9
Zbl. Vet. Med. A, 19, 585-593 (1972) @ 1972 Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg Aus dem Institut fur Tierzucht und Tierernahrung der Freien Universitat Berlin Direktor: Prof. Dr. K. Bronscb Schilddrusenhormonkonzentration im Blut und Thyroxinbindung an Serumproteine bei verschiedenen Spezies Von E. SCHERZINGER, J. K. GUZY und K. LORCHER Mit 3 Abbildungen und einer Tabelle (Eingegangen am 1s. November 1971) In einer fruheren Untersuchung (SCHERZINGER, 1969) uber die Brauchbar- keit des Trijodthyronin- J131-Kohleadsorptionstests (T 3-Test) in der Schild- drusenfunktionsdiagnostik bei verschiedenen Haustieren wurde festgestellt, dai3 sich dieser nicht bei allen Tieren mit gleichem Erfolg wie beim Menschen anwenden lai3t. Der Grund hierfur liegt in artspezifischen physiologischen Eigenheiten hinsichtlich der thyroxinbindenden Eiweififraktionen im Blut. Mit Hilfe des T 3-Tests wird eine relative Mai3zahl fur die freie Transportkapazi- tat des thyroxinbindenden Globulins (TBG) bestimmt. Diese sogenannte TBG- Reservekapazitat steht in einem umgekehrten Verhaltnis zur Hohe des Thyroxinspiegels und ist je nach dem Funktionszustand der Schilddruse mehr oder weniger abgesattigt. Eine notwendige Voraussetzung fur die diagnostische Anwendbarkeit des T 3-Tests ist deshalb die Gegenwart eines spezifischen Tragerproteins fur Schilddrusenhormone im Blut. Dieses scheint bei einigen Tieren entweder ganz zu fehlen, oder aber die Transportkapazitat ist so ge- ring, dai3 bereits bei normalen Thyroxinkonzentrationen die Haftstellen weit- gehend mit Thyroxin besetzt sind. Die Vehikelfunktion fur Schilddrusenhor- mone wird in diesen Fallen hauptsachlich von Serumalbuminen ubernommen, wobei es sich jedoch nur um eine lockere, unspezifische Bindung handelt. Da bei denselben Spezies auch verhaltnismaiiig niedrige absolute Serumthyroxin- spiegel gefunden wurden, lag die Vermutung nahe, dafi zwischen der Serum- thyroxinkonzentration einerseits und der Thyroxinbindung an Serumeiweifie andererseits geprisse Zusammenhange bestehen. Wir haben uns deshalb die Aufgabe gestellt, diese Beziehungen beim Menschen und mehreren Tierarten vergleichend zu untersuchen. Material und Methode Fur die Untersuchungen wurden aus 4-1 0 Einzelseren zusamnien- gemischte Poolseren folgender Spezies verwendet : Mensch, Huhn (Nichols- Zbl. Vet. Med., Reihe A, Dd. 19. Heft 7 40

Schilddrüsenhormonkonzentration im Blut und Thyroxinbindung an Serumproteine bei verschiedenen Spezies

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Schilddrüsenhormonkonzentration im Blut und Thyroxinbindung an Serumproteine bei verschiedenen Spezies

Zbl. Vet. Med. A, 19, 585-593 (1972) @ 1972 Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg

Aus dem Institut f u r Tierzucht und Tierernahrung der Freien Universitat Berlin

Direktor: Prof. Dr. K. Bronscb

Schilddrusenhormonkonzentration im Blut und Thyroxinbindung an Serumproteine

bei verschiedenen Spezies

Von

E. SCHERZINGER, J. K. GUZY und K. LORCHER

Mit 3 Abbildungen und einer Tabelle

(Eingegangen am 1s . November 1971)

