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Technologie II Stationär Mobil Portabel Nutzung Auszug aus „Energiewelt Wasserstoff“, TÜV Süddeutschland Holding AG www.energiewelt-wasserstoff.de

Technologie II - Technische Gase von Linde Gas online kaufen · Nitroaromaten Düngemittel Caprolactam, Cyclohexan Harze, Amine, Urea Acrylonitril Fasern Wasserstoff. 42 43 ... Obwohl

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Technologie II

Stationär

Mobil

PortabelNutzung

Auszug aus „Energiewelt Wasserstoff“, TÜV Süddeutschland Holding AGwww.energiewelt-wasserstoff.de

4140

Wasserstoff wird schon seit über 100 Jahren vielfältig eingesetzt.

Neben seiner Rolle als Energieträger findet er vor allem als Rohstoff in

der chemischen Industrie Verwendung.

H2-Nutzung: Lebensmittel,

Halbleiter und BakterienJoachim Wolf, Linde AG

Technologie II / Industrielle Nutzung

û Eine der bekanntesten Verwendungen für Was-serstoff ist der Einsatz in der Luftfahrt. Wegen sei-ner geringen Dichte eignet sich Wasserstoff sehrgut als Auftriebmittel. Das machten sich Luftfahrt-Pioniere bereits im 18. Jahrhundert zu Nutze. Sostartete 1783 der französische Naturforscher Char-les mit dem ersten bemannten Wasserstoffballonin Paris. Graf Zeppelin betrieb mit dem Gas zu Beginn des 20. Jahrhunderts die bis dahin größtenLuftschiffe.

Hauptabnehmer: Chemische Industrie

Über 500 Mrd. m3 Wasserstoff werden heute welt-weit verbraucht, ein großer Teil davon in der che-mischen Industrie zur Herstellung von Ammoniakals Vorprodukt für Düngemittel und für die Metha-nolproduktion. In der Petrochemie spielt das viel-seitige Element zunehmend eine Rolle bei der Her-stellung von konventionellen Treibstoffen mit ver-ringertem Schwefelgehalt. Einsatz findet Wasser-stoff auch in der Metallverarbeitung, zum Beispielfür die Reduktion von Erzen. Weiterhin wird H2 für

die Herstellung von Anilin und Phenol sowie Was-serstoffperoxid benötigt. Letzteres ersetzt zuneh-mend umweltschädlichere Bleichmittel in Reini-gungen.

Hochreiner Wasserdampf

Wichtiger Grundstoff ist H2 in der Halbleiterindus-trie: Hier wird hochreiner Wasserdampf für die Pro-duktion benötigt. So wird dieser nicht aus Wassererzeugt, sondern aus einem Wasserstoff-Sauer-stoffgemisch.

Schweißgeräte arbeiten mit H2 als Heizgas fürdie Flamme, in der optischen Industrie wird dierußfreie Wasserstoffflamme zum Polieren undSchmelzen hochwertiger optischer Gläser sowie in

der Nachrichtentechnik für die Herstellung vonGlasfasern eingesetzt.

Umwelttechnisch gesehen ist Wasserstoffauch in der Trinkwasseraufbereitung nicht mehrwegzudenken. So wird eine bestimmte Bakterien-art mit Wasserstoff „gefüttert“, die im Wasser denNitratgehalt absenkt.

Selbst in der Lebensmittelindustrie spielt Was-serstoff eine Rolle: Er wird zur Härtung von flüssi-gen Fetten verwendet, die dann in Margarinenoder in Keksen zum Einsatz kommen.

Lückenlose Versorgung via Pipeline: Wasserstoffund Kohlenmonoxid wer-den, wie hier, direkt überRohrleitungen zum Kundentransportiert.

Anlage zur Wasserstoff-produktion

Ballongas

Künstliche Diamanten

Analytik

Elektronik

Wafer FabrikationDotieren

Energienutzung

KernfusionElektrizitätsgewinnungMotortreibstoff

Metallurgie

ReduktionsprozesseWärmebehandlungSintern

Oxo-Alkohole

HerbizideLösungsmittelWaschmittelSchmierstoffePVC-WeichmacherFarben, Firnis

Methanol

ÄtherIsoprene, GummiFormaldehydMethylmethacrylateMethylbromidMethylchlorideMethylamineEssigsäure

Wasserstoff-Behandlung

Nitrat-EntfernungHydrofinishingHydrorefiningHydro-TreatmentHydro-Cracking (Treibstoff, Öle)Hydro-Entschwefeln

Schweißtechnik

LötenFlammspitzen

WIGPlasma

Kältetechnik

GeneratorkühlungBlasenkammer

Glasindustrie

QuarzglasFloatglas

Glühbirne

Fettchemie

SeifeÖle, FetteKosmetik

Schmierstoffe

Wasserstoffanlagerung

BenzinHydroalkalylation

Organische ChemieAnorganische Chemie

HCI, HBe, H2 SPharmazeutische Chemie

Süßstoffe

Ammoniak

SprengstoffeNitroaromaten

DüngemittelCaprolactam, Cyclohexan

Harze, Amine, UreaAcrylonitril

Fasern

Wasserstoff

4342

û Raumfahrtingenieure erkannten bereits in den50er Jahren, dass Flüssigwasserstoff nahezu allenotwendigen Kriterien für einen Raketenantrieb er-füllte. 1963 absolvierte das von Pratt & Whitney inden USA entwickelte RL10-Triebwerk in der Ober-stufe einer Atlas-Centaur-Rakete seinen erfolgrei-chen Erstflug und führte damit die Wasserstoff-Technologie in der Raumfahrt ein. Seit 1981 fliegtauch das amerikanische Space Shuttle mit dreiHochdruck-Wasserstofftriebwerken. Die Basis die-ses Antriebs ist das von Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB, heute Astrium) in den 60er Jahrenentwickelte Hauptstrom-Arbeitsverfahren. Auch dieAriane startete 1979 erstmals mit einem von MBBentwickelten kryogenen Oberstufenantrieb ins All.

