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Int. Z. angew. Physiol. einschl. Arbeitsphysiol. 23, 125--139 (1966) Tagesrhythmik und Funktionsdiagnostik der peripheren Kreislaufregulation K. E. KL~nr H. B~ER, R. Fn~o~a, K. SC~iLK~XVSSR un4 H. M. W~GMA~ Institut ffir Flugmedizin der Deutschen VersuchsanstMt fiir Luft- und Raumfahrt e. V. (Leiter: Prof. Dr. reed. S. RUFF) Eingegangen am 12. August 1966 In Klinik und Praxis wird die quantitative Funktionsdiagnostik des Kreislaufs meist dutch die Bestimmung yon Pulsfrequenz und Blutdruek in guhe, bei Lageweehsel un4 nach dosierter kSrperlieher Arbeit dureh- gefiihrt. Die Beurteilung der Negergebnisse weieht bei den versehiedenen Untersuehungsmethoden im einzelnen voneinander ab, folgt aber prin- zipiell dem Grundsatz, dug bei vergleiehbaren Personen die Leistungs- fihigkeit des Kreislaufs um so h6her ist, ie niedriger die Herzsehlagzahl in Ruhe liegt, je geringer Pulsfrequenz und Blutdruek w/~hrend einer definierten Arbeit ansteigen und je raseher sie naeh der Belastung wieder zum Ausgangswert zudiekkehren. Dieses Bewertungsprinzip stiitzt sieh u. a. auf die Beobaehtung, dug im Verlauf eines sportliehen Trainings die VergrSBerung der Kreislaufreserven -- neben der regulativen Dila- tation am tIerzen -- mit der Ausbfldung einer trophotrop betonten Ruhe- einstellung und einer 5konomiseheren Belastungsreaktion einhergeht, die bei gleieher Arbeitsintensits dureh ErhShung des Sehlagvolumens eine niedrigere Pulsfrequenz erm6glieht (vagotone Kreislaufdynamik [16]). Kreislauffunktion und -leistungsf/~higkeit sind somit eng mit dem Zu- stand des vegetativen Systems verknfipft; ein Umstand, dem bei der Er- gebnisanalyse einer Funktionspriifung in der eingangs angefiihrten Weise Reehnung getragen wird. Nieht immer aber mfissen Fuuktiousgnderungen im vegetativen System, wie im Fall der Trainingsvagotonie, zwingend mit den hiernaeh iiblieherweise zu erwartenden ~nderungen in der Lei- stungsfihigkeit des Kreislaufs einhergehen, so dug unter bestimmten Bedingungen systematisehe Fehleinseh/itzungen dieser Gr6ge auftreten kSnnen. Die vegetative Labilits des Heranwaehsenden [23] und die relative Bradykardie mid ,,vegetative Starre" des alternden Mensehen sind als MSgliehkeiten hierfiir bekannt geworden. Erstaunlieherweise sind aber die tagesrhythmisehen Schwankungen der K6rperfunktionen in ihrer Auswirkung auf die Kreislaufdiagnostik weitgehend unbeaehtet geblieben, obwobl sie bekanntlieh vegetatives System und Leistung gleiehermaBen betreffen. Die aus einer Vielzahl yon Untersuehungen 9 Int. Z. angew. Physiol., Bd. 23

Tagesrhythmik und Funktionsdiagnostik der peripheren Kreislaufregulation

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Int. Z. angew. Physiol. einschl. Arbeitsphysiol. 23, 125--139 (1966)

Tagesrhythmik und Funktionsdiagnostik der peripheren Kreislaufregulation

K. E. KL~nr H. B ~ E R , R. Fn~o~a, K. SC~iLK~XVSSR un4 H. M. W~GMA~

Institut ffir Flugmedizin der Deutschen VersuchsanstMt fiir Luft- und Raumfahrt e. V. (Leiter: Prof. Dr. reed. S. RUFF)

Eingegangen am 12. Augus t 1966

In Klinik und Praxis wird die quantitative Funktionsdiagnostik des Kreislaufs meist dutch die Bestimmung yon Pulsfrequenz und Blutdruek in guhe, bei Lageweehsel un4 nach dosierter kSrperlieher Arbeit dureh- gefiihrt. Die Beurteilung der Negergebnisse weieht bei den versehiedenen Untersuehungsmethoden im einzelnen voneinander ab, folgt aber prin- zipiell dem Grundsatz, dug bei vergleiehbaren Personen die Leistungs- fihigkeit des Kreislaufs um so h6her ist, ie niedriger die Herzsehlagzahl in Ruhe liegt, je geringer Pulsfrequenz und Blutdruek w/~hrend einer definierten Arbeit ansteigen und je raseher sie naeh der Belastung wieder zum Ausgangswert zudiekkehren. Dieses Bewertungsprinzip stiitzt sieh u. a. auf die Beobaehtung, dug im Verlauf eines sportliehen Trainings die VergrSBerung der Kreislaufreserven - - neben der regulativen Dila- tation am tIerzen - - mit der Ausbfldung einer trophotrop betonten Ruhe- einstellung und einer 5konomiseheren Belastungsreaktion einhergeht, die bei gleieher Arbeitsintensits dureh ErhShung des Sehlagvolumens eine niedrigere Pulsfrequenz erm6glieht (vagotone Kreislaufdynamik [16]).

