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03|2017 IM FOKUS INHALT IM FOKUS Stabil. Sicher. Deutschland. 1 AM RANDE Der Reiz der B-Städte 3 IM GESPRÄCH Nah am Kunden, nah am Markt 4 PANORAMA Deutschlands „Secondary Cities“ 6 ZU GUTER LETZT Wow-Effekt statt Warenlager 8 Stabil. Sicher. Deutschland. Brexit-Entscheidung in Großbritannien, Turbulenzen um US-Präsident Donald Trump, wirtschaftliche und politische Kri- sen in vielen Regionen der Welt: Wir leben in unruhigen Zeiten. Da wirkt Deutschland mit seiner wachsenden Wirtschaft und seiner ausgeprägten Rechtssicherheit wie ein Hort der Stabilität. Kein Wunder, dass immer mehr Immobilieninvestoren diesen sicheren Hafen ansteuern. Ob Bürogebäude oder Einkaufszentren, Logistikimmobilien oder Hotels – deutsche Immobilien sind begehrt wie nie. Im Jahr 2010 traf der südkoreanische Pensionsfonds NPS eine mutige Entscheidung. Für den stolzen Preis von 585 Millionen Euro erwarb er das Sony Center: einen im Jahr 2000 fertiggestellten, gemischt genutzten Komplex mitten in Berlin mit Büro- und Einzelhandels- flächen, Restaurants und einem Multiplex-Kino. Der Kauf fiel in eine Zeit, in der zahlreiche Investoren die deutsche Hauptstadt vor dem Hintergrund ihrer bescheidenen Wirtschaftsleistung und ihrer hohen Arbeitslosigkeit eher mit Skepsis betrachteten. Doch für NPS zahlte sich die Akquisition aus: Im Sommer 2017 verkaufte er das Objekt an den kanadischen Pensionsfonds Oxford Properties und die Investment- gesellschaft Madison International Realty – für rund 1,1 Milliarden Euro. Dieser spektakuläre Deal wirft ein Schlaglicht auf den boomenden Investmentmarkt in Deutschland. In den ersten neun Monaten dieses Jahres wechselten nach Angaben der führenden Immobilienberatungsge- sellschaften Gewerbeimmobilien für fast 40 Milliarden Euro den Eigentümer. Das war das zweitbeste Ergebnis aller Zeiten, übertroffen nur vom Rekordjahr 2007. Für das gesamte Jahr 2017 rechnen Experten mit einem Transaktionsvolumen an Gewerbeimmobilien von über 50 Milliarden Euro. Konjunkturmotor auf Hochtouren Dafür, dass die Transaktionsberater derzeit glänzende Geschäfte machen, trägt wesentlich die Stärke der deutschen Wirtschaft bei. „Der deutsche Konjunktur- motor läuft auf Hochtouren, der Arbeitsmarkt strotzt vor Kraft, Unternehmen expandieren, die Reallöhne haben zuletzt weiter moderat zugelegt, und die Früh- und Stimmungsindikatoren sind auf langfristigen Höchstständen“, stellt Jan Linsin fest, Head of Re- search bei CBRE in Deutschland. Dabei profitiert die Fortsetzung auf Seite 2

Stabil. Sicher. Deutschland. - PATRIZIA€¦ · burg bei der Rendite eine Zwei vor dem Komma stehen könnte. Damit stellt sich die Frage, die in den Medien immer wieder eifrig diskutiert

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Page 1: Stabil. Sicher. Deutschland. - PATRIZIA€¦ · burg bei der Rendite eine Zwei vor dem Komma stehen könnte. Damit stellt sich die Frage, die in den Medien immer wieder eifrig diskutiert

03|2017

IM FOKUS

INHALTIM FOKUS Stabil. Sicher. Deutschland. 1

AM RANDE Der Reiz der B-Städte 3

IM GESPRÄCH Nah am Kunden, nah am Markt 4

PANORAMA Deutschlands „Secondary Cities“ 6

ZU GUTER LETZT Wow-Effekt statt Warenlager 8

Stabil. Sicher. Deutschland. Brexit-Entscheidung in Großbritannien, Turbulenzen um US-Präsident Donald Trump, wirtschaftliche und politische Kri-sen in vielen Regionen der Welt: Wir leben in unruhigen Zeiten. Da wirkt Deutschland mit seiner wachsenden Wirtschaft und seiner ausgeprägten Rechtssicherheit wie ein Hort der Stabilität. Kein Wunder, dass immer mehr Immobilieninvestoren diesen sicheren Hafen ansteuern. Ob Bürogebäude oder Einkaufszentren, Logistikimmobi lien oder Hotels – deutsche Immobilien sind begehrt wie nie.