In einer fruheren Untersuchung (SCHERZINGER, 1969) uber die Brauchbar- keit des Trijodthyronin- J131-Kohleadsorptionstests (T 3-Test) in der Schild- drusenfunktionsdiagnostik bei verschiedenen Haustieren wurde festgestellt, dai3 sich dieser nicht bei allen Tieren mit gleichem Erfolg wie beim Menschen anwenden lai3t. Der Grund hierfur liegt in artspezifischen physiologischen Eigenheiten hinsichtlich der thyroxinbindenden Eiweififraktionen im Blut. Mit Hilfe des T 3-Tests wird eine relative Mai3zahl fur die freie Transportkapazi- tat des thyroxinbindenden Globulins (TBG) bestimmt. Diese sogenannte TBG- Reservekapazitat steht in einem umgekehrten Verhaltnis zur Hohe des Thyroxinspiegels und ist je nach dem Funktionszustand der Schilddruse mehr oder weniger abgesattigt. Eine notwendige Voraussetzung fur die diagnostische Anwendbarkeit des T 3-Tests ist deshalb die Gegenwart eines spezifischen Tragerproteins fur Schilddrusenhormone im Blut. Dieses scheint bei einigen Tieren entweder ganz zu fehlen, oder aber die Transportkapazitat ist so ge- ring, dai3 bereits bei normalen Thyroxinkonzentrationen die Haftstellen weit- gehend mit Thyroxin besetzt sind. Die Vehikelfunktion fur Schilddrusenhor- mone wird in diesen Fallen hauptsachlich von Serumalbuminen ubernommen, wobei es sich jedoch nur um eine lockere, unspezifische Bindung handelt. Da bei denselben Spezies auch verhaltnismaiiig niedrige absolute Serumthyroxin- spiegel gefunden wurden, lag die Vermutung nahe, dafi zwischen der Serum- thyroxinkonzentration einerseits und der Thyroxinbindung an Serumeiweifie andererseits geprisse Zusammenhange bestehen. Wir haben uns deshalb die Aufgabe gestellt, diese Beziehungen beim Menschen und mehreren Tierarten vergleichend zu untersuchen.

Material und Methode Fur die Untersuchungen wurden aus 4-1 0 Einzelseren zusamnien-

gemischte Poolseren folgender Spezies verwendet : Mensch, Huhn (Nichols-

Zbl. Vet. Med., Reihe A, Dd. 19. Heft 7 40

Page 2: Schilddrüsenhormonkonzentration im Blut und Thyroxinbindung an Serumproteine bei verschiedenen Spezies

SCHERZINGER, GUZY und LORCHER 586

Lohmann-Mastkiiken), Hauskatze, Hund (Deutscher Schaferhund), Pfertl (Hannoversches Warmblut), Schwein (Deutsches Landschwein), Rind (Deut- shes Schwarzbuntes), Rotwild und Ren.l) Die Seren wurden bis zum Gebrauch in kleinen Portionen bei - 20 OC eingefroren.

Thyroxin-Bestimmung Die Bestimmung der Serumthyroxinkonzentration erfolgte rnit Hilfe vori

Thyroxin-J'"-beladenem TBG nach dem von MURPHY und JACIIAN (1965) angegebenen Verfahren. Diese Methode ist spezifisch fur das Thyroxinmolekul, jedoch werden etwa 35 " / o des im Serum vorhandenen Trijodthyronins mit- erfai3t.

Elektrophorese Fur die elektrophoretischen Untersuchungen wurden in vitro a) 0,08 ,ug 1-Thyroxin-Jl3l ,) und b) 0,08 p g l-Thyroxin-JlY', gefolgt von 0,4 p g Na-1-Thyroxin X 5 H,O")

zu je 1 ml Serum gegeben. Anschliei3end wurde 15 Minuten im Wasserbad bei 37 O C inkubiert. Etwa

2,5 ,ul Serum wurden mit einem Auftragestempel auf Membranfolien aus Cellul~seacetat~) aufgetragen. Die Auftrennung der Serumproteine erfolgte in einer Shandon-Kammer bei 200 V Gleichspannung wahrend einer Zeitdauer von 70-75 Minuten. Als Puffer wurde 0,04 m Na-Verona1 verwendet.

Zur Farbung der Eiweigfraktionen wurden die Streifen 5 Minuten in eine 0,5 o / o Losung von Ponceau S in 5 "/a Trichloressigsaure eingelegt. Es zeigte sich, dafi durch den FarbeprozeB und das anschIief3ende Entfarben des Unter- grundes in 5 " / o Essigsaure nur minimale Radioaktivitatsmengen ausgewaschen wurden. Die Radioaktivitatsverteilung in den einzelnen Eiweii3fraktionen wurde mit Hilfe eines Dunnschicht-Scanners5) in Verbindung mit einem Auto- chronschreiber in 1 : 1 Relation aufgezeichnet.

Thyroxin- JiS1-Kohleadsorptionstest In eine Reihe von Zentrifugenglasern wurden 0,5 ml Serum, 3 ml Na-

acetat-Veronal-Puff er (Michaelis-Puffer, isotonisch, p H 7,4) und je 0,l ml eiiier Losung von Thyroxin-JIS1 bzw. von inaktivem Thyroxin in Michaelis-Puffer einpipettiert. Der Zusatz an Thyroxin- JlS1 entsprach einer Substanzmenge von 2,O ng 1-Thyroxin. Inaktives Thyroxin wurde in graduell zunehmenden Men- gen von 0,O; 0,025; 0,05; 0,lO; 0,15 und 0,20 p g Na-1-Thyroxin x 5 H,O hinzugefiigt.