Kreislauffunktion und -leistungsf/~higkeit sind somit eng mit dem Zu- stand des vegetativen Systems verknfipft; ein Umstand, dem bei der Er- gebnisanalyse einer Funktionspriifung in der eingangs angefiihrten Weise Reehnung getragen wird. Nieht immer aber mfissen Fuuktiousgnderungen im vegetativen System, wie im Fall der Trainingsvagotonie, zwingend mit den hiernaeh iiblieherweise zu erwartenden ~nderungen in der Lei- stungsfihigkeit des Kreislaufs einhergehen, so dug unter bestimmten Bedingungen systematisehe Fehleinseh/itzungen dieser Gr6ge auftreten kSnnen. Die vegetative Labilits des Heranwaehsenden [23] und die relative Bradykardie mid ,,vegetative Starre" des alternden Mensehen sind als MSgliehkeiten hierfiir bekannt geworden. Erstaunlieherweise sind aber die tagesrhythmisehen Schwankungen der K6rperfunktionen in ihrer Auswirkung auf die Kreislaufdiagnostik weitgehend unbeaehtet geblieben, obwobl sie bekanntlieh vegetatives System und Leistung gleiehermaBen betreffen. Die aus einer Vielzahl yon Untersuehungen

9 Int. Z. angew. Physiol., Bd. 23

126 K . E . KLEIN et al. :

vorliegenden ,,Tagesg/~nge" einzelner K_reislaufparameter unter Ruhe- bedingungen (Zusammenfassung [16]), sind nie im Sinne der hier behan- delten Fragestellung ausgewertet worden; Beobachtungen der Kreislauf- dynamik unter diesem Aspekt fehlen weitgehend. Die neueren Ergebnisse der biologisehen Rhythmusforschung lassen aber in zunehmendem Mage erkennen, dab der Organismus zu jeder Tageszeit ein,,physiko-ehemisehes System mit untersehiedliehen Reaktionseigensehaften darstellt" [2]; so dal~ aueh ffir den Kreislauf die tageszeitliehe Abh/ingigkeit tier Ansprech- barkeit auf standardisierte Belastungsreize zu erwarten is$, die bereits f/Jr Temperatur- [1] und Ger/~useheinflfisse [9], Sehweigbildung [11], Haut- blutungen [5] und die versehiedensten chemischen Stoffe [8, 22, 25] nachgewiesen wurde.

Im Herbst 1963 wurden im Zusammenhang mit arbeitsphysiologischen Untersuehungen bei Flugzeugbesatzungen Simultanbestimmungen der Tagesg/~nge verschiedener statiseher und dynamischer Parameter vor- genommen, fiber die an anderer Stelle berichtet worden ist [14]. Nieht besprochen wurden bisher die aus diesem Anlal~ durehgeffihrten Unter- suehungen der Kreislauffunktion. An Hand der hierbei gemaehten Be- obaehtungen soll im folgenden die Einflugnahme der 24-Std-Rhythmik auf die verschiedenen Beurteflungskriterien analysiert und ihre praktische Bedeutung diskutiert werden.

M e t h o d i k

An 16 Personen, die als Kontrollen fiir Ermiidungsuntersuchungen an Flugzeug- besatzungen dienten, wurden w/~hrend zwei Perioden yon je 15 Std dreistfindlich die Kreislauffunktionsprfifung nach Sen~EIDE~ [24] durchgeffihrt. Die Gruppe war aus Griinden des Vergleichs nach Alter und Geschlecht in der in Tabelle 1 angegebenen Weise heterogen zusammengesetzt. Sie bestand aus Mitarbeitern unseres Instituts, die bis zum Zeitpunkt der Untersuehungen als klinisch gesund galten und nicht in medizinischer Behandiung standen.

W/~hrend der beiden 15stfindigen Mel3perioden ruhten unsere Versuehspersonen zwisehen den Untersuehungen nicht, sondern ffihrten neben den Messungen selbst ihre gewohnte, vorwiegend im Sitzen ausgeiibte T~tigkeit am Sehreib- oder Labor- tisch durch. Da die reale berufliche Situation aueh in anderer ttinsicht weitgehend eingehalten werden sollte, bestanden weder besondere Di~tvorschriften, noch waren die El~zeiten vorgesehrieben. Es war allerdings nieht gestattet, alkoholisehe Ge- tri~nke oder Drogen einzunehmen; im fibrigen durfte aueh nieht geschlafen, das Labor verlassen oder eine intensive kSrperliehe Arbeit ausgefiihrt werden.

Die beiden MeBperioden waren tageszeitlich so angeordnet, da$ sich Beginn und Ende jeweils weit fiberschnittem Die Messungen wurden einmal in der Zeit yon morgens 9 Uhr bis naehts 24 Uhr, ein zweites Mal - - nach einem vorausgegangenen Ruhetag - - yon abends 21 Uhr bis anderen mittags 12 Uhr durchgefiihrt. Dureh Bildung der arithmetischen Mittel fiir die sich iiberschneidenden Zei$en (9 und 12, 21 und 24 Uhr) ist versucht worden, unkontrollierte und unerwfinschte Einfliisse auf die Messungen, etwa durch die Art, wie der Weg zur Arbeitsst~tte ausgeffihrt wurde, oder dureh die re]ativ lange Dauer einer MeBperiode, auszusehalten. Vor jeder Untersuehung (deren Durchfiihrung wegen der Vielzahl der insgesamt ge- messenen Parameter etwa 20 rain in Anspruch nahm) ruhten die Versuchspersonen

Tagesrhythmik und Funktionsdiagnostik der Kreislaufregulation 127

15 min in liegender Stellung, ehe mit der Kreislaufprafung begormen wurde. Die Messungen wurden bei einer Person immer vom gleiehen Untersueher vorgenommen. Bei der Durehfiihrung hielten wir uns an die Originalvorsehrift [24], wie sie aueh in einsehlggigen Lehrbfiehern wiedergegeben ist, z. B. [12] u. [19].