Im Jahr 2010 traf der südkoreanische Pensionsfonds NPS eine mutige Entscheidung. Für den stolzen Preis von 585 Millionen Euro erwarb er das Sony Center: einen im Jahr 2000 fertiggestellten, gemischt genutzten Komplex mitten in Berlin mit Büro- und Einzelhandels-flächen, Restaurants und einem Multiplex-Kino. Der Kauf fiel in eine Zeit, in der zahlreiche Investoren die deutsche Hauptstadt vor dem Hintergrund ihrer bescheidenen Wirtschaftsleistung und ihrer hohen Arbeitslosigkeit eher mit Skepsis betrachteten. Doch für NPS zahlte sich die Akquisition aus: Im Sommer 2017 verkaufte er das Objekt an den kanadischen

Pensionsfonds Oxford Properties und die Investment-gesellschaft Madison International Realty – für rund 1,1 Milliarden Euro.

Dieser spektakuläre Deal wirft ein Schlaglicht auf den boomenden Investmentmarkt in Deutschland. In den ersten neun Monaten dieses Jahres wechselten nach Angaben der führenden Immobilienberatungsge-sellschaften Gewerbeimmobilien für fast 40 Milliarden Euro den Eigentümer. Das war das zweitbeste Ergebnis aller Zeiten, übertroffen nur vom Rekordjahr 2007. Für das gesamte Jahr 2017 rechnen Experten mit einem Transaktionsvolumen an Gewerbeimmobilien von über 50 Milliarden Euro.

Konjunkturmotor auf Hochtouren

Dafür, dass die Transaktionsberater derzeit glänzende Geschäfte machen, trägt wesentlich die Stärke der deutschen Wirtschaft bei. „Der deutsche Konjunktur-motor läuft auf Hochtouren, der Arbeitsmarkt strotzt vor Kraft, Unternehmen expandieren, die Reallöhne haben zuletzt weiter moderat zugelegt, und die Früh- und Stimmungsindikatoren sind auf langfristigen Höchstständen“, stellt Jan Linsin fest, Head of Re-search bei CBRE in Deutschland. Dabei profitiert die

Fortsetzung auf Seite 2

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PATRIZIA BULLETIN 03|2017 PATRIZIA BULLETIN 03|20172 IM FOKUS AM RANDE 3

Zeichen dafür, wie positiv und stabil die deutsche Wirtschaft insgesamt von den Anlegern eingeschätzt wird.“ Am begehr-testen sind Büroobjekte, da diese von der guten wirtschaftlichen Entwicklung und der steigenden Zahl an Arbeitsplätzen in besonderem Maße profitieren. Nicht we-niger als rund drei Millionen Quadratmeter Bürofläche wurden in den ersten drei Quartalen des Jahres 2017 allein in den sieben größten deutschen Städten vermie-tet. Die Folge ist, dass Mietinteressenten vielerorts kaum mehr freie Büroflächen finden. In Stuttgart zum Beispiel beträgt der Büroleerstand nicht einmal mehr drei Prozent, selbst in Frankfurt am Main ist er zuletzt auf rund acht Prozent zurückgegan-gen. Entsprechend deutlich steigen die Mieten – besonders markant in Berlin, wo die Spitzenmiete binnen eines Jahres um gut neun Prozent zulegte.

Auch Einzelhandelsimmobilien liegen weit vorn: Sie belegen trotz der Konkur-renz durch den Onlinehandel Platz zwei in der Gunst der Investoren. Ebenfalls gefragt sind Hotels sowie Industrie- und Logistikimmobilien. Galten diese vor we-nigen Jahren noch als Nischenprodukte, so sind sie heute aus den Strategien der Investoren nicht mehr wegzudenken.

Der Dauerbrenner sind aber Wohnim-mobilien – kein Wunder angesichts des anhaltenden Zuzugs in die Ballungsräume und der sich dort immer stärker zuspitzen-den Wohnungsknappheit. Allerdings wechselten anders als in den Vorjahren 2017 kaum große Wohnungsportfolios den Eigentümer. Das liegt jedoch nicht am mangelnden Interesse der Investoren, sondern daran, dass solche Portfolios schlicht nicht zum Verkauf standen.