Die Glaser wurden einige Sekunden geschuttelt, bis sich der Inhalt grund- Iich durchmischt hatte, und danach zur Inkubation 30 Minuten lang in ein Kaltebad von 4 OC gestellt. In dieser Zeitspanne stellt sich ein Verteilungs- gleichgewicht zwischen endogen vorhandenem und exogen zugesetztem Thyroxin ein, wobei markiertes und unmarkiertes Thyroxin gleichberechtigt um die Haftstellen an den Serumproteinen konkurrieren.

Anschliei3end wurden mit einer weitlumigen Stabpipette 0,5 ml einer Suspension von hamoglobinsaturierter Aktivkohle zugesetzt. Nach 5maligem Wenden der Glaser wurde weitere 30 Minuten bei 4 O C inkubiert. Die Kohle-

I) Fur die Uberlassung der Rotwild- und Ren-Seren sei Herrn Prof. Dr. Dr. Dr. hc. Dr.

2, Geliefert von Radiochemical Centre, Amersham, England; spezifische Aktivitft

a) Geliefert von Serva, Heidelberg. 4, Geliefert von Sartorius-Membranfilter GmbH, Gottingen. 5, Fa. Berthold, Wildbad; Typ LB 2027.

hc. J. BRUGGEMANN (Munchen) gedankt.

50 mCi/mg I-Thyroxin.

Page 3: Schilddrüsenhormonkonzentration im Blut und Thyroxinbindung an Serumproteine bei verschiedenen Spezies

Schilddriisenhormonkonzentration im Blut 587

suspension wurde nach HERBERT et al. (1965) hergestellt, indem gleiche Volu- mina einer 0,5 O / o Losung von Rinder-Hamoglobinfi) und einer 5 O/o Suspension von Aktivkohle Norit A (Partikelgrofle 40-70 ,LL)~) in Michaelis-Puffer mit- einander vermischt wurden.

Die so praparierte Aktivkohle besitzt die Eigenschaft eines ,,Molekular- siebes" und dient als sekundarer Bindungsort fur das nicht proteingebundene Thyroxin. Die Verteilung des Thyroxins zwischen Proteinen und adsorbieren- dem System wird im wesentlichen durch die Affinitat und Transportkapazitat der thyroxinbindenden Eiweifie bestimmt, ist jedoch auch weitgehend eine Funktion der in vitro-Bedingungen wie Inkubationszeit, Temperatur u. a. (vgl. dazu SCHERZINGER, 1969).

Nach Ablauf der halbstundigen Inkubationszeit wurde die Aktivkohle abzentrifugiert, der Oberstand schnell dekantiert und die Radioaktivitat der am Boden des Zentrifugenglases abgesetzten Kohle im Bohrlochdetektor eines Autogamma-Systems (Packard Instrument GmbH) gemessen. Als Standard wurden 0,l ml der Thyroxin- JIS1-Losung verwendet. Die Radioaktivitat des an die Aktivkohle adsorbierten Tracerthyroxins wurde in Prozent des Stan- dards ausgedruckt und im Koordinatensystem gegen die Menge des exogen hinzugefugten inaktiven Thyroxins aufgetragen.

Ergebnisse und Diskussion Die Analyse der Poolseren auf den Gesamtthyroxingehalt fuhrte bei den

einzelnen Spezies zu folgenden Werten (Mittelwerte aus Doppelbestimmungen, Angaben in pg Thyroxin/lOOml Serum): Huhn 1,7, Hund 2,8, Pferd 3,4, Katze 3,8, Schwein 5,3, Rind 7,8, Mensch 8,2, Rotwild 9,0, Ren 23,l.

Abbildung 1 zeigt die Radioaktivitatsverteilung des Thyroxin- J131, wel- ches dem Serum in vitro zugesetzt wurde, in den verschiedenen elektrophore- tisch getrennten Eiweiflfraktionen. Da die Auftrennung bei allen Seren unter identischen Bedingungen erfolgte, wurden im Einzelfall nicht immer optimale Trennungen erhalten.

