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243 Vakuum in Forschung und Praxis 17 (2005) Nr. 5 © 2005 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim VIP Magazin Aber nicht nur Silizium und Schichten aus seinen Verbindun- gen wurden zugänglich, sondern auch weitere anorganische Schich- ten basierend auf Titan, Wolfram und anderen bis hin zum Dia- mant. Diese werden z.B. als Schutz- schichten gegen Korrosion, Ab- rieb, Verkratzen oder als Barriere genutzt. Für diese Anwendungen hat sich vor allem hierzulande eine mittelständische Industrie im Anlagenbau und in der Lohnbe- schichtung etablieren können. Mit dem Trend von den Mi- krosystemen hin zur Nanotech- nologie wird die Plasmatechnik ihre Bedeutung nochmals aus- bauen können, insbesondere weil nun die Anforderung hohe Ab- scheideraten zu erzielen in den Hintergrund gerät, und die Funk- tionen der Schichten, die weit- gehend unabhängig von der Schichtdicke sind im Vorder- grund stehen. Parallel zu diesen Entwicklun- gen in der Oberflächentechnik haben sich die Produktion und der Einsatz von Kunststoffen ra- sant entwickelt. Im vergangenen Jahr wurden weltweit 224 Mio. Tonnen für die Verwendung in den Bereichen Bau, Verpackung, Automobil, Elektrotechnik u. a. produziert. Das Anwendungs- spektrum dieser Werkstoffe lässt sich erheblich erweitern, wenn es gelingt die Oberflächeneigen- schaften der Materialien gezielt einzustellen. Hierzu sind Be- schichtungen mit Schichtdicken deutlich unterhalb von 100 Nano- metern hinreichend. Dies ist die Domäne der Plasmatechnologie. Dementsprechend wurden auf dem jüngsten Symposium für Plasmachemie (August 05 in To- ronto) die meisten Beiträge dem Thema Kunststofffunktionalisie- rung gewidmet, und stellt auch einen Schwerpunkt der Arbeiten am Fraunhofer-Institut für Grenz- flächen- und Bioverfahrenstech- nik IGB dar. Eigenschaften, die sich auf diese Weise mit Plasma- technik gezielt einstellen lassen sind vor allem die Benetzbarkeit (hydrophil bis hydrophob), das Haftverhalten in Werkstoffverbün- den und die Wechselwirkung mit biologischen Systemen (z. B. Bio- kompatibilität). Neuere plasmatechnische Ent- wicklungen, die an unserem In- stitut in diesem Bereich zu- sammen mit den anwendenden Firmen entwickelt werden, sind beispielsweise: Die deutliche Verbesserung der Haftung von Kupfer auf Poly- imid für flexible Leiterplatten mittels Nanoschichten. Die Ausrüstung von Membra- nen zur Blutreinigung mit endotoxinbindenen Funktio- nen. Hierzu wird ein in-line Prozess basierend auf einem Niederdruckplasma etabliert. (Endotoxine sind entzündungs- auslösende Stoffe bakteriellen Ursprungs) • Die Erzeugung von struktu- rierten Oberflächen zur Be- einflussung des Wachstums von humanen Zellen für Test- systeme und Therapie. Der Siegeszug der Plasma- technik, von der Mikroelektronik bis zur Medizintechnik, wird auch weiterhin zur Entwicklung vieler neuartiger Produkte bei- tragen und ist nur dadurch er- möglicht worden, dass Kollegen aus unterschiedlichen Gebieten wie der Physik, der Entladungs- physik, der Vakuumtechnik, der Chemie und Biologie über ihren Tellerrand hinausschauen und kooperieren. Lassen Sie sich zum Austausch und zur Kooperation anregen! In diesem Sinne findet das nächste Treffen des Arbeits- kreises Plasma am 7. u. 8. No- vember am Fraunhofer IGB in Stuttgart statt. Zeitschriften wie die VIP unterstützen durch Bei- träge aus den verschiedenen Ge- bieten die Entwicklung hin zu Kooperation und Interdisziplina- rität. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Vergnügen beim Lesen der vor- liegenden Ausgabe. Christian Oehr www.igb.fraunhofer.de Sehr geehrte VIP-Leserinnen und VIP-Leser, seit Beginn der sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts wird die Plasmatechnik genutzt um dünne Schichten abzu- scheiden. In der Bearbeitung des chemisch schlecht zu- gänglichen Siliziums und seiner Verbindungen erwies sich die Plasmastechnik sehr schnell als die überlegene Technologie. Es konnten nun dünne Silizium, Siliziumoxid oder -nitridschichten abge- schieden werden, die sich darüber hinaus mit den Plasmaprozessen auch struk- turieren ließen. Damit war ein Werkzeug geschaffen mit dem die Mikroelektronik mit der Vielzahl ihrer Pro- dukte erst möglich wurde. Dr. Christian Oehr, Abteilungsleiter Grenzflächenverfahrenstechnik, Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik Pankreaszellen (grüne Punkte) wachsen entlang plasma- erzeugter Oberflächenstrukturen (Wabenmuster).