Problem der Produktknappheit

Dieses Problem zeigt sich auch bei ande-ren Nutzungsarten: Die Berater könnten noch mehr Immobilien verkaufen, wenn diese denn überhaupt verfügbar wären. Die Produktknappheit hat eine logische Folge: Das Preisniveau ist in allen Immo-bilienarten weiter gestiegen und die Ren-dite entsprechend gesunken. Bei Fach-marktzentren erzielen Investoren derzeit eine Anfangsrendite von nur noch 4,7 Pro-zent, und selbst bei Logistikimmobilien ist sie auf knapp fünf Prozent zurückgegan-gen. Bei erstklassigen Büroobjekten nähert sich die Rendite sogar der Drei-Prozent-Marke. Und selbst eine weitere Renditekompression erscheint nicht aus-geschlossen – jedenfalls rechnen mittler-weile einzelne Marktbeobachter damit, dass in Berlin in nächster Zeit erstmals überhaupt in einer deutschen Bürohoch-burg bei der Rendite eine Zwei vor dem Komma stehen könnte.

Damit stellt sich die Frage, die in den Medien immer wieder eifrig diskutiert wird: ob in Deutschland eine Marktüber-hitzung droht. Doch selbst wenn im einen oder anderen Fall tatsächlich ausgespro-chen hohe Preise bezahlt werden sollten, kann von einer Immobilienblase nicht die Rede sein – aus mehreren Gründen: Ers-tens ist der Renditeabstand zwischen Im-mobilieninvestitionen und Staatsanleihen noch immer so groß, dass solide Immobi-lien eine sehr attraktive Rendite verspre-chen. Zweitens ist nach wie vor keine schnelle Zinserhöhung in Sicht. Und drit-tens dürfte die positive wirtschaftliche Entwicklung auch künftig garantieren, dass Deutschland eines der attraktivsten europäischen Investitionsziele bleibt.� ❙

Bundes republik auch von dem Umstand, dass anderswo auf der Welt die Verhält-nisse weit weniger rosig sind. Vor allem der bevorstehende Austritt Großbritanni-ens aus der EU wird nach Ansicht vieler Experten dem deutschen Immobilien-markt weitere Impulse geben – schließ-lich gilt Deutschland nach Einschätzung von Fabian Klein, Head of Investment bei CBRE in Deutschland, „in Zeiten steigen-der geopolitischer Un sicherheiten als Hort der Stabilität und Sicherheit.“ Be-stätigt wird diese Einschätzung dadurch, dass ausländische Investoren zuletzt für rund die Hälfte des Transaktionsvolu-mens von Gewerbeimmobilien in Deutschland verantwortlich waren.

Der Hit: Büroimmobilien

Dabei hält es Piotr Bienkowski, CEO von BNP Paribas Real Estate Deutschland, für bemerkenswert, „dass alle Marktseg- mente und Nutzungsarten von der dyna-mischen Entwicklung profitieren – ein

Die Stadt Jena dürfte außerhalb Deutsch-lands nur wenigen Menschen bekannt sein. Wissenschaftsexperten wissen viel-leicht, dass in der thüringischen Stadt der Optikpionier Carl Zeiß wirkte, und Litera-turenthusiasten mögen sich erinnern, dass Jena der Ausgangspunkt der literarischen Bewegung der Frühromantik war. Doch die Kommune, die mit 108.000 Einwohnern nur knapp Großstadtstatus erreicht, hat auch für Immobilieninvestoren ihren Reiz. Denn mit einem Büroleerstand von nur 3,2 Prozent, stetig steigenden Mieten und einer starken Nachfrage insbesondere durch IT-Unternehmen ist Jena auch unter Investitionsgesichtspunkten attraktiv.

Dieses Beispiel ist typisch für den deutschen Immobilienmarkt. Denn dieser besteht nicht nur aus den A-Städten, zu denen neben der Hauptstadt Berlin und der Wirtschaftsmetropole Frankfurt am Main auch Hamburg, München, Köln, Düs-seldorf und (zumindest für manche Exper-ten) Stuttgart gehören. Vielmehr gibt es darüber hinaus eine ganze Reihe kleinerer Großstädte, die je nach Größe als B-, C- oder D-Städte gelten und die zunehmend die Aufmerksamkeit von Investoren auf sich ziehen. „Auch gute Objekte in B-Städ-ten stellen interessante Allokationsmög-lichkeiten dar“, sagt beispielsweise And-reas Pohl, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hypo.