Der Schneider-Test ist eine kombinierte Regulations- und Funktionsprfifung, bei der Puls und Blutdruck im Liegen, nach aktivem Lagewechsel und der Puls aueh ira Anschlug an eine leiehte Arbeit - - ffinfmaliges, rhythmisehes Besteigen eines 45 cm hohen Stuhles innerhalb yon 15 see - - gemessen werden. Ffir die jeweilige Lage der physiologisehen Werte, die GrSBe ihrer Ver~nderungen sowie die Rfickkehr zur Norm werden Punktzahlen zwisehen - - 3 und -}-3 aus Tabe]len entnommen und zu einem Gesamtindex der ,,Leistungsfghigkeit" summiert. ,,Sehwache" Leistungsf~higkeit wird bei einem Index unter 7 angenommen, ,,genfigende" zwischen 8 und 13, ,,gute" zwisehen 14 und 16 und ,,sehr gute" bei 17 und 18 Punkten.

Aus den gemessenen Werten - - Pulsfrequenz liegend, stehend und dreifaeh naeh der Arbeit, Blutdruck systolisch und diastoliseh liegend und stehend - - wurden die Reaktionen yon Pulsfrequenz und Blutdrueh auf den Lageweehsel, die Reaktion der Pulsfrepuenz auf das Stufensteigen und ihre ansch]iegende Erholungszeit errechnet. AuBerdem wurde versueht, eine Vorstellung fiber die Vergnderung des tterzminutenvolumens beim Orthostaseversucla dutch das Am- plituden-Frequenzprodukt zu gewirmen. Zur Abseh~Ltzung des Schlagvolumens wurde die yon BETzI]~ aus ,,mehr als 250 F~llen" erreehnete st~tistisehe Beziehung zwischen Blutdruckamplituden (A p) und Sehlagvohmen (Vs) zugrunde gelegt, die der Gleichung Ap = 0,0497 Vs 1,6 entspricht [3].

Die statistisehe Behandlung der ~Iegergebnisse geschah nach den fibliehen Ver- fahren ffir 3/Iitte]werte (2), Standardabweiehung (S. D.) und Signifikanz yon Mittel- wertdifferenzen (t-Test). Bei der vertikalen Mittelung fiber die Zeit wurde auf einen reehnerisehen Phasenausgleieh verzichtet, da es bei unserer Fragestellung nicht so sehr auf eine exakte Bestimmung der Phasenlgngen, sondern ~uf die in der Praxis zu berfieksichtigenden durehsehnittliehen tageszeitabhgngigen Differenzen ankara. In den Tabellen wurden die Mittelwerte im Original angegeben, in den Abbildungen die naeh dem Verfahren der ,,gleitenden" Mittelwerte (,,running averages" [7]) einfaeh gegl~tteten Kurven dargestellt, wobei bekanntiich eine Amplituden- verkleinerung und vereinzelt eine geringffigige zeitliehe Versehiebung der Spitzen- werte eintreten kann.

Ergebnisse und Diskussion

Die Tabel le 1 d ien t der Charak te r i s ie rung des un te r sueh ten Kol lek t ivs . Sie enth/~lt, neben Alters- nnd Geschlechtsangaben, die aus den Tag- und Nach tmessungen fiir die einzelnen Personen hor izonta l e r reehneten Tagesmi t t e lwer te versehiedener Kre i s l au fpa rame te r . AuBerdem sind da r in die G r u p p e n m i t t e l und ihre S t anda rdabwe ichungen - - abso lu t und in P rozen t des zugehSrigen Mi t te lwer tes - - angegeben. Abgesehen yon einigen r e l a t i v hohen d ias to l i schen B lu td ruckw e r t e n (die aueh in e inem Fa l le AnlaB zu einer ansehl iegenden H y p e r t o n i e t h e r a p i e wurden) s ind da r in keine Besonderhe i ten zu vermerken . Die S t a nda rda bw e ie hunge n l iegen m i t W e r t e n meis t zwischen 8 und 14% in e inem bei der nneinhei t - l ichen Zusammense t zung des Ko l l ek t iv s zu e rwar t enden Bereich; sie werden, abgesehen yon der Blut&~uekampl i tude , m i t zunehmender , ,Be las tung" oder s te igendem Tagesmi t t e l p rozen tua l kleiner .

