverletzte Seite um 45° angehoben.
b) Obturatorprojektion:
1= hinteres Pfannendach
3=Pfannendach
6= iliopektineale Linie
c) Alaprojektion:
1= hinterer Pfannenrand
2= vorderer Pfannenrand
3= Pfannendach
Abb.3: Schrägaufnahmen des Hemipelvis (schematisch) (Quelle: 22)
Bei einer korrekt durchgeführten 45° Schrägaufnahme wird die Spitze des Steißbeins über
den Femurkopf projiziert. So kann die Güte der Aufnahme kontrolliert werden. (55)
Diese Schrägaufnahmen lassen zwar einen detaillierteren Blick auf die verletzten
Acetabulumanteile zu und sind unumgänglich bei der Diagnostik, können jedoch nichts
über das tatsächliche Ausmaß der Fragmentdislokation aussagen.
19
2.2.3. CT bzw. 3 D-CT
Um die Fragmentimpression und -interposition sowie eine mögliche Mitbeteiligung des
Femurkopfes zu beurteilen, ist die Computertomographie (CT) unabdingbar, so dass sie
heute auch zum Standard der bildgebenden Diagnostik bei Acetabulumfrakturen gehört,
wobei sie aber nicht die Schrägaufnahmen ersetzt, weil diese besser zur räumlichen
Zuordnung der Fraktur geeignet sind. (9, 26). Die Schichtaufnahmen sollten den Bereich
des Beckenkamms bis zur Symphyse darstellen.
Als zusätzliche diagnostische Maßnahme kann mit Hilfe eines CT-Datensatzes, auf denen
der Schatten des Femurkopfes ausgeblendet wird, eine dreidimensionale Rekonstruktion
des Acetabulums erstellt werden. So erreicht man eine plastische Darstellung der
Frakturverläufe, die sowohl die präoperative Planung als auch die Aufklärung des Patienten
erleichtern. (9, 39, 52, 101 S. 622). Die Untersuchung von Hüfner et al. ´99 zeigt auch, dass
gerade unerfahrene Ärzte von dieser Darstellung profitieren. Ein Nachteil ist der hohe
Zeitaufwand und die Kostspieligkeit. Trotzdem sollte diese Möglichkeit gerade bei
komplexen Frakturverläufen eingesetzt werden um die richtige Entscheidung hinsichtlich
der Operation zu treffen. Die zusätzliche Strahlenbelastung von im Mittel ca. 25 mGy ist
auf jeden Fall durch die Fülle an zusätzlich gewonnener Information gerechtfertigt. (26)
Nicht nur die typischen Leitstrukturen der einzelnen Projektionen sind für die Einteilung,
Therapieentscheidung und Prognose bei Acetabulumfrakturen wichtig, sondern auch die
Mitbeteiligung des so genannten Pfannendoms an der Fraktur.
Der „Dom“ ist ein Segment des Pfannendachs an dem die Kraftübertragung zwischen
Femurkopf und Acetabulum am größten ist.
Abb.4: Illustration des Dom-Segmentes (Quelle: 101, S. 623)
20
Stellt man nun den Verlauf der Frakturlinien im Pfannendach dar, so kann eine Aussage
über die Beteiligung des Doms gemacht werden. Diese Darstellung gelingt zwar auch mit
den drei Standardaufnahmen, wird jedoch mit Hilfe der CT verfeinert und erfolgt deshalb
auch mit größerer Sicherheit. (101, S. 622)
Um genaue Aussagen über die tatsächliche Verschiebung in diesem lastaufnehmenden Teil
machen zu können, sind Schichtdicken von 2 mm, nach Empfehlung von Matta, am besten
geeignet.(65)
2.3. körperliche Untersuchung (Bewegungsausmaße):
Aufgrund der Lage verschiedener am Hüftgelenk wirkender Muskeln zum Achsenskelett,
werden die Bewegungen nach drei aufeinander senkrecht stehenden Hauptbewegungs-
achsen festgelegt.
1. Die Streckung (Extension), auch als Retroversion bezeichnet und die Beugung
(Flexion), auch Anteversion genannt finden um die transversale Achse statt.
2. Die Abduktion (Wegführen der Extremität vom Rumpf) und die Adduktion
(Heranführen der Extremität zum Rumpf) erfolgen um die sagittale Achse.
3. Die Innen- und Außenrotation erfolgen um die Rotationsachse, die in Längsrichtung
der zu bewegenden Extremität verläuft.
Bei der Bewegungsprüfung des Hüftgelenks muss beachtet werden, dass das Becken und
die Wirbelsäule zusammen wirken. Beuge- und Streckbewegungen werden durch
Abflachen und Vertiefen der Krümmung der Wirbelsäule ergänzt. Bei einer Bewegung des
Beckens nach ventral, kann mit einer Verstärkung der Lendenlordose der Oberkörper in
unveränderter Stellung gehalten werden. Andererseits verursacht ein Kippen des Beckens
nach dorsal, eine Abflachung der Lendenlordose um den Oberkörper unverändert aufrecht
zu halten.
So können leichte Bewegungseinschränkungen im Lendenwirbelsäulenbereich durch
ausgleichende Bewegungen des Beckens kompensiert werden. Daher spricht man auch von
einer Bewegungskette im Bezug auf Wirbelsäule und Becken.
21
Um differenzierte Aussagen über eine Bewegungseinschränkung in einem der beiden
Bewegungselemente treffen zu können, muss man bei der Untersuchung Mitbewegungen
ausschalten. Am einfachsten erreicht man dieses, indem das nicht zu untersuchende Bein in
der Gegenbewegung fixiert wird.
Flexion:
Der Patient befindet sich in Rückenlage und führt das Bein mit gebeugtem Knie zum
Körper, wobei ein Winkel von 130°-140° zur Horizontalen erreicht wird.
Das gegenseitige Bein wird in Streckstellung festgehalten.
Nimmt der Patient die Arme zu Hilfe und zieht das Bein an den Rumpf, spricht man von
einer passiven Flexion, die einen größeren Umfang hat und vom Ausmaß der Weichteile
limitiert wird. Dieser volle Bewegungsumfang des Hüftgelenks kann von den Hüftmuskeln
aufgrund von anatomischen Gegebenheiten jedoch nicht komplett ausgenutzt werden.
Flektiert man das Bein mit gestrecktem Knie, so kommt es durch die Insuffizienz der
ischiokruralen Muskulatur zu einem sehr viel früheren Ende der Beweglichkeit.
a) aktive Flexion
b) passive Flexion
Abb.5: Flexion im Hüftgelenk (Quelle: 22, S.128)
Extension:
Der Patient befindet sich in Bauchlage, der Untersucher hebt das gestreckte Bein der zu
untersuchenden Seite an und drückt gleichzeitig auf dem Gesäß das Becken nach unten auf
die Untersuchungsliege. So wird eine Mitbewegung der Lendenwirbelsäule verhindert.
Mit gestrecktem Knie kann das Bein im Hüftgelenk nur um 15° gestreckt werden, da hier
die starken Bänder des Hüftgelenkes einen größeren Bewegungsumfang verhindern,
welches wichtig für den sicheren aufrechten Stand und Gang ist.
Flexion und Extension sind die wichtigsten Bewegungen für die Lokomotion.
22
Ab- und Adduktion:
Diese beiden Bewegungen sind besonders abhängig von der Beugestellung des
Hüftgelenkes.
Der Patient befindet sich in Rückenlage und führt das Bein auf Höhe der Untersuchungs-
liege vom Körper weg bzw. an den Körper heran.
Die Abduktion hat bei gestrecktem Bein ein Ausmaß von bis zu 50°, die Adduktion ist bis
zu 30° möglich, wobei das gegenseitige Bein etwas im Hüftgelenk gebeugt werden muss
(siehe Abb.6)
Abb.6: Ab- und Adduktionsbewegung (Quelle: 22, S.130)
Bei rechtwinklig gebeugtem Hüftgelenk kann das Bein bis zu 80° abduziert werden, die
Adduktion ist bis zu 20° möglich. (s.Abb.7)
Abb.7: Ab- und Adduktion bei 90° gebeugtem Hüftgelenk (Quelle: 22, S. 130
23
Innen- und Außenrotation
Auch hier ist die Stellung des Hüftgelenkes für das Ausmaß der Rotation wichtig.
Der Patient befindet sich zuerst in Bauchlage, beugt das Knie um 90° und lässt den
Unterschenkel bei aufliegendem Oberschenkel auf der Liege nach innen fallen. Der
Unterschenkel des untersuchten Beines fungiert so als Zeiger für das Bewegungsmaß und
zeigt eine Innenrotation von 30°-40° an. Die Außenrotation wird entsprechend überprüft
und hat einen Bewegungsumfang von 40°-50°.
Zur Prüfung der Innen- und Außenrotation bei gebeugtem Hüftgelenk legt sich der Patient
auf den Rücken oder setzt sich auf die Untersuchungsliege. In Rückenlage werden das
Hüftgelenk und das Knie um 90° gebeugt, so dass auch hier der Unterschenkel als Zeiger
genutzt werden kann. Sitzt der Patient, so muss darauf geachtet werden, dass der
Oberschenkel zum größten Teil der Untersuchungsliege aufliegt und das Kniegelenk bei
frei herabhängendem Bein um 90° gebeugt ist.
Die Bewegungsausmaße bei gebeugtem Hüftgelenk betragen für die Außenrotation 30°-45°
und für die Innenrotation 40°-50°.
a) Innen- und Außenrotation
bei gestrecktem Hüftgelenk
b) Innen- und Außenrotation
bei 90° gebeugtem Hüftgelenk
Abb.8: Bewegungsausmaße bei Außen- und Innenrotation (Quelle: 22, S.131)
In der Schreibweise der Neutral- Null- Methode betragen die Bewegungsmaße bei einem
gesunden Erwachsenen:
• Extension – Flexion 10°- 0°-130°
• Abduktion – Adduktion 40°- 0°- 30°
• Außenrotation – Innenrotation 50°- 0°- 40°
24
2.4. Klassifikation der einzelnen Frakturtypen
2.4.1. Einteilung nach Judet und Letournel
Judet und Letournel teilen die Acetabulumfrakturen unter anatomischen Gesichtspunkten
in fünf Grund- und fünf Kombinationsformen ein. (43, 53, 58)
Abb. 9 : Illustration des ventralen und dorsalen Pfeilers (Quelle: 91)
Die Grundformen werden gebildet von den
• dorsalen Pfannenrandfrakturen,
• dorsalen Pfeilerfrakturen,
• ventralen Pfannenrandfrakturen,
• ventralen Pfeilerfrakturen und
• Querfrakturen.
Zu der Gruppe der Kombinationstypen werden gezählt die
• T-Frakturen
• Frakturen des dorsalen Pfeilers und des dorsalen Pfannenrandes
• Querfrakturen mit dorsaler Pfannenrandfraktur
• ventrale Rand-/Pfeilerfraktur mit dorsaler Hemiquerfraktur
• Zweipfeilerfrakturen
25
2.4.2. AO-Klassifikation
Diese ursprüngliche Einteilung von Judet und Letournel wurde von der
Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthese (AO) modifiziert. (77)
Hierbei werden nun alle Frakturen die nur einen Pfeiler betreffen, wobei der zweite Pfeiler
intakt ist, als Typ A bezeichnet.
Typ B Frakturen bezeichnen quer verlaufende Frakturen, wobei ein Teil des Pfannendachs
intakt ist und in Verbindung mit dem Os ilium verbleibt.
Frakturen des Typ C bezeichnen Zweipfeilerfrakturen, bei denen kein gelenkbildender Teil
mehr mit dem Os ilium in Verbindung steht.
Zur besseren Übersicht folgt eine schematische Darstellung der Einteilung mit den
Untergruppen:
Typ A: Fraktur von nur einem Pfeiler, bei intaktem zweitem Pfeiler
Abb.10
A 1 Frakturen des dorsalen Pfannenrandes mit Varianten
A 2 Frakturen des dorsalen Pfeilers mit Varianten
A 3 Frakturen des ventralen Pfannenrandes und des ventralen Pfeilers
26
Typ B: Querfrakturen mit einem intakten und in Verbindung mit dem Os ilium
stehenden Teil des Pfannendachs
Abb. 11
B 1 Querfrakturen durch die Gelenkpfanne mit oder ohne Fraktur des dorsalen
Pfannenrandes
B 2 T-förmige Frakturen mit verschiedenen Varianten
B 3 Frakturen des ventralen Pfeilers oder Pfannnenrandes, verbunden mit
„hemitransversaler“ Fraktur
Typ C: Zweipfeilerfrakturen, die vom restlichen Os ilium getrennt sind
Abb. 12
C 1 Fraktur des ventralen Pfeilers mit Verlauf bis zur Crista iliaca
C 2 Fraktur des ventralen Pfeilers mit Verlauf bis in die vordere
Begrenzung des Os ilium
C 3 Querfrakturen mit Ausdehnung bis in das sacroiliacale Gelenk
Abb. 10 – 12 Einteilung anhand der AO- Klassifikation (101, S.505)
27
Mit Hilfe der drei Standardaufnahmen und der durch sie dargestellten Leitlinien lassen sich
nun die Acetabulumfrakturen den oben aufgeführten Typen zuordnen und die Operation
planen.