Deutliches Mietpreiswachstum

Das wachsende Interesse für Standorte außerhalb der ersten Reihe ist nicht nur dadurch zu erklären, dass das Rendite-niveau in den A-Städten niedrig und das Produktangebot gering ist. Vielmehr ha-ben kleinere Städte sowohl im Einzelhan-dels- als auch im Bürosegment durchaus ihre Stärken. Zwar sind die Büromieten generell deutlich niedriger als in den Me-tropolen. Dafür entwickeln sie sich aber teilweise überraschend dynamisch. Laut einer aktuellen Untersuchung stieg zum Beispiel in Mainz die Durchschnittsmiete im ersten Halbjahr 2017 um 13,4 Prozent, während sich die durchschnittliche Ange-botsmiete in Augsburg und Regensburg im selben Zeitraum um neun Prozent erhöhte.

Der Reiz der B-StädteIn Frankreich ist der Immobilienmarkt von Paris dominiert, in Großbritannien von London, in Spanien von Madrid und Barcelona. In Deutschland ist das anders: Die föderale Struktur führt dazu, dass es auch außerhalb der Topstädte attraktive Investitionsgelegenheiten gibt.

Außerdem versprechen B-Städte deut-lich höhere Renditen. 2016 lagen die Ren-diten für Büroobjekte in den B-Städten im Schnitt um 1,4 bis 3,7 Prozentpunkte über denjenigen in den Top-7-Standorten. Das Risiko muss dabei nicht zwingend höher sein als in den Metropolen, da sich kleine-re, wirtschaftlich stabile Standorte oft durch eine geringe Volatilität auszeichnen. Einen Nachteil haben sie allerdings: Da in kleineren Städten weniger Investoren ak-tiv sind, fällt der spätere Verkauf einer Im-mobilie unter Umständen schwer – beson-ders in Abschwungphasen. Wichtig für den Investitionserfolg sind deshalb detail-lierte Kenntnisse des jeweiligen Marktes.

Attraktive Wohnungsmärkte

Ein genauerer Blick lohnt sich auch auf die Wohnungsmärkte kleinerer Städte. Stu dien haben ergeben, dass Kommunen wie beispielsweise Wolfsburg, Osnabrück, Lüneburg und Erfurt ein besseres Rendite-Risiko-Verhältnis aufweisen als München, Hamburg, Berlin und andere Schwer-gewichte. Hintergrund ist, dass sich die einstigen Prognosen, die für die meisten Städte einen Bevölkerungsrückgang vor-hersagten, als völlig falsch erwiesen. Ein sinkender Wohnungsleerstand, anzie-hende Mieten und eine steigende Einwoh-nerzahl machen deshalb auch Städte in der zweiten Reihe für Investoren attraktiv.

Womit wir wieder bei der thüringi-schen Universitätsstadt Jena wären: Dort stehen weniger als zwei Prozent der Woh-

nungen leer, und die Durch-schnittsmiete ist eine der

höchsten in Ostdeutsch-land. Trotzdem konnten

Wohnungsinvestoren 2016 einer Studie zufol-ge eine durchschnitt-liche Bruttoanfangsren-dite von 6,5 Prozent erzielen, während es in Berlin lediglich 4,5 Pro-

zent waren.� ❙

DRESDEN

AUGSBURG

Fortsetzung von Seite 1

IMPRESSUMHerausgeber PATRIZIA Immobilien AG | PATRIZIA Bürohaus | Fuggerstraße 26 | 86150 Augsburg | T +49 821 50910-612 | [email protected] | www.patrizia.ag | V. i. S. d. P. Andreas Menke, Group Head of Corporate Communications Autoren dieser Ausgabe Simone Wipplinger (Chefredaktion), Dr. Marcus Cieleback Copyright PATRIZIA Immobilien AG Bildnachweis iStock: andrejco, Anna_Elesina, DenisKot, SvetaZi, pixel&korn/PATRIZIA Immobilien AG Verlag vmm wirtschaftsverlag gmbh & co. kg | www.vmm-wirtschaftsverlag.de Lektorat Gaby Feldmann Grafik Nedim Hadzovic

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PATRIZIA BULLETIN 03|2017 PATRIZIA BULLETIN 03|20174 IM GESPRÄCH IM GESPRÄCH 5

allerdings immer unter Maßgabe der sinn-vollen und nachhaltigen Umsetzbarkeit der Strategie. Hier legen wir strengste Maß-stäbe an. Das gilt für deutsche Kunden ebenso wie für internationale.

Wie viel Mitspracherecht wollen die Investoren bei ihren Anlagen?Finkenzeller: Bei Fondsvehikeln im inter-nationalen Bereich ist es üblich, diskreti-onär zu agieren, das heißt, der Kunde ist vom Fondskonzept und dem dahinter ste-henden Asset Manager überzeugt und lässt diesem vollkommen freie Hand bei dem, was er kauft und verkauft. Sein Hauptanliegen ist es, dass die gewünschte Rendite erwirtschaftet wird.