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16,2

35,5

6,2

17,4

Tagesrhythmik und Funktionsdiagnostik der Kreislaufregulation 129

Die Tagesrhythmik der Einzelparameter

Die Tabelle 2 enth/~lt Mittelwerte und Standardabweichungen in ihrer tageszeitlichen Zuordnung. In der Rubrik ,,Maximale Sehwankung" wird die Differenz zwischen hSehstcm und tiefstem Wert im Tagesgang (Amplitude) aufgeffihrt. Die Itervorhebung einzelner Mittelwerte dureh Indices zeigt (wie sp/~ter auch in Tabelle 3) einen bei der Wahrschein- lichkeit yon mindestens 5% (P =< 0,05) statistisch signifikanten Unter-

%1-- j 2

-oh i I I I I \ 3 I 1, =

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G g 12 15 18 21 2q 3 6 h A b b . 1

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A b b . 2

A b b . 1. Tageszei t l iehe S c h w a n k u n g e n des Pulses . Alle A n g a b e n in P r o z e n t des Tagesmi t t e l s . 1 Pu l s f r equenz l iegend, 2 Pu l s f r equenz s tehend , 3 Arbe i t spu l s , 4 R e a k t i o n a u f Lageweehse l ,

5 R e a k t i o n au f Arbe i t , 6 E rho lungsze i t n a e h A r b e i t

A b b . 2. Tagesze i t l i che S c h w a n k u n g e n des B l u t d r u e k s . Alle A n g a b e n in P r o z e n t des Tages- mi t te l s . 1 A m p l i t u d e l iegend, 2 A m p l i t u d e s tehend , 3 o r t h o s t a t i s c h e R e a k t i o n sys to l i sch ,

4 o r t h o s t a t i s c h e R e a k t i o n d ias to l i sch

schied zu dem durch den jeweiligen Index eharakterisierten tageszeit- lichen Vergleiehswert an; andere als die gekennzeichneten Signifikanzen bestanden zwischen den einzelnen Punkten eines Tagesganges nicht.

Die tageszcitliche Zuordnung - - wie sic die Tabelle 2 ffir die 0riginal- werte und die Abbildungen 1 ffir den Puls und 2 fiir den Blutdruek gc- gl&ttet in Prozent des Tagesganges wiedergeben - - 1/s u. E. fiir alle Parameter eine eindeutige 24-Std-Rhy~hmik erkennen. Das Bcmerkens- werte daran scheint uns nicht so sehr tier Nachweis tagesrhythmiseher Schwankungen auch fiir die Steh- und Arbeitswex~e yon Puls und Blut- druck zu sein, sondern die Tatsachc, dal] deren Kurven untereinander und mit den Kurven tier Ruhewer~e nicht parallel verlaufen. Dadurch entstehcn bei den ,,Reaktionen" eines Parameters auf die versehiedenen Bedingungen (Differenz: Stehen--Liegen, Arbeiten--Stehen) eigene Tagesg/~nge mit beachtlichen Amplituden, die u. W. bis heute nicht be- schrieben wurden. Sic sind andeutnngsweise bereits in einer Tageskurve ffir Puls und Blutdruck nach Ausfiihrung yon zehn Kniebeugen vor- handen, die Bocn-~rK in einem Einzclfall gewonnen hat [4] und werden best/~tigt durch die Beobachtung, da$ w&hrend der Nachtschichten,

130 K.E. KLEIN et al. :

trotz gleicher Arbeit, immer die niedrigsten Puls- und Blutdruekwerte gemessen werden [20].

Zur Charakterisierung der Rhythmik in Itinsicht auf eine zu ver- sehiedenen Tageszeiten vorzunehmende Kreislauffunktionsanalyse scheint

Tabelle 2. Tagesmittelwerte und tageszeitliche Schwankungen verschiedener Kreislau/para-

0600 09 oo 12oo 15oo 18oo

5~ 5: ~ 5~ + S .D. (in %)

Puls - liegend ffequenz stehend (pro min) nach Arbeit

Reaktion auf Lageweehsel Reaktion auf Arbeit

(see) Erholungszeit

69,9 72,4 72,8 75,8 15,1 (19,9) 75,1 83,8* 84,6* 87,5 92,6* 12,2 (13 ,2) 89,8* 98,5* 104,2" 105,6" 109,8" 1 3 , 0 (11,8) 105,9"

13,8 12,2(*) 14,1 16,9 5,8 (34,3) 15,3

14,8(+) 19,6 18,1 17,1 8,4 (49,1) 16,1 73,1 77,8 68,4 73,1 31,9 (43,6) 71,3

Blut- druck (ram Itg)

Amplitude liegend 36,3(*) 38,3 40,8 42,6 11,0 (25,8) 38,3 Amplitude stehend 32,2(*) 35,9 37,1 40,0 13,4 (33,5) 36,0 Systolische Re- aktion auf Lagewechsel 2,2 2,8 1,6 5,2 9,6 (185) 3,0 Diastolisehe Re- aktion auf Lageweehsel 6,0 5,1 5,7 7,7 6,2 (80) 6,2

Herz- ]iegend 4306(*) 4612 4 8 2 7 5 1 6 2 1 5 2 9 (29,6) 4784 minuten- stehend 4791(*) 5177 5 4 6 5 6 0 6 3 1 6 1 7 (26,7) 5505 volumen (m])

es uns wichtig~ folgende Punkte aus den Ergebnissen hervorzuheben: 1. Die Minima liegen meist um 3 oder 6 Uhr, die Maxima um 12 oder 15 Uhr; die ,,Reaktionen" weiehen vereinzelt hiervon ab. 2. Die Er- holungszeit des Pulses zeigt eme ausgepri~gte zweigip]lige Periodik; an- gedeutet finder sich Zweigipfligkeit allerdings auch bei einigen Blutdruek- werten (s. dazu [13]). 3. Die maximale Schwanlcung (Kurvenamplitude) steigt mit der ,,Belastung"; wird sie auf die H6he des Tagesmit~elwertes bezogen (s. dazu [10]), so verhalten sich die Blutdruekwerte jedoch um- gekehrt, da die Blutdruekamplitude im Stehen kleiner wird. 4. Die absolute und prozentuMe Standardabweivhung is~ innerhalb des Tages- ganges meist zur Zeit des Maximums deutlieh gr61~er als zur Zeit des Minimums in der Nacht; Ausnahmen hiervon zeigen wiederum die , ,Reaktionen"; der iiberaus hohe Streuungswert fiir die systolische Reaktion auf Lageweehsel zeigt deren Uneinheitliehkeit an. 5. Statistiseh