Größere Satelliten erfordern höhere

Triebwerksleistungen

Trägerraketen bringen Satelliten in den Orbit. Des-halb ist die Entwicklung der Raketen und ihrer An-triebe stark vom Satellitenmarkt abhängig. In denletzten Jahren wurden immer größere und schwe-rere Satelliten gebaut. Bestes Beispiel ist Envisat:Der Umweltsatellit der ESA ist so groß wie einSchulbus und wiegt rund 8 Tonnen. Die Raumfahrt-industrie arbeitet deshalb an immer stärkeren An-trieben für leistungsfähigere Trägerraketen. MehrSchub bedeutet mehr Nutzlast und damit eine bes-sere Marktakzeptanz. Während die Ariane 4 fürNutzlasten von bis zu 5 Tonnen ausgelegt ist, wirddie Ariane 5 vom Typ ESC-A (Etage Supérieur Cryotechnique A) Satelliten mit einem Gewicht vonbis zu 10 Tonnen in den Orbit transportieren. In die-ser Konfiguration fliegt die Ariane 5 mit zwei Was-serstoff-Antrieben: Einem kryogenen Hauptantrieb– dem Vulcain – und einem kryogenen Oberstufen-antrieb.

Bis zum Jahr 2006 wird die Leistungsfähigkeitder Ariane 5 noch weiter ausgebaut. Mit dem ersten europäischen wiederzündbaren kryogenenOberstufenantrieb Vinci wird ihre Nutzlastkapa-zität auf 12 Tonnen ansteigen. Möglich wird dieseLeistungssteigerung nur durch den Einsatz vonWasserstoff. Zum Vergleich: Der derzeitige, mit sogenannten lagerfähigen Treibstoffen betriebeneOberstufenantrieb der Ariane 5 liefert einen Schubvon 28 kN. Vinci hingegen wird mit Hilfe von Was-serstoff den Schub auf 180 kN vervielfachen.

Für den Start von Raumfahrt-Raketen wie der Ariane wird ein Treib-

stoff mit einer besonders hohen Energiedichte benötigt. Denn Raketen

inklusive Satelliten mit einem Gewicht von mehreren hundert Tonnen

müssen über eine Distanz von Tausenden von Kilometern ins All beför-

dert werden. Wasserstoff ist hierfür der geeignete Treibstoff.

Treibstoff-Anforderungen

in der RaumfahrtBianca Zotz, Astrium GmbH

Technologie II / Nutzung in der Raumfahrt

H2-Doppelfunktion:

Treibstoff und Kühlmittel

Das Herzstück jedes Raketenmotors ist die Schub-kammer. Dort wird der Treibstoff gezündet und dieEnergie für den Schub freigesetzt. Die vom Raum-fahrtkonzern Astrium entwickelte Vulcain-2-Schub-kammer des Ariane-5-Haupttriebwerkes liefert ei-nen Schub von 1.350 kN. Der flüssige Sauerstoffwird über Einspritzelemente in den Brennraum ein-geblasen. Der bei unter –253 °C gespeicherte flüs-sige Wasserstoff wird zunächst zur Kühlung derSchubkammer durch Kühlkanäle gepumpt, bevor erdann ebenfalls über Einspritzelemente fein zer-stäubt dem Brennraum zugeführt wird. Ein Zünd-system entfacht die Verbrennung des Wasserstoff-Sauerstoff-Gemisches, welche den Druck in derBrennkammer bei einer Temperatur von rund3.000 °C auf 115 bar treibt. Einmal gezündet, läuftdie Reaktion der Treibstoffe durch deren stetigesNachfördern automatisch weiter. Der Wasserstoffin der Schubkammerwand kühlt den Grundkörper

Wasserstoff ist nahezu unverzichtbar

Wasserstoff bietet im Vergleich zu anderen Treib-stoffen die höchste Energieausbeute pro Massen-einheit. Würde man die Flüssig-Antriebe mit Was-serstoff durch Feststoff-Antriebe ersetzen, wäredie benötigte Treibstoffmenge um ein Vielfachesgrößer. Mehr Treibstoff bedeutet jedoch mehr Gewicht und somit weniger Nutzlast. Wasserstoffverfügt in diesem Zusammenhang für die Raum-fahrt über ein ausgezeichnetes Kosten-Nutzen-Verhältnis. Darüber hinaus ist Wasserstoff ein sehr umweltfreundlicher Treibstoff. Als einzigesVerbrennungsprodukt entsteht Wasser.

auf der Innenseite auf bis zu 500 °C ab. Auf dieseWeise wird ein Durchbrennen der Schubkammerverhindert. Damit liefert der Wasserstoff nicht nurden Treibstoff, sondern auch das notwendige Kühl-system für den Betrieb des Triebwerks.

Antriebslösung mit Zukunfts-

perspektive

Das leistungsstärkste Ariane-Triebwerk Vulcain 2hat einen Massendurchsatz von mehr als 300 kg /sund erzeugt eine Leistung von über 4.000.000 PS.Das heißt: Alle 3 Sekunden wird das Gewicht einesKleinwagens in der Brennkammer verbraucht underzeugt dabei einen Schub von mehr als 4.000 For-

mel-1-Rennwagen. Auch bei zukünftigen Raum-fahrtanwendungen wird Wasserstoff als Treibstoffeine zentrale Rolle spielen, vor allem wenn es da-rum geht, wiederverwendbare Raumtransportsys-teme zu entwickeln. Astrium arbeitet derzeit an ei-nem Konzept für einen unbemannten Transporter,dem Hopper. Der Hopper könnte erstmals im Jahr2020 Satelliten in den Orbit bringen – mit einemWasserstoff-Antrieb.