2.5. Therapie
Eine dislozierte Fraktur liegt vor, wenn ein Versatz der Fragmente um mehr als 2 mm
besteht. Dass dislozierte Frakturen der Hüftgelenkspfanne in den meisten Fällen zu
vorzeitiger posttraumatischer Arthrose mit erheblicher Bewegungseinschränkung führen,
falls sie nicht exakt reponiert und fixiert werden, haben die Beobachtungen über die Jahre
gezeigt. Aus der oben beschriebenen zentralen Aufgabe des Hüftgelenks ist zusätzlich
abzuleiten, dass ein so stark belastetes Gelenk möglichst kongruente Gelenkflächen haben
sollte, um nicht vorzeitig zu verschleißen. (9, 24, 34, 38, 52, 78, 88, 92, 96, 97, 100, 112)
Unumstritten ist auch, dass die besten funktionellen Ergebnisse durch eine operative
Behandlung erreicht werden. (24, 38, 64, 65, 66, 100, 112, 127) Dennoch gibt es
Situationen, die ein konservatives Vorgehen rechtfertigen. So kann ein nicht operatives
Procedere versucht werden, falls das die meiste Kraft tragende Domfragment („weight
bearing dome“) intakt oder in sich unverschoben ist und die Gesamtgeometrie des Beckens
noch besteht. Das Gelenk sollte stabil sein und keine intraartikulären Fragmente aufweisen.
(97, 101, S.633)
Ist es aber zu einer Subluxation oder Luxation des Femurkopfes gekommen, so muss
notfallmäßig reponiert werden, da es ansonsten durch die Überdehnung der Gelenkkapsel
und durch die Zerreißung der in ihr verlaufenden Blutgefäßen (A. circumflexa femoris) zu
einer unzureichenden Blutversorgung des Hüftkopfes kommen kann, was eine
Femurkopfnekrose verursachen kann. Weiterhin kann eine andauernde Druckschädigung
des N. ischiadicus durch den nach dorsal luxierten Hüftkopf einen irreparablen Schaden an
diesem Nerven verursachen. Folgen wären sowohl Bewegungseinschränkung im Hüft- und
Kniegelenk (z.B. Außendrehung im Hüftgelenk oder Flexion des Kniegelenkes), als auch
im Sprunggelenk und im Bereich der Zehen (Zehen- und Hackengang unmöglich).
28
Weiterhin käme es zu Sensibilitätsausfällen am gesamten Unterschenkel und Fuß. (79
S.484)
Die Reposition erfolgt am narkotisierten und häufig auch relaxierten Patienten. (101, S.632)
Nach erfolgter Reposition müssen mit Hilfe der CT interponierte Fragmente und/oder
Kapselanteile ausgeschlossen werden. (101, S.632)
Oft lässt sich aber nicht das exakte Ausmaß der Fraktur aus den Röntgenbildern ersehen,
so dass eine Operation bei operationsfähigem Patienten für die spätere Funktions-
tüchtigkeit des Hüftgelenkes von Vorteil ist.
Die Operation erfordert vom Chirurgen eine korrekte präoperative Beurteilung des
Frakturtypen, davon abhängig die Wahl des geeigneten Zuganges und eine
Wiederherstellung und Fixierung der Anatomie des Hüftgelenkes. (9, 26, 38, 39, 92, 97)
Als Therapieziele sind somit zu nennen:
• die Wiederherstellung der Kongruenz der Gelenkflächen mit den ursprünglichen
Hebelverhältnissen unter Weichteilschonung durch anatomische Zugänge,
• die Fixierung der wiederhergestellten Kongruenz unter Verwendung von möglichst
wenig unelastischem Fremdmaterial,
• der Erhalt der Fragmentdurchblutung und
• die rasche Mobilisierung des Patienten, was eine übungs- oder besser belastungsstabile
Fixierung erfordert. (97, 101, S.632)
29
2.5.1. Operation
Die Operation sollte wenn möglich zwischen dem 2. und 10. Tag nach dem Unfall
erfolgen, wenn der Zustand des Patienten stabil ist und sich die lokale Blutungstendenz
verringert hat. Laut Literatur wird im Schnitt am 5. Tag operiert (38, 66). Bei längerem
Zuwarten erschwert die nach 3 Wochen einsetzende Kallusbildung die optimale
Frakturreposition. (97, 101)
Eine präoperative Femurextension ist nicht in allen Fällen angezeigt, verringert jedoch die
Schmerzen bei einigen Luxationsfrakturen. Besteht eine Reluxationstendenz ist sie obligat.
Als Extensionsarten eignen sich die supracondyläre und die Tibiakopfextension zur
Entlastung des Hüftgelenkes. (97, 101)
Wie bei allen großen knochenchirurgischen Eingriffen wird die Operation unter
Antibiotikaschutz durchgeführt. Um einem Hüftgelenksinfekt vorzubeugen, sollte die
Antibiotikaprophylaxe präoperativ beginnen und über 24 bis 48 Stunden fortgeführt
werden. (54)
Bei der Operation selbst kann ein spezieller Extensionstisch sehr hilfreich sein, weil unter
Zug eine bessere Reposition möglich ist und der Einblick auf den Femurkopf und die
Gelenkfläche erleichtert wird. Dabei kann der Patient je nach Zugangsweg in Rücken-,
Seiten- oder Bauchlage gebracht werden. Vorteilhaft ist auch, dass das Repositionsergebnis
bis zur Stabilisierung mit Schrauben und Platten gehalten wird. Ein Nachteil des
Extensionstisches ist die geringe Beweglichkeit des extendierten Beines. (97)
Weiterhin sollte genau darauf geachtet werden, dass das Knie nie vollständig gestreckt wird,
um eine Überdehnung des Nervus ischiadicus zu vermeiden. Während der gesamten
Operationszeit wird das Knie in 45°-60° Flexion gehalten und das Hüftgelenk gestreckt.
(55, 56, 92, 101, S.642)
30
Zugangswege
Als Zugangswege haben sich je nach Frakturtyp verschiedene bewährt.
Wie man an der unten aufgeführten Übersicht sieht, ist kein Zugang pauschal als ideal zur
Versorgung aller Acetabulumfrakturen zu bezeichnen. Er ist immer abhängig vom
jeweiligen Frakturtyp. (8, 9, 97).
Der Zugang sollte so gewählt werden, dass sowohl eine Reposition als auch eine Fixation
der Fragmente möglich ist, wobei ein ausgedehnter Zugang so weit als möglich vermieden
werden sollte, da mit ihm die Zahl der periartikulären Ossifikationen (41) und anderer
postoperativer Komplikationen ansteigt. (8, 97, 112).
Vier verschiedene Zugangswege sind bekannt, wobei 1. + 2. limitierte und 3. + 4.
erweiterte Zugänge darstellen:
1. Kocher-Langenbeck-Zugang von hinten (Patient in Bauch- oder Seitenlage), als
Variation auch als Marcy-Fletcher-Zugang bezeichnet
2. Ilioinguinaler Zugang (Patient in Rückenlage)
3. gerader lateraler Zugang, auch Maryland-Zugang genannt (Patient in Seitenlage)
4. erweiterter iliofemoraler Zugang (Patient in Seitenlage)
Die Indikation für einen ausgedehnten Zugang ist nur bei komplexen Verletzungsmustern,
die beide Pfeiler erfassen oder bei verspäteten Operationen (Abstand zum Unfallereignis
länger als 3 Wochen) gegeben. (8, 97)
Die oben genannten Zugänge erlauben in unterschiedlichem Maße die Beurteilung der in
die Fraktur mit einbezogenen Teile der beiden Pfeiler.
Ad 1.:
So wird durch den Kocher-Langenbeck-Zugang bzw. den Marcy-Fletcher-Zugang in erster
Linie eine gute Sicht auf den dorsalen Pfeiler erreicht. (52, 53)
Bei beiden Zugängen befindet sich der Patient in der stabilen Seitenlage. Beim Zugang
nach Kocher-Langenbeck gelangt man zum Hüftgelenk, indem man durch den M. gluteus
maximus eingeht, bei der Variante nach Marcy-Fletcher wird zwischen den Mm. glutei
maximus und medius eingegangen. (101, S. 634- 635)
31
Der Kocher-Langenbeck-Zugang ist günstig bei Frakturen des dorsalen Pfeilers, bei
Frakturen mit Beteiligung des hinteren Pfannenrandes, bei Querfrakturen, bei T-Frakturen,
bei denen der ventrale Pfeiler indirekt über das Foramen ischiadicum oder das
Gelenkinnere reponiert werden kann. (92, 97)
Ad 2.:
Der ilioinguinale Zugang, beim in Rückenlage befindlichen Patienten, verschafft einen
Überblick über den ventralen Pfeiler und die Innenfläche des Os ilium. (52, 53)
Der dorsale Pfeiler lässt sich hierbei nur von der Innenseite her über die Linea terminalis
kontrollieren. (101, S.635)
Der ilioinguinale Zugang eignet sich zur internen Stabilisierung von ventralen Pfeiler- und
Pfannenrandfrakturen, von ventralen Pfeilerfrakturen in Kombination mit einer dorsalen
hemitransversen Fraktur, von Querfrakturen und von Zweipfeilerfrakturen, bei denen der
dorsale Pfeiler als großes Fragment vorliegt, da er durch diesen Zugang nur indirekt
reponiert werden kann.
Die Vorteile dieses Zugangs sind die kosmetisch kaum störenden Narbe, die geringste
Manipulation an den Weichteilen und die niedrigste Inzidenz an heterotopen
Ossifikationen.
Ein Nachteil kann die etwas schwierigere Reposition der Fragmente sein. (92)
Auch lässt sich der Gelenkspalt nicht direkt einsehen, so dass eine intraoperative
Röntgenkontrolle zur exakten Reposition der Knorpelflächen unerlässlich ist.
Die Kombination der beiden oben genannten Zugänge ermöglicht auch die Versorgung
von Zweipfeiler-Frakturen mit zusätzlicher Aussprengung des hinteren Pfannenrandes, von
Querfrakturen mit Beteiligung des Pfannendaches und T-Frakturen. (97, 112)
32
Ad 3.:
Durch den geraden lateralen Zugang, der auch Maryland-Zugang genannt wird, lassen sich
der dorsale Pfeiler, das ganze Pfannendach, ein großer Teil der Beckenschaufel großzügig
und in begrenztem Umfang der ventrale Pfeiler freilegen.
Der Maryland-Zugang erlaubt eine situations angepasste, schrittweise Erweiterung von
einer einfachen, umschriebenen Freilegung des dorsalen Pfeilers bis zur Darstellung des
gesamten Acetabulums. (101, S. 635-638)
Besonderheit bei diesem Zugang ist die Osteotomie des Trochanter major, um Muskeln zu
mobilisieren.
Ad 4.:
Bei dem erweiterten iliofemoralen Zugang können ventraler und dorsaler Pfeiler
gleichzeitig dargestellt werden (52, 53), wobei der Zugang zum ventralen Pfeiler schlechter
ist, als beim ilioinguinalem Zugang. Zusätzlich lassen sich die lateralen Anteile des Os ilium
mit der Fossa iliaca darstellen.
Durch diesen Zugang ist nach Abtrennen der Muskulatur von der Fossa iliaca das Os ilium
von vorne und hinten überschaubar und erreichbar, was gelegentlich bei Abtragung von
ausgedehnter Kallusbildung oder bei Korrekturosteotomien notwendig ist.
Der erweiterte iliofemorale Zugang ermöglicht die Versorgung von Zweipfeilerfrakturen,
von T-Frakturen, von Querfrakturen mit dorsalen Pfannenrandfrakturen, von veralteten
Acetabulumfrakturen und von Trümmerfrakturen beider Pfeiler. (23, 92, 97)
In wie fern diese ausgedehnten Darstellungen der Beckenfragmente Einfluss auf die
posttraumatische Arthrose des Acetabulums haben, ist nicht bekannt. Durch die große
Manipulation kann es jedoch zur Minderdurchblutung der Beckenfragmente kommen,
welche eine Teilnekrose nach sich ziehen kann. (101, S 638)
33
2.5.2. konservative Behandlung
Obwohl das Ergebnis bei konservativ behandelten Acetabulumfrakturen nicht befriedigend
ist, kann bei einigen Patienten keine OP vorgenommen werden. Gründe dafür sind
allgemeine oder internistische Kontraindikationen, vorbestehende Coxarthrose und
Frakturen mit lokalen Infekten nach nicht korrekter Vorbehandlung z.B. Extension. Nicht
dislozierte Frakturen und veraltete Zweipfeilerfrakturen können auch konservativ
behandelt werden. (9, 27 S.249, 97, 100)
Als Indikation zur konservativen Therapie gelten somit alle nicht oder unter 2 mm
verschobenen Frakturen sowie kleine Abbrüche vom hinteren Pfannenrand.
Handelt es sich also nur um eine Fraktur des ventralen Pfeilers oder eine T-Fraktur, so
kann eine konservative Therapie in Betracht kommen.
Liegt ein kleiner Abbruch vom hinteren Pfannenrand vor, so muss vor dem Entschluss zu
einer konservativen Therapie die Gelenkstabilität getestet werden, indem man das um 90°
in der Hüfte gebeugte und adduzierte Bein vorsichtig axial staucht. (101, S. 633)
Weiterhin muss die CT eine absolute Gelenkkongruenz zeigen, um eine konservative
Behandlung zu rechtfertigen. (9)
Zwei weitere Kontraindikationen für eine offene Wiederherstellung sind eine stark
vorhandene Osteoporose und eine so ausgedehnte Zertrümmerung der einzelnen
Frakturelemente, die eine sichere und stabile Fixierung von Schrauben und Platten
ausschließen. (69)
34
2.5.3. Nachbehandlung
Nach Beckenfrakturen sollte eine möglichst schnelle Durchbewegung des Hüftgelenkes
und frühe Mobilisation erfolgen, um unter anderem das ohnehin vorhandene
Embolierisiko nicht noch weiter zu erhöhen.
Nach konservativ behandelten Frakturen, die nicht disloziert waren, sollten die Patienten
nach Rückgang der Schmerzen unter Teilbelastung von 15 kg mobilisiert werde, welches in
der Regel ab dem 3. -4. Tag möglich ist.