Tagesrhythmik und Funktionsdiagnostik der Kreislaufregulation 131

signifilcante Unterschiede finden sich zwischen den einzelnen Werten eines T~gesganges bei der Pulsfrequenz h~ufiger als beim Blutdruck, und hier - - entsprechend der Zunahme der Kurvenamplitude und der Abnahme der Streuung - - im Stehen und n~ch Arbeit wieder h~ufiger als in Ruhe.

meter. Signifilcante Unterschiede:*zum 3- Uhr- Weft; (*) zum 15- Uhr- Wert,'(+) zum 9- Uhr- Weft

21o*

x 24: ~176 03 c~ Tagesmi t t e l 1Yiaxim. S c h w a n k g . 5~ 5c _+ S.D. (in %) 5c • (in %) ~ (m %)

75,3* 71,8 69,4 9,1 (13,1) 72,9 8,0 (11,0) 6,4 (8,8) 88,4* 85,8 81,5 7,5 (9,2) 86,8 8,4 (9,7) 11,1 (12,8)

104,1" 100,9(*) 96,5 10,7 (11,1) 103,3 8,8 (8,5) 13,3 (12,9)

13,3 1 4 , 1 12,1(*) 7,0 (57,9) 14,0 5,4 (38,6) 4,8 (34,3)

15,7 15,1(+) 15,0 9,5 (63,3) 16,5 5,0 (30,3) 4,8 (29,3) 78,8 70,3 63,8 26,4 (41,4) 72,1 13,7 (19,0) 15,0 (20,8)

38,9 38,8 37,5 7,1 (18,9) 38,9 6,3 (16,2) 6,3 (16,2)

35,6 34,6 34,3 7,4 (21,6) 35,6 6,2 (17,4) 7,8 (21,9)

2,6 2,6 2,5 5,9 (236) 2,9 3,7 (128) 3,6 (124)

5,8 6,9 5,7 4,4 (77) 6,2 2,9 (46) 2,6 (41,9)

4856 4 6 1 2 4 3 6 4 1160 (26,6) 4690 752 (16,0) 856 (18,2) 5381 5131 4848(*) 836 (17,2) 5293 544 (10,3) 1272 (26,5)

Die Tagesrhythmilc der Funktionspri~/ung

Es diirfte bereits aus der bisherigen Darstellung deutlich geworden sein, dab prinzipiell rait einer Beeinflussung der Ergebnisse einer Kreis- lauffunktionspriifung durch die Tageszeit zu rechnen ist. Da die Art der Messung und der Modus der Auswertung bei den einzelnen Verfahren variieren, kann sich die Tagesperiodik der einzelnen Beurteilungs- kriterien unterschiedlich auswirken. Es soll daher im weiteren zungchst der Zusammenhang zwischen Testergebnis und Tageszeit fiir zwei der z. Z. gebrguchlichsten Methoden analysiert und daran anschliel~end der Ver- such unternommen werden, die generelle Bedeutung der Tageszeit auch in ttinsicht auf andere Verfahren zu diskutieren.

Im Orthostaseversuch werden l~ichtung und GrSl~e der Verguderung you Puls und Blutdruok nach Lagewechsel bestimmt. Dabei wird nach der Art und ItShe der Reaktion, neben dcm ,,normalen Verhalten", yon hypoton-hypodyaamer l~egulationsstSrung nach SCHELLO~G oder yon

132 K.E. Knv, ix et al. :

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A b b . 3. Tageszei t l iche S c h w a n k u n g e n der o r t h o s t a t i s c h e n Kre i s ] au f r eak t ion . Alle A n g a b e n in P r o z e n t tier R u h e w e r t e des L iegenden . 1 E r h 6 h u n g tier Pu l s f r equenz , 2 V e r k l e i n e r u n g tier B l u t d r u c k a m p l i t u d e , 3 V e r ~ n d e r u n g des H e r z m i n u t e n v o l u m e n s

( A m p l i t u d e n - F r e q u e n z - P r o d u k t )

orthostatiseher Labilitgt und Insuffizienz nach BI~EHlg u. WETZLER [12] gesprochen. Ohne auf die genaue Abgrenzung der verschiedenen Begriffe ngher einzugehen, genfigt es bier festzustellen, dab ein ausgeprggteres Ansteigen der Pulsfrequenz, eiae deutliche Einengung der Blutdruek-

amplitude und ein st~rkeres Absin- ken beider Blutdruckwerte als zu- nehmend ungiinstig angesehen wird.