Ein europäisches Kraftpaket –die Trägerrakete Ariane 5

Die Vulcain-2-Schubkammer liefert einen Schub von 1.350 kN

Heißtest einer Vulcain-2-Keramikdüse

Fahrzeugkonzept

Verbrauch

Lebensdauer

Bedienbarkeit

Wirkungsgrad

Emissionen

Recycling

Infrastruktur

Geräusch

Volumen

Gewicht

Fertigung

Kosten

Leistung

Entwicklungskriterien für

Fahrzeugkonzepte

4544

û Beim Blick in die Zukunft des Automobilskommt Wasserstoff mit der voranschreitenden Ent-wicklung neuer Fahrzeugantriebe wie der Brenn-stoffzelle eine Sonderrolle zu. Wichtige Vorausset-zungen für eine umweltrelevante Umsetzung neuerFahrzeugkonzepte sind neben der technischenMachbarkeit vor allem eine hohe Käuferakzeptanzund Marktdurchdringung. Dabei kommt Automobil-herstellern eine große Verantwortung bei der Erar-beitung tragfähiger Lösungen zu. Wenn man sichmit Alternativen zu herkömmlichen Antrieben be-schäftigt, sind also eine ganze Reihe von Kriterienzu berücksichtigen.

Keine Patentlösung –

Vielfalt der Optionen

Aus der Vielzahl der Anforderungen ergibt sich,dass auch eine Vielzahl an Lösungsmöglichkeitenin Betracht zu ziehen ist.

Der Energiebedarf eines Fahrzeuges wird imWesentlichen von vier Faktoren bestimmt. Dies

sind Fahrzeugmasse, Luftwiderstand, Rollwider-stand und Antriebswirkungsgrad, wobei im An-triebswirkungsgrad das größte Potenzial liegt.

Hier lag bei Audi mit Technologien wie TDI, FSIund multitronic ein Schwerpunkt in der evolutio-nären Weiterentwicklung weitgehend konventio-neller Antriebe.

Aber auch alternative Antriebe haben bei AudiTradition, da sich mit ihnen Kraftstoffeinsparungenin noch größerer Dimension realisieren lassen. Bereits 1989 stellte Audi mit dem Audi duo das erste Modell mit Hybridantrieb dar, dem bisherzwei weitere Entwicklungsstufen gefolgt sind.

Audi untersucht und erprobt selbst, sowie in ge-meinsamer Forschung im VW-Konzern, eine ganzePalette an Antriebsmöglichkeiten. Dazu gehören:Y die Optimierung der VerbrennungsprozesseY die Optimierung der AbgasnachbehandlungY die Erschließung neuer Kraftstoffe

(Syn- und Sun-Fuels) Y Batterie-ElektrofahrzeugeY HybridfahrzeugeY Brennstoffzellenfahrzeuge

Maßstab Nutzungsgrad1

Der erzielbare Nutzungsgrad verschiedener An-triebskonzepte spielt bei der Beurteilung des tech-nischen Potenzials eine wichtige Rolle. Heutige

moderne Verbrennungsmotoren sind hoch effizientund bleiben mit ihrer Weiterentwicklung bezüglichihres Kosten-Leistungs-Verhältnisses und ihrer Zu-verlässigkeit sicherlich auf längere Zeit technischund kommerziell wettbewerbsfähig. Obwohl voneiner weiteren Reduktion von Schadstoff- und CO2-Emissionen ausgegangen werden kann, bleibt dieFrage nach einem geeigneten Antriebskonzept fürdie Zukunft.

Audi verfolgt das Ziel, einen hoch effizientenBrennstoffzellen-Antrieb zu entwickeln, der bezüg-lich Alltagstauglichkeit, Kosten, Komfort und Leis-tung keinerlei Einschränkung für den Kunden be-deutet. Zwei große Hürden sind auf diesem Weg zuüberwinden: Die Kraftstoffspeicherung im Fahrzeugund die Distributionsinfrastruktur für Wasserstoff.

Zudem gibt es weitere kundenrelevante Krite-rien, die noch intensiver Bearbeitung bedürfen.Dazu gehören das Startverhalten, die Dynamik derLeistungsabgabe und der Betrieb der Brennstoff-zelle unterhalb des Gefrierpunktes. Die Technolo-gie ist noch teuer, hat ein sehr großes Gewicht und

Die treibende Kraft für einen Auto-

mobilhersteller ist der Wunsch

der Kunden nach individueller

Mobilität. Traditionelle Antriebs-

konzepte haben in den vergange-

nen Jahrzehnten große Fortschrit-

te gemacht. Kraftstoffverbrauch

und Schadstoffausstoß sind auf

einem niedrigen Niveau ange-

langt, Leistung und Zuverlässig-

keit konnten stetig verbessert

werden. Brennstoffzellenantriebe

mit Wasserstoff als zukünftigem

Kraftstoff sind wichtige Aspekte

der Ressourcen schonenden Ent-

wicklungsstrategie. Doch auch die

Technik heutiger Fahrzeugantriebe

weist noch erhebliche Potenziale

auf.

Innovation und Effizienzsteigerung –

Evolution der FahrzeugkonzepteIngrid Paulus, Audi AG

Technologie II / Mobilität durch Wasserstoff

Fahrzeugantrieb

Benzin / Diesel

(Wasserstoff)

VKM*-AntriebeBZ** mit H2(Flottenantrieb, ZEV Kalifornien)

fossilErdöl / Erdgas / Kohle

regenerativWind / Sonne / Wasser /Biomasse / Abfall

Benzin / Diesel

Syn Fuels

(Wasserstoff)

Opt. VKM-Antriebe

BZ mit H2(Markteinführung)

Benzin / Diesel

Wasserstoff

Syn Fuel Blends

Sun Fuels

neue VKM

BZ mit H2 im Serieneinsatz

Benzin / Diesel

Wasserstoff

Sun Fuels

VKM-AntriebeBZ-Antrieb mit H2

heute 10 20 > 20 (in Jahren)

spez

. CO

2-E

mis

sion

en (g

CO

2/k

m)

Benzin

Diesel

Erdgas

Methanol

Wasserstoff

Synth. Benzin

Synth. Diesel

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45Nutzungsgrad in %

Verbrennungsmotor

Brennstoffzellenantrieb

Antriebs-Nutzungsgrade1

beansprucht viel Platz im Fahrzeug. Daher bedarfes zukünftig auch hier erheblicher Investitionen,um den Weg zum „zero-emission“-Fahrzeug zu ebnen. Auch wenn alle Primäranforderungen anBrennstoffzellenfahrzeuge in Zukunft erfüllt wer-den können, so liegt mit dem Aufbau der Kraft-stoffinfrastruktur dennoch ein wesentlicher Er-folgsfaktor außerhalb der Einflussnahme der Auto-mobilindustrie.