Mit einer vollständigen festen Verheilung dieser Frakturen kann nach 6 Wochen gerechnet
werden. Wenn die Röntgenkontrolle eine fest konsolidierte Fraktur zeigt, kann zu diesem
Zeitpunkt die volle Belastung freigegeben werden. (97)
Die operative Versorgung hat generell den Vorteil der frühfunktionellen Nachbehandlung.
(61, 97)
Hierbei wird nach etwa 3 - 5 Tagen und nach Abklingen der Schmerzen die passive
Bewegung zunächst im Bett vorgenommen. Die Teilbelastung mit bis zu 15 kg
(Fußsohlenkontakt) und die aktive Bewegung können bei gesicherter Wundheilung, d.h.
trockenen Wundverhältnissen und gutem Allgemeinbefinden ab dem 5. -10. postoperativen
Tag erfolgen. Die Dauer der Teilbelastung richtet sich dann nach der Bruchform, die
Bewegung in verschieden Ebenen wird vom gewählten Zugangsweg bestimmt.
Nach dem Kocher-Langenbeck-Zugang sollte die Rotationsbewegung im Hüftgelenk mit
Vorsicht auftrainiert werden, da die Außenrotatoren frisch reinseriert wurden.
Wurde ein ilioinguinaler Zugang durchgeführt, bei dem der M. iliopsoas mobilisiert und die
Bauchmuskulatur vom Beckenkamm abgetrennt und reinseriert wurden, muss der
Hüftextension und –flexion große Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Nach erweiterten Zugängen ist das aktive Auftrainieren der Hüftextensoren und
Außenrotatoren in der frühen postoperativen Phase (1. postoperativen Woche) sogar
kontraindiziert. (97)
35
Einfache Frakturen sind nach 6, spätestens nach 8 Wochen ausreichend verheilt, so dass
nun die volle Belastung erlaubt werden kann. Kompliziertere Rekonstruktionen, besonders
wenn das tragende Domsegment extrem in Mitleidenschaft gezogen wurde, sollten erst
nach 12 - 16 Wochen voll belastet werden.
Eine Materialentfernung ist nicht indiziert, solange die Implantate den Geburtskanal nicht
einengen oder anderweitige Beschwerden verursachen. (101, S. 643 ff)
36
Kapitel 3
Komplikationen
3.1. intraoperative Komplikationen
Als intraoperative Komplikationen bei Beckenoperationen sind vor allen Dingen Nerven-
und Gefäßverletzungen zu nennen.
Die Inzidenz der Nervenverletzungen, besonders in Bezug auf den N. ischiadicus wird mit
6-12 % angegeben, wobei hier nicht in traumatische und iatrogenen Läsionen
unterschieden wurde. (54, 66, 78, 92).
Beim dorsalen Zugang kann es leicht zur Schädigung des Nervus ischiadicus kommen, der
man jedoch vorbeugen kann, indem das Kniegelenk rechtwinklig gelagert und das
Hüftgelenk gestreckt gehalten wird. Außerdem kann der Nerv vorsichtig unter Hakenzug
und unter Verwendung eines feuchten Bauchtuchs beiseite gehalten werden. (101, S 642)
Liegt eine präoperative Schädigung des Nervens vor, muss sie sorgfältig, im Hinblick auf
versicherungstechnische Belange, dokumentiert werden (wie in Kapitel 2 „Begleit-
verletzungen“ schon erwähnt).
Teilweise handelt es sich auch nur um eine Irritation des Nervens in Zusammenhang mit
dem Unfall- oder OP-Trauma, so dass es ganz oder teilweise zu spontanen Rückbildungen
kommen kann. (3, 23, 24, 41, 44, 52, 66, 100)
Bei ventralen Zugängen können der N. cutaneus femoris lateralis, der N. femoralis und der
N. obturatorius geschädigt werden. (92, 97)
Belässt man den Nervus femoralis auf dem M. iliopsoas und mobilisiert beide zusammen,
so kann eine Verletzung des Nervens vermieden werden. (101, S.642)
Sollte es trotzdem zu einer Läsion des Nervens kommen, resultiert eine Einschränkung der
Knieextension daraus. (97)
37
Verletzungen des N. cutaneus femoris lateralis werden intraoperativ oft nicht bemerkt, sind
aber gar nicht so selten, weil der Nerv einen sehr variablen Verlauf hat. Ihnen kann man
jedoch vorbeugen, indem man den Nerv, der an seiner Durchtrittsstelle am Leistenband
fixiert ist, lokalisiert, ihn aber nicht präpariert. (101, S.642)
Bei seiner Verletzung kommt es zu einem tauben und eventuell schmerzhaften Gebiet
lateral am ventero-proximalen Oberschenkel. (97)
Wird der N. obturatorius geschädigt, kommt es zur Behinderung der Hüftadduktoren.
Eine weitere Komplikation besteht im Einriss der A. glutealis superior, welcher zu einer
erheblichen Blutung führen kann. Besonders schwierig ist dann der blutende Stumpf des
Gefäßes zu erreichen, weil dieser sich, entsprechend dem Verlauf des Gefäßes in der
Incisura ischiadica major um den Knochen, auf die Innenseite des Beckenknochens
zurückziehen kann. Eine Ligatur des blutenden Gefäßes ist aufgrund der guten
Anastomosierung ohne großen Nachteil möglich, wobei jedoch der aufsteigende Teil der
A. circumflexa femoris lateralis intakt sein muss.
Die häufig auftretenden postoperativen Muskelinsuffizienzen können eventuell auch durch
diese Minderversorgung mit Blut und nachfolgender Muskelnekrose verursacht werden.
(101, S.642)
Beim ventralen Zugang können die Femoralgefäße verletzt werden, die dann schnellst
möglich rekonstruiert werden müssen. (101, S.642)
Stellt man intraoperativ fest, dass der zweite Pfeiler mit dem gewählten Zugang nicht
ausreichend reponiert werden kann, so muss ein zweiter klassischer, aber im Ausmaß
kleinerer Zugang oder ein erweiterter Zugang angelegt werden.
38
Gelegentlich kann auch ein „second look“ notwendig werden, wenn es z. B. zu einem
großen Weichteilschaden gekommen ist und eine Lavage oder ein Nachdébridement nötig
ist.
Auch bei nicht befriedigendem Repositionsergebnis, welches sich erst bei der
Röntgenkontrolle bzw. CT- Kontrolle ergibt, muss überlegt werden, ob eine weitere
Operation die Lage verbessern kann und welche Strukturen nun von besonderem Interesse
sind. Häufig ist das Ausmaß der Freilegung der Beckenanteile dann um ein Vielfaches
größer als beim ersten Eingriff, was bei der Entscheidung zu einem zweiten Eingriff
berücksichtigt werden muss.
Bei intraoperativ festgestellten Zweipfeiler- oder T-Frakturen entscheidet man sich
gelegentlich für einen zweiten Eingriff, um den bei der ersten Operation nicht optimal
dargestellten Pfeiler zu erreichen. Hierbei muss jedoch darauf geachtet werden, dass das
schon eingebrachte Osteosynthesematerial den noch nicht reponierten zweiten Pfeiler
nicht in Fehlstellung fixiert. (101, S.642 ff)
39
3.2. Postoperative Komplikationen
Als häufige postoperative Komplikationen werden
• Wundinfekte (42, 66, 78, 81, 97)
• Femurkopfnekrose (38, 42, 44, 100, 127) und
• tiefe Venenthrombose und Lungenembolien beschrieben (3, 23, 24, 41, 44, 54, 66, 81).
Weiterhin kann es zu
• starken Nachblutungen (66),
• Wiederausrisse von Pfannenrandfragmenten und
• anhaltenden Gelenkschmerzen mit rasch progredienter Früharthrose (28, 52, 58, 63, 65,
101, 118) kommen.
Die häufigste Komplikation stellt jedoch die periartikuläre Ossifikation (PAO) dar.
(3, 23, 24, 38, 41, 81, 97, 98, 100, 101, 127)
Um Infekte zu vermeiden, wird die Operation unter Antibiotikaschutz durchgeführt,
welcher präoperativ beginnt und über 24 Stunden (als reine Prophylaxe) weitergeführt wird.
Zusätzlich werden sehr lange Operationszeiten so weit wie möglich vermieden, die
Manipulation an der Muskulatur und deren Gefäßversorgung und die Denudierung der
Knochenflächen werden so gering wie möglich gehalten. Man entnimmt intraoperativ
Abstriche und untersucht diese mikrobiologisch. Postoperativ erfolgen sonografische
Kontrollen, um die Entwicklung eines großen Hämatoms, welches die Gefahr einer
Infektion birgt, zu erkennen.
Kommt es doch zu einem Infekt, wird dieser nach den typischen Regeln behandelt, indem
man die Wunde wieder eröffnet, Fäden entfernt, einen weiteren Abstrich entnimmt, die
Wunde ausgiebig mit Wasserstoffperoxid spült und débridiert. Eine lokale
Antibiotikatherapie wird in Form von speziellen mit Antibiotika bestückten Ketten
begonnen, welche eine definierte Zeit in der Wunde verbleiben. Die Wunde wird oft nicht
komplett verschlossen, um den Ablauf von Sekret zu gewährleisten. Erst später wird die
Wunde durch eine Sekundärnaht verschlossen. Parallel dazu wird in schweren Fällen der
Infektion eine intravenöse oder perorale Antibiotikagabe vorgenommen. Hier kommt
zunächst ein Präparat zum Einsatz, welches die häufigsten Erreger postoperativer
Infektionen (Staph. aureus und andere grampositive Erreger) angreift (z.B. Cephalosporine
40
der 2. Generation oder Penicillinase feste Penicilline). Nach Erhalt des Erregerspektrums
und der Resistenzbestimmung wird die Therapie dementsprechend umgestellt.
Die Reinigung der Wunde erfolgt grundsätzlich in Allgemeinanästhesie, da durch lokale
und regionale Anästhesieverfahren die Gefahr einer iatrogenen lymphogenen
Verschleppung besteht.
Das Osteosynthesematerial wird zunächst belassen, solange die Stabilität erhalten bleibt.
Kann die Infektion trotz intensiver Therapie nicht beherrscht werden, muss das Material
entfernt werden.
Aufgrund langer OP-Zeiten, offener Verletzungen und ausgedehnter Zugänge beträgt die
Häufigkeit von Infekten 5%. (54)
Eine schwerwiegende Komplikation, die im wesentlichen Maße die Prognose nach
Acetabulumfrakturen bestimmt, ist die Femurkopfnekrose. Die frühe Femurkopfnekrose
ist ganz wesentlich vom Zeitraum zwischen Luxation und Reposition des Femurkopfes
abhängig. (38, 42)
Ist es erst einmal zur Kopfnekrose gekommen, hilft nur noch der prothetische Ersatz des
Gelenkes, um die Beweglichkeit im Hüftgelenk aufrecht zu erhalten.
Eine weitere Ursache für die Entwicklung einer Femurkopfnekrose kann aber auch eine
intraoperative Verletzung der A. circumflexa femoris medialis sein. Dieses Gefäß ist bei der
Freilegung des dorsalen Pfeilers gefährdet. Des Weiteren können auch eine nicht
anatomische Reposition und Stabilisierung, sowie intraartikulär befindliche Implantate zur
Schädigung des Femurkopfes führen.
Starke Nachblutungen entstehen meist aus einer Verletzung der A. glutealis superior, die
intraoperativ durch Kompression durch einen Haken nicht entdeckt wird.
Um die Blutungsquelle sicher zu stellen, muss eine Angiographie durchgeführt werden, bei
der gleich ein Embolisationsversuch gestartet werden kann. Gelingt dies nicht, muss eine
chirurgische Blutstillung folgen, die aus der Wiedereröffnung des alten dorsalen Zuganges,
der Schaffung eines Knochenfensters an der Incisura ischiadica major in Höhe des Gefäßes
oder einem pararektalen Zugang besteht.
Durch die Blutung entstandene große Hämatome sollten nach 48 - 72 h in einem
Zweiteingriff ausgeräumt werden. (92, 101)
41
Ein sekundärer Repositionsverlust kann durch verfrühte Gelenkvollbelastung oder
unzureichende Fixation der Fragmente (zu kurze Schrauben, nicht korrekt anmodellierte
Platten) verursacht werden. Bei unzureichender Festigkeit des Knochen, wie z. B. bei
Osteoporose kann es nach schraubenosteosynthetischer Versorgung der Fraktur zu einem
Ausriss von Pfannenrandfragmenten kommen. Diese Fragmente müssen dann mit
Schrauben und einer Rekonstruktionsplatte in unverletzten Anteilen des dorsalen Pfeilers
verankert werden. (101)
Unnatürlich lang anhaltende Gelenkschmerzen können sowohl von fehl liegenden oder
fehlplazierten Implantaten, von ausgeprägten Weichteilverkalkungen (PAO) oder von einer
verfrühten Arthrose verursacht werden. Zur Differenzierung müssen eine Standard
Röntgenaufnahme, eine CT-Untersuchung oder Schrägaufnahmen vorgenommen werden.
Gelegentlich ist eine Durchbewegung des Gelenkes unter Durchleuchtung notwendig, um
störende Implantate aufzudecken. Ist der Leidensdruck sehr groß oder besteht eine
ausgeprägte Arthrose muss ein Wiedereingriff erfolgen. Ein endoprothetischer
Hüftgelenksersatz ist dann die Lösung. Liegt eine Fehlposition eines Osteosyntheseteils
vor, erfolgt ebenso eine erneute Operation, wobei lediglich eine Korrektur der
Osteosynthese vorgenommen wird, da ansonsten das Gelenk unwiderruflich geschädigt
wird und eine Früharthrose droht. (38, 97, 101)
42
Kapitel 4
Periartikuläre Ossifikationen (PAO)
4.1. Definition und Ätiologie
Definition der PAO
Periartikuläre Ossifikationen (PAO) sind Verknöcherungen im Sehnen und- Muskelgewebe
in der Umgebung von Gelenken. Sie werden auch als heterotope Ossifikationen (HO)
bezeichnet, weil sie sich an unphysiologischer Stelle befinden.