Reith: Beim Gros unserer Investoren sind Anlageausschuss wie auch Anlageaus-schusssitzung fest etabliert und ge-wünscht. Das wird sich sicherlich so schnell nicht ändern. Selbstverständlich gibt es den ein oder anderen deutschen Großinvestor, der bereits diskretionär agiert – im Value-Add Sektor geht es oft einfach nicht anders.

Nah am Kunden, nah am Markt Die Immobilienmärkte in Europa boomen. Das lockt zunehmend Kapital aus anderen Kontinenten an. Außerdem wollen institutionelle Anleger weltweit ihre Portfolios diversifizieren, stellen aber je nach Anlagehorizont und Risikobereit-schaft völlig unterschiedliche Anforderungen an ein Investmentobjekt. Um diesen unterschiedlichen Anforderungen gerecht zu werden und jedem Kunden sein maßgeschneidertes Investmentpaket bieten zu können, muss man sein Gegenüber ganz genau kennen. So wie Jochen Reith und Dr. Konrad Finkenzeller von der PATRIZIA Institutional Clients & Advisory GmbH (PIC). Jochen Reith verantwortet den Bereich Institutionelle Investoren DACH, Dr. Konrad Finkenzeller den Bereich Institutional Clients International. Im Bulletin-Interview sprechen sie über Gemeinsamkeiten und Unter-schiede der beiden IC-Welten.

Wo liegt die Schnittmenge zwischen internationalen und deutschen Inves-toren? Jochen Reith: Beide investieren in Immo-bilien. Ansonsten sind das Suchprofil und der Blick auf die Märkte – mit wenigen Aus-nahmen – ganz andere. Was gut ist, denn so tritt man sich nicht gegenseitig auf die Füße. Bei PATRIZIA sind die beiden Berei-che deshalb sowohl in der Kundenbetreu-ung wie auch im Portfoliomanagement ganz klar nach deutschsprachig und internatio-nal getrennt.

Gibt es den typischen deutschsprachi-gen bzw. internationalen Investor? Konrad Finkenzeller: Es gibt bei den internationalen Investoren große länder-spezifische Unterschiede. Eine Versiche-rungsgesellschaft aus Taiwan hat ganz an-dere Anlageziele als ein Staatsfonds aus dem Mittleren Osten oder ein US-Pensi-onsfonds. Von daher haben wir es hier mit

einer sehr multidimensionalen Landschaft zu tun, was auch den Reiz ausmacht.

Reith: Die Investoren der deutschsprachi-gen Region haben bis auf wenige Ausnah-men durchaus Gemeinsamkeiten. So sind Einzeltransaktionen jenseits der 100 Mil-lionen Euro eher selten, meist liegen sie deutlich darunter. Für größere Volumina müsste man Investoren bündeln. Dies ist nicht unüblich, bringt aber erhöhte Kom-plexität bei der Strukturierung und auf der Zeitschiene mit sich.

Welche Unterschiede gibt es sonst noch? Finkenzeller: Gerade deutsche Investoren sind mit den Märkten in Zentraleuropa natürlich auch historisch extrem vertraut. Sie haben daher aus der Erfahrung heraus einen ganz anderen Blick auf Opportuni-täten, was gerade momentan ein ganz enormer Vorteil ist. Bei ausländischen In-

vestoren – natürlich insbesondere aus Übersee - wird das noch einige Zeit in An-spruch nehmen bzw. wird Europa nie der Heimatmarkt werden.

Reith: Ein deutschsprachiger Investor sucht eher die goldene Mitte, will den po-sitiven Leverage-Effekt einer Finanzierung zwar ausnutzen, aber eben nicht zu risiko-reich. Mit einem Beleihungswert von 50 bis 60 Prozent fühlt er sich wohl.

Sind Immobilieninvestments nach wie vor langfristig ausgelegt?Reith: Wenn ein deutscher Investor in Deutschland investiert, agiert er strate-gisch langfristiger. Ist er von einem Objekt und dessen Güte über mehrere Immo- bi lienzyklen hinweg überzeugt, plant er entsprechend. Für unsere deutschen Spe-zialfonds setzen wir jeden Businessplan für zehn Jahre auf, für internationale Inves-toren ist das immer kürzer.