Nach unserer Einschätzung wird es daher keineschlagartige Umstellung der Antriebe geben, son-dern jedes neue System muss sich durch Kunden-akzeptanz erst etablieren und gegen den existie-renden Wettbewerb durchsetzen. Dabei stehenWasserstoffkonzepte für eine wesentliche Varian-te der Antriebsstrategie der Audi AG.

* VKM: Verbrennungskraftmaschine ** BZ: Brennstoffzelle

2228

25

22

2429

2438

2428

26

1 Antriebs-Wirkungsgrad im MVEG-Zyklus

Der Audi A2 mit Brennstoff-

zellenantrieb

Flüssigwasserstoffspeichermit 3,3 kg Inhalt58-kW-PEM-Brennstoffzelle80-kW-Transaxle-Synchron-motor6,5-Ah-NiMH-Batterie

4746

û Bereits seit 1978 erforscht BMW Motoren undFahrzeuge für den Betrieb mit verflüssigtem Was-serstoff. Erste Praxiserfahrungen in Pkw-Proto-typen begannen ein Jahr später. 1984 rollte diezweite Generation auf die Straßen, die 1988 vonder nächsten abgelöst wurde. 1996 fuhr die vierteGeneration von Wasserstoff-Fahrzeugen zur inter-nen Erprobung. Im Jahr 2000 legte BMW eineKleinserie von 15 Wasserstoff-Versuchsfahrzeugenvom Typ BMW 750hL auf, die sich mittlerweile imAlltagsbetrieb bewährt und mehr als 170.000 kmzurückgelegt haben.

Der BMW 750hL demonstriert, dass die Kombi-nation von Wasserstoff und Verbrennungsmotorein sinnvolles Konzept für die Fahrt in eine saubere

Zukunft ist und die gewohnte Dynamik der Fahrzeu-ge garantiert. Mit dem neuen Wasserstoff 7er wer-den diese Qualitäten nun auch in die Serie getra-gen. Noch in der Laufzeit der aktuellen 7er Reihewird die BMW Group das erste Serienfahrzeug mitWasserstoff-Antrieb in Kundenhand geben.

Die BMW Group nutzt auch die innovative Tech-nik der Brennstoffzelle. Der forcierte Einsatz vonElektronik in diversen Fahrzeugsystemen stellt andie Leistungsfähigkeit der Bordnetze immer höhereAnforderungen. Darüber hinaus sind die bisher ver-wendeten Energiewandler Lichtmaschine und Blei-batterie bezüglich Gewicht und Effizienz nicht opti-mal. Der BMW 750hL benutzt eine PEM-Brenn-stoffzelle als äußerst effiziente Versorgungsein-heit für das Bordnetz. Diese so genannte AuxiliaryPower Unit (APU) sorgt mit ihren 5 kW Leistung da-für, dass das Auto auch bei nicht laufendem Motorausreichend und umweltverträglich mit elektri-scher Energie versorgt wird. Klimaanlage, Stand-heizung, Kommunikationssysteme, Beleuchtungoder By-wire-Technologien können so in Zukunftunabhängig vom Motor betrieben werden. DieBrennstoffzelle hat damit das Potenzial für leis-tungsfähige 42-Volt-Bordnetze, die sich zurzeit inder Entwicklung befinden.

Wasserstoff ist aus heutiger Sicht die beste Option

für einen künftigen Kraftstoff – darin stimmt die weit

überwiegende Zahl der Experten überein. Die BMW

Group trägt dieser Tatsache Rechnung, indem sie

bereits seit Jahren eine kontinuierliche Entwick-

lungsarbeit für Wasserstoff-Fahrzeuge leistet. Das

Unternehmen setzt dabei auf den Verbrennungs-

motor als Antriebsaggregat, eine ausgereifte Tech-

nologie, mit deren Optimierung man jahrzehntelange

Erfahrung besitzt.

Verbrennungsmotor mit

WasserstofftechnologieAndreas Klugescheid, BMW Group

Technologie II / Mobilität durch Wasserstoff

Bivalenz sorgt für Alltagstauglichkeit

Der Motor des BMW 750hL ist sowohl für den Be-trieb mit flüssigem Wasserstoff als auch mit Ben-zin ausgelegt (Bivalenz). Nur der Wasserstoffver-brennungsmotor bietet diese Option, die in der Ein-führungsphase von Wasserstoff als Energieträgereine kundenfreundliche Versorgung mit Treibstoff– sei es nun Benzin oder Wasserstoff – garantiert.Auf diese Weise lassen sich die Probleme der heu-te noch fehlenden Wasserstoff-Infrastruktur aus-gleichen.

Das Fahrzeug verfügt neben seinem 140-l-Was-serstofftank zusätzlich über einen Benzintank, derdie Reichweite von 300 auf 900 km vergrößert.

Fortschrittliche Bordnetz-Stromversorgung:

Der BMW 750hL bekommt eine Brennstoffzellen-APU (Auxiliary Power Unit) mit einer Leistung von 5 kW.