(Heterotopie = syn. Dystopie, Form der Heterogenese, bei der Gewebe an einer Stelle
lokalisiert ist, an der es normalerweise nicht vorkommt). (89)
Histologisch gibt es keinen Unterschied zu orthotopem Knochen. Es kommt zu einer
physiologischen Knochenbildung an unphysiologischer Stelle und nicht wie vielfach
angenommen zu einer Verkalkung, durch Ausfällung von Calciumcarbonat und
Calciumphosphat verursacht durch den lokalen Anstieg des pH-Wertes. (29)
Ätiologie der PAO
Die Entwicklung periartikulärer Ossifikationen (PAO) wird besonders bei schweren Kopf-
und Rückenmarksverletzungen, bei intensivmedizinisch langzeitbeatmeten Patienten, bei
Verbrennungen, nach Hüftendoprothesenimplantation und nach operativ versorgten
Acetabulumfrakturen beobachtet. (20, 93, 105, 114)
43
Eulert et al. (29) teilen die Entstehung der PAO in zwei Gruppen ein:
1. Posttraumatisch (ohne ZNS-Beteiligung)
a) Frakturen: Acetabulum, Ellenbogen, AC-Gelenk, Femur
b) Weichteile: Musculus quadrizeps femoris, Achillessehne, inneres
Kniegelenkseitenband
c) Postoperativ:
Osteosynthese: Acetabulum, Schulter, Ellenbogen
TEP: Hüft-, Knie-, Schultergelenk
d) nach Verbrennungen (seltener)
2. Neurogen
a) nach Schädel-Hirn-Trauma (SHT)
b) nach Rückenmarkverletzungen
c) sonstige: z.B. nach Enzephalitis
Die vorliegende Arbeit berücksichtigt nur die nach operativ versorgten Acetabulum-
frakturen auftretenden PAO, die in zahlreichen Arbeiten beschrieben werden. (13, 38, 41,
58, 64, 68, 85, 90, 97, 98, 99, 112)
Die periartikulären Ossifikationen stellen ein sehr großes Problem vor allen Dingen bei
dorsalen bzw. bei ausgedehnten Zugängen dar. Nach ihrer Manifestation lassen sie sich nur
noch chirurgisch angehen.
Sind PAO aufgetreten, so sollten sie chirurgisch entfernt werden, wenn eine freie Streckung
und eine Beugung von 90° durch diese Ossifikationen verhindert werden. Nach einem
solchen Eingriff muss auf jeden Fall eine Rezidivprophylaxe in Form der Bestrahlung oder
der Indometacingabe betrieben werde, da es ansonsten mit über 90%iger
Wahrscheinlichkeit zu einem Rezidiv kommt. (17, 29, 101)
Die Resektion kann aufgrund der potenten Prophylaxemethoden sehr viel früher
vorgenommen werden, als bisher angenommen. Es muss nicht die Reifungsphase von 6 bis
12 Monaten abgewartet werden, sondern der Patient kann schon sehr viel früher von
seinen Schmerzen befreit werden. (29)
44
Als generelle prophylaktische Maßnahmen gelten die frühzeitige operative Versorgung der
Fraktur, weichteilschonende Zugangswege, die ausreichende Hämatomableitung und ab
dem 1.-3. postoperativen Tag die Indometacingabe oder die Applikation von Bestrahlung.
(17, 101)
Im Rahmen der OP sollte eine Osteotomie (23, 44), die Resektion des Periostes und
generell das perikapsuläre Trauma so gering wie möglich gehalten werden. (5, 58)
Beim lateralen Zugang kann die Dissektion der Muskeln mit dem Elektrokauter das
Entstehen von PAO vermindern. (104)
Der genaue Mechanismus der zur Entwicklung von PAO führt ist noch nicht ausreichend
untersucht und verstanden worden. (30, 32, 45)
Einige Erklärungsansätze siehe unter 4.1.2. Pathomechanismus.
45
4.1.1. Risikofaktoren
Einige Autoren haben versucht Risikofaktoren zu erstellen, um die Gefahr der
Entwicklung von PAO bei jedem Patienten individuell abschätzen zu können.
Diese Risikofaktoren lassen sich in zwei Gruppen einteilen:
1. Patientenbedingte, individuelle Risikofaktoren
2. Operationsbedingte Risikofaktoren
Zu ersteren gehören:
• Individuelle Disposition (30, 111)
• Männliches Geschlecht (2, 29, 37, 72, 84, 123)
• zusätzliche Thorax- und Abdomenverletzungen bzw. multiples Trauma (30, 32)
• T- Frakturen (32)
• aktiver M. Bechterew (32)
• Verbrennungen (30, 32)
• Infektionen (32)
• Aktive, hypertrophische Osteoarthritis (37)
Zu letzteren werden folgende gezählt:
• Posteriore und erweiterte bzw. ausgedehnte operative Zugänge, besonders der
iliofemorale Zugang (17, 32, 41, 56, 72, 112)
• zwei oder mehr Vor-Operationen (evtl. um das Ausmaß der Verletzung zu bestimmen)
(32)
• Operation durch unerfahrenen Chirurgen (123)
46
Bei einigen anderen Faktoren ist der Zusammenhang mit der Entwicklung von PAO
strittig, (29)
wie z. B.:
• Zeitpunkt der OP (32, 44)
• Dauer der OP (32, 41, 44, 123)
• Perioperativer Blutverlust (32)
• Wundhämatome (32)
• zusätzliche Hüftdislokation (41, 44)
• Alter des Patienten (32, 41, 44, 84, 123)
• Geschlecht des Patienten s.o. (32, 41, 44, 123)
Weiterhin variieren sowohl das Ausmaß der PAO, wie auch die klinische Auswirkung auf
das befallene Gelenk. (20, 29, 40, 65, 78, 95).
Es werden Fälle beschrieben, bei denen es zu enormer Einschränkung der Bewegung des
Gelenkes kommt. (29, 32, 37, 45, 64, 65, 67, 83, 114), andere Autoren wie Routt ML et al.
(98) und Murphy D et al. (78) beschreiben die Entwicklung der PAO bei operativ
versorgten komplexen Acetabulumfrakturen als klinisch wenig bedeutsam.
Wright JG et al. (127) fanden heraus, dass ein Zusammenhang zwischen dem Grad der
PAO und dem Bewegungsmaß des Gelenkes besteht, so dass die Brooker-Klassifikation
(15) für sie ein verlässliches Maß zur Einschätzung der Bewegungseinschränkung darstellt.
Hirota et al. (37) präzisierten die aus der PAO resultierende Bewegungseinschränkung. Ihre
Untersuchung zeigt besonders eine Einschränkung in Flexion und Abduktion bei einer
PAO Grad III nach Brooker.
47
Moed BR und Smith ST verglichen die traditionelle Brooker- Einteilung, die auf einer a-p
Aufnahme beruht, mit einer modifizierten Klassifikation, die sowohl die a-p Aufnahme,
wie auch die Ala- und Obturatoraufnahme zur Bewertung heranzieht, im Hinblick auf eine
Korrelation zwischen Grad der PAO und Bewegungseinschränkung des Hüftgelenkes. Es
zeigte sich, dass bei der modifizierten Einteilung eine bessere Korrelation zwischen dem
Ausprägungsgrad der PAO und der aktuellen Hüftbeweglichkeit besteht. (73)
Ghalambor N et al. (32) stellten heraus, dass die anatomische Lokalisation sehr viel
wichtiger ist als das Ausmaß der Ossifikation im Hinblick auf die Einschränkung der
Beweglichkeit.
48
4.1.2. Pathomechanismus
Viele Theorien sind aufgestellt worden, um die Entwicklung der PAO zu erklären, aber
keine konnte sich bis jetzt als endgültig richtig erweisen.
Sicher ist, dass sowohl lokale als auch systemische Faktoren zusammenspielen.
Einige Untersucher schreiben den pluripotenten Mesenchymzellen die verantwortliche
Rolle zu, weil diese Zellen die Fähigkeit besitzen sich in knorpel- und knochenbildende
Zellen umzuwandeln und sie überall im Gewebe, im Periosteum, in Endothelien und im
Knochenmark zu finden sind. (7, 16, 19, 33, 35, 82, 120)
Die Untersuchung von Bosse´97 (12) zeigt, dass Gefäßendothelzellen und Perizyten der
Gefäße zu den „Stammzellen“ der heterotopen Ossifikation gehören und dass die
Osteoblasten in heterotopen Ossifikationen von lokalen Makrophagen abstammen. Somit
bezeichnet er die heterotope Ossifikation als eine reaktive Proliferation und reversible
Neoplasie von chronisch geschädigtem Weichteilgewebe.
Eulert et al. (29) fanden heraus, dass für die Differenzierung der Mesenchymzellen zu
Osteoblasten ein sogenanntes Bone-Morphogenetic-Protein (BMP) die zentrale Rolle
spielt.
Weiterhin zeigten sie, dass der Differenzierungsprozess unmittelbar nach dem
eingetretenen Reiz (z.B. ein Trauma) beginnt und 32-48 Stunden später seinen Höhepunkt
erreicht.
Dass die Ausbildung heterotoper Ossifikationen einen eigentlich physiologischen Ablauf
zeigt, haben unter anderem auch Kaysinger et al. 1997 (45) herausgearbeitet. Qualitativ
funktionieren die aus heterotopen Ossifikationen gewonnenen Zellen wie normale
Osteoblasten, sie zeigen jedoch erhöhte Aktivitäten der alkalischen Phosphatase und der
Kollagensynthese.
Sell et al. (108) fanden zusätzlich noch eine schnellere Bildung von Kolonien und eine
erhöhte mitotische Aktivität in den Zellen der PAO.
49
Chalmers et al. (19) beschreiben drei Voraussetzungen für die Bildung von PAO.
Diese sind:
1. ein auslösender Mechanismus
2. das Vorhandensein knochenbildender Vorläuferzellen und
3. eine die Knochenbildung fördernde Umgebung
Treffen diese drei Voraussetzungen nicht aufeinander kommt es nicht zur Ausbildung
heterotoper Ossifikationen.
50
4.2. Klassifikation
Tab. 1 Einteilung der PAO nach BROOKER et al. (15)
Grad Definition
Grad 0 keine nachweisbaren periartikulären Ossifikationen
Grad I kleine Ossifikationsinseln im Weichteilgewebe des
Hüftgelenks
Grad II mäßige Ossifikationen von der Hüfte oder dem proximalen
Ende des Femur ausgehend, mit einem Mindestabstand von
1 cm zwischen gegenüberliegenden Knochenflächen
Grad III ausgeprägte Ossifikationen mit einem Abstand von weniger
als 1 cm
Grad IV vollständige Ankylose
51
4.3. Diagnostik
Um die Diagnose PAO zu stellen und ihren Reifezustand zu bestimmen, gilt als Mittel der
Wahl die radiologische Darstellung (a.p.- Aufnahme des Beckens). Hierbei wird die
postoperative Aufnahme mit einer präoperativ angefertigten Röntgenaufnahme verglichen.
Die Ossifikationen finden sich lateral des Trochanter majors und im Bereich des
Schenkelhalses und wachsen von der Trochanterspitze zum kranio-lateralen
Acetabulumrand. (29)
Es wurden viele Parameter untersucht, aber es konnte sich kein serologischer Marker als
prädiktiv erweisen. (29, 30)
Allein die postoperativ bis zu 5 Monate erhöhte alkalische Phosphatase kann als Hinweis
auf die Ausbildung von PAO gedeutet werden. (12, 29)
Kjaersgaard et al. (47) fanden heraus, dass der Serumspiegel der alkalischen Phosphatase
sechs Wochen nach der Operation allmählich mit dem zunehmenden Ausmaß der
heterotopen Ossifikationen ansteigt und dass Werte von über 250 IU/l
(norm: 60-170 IU/l) 12 Wochen nach der Operation mit dem Auftreten schwerer PAO
vergesellschaftet sind.