Die vorliegende Untersuchung verfolgt jedoch nicht den Zweck, moglichst alle im Serum vorhandenen thyroxinbindenden Fraktionen nachzuweisen und zu identifizieren. Dafur waren radioimmunelektrophoretische Verfahren besser angezeigt, zumal bekannt ist, dafl die Bindung des Thyroxins an Serumeiweiflc in starkem Mafle durch die Elektrophoresetechnik, insbesondere durch den ver- wendeten Puffer und die Art des Tragermaterials beeinflufit wird. An dieser Stelle sei auf die Arbeit von FARER et al. (1962) verwiesen, welche in einer umfassenden Studie die Thyroxin-Eiweiflbindung an einem grofien Tiermate- rial (Sauger, Vogel, Reptilien, Amphibien und Fische) vergleichend unter- suchten.

Im Hinblick auf die praktische Schilddrusenfunktionsdiagnostik (T 3- Test, Bestimmung des Plasma-Gesamtthyroxins) interessiert uns vielmehr die Frage: Existiert bei den verschiedenen Tierarten ein dem TBG des Menschen vergleichbares spezifisches Tragerprotein fur Thyroxin, und wie grofi ist dessen Transportkapazitat ?

Wie aus Abbildung 1 ersichtlich ist, wird das Thyroxin bei allen Spezies mit Ausnahme von Huhn und Katze eindeutig an mindestens 2 Eiweififrak- tionen gebunden, wobei die eine elektrophoretisch im a-Globulinbereich, die andere dagegen mehr in der Albuminzone wandert. Wahrend beim Huhn die thyroxinbindende Eiweififraktion als Albumin identifiziert werden kann, liegt das Radioaktivitatsmaximum bei der Katze am hinteren Rand der Albumin- bande und reicht mit einer deutlichen Aktivitatsschleppe in den Globulin-

O) Geliefert von Serva, Heidelberg.

40"

Page 4: Schilddrüsenhormonkonzentration im Blut und Thyroxinbindung an Serumproteine bei verschiedenen Spezies

SCHERZINGER, Guzr und LORCHER 588

Abb. 1. Elektrophoretische Trennung von Serumproteinen verschiedener Spezies auf Cellulose- acetat. Ausgezogene Linie: Radioaktivitatsverteilung nach in vitro-Zusatz von 0,08 p g I-Thy- roxin-Jl3l/ml Serum; gestrichelte Linie: Radioaktivitatsverteilung nach in vitro-Zusatz von

0,08 p g I-Thyroxin-Jl3' und 0,4 p g Na-1-Thyroxin x 5 H,O/ml Serum

bereich hinein. Moglicherweise handelt es sich dabei um 2 dicht beieinander- liegende Fraktionen, die unscharf getrennt sind.

Bislang wurde bei Vogeln noch kein TBG nachgewiesen; dagegen fanden FARER et al. (1962) bei der Katze neben Albuminen, die den weitaus groi3ten Teil des Thyroxins binden, auch ein thyroxinbindendes +Globulin. Da bei der Katze ahnlich wie beim Huhn nach Zusatz von exogenem Thyroxin keine nennenswerte Veranderung der Radioaktivitatsverteilung beobachtet werden kann, wird vermutet, dai3 das TBG der Katze nur eine sehr geringe Transport- kapazitat besitzt und bereits bei physiologischen Thyroxinkonzentrationen der uberwiegende Teil des Schilddrusenhormons unspezifisch an Albumine ge- bunden wird.

Bei allen anderen Spezies kann bei exogenem Thyroxinzusatz eine Ver- schiebung des markierten Thyroxins von den Globulinen in Richtung auf die Albuminfraktion festgestellt werden. Dieser Befund kann nur dadurch erklart werden, dai3 sich die thyroxinbindenden Globuline und Albumine hinsichtlich Affinitat und Kapazitat unterscheiden. Das Thyroxin wird primar an das a-Globulin gebunden, welches von den beiden Proteinen die starkere Bin- dungsintensitat, aber nur ein begrenztes Aufnahmevermogen besitzt. Werden durch exogene Thyroxinzugaben die Valenzen des TBG abgesattigt, so ver- schiebt sich jetzt das Verteilungsgleichgewicht zugunsten des Albumins, das Thyroxin sekundar in groi3en Mengen zu binden vermag.