Finkenzeller: Das hängt vom Investment-horizont und den Rendite- und Risikoer-wartungen des jeweiligen Kunden ab. Bei manchen steht aber durchaus die Rendi-teoptimierung mehr im Vordergrund als ein langfristiger Aufbau eines qualitativ hochwertigen Portfolios unter einem „long term hold“ Szenario. Mit unserer starken lokalen Präsenz und der Expertise in den jeweiligen Anlageklassen sind wir hier grundsätzlich in der Lage, auf unsere Kun-den nachfrageorientiert zu reagieren,

Opportunistisch oder eher konservativ – welche Investmentstrategie bevorzu-gen institutionelle Investoren? Finkenzeller: Auch das hängt sehr vom Kunden und seinen Renditeanforderungen ab. Diese sind teilweise von verschiede-nen Marktsichten auf Europa getrieben, teilweise von regulatorischen Anforderun-gen, Renditen oder dem Reifegrad der jeweiligen Assetklasse im Heimatland des Investors. Somit findet man hier global das volle Spektrum und ganz unterschiedliche Sichtweisen auf Europa.

Die Deutschen sind zurückhaltender? Reith: In Deutschland gibt es einen stren-gen regulatorischen Rahmen. Restriktio-nen wie die Immobilienquote verhindern bestimmte Strategien für deutschsprachige Investoren. Non performing loans sind nur ein Beispiel dafür. Hier erwirbt man eine Immobilie über den Not leidenden Kredit, den man dann möglicherweise verwertet. Eine Leverage* über 60 Prozent ist defini-tiv keine Immobilienquote mehr und somit in der Praxis so gut wie nie gesehen. In anderen Ländern ist der Rahmen deutlich

Bildunterschrift, Bildunterschrift, Bildunterschrift, Bildunterschrift, Bildunterschrift,

breiter. Darum können internationale In-vestoren – sei es mit Rücken deckung der Regulierung oder auch der nicht-vorhan-denen Regulierung – ganz andere Strate-gien fahren als der deutsche Investor.

Ist PATRIZIA tatsächlich in der Lage, je-des dieser unterschiedlichen Anle ger-naturelle gleich zufriedenzustellen?Reith: Das lokale Agieren war und ist uns bei PATRIZIA immer wichtig. Nah am Kun-den, nah am Markt – so halten wir es seit über 30 Jahren mit den Immobilien und so halten wir es auch mit den Kunden. Auf der Immobilienseite bedeutet dies, dass wir in der Lage sind, in fast jedem Markt jedes Segment abzubilden, wenn es der Kunde wünscht. Und Gleiches gilt auf Kunden seite. Unsere Kundenbetreuer verstehen per Geburt und DNA, was ihre Kunden wollen. Denn sie sprechen die-selbe Sprache – übertragen und wortwört-lich. ❙

*Fremdkapitalquote

Konrad Finkenzeller leitet den Bereich Institutional

Clients International.

Jochen Reith verantwortet den Bereich Institutionelle Investoren DACH.

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PATRIZIA BULLETIN 03|2017 PATRIZIA BULLETIN 03|2017 PANORAMA 7 6 PANORAMA

Deutschlands „Secondary Cities“: Alternative oder Lückenfüller?

Jahren im Investorenfokus stehen, auch wenn dies durch die erfolgte Fixierung auf Investmentvolumina oft nicht so augenfäl-lig ist. Gleichzeitig wird deutlich, dass es gerade diese „Secondary Cities“ sind, die für Investoren, die im Bereich kleinerer Ob-jektgrößen investieren (10 bis 30 Millio-nen Euro pro Objekt), ein interessantes Umfeld mit entsprechender Produktver-fügbarkeit darstellen.

Bleibt zu fragen, ob diese „Secondary Cities“ in Bezug auf ihre Attraktivität im Vergleich mit den Top-7-Städten in Deutschland schlechter zu beurteilen sind. Für Investoren in Gewerbeimmobili-en bestimmt sich die Attraktivität eines Investmentstandortes vor allem durch

dominieren, finden sich von ihrer Entwick-lung her außerhalb der Top-7-Städte und werden dort, da sie oft noch familiendo-miniert sind, auch in der Zukunft bleiben. Große Konzerne und Beratungsunterneh-men finden sich dagegen mit ihren Stand-orten meist in den Top-7-Städten. Die Dominanz des deutschen Mittelstandes führt aber dazu, dass etwa zwei Drittel der Bürobeschäftigten außerhalb der Top-7-Städte arbeiten, ein erhebliches Poten-zial für gewerblich orientierte institutionel-le Investoren. Das verdeutlicht nochmals die Stabilität und das Potenzial der „Secondary Cities“. Auch Einzelhandels-ketten haben dies inzwischen erkannt: Sie expandieren aktiv in diese B-, C- und D-Städte, um sich die dortige Zielgruppe zu erschließen.