f Die Mittelwerte in unserem Or-

thostaseversuch betragen ffir den Pulsfrequenzanstieg im Tagesdurch- sehnitt 14 Sehlgge/min mit einem HSchstwert yon 17 Schls nach- mittags und einem Tiefstwert yon 12 Schlggen nachts. Die entspreehenden Wer~e f/Jr die Blutdruckamplitude sind--3,3 mm Hg im Tagesmittel, --2,3 am Nachmittag u n d - - 4 , 2 nachts ; die systolische Reaktion auf Lagewechsel schwankt zwischen + 5,6 und+ 1,6 mm Itg, die diastoli- sche Vergnderung zwischen +7,7

und + 5,7 mm Itg. Diese Mittelwerte liegen vSllig innerhalb des Bereiches, der ffir die Reaktion auf Lagewechsel als normal augesehen wird [18, 12]; mi~ ihnen wird die geringe praktische Bedeutung der Tagesrhythmik ftir das Ergebnis eines an Gesunden durchgeffihrten Orthostaseversuches bereits aufgezeigt. Sie wird noeh unterstriehen durch die Tatsache, dab sich zwei Beurteilungskriterien - - Pulsfrequenzanstieg und Amptituden- verkleinerung - - im Tagesgang dem ,,Sinne" nach umgekehrt verhalten : die als gfinstiger angesehene geringere FrequenzerhShung ist nachts zu verzeichnen, wghrend die ebenfalls besser beurteilte geringere l~R-Ampli- tudenverldeinerung am Tage naehzuweisen ist. Immerhin resultiert ~us dem Verhalten der beiden Parameter ein eindeutiger Tagesgang der Re- aktion des Herzminutenvolumens auf den Lagewcchsel mit ttSchstwerten am Tage und Tiefstwerten in dcr Nacht (Tabelle 2). Die Abb. 3 fast das eben Gesagte noeh einmal zusammen und verdeutlicht durch Bezug der 0rthostasereaktion auf die im Liegen gemessenen Werte die Gering- fiigigkeit der tageszeitlich bedingten Unterschiede.

Der S c h n e i d e r - I n d e x erreehnet sich aus den Pulszahlen im Liegen, im Stehen und aus deren J~nderungen bei Lagewechsel und nach Arbeit unter Ber/icksich~Jgung der jeweiligen Ausgangslage. Hierbei, wie auch bei der orthostatischen Blutdruekgnderung und der Erholungszeit des Pulses im Anschlu8 an die Arbeit, sind die physiologisehen Parameter in Gruppen zusammengefaBt; f~r alle Werte innerhalb einer Gruppe

Tagesrhy~hmik und Funktionsdiagnostik der Kreislaufregulation 133

rind gleiche Punktzahlen angegeben. Dadureh werden u. U. selbst grS~ere Unterschiede in der Reaktion gleich beur~eilt (z. B. ein Pulsanstieg yon 11 bis 18 Schl~gen bei einer Ausgangslage yon 61 bis 70 Schl~gen/min und ein Anstieg yon i9 bis 26 Schlggen bei einer Ausgangslage yon 50 bis 60 Sehlggen/min). Umgekehrt kSnnen kleinere Untersehiede, z. B. ein Pulsschlag in der Ausgangslage bei gleicher l~eaktionsgrSl~e, eine Differenz yon einem Punkt in der Bewertung hervorrufen, wenn gerade eine Gruppengrenze aberschritten wird. Dieses Beurteilungsschema macht es nahezu unmSglich, die Auswirkung der Tagesrhythmik auf die Index- zahlen alleine aus der Kenntnis der einzelnen Parameter abzuseh~tzen. Wit haben daher in der Tabelle 3 den Gesamtindex in seiner rages- zeitliehen Zuordnung far die Einzelpersonen und den Durchsehnitt der Cruppe aufgeffihrt. Erganzend hierzu zeigt die Abb. 4 die kurvenm~[~ige Darstellung air den Index und seine einzelnen Komponenten.

Das Gesamtmittel des Schneider-Index (Tabelle 3) l~tftt eine ein- deutige Tagesperiodik erkennen, deren Tiefstwert mit 9,4 Punkten (oder 85% des Tagesmittels) um 15 Uhr (i) und deren HSehstwert mit 13,4 Punk- ten (oder 12i%) um 3 Uhr (!) liegen. Die Knrvenamplitude belgnft rich also auf 36~o des Tagesmittels trotz der Nivellierung, die die vertikale Mittelung fiber die Zeit durch Vernachl~ssigung der Phasenversehiebun- gen mit rich bringt. Werden unabhangig yon der Zeit die maximalen tageszeitlichen Schwankungen der Einzelpersonen gemittelt, so ergibt rich sogar eine Differenz zwischen Maximum und Minimum im Tagesgang yon 63%. Die beiden Extreme in der GrSf~e der Tagesgangamplitude rind 17,0 (!) Punkte far Versuchsperson 4 und 2,5 Punkte far Versuehs- person i0, die aufterdem praktiseh keinen eehten ,,Tagesgang" zei~. Die yon der Zusammensetzung des Kollektivs und der HShe der Kurven- amplitude abhgngige Standardabweiehung des Tagesmittels betr~gt fast 25%; die Unterschiede der Standardabweichungen zu verschiedenen Tageszeiten - - im Extrem fast 50% nm 15 Uhr und 12,7% um 3 Uhr - - lassen, wie bereits bei den physiologischen Parametern, die gr51~ere Ein- heitlichkeit der vegetativen Einstellung und l~eaktion in den Nacht- stunden erkennen.