Genauere Informationen uber die Thyroxinbindungsfahigkeit der Serum- eiweii3e lassen sich aus den in Abbildung 2 dargestellten Adsorptionskurven gewinnen. Im Prinzip spielt sich dabei folgender Vorgang ab: Das an das TBG des Serums gebundene Thyroxin- J l 3 I wird durch zugegebenes exogenes Thyro-

Page 5: Schilddrüsenhormonkonzentration im Blut und Thyroxinbindung an Serumproteine bei verschiedenen Spezies

Schilddriisenhormonkonzentration im Blut 589

xin nach Mai3gabe der Konzentration kompetitiv verdrangt und sekundar an einen Adsorber fixiert. Eine Interpretation der Vorgange, die schliei3lich zu den im Einzelfall charakteristischen Adsorptionskurven fuhrt, ist besonders des- halb erschwert, weil neben dem TBG noch andere thyroxinbindende Eiweii3e (Albumine) an dem Prozei3 beteiligt sind.

Es sol1 deshalb zunachst der Versuch gemacht werden, anhand eines weniger komplex aufgebauten Modellsystems, das leichter zu iiberschauen ist, die wesentlichen Aspekte des originalen Vorgangs aufzuzeigen. Fur das Modell gelten die nachstehenden Bedingungen:

1. Das Thyroxin wird im Serum ausschliei3lich an TBG gebunden. 2 . Erst wenn alle Valenzen des TBG durch Thyroxin abgesattigt sind,

3. An das adsorbierende System wird kein TBG fixiert. 4. Endogenes und exogen zugesetztes aktives bzw. inaktives Thyroxin

sind in dem System homogen verteilt, wobei die Menge des Tracer- thyroxins vernachlassigbar klein ist.

Unter den genannten Voraussetzungen lafit sich der Prozentsatz des TBG-gebundenen (yl) bzw. des adsorbierten Tracerthyroxins (yJ bei ver- schiedenen Thyroxinkonzentrationen leicht berechnen. Wird die Gesamtkapa- zitat des TBG mit k, das endogene Thyroxin mit e und das exogen zugesetzte Thyroxin mit x bezeichnet, so gilt unter der Bedingung x + e 2 k:

wird uberschussiges Thyroxin an Aktivkohle adsorbiert.

In Abbildung 3 sind fur einige hypothetische Falle die sich aus den1 Modell ergebenden Adsorptionskurven dargestellt. Dabei zeigt sich, dai3 die Kurven bei zunehmenden exogenen Thyroxinzugaben einem Plateau zustre- ben. Die Annaherung an das Plateau erfolgt um so eher, je kleiner die Kapazi- tat des TBG ist. Fur den Grenzfall k = 0 (kein TBG vorhanden) gilt y2 = 100. Solange das Aufnahmevermogen des TBG noch nicht erschopft ist (k > x + e) gilt yz = 0. Bei Oberschreiten einer bestimmten Thyroxinkon- zentration (x = k - e) erfolgt dann ein steiler Anstieg der T h y r 0 ~ i n - J ~ ~ ~ - Adsorptionswerte; d. h. an dem im Einzelfall unterschiedlichen Kurvenknick ist die Reservekapazitat des TBG durch exogenes Thyroxin gerade abgesattigt.

Die Grundtypen der in Abbildung 3 gezeigten Modellkurven lassen sich mit mehr oder weniger deutlichen Abweichungen, die in erster Linie durch die Wechselwirkungen mehrerer thyroxinbindender Eiweii3e untereinander und mit dem Adsorber bedingt sind, auch bei den originalen Adsorptionskurven der Abbildung 2 nachweisen.

Auf Grund des Kurvenverlaufs bei Huhn und Katze kann vermutet wer- den, dai3 diesen Tieren ein spezifisches Tragerprotein entweder ganz fehlt oder aber nur in sehr geringen Konzentrationen vorhanden ist. Statt dessen wird Thyroxin, wie durch die Radioelektropherogramme der Abbildung 1 bestatigt wird, uberwiegend an Albumine fixiert, wobei die Bindungsintensitat bei der Katze relativ groi3er ist als beim Huhn. Wie eingangs erwahnt, ist die Gegen- wart von TBG im Serum eine notwendige Voraussetzung fur die Anwendbar- keit des T3-Tests. Es ergibt sich deshalb aus den Befunden die praktische Konsequenz, dai3 bei Huhn und Katze der T 3-Test als Mittel zur indirekteii Bestimmung des Schilddrusenhormonspiegels nicht geeignet ist.

