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RÄTSEL | MAGAZIN © 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.biuz.de 2/2007 (37) | Biol. Unserer Zeit | 131 RÄTSEL Starke Pfähle für Venedig ausschlagen. Es ist ein gutes Brennholz, welches gelinde und hell brennt und wenig Rauch von sich giebt. Daher können die Windöfen und Camine damit gut geheizet werden … Wenn das Holz in freier Luft liegt; so wird es wurmstichig und verdirbt bald. Aber unter Wasser wird es sehr hart, und desto härter und dau- erhafter je länger es darunter liegt. Zu Gebäuden auf der Erde taugt es daher nicht; allein zum Wasserbau, zu Pfählen, Brücken- rosten u.s.w. ist es vorzüglich gut zu gebrauchen. In Venedig sollen aus dieser Ursach die Häuser auf eingerammten Pfählen von solchen Stämmen stehen. Wir bemerken auch noch, dass in die Bettstellen von diesem Holze keine Wanzen zu kommen pfle- gen … Die Blätter haben wegen ihrer Klebrigkeit noch den Nutzen, dass sie gleichsam eine Flohfalle abgeben. Denn wenn man sie des Morgens, da sie noch feucht sind, in eine Kammer streuet, so setzen sich die Flöhe daran, und bleiben daran hangen, dass dadurch die Kammer, indem man sie auskeh- ren lässt, von diesen unangeneh- men Gästen gereinigt wird.“ Auf diese Verwendungsmög- lichkeit hatte schon Lonicerus 1679 in seinem „Kreuterbuch“ hin- Die Rätselpflanze ist im belaubten wie im unbelaubten Zustand leicht an ihren eigenartigen, zapfenähnli- chen Fruchtständen zu erkennen, die nach dem Ausstreuen der Samen nicht abgeworfen werden. Die charakteristischen Gebilde eig- nen sich hervorragend für Bastel- zwecke oder zur Dekoration. Das Verbreitungsgebiet der ge- suchten Pflanze umfasst ganz Europa und Westasien. Sie gehört zu einer Familie mit nur sechs Gat- tungen und insgesamt etwa 120 Arten. Die 1880 in Leipzig erschie- nene „Gemeinnützige Naturge- schichte des In- und Auslandes“ von Johann Heinrich Helmuth bringt folgende Hinweise auf die Rätselpflanze: „… hat ästige, oder aus meh- reren zusammengesetzte Blumen- stiele und glatte rundlichte und rundgekerbte Blätter, die kleb- richt anzufühlen und auf der Oberfläche von dunkelgrüner Farbe sind....Wächst in den euro- päischen Ländern häufig an Wassergräben, Bächen, Brüchen und anderen feuchten Oertern … Die Blumenknospen erscheinen schon im Herbste, und blühen gegen Ende des Märzes …“ (Abbil- dung 1). „Das Holz davon kann alle 15 bis 20 Jahre gehauen werden, weil die Stämme immer wieder gewiesen: „Sommer- zeit streuet man das Laub in die Schlaffkammer / daran behangen die Flöhe“. Der Klebrigkeit der Blät- ter verdankt die Rät- selpflanze auch ihr Artepitheton. Eine Besonder- heit sei noch er- wähnt: In den obe- ren Bodenhorizon- ten entspringen den normalen Wurzeln koralloid verzweigte Wurzelbüschel, so genannte Rhizo- thamnien (Abbildung 2), die große Ähnlichkeit mit den Pilzwurzeln (Mykorrhizen) fast aller unserer Waldbäume haben. In den An- schwellungen leben luftstickstoff- bindende Actinomyceten der Gat- tung Frankia in echter (matualisti- scher) Symbiose mit der Wirtspflanze: Diese liefert den Bakterien, die über Wurzelhaare eindringen und die lokalen Wucherun- gen hervorrufen, Nährstoffe unter opti- malen, geschützten Lebensbedingungen. Als Gegenleistung er- hält der Wirt gebun- denen Stickstoff, wahrscheinlich in Form von Amino- säuren. Die Zellen der Rhizothamnien sind angefüllt mit Bakterien, die nahe der Wurzelspitze in ketten- förmigen Verbänden auftreten. Weiter rückwärts er- scheinen sie als eiweiß- reiche Bläschen (Abbil- dung 3), die schließlich unter Klumpenbildung verdaut werden. Frage: Wie heißt die Pflanze mit deutschem und wissenschaftlichem Namen? Manfred Keil, Neckargemünd Schicken Sie bitte Ihre Lösung bis zum 28. Mai 2007 an die Redaktion „Biologie in unserer Zeit“, Föhrenweg 6, D-68305 Mannheim. Verlost wird dreimal … In Heft 1/2007 suchten wir: Kornkäfer (Sitophilus granarius/Calandra granaria) Mehlmotte (Ephestia kuehniella) Gewonnen haben Ingo Schüler, Bruchhausen-Vilsen Dr. Frieder Zimbelmann, Weingarten Siegfried Hoc, Olching Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. ABB. 1 Rätselpflanze, blühend. Bild: LAK. ABB. 2 Wurzel mit Bakterien- knöllchen. Bild: LAK. ABB. 3 Wur- zelzellen, gefüllt mit Bakterien. Bild: LAK.