Als sehr sensibles Verfahren zur Diagnostik der PAO hat sich die 3-Phasen-
Skelettszintigraphie bewährt. Hiermit kann schon vor dem Auftreten radiologischer
Hinweise, etwa 2-4 Wochen postoperativ bzw. posttraumatisch eine Anreicherung
festgestellt werden, die Hinweis auf die Ausbildung von PAO ist. (29)
52
4.4. Prophylaxe
Viele Untersuchungen haben gezeigt, dass die Entwicklung von PAO ein schwerwiegendes
Problem nach operativ versorgten Acetabulum Frakturen darstellt. (13, 44, 58, 112)
Da ihre Entwicklung mit konsequenter Prophylaxe vermieden werden kann, sollten die zur
Verfügung stehenden Maßnahmen, wie post- oder perioperative Bestrahlung und
nichtsteroidale Antiphlogistika in jedem Fall eingesetzt werden. (17, 18, 48, 51, 58, 64, 67,
80, 94, 95, 98, 115, 124)
Die Indikation zur Prophylaxe besteht vor allen Dingen beim erweiterten iliofemoralen
Zugang und beim Kocher-Langenbeck-Zugang. (17, 41, 63, 64, 67, 92)
Die Prophylaxe sollte zwischen dem 1.-3. postoperativen Tag begonnen werden, um
möglichst effektiv zu sein. (41, 42, 80)
Der ilioinguinale Zugang verlangt nicht unbedingt nach einer PAO-Prophylaxe. (41, 42, 58,
64, 65, 100)
Da die Festlegung der Risikofaktoren im einzelnen Fall schwierig ist und der Einfluss
bestimmter Risikofaktoren auf die Entwicklung der PAO noch nicht genau geklärt ist,
sollte bei jedem Patienten, dessen Acetabulumfraktur operativ versorgt wird eine
routinemäßige Prophylaxe vorgenommen werden. (29, 52, 123)
53
4.4.1. Radiatio
Eine sehr sichere Methode zur Vorbeugung von PAO ist die fraktionierte
Röntgenbestrahlung mit einer Gesamtdosis von 12 Gy. Diese Dosis ist aber nicht
unbedenklich, da sie für die Ovarien auf der bestrahlten Seite einer Kastrationsdosis
entspricht. Die Bestrahlung ist zwar sehr sicher, was die prophylaktische Wirkung im Bezug
auf die PAO betrifft, sie wird aber aufgrund der hohen Strahlenbelastung von vielen
Patienten und Ärzten abgelehnt. (101)
Die Bestrahlungstherapie verhindert, dass sich Osteoblastenvorstufen teilen und zu aktiven
Osteoblasten umwandeln. (29, 72, 94)
Die Effektivität der Bestrahlungstherapie hat sich in vielen Studien gezeigt. (4, 13, 17, 107,
109)
Die Applikation kann prä-, peri- und postoperativ erfolgen, wobei ein früher Beginn der
Strahlentherapie (<4 Tage postop) besseren Schutz gewährt als ein späteres Einsetzen der
Bestrahlung (>8 Tage postop).
Eulert et al. bewerten eine Bestrahlung nach dem 5. postoperativen Tag sogar als sinnlos.
(29)
Dosen zwischen 7 und 20 Gy (6, 58, 60, 71) bzw. 5-10 Gy (13, 40, 65) haben sich bewährt.
Als Nebenwirkung der Bestrahlung wird die Induktion maligner Prozesse diskutiert.
In einigen Arbeiten wird deshalb die Anwendung der Bestrahlung besonders bei jungen
Patienten als nicht unbedenklich angesehen, weil noch keine sicheren Aussagen über die
Induktion von Neoplasien gemacht werden können. (13, 14, 41, 46, 52, 92)
Eulert et al. stellen jedoch eine Langzeitstudie vor (Follow-up von 50 Jahren, Bestrahlung
< 30 Gy), bei der kein strahleninduzierter Tumor auftrat. (29)
Weiterhin wird eine verzögerte Knochen- und Wundheilung durch die Bestrahlung
vermutet, die sich jedoch nicht in den Untersuchungen von Eulert et al., Seegenschmiedt et
al., Moed und Letournel und Anglen et al. nachvollziehen ließ. (4, 29, 71, 107)
54
4.4.2. Medikamentös
Die vorhandenen Studien untersuchten vor allem folgende Substanzen:
1. Indometacin
2. Ibuprofen
3. Salicylate
4. Diphosphonate
Ad 1.+2.+3.:
Die Substanz, die am häufigsten zum Einsatz kommt ist wohl das Indometacin, aber auch
Ibuprofen und Salicylate wurden auf ihre Wirksamkeit hin untersucht und für geeignet
befunden. (29, 31, 49, 111)
Indometacin kann nicht komplett verhindern, dass es zur Ausbildung heterotoper
Ossifikationen kommt, es vermindert jedoch die Häufigkeit des Auftretens und die
Schwere der PAO. (29, 41, 42, 47, 67, 70, 72, 111)
Weiterhin verhindert es ein Wiederauftreten nach Resektion von PAO. (29, 42, 110)
Der genaue Wirkmechanismus ist noch nicht vollständig aufgeklärt, wobei die Hemmung
der Proliferation von Mesenchymzellen und der Vasodilatation, wie auch die Effekte auf
die Stabilität der Lysosomenmembran, die Migration und Chemotaxis von Makrophagen
und die Bildung von Kollagen interagierende Komponenten sind. (72, 76)
Da die nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAID) in den normalen Entzündungs- und
Reparationsvorgang eingreifen, sollten sie auch frühzeitig eingesetzt werden, um die
auslösenden Mechanismen zur Ausbildung von PAO gar nicht erst in Gang kommen zu
lassen. Daher sollte möglichst schnell nach der Operation mit der Indometacingabe
begonnen werden, (29, 119) andere Autoren empfehlen sogar die perioperative Gabe. (52)
Es wird empfohlen Indometacin für eine Dauer von 6 Wochen in einer Dosierung von
25 mg dreimal täglich zu verabreichen. Darüber hinaus bringt es keinen weiteren Nutzen,
da das volle Ausmaß der PAO 6 Wochen postoperativ ausgebildet ist. (41, 70, 72, 75, 95)
Eulert et al. beschreiben eine Ausreifungszeit von 3-6 Monaten, in 10-20% sogar noch bis
12 Monate postoperativ. (29)
55
Auch nach Absetzen des Medikamentes zeigt sich keine Zunahme der PAO. (67, 70,72)
Einige Studien haben gezeigt, dass auch eine Anwendung über nur 2 oder 3 Wochen mit
einer Dosis von 50 mg zweimal täglich effektiv genug ist. (29, 48, 49, 72, 111, 125)
Weitere Studien lassen erkennen, dass eine Gabe von Indometacin oder Ibuprofen über
nur 8 Tage eine ausreichende Wirkung erzielt, um PAO zu verhindern. (25, 86)
Die Dosis schwankt bei allen Studien zwischen 75 mg/d (3 x 25 mg) und
150 mg/d (3 x 50 mg). (29, 47, 75, 125)
Als Nebenwirkungen der NSAID können besonders gastrointestinale unerwünschte
Wirkungen auftreten, wie Unwohlsein, Übelkeit oder ein blutendes Magengeschwür. Das
Auftreten dieser Nebenwirkungen ist altersabhängig und kann bei 10-20% der Patienten
zum Therapieabbruch führen. Seltenere Nebenwirkungen sind eine verlängerte
Blutungszeit aufgrund von Thrombozytenaggregationshemmung und Wechselwirkungen
mit proteingebundenen Antikoagulantien.
Der ulzerogenen Potenz der NSAID kann mit der zusätzlichen Gabe von H2-Blocker oder
Misoprostol entgegen gewirkt werden. (29)
Dass die gastrointestinalen Nebenwirkungen sehr selten sind, zeigt u.a. die Studie von
Weissinger et al., bei der nur 6 von 200 behandelten Patienten über gastrointestinale
Beschwerden oder Exantheme klagten. Auch Persson et al. beschreiben keine
Nebenwirkungen. (86, 125)
Die verzögerte Knochenbruchheilung, die im Tierexperiment auftrat, konnte in klinischen
Studien nicht (29) bzw. nur bedingt (17) beobachtet werden. Burd et al. schlagen vor, bei
der Kombination einer Acetabulumfraktur und der Fraktur eines langen Röhrenknochens
zur Prophylaxe der PAO besser auf die Bestrahlung zurückzugreifen. (17)
Ad 4.:
Die Diphosphonate haben sich als nicht wirksam bei der Prophylaxe der PAO erwiesen, da
sie nur die Mineralisation des Osteoids verhindern, nicht aber die Produktion von
Knochensubstanz. (29, 72, 87, 102)
Außerdem kommt es nach Absetzen der Medikamente zur Nachmineralisation und somit
zur Ausbildung von PAO. (29, 42, 87, 116, 117)
56
Kapitel 5
Zielsetzung und Fragestellung
Das Vorkommen einer Acetabulumfraktur ist im Vergleich zu anderen Frakturen gering
(97), ihre operative Versorgung bedarf einer aufwendigen Diagnostik und einer großen
operativen Erfahrung seitens des Chirurgen. Weiterhin werden gelegentlich nur mäßige
funktionelle Ergebnisse erreicht und die Betroffenen haben einen großen Leidensdruck, so
dass eine erneute Operation von Nöten ist, um die Hüftgelenksbeweglichkeit zu
verbessern.
Besonders die periartikulären Verkalkungen der umgebenden Weichteile stellt eine noch
nach Jahren auftretende und rezidivierende Komplikation dar.
Die vorliegende Arbeit versucht zu klären, ob eine prognostische Aussage aufgrund des
Frakturtyps hinsichtlich der Verkalkungen und der damit verbundenen Bewegungs-
einschränkung zu machen ist.
Als Bewertungskriterien der Funktionalität wurde die Einteilung nach D´Aubigné und
Postel eingesetzt. (21)
Zur Beurteilung des Schweregrades der PAO wurde das Schema von Brooker angewandt.
(15)
57
Kapitel 6
Patientengut und Methodik
Das Patientenkollektiv bestand aus Patienten, die eine Acetabulumfraktur erlitten hatten
und im Zeitraum von 1985 bis August 1997 behandelt wurden. In die Untersuchung
flossen nur operativ versorgte Patienten ein, die geringe Anzahl der konservativ
angegangenen Verletzungen wurde ausgeschlossen.
Jeder der Patienten erhielt eine a.p.-Darstellung des Beckens und eine Ala- und
Obturatoraufnahme, teilweise auch eine Zielaufnahme der betroffenen Hüfte. Bei
Vorliegen besonders komplexer Frakturen wurde eine 3-D-CT angefertigt, um den
operativen Zugangsweg besser planen zu können. Die Untersuchung von Kuner und die
Arbeit von Eberl et al. stellen diese radiologischen Untersuchungen als Standard dar. (26,
52)
Aus den Krankenakten wurden zahlreiche Informationen über die Person, den
Unfallhergang, den Genesungsprozess und eventuell aufgetretene Komplikationen
entnommen.
Die AO-Klassifikation des jeweiligen Bruchtyps erfolgte anhand der Unfallröntgenbilder
durch Herrn Dr. Hahn, Privatdozent der Ruhr-Universität Bochum an den
Berufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannsheil Bochum, einem erfahrenen
Chirurgen.
Weiterhin wurde die Mehrheit der Patienten auf die Beweglichkeit im Hüftgelenk und die
Beschwerden seitens des Hüftgelenkes hin klinisch nachuntersucht. Hierbei wurden die
Schwerpunkte auf die Schmerzsymptomatik, die Beweglichkeit im Hüftgelenk, die
Gehfähigkeit und die Einschränkung im alltäglichen Leben aufgrund der Verletzung gelegt.
Gehfähigkeit, Beweglichkeit und Mobilität wurden anhand der Einteilung nach D´Aubigné
und Postel (21) bewertet, die Einschränkung im alltäglichen Leben nach dem Karnofsky-
Index. (89)
Der Ausprägungsgrad der PAO wurde in der Einteilung nach Brooker (15) erfasst.
58
Funktionelle Einteilung der Hüfte nach D´Aubigné und Postel
Dieses Bewertungsschema war ursprünglich für Patienten nach Hüftgelenksersatz von
D´Aubigné und Postel entworfen worden, ist aber heutzutage zum generell akzeptierten
klinischen Beurteilungssystem nach Acetabulumfrakturen geworden. (74)
Der Patient wird nach der Beweglichkeit seiner Hüfte befragt, es erfolgt eine Beobachtung
des Gangbildes und eine Messung der Flexion im Hüftgelenk wird vorgenommen. Aus den
Angaben über Schmerz, Benutzung einer Gehhilfe und der Beobachtung des Gangbildes
ergeben sich die ersten Punktwerte (siehe Tab. 2).
Ferner erhält man durch die Messung der Flexion des Hüftgelenkes einen Punktwert (siehe
Tab. 3).
Die Summe der beiden Ergebnisse liefert nun das Gesamtergebnis nach Tab. 4.
Tab. 2 Bewertung der Hüftfunktion nach D´Aubigné und Postel
Voraussetzung: Normale Beweglichkeit
P = Pain W = Walk k.A.= keine Angaben
Punkte
(P)
Punkte
(W)
Schmerzen Gehhilfe Hinken Punkte
gesamt
Beurteilung
6 6 - - - 12 Sehr gut
6 5 - - Leicht 11
5 6 Leichter Anlauf-Sz - - 11
5 5 Leicht - Leicht 10 Gut
4 6 Ja - - 10
6 4 - Außer Haus k.A. 10
5 4 Leicht Außer Haus k.A. 9 Befriedigend
4 5 Nach einigen min Gehen - Leicht 9
6 3 - Jederzeit k.A. 9
5 3 Leicht Jederzeit k.A. 8 Ausreichend
4 4 Nach Gehen Außer Haus k.A. 8
≤ 7 Schlecht
59
Tab. 3 Bewertung der Mobilität:
Punkte mögliche Mobilität
0 Ankylose und schlechte Position der Hüfte
1 Keine Bewegung, leichte Deformität
2 Flexion unter 40°
3 Flexion zwischen 40 - 60°
4 Flexion zwischen 60 – 80°, Patient kann Füße erreichen
5 Flexion zwischen 80 – 90°, Abduktion von mindestens 15°
6 Flexion >90°, Abduktion bis 30°
Tab. 4 Auswertung der erreichten Punkte (gesamt):
Punkte Bewertung
18 Sehr gut
16-17 Gut
14-15 Befriedigend
12-13 Ausreichend
<12 schlecht
Tab. 2 – 4: Quelle: 21
60
Tab. 5 Einteilung der PAO nach Brooker et al. (15)
Grad Definition
Grad 0 keine nachweisbaren periartikulären Ossifikationen
Grad I kleine Ossifikationsinseln im Weichteilgewebe des Hüftgelenks
Grad II mäßige Ossifikationen von der Hüfte oder dem proximalen Ende des
Femur ausgehend, mit einem Mindestabstand von 1 cm zwischen
gegenüberliegenden Knochenflächen
Grad III ausgeprägte Ossifikationen mit einem Abstand von weniger als 1 cm
Grad IV vollständige Ankylose
Tab. 6 Einteilung der Einschränkung im alltäglichen Leben anhand des
Karnofsky- Index
Normale Aktivität, keine Beschwerden 100%
Minimale Verletzungsfolgen, minimal verminderte Aktivität und Belastbarkeit 90%
Normale Aktivität nur mit Anstrengung, deutlich verringerte Aktivität, erkennbare
Verletzungsfolgen
80%
Unfähig zu normaler Aktivität oder Belastung, versorgt sich selbständig 70%
Gelegentlich Hilfe notwendig, versorgt sich jedoch noch weitgehend selbst 60%
Beträchtliche Hilfe notwendig, häufige medizinische Unterstützung 50%
Ständige Unterstützung und Pflege, häufige ärztliche Hilfe erforderlich 40%
Überwiegend bettlägerig, spezielle Hilfe erforderlich, ggf. Dauerpflege oder
Hospitalisierung
30%
Hospitalisierung, Dauerhilfe notwendig 20%
Moribund 10%
Tod 0%
61
Nach Zusammentragen der umfangreichen Informationen zu jedem Patienten, erfolgte die
statistische Auswertung im Hinblick auf
• das Auftreten periartikulärer Verkalkungen,
• die verbliebene Beweglichkeit im Hüftgelenk,
• Schmerzangaben seitens des Patienten und das daraus resultierende Gangbild und
• die Notwendigkeit der Benutzung von Gehhilfen.
