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 Institut für deutsche Philologie Sprachwissenschaftliche Abteilung Norbert Richard Wolf  Struktur  der deutschen Gegenwarts sp rache III Synt ax 8 Sommersemester   2007

Syntax8 ILLOKUTION

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Institut für deutsche PhilologieSprachwissenschaftliche Abteilung

Norbert Richard Wolf

Struktur

der deutschen Gegenwartssprache IIISyntax 8

Sommersemester 2007

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Komponenten der Satzbedeutung

(1) Logisch-semantische Komponenten(1.1) Lexikalische und syntaktische Komponenten 

(1.2) Temporale und lokale Komponenten(Adverbiale Komponenten I)(1.3) Modale und kausale Komponenten

(Adverbiale Komponenten II)(2) Pragmatische Komponenten(2.1) Illokution

(2.2) Modalität: epistemische, temporale,emotionale und voluntative M.(2.3) Mitteilungswert/ Redesteuerung

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Illokution:

Sprechakttheorie: — Lokutionärer Akt/Lokution — Illokutionärer Akt/Illokution

 — Perlokutionärer Akt/Perlokution

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Illokution:

 — was der Sprecher meint, — wie der Hörer eine Äußerung verstehen soll, — worauf der Sprecher hinaus will,

 — wie der Sprecher die Proposition seiner Äußerungverstanden wissen will, — performativer Aspekt bzw. performativer Modus von

Äußerungshandlungen,

 — pragmatischer Sinn einer Äußerung, — kommunikative Funktion einer Äußerung, — Sinn einer Äußerung, der durch die Art und Weise

der Verwendung der Äußerung konstituiert wird, — intentionaler Akt im Rahmen durch Konventionen

geregelter Kommunikationen.

[Theodor Lewandowski: Linguistisches Wörterbuch 2. 4. Aufl. Heidelberg/ Wiesbaden 1985 (=UTB 201), S. 406f.]

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Illokution:

„Von J.L. Austin eingeführter Terminus zur Bez. desHandlungszwecks der Äußerung eines lokutiven Akts).Äußerungen kommt neben ihrer (zur Lokution gehörigen)Bedeutung eine spezif. Kraft (engl. force ) zu, z.B. als

Warnung oder als Versprechen oder als Frage etc. zugelten. Indem man einen lokutiven Akt ausführt, führt manzugleich einen illokutiven Akt aus. Diese Handlungsqualität

kann in der Äußerung selbst explizit gemacht werden,indem Sprecher ein Verb, das zur Bez. der illokutiven Kraftoder kurz der Illokution einer Äußerung dient, performativverwenden, z.B. hiermit verspreche ich dir, daß ...; Hiermit 

frage ich dich, .... Zur Anzeige der illokutiven Kraft einerÄußerung können aber auch andere sprachl. Mittel (z.B.Partikeln, Modus etc.) verwendet werden.“

[Konrad Ehlich: llokution, illokutiver Akt, illokutionärer Akt. . In: Metzler LexikonSprache. CD-ROM. Berlin 2004 (=Digitale Bibliothek).]

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Illokutive Indikatoren:

 — Wortfolge (z.B. Spitzenstellung des Verbs imImperativsatz),

 — Modus des Verbs (Imperativ, Konjunktiv) — Intonationsmerkmale, wie Tonhöhenführung,

Satzakzent, Pause usw., — Abtönungspartikeln (doch, mal u.a.),

 — formelhafte Wendungen der Allltagssprache, — explizit performative Formen (des Bittens, Warnens,Ratens usw.).

[Theodor Lewandowski: Linguistisches Wörterbuch 2. 4. Aufl. Heidelberg/ Wiesbaden 1985 (=UTB 201), S. 408.]

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Je nach Illokution und Perlokution gibt es

unterschiedliche Arten von Äußerungen:Heute ist das Wetter schön.Beurteilung: wahr — unwahrL Konstative Äußerungen

Ich ernenne dich zum Präsidenten.