Bei Hund und Pferd wird schon eine geringfiigige Zunahme der Thyro- xinkonzentration mit einer deutlichen Erhohung der Thyroxin- J131-Adsorp-

Page 6: Schilddrüsenhormonkonzentration im Blut und Thyroxinbindung an Serumproteine bei verschiedenen Spezies

590

100-

* 90-- .t 80-- E a 5 70--

.E 60-- e 8 50.- 2

I 40--

7 30--

f

- L "

C .- : 20-- 2 I- lo--

0 1

SCHERZINGER, GUZY und LORCHER

1 I I 40 5 10 20 30 CVP]

0 Thyroxlnzucatz I100 ml Serum

Abb. 2. Prozentuale Thyr~xin-J~~*-Adsorption an hamoglobinsaturierte Aktivkohle nach Zu- gabe von inaktivem Thyroxin zum Serum bei verschiedenen Spezies

tionswerte beantwortet. Der relativ steile Anstieg der Kurven im Anfangs- bereich lafit auf eine geringe Transportkapazitat des TBG schliefien, wobei diese bereits durch das endogene Thyroxin weitgehend abgesattigt zu scin scheint (fehlender Kurvenknick). Auffallend ist der beim Pferd uber einen weiten Bereich annahernd lineare Kurvenverlauf mit einem verhaltnismafiig hohen Plateau, was als Zeichen fur ein schwaches Bindevermogen des Albumins gewertet wird. Mit Tracerthyroxin beladenes, verdunntes Pferdeserum kann deshalb mit Vorteil fur die Herstellung von Eichkurven bei der Bestimmung

0 (1)

Abb. 3. Hypothetische Thyroxin-Jiai-Adsorptionskurven nach graduell zunehmenden exogenen Thyroxinzusatzen bei verschieden angenommener endogener Thyroxinkonzentration e ( p g

Thyroxin/100 ml Serum) und TBG-Transportkapazitat k (pg Thyroxin/100 ml Serum)

Page 7: Schilddrüsenhormonkonzentration im Blut und Thyroxinbindung an Serumproteine bei verschiedenen Spezies

Schilddriisenhorrnonkonzentration im Blut 591

Spezies

Huhn

Hund, Pferd, Katze

des Plasma-Gesamtthyroxins nach dem von MURPHY und JACHAN (1965) angegebenen Verfahren verwendet werden.

Wesentlich flacher verlaufen die Adsorptionskurven beim Schwein, Rind, Rotwild und Menschen. Nach einer initialen leichten Zunahme der Thyroxin- J131-Adsorptionswerte folgt ein steilerer Anstieg der Kurven. In Analogie zu den Modellkurven 4 und 5 der Abbildung 3 diirfte in dem teilweise nur ange- deuteten Kurvenknick jeweils die Bindungskapazitat des TBG erschopft sein. Danach liei3e sich fur Menschenserum die Reservekapazitat mit etwa 10 bis 12 p g Thyroxin/IOO ml angeben. Addiert man den mit 8,2 p g ermittelten endogenen Thyroxingehalt, ergibt sich eine Gesamtkapazitat von etwa 20 j i g Thyroxin/IOO ml Serum. Obereinstimmende Werte wurden mehrfach auch von anderen Autoren gefunden (KEIDERLING et al., 1965; TANAKA u. STARR, 1959; WALFISH et al., 1962).

Die extrem flache Adsorptionskurve beim Ren konnte auf eine sehr groi3e Gesamtkapazitat des TBG zuruckgefiihrt werden. Dafiir spricht auch die bei dieser Tierart gefundene hohe Thyroxinkonzentration (23,l p g O / o ) . Wie aus Abbildung 1 ersichtlich ist, wird jedoch bei einem Thyroxinzusatz von 40 /cg/ 100 ml Serum bereits der uberwiegende Teil des Schilddriisenhormons an Albumine gebunden. Es ist deshalb wahrscheinlicher, dai3 sich bei dieser Spe- zies Albumine und TBG in ihrer Affinitat zum Thyroxin nur geringfugig unterscheiden.

Genaue quantitative Aussagen hinsichtlich Kapazitat und Affinitat der thyroxinbindenden Eiweii3e sind bei den von uns angewandten Verfahren nicht moglich. Eine grobe Klassifizierung der untersuchten Spezies nach Thyro- xinspiegeln einerseits und Bindungskapazitaten des TBG andererseits, wie sie in Tabelle 1 vorgenommen wird, lai3t jedoch erkennen, dai3 die Schilddrusen- hormonkonzentration im Blut und die TBG-Transportkapazitat eng mitein- ander gekoppelt sind.

Daneben scheint auch ein Zusammenhang zwischen der Intensitat der Thyroxin-Albuminbindung und der Hohe des Hormonspiegels zu bestehen. Nur so erklart sich die im Vergleich zum Huhn und Hund groi3ere Serum- thyroxinkonzentration der Katze und der unerwartet hohe Schilddriisenhor- monspiegel beim finnischen Ren.