Die Punktbewertungen der einzelnen Komponenten im Schneider-Test nehmen - - wie die Abb. 4 demonstriert - - all den tageszeitliehen Schwan- kungen des Gesamtindex einen Anteil, der weitgehend den Bewegungen der physiologischen Parameter selbst entspricht: Die Bewertung air die Pnlsfrequenzen (Kurve 1, 2, 3 u. 5) zeigen eingipflig, die far die Er- holungszeit des Pulses zweigipflig in etwa das Spiegelbild der zugehSrigen und in Abb. i wiedergegebenen Parameterkurven. Eine Ausnahme hier- yon bfldet lediglieh das uncharakteristische Verhalten der Indexzahlen far die t~eaktion des systolisehen Blutdrueks (Kurve 4), die alleine dadureh zustande kommt, dab eine Bewertungsdifferenzierung aber einen

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63

Tagesrhythmik und Funktionsdiagnostik der Kreislaufregulation 135

Anstieg yon 8 mm Hg und fiber eine Senkung yon 6 mm Hg hinaus in diesem Test nicht vorgesehen ist.

Im Gegensatz zum alleinigen Orthostaseversuch haben wit es also beim Schneider-Test mit tageszeitabhs Schwankungen zu tun, die in ihrer Gr6ge nnd Riehtung yon erheblieher Bedeutung fiir die Praxis der

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A b b . 4. Tageszei t l iehe S e h w a n k n n g e n der I n d e x z a h l e n des Schneider-Tes ts . 1 IDulsfrequenz l iegend, 2 Pu l s f r equenz s t ehend , 3 P u l s f r e q u e n z r e a k t i o n au f Lagewechse l , I sys to l i sche B l u t d r u c k r e a k t i o n a n f Lageweehse l , 5 P u l s f r e q u e n z r e a k t i o n u n t e r Arbe i t , 6 Rf i ekkeh r der

Pu l s f r equenz z u m R u s g a n g s w e r t , 7 G e s a m t i n d e x

Kreislauffunktionsdiagnostik sind. Die Differenz yon --30% zwisehen 6 Uhr morgens und 15 Uhr naehmittags ist statistiseh signifikant, obwohl die Punktzahlen ffir beide Tageszeiten noch im Bereich der ,,genfigenden Leistungsfghigkeit" liegen (morgens jedoeh an der oberen, mittags an der unteren Bereiehsgrenze). Im extremen Einzelfall (Versuehsperson 4) sehwankt die Beurteilung sogar zwisehen ,,sehr sehwaeher" Leistungs- f/~higkeit am Tage und ,,guter" in der Nacht. Es liegt auf der Hand, dab es sieh bei diesen Beurteilungen um Fehleinseh/~tzungen handeln mul3, da aueh die ,,Leistungsf/~higkeit" des Kreislaufs naehts niedriger liegt als am Tage. Die Gr613e der Fehlbeurteilungen sehwankt zwisehen den Einzelpersonen auBerordentlieh stark und h/ingt offensiehtlieh yon Faktoren ab, die z. Z. noeh weitgehend unbekannt sind. Alters- und Gesehleehtseinfliisse lassen sieh in unserem derzeitigen Untersuehungsgut nieht Mar erkennen. Sie wurden inzwisehen an einem gr6geren Kollektiv eingehender untersueht; die VerSffentliehung der Ergebnisse ist in Vorbereitung [6].

S ehlullfolgerungen

Die Eigenschaft der Kreislauffnnktion, eines ,,der besten Kriterien fiir den Funktionszustand des vegetativen Systems zu sein" [21], be- teiligt ihre Messung zwingend an den tagesrhythmisehen Sehwankungen dieses Systems. Seine iiberwiegend ergotrope Einstellung am Tage u~d die Betonung der Trophotropie in der Naeht mug bei Zugrundelegung des eingangs erw/ihnten Bewertungslorinzips in vielen F/~llen zu spiegelbildtich verkehrten Beurteilungen der Leistungsf~higkeit im 24-Std-ghythmus

136 K.E. KL~I~ et al. :

fiihren. Neben erheblichen individuellen Differenzen sind dsbei auch grSi~ere Unterschiede zwischen verschiedenen Mel~verfahren zu erwarten, wie sie sich hier bereits fiir den Orthostaseversuch und den Schneider- Index ergsben. Einwande gegen die ,,Brauchbarkeit" einer Methode in Hinsicht auf die Bestimmung der kSrperlichen Leistungs- und Belastungs- fahigkeit unter Arbeit, wie wir sie selbst k/irzlich u. s. such fiir den Schneider-Test vorgebracht haben [15], scheinen uns in diesem Zu- sammenhang yon untergeordneter Bedentung zu sein. Da nicht nur die Ruhewerte, sondern such die Rea/ctionen auf eine Belsstung an der Perio- dizitat des Vcgetativums beteiligt sind, mu~ prinzipiell bei allen Ver- fahren, die yon Puls- und Blutdruckverhalten unter leichter his mittel- schwcrer Arbeit auf die Leistungsfahigkeit schlie~en, mit einem Tages- gang gerechnet werden, der die Mel~ergebnisse vcrf~lschen ksnn. Dies gilt um so eher, je mehr physiologische Psrsmeter in die Beurteilung ein- gehen, die selbst starken tageszeitlichen Schwankungen unterliegen.