Beurteilung: geglückt — missglücktL Performative Äußerungen

 John Langshaw Austin:

How to do things with words (Dt.: Theorieder Sprechakte)

Dazu noch ein weiterer Typ:

Wer nicht täglich einen Satz grammatisch analysiert, wird mit Gefängnis von einem Jahr bestraft.Beurteilung: adäquat — inadäquatL Normative Äußerungen

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Performative Äußerungen enthalten oft ‚(explizit)performative Verben‘:taufen  

wetten warnen drohen 

versprechen befehlen 

Performative Äußerungen mit solchen Verben: — 1. Person Singular Präsens — häufig deiktisiert: hiermit, hierdurch 

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Von performativen Verben zu unterscheiden:

Sprechaktverben:

fragen, antworten, klagen, jubeln .

Sie benennen die Sprechakte, die ein Sprechervollzieht.

Anders: sprechen, sagen, reden .

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Von performativen Verben zu unterscheiden:

Sprechaktverben:

fragen, antworten, klagen, jubeln .

Sie benennen die Sprechakte, die ein Sprechervollzieht.

Anders: sprechen, sagen, reden .

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Normative Äußerungen formulieren(gesellschaftliche) Normen:

Eine Norm ist eine Äußerung, die eine Handlungaus einer Menge möglicher Handlungen fürzulässig/erlaubt oder für unzulässig/verboten erklärt.

Zum Formulieren von Normen bedarf es dergesellschaftlichen Befugnis.

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Schon gesehen: Es gibt unterschiedliche Arten vonSprechakten. Doch die Vielfalt ist größer, als die bisherigenBeispiele vermuten lassen. Vgl.:

(1) Ich behaupte , dass die Sprachwissenschaft das schönste Fach der Universität ist.

Explizit performatives Verb behaupten : Der Sprechererhebt den Anspruch, etwas Wahres über die Welt zusagenL repräsentative Sprechakte

aussagen, erzählen, beschreiben, protokollieren 

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(2) Ich bitte dich, mir etwas über Pragmatik zu erzählen.

Performatives Verb bitten : Der Sprecher richtet einenAppell an den Hörer, tätig zu werdenL direktiveSprechakte

auffordern, befehlen, auftragen 

(3) Ich verspreche dir, dass ich dich immer lieben werde.Der Sprecher verpflichtet sich zu einer bestimmtenHaltung, zu einer bestimmten HandlungL kommissive

Sprechaktegeloben, sich verpflichten 

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(4) Ich danke dir für das gute Essen.

Performatives Verb danken : der Sprecher will einensozialen Kontakt aufrecht erhalten oder etablierenLexpressive Sprechakte

grüßen, sich entschuldigen 

(5) Ich verurteile dich zu fünf syntaktischen Analysen.

Performatives Verb verurteilen : der Sprecher verändert

einen Teil der Welt, Sprechakte sind instutionell undrituell normiert, sie sind offiziellL deklarativeSprechakte

taufen, zum Ritter schlagen, ernennen 

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Diese Sprechaktklassifikation stammt von John

Searle und hat sich weitgehend durchgesetzt.

Dennoch einige Probleme bzw. offene Fragen:

 — Sprechakte sind ein Teil unseres Sprach-wissens, aber deutlich sprecherorientiert: Waswill, meint der Sprecher?

 — Die Theorie ist satzgebunden. Nur schwer

möglich, den ‚Sinn‘ von größeren Texten miteinem Begriff festzulegen.

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 Gleichwohl:

Illokutive Indikatoren: — Wortfolge (z.B. Spitzenstellung des Verbs im Imperativsatz), — Modus des Verbs (Imperativ, Konjunktiv)

 — Intonationsmerkmale, wie Tonhöhenführung, Satzakzent, Pause usw., — Abtönungspartikeln ( doch, mal u.a.), — formelhafte Wendungen der Allltagssprache,Die

 — explizit performativen Formen (des Bittens, Warnens,Ratens usw.)werden vor allem mit Hilfe der explizit performativenVerben erzeugt.

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Illokutive Indikatoren:

 — Wortfolge (z.B. Spitzenstellung des Verbs imImperativsatz):

Von besonderer Bedeutung: Stellung des finiten VerbsL „Satzmodussystem“: Satzmodi wie Aussagesatz,

Fragesatz, Imperativsatz

„Eine Änderung der Verbstellung bedingt keineÄnderung des propositionalen Gehalts von Sätzen;dagegen bewirkt sie eine Änderung der‚Aussageweise‘ im Sinne von Aussage, Frage,

Aufforderung usw.“

[Hans Altmann/Ute Hofmann: Topologie fürs Examen. Wiesbaden 2004(=Linguistik fürs Examen 4), S. 27.]

