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Sklaverei und Menschenhandel im 21. JahrhundertVerletzungen von Menschenwürde und Menschen-Verletzungen von Menschenwürde und Menschen-rechten in einer globalisierten Gesellschaft
ROLAND BERGER STIFTUNG
1
München, im November 2008
Inhaltsverzeichnis
> Sklaverei und Menschenhandel im 21. Jahrhundert – Ein ProblemaufrissSexuelle Ausbeutung und Ausbeutung von (Kinder )Arbeitskraft– Sexuelle Ausbeutung und Ausbeutung von (Kinder-)Arbeitskraft
– Regionaler Fokus Europa sowie Südostasien
> Auswirkungen auf die Opfer
> Ansätze für weltweite und regional-grenzüberschreitende Gegenmaßnahmeng g g– Globale und regionale Aktivitäten– Schwachpunkt Umsetzung
> Sechs Hebel zur Bekämpfung von Sklaverei und Menschenhandel im 21. Jahrhundert
Schwachpunkt Umsetzung
2
21. Jahrhundert
Die UN-Menschenrechtscharta von 1948 schützt weltweit die Menschenwürde und verbietet Sklaverei und Sklavenhandel
Alle Menschen sind frei und ARTIKEL 1Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren
ARTIKEL 4Eleanore Roosevelt, Ehefrau
Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden; Sklaverei und Sklavenhandel sind
des 1945 verstorbenen US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt, setzte sich als Vorsitzende der UN-Menschen-rechtskommission mit aller Kraft für die Ausarbeitung der
in allen Formen verbotenKraft für die Ausarbeitung der UN-Menschenrechtscharta ein
3
> Das Grundgesetz greift den Inhalt der UN-Charta in Artikel 1 auf
Seit 1948 ist der weltweite Handel mit Gütern um das 27-fache gestiegen – im Windschatten werden zunehmend auch Menschen gehandelt
Anstieg Güterhandel und Menschenhandel weltweit [in %]
% > Seit Verkündung der UN-Menschen-rechtscharta 1948 ist der Welthandel um das 27-fache gestiegen
2.700%
Güterhandel
> Allerdings werden im Windschatten der Globalisierung zunehmend auch Men-schen wie Güter be- und gehandelt − An-
1.000
Menschen stieg um mindestens das 4fache seit 1990
> Der Menschenhandel zählt neben Waffen- und Drogenhandel zu den 200
400Menschen-handel
a e u d oge a de u degrößten kriminellen Geschäften weltweit
1948 1990 2008200
Quelle: UN, Schätzung Roland Berger Stiftung
4
> Leider profitiert auch der Menschenhandel von der Globalisierung
12 Millionen Sklaven wurden nach Amerika gebracht – in 350 JahrenIn Asien gibt es bereits über 30 Millionen Opfer − in nur 30 Jahren
> Bis zur Abschaffung der Sklaverei in
30 Mio. Menschen in und nach Asien
> Bis zur Abschaffung der Sklaverei in den USA im Jahre 1865 wurden etwa 12 Millionen Sklaven von Afrika nach Amerika verschifft12 Mio. Menschen nach Amerika verschifft
> Zwischen 1980 und 2008 wurden allein in Asien ca. 30 Millionen Menschen Opfer von
nach Amerika
Menschen Opfer von Menschenhandel und Sklaverei –ein Ende ist nicht in Sicht
1500 1850 1980 2008
Quelle: Philip D. Curtin: The Atlantic Slave Trade; ILO; UN
5
> Die Sklaverei ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit
Definitionsversuche von "Moderner Sklaverei" und von "Menschenhandel" als Ausgangspunkt der weiteren Betrachtungen
Moderne Sklaverei ist …
d Z t d i d M h ih ö
Menschenhandel (human trafficking) ist …
di lt d tä ht A… der Zustand, in dem Menschen ihrer persön-lichen Freiheit beraubt und als Sache, Ware und Eigentum behandelt werden. Dies umfasst die sexuelle Ausbeutung der Opfer wie auch deren
… die gewaltsame oder vorgetäuschte An-werbung, Beförderung, Verbringung und/oder Beherbergung von Menschen zum Zwecke der Ausbeutung. Dabei wird die "Ware Mensch"