Auf der anderen SeRe ist die HShe des maximal mSglichen Arbeits- pulses voraussichtlich weitgehend unabhangig yon dcr Tagesrhythmik des Vegetstivums. Dafiir spricht u. a., da]~ Tr~iningszustand and Trai- ningsvagotonic ihn nicht beeinflussen. Die 24-Std-l~hythmik d/irfte daher um so weniger cinen StSrfaktor darstellen, je unmittelbarer ein Verfahren die Leistung unter Maximalbedingungen mil~t. Grunds~tzlich sollten jedoch bei allen Methoden Vergleichsmessungen zu ahnlichcn Tageszeiten vorgenommen werden, so lange die GrSl~e der tagesrhythmischen Schwan- kungen nicht bekannt ist. Die urspriinglichen Bewert, ungsskalen der einzelnen Tests haben allerdings such in diesem Falle nur Gtiltigkeit f/Jr die am Tage - - etwa zwischen 10 und i9 Uhr - - gemessenen Werte, da die Beurteflungsschemata mit grol~er Wahrscheinlichkcit auf Grund yon Untersuehungen zu dieser Tageszeit aufgestellt worden sind. Bereits der Mittelwert des Tagesganges ist wegen seiner Beeinflussung durch die Nachtbestimmungen in seiner Wertigkeit innerhalb des Bcurteilungs- schemas verschoben.

Zusammenfassung

An einer Gruppe gesunder Personen (12 c~, 4 9) im Alter zwischen 22 und 55 (34,4) Jahren wurde die Tagesrhythmik der Kreislaufreaktion auf sktiven Lagewechsel und leichte kSrperliche Arbeit in zwei getrennten Untersuchungsabschnitten (9--24 und 21--12 Uhr) bestimmt. Die Mes- sungen wurden im Abstand yon 3 Std wahrend der gewohnten, meist sitzend ausgeiibtcn Ti~tigkeit im Bfiro oder Labor nach einer l~uhezeit yon jeweils 15 rain durchgeffihrt. - - Puls und Blutdruck zeigten, ebenso wie die Erholungszeit des Pulses im AnschluB an die Arbeit Tagesggnge, die der fiberwiegend ergo~ropen Eins~ellung des veget~tiven Systems am Tage (HSchstwerte) und der vorherrschenden Trophotropie in der Nacht

Tagesrhythmik und Funktionsdiagnostik der Kreislaufregulation 137

(Tiefstwerte) entsprachen. Sie best/~tigten die Berechtigung der Annahme endogen bedingter tageszeitlich gebundener Unterschiede in der An- sprechbarkeit des Organismus auf Umweltreize erstmals auch f/it die gew/~hlten Belastungen. - - Ffir die Ergebnisse des Orthostaseversuches resultierten hieraus Schwankungen, die innerhalb des normalen physio- logischen Bereichs blieben; dabei zcigte die PulsfrequenzerhShung am Tage, die Amplitudenverkleinerung des Blutdrucks abet in der Nacht ihr Maximum. Beim Funktionstest nach SCHNEIDW~ ergab sich dagegen (bei grogen individuellen Untersehieden) im Mittel eine ausgepr/~gte 24-Std-Rhythmik mit z. T. signifikanten Differenzen zwischen den vcr- schiedenen Tageszeiten, einem Tiefstwert yon 9,4 um 15 Uhr und einem H6chstwert yon 13,4 um 3 Ufir nachts. Die sich damit zu den gemessenen Parametern spiegelbildlieh verhaltende Tagesperiodik des errechneten Index entstand auf Grund des Bewertungsprinzips: Je ausgepragter die vagotone Kreislaufdynamik, um so besser die Regulations- und Leistungs- f~higkeit des Kreislaufs. Da viele andere Methoden den gleiehen Grund- satz bei der Beurteilung anwenden, mug mit dem Tagesrhythmus und der M6glichkeit yon Fehlbewertungen (vor allem in der Zeit zwischen 22 Uhr abends und 10 Uhr morgens) generell gerechnet werden, wenn nicht im maximalen Arbeitsversuch gemessen wh'd. Vergleichende funktions- diagnostische Untersuehungen sollten daher unbedingt zu /~hnlichen Tageszeiten vorgenommen werden.

Summary In healthy subjects (12 c~, 4 9 ) between 22 and 55 (34,4) years of age

the circadian rhythm of cardiovascular responses to active orthostasis and mild physical exercise were examined. The measurements were made every 3 hours in two different periods (9--24 and 21--12 hrs) during the sedentary professional activity they were used to. The 24-hours perio- dicity found in heart rate, blood pressure and pulse pressure, as well as in the time of recovery of heart rate, confirmed the validity of the hypothesis, that the sensitivity of the organism to environmental stimuli changes with daytime. - - For the orthostatic test resulted periodical fluctuations within the normal range (with the maximal increase of heart rate at 15 h and the maximal decrease in pulse pressure at 3 h). The Schneider test, on the other hand, showed a marked circadian rhythm with partly significant differences at different times and the minimum value (9.4) at 15 h and the maximum (13.4) at 3 h. This, in comparison to the original parameters, inversed rhythmical fluctuation of the index is caused by the rating scale, which is based on the principle : The more pronounced the vagotonia in cardiovascular dynamics the better the regulation capability and efficiency of the circulatory system. As this principle is applied in other test procedures, too, it must be

138 K.E . KLEIN et al. :

reckoned, general ly , wi th the influence of the c i rcadian r h y t h m and the poss ib i l i ty of a false classification, especia l ly be tween 22 and 10 h. I n consequence, compara t ive d iagnos t ic measu remen t s of c i rcu la to ry funct ions should be made s t r i c t ly a t s imilar day t imes .

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Dr. K. E. KLEIN Institut fiir Flugmedizin 532 Bad Godesberg, KSlner StraBe 70