All diese Informationen wurden in Relation zum Frakturtyp gesetzt.
Ziel war es herauszufinden, ob allein aufgrund des Frakturtyps eine prognostische Aussage
über den Verlauf der operativ versorgten Acetabulumfraktur gemacht werden kann.
62
Kapitel 7
Ergebnisse
Die Grundlage für die folgenden Ergebnisse waren die Daten von sechzig Patienten.
Es wurden 46 männliche und 14 weibliche Patienten nachuntersucht. Fünf Frakturtypen
waren nicht klassifiziert.
Das Durchschnittsalter betrug 40,4 Jahre, wobei der jüngste Patient 20 und der älteste 81
Jahre alt waren.
Die Nachuntersuchungen erfolgten im Durchschnitt 7 Jahre und 36 Wochen nach dem
Unfall.
Der kürzeste Zeitraum umfasste 4 Jahre und 22 Wochen, der längste 12 Jahre und 14
Wochen.
Tab. 7 Verteilung der verschiedenen Frakturtypen (n= 55)
Typ Anzahl
n
Prozent
%
Untergruppe Anzahl
n
Prozent
%
A 24 43,4 A 1.1 15 27,2
A 2.2 7 12,7
A 3.1 2 3,6
A 3.2 0 0
B 23 41,6 B 1.2 8 14,5
B 1.3 6 10,9
B 2.2 8 14,5
B 3.3 1 1,8
C 8 14,5 C 1.2 5 9,1
C 2.3 3 5,4
C 3.2 0 0
63
Die Patienten gaben auf der ehemals verletzten Seite im Durchschnitt leichte bis
mittelstarke Schmerz an.
34 Patienten (56,7%) gaben hierbei keine oder nur leichte Schmerzen an,
8 (13,3%) beschrieben sie als mittelstark, 11 Personen (18,3%) litten unter starken
Schmerzen bei Belastung und 7 Patienten (11,6%) klagten über Ruheschmerzen.
Lokalisiert waren die Schmerzen hauptsächlich in der Hüfte. Nur 21 Patienten (35%) gaben
zusätzlich Schmerzen in Leiste, Oberschenkel oder Trochanterregion an.
Das Gangbild ohne Gehhilfen zeigte bei 26 Personen (43,2%) kein Hinken, bei 18
Patienten (30%) ein minimales bzw. Schonhinken, in 5 Fällen (8,3%) war ein mäßiges
Hinken zu beobachten und 8 Patienten (13,3%) hinkten stark. In 3 Fällen (5%) war das
Gangbild nicht dokumentiert worden.
Die Gehfähigkeit ohne Gehhilfe wurde im Mittel zwischen 30 und 60 Minuten angegeben.
Die Benutzung von Gehhilfen war in 44 Fällen (73,1%) nicht notwendig, 4 Patienten
(6,6%) benutzten gelegentlich einen Stock, 7 Personen (11,6%) benötigten immer einen
oder zwei Stöcke und ein Patient (1,7%) war auf einen Rollstuhl angewiesen.
Die Beweglichkeit im Hüftgelenk war nicht massiv eingeschränkt. Im Mittel waren die
Extension um 7 Grad, die Flexion um 12 Grad, die Außenrotation um 10 Grad, die
Innenrotation und die Abduktion um 8 Grad und die Adduktion um 6 Grad eingeschränkt.
Als Fazit hieraus kann festgehalten werden, dass die Flexion, Außenrotation und
Abduktion nach operativ versorgten Acetabulumfrakturen am meisten beeinträchtigt sind.
Nach dem Befinden und der Zufriedenheit im Hinblick auf das operativ versorgte Becken
sagten 51,5% (31 Patienten), sie seien mit dem Ergebnis zufrieden und fühlten sich wohl,
15% (9 Personen) äußerten sich neutral und 23,2% (14 Patienten) waren mit ihrem
derzeitigen Gesundheitszustand unzufrieden, wobei das Ergebnis der Operation von den
Patienten immer als zufrieden stellend eingeschätzt wurde. 10% (6 Patienten) machten
keine Aussage über ihr Befinden.
Die Einschränkung im alltäglichen Leben, gemessen am Karnofsky- Index ergab im Mittel
einen Wert von 86,78%. Das heißt, die Patienten waren in ihrer Aktivität aufgrund des
Unfallereignisses nur gering eingeschränkt und zeigten eine nur leicht verminderte
Belastbarkeit.
64
Bei 14 Patienten (23,2%) wurde letztendlich doch die Implantation einer
Totalendoprothese notwendig, so dass dieses Ergebnis die immense Gewalt, die bei der
Acetabulumfraktur auf den Femurkopf einwirkt, widerspiegelt.
Die Auswertung der nachuntersuchten Patienten anhand des D`Aubigné- Postel- Indexes
ergab folgendes Ergebnis:
• 15% (9 Patienten) erlangten ein sehr gutes Ergebnis (18 Punkte)
• 41,5% (25 Patienten) ein gutes (16 - 17 Punkte)
• 18,3% (11 Patienten) ein befriedigendes (14 – 15 Punkte)
• 16,6% (10 Patienten) ein ausreichende (12 – 13 Punkte)
• 8,3 % (5 Patienten) ein schlechtes Ergebnis (weniger als 12 Punkte).
Abb.13 : graphische Darstellung der sehr guten, guten, befriedigenden, ausreichenden und
schlechten Funktionalität des Hüftgelenkes; rechts: erreichte Punktzahl nach D´Aubigné
und Postel
Im Mittel erreichten die Patienten einen Punktwert von 15,23, welches einem
befriedigendem Ergebnis entspricht.
Insgesamt 75% also ¾ der Patienten schlossen die Untersuchung mit einem sehr guten bis
befriedigendem Resultat ab.
funktionelle Bewertung des Hüftgelenkes nach dem D´Aubigné-Postel-Index (Gesamt)
2%
0%
7%7%
10%
7%
12%21%
15%
19%
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
65
Da der D´Aubigné- Postel- Index die Angabe von Schmerzen, die Mobilität des
Hüftgelenkes, das Gangbild und die Benutzung von Gehhilfen berücksichtigt, gibt er einen
guten allgemeinen Überblick über die verbleibende Funktion des operativ versorgten
Hüftgelenkes nach Acetabulumfraktur. Daher wurden die Ergebnisse aus diesem Index in
Relation zu den einzelnen Frakturtypen gesetzt.
Tab. 8 Ergebnisse nach dem D´Aubigné- Postel- Index aufgesplittet nach
Frakturtypen (unabhängig von der Verteilung in Typ A-C unseres
Kollektives):
Typ
Sehr gut
18 Punkte
%
n
Gut
16-17 Punkte
%
n
Befriedigend
11-15 Punkte
%
n
Ausreichend
12-13 Punkte
%
n
Schlecht
< 12 Punkte
%
n
A 1.1 44,4%
4
33,3%
7
18,2%
2
20%
2
0%
0
A 2.2 11,1%
1
19%
4
18,2%
2
0%
0
0%
0
A 3.1 0%
0
0%
0
0%
0
20%
2
0%
0
A 3.2 Frakturtyp war in Untersuchung nicht vertreten
B 1.2 33,3%
3
4,8%
1
18,2%
2
10%
1
25%
1
B 1.3 0%
0
14,3%
3
9,1%
1
10%
1
25%
1
B 2.2 11,1%
1
9,5%
2
27,3%
3
20%
2
0%
0
B 3.3 0%
0
4,8%
1
0%
0
0%
0
0%
0
C 1.2 0%
0
14,3%
3
0%
0
10%
1
25%
1
C 2.3 0%
0
0%
0
9,1%
1
10%
1
25%
1
C3.2 Frakturtyp war in Untersuchung nicht vertreten
Σ : 100% 100% 100% 100% 100%
66
Beim Vergleich des Ergebnisses aus dem D´Aubigné- Postel- Index mit dem Frakturtyp
fiel auf, dass die Gruppe der Frakturtypen A schon 55,5% der sehr guten bzw. 52,3% der
guten Ergebnisse ausmachten.
Gruppe B lieferte 44,4% der sehr guten und 33,4% der guten, aber auch schon 50% der
schlechten Ergebnisse, die in Gruppe A nicht auftraten.
Die Frakturtypen C waren nur zu 14,3% an guten, zu 10% an befriedigenden und zu 20
bzw. 50% an ausreichenden und schlechten Ergebnissen beteiligt. (siehe Tabelle 8)
Eine anders gewichtete Gegenüberstellung ergibt folgende Verteilung der klinischen
Funktionalität:
Tab. 9 Ergebnisse des D´Aubigné- Postel- Index verteilt auf gesamte Anzahl
von Frakturtyp A, B, C
Anzahl n
%
sehr gut gut befriedigend ausreichend schlecht
Typ A 24
43,4
5
20,8
11
45,8
4
16,6
4
16,6
0
0
100%
Typ B 23
41,6
4
17,4
7
31
6
26,1
4
17,4
2
8,7
100%
Typ C 8
14,5
0
0
3
37,5
1
12,5
2
25
2
25
100%
100%
Auch hier zeigte sich die Tendenz, dass der relativ einfache Frakturtyp A sehr gute bis gute
funktionelle Ergebnisse erreichte, der mehrere Fragmente aufweisende Typ B zuweilen
auch schon schlechte Ergebnisse lieferte und der komplizierte Frakturtyp C die Hälfte der
guten und befriedigenden, aber auch die Hälfte der ausreichenden und schlechten Resultate
ausmachte.
67
Die Entwicklung periartikulärer Ossifikationen (PAO) wurde in 31 Fällen dokumentiert,
von denen bei 10 (32,2%) Patienten keine PAO festgestellt wurde. In 3 Fällen (9,6%)
wurde Brooker Grad I bestimmt, bei 9 Patienten (29,1%) Grad II und bei weiteren 9
(29,1%) Verkalkungen in Grad III.
In 27 Fällen waren keine Angaben zur Ausbildung heterotoper Ossifikationen gemacht
worden.
Abb.14 : PAO Entwicklung
Leider wurde nicht dokumentiert, inwiefern bei den Patienten prophylaktische Maßnahmen
gegen heterotope Ossifikationen ergriffen wurden.
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Anzahl Patienten
0 1 2 3
Brooker Grad
PAO Entwicklung
68
Tab. 10 Verteilung der Schweregrade der PAO hinsichtlich der Fraktur-
untergruppen (Einteilung nach Brooker (13)):
Typ
Grad 0
n
%
Grad I
n
%
Grad II
n
%
Grad III
n
%
A 1.1 3 30 1 33,3 2 22,2 0 0
A 2.2 1 10 2 66,7 1 11,1 1 11,1
A 3.1 1 10 0 0 0 0 0 0
B 1.2 1 10 0 0 2 22,2 2 22,2
B 1.3 3 30 0 0 1 11,1 1 11,1
B 2.2 1 10 0 0 1 11,1 2 22,2
B 3.3 0 0 0 0 0 0 0 0
C 1.2 0 0 0 0 1 11,1 3 33,3
C 2.3 0 0 0 0 1 11,1 0 0
Σ : 10 100% 3 100% 9 100% 9 100%
00,51
1,52
2,53
3,54
A1 A2 A3 B1 B2 B3 C1 C2 C3
Brooker 0
Brooker 1
Brooker 2
Brooker 3
Brooker 0
Brooker 1
Brooker 2
Brooker 3
Abb.15: Verteilung der PAO aufgeteilt nach Frakturuntergruppen
69
Tab. 11 Verteilung der Schweregrade der PAO im Hinblick auf den Frakturtyp
(berücksichtigt ist hierbei die Gesamtzahl der Frakturtypen A, B und C bei denen eine
PAO dokumentiert wurde)
Typ
Grad 0
n
%
Grad I
n
%
Grad II
n
%
Grad III
n
%
Σ
A 5 41 3 25 3 25 1 8 100%
B 5 35 0 0 4 28 5 35 100%
C 0 0 0 0 2 40 3 60 100%
Die zweite Auflistung zeigt, dass alle Fälle von leichter Verkalkungen (Brooker Grad I) bei
dem Frakturtyp A auftraten und sich die Fälle der massiven Verkalkung (Brooker Grad III)
auf die Frakturtypen B und C aufteilten, wobei die Typen C in dieser Untersuchung mit
60% am häufigsten massive Verkalkungen entwickelten.