Ausbeutung als Arbeitskraft ("Lohnsklaverei"). In einigen Quellen werden ferner Zwangsarbeit(unfreiwillige Arbeit unter Strafandrohung) und moderne Sklaverei synonym verwendet
innerhalb eines Landes oder über Landesgrenzen gehandelt, oftmals unter Beteiligung mehrerer Mittelsmänner
> Ein Sklavenleben im 21. Jahrhundert ist oftmals eine traurige Verbindung von Lohnsklaverei, sexu-
moderne Sklaverei synonym verwendet
g geller Ausbeutung und/oder Zwangsarbeit. Häufig ist ein (professioneller) Menschenhandel vor- bzw. immer wieder zwischengeschaltet. Die Begriffe sind deshalb nicht immer eindeutig zu trennen
Quelle: Philip D Curtin: The Atlantic Slave Trade; ILO; UN; Terre des Hommes; Amnesty International
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> Das Ergebnis ist eine unheilvolle Symbiose mehrerer Verbrechen
Quelle: Philip D. Curtin: The Atlantic Slave Trade; ILO; UN; Terre des Hommes; Amnesty International
Die weltweite Anzahl "versklavter" Menschen kann nur geschätzt werden − entscheidend hierfür ist der jeweilige Blickwinkel
> Die ILO1) schätzt, dass 12,3 Mio. Menschen von Sklaverei durch Zwangsarbeit betroffen sind – andere internationale Organisationen sprechen von 4 bis 27 Mio Menschensprechen von 4 bis 27 Mio. Menschen
> Die ILO geht in einer anderen Studie davon aus, dass weltweit 218 Mio. Kinder von fünf bis siebzehn Jahren "illegal beschäftigt" sindKinder von fünf bis siebzehn Jahren illegal beschäftigt sind
> UNICEF gibt an, dass weltweit etwa zwei bis vier Millionen Kinder kommerziell sexuell ausgebeutet werden
> Eine UN-Studie weist darauf hin, dass es weltweit ca. 150 Mio. Wander-arbeiter gibt, "von denen viele oft unter minimalen Sicherheitsvorkehrungen arbeiten tendenziell mit niedrigeren Gehältern bezahlt diskriminiert an den arbeiten, tendenziell mit niedrigeren Gehältern bezahlt, diskriminiert, an den Rand der Gesellschaft gedrängt, ausgebeutet und missbraucht werden"2)
1) International Labour Organization / Internationale Arbeitsorganisation2) Studie zum 'Internationalen Tag der Wanderarbeiter' (2001/2004)
7
> "Sklaven heben nicht ihre Hand um gezählt zu werden."** Zitat Direktor J. Miller, US-Außenministerium
g ( )
"Moderne Sklaverei" umfasst sexuelle Ausbeutung sowie die Ausbeutung von Arbeitskraft, auch von Kindern
Sexuelle Ausbeutung Ausbeutung von (Kinder)-Arbeitskraft
> 35 Millionen Sextouristen fliegen jährlich zu den bekannten "hot spots" in Asien, Afrika und Lateinamerika
> Weltweit werden 218 Mio. Kinder nach ILO-Standard "illegal beschäftigt". Mehr als die Hälfte davon (rd. 126 Millionen)
> Hinzu kommen zusätzlich die ungezählten Millionen nationaler "Kunden"
( )schuften unter lebensgefährlichen Bedingungen in der Landwirtschaft, in Minen oder an ungesicherten Maschinen
> Selbst Kleinkinder werden prostituiert. Viele Triebtäter und Pädophile nutzen gerade die bekannten "hot spots", um ihre k i i ll B dü f i b f i di
> Mehr als 300.000 Kinder unter 18 Jahren kämpfen derzeit als Kindersoldaten in über 30 bewaffneten Konflikten
kriminellen Bedürfnisse zu befriedigen
Quelle: UN, UNICEF, UN.GIFT, ILO
8
> Opfer von Sklaverei sind meist die Schwächsten der Gesellschaft
Konservativ geschätzt beträgt der Jahresgewinn durch Zwangsarbeit 44,3 Mrd. USD – zwei Drittel davon in Kombination mit Menschenhandel
> Die weltweiten Gewinne durch Zwangsarbeit als Form moderner Skl i b t k ti 12,7
Weltweite Gewinne durch Zwangsarbeit p.a. [in Mrd. USD]
Sklaverei betragen konservativ geschätzt 44,3 Mrd. USD p.a.