Eine ganz ähnliche, teilweise sogar bessere Entwicklung der Fundamental-faktoren Wirtschaftswachstum, Bevölke-rungszuwachs und Anzahl der Beschäftig-ten in den „Secondary Cities“ im Vergleich mit den Topstandorten zeigt, dass Invest-ments außerhalb der Topstandorte nicht mit einem höheren Risiko einhergehen müssen. Ob somit besser in A-Lagen von B-Städten oder in B-Lagen von A-Städten investiert werden sollte – die klassische ABBA-Frage –, scheint sich bei Betrach-tung der Renditeentwicklung für Investo-ren mit einem Objektfokus im Bereich von 10 bis 30 Millionen Euro in den letzten Jahren eindeutig zugunsten der B-Städte zu entwickeln. Hier finden Investoren im-mer noch relativ hohe und stabile Rendi-ten bei vergleichbarem Risiko, so lange sie keine Standortkompromisse eingehen.� ❙

Betrachtet man das Transaktionsgesche-hen der vergangenen Jahre am deutschen Markt für Gewerbeimmobilien, so zeigt sich, dass in Bezug auf das Transaktions-volumen, nicht zuletzt wegen der genann-ten „Trophy Buildings“, die Top-7-Märkte dominieren. In den letzten Jahren sorgten die Investitionen in diesen Märkten durch-schnittlich für etwa 60 % des gesamten Transaktionsvolumens gewerblicher Im-mobilien in Deutschland. Analysiert man allerdings die Objektebene, zeigt sich eine fast spiegelbildliche Situation, da sich durchschnittlich fast 70 % aller gehandel-ten Gewerbeimmobilien außerhalb der Top-7-Märkte befinden. Daran zeigt sich, inwieweit „Secondary Cities“ bereits seit

Spitzenrenditen Büroimmobilien – Top-7-Städte vs. „Secondary Cities“ QUELLE: PATRIZIA, PMA, CBRE.

Bevölkerungspotenziale in ausgewählten „Secondary Cities“QUELLE: PATRIZIA, OXFORD ECONOMICS.

Anteil der Top-7-Märkte in Deutschland am Transaktionsvolumen von Gewerbeimmobilien und den gehandelten Objekten

QUELLE: PATRIZIA, RCA.

eine steigende Wirtschaftskraft, Bevöl-kerungszuwachs und eine zunehmende Beschäftigung, vorzugsweise von Büro-beschäftigten. Alles Faktoren, welche auch viele „Secondary Cities“ in Deutsch-land auszeichnen. Die föderale Struktur Deutschlands manifestiert sich in einer Vielzahl wichtiger Großstädte neben den oft betrachteten Top-7. Es gibt nicht die eine, alles beherrschende Metropole, son-dern eine Vielzahl an größeren und kleine-ren Großstädten mit unterschied lichen Stärken und Schwächen, die insbeson-dere durch die Mittelstandsstruktur der deutschen Wirtschaft beeinflusst werden.

Viele dieser mittelständischen Unter-nehmen, welche die deutsche Wirtschaft

Anteil Transaktionsvolumen Top-7 Anteil gehandelte Objekte Top-7

Deutsche Immobilien stehen als Anlageform bei heimischen wie internationalen Investoren vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Stabilität Deutschlands seit Jahren hoch im Kurs. Der Fokus vieler Investoren lag dabei lange fast aus-schließlich auf den Topmärkten wie Berlin, Hamburg, Frankfurt oder München, nicht zuletzt weil es in diesen Städten die vor allem von ausländischen Investoren gesuchten „Trophy Buildings“ wie beispielsweise den Commerzbank-Turm gibt, mit denen schnell größere Investmentvolumina über 100 Millionen Euro umgesetzt werden können. Der hohe Wettbewerb führte schnell zu erheblichen Preissteigerungen und machte begehrte Topobjekte in Toplagen zur Man-gelware - mit der Konsequenz deutlich sinkender Renditen. Die Folge: „Secondary Cities“ rücken zunehmend in den Investorenfokus, denn dort kann zum einen (noch) ein höheres Renditeniveau erzielt werden, zum anderen besteht, zu-mindest teilweise, noch eine bessere Produktverfügbarkeit. Eine Analyse des PATRIZIA Research Teams um Dr. Marcus Cieleback.