Auffallend ist, dass bei den Frakturtypen B sowohl zu 35% starke Verkalkungen Grad III
und ebenfalls zu 35% keinerlei Verkalkungen dokumentiert wurden.
Mäßige Ossifikationen (Brooker Grad II) wurden bei allen drei Frakturtypen beobachtet,
bei den Typen A und B zu etwa gleichen Teilen.
Bei den Frakturen Typ C wurden entweder mäßige (Grad II) oder massive (Grad III)
Verkalkungen beobachtet.
70
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
Brooker 0 Brooker 1 Brooker2 Brooker3
Typ C
Typ B
Typ A
Abb.16: Prozentuale Verteilung der PAO über die einzelnen Frakturtypen:
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Frakturtypen A eher keine oder nur leichte
Verkalkungen entwickeln und bei den Typen C eigentlich immer Ossifikationen zu finden
sind. Die Frakturtypen B nehmen eine Mittelstellung ein. Sowohl das Fehlen von
heterotopen Verkalkungen, wie auch ihre massive Ausbildung konnte beobachtet werden.
71
Die Bewegungseinschränkung im Hinblick auf den Grad der Weichteilossifikation zeigt die
folgende Auflistung:
Tab. 12 Übersicht der Bewegungseinschränkung hinsichtlich des Ausprägungsgrades
der periartikulären Ossifikationen
Die Zahlen geben den Mittelwert der Abweichung (in Grad) vom Normalwert wider.
Grad 0 Grad I Grad II Grad III
Extension 5,5 3,3 9,4 14,6
Flexion 14 2,2 26,7 7,7
Außenrot (90°) 11,5 6,7 8,3 9,1
Innenrot (90°) 9 1,1 8,3 11,4
Außenrotation 5 8,3 3,9 7,3
Innenrotation 2,5 6,7 3,3 9,6
Abduktion 2,5 8,3 8,3 7,7
Adduktion 4,5 5 6,7 3,6
Die Normalwerte betragen für die
Extension 0°
Flexion 130-140°
Außenrotation bei 90° Beugung im Hüftgelenk 30-45°
Innenrotation bei 90° Beugung im Hüftgelenk 40-50°
Außenrotation bei gestrecktem Hüftgelenk 40-50°
Innenrotation bei gestrecktem Hüftgelenk 30-40°
Abduktion 30-50° und
Adduktion 20-30°.
Es fällt auf, dass alle Bewegungsebenen mehr oder minder eingeschränkt sind, ganz gleich
welcher Ausprägungsgrad der periartikulären Ossifikationen vorliegt.
72
Als letztes sollte gezeigt werden, ob ein bestimmter Frakturtyp eine Voraussage erlaubt, in
wie weit der Patient nach einer erlittenen Acetabulumfraktur in seinem alltäglichen Leben
beeinträchtigt sein wird.
Tab. 13 Anteile der verschiedenen Frakturtypen am Karnofsky- Index:
Typ
100%
n
%
90%
n
%
80%
n
%
70%
n
%
60%
n
%
A 1.1 6 37,5 5 29,4 1 8,3 3 37,5 0 0
A 2.2 3 18,75 3 17,7 0 0 1 12,5 0 0
A 3.1 0 0 0 0 2 16,7 0 0 0 0
B 1.2 2 12,5 3 17,7 1 8,3 2 25 0 0
B 1.3 0 0 3 17,7 2 16,7 1 12,5 0 0
B 2.2 3 18,75 2 11,8 2 16,7 0 0 1 100
B 3.3 0 0 1 5,9 0 0 0 0 0 0
C 1.2 2 12,5 0 0 1 8,3 1 12,5 0 0
C 2.3 0 0 0 0 3 25 0 0 0 0
(Anmerkung: Bei der Gruppe des Frakturtypen C war ein Patient mit C 1.2 Fraktur nicht
nach dem Karnofsky- Index bewertet worden)
Aus dieser Zusammenstellung ist ersichtlich, dass die Beeinträchtigung des alltäglichen
Lebens nicht auf den jeweiligen Frakturtyp zurückzuführen ist, sondern andere Faktoren,
wie auch die individuelle Verarbeitung des Unfalls von großer Bedeutung sind. Die
Streuweite der Werte zeigt, dass ein nahezu vollständig zertrümmertes Acetabulum nicht
gezwungenermaßen zu einer verminderten Belastbarkeit im Alltag führen muss.
Somit lässt sich keine Voraussage über die Beeinträchtigung durch den Unfall anhand des
Frakturtyps machen.
73
Kapitel 8
Diskussion
Acetabulumfrakturen sind meistens das Ergebnis extrem großer Gewalteinwirkung, was in
zahlreichen Studien belegt wird. (58, 64, 65, 68, 97)
Daher kommt es häufig zu polytraumatisierten Patienten (8, 26, 38, 52, 59, 66, 78, 96, 97,
101 S.621), welche einen schwierigeren Genesungsprozess durchlaufen als Patienten mit
einer isolierten Fraktur. Die lange Verweildauer im Krankenhaus, die zahlreichen
Operationen oder ein zusätzlicher Aufenthalt auf der Intensivstation erschweren dem
Patienten die Verarbeitung des Unfalls.
Auch die Operation selbst, welche in vielen Fällen zur Wiederherstellung der
Lebensqualität (Schmerzreduktion, Mobilität, Unabhängigkeit durch Vermeiden einer
ständigen Pflegebedürftigkeit) notwendig ist, birgt Risiken und Komplikationen, welche die
Prognose der Acetabulumfraktur wesentlich beeinflussen.
Die Problematik besteht darin, dass die Acetabulumfraktur als eine seltene Verletzung
angesehen werden kann. Sie stellt etwa nur 1% der operationsbedürftigen Verletzungen an
Unfallchirurgischen Unikliniken dar. Das bedeutet, dass es nur wenige erfahrene
Operateure geben kann, die über eine ausreichende große Anzahl an durchgeführten
Operationen verfügen. Die Versorgung einer Acetabulumfraktur ist somit nicht jedem
Unfallchirurgen oder Orthopäden vertraut, sondern bedarf einer spezifischen Ausbildung
in dafür spezialisierten Zentren. (38, 59, 97)
Des Weiteren erfordert das oft komplexe Verletzungsmuster einen Kompromiss zwischen
einer guten Übersicht des Operationsgebietes mit optimaler Repositionskontrolle und der
Forderung weichteilschonend zu operieren, um die Ausbildung der periartikulären
Ossifikationen so gering wie möglich zu halten oder die Entwicklung eines großen
Wundhämatoms oder einer Infektion zu verhindern. (38, 97)
Schmidt CC und Gruen GS (103) erarbeiteten, dass auch mit ein oder zwei nicht
ausgedehnten Zugängen bei Zweipfeilerfrakturen, gute Ergebnisse im Hinblick auf die
Wiederherstellung der Gelenkfläche erzielt werden konnten. Der Blutverlust und die Dauer
der Operation zeigten keinen Unterschied zum ausgedehnten Zugang, das Auftreten von
PAO war aber geringer.
74
Somit schlossen sie, dass durch nicht ausgedehnte Zugänge die iatrogenen Schäden am
Gewebe vermindert werden und es daher zum selteneren Auftreten postoperativer
Komplikationen kommt (s.o.).
Auch Stannard und Alonso (112) konnten mit der Kombination von Ilioinguinalem und
Kocher-Langenbeck-Zugang hervorragende Ergebnisse erzielen und die Zahl der
Komplikationen senken.
Dass die Entwicklung der PAO vom jeweiligen operativen Zugang abhängig ist, zeigen
viele Studien. Besonders die dorsalen und lateralen Zugänge zeigen ein vermehrtes
Auftreten von PAO. (32, 67, 72, 97, 112)
So ist der Kocher-Langenbeck-Zugang am häufigsten mit PAO vergesellschaftet. Eine Rate
der PAO von 23% bis zu 90% konnte beobachtet werden (32, 41, 62, 100, 112), ohne
Prophylaxe liegt das Auftreten der Weichteilossifikation mit den Schweregraden III und IV
nach der Brooker-Einteilung zwischen 17-50%. (41, 97)
Das absolute Ausmaß ist jedoch abhängig von der sorgfältigen chirurgischen Vorgehens-
weise, das heißt, je weichteilschonender operiert wird und je vorsichtiger ein Weichteil-
débridement nach Reposition und Fixation mit anschließender Wundspülung
vorgenommen wird, desto weniger Ursprungspunkte ergeben sich für
Weichteilverkalkungen.
Laut Literatur ist der Ilioinguinale Zugang nicht mit einer erhöhten Inzidenz an PAO
behaftet, so dass einige Autoren die Prophylaxe nicht für notwendig erachten. (24, 41, 62,
97)
Die erweiterten Zugänge sind wiederum, aufgrund erhebliche Weichteilirritation, mit einer
sehr hohen Rate von PAO verbunden. Es konnten signifikante Ausprägungen der
periartikulären Ossifikationen zwischen 12% und 85% aufgezeigt werden. (41, 62, 100)
Daher sollte so oft wie möglich ein solch ausgedehnter Zugang vermieden werden. (101,
S.635 + 638).
Des weiteren ist eine Schwäche der Hüftabduktoren aufgrund der suboptimalen
Reinsertion nach vollständiger intraoperativer Mobilisierung der Muskeln typisch nach
diesen Zugangswegen. Lange Operationszeiten und große Wundflächen mit nachfolgender
Ausbildung von Seromen begünstigen zusätzlich Wundinfekte. (38, 97)
75
In unserer Untersuchung wurden insgesamt 33 Frakturen durch einen Kocher-
Langenbeck- Zugang versorgt, in 20 Fällen kam der ilioinguinale Zugang zum
Einsatz und bei 7 Frakturen wurde ein kombinierter oder lateraler Zugang gewählt.
Hierbei zeigte sich, dass die Häufigkeit des Auftretens von Weichteilverkalkungen mit der
Literatur korreliert. In 71,5% (5 Fälle) zeigten sich bei den kombinierten Zugängen
ausgeprägte PAO, beim Kocher-Langenbeck-Zugang in 33,3% (11 Fälle) und nach dem
ilioinguinalen Zugang in 5% (1 Fall).
Die Bewegungsfähigkeit der Hüfte war nach unseren Ergebnissen in allen Fällen mehr oder
minder eingeschränkt, ganz gleich welcher Ausprägungsgrad der periartikulären
Ossifikation vorlag.
Insbesondere zeigte sich eine Einschränkung der Flexion, Außenrotation und Abduktion.
Ursächlich hierfür sind unter anderem das Trauma der Operation (Durchtrennung von
Muskelansätzen und Reinsertion), die Verkürzung der Muskulatur bei langer
Immobilisation und die Ausbildung von Weichteilverkalkungen. (38, 97, 100)
Somit kann den periartikulären Verkalkungen nicht das volle Ausmaß der Bewegungs-
einschränkung angelastet werden. Ihr Ausmaß sollte so gering wie möglich gehalten
werden, welches durch eine adäquate Prophylaxe erreicht werden kann. (siehe Kapitel 4.4.)
Hinsichtlich der Funktionalität der operierten Hüfte zeigte sich die Tendenz, dass der
relativ einfache Frakturtyp A sehr gute bis gute funktionelle Ergebnisse erreichte, der
mehrere Fragmente aufweisende Typ B zuweilen auch schon schlechte Ergebnisse lieferte
und der komplizierte Frakturtyp C die Hälfte der guten und befriedigenden, aber auch die
Hälfte der ausreichenden und schlechten Resultate ausmachte.
Ein signifikanter Unterschied der Bewegungsfähigkeit der betroffenen Hüfte im Hinblick
auf den jeweiligen Frakturtyp konnte somit nicht festgestellt werden.
Die alleinige Bewertung der Hüftfunktion nach operativ versorgter Acetabulumfraktur
anhand des D´Aubigné- Postel- Indexes (21) stimmte mit den in der Literatur
beschriebenen Angaben überein. (3, 24, 66, 100)
76
Der Vergleich der Frakturtypen mit dem Grad der Beeinträchtigung des alltäglichen Lebens
zeigte, dass die Beeinträchtigung nicht auf den jeweiligen Frakturtyp zurückzuführen ist,
sondern zusätzliche andere Faktoren, wie auch die individuelle Verarbeitung des Unfalls
von großer Bedeutung sind.
Patienten mit nur leichter Verletzung des Acetabulums (Typ A 1.1) wurden in 37,5% mit
einem Karnofsky-Index von 70% eingestuft, welches schon eine deutliche Einschränkung
bedeutet. Diese Personen versorgten sich noch selbständig, waren jedoch zu normaler
körperlicher Aktivität nicht mehr fähig.
Auf der anderen Seite erreichten 2 Patienten mit stark zertrümmertem Acetabulum
(Typ C 1.2) einen Index von 100%, d.h. sie gaben keine Beschwerden und normale
körperliche Aktivität an.
Die Streuweite der Werte zeigt, dass ein nahezu vollständig zertrümmertes Acetabulum
nicht gezwungenermaßen zu einer verminderten Belastbarkeit im Alltag führen muss.
Somit lässt sich keine Voraussage über die Beeinträchtigung durch den Unfall nur anhand
des Frakturtyps machen.
Die Prognose einer Acetabulumfraktur ist in großem Maße von der operativen Fähigkeit
des Chirurgen abhängig. Es gelingt aber nicht immer, ein optimales Repositionsergebnis zu
erreichen, wenn zusätzlich zu einer massiven Zertrümmerung der Knochen weitere
Begleitverletzungen, insbesondere ein schweres Schädelhirntrauma bei polytraumatisierten
Patienten und Weichteilverletzungen des Beckens hinzukommen.