Die technischen Daten des BMW 750hL:

Motor:

Typ: 12-Zylinder-V-MotorHubraum: 5,4 lLeistung: 150 kW / 204 PSDrehmoment: 300 Nm bei 4.500 U / minBeschleunigung 0–100 km / h: 9,6 sHöchstgeschwindigkeit: 226 km / hReichweite: ca. 300 km mit Wasserstoff

plus 600 km mit Benzin

Tank:

Volumen: 140 l H2, das entsprichtca. 40 l Benzin

Betriebsdruck: 1–4 barBetriebstemperatur: –253 °C

4948

Engagement für Infrastruktur

Rund 16.400 Tankstellen gibt es heute in Deutsch-land für Benzin und Diesel, für Wasserstoff exis-tiert jedoch erst eine einzige öffentliche Tankstelleam Münchener Flughafen. Voraussetzung für die flä-chendeckende Einführung wasserstoffgetriebenerAutos ist aber ein engmaschiges Tankstellennetz.Um diese Entwicklung voranzutreiben, engagiertsich die BMW Group in der „Verkehrswirtschaft-lichen Energiestrategie“ (VES), deren Ziel ein flä-chendeckendes Versorgungsnetzwerk für die neueumweltfreundliche Energie ist. Führende Unter-nehmen aus der Automobil- und Energieindustrieschlossen sich hier zusammen. Die BMW Groupwar 1998 initiativ an der Gründung der VES betei-ligt. Die deutsche Bundesregierung unterstützt undmoderiert die Arbeit dieser Gruppe.

Clean Energy Partnership

Dem Ziel, die Alltagstauglichkeit von Wasserstoffzu erproben, dient ein Kooperationsprojekt derVES: die Clean Energy Partnership (CEP), ein ge-meinsames Projekt von Aral, BMW, BVG, Daim-lerChrysler, Ford, GHW, Linde, MAN und Opel, dieim Juni 2002 gegründet wurde. Im Rahmen diesesauf fünf Jahre angelegten Projekts entsteht in

Berlin eine Wasserstofftankstelle, an der sowohlWasserstoff vor Ort aus Wasser erzeugt als auchtiefkalt und flüssig angeliefert und gespeichertwird. Ein elementares Ziel des Projekts ist derNachweis der positiven Effekte auf die Umwelt.Der Wasserstoff soll deshalb so weit wie möglichmittels regenerativer Energien hergestellt werden,also etwa durch Strom aus Wasser- oder Wind-kraft. Damit fallen im gesamten Kreislauf von Er-zeugung bis Nutzung praktisch keine unerwünsch-ten oder umweltschädigenden Emissionen an.

Die neue Technologie hat jedoch heute noch ei-nen hohen Preis: Ein Vergleich mit konventionellenKraftstoffen zeigt, dass zurzeit nur Wasserstoff,der teilweise aus Erdgas hergestellt wurde, ohneSteuern günstiger als versteuertes Benzin an derTankstelle ist. Nutzt man Biomasse, Windenergieoder Sonne als Primärenergie, wird der Benzin-Tankstellenpreis von rund 11 Cent / kWh (mit Steu-ern) noch deutlich überschritten. Allerdings ist zuerwarten, dass durch weitere Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten die Erzeugungskosten fürWasserstoff aus erneuerbaren Energien sinkenwerden. In Verbindung mit einer Harmonisierungzumindest der europäischen Energiebesteuerungund den zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklun-gen wird Wasserstoff aus erneuerbaren Energie-quellen mittel- und langfristig seine Position er-heblich verbessern können.

Prototyp des BMW 745h mit

Wasserstoffverbrennungsmotor:

Saubere Energie für ein sauberesFahrzeug

CleanEnergy World Tour 2001 in Los Angeles:

Die BMW Group präsentiert die BMW 750hL-Flotte mitWasserstoffverbrennungsmotor in Kalifornien, demMusterland der Emissionsgesetzgebung.

5150 Technologie II / Mobilität durch Wasserstoff

Konzeptfahrzeuge und Demonstration

der Machbarkeit

Die Vorteile und Potenziale des Brennstoffzellen-antriebes konnten mit den ersten Konzeptfahrzeu-gen (NECAR 1, NECAR 2) bereits Mitte der 90erJahre gezeigt werden. Die Weiterentwicklungführte zu NECAR 4, der ersten A-Klasse mit Brenn-stoffzelle, die 1999 präsentiert wurde, NECAR 4fährt im NEFZ (Neuen Europäischen Fahrzyklus) miteinem Wirkungsgrad von 37 % und verbraucht beieiner Nennleistung von 70 kW nur 3,7 l Dieseläqui-valent für 100 km. Das komplette Brennstoffzellen-system passt bereits in den Sandwichboden. DasSegment der Stadtbusse wurde 1997 mit dem er-sten Niederflurbus (NEBUS) mit 250 kW Nennleis-tung belegt.

NECAR 3 (1997) und NECAR 5 (2000) repräsen-tieren den Technologiepfad der chemischen Was-serstoffspeicherung in Form von Methanol. Geradefür die Erzielung von hohen Reichweiten und zurKostenminimierung bei der Umstellung auf die notwendigen Versorgungsinfrastrukturen erscheintdieses Konzept für einen breiten Einsatz im Indi-

Seit Anfang der 90er Jahre entwi-

ckelt und erprobt DaimlerChrysler

verschiedene Brennstoffzellen-

konzepte für Pkws, leichte Nutz-

fahrzeuge und Busse. Als Energie-

träger kommen Wasserstoff und

Methanol zur Anwendung. In

internationalen Kooperations-

projekten und Flottentests bei

Kunden werden nun Technik und

notwendige Infrastrukturen im

Großmaßstab erprobt.

Mobil mit Brennstoffzelle

und WasserstoffHans-Peter Schmid, DaimlerChrysler AG

vidualverkehr viel versprechend. Tank, Stromerzeu-gungssystem und Reformereinheit passen auch beiNECAR 5 in den Zwischenboden.

Leichte Nutzfahrzeuge, die vor allem im Flotten-einsatz betrieben werden, stellen eine ideale Anwendung für Wasserstoff-Brennstoffzellenfahr-zeuge dar. Mit dem Brennstoffzellenantrieb imMercedes-Benz Sprinter gelingt 2001 schließlichder Nachweis der Machbarkeit auch in diesemFahrzeugsegment.