> Die tatsächlichen Zahlen können
,
31,6
jedoch viel höher liegen, da die ILO als Ausgangsbasis ihrer Berechnungen lediglich 12,3 Mi O f i t
davon: sexuelle Ausbeutung
Mio. Opfer annimmt
> Zwei Drittel aller Gewinne (31,6 Mrd. USD) werden in Kombina-Gewinne ohne
MenschenhandelWeltweite Gewinne durch
Gewinne in Kombination mit
3,8davon: Ausbeu-tung durch Arbeit
tion mit Menschenhandel erzielt − Schwerpunkt ist die sexuelle Ausbeutung
MenschenhandelGewinne durch Zwangsarbeit
Kombination mit Menschenhandel
Quelle: ILO − diese spricht von 12,3 Mio. "under forced labour", 'Terre des Hommes' von 12 Mio. "Sklaven"
9
> Zwangsarbeit bringt weltweit zweistellige Milliardenprofite − mindestens
Die höchsten Gewinne aus Zwangsarbeit in Verbindung mit Menschenhandel werden in den Industriestaaten erzielt
Regionale Verteilung der weltweiten Gewinne durch Zwangsarbeit in Verbindung mit Menschenhandel p.a. [in Mrd. USD]
> Von den jährlich 31,6 Mrd. USD Gesamtgewinn durch Zwangsar-beit (als Form moderner Sklaverei)
0,2
1,3
Subsahara-Afrika
Lateinamerika und Karibiki.V.m. Menschenhandel wird rund die Hälfte in Industriestaaten und rund 10 Mrd. USD in Asien erzielt3,4
1,5Naher Osten und NordafrikaTransformationsstaaten
Mittel- und Osteuropa> Die hohen Gewinne in den In-
dustriestaaten basieren auf den höheren Preisen für Prostitution
9,7Mittel und Osteuropa
Asien und Pazifikraum
15,5Industriestaaten(so bringt eine Prostituierte dort ihren Ausbeutern laut Amnesty durchschnittlich 67.200 USD p.a.)
Quelle: ILO
15,5
31,6Weltweit
10
> Die Profiteure des Menschenhandels sind weltweit zu finden
Quelle: ILO
Moderner Menschenhandel im "alten Europa"
> Die Parlamentarische Versammlung d UN hät t di Z hl d jäh li h h
Ursprungsländer
TransitländerZielländer
der UN schätzt die Zahl der jährlich nach Westeuropa gehandelten Frauen auf ca. 500.000
> Die Profite des Menschenhandels in Europa sind nach Angaben des Europa-rates in den letzten zehn Jahren um rund 400 P t ti d B d 400 Prozent gestiegen − der Boom der Osterweiterung wirft hier seine dunkel-sten Schatten
Quelle: Europol, Europarat
11
> Auch die "Alte Welt" ist keine "heile Welt"
Die meisten Opfer von Menschenhandel kommen allerdings aus Asien und dem Pazifikraum
Regionale Herkunft der Opfer von Menschenhandel [in %]
Subsahara-Afrika> Ein Blick auf die Herkunft der
Opfer zeigt: Zentrum des weltweiten Menschenhandels ist
68
Subsahara AfrikaTransformationsstaaten Mittel- und Osteuropa
Naher Osten der asiatisch-pazifische Raum mit einem Anteil von über 50 Prozent
> Weitere regionale Schwerpunkte
9
10
und Nordafrika
Lateinamerika und Karibik Asien und
P ifik56 > Weitere regionale Schwerpunkte
sind, neben den Industriestaaten, Lateinamerika und der Nahe Osten/Nordafrika
11
und Karibik Pazifikraum
Industriestaaten
Quelle: ILO
12
> Der Schwerpunkt des globalen Menschenhandels liegt in Asien
Südostasien ist eine Schwerpunktregion für Menschenhandel, Sextourismus und Kinderarbeit
> Täglich werden allein in Kambodscha etwa
Kartenausschnitt Südostasien
g50.000 Mädchen und Frauen Opfer sexueller Ausbeutung. 45 Prozent der kambodschani-schen Kinder zwischen fünf und 14 Jahren
ü b itmüssen arbeiten
> In Thailand trägt die Prostitution mit knapp 27 Mrd. USD rund 14% zum BIP bei
> Im Transitland Laos erleichtert der Bau neuer Autobahnen den schnellen Transport von zu Gütern herabgewürdigten Menschenvon zu Gütern herabgewürdigten Menschen
> Vietnam ist, wie Thailand, ein Zielland des regionalen FrauenhandelsQuelle: Trafficking in Persons Report 2008; Focus
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> Vier Länder Südostasiens als Brennpunkt
Auswirkungen auf die Opfer
> Menschenhandel und Sklaverei fügen den Opfern schwere physische und psychische Verletzungen zu
> 95 Prozent der Opfer von Menschenhandel 95 Prozent der Opfer von Menschenhandel werden körperlich misshandelt bzw. genötigt
> 60 bis 75 Prozent der zwangsprostituierten Frauen werden zudem vergewaltigt Über zwei Frauen werden zudem vergewaltigt. Über zwei Drittel leiden unter post−traumatischen Stresssymptomen
> Bis zu 90 Prozent der aus Bordellen in Südostasien geretteten Kinder sind HIV-positiv
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> Die Narben dieser Verletzungen behalten die Opfer ein Leben lang
Erste weltweite und regional-grenzüberschreitende Gegenmaßnahmen sind eingeleitet
> USA Victims of Trafficking and Violence
Globale Aktivitäten (Auszug) Regional-grenzüberschreitende Aktivitäten (Auszug)
> ILO Declaration on Fundamental > USA – Victims of Trafficking and Violence Protection Act (2000)
> EU – Charter of Fundamental Rights (2000/2007)
> ILO – Declaration on Fundamental Principles and Rights at Work (1998)
> UN – Protocol to Prevent, Suppress
> Deutschland – medica mondiale, Terre des Hommes, Amnesty International
K b d h N ti l T k F
and Punish Trafficking in Persons (2003)
> UN.GIFT – Global Initiative to Fight > Kambodscha – National Task Force aus u.a.