Starke Pfähle für Venedig

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Page 1: Starke Pfähle für Venedig

R Ä T S E L | M AG A Z I N

© 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.biuz.de 2/2007 (37) | Biol. Unserer Zeit | 131

R Ä T S E L

Starke Pfähle für Venedigausschlagen. Es ist ein gutesBrennholz, welches gelinde undhell brennt und wenig Rauch vonsich giebt. Daher können dieWindöfen und Camine damit gutgeheizet werden … Wenn dasHolz in freier Luft liegt; so wird eswurmstichig und verdirbt bald.Aber unter Wasser wird es sehrhart, und desto härter und dau-erhafter je länger es darunterliegt. Zu Gebäuden auf der Erdetaugt es daher nicht; allein zumWasserbau, zu Pfählen, Brücken-rosten u.s.w. ist es vorzüglich gutzu gebrauchen. In Venedig sollenaus dieser Ursach die Häuser aufeingerammten Pfählen von solchen Stämmen stehen. Wir bemerken auch noch, dass in dieBettstellen von diesem Holzekeine Wanzen zu kommen pfle-gen …

Die Blätter haben wegen ihrerKlebrigkeit noch den Nutzen,dass sie gleichsam eine Flohfalleabgeben. Denn wenn man sie desMorgens, da sie noch feucht sind,in eine Kammer streuet, so setzensich die Flöhe daran, und bleibendaran hangen, dass dadurch dieKammer, indem man sie auskeh-ren lässt, von diesen unangeneh-men Gästen gereinigt wird.“

Auf diese Verwendungsmög-lichkeit hatte schon Lonicerus1679 in seinem „Kreuterbuch“ hin-

Die Rätselpflanze ist im belaubtenwie im unbelaubten Zustand leichtan ihren eigenartigen, zapfenähnli-chen Fruchtständen zu erkennen,die nach dem Ausstreuen der Samen nicht abgeworfen werden.Die charakteristischen Gebilde eig-nen sich hervorragend für Bastel-zwecke oder zur Dekoration.

Das Verbreitungsgebiet der ge-suchten Pflanze umfasst ganzEuropa und Westasien. Sie gehörtzu einer Familie mit nur sechs Gat-tungen und insgesamt etwa 120Arten. Die 1880 in Leipzig erschie-nene „Gemeinnützige Naturge-schichte des In- und Auslandes“von Johann Heinrich Helmuthbringt folgende Hinweise auf dieRätselpflanze:

„… hat ästige, oder aus meh-reren zusammengesetzte Blumen-stiele und glatte rundlichte undrundgekerbte Blätter, die kleb-richt anzufühlen und auf derOberfläche von dunkelgrünerFarbe sind....Wächst in den euro-päischen Ländern häufig an Wassergräben, Bächen, Brüchenund anderen feuchten Oertern …Die Blumenknospen erscheinenschon im Herbste, und blühen gegen Ende des Märzes …“ (Abbil-dung 1).

„Das Holz davon kann alle 15bis 20 Jahre gehauen werden,weil die Stämme immer wieder

gewiesen: „Sommer-zeit streuet mandas Laub in dieSchlaffkammer /daran behangendie Flöhe“. DerKlebrigkeit der Blät-ter verdankt die Rät-selpflanze auch ihrArtepitheton.

Eine Besonder-heit sei noch er-wähnt: In den obe-ren Bodenhorizon-ten entspringen dennormalen Wurzelnkoralloid verzweigteWurzelbüschel, so genannte Rhizo-thamnien (Abbildung 2), die großeÄhnlichkeit mit den Pilzwurzeln(Mykorrhizen) fast aller unsererWaldbäume haben. In den An-schwellungen leben luftstickstoff-bindende Actinomyceten der Gat-tung Frankia in echter (matualisti-scher) Symbiose mit der Wirtspflanze: Dieseliefert den Bakterien,die über Wurzelhaareeindringen und dielokalen Wucherun-gen hervorrufen,Nährstoffe unter opti-malen, geschütztenLebensbedingungen.Als Gegenleistung er-hält der Wirt gebun-denen Stickstoff,wahrscheinlich inForm von Amino-säuren.

Die Zellen der Rhizothamniensind angefüllt mit Bakterien, dienahe der Wurzelspitze in ketten-förmigen Verbänden auftreten.Weiter rückwärts er-scheinen sie als eiweiß-reiche Bläschen (Abbil-dung 3), die schließlichunter Klumpenbildungverdaut werden.

Frage: Wie heißt diePflanze mit deutschemund wissenschaftlichem Namen?

Manfred Keil, Neckargemünd

Schicken Sie bitte Ihre Lösung bis zum 28. Mai 2007an die Redaktion „Biologie in unserer Zeit“, Föhrenweg 6, D-68305 Mannheim. Verlost wird dreimal …

In Heft 1/2007 suchten wir:● Kornkäfer (Sitophilus granarius/Calandra granaria)● Mehlmotte (Ephestia kuehniella)

Gewonnen haben● Ingo Schüler, Bruchhausen-Vilsen● Dr. Frieder Zimbelmann, Weingarten● Siegfried Hoc, Olching

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

A B B . 1Rätselpflanze, blühend.Bild: LAK.

A B B . 2 Wurzelmit Bakterien-knöllchen. Bild: LAK.

A B B . 3 Wur-zelzellen, gefülltmit Bakterien.Bild: LAK.