Je besser das postoperative Röntgenbild bzw. die Computertomographie ist und je weniger
Komplikationen auftreten, desto besser ist die Prognose der Acetabulumfraktur. (78, 97)
Die Untersuchung von Murphy et al. (78) kommt zu dem Schluss, dass kein simpler
Zusammenhang zwischen einzelnen prognostischen Faktoren und dem klinischen
Ergebnis besteht. Man muss auch eine Einflussnahme der einzelnen Faktoren aufeinander
berücksichtigen. Die Untersuchung beschreibt als Fazit vier dominante prognostische
Faktoren, welche da sind:
1. Kombinationsfraktur (nach Letournel und Judet)
2. nicht perfekt wiederhergestellte Gelenkkongruenz (Stufe größer 2 mm)
3. lokale Komplikationen
4. Vorhandensein von periartikulärer Ossifikation
77
Diese genannten Faktoren sind mit einem suboptimalen klinischen Ergebnis
vergesellschaftet.
Weniger gute Ergebnisse lassen sich oft auf im weiteren Verlauf sich stellende Probleme
zurückführen. Hier wäre die Komplexität der Verletzung zu nennen, welche unter anderem
auch große Anforderung an die physikalisch-rehabilitative Abteilung stellt.
Die immens wichtige Krankengymnastik kann sich als schwierig durchführbar erweisen,
weil der Patient durch die lang andauernde Immobilisation erhebliche Muskelinsuffizienzen
aufweist, das große Weichteiltrauma (durch Unfall und OP) noch extreme Schmerzen
verursacht, das eingebrachte Osteosynthesematerial nur einen begrenzten Bewegungs-
umfang zulässt und der Patient eventuell nicht ausreichende Eigeninitiative aufbringt, um
eine wirksame Krankengymnastik durchzuführen.
Weiterhin ist der Patient plötzlich aus seinen alltäglichen Aktivitäten heraus
gerissen und muss eventuell in einen anderen Beruf umschulen, welches finanzielle
Einbußen bedeuten kann. Da die Patienten im Schnitt in einem sehr produktiven Alter von
40 Jahren sind, können somit auch existentielle Ängste den Genesungsprozess negativ
beeinflussen.
Unter diesen Umständen ist einzusehen, dass die bestmögliche operative Rekonstruktion
zwar die Voraussetzung für ein gutes Endresultat darstellt, aber nicht allein ausschlag-
gebend für den weiteren Verlauf und das letztendliche Funktionsergebnis der Hüfte ist.
(78, 127)
Auch der Wille des Patienten wieder komplett zu genesen und seinen vormaligen
Aktivitätsgrad zu erreichen spielt eine große Rolle für das funktionelle Ergebnis.
Da die Eigeninitiative des Einzelnen nur schwer zu bewerten ist, sollten insbesondere die
schlechten Funktionsergebnisse dieser Untersuchung sehr kritisch begutachtet werden.
Ein Schwerpunkt der vorliegenden Untersuchung war die Auswirkung der periartikulären
Ossifikationen zu beurteilen. Dass sie einen negativen Einfluss auf die Funktionalität der
Hüfte haben, ist offensichtlich. Somit sollte ihrer Entstehung entgegengewirkt werden. (78)
Die intra- und postoperativen Maßnahmen wurden bereits vorgestellt. Insbesondere die
medikamentöse Prophylaxe und die Strahlentherapie werden aber nicht ohne Vorbehalte
angewandt.
78
Trotz des Wissens um die Wirksamkeit von Radiatio und Indometacingabe kommt es
weiterhin zur Ausbildung von PAO, welches wohl zum einen an der reduzierten
Compliance der Patienten, was die Dauer der Indometacineinnahmen angeht und zum
anderen am manchmal schwierigen Transport (durch häufiges Umlagern) von frisch
operierten Patienten zum Bestrahlungstermin liegt. (97, 112).
Zusätzlich kommt es in einigen Fällen bei der Einnahme von Indometacin zu
gastrointestinalen Nebenwirkungen oder Hautausschlägen, welche den Patienten
veranlassen, die Therapie eigenmächtig abzubrechen. (29)
Dass die Häufigkeit dieser Nebenwirkung äußerst gering ist, zeigt die Untersuchung von
Weissinger et al. (125), bei der es in nur 6 von 200 Fällen zu gastrointestinalen
Beschwerden oder Hautexanthemen kam.
Die Angst vor einer verzögerten Knochenheilung unter Indometacineinnahme erscheint,
wie einige Studien beweisen, unbegründet. In den genannten Untersuchungen wird keine
Beeinflussung der Frakturheilung bei der relativ geringen Dosis, die zur PAO- Prophylaxe
eingenommen wird, beschrieben. (41, 72, 115). Die aktuelle Untersuchung von Burd et al.
legt jedoch nahe, dass bei der Kombination einer Acetabulumfraktur, welche operativ
versorgt wird und einer begleitenden Fraktur eines langen Röhrenknochens als PAO-
Prophylaxe die Bestrahlung eingesetzt werden sollte, um die Gefahr der verzögerten
Knochenheilung des langen Röhrenknochens zu minimieren. (17)
Um die Compliance des Patienten zu erhöhen, muss eine detaillierte Aufklärung erfolgen
und der Einnahmezeitraum des Medikamentes so kurz wie möglich gehalten werden.
Hierzu bietet sich die zweimalige Gabe von 50 mg über 2-3 Wochen an. (29, 72, 125)
Die Anwendung der Strahlentherapie wird trotz ihrer Effektivität im Hinblick auf die
Prophylaxe heterotoper Ossifikationen teilweise kontrovers diskutiert, da noch keine
genauen Langzeitergebnisse vorliegen, die ihre Unbedenklichkeit besonders bei jungen
Patienten belegen. Fragen der Wirkung auf die Fruchtbarkeit und die Induktion
angeborener Fehlbindungen bleiben noch unbeantwortet. (32, 41, 72)
Auch ist die Strahlentherapie kostenintensiver (etwa 200-mal teurer) und zeitaufwendiger.
(17, 72, 75)
In den meisten Untersuchungen werden aber keine Komplikationen bei der Anwendung
einer oder beider prophylaktischer Maßnahmen beschrieben. (4, 71, 72, 86, 100)
79
Eine Schwachstelle der Unterlagen der vorliegenden Untersuchung war die fehlende
Dokumentation der stattgefundenen PAO-Prophylaxe. Es kann aber davon ausgegangen
werden, dass eine medikamentöse Standard-Prophylaxe durchgeführt wurde.
Die Ergebnisse aus dieser Untersuchung rechtfertigen in vollem Maße die operative
Versorgung von Acetabulumfrakturen, welches in Einklang mit der übrigen Literatur steht.
Eine nicht operative Versorgung einer dislozierten Fraktur hinterlässt immer eine
inkongruente Gelenkfläche, die der ausschlaggebende Punkt für eine schlechte klinische
Funktionalität des Hüftgelenkes ist. (64, 65, 66, 100)
Eine Entwicklungstendenz allein anhand des Frakturtypen aufzustellen, ist angesichts der
Ergebnisse dieser Untersuchung sehr schwierig und nur bedingt möglich.
Eine differenziertere Prognose ist nur möglich, wenn die Fallzahl der untersuchten
Patienten gesteigert, die Dokumentation der PAO-Prophylaxe lückenlos geführt und der
Ausprägungsgrad der Verkalkungen von einer in der Radiologie erfahrenen Person erfasst
würden.
Von weiterem Interesse wäre die mentale Verfassung des Patienten, um Rückschlüsse
ziehen zu könne, inwiefern die Fraktur zur Beeinträchtigung im alltäglichen Leben beiträgt.
Wie bei allen klinischen Nachuntersuchungen ist die subjektive Einschätzung des
Untersuchers eine große Fehlerquelle und kann die Ergebnisse erheblich verfälschen.
Abhilfe können hier standardisierte Fragebögen schaffen, die in der vorliegenden
Untersuchung in der überwiegenden Zahl der Fälle bereits eingesetzt wurden.
Als Fazit lässt sich herausstellen, dass eine Fraktur klassifiziert als Typ A, mit sehr großer
Wahrscheinlichkeit ein gutes bis sehr gutes klinisches Resultat hinsichtlich der
Funktionalität der Hüfte liefern wird. Der Grad der periartikulären Ossifikation wird nur
gering sein, wenn es möglich ist die Operation mittels ilioinguinalem Zugang
durchzuführen. Die Einschränkung des Patienten im alltäglichen Leben ist, wie
vorangegangen schon bemerkt, von vielen unterschiedlichen Faktoren und besonders von
der individuellen Lebenseinstellung abhängig, so dass keine Voraussage möglich ist.
80
Bei einer Fraktur Typ C kann anhand der vorliegenden Ergebnisse ein gutes oder
befriedigendes Resultat zu 50% erreicht werden. Hinsichtlich der Entwicklung von
periartikulären Verkalkungen muss im schlechtesten Fall, angesichts dieser Untersuchung,
mit mäßiger oder massiver Ossifikation gerechnet werden, wenn ein ausgedehnter
Zugangsweg zur Rekonstruktion der Gelenkfläche notwendig ist und die medikamentöse
Prophylaxe nicht ausreichend eingesetzt wird.
81
Kapitel 9
Zusammenfassung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit operativ versorgten Acetabulumfrakturen in
den Jahren 1985 bis 1993, die anhand der AO-Klassifikation eingestuft wurden. Die
Patienten wurden hinsichtlich der verbliebenen Bewegungseinschränkung und der
Belastbarkeit im alltäglichen Leben nachuntersucht. Die Bewertung erfolgte anhand des
D ´Aubigné- Postel- Indexes. Außerdem wurden die erlangten Ergebnisse in Relation zum
Ausprägungsgrad der PAO gesetzt.
Die Fragestellung war, ob aufgrund des Schweregrades der Verletzung eine Aussage über
das letztendliche Resultat hinsichtlich der Funktionsfähigkeit des Hüftgelenkes getroffen
werden kann und wie die eventuell vorhandene Einschränkung der Hüftgelenks-
beweglichkeit im Zusammenhang mit der Entwicklung von periartikulären Ossifikationen
steht.
Auffallend war, dass die Frakturtypen C (schwerste Zerstörung der Gelenkfläche)
immer heterotope Verkalkungen mäßigen oder massiven Ausmaßes entwickelten, wobei
das Bewegungsausmaß bei diesem Frakturtyp nicht zwingend eingeschränkt war.
Somit konnte keine Relation zwischen Ausprägungsgrad der PAO und der verbleibenden
Bewegungseinschränkung herausgestellt werden.
Auch die eingeschränkte Belastbarkeit im alltäglichen Leben korrelierte nicht mit der
Schwere der Zerstörung des Acetabulums.
Grund dafür ist wahrscheinlich die individuelle Konstitution des Patienten, da in der
Gruppe der im Alltag erheblich eingeschränkten Patienten sowohl ältere als auch jüngere
Patienten vertreten waren.
82
Kapitel 10
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99
Kapitel 11
Danksagungen
Ich danke in aller erster Linie meinen Eltern und meiner Oma Klara Fröhlich da ohne Ihre
finanzielle Unterstützung ein Medizinstudium nicht möglich gewesen wäre.
Weiterhin möchte ich meinem Bruder Thorsten großen Dank aussprechen, weil er geduldig
und ausdauernd alle computertechnischen Fragen beantwortet und alle Probleme so
schnell wie möglich gelöst hat.
Weiterer Dank geht an meinen lieben Mann Frank, der mich während der Arbeit am
Computer liebevoll mit Kaffee und Keksen versorgt hat.
Den beiden oben genannten gebührt auch großer Dank für das aufmerksame
Korrekturlesen dieser Arbeit.
Außerdem möchte ich allen Freunden danken, die von Zeit zu Zeit immer einen guten
Vorschlag parat hatten.
Auch den nicht hier genannten danke ich im vollem Maße.
100
Kapitel 12
Lebenslauf
Name : Keil
Vorname : Daniela Heidrun
Geburtsdatum : 11.11.1971
Geburtsort : Hamm in Westfalen
Anschrift : Berliner Straße 218
59075 Hamm
Vater : Keil, Gundolf Günther,
geboren am 23.11.1943 in Hamm
Schlehenstraße 38, 59063
Beamter der Stadt Hamm
Mutter : Keil, Heidrun Klara, geborene Fröhlich,
geboren am 30.08.1944 in Hamm
Schulausbildung : Freiligrath- Grundschule in Hamm (Bockum- Hövel)
1978 - 1982
Galilei- Gymnasium in Hamm
1982 – 1991
Abitur : 12.06.1991
Medizinstudium : Medizinische Fakultät der Ruhr-Universität Bochum
15.09.1992 – 30.04.1999
Ärztliche Vorprüfung : 29.08.1994
1. Staatsexamen : 29.08.1995
2. Staatsexamen : 08.09.1997
3. Staatsexamen : 27.04.1999
101
Praktisches Jahr : Krankenhaus Bethesda in Wuppertal,
Akademisches Lehrkrankenhaus der Ruhr- Universität Bochum
20.04. – 09.08.1998 und 30.11.1998 – 21.03.1999
Tygerberg Hospital in Südafrika,
Lehrkrankenhaus der Universität von Stellenbosch (SA)
10.08. – 29.11.1998
Berufsausbildung : 01.07.1999 - 31.12.2000 Ärztin im Praktikum in der chirurgischen
Abteilung des Bethesda- Krankenhauses in Wuppertal,
akademisches Lehrkrankenhaus der Ruhr- Universität Bochum
15.01.2001 – 31.03.2002 Assistenzärztin in der medizinischen Klinik
des Marienhospitals in Witten, Lehrkrankenhaus der Universität
Witten Herdecke
seit dem 01.04.2003 Assistenzärztin im Arbeitsmedizinischen
Vorsorgezentrum in Herne
Facharztprüfung im Bereich Arbeitsmedizin am 03.07.2004
erfolgreich absolviert