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Satzmodus

Bezeichnung für die Modalität von Sätzen und vonsatzähnlichen Formen. Es handelt sich hierbei um mittelsspezifisch formaler Mittel wie Modus des Verbs,Konstituentenordnung wie insbesondere der Stellung desFinitheitskomplexes (z.B. des finiten Verbs) auf der Basisunterschiedlicher lexikalischer Mittel (z.B. w -Wörtern,Satzadverbien, Modalpartikeln) und diverser phonologisch-

phonetisher Mittel (z.B. Akzenttypen, Akzentverteilung,Tonhöhen-Verlauf) differenzierte Satz-bzw.Äußerungsarten, z.B. Kommst du morgen?, Du kommst morgen. bzw. um spezifische Konstruktionen, z.B. Daß du wohl kommst!, Alle herkommen!, Aufgestanden!, Du und gewinnen! 

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In den meisten Sprachen bilden die Satzmodi 

 —Deklarativ, —Interrogativ und —Direktiv (Imperativ)den Kernbestand der durch Satzarten ausdrückbarenSprechereinstellungen, zu welchen häufig die Satzmodi —Exklamativ, —Optativ und

 —Imprekativ (Flüche, Beleidigungen)hinzukommen.

[lat. declarare : dartun, darlegeninterrogare : fragendirrigere : richten, lenkenexclamare : ausrufen

optare : wünschenimprecari : (Gutes oder Böses) (an)wünschen, verfluchen]

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Grob gesagt ist

 — der deklarative SatzmodusWahrheitswertbeurteilungen zugänglich (Du bist dumm );

 — der interrogative drückt eine Wissenslücke übereinenSachverhalt aus (Bist du dumm?, Wer ist dumm? ),

 — der direktive S. drückt einen Wunsch des Sprechers

über die Realisierung eines Sachverhaltes aus (Sei nicht dumm! ), — der exklamative S. drückt eine emotionale Einstellung

über einen als zutreffend aufgefaßten Sachverhalt aus(Bist du dumm!, Daß du so dumm bist! ).

[Norbert Fries: Satzmodus. In: Metzler Lexikon Sprache. CD-ROM. Berlin 2004(=Digitale Bibliothek).]

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Vgl. Karl Bühlers ‚Organonmodell‘:

Z

SymbolDarstellung 

SymptomExpression 

SignalAppell 

TrilateralesZeichenmodell

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Den Zeichenfunktionen des Organonmodells

entsprechen ‚kommunikative Satzformen‘:

(1) Darstellungssätze: sprechen über die Welt, so wie sie

ist (auch: Aussage-, Deklarativsätze)Formale Kennzeichen: Zweitstellung des finiten Verbs,keine w -Wörter

Der Knabe küsst das Mädchen.

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(2) Appellsätze: fordern den Partner zu einer HandlungaufFragesätze:  — mit Spitzenstellung des Verbs (Entscheidungs-

fragen): Küsst der Knabe das Mädchen?  — mit w -Wort (Ergänzungsfragen): Wer küsst das 

Mädchen? 

 — mit Zweitstellung des Verbs und (obligatorisch)interrogativer Intonation, bzw. Fragezeichen(Vergewisserungsfragen): Der Knabe küsst das Mädchen? 

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Aufforderungs-/Befehlssätze: — mit Imperativ: Küsse das Mädchen!  — in der Form einer Entscheidungsfrage: Könntest 

du das Mädchen küssen!  (oder: ? ) — in der Form eines Darstellungssatzes (mitbesonderer Stimmmodulation): Du küsst jetzt das Mädchen! Du wirst jetzt das Mädchen küssen! 

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(3) Ausdrucks-/Expressivsätze: — mit Spitzenstellung des Verbs: Ist das Mädchen 

schön! 

 — mit w- Wort: Wie schön ist das Mädchen!  — mit Sptzenstellung des Verbs im Konjunktiv II(‚irrealer Wunsch‘): Ach, könnte der Knabe des Mädchen küssen! Würde er mich doch endlich 

küssen! 

Mit den kommunikativen Satzformen könnenelementare (Sprech-)Handlungen vollzogenwerden. Darstellung, Appell und Ausdruck sindelementare Handlungen.