Tabelle 1 Zuwrnmenhang zwischen TBG-Transportkapazitit und Schilddriisenhormonkonzentration in1

Serum bei verschiedenen Spezies

Serum - T hyroxinkonzen trat ion TBG - Transpor tkapaz i tat (pg / 100 m l l (pg Thyroxin I100 m l S e r u m )

c2 kein TBG nachweisbar

2 - 5 c 10

Ren

Schwein , Rind, Mensch, Rotwild I

>10 210 ( ? I I 5 - 10 > 10

Zusammenfassung Es wurden die Zusammenhange zwischen der physiologischen Schild-

driisenhormonkonzentration im Blut und der Thyroxinbindung an Serum- eiweii3e bei verschiedenen Spezies (Huhn, Katze, Hund, Pferd, Schwein, Rind, Rotwild, Ren und Mensch) vergleichend untersucht. Bei allen Spezies mit Aus- nahme von Huhn und Katze konnte nach elektrophoretischer Trennung der Serumproteine auf Celluloseacetat neben den thyroxintransportierenden Albu-

Page 8: Schilddrüsenhormonkonzentration im Blut und Thyroxinbindung an Serumproteine bei verschiedenen Spezies

592 SCHERZINGER, G U Z Y Und L6RCHER

minen auch ein thyroxinbindendes Globulin (TBG) nachgewiesen werden. Wahrend beim Huhn bislang noch kein TBG identifiziert wurde, beruht der fehlende Nachweis bei der Katze wahrscheinlich auf einer methodisch beding- ten ungeniigenden Trennung der thyroxinbindenden Albumin- und Globulin- fraktionen.

Durch ein Verfahren, bei welchem an Serumproteine fixiertes Thyroxin- durch exogen zugefiigtes inaktives Thyroxin nach Mai3gabe der Konzen-

tration kompetitiv verdrangt und sekundar an Aktivkohle adsorbiert wird, konnten genauere Aufschliisse hinsichtlich Kapazitat und Affinitat der thyro- xinbindenden SerumeiweiGe erhalten werden. Dabei zeigte sich, dai3 zwischen der Thyroxinkonzentration im Serum und der Transportkapazitat des TBG eine gleichsinnige Abhangigkeit besteht. Daneben scheint auch die bei den ein- zelnen Spezies unterschiedliche Bindungsintensitat der Albumine von mai3geb- lichem Einflui3 auf die Hohe des Schilddriisenhormonspiegels zu sein.

Summary Thyroid hormone level in blood and thyroxine binding to serum proteins

in various species A comparative study was made of the relationship between the physiolo-

gical thyroid hormone level in the blood and thyroxine binding to serum proteins in different species (fowl, cat, dog, horse, pig, ox, red deer, reindeer and man). In all these species, with the exception of the fowl and the cat, i t was possible to demonstrate, after electrophoretic separation of the serum proteins in cellulose acetate, in addition to thyroxine-carrying albumin the presence also of a thyroxine binding globulin (TBG). Although so far no TBG has been identified in the fowl, it is likely that failure to demonstrate i t in the cat may be because the technique is inadequate to separate the thyroxine- binding albumin from the globulin fractions. More precise information on the capacity and affinity of the thyroxine-binding serum protein was obtained by a method of displacing by competition serum-protein-fixed thyroxine by exogenous added inactive thyroxine after measurement of the concentration and then secondary absorption by active charcoal. Parallelism was found between the concentration of serum thyroxine and the transport capacity of the TBGD. Furthermore, it seems that the intensity of the fixation of albumin, which varies from one species to another, exercises equally a determining effect on the level of thyroid hormone.

R h m C Concentration de l’hormone thyroidienne dans le sang

et fixation de la thyroxine aux protkines seriques chez difftrentes espkces

On prockde A une ktude com arative sur les relations entre la concentra- tion physiologique de l’hormone t R yroidienne dans le sang et la fixation de la thyroxine aux protkines skriques chez diffkrentes espkces (poule, chat, chien, cheval, porc, boeuf, gibier, renne et homme). Chez toutes les espkces, A l’excep- tion de la poule et du chat, on a pu mettre en kvidence, aprks skparation klectrophorktique des protkines skriques sur acktate de cellulose, en plus des albumines transportant la thyroxine, une globuline fixant la thyroxine (TBG). L’on n’a pas identifik jusqu’ici de TBG chez la poule. Chez le chat, ce dkfaut est probablement db A une skparation insuffisante des fractions albuminiques et globuliniques fixant la thyroxine.