14 Ministerien und 200 NGOs (2007)
> Vietnam – Gesetzesverschärfungen zur
gHuman Trafficking (2007)
> World Congress III – Against Sexual Exploitation of Children and g
Bekämpfung von Sextourismus (2005ff.)Sexual Exploitation of Children and Adolescents (2008)
15
> Die Notwendigkeit der Zusammenarbeit ist grundsätzlich erkannt
Schwachpunkt ist die schleppende Umsetzung vereinbarter Gesetze und Maßnahmen
> Laut 'Trafficking in Persons Report' des US-Außenministeriums wurden 2007 welt-
682 f
Gesamtzahl weltweiter Ermittlungsverfahren bzw. Verurteilungen aufgrund von Menschenhandel
weit nur 5.682 Ermittlungsverfahren wegen Menschenhandel eingeleitet. Verurteilun-gen gab es sogar nur in 3.427 Fällen
7.9922.8152003
6.8852004 > Die erst seit 2003 erhobenen Daten sind jedoch nicht ausreichend belastbar − die Abnahme von Ermittlungsverfahren (-29%) b di Z h V t il
+22%-29%
4.3792005
6.8853.0252004
6.178
bzw. die Zunahme von Verurteilungen (+22%) sind bei genauer Datenanalyse angreifbar
2006
5.6822007
5.8083.160
> Die Zahlen unterstreichen jedoch insgesamt die geringen Erfolge im Kampf gegen den Menschenhandel
Ermittlungsverfahren Verurteilungen
3.4272007
Quelle: US Außenministerium
16
> Angesichts von Millionen Vergehen ist das Ergebnis ernüchternd
Quelle: US-Außenministerium
Sechs Hebel zur Bekämpfung von Sklaverei und Menschenhandel im 21. Jahrhundert
> Wohlstand in der Welt steigern und gerecht verteilen – In den Hauptregionen des Menschenhandels müssen 50 bis 60 Prozent der Bevölkerung von <1 USD am Tag lebenBild l tä k t W ff Ki d ( ) b it i t D d h h > Bildung als stärkste Waffe gegen Kinder(sex)arbeit einsetzen – Der durch mehr Bildung zu erwartende Gewinn übertrifft die dafür nötigen Investitionen um ein Vielfaches
> Internationale, rechtsverbindliche Standards setzen und gemeinsam überwachen –, gBestehende Vereinbarungen müssen, wo nötig, verschärft und rechtsverbindlich umgesetzt werden. Staatlich geduldete Korruption ist zu bekämpfen
> Eine kritische Öffentlichkeit schaffen und mobilisieren – Aktionen wie der "Anti-> Eine kritische Öffentlichkeit schaffen und mobilisieren Aktionen wie der AntiTrafficking Day" und Labels für "saubere" Produkte können die Öffentlichkeit aufrütteln
> Den Opfern von Prostitution, Versklavung und Kinderarbeit Ausstiegsmöglichkeiten und Therapien anbieten Sozialarbeiter Street Worker Hotlines und Anlaufstationen und Therapien anbieten – Sozialarbeiter, Street Worker, Hotlines und Anlaufstationen bieten Opfern eine erste Zuflucht. Anschließend ist eine intensive medizinische und psychologische Betreuung nötigL f i ti P kti fü B d ht d O f bi t A bild d
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> Langfristige Perspektiven für Bedrohte und Opfer bieten – Ausbildungs- und Arbeitsplätze sowie Mikrokredite helfen bei der Wiedereingliederung in die Gesellschaft
Quelle: ILO, UN, UNICEF, US-Außenministerium, solwodi
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