Nach der Phase der Demonstration der Mach-barkeit und Nachweis der spezifischen Vorteile wer-den die jeweiligen Versuchsträger unter Alltags-bedingungen getestet. Parallel dazu hat Daimler-Chrysler Kooperationsprojekte angestoßen, dieFragen zur Infrastruktur für alternative Kraftstoffefür die Brennstoffzelle untersuchen. Ein Beispiel istdie California Fuel Cell Partnership, die 1998 zu-sammen mit kalifornischen Regierungsbehörden,der Ford Motor Company und Ballard PowerSystems initiiert wurde. Inzwischen sind alle gro-ßen Automobilfirmen, Mineralölfirmen und eineReihe von Technologieunternehmen aktive Partner.In Deutschland engagiert sich DaimlerChrysler inder Clean Energy Partnership (CEP). Im Rahmendieser Kooperation wird in Berlin eine Wasser-stofftankstelle eingerichtet. Sie dient verschiede-nen Fahrzeugherstellern zur Betreibung und Erpro-bung von Testflotten.

Alltagstest: Hermes Versand Service

Das weltweit erste Brennstoffzellenfahrzeug inKundenhand ist ein Mercedes-Benz Sprinter.

In einer zweijährigen Testphase werden von2001 bis 2003 Erfahrungen im täglichen Paket-dienst gesammelt. Das Fahrzeug beliefert zirka 60Endkunden pro Tag. Bis zur Hälfte der Projektlauf-zeit absolvierte das Fahrzeug eine Laufleistung von15.000 km, ohne gravierende Probleme im Brenn-stoffzellensystem.

Die California Fuel Cell Partnership: Neben derPrüfung der Brennstoffzelle unter typischenFahrbedingungen werden die Partner Fragenzur Infrastruktur der Brennstoffversorgung definieren und die Vorbereitung des kaliforni-schen Markts auf die neue Technologie in dieWege leiten.

Als echtes Null-Emissions-Fahrzeug erzielt der Mercedes-BenzSprinter mit einer Leistung des Elektromotors von 55 kW eineHöchstgeschwindigkeit von 120 km / h.

Die Brennstoffzellen-Technik an Bord (gelb)schränkt den Laderaum des Sprinter-Kasten-wagens nicht ein.

52Alltagstest: NECAR 5 „Coast to coast“

Ein weiterer Meilenstein zur Alltagsreife einesBrennstoffzellenfahrzeuges ist die erfolgreicheDurchquerung des amerikanischen Kontinents vonNECAR 5 vom 20. Mai bis 4. Juni 2002. Auf demWeg von San Francisco nach Washington D.C. wur-den in zwölf Tagen 5.250 km – ein neuer Langstre-ckenrekord – mit einer Durchschnittsgeschwindig-keit von 61,7 km / h absolviert. Die erfolgreicheÜberquerung der Rocky Mountains brachte mit2.675 m ü. NN und insgesamt mehr als 1.200 kmüber 1.800 m ü. NN neue Höhenrekorde. Fahren in„real world conditions“ bei Temperaturen zwischen–1 °C bei Schnee, Regen und Hagel, und 35 °C aufden Highways und im stop & go in Großstädten de-monstriert eindrücklich den aktuellen technischenStand der Technologie von DaimlerChrysler und sei-nem Entwicklungspartner Ballard Power Systems.

Flottentest: 30 Busse in

zehn europäischen Städten

Im Rahmen des europäischen Busprojektes CUTEund ECTOS wird der erste Großflottentest mit 30 Citaro-Brennstoffzellenbussen auf Basis des Mercedes-Benz Citaro in zehn europäischen Städ-ten von 2003 bis 2005 durchgeführt. Für diesenTest haben die Verkehrsbetriebe von Amsterdam,Barcelona, Hamburg, London, Luxemburg, Madrid,Porto, Reykjavik, Stockholm und Stuttgart jeweilsdrei Busse gekauft. Die Busse werden im Linien-einsatz betrieben. Dabei lassen sich Erfahrungenunter den verschiedensten klimatischen und topo-grafischen Gegebenheiten sowie Verkehrsbedin-gungen machen. Über die fahrzeugtechnischen Ziel-stellungen hinausgehend werden Aspekte einer

Wasserstoffinfrastruktur überprüft: Neben der de-zentralen Erdgasreformierung sollen 40 % desWasserstoffes aus regenerativen Energiequellengewonnen werden.

Flottentests:

60 Brennstoffzellen-A-Klassen

Eine Massenproduktion der Brennstoffzellentech-nologie für Fahrzeuge muss aufgrund der Stückzah-len und Marktpotenziale im Pkw-Bereich erfolgen.Dabei sind technische Synergiepotenziale zumBusantrieb offensichtlich. Für einen flächen-deckenden Pkw-Einsatz sind die Hürden auf Seitender Kraftstoffinfrastruktur jedoch wesentlich hö-her. Brennstoffzellen-Pkw, mit Druckwasserstoffbetankt, stellen einen ersten Schritt dar, denDaimlerChrysler mit A-Klassen geht. MehrereKleinflotten werden in Deutschland, USA, Japanund Singapur bei ausgewählten Kunden im Einsatzsein.

Ausblick

Die Brennstoffzelle ist neben der Wasserstoff-speichertechnik eine Schlüsseltechnologie für einezukünftige Wasserstoffwirtschaft. Der Einsatz imAutomobil stellt dabei wegen der großen Stück-zahl- und Marktpotenziale die Treiberrolle dar.

Aus fahrzeugtechnischer Sicht sind Kosten-reduktion, Entwicklung von Produktionsverfahren,Haltbarkeit und die Zuverlässigkeit von Brennstoff-zellensystemen die Hauptaufgaben für Forschungund Entwicklung in den nächsten Jahren.

DaimlerChrysler forciert diese Aufwendungenmit der Zielrichtung der Kommerzialisierung in einem Zehn-Jahreshorizont. Flottentests und Ko-operationsprojekte mit allen Beteiligten aus Politik,Kraftstoffwirtschaft und Zuliefererindustrie sinddazu unerlässlich.