Page 9: Schilddrüsenhormonkonzentration im Blut und Thyroxinbindung an Serumproteine bei verschiedenen Spezies

Schilddrusenhormonkonzentration im Blut 593

On obtient des informations plus prkcises sur la capacitk et l'affinitk des protkines skriques fixant la thyroxine, A l'aide d'une mkthode consistant A dkplacer de manikre compktitive la thyr0xine-1'~~ fixke aux protkines skri- ques par un apport exogkne de thyroxine inactive, aprks mesure de la con- centration, puis A l'adsorber secondairement sur du charbon actif. On trouve un parallklisme entre la concentration de la thyroxine skrique et la capacit; de transport de la TBG. De plus, il semble que l'intensitk de fixation des albumines, qui varie chez les diffkrentes espkces, exerce kgalement une influence dkterminante sur le taux d'hormone thyroydienne.

Resumen Concentracih tiroxinica en sangre y fijaci6n de la tiroxina a las

proteinas sbricas en diversas especies animales Se examinaron comparativamente las relaciones existentes entre la con-

centraci6n fisiol6gica de tiroxina en sangre y la fijaci6n de la misma a las proteinas skricas en varias especies (gallina, gato, perro, caballo, cerdo, vaca, venado, reno y hombre). Despuks de la separaci6n electroforktica de las sero- proteinas sobre acetato de celulosa, se pudo identificar en todas las especies, except0 en la gallina y gato, a1 lado de las alb6minas transportadoras de tiro- xina una globulina fijadora de la tiroxina (GFT). Mientras que en la gallina hasta la fecha no se ha identificado ninguna GFT, la falta de identificaci6n en el gato tal vez se deba a la separaci6n insuficiente,.por tkcnica imperfecta, de las fracciones de alb6mina y globulina fijadoras de tiroxina.

Por medio de un procedimiento, en el cual la J1sl-tiroxina fijada a las seroproteinas se desaloja de forma competitiva conforme a la concentracibn mediante tiroxina inactiva agregada exbgenamente, adsorbikndose de mod0 secundario a carb6n activo, se pudieron obtener puntualizaciones exactas respecto a la capacidad y afinidad de las seroproteinas fijadoras de la tiro- xina. A d se pudo establecer que existe una dependencia consensual entre la concentraci6n tiroxinica en suer0 sanguine0 y la capacidad de transporte de la GFT. A1 lado de esto, la intensidad diferente de fijaci6n de las albhminas en las distintas especies tambikn parece ejercer un influjo decisivo sobre la altura del nivel tiroxinico.

Literaturverzeichnis 1. FARER, L. S., J. ROBBINS, B. S. BLUMBERG and J. E. RALL, 1962: Thyroxine-serum protein

complexes in various animals. Endocrinology 70, 686-696. 2. HERBERT, V., C. W. GOTTLIEB, K. S. LAU, P. GILBERT and S. SILVER, 1965: Adsorption of

I's'-triiodthyronine from serum by charcoal as an in vitro test of thyroid function. J. Lab. Clin. Med. 66, 814-821.

3. KEIDERLING, W., D. EMRICH, G. HOFFMANN, P. PFANNENSTIEL, G . MEURET und N. KLEINE, 1965 : Die Grundlagen der J'31-Trijodthyronin-Aufnahme durch Erythrozyten und ihre klinische Bedeutung fur die Diagnostik von Shilddriisenfunktionsstorungen. Nucl. Med. Suppl. 2, 155-161.

4. MURPHY, B. E. P., and C. JACHAN, 1965: The determination of thyroxine by competitive protein-binding analysis employing an anion-exchange resin and radiothyroxine. J. Lab. Clin. Med. 66, 161-167.

5. SCHERZINGER, E., 1969 : Methoden zur Beurteilung der Schilddrusenfunktion beim Geflugel und anderen Haustieren. Vet. med. Diss., Berlin.

6. TANAKA, S., and P. STARR, 1959: Clinical observations on serum globuline thyroxine- binding capacity, using a simplified technique. J. Clin. Endocr. Metab. 19, 84-91.

7. WALFISH, P. G., A. BRITTON, R. VOLPE and C. EZRIN, 1962: Quantitative plasma binding capacity studies of thyroxine-binding globuline by use of a modification of the erythro- cyte l-triiodthyronine-IlS1 uptake test. J. Clin. Endocr. Metab. 22, 178-186.

Anschrift der Autoren: Institut fur Tierzucht und Tierernahrung der Freien Universitat Berlin, 1 Berlin 33, Briimmerstrafie 34.