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PATRIZIA BULLETIN 03|20178 ZU GUTER LETZT

Optisch wie auch konzeptionell ist die Markthalle Krefeld ein ausgeklügeltes Zu-sammenspiel von Ästhetik, Praktikabilität und Einkaufserlebnis. Platz für die unter-schiedlichen Themenfelder wie Food, Non-Food und Gastronomie ist auf 11.500 Quadratmetern ausreichend vorhanden und so konnten sich die Planer hier so rich-tig ausleben – was sie auch getan haben: moderner Waschbetonboden und cooler Glühbirnenhimmel im Vintage-Style, Bau-ernmarktszenarien und ein Ohrensessel im Verweilbereich des markteigenen Bookstore „My Books“ sowie die „Innova-tion Lounge“ für Unterhaltungselektronik – um nur einige markante Details des Marktes zu nennen. Der Non-Food-Be-reich schrumpfte zwar nach dem Umbau, ausgesuchte Produktbereiche wie Technik oder die Abteilung „Meine Familie“ verfü-gen jedoch über ein breites Sortiment von Pflege- und Hygieneartikeln über Baby- und Kinderbekleidung bis hin zu Haus-haltswaren. Eine deutliche Fokussierung, die der Orientierung der Kunden zugute-kommt.

Wow-Effekt statt Warenlager Es war einmal ein ganz normales real SB-Warenhaus in Krefeld. Und die Betonung liegt auf „war“. Denn das, was man heute anstelle des ehemaligen real Supermarktes im hiesigen Industriegebiet findet, hat damit nicht mehr viel zu tun. Im November 2016 eröffnete die Metro Gruppe ihr Flaggschiff modernen Einkaufens, die Markthalle Krefeld – und diese verspricht alles, nur nicht schnödes Einkaufen auf Normalo-Status. Die Devise lautet vielmehr „Wohlfühlen und Wellness-Shoppen“ statt banaler Wocheneinkauf. Ein Konzept, das in Deutschland Vorreiterstatus hat und aus Kunden-sicht ganz bestimmt nachahmenswert ist.

Food-Lover-Konzept

Breiter aufgestellt denn je wurde dafür der Food-Bereich oder wie er im Markt heißt, die „Manufaktur des guten Geschmacks“. Diese bietet Liebhabern der guten Küche ein besonders großzügiges Gastronomie-angebot, dessen Besonderheit es ist, dass der Kunde hier essen kann, was es zu kau-fen gibt, und kaufen kann, was es frisch zubereitet zu essen gibt. Ergänzt wird das Ganze noch durch ein Angebot an aus-gewählten Kochkursen. Kapazitätsmäßig wurde ebenfalls geklotzt und nicht gekle-ckert, denn der Gastrokreisel bietet als Treffpunkt Platz für mehr als 100 Perso-nen: mit Sushi-Bar, Pasta-Manufaktur und riesiger Bäckerei sowie insgesamt deutlich mehr Frischeprodukten, Live-Cooking, einer Austern- und Café-Bar. Um mehr als 20.000 Produkte wurde die Palette der Markthalle Krefeld im Bereich Lebensmit-tel aufgestockt. Kunden können nun aus einer Angebotsrange von rund 100.000 „essbaren“ Artikeln wählen. Selbstver-ständlich bedient die Markthalle Krefeld ihre Kunden auch online. Wer möchte, der bestellt ganz gemütlich und zu jeder Uhr-

zeit seine Waren im Internet bei RealDrive und holt diese dann fertig gepackt am dafür vorgesehenen Abholpunkt ab.

Standardkonzepte haben ausgedient

Mit Konzepten wie der Markthalle Krefeld reagieren Händler auf die Konkurrenz durch Onlineanbieter, der sie sich zuneh-mend ausgesetzt sehen. So beschleunigt diese beispielsweise Trendwechsel und Zyklen in der Sortimentsgestaltung. Des Weiteren wollen Kunden neben einem günstigen Kaufpreis und kompetenter Be-ratung das gewünschte Produkt oft gleich vor Ort testen können. Und bei Bedarf soll es natürlich auch nach Hause geliefert werden. Dieser Service sowie möglichst noch regelmäßige Events sind die Basis für das Überleben gegen die kostenmäßig meist überlegene Internetkonkurrenz. Erst das besondere Einkaufserlebnis bringt Läden den entscheidenden Vorteil gegen-über dem Onlineshopping. Die Markthalle Krefeld ist ein überzeugendes Beispiel dafür, dass dies auch tatsächlich gelingen kann. � ❙

PATRIZIA erwarb die Markthalle Krefeld 2017 im Rahmen eines Paketkaufs für den Fonds PATRIZIA Handels-Invest Deutschland II.