Erfahrungen aus diesen Projekten werden dazubeitragen, offene Fragen bezüglich der Technologiesowie der Kraftstoffwahl und dem damit verbun-denen Aufbau einer neuen Infrastruktur zu beant-worten.

Die Brennstoffzelle auf dem Wegzum Kunden – Mit der Mercedes-Benz A-Klasse „F-Cell“ präsentiertDaimlerChrysler den ersten Serien-Pkw mit Brennstoffzelle, der ab2003 in einer Flotte von insgesamt60 Fahrzeugen international beiKunden im Praxistest sein wird.

NECAR 5 durchquert Amerika.

53

5554

û Weltweit wird dem Energieträger Wasserstoffdas Potenzial eingeräumt, eine tragende Rolle ineiner zukünftigen Verkehrswirtschaft zu überneh-men. Aus MAN-Sicht eignen sich sowohl Verbren-nungsmotoren als auch Brennstoffzellen für denAntrieb von Nutzfahrzeugen.

Seit Anfang der 90er Jahre entwickelt MANWasserstoffantriebe vorrangig für Stadtbusse.Busse im Flotteneinsatz können über eine begrenz-te Zahl von Tankstellen betankt werden und ermög-lichen damit einen Einsatz auch vor einer flächen-deckenden Versorgung mit Wasserstoff. Darüberhinaus bieten Niederflurbusse zusätzlichen Bau-raum am Dach zur Unterbringung von neuartigenAntriebssystemen mit erhöhtem Volumenbedarf.

Der weltweit erste Wasserstoffbus mit Flüs-sigwasserstoff-Speicherung wurde ab 1996 zweiJahre lang im regulären öffentlichen Nahverkehr inMünchen und Erlangen eingesetzt. Die Gesamt-

laufleistung lag bei ca. 42.000 km. Seit Mitte 1999fahren drei MAN-Niederflurgelenkbusse mit Was-serstoffantrieb auf dem Flughafen München undtransportieren sicher und zuverlässig Passagiereauf dem Vorfeld. Mit einer Fahrleistung von insge-samt mehr als 300.000 km im Zeitraum 1996–2002hat MAN die Alltagstauglichkeit der Antriebstech-nik mit Wasserstoff als Kraftstoff nachgewiesen.

Der erste MAN-Brennstoffzellenbus wurde imMai 2000 der Weltöffentlichkeit vorgestellt undnach Ablauf der Erprobung erfolgreich in einem sechsmonatigen Linienbetrieb im Großraum Nürn-berg getestet.

Alle vorgestellten Wasserstoffbusse wurdenvollständig in den Fuhrpark der Betreiber inte-griert, vom Betriebspersonal gefahren und betankt.Erfahrungsgemäß ist ein derartiger Praxistest eineechte Herausforderung für jedes neue Antriebssys-tem und zählt als wichtiger Prüfstein im Hinblickauf eine Serienfertigung.

Antriebskonzept Brennstoffzelle

Die Antriebstechnik des Niederflurbusses bildeteine PEM-Brennstoffzellenanlage, die eine elektri-sche Leistung von 120 kW bei einem Spannungs-bereich von 450–600 V für die Elektrotraktion be-reitstellt. Die Anlage besteht aus vier elektrisch inReihe geschalteten Modulen mit insgesamt 640Einzelzellen.

Neben dem Antrieb versorgt die BZ-Anlageauch die fahrzeugseitigen Nebenaggregate zurDrucklufterzeugung für Betriebsbremse und Fede-rung, Lenkunterstützung und Kühlung. Über einenDC / DC-Spannungswandler versorgt die BZ-Anlagedirekt das 24-V-Serienbordnetz des Busses.

Beim Elektroantrieb favorisiert MAN das Zen-tralmotorkonzept. Dieses hat sich bereits mehrfachin diesel-elektrisch betriebenen Fahrzeugen be-währt und greift auf Serienlösungen zurück. Für zukünftige Stadtbusse, die im Design an neue Antriebstechnologien angepasst werden, eröffnenRadnabenantriebe vielfältige Gestaltungsoptionenim Fahrgastraum.

Der elektrische Fahrantrieb setzt insbesondereim stadtnahen Umfeld neue Akzente. E-Antriebegewährleisten ausreichende Anfahrdrehmomenteund bieten hohen Fahrkomfort durch geräusch-armen Betrieb und ruckfreies Fahren.

Abhängig von der Infrastruktur bzw. den Kun-denanforderungen kann Wasserstoff in tiefgekühl-ter, flüssiger Form bei –253 °C oder hochverdichtet

bei Drücken > 250 bar im Fahrzeug gespeichertwerden. Während der erste Wasserstoffbus mitFlüssigwasserstoff betankt wurde, erhielten dieFlughafenbusse sowie der BrennstoffzellenbusSpeichersysteme für Druckwasserstoff.

Als wesentlicher Vorteil von Brennstoffzellen-Antriebssystemen gelten die hohen Wirkungs-grade im Teillastbereich. Systemgesamtwirkungs-grade von über 50 % sind erzielbar.

Sowohl der geräuscharme Betrieb als auch derniedrige Teillastverbrauch macht Brennstoffzellenattraktiv für Stadtfahrzeuge.

Zukunftsperspektive beim

Verbrennungsmotor

Die Verbesserung der Effizienz ist auch beim Ver-brennungsmotor ein Thema. Durch Direkteinsprit-zung von Wasserstoff in den Brennraum kann einVerbrennungsablauf wie im Dieselmotor realisiertwerden. In ersten Prototypanwendungen konntenbereits Wirkungsgrade von über 40 % nachgewie-sen werden. In Überland- bzw. Fernverkehrseinsät-zen, die im Betrieb höhere Volllastanteile auf-weisen, wird der Verbrennungsmotor seine Vor-machtstellung behaupten können.

Während der Verbrennungsmotor auf eine über100 Jahre lange Erfahrung zurückgreifen kann, sindbei Brennstoffzellen noch intensive Entwicklungs-arbeiten im Hinblick auf nutzfahrzeugspezifischeAnforderungen sowie Kostensenkung notwendig.