Sehr geehrte VIP-Leserinnen und VIP-Leserinnen und VIP-Leser

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Page 1: Sehr geehrte VIP-Leserinnen und VIP-Leserinnen und VIP-Leser

243Vakuum in Forschung und Praxis 17 (2005) Nr. 5© 2005 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

VIP Magazin

Aber nicht nur Silizium undSchichten aus seinen Verbindun-gen wurden zugänglich, sondernauch weitere anorganische Schich-ten basierend auf Titan, Wolframund anderen bis hin zum Dia-mant. Diese werden z.B. als Schutz-schichten gegen Korrosion, Ab-rieb, Verkratzen oder als Barrieregenutzt. Für diese Anwendungenhat sich vor allem hierzulandeeine mittelständische Industrie imAnlagenbau und in der Lohnbe-schichtung etablieren können.

Mit dem Trend von den Mi-krosystemen hin zur Nanotech-nologie wird die Plasmatechnikihre Bedeutung nochmals aus-bauen können, insbesondere weilnun die Anforderung hohe Ab-scheideraten zu erzielen in denHintergrund gerät, und die Funk-tionen der Schichten, die weit-gehend unabhängig von derSchichtdicke sind im Vorder-grund stehen.

Parallel zu diesen Entwicklun-gen in der Oberflächentechnikhaben sich die Produktion undder Einsatz von Kunststoffen ra-sant entwickelt. Im vergangenenJahr wurden weltweit 224 Mio.Tonnen für die Verwendung inden Bereichen Bau, Verpackung,Automobil, Elektrotechnik u. a.produziert. Das Anwendungs-spektrum dieser Werkstoffe lässtsich erheblich erweitern, wennes gelingt die Oberflächeneigen-schaften der Materialien gezielt

einzustellen. Hierzu sind Be-schichtungen mit Schichtdickendeutlich unterhalb von 100 Nano-metern hinreichend. Dies ist dieDomäne der Plasmatechnologie.Dementsprechend wurden aufdem jüngsten Symposium fürPlasmachemie (August 05 in To-ronto) die meisten Beiträge demThema Kunststofffunktionalisie-rung gewidmet, und stellt aucheinen Schwerpunkt der Arbeitenam Fraunhofer-Institut für Grenz-flächen- und Bioverfahrenstech-nik IGB dar. Eigenschaften, diesich auf diese Weise mit Plasma-technik gezielt einstellen lassensind vor allem die Benetzbarkeit(hydrophil bis hydrophob), dasHaftverhalten in Werkstoffverbün-den und die Wechselwirkung mitbiologischen Systemen (z. B. Bio-kompatibilität).

Neuere plasmatechnische Ent-wicklungen, die an unserem In-stitut in diesem Bereich zu-sammen mit den anwendendenFirmen entwickelt werden, sindbeispielsweise:• Die deutliche Verbesserung der

Haftung von Kupfer auf Poly-imid für flexible Leiterplattenmittels Nanoschichten.

• Die Ausrüstung von Membra-nen zur Blutreinigung mitendotoxinbindenen Funktio-nen. Hierzu wird ein in-lineProzess basierend auf einemNiederdruckplasma etabliert.(Endotoxine sind entzündungs-

auslösende Stoffe bakteriellenUrsprungs)

• Die Erzeugung von struktu-rierten Oberflächen zur Be-einflussung des Wachstumsvon humanen Zellen für Test-systeme und Therapie.Der Siegeszug der Plasma-

technik, von der Mikroelektronikbis zur Medizintechnik, wirdauch weiterhin zur Entwicklungvieler neuartiger Produkte bei-tragen und ist nur dadurch er-möglicht worden, dass Kollegenaus unterschiedlichen Gebietenwie der Physik, der Entladungs-physik, der Vakuumtechnik, derChemie und Biologie über ihrenTellerrand hinausschauen undkooperieren. Lassen Sie sich zumAustausch und zur Kooperationanregen! In diesem Sinne findetdas nächste Treffen des Arbeits-kreises Plasma am 7. u. 8. No-vember am Fraunhofer IGB inStuttgart statt. Zeitschriften wiedie VIP unterstützen durch Bei-träge aus den verschiedenen Ge-bieten die Entwicklung hin zuKooperation und Interdisziplina-rität.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnenviel Vergnügen beim Lesen der vor-liegenden Ausgabe.

Christian Oehrwww.igb.fraunhofer.de

Sehr geehrte VIP-Leserinnenund VIP-Leser,

seit Beginn der sechzigerJahre des vergangenenJahrhunderts wird diePlasmatechnik genutzt umdünne Schichten abzu-scheiden. In der Bearbeitungdes chemisch schlecht zu-gänglichen Siliziums undseiner Verbindungen erwiessich die Plasmastechnik sehrschnell als die überlegeneTechnologie. Es konnten nundünne Silizium, Siliziumoxidoder -nitridschichten abge-schieden werden, die sichdarüber hinaus mit denPlasmaprozessen auch struk-turieren ließen. Damit warein Werkzeug geschaffen mit dem die Mikroelektronikmit der Vielzahl ihrer Pro-dukte erst möglich wurde.

Dr. Christian Oehr, Abteilungsleiter Grenzflächenverfahrenstechnik,Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik

Pankreaszellen (grüne Punkte)wachsen entlang plasma-erzeugter Oberflächenstrukturen(Wabenmuster).