MAN-Nutzfahrzeuge hat mit Wasserstoff dieWeichen in Richtung Zukunft gestellt und wird inden nächsten Jahren die Entwicklung weitererFahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb bzw. Was-serstoff-Verbrennungsmotor fortsetzen.

Was noch vor wenigen Jahren als Vision galt, ist heute sichtbare Realität geworden: Wasserstofffahrzeuge

im täglichen Einsatz. Bestes Beispiel sind drei Busse, die seit 1999 auf dem Vorfeld des Flughafens in

München ihren Dienst versehen. Inzwischen summieren sich die Praxiserfahrungen mit Wasserstoff auf

einen Fahrbetrieb von mehr als 300.000 km. Ebenso erfolgreich stellt sich die Bilanz der Brennstoffzelle als

Fahrzeugantrieb dar: Der erste MAN-Brennstoffzellenbus wurde ein halbes Jahr im Einsatz getestet und

überaus positiv von Fahrern und Fahrgästen aufgenommen.

Wasserstoffbusse als Wegbereiter für

die zukünftige VerkehrswirtschaftChristian Gruber, MAN Nutzfahrzeuge AG

Technologie II / Mobilität durch Wasserstoff

Niederflurbus mit Siemens-Brennstoffzelle

Seit 1999 legten drei Wasserstoff-busse auf dem Vor-feld des MünchnerFlughafens mehr als300.000 Kilometerzurück.

Wasserstoff-Speicheranlage(1530 l, 250 bar)

E-Antrieb (2 x 75 kW) BZ-Module

(4 x 30 kW netto)Luftverdichter

Deionisator

LuftfilterWasserabscheider

Kühlsystem

Leistungselektronik,Bordnetzversorgung

Bremswiderstände

5756

û Um die beste Alternative zu heutigen Antriebs-konzepten zu finden, führten General Motors undOpel in den USA und Europa so genannte „Well-to-Wheel“-Studien durch. Dazu wurden zahlreicheKraftstoffwege auf Energieverbrauch und Treib-hausgas-Emissionen von der Quelle des Treibstoffsbis hin zum Fahrzeug untersucht. Ergebnis: MitWasserstoff betriebene Brennstoffzellen-Fahrzeu-ge haben das größte Potenzial. Treibhausgase las-sen sich durch diese Kombination drastisch redu-zieren und langfristig sogar ganz eliminieren.

Im Jahr 2000 präsentierten GM und Opel daserste Versuchsfahrzeug mit wasserstoff-betrie-benem Brennstoffzellen-Antrieb auf Basis des Serienmodells Zafira, den „HydroGen1“. Dieserstellte 15 Geschwindigkeits- und Distanzweltre-korde für Brennstoffzellen-Fahrzeuge auf.

Die Weiterentwicklung der Technologie führtezum „HydroGen3“. Den Ingenieuren gelangen da-bei einige entscheidende Verbesserungen: Zum ersten Mal ist keine Pufferbatterie mehr nötig, umLeistungsspitzen abzudecken. Das verbesserte An-triebssystem ermöglicht eine optimierte Anord-nung der Komponenten im Fahrzeug. Der Wasser-stoff wird entweder flüssig bei – 253 °C oder kom-primiert mit einem Maximaldruck von bis zu 700 barim Fahrzeug gespeichert. Der HydroGen3 wird denselben Tests wie Serienfahrzeuge unterzogenund dient als Basisfahrzeug für die ersten Flotten-demonstrationen.

Die Vereinten Nationen schätzen, dass sich der Fahrzeugbestand weltweit bis 2030 auf

etwa 1,6 Milliarden Autos verdoppeln wird. Schon heute verbrennt etwa die Hälfte der

weltweiten Erdölproduktion in Otto- und Dieselmotoren. Eine Lösung dieses Ressour-

cenproblems bieten mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzellen-Fahrzeuge. Durch die

Kombination von Brennstoffzellen-Antrieb und By-Wire-Technologie lassen sich dabei

auch völlig neue Gestaltungsideen realisieren.

Umweltfreundliche Technik –

ungeahnte DesignfreiheitErhard Schubert, Adam Opel AG

Technologie II / Mobilität durch Wasserstoff

Brennstoffzellen-Fahrzeug „HydroGen3 liquid“

Leistung der Brennstoffzelle (200 Zellen): 94 kWLeistung des Elektromotors: 60 kWHöchstgeschwindigkeit: 160 km / h Tankinhalt: 4,6 kg FlüssigwasserstoffReichweite: 400 km (EDC)Wirkungsgrad: 36 % (EDC)

5958

Skateboard-Chassis schafft

Platz für neue Ideen

Die technische Serienreife werden Brennstoffzel-len-Fahrzeuge voraussichtlich gegen Ende diesesJahrzehnts erreichen. Sie werden sich aber nurdurchsetzen, wenn zeitgleich auch die entspre-chende Infrastruktur für Wasserstoff vorhandenist. In Deutschland wären für eine flächendecken-de Basisversorgung etwa 1.500 Wasserstofftank-stellen nötig. Um ein solches Netz aufzubauen, istin jedem Fall die Unterstützung durch Regierungund Energieunternehmen erforderlich.

Brennstoffzellen bieten aber auch ganz andereMöglichkeiten: Verbindet man diese Technologiemit der By-Wire-Technik, bei der Fahrzeugfunktio-nen wie Lenken, Gasgeben und Bremsen elektro-nisch statt mechanisch gesteuert werden, lassensich völlig neue Ideen verwirklichen – zum Beispielder „GM AUTOnomy“: In diesem Konzeptfahrzeugist das gesamte Antriebssystem in einem skate-boardartigen Chassis untergebracht. Eine Andock-station in der Mitte des Chassis stellt eine schnelleund sichere Verbindung aller Fahrzeugsysteme für

Steuerung, Antrieb und Klimaanlage mit dem Fahr-gestell her. Das ermöglicht es, durch verschiedene,einfach auswechselbare Karosserieaufbauten einebreit gefächerte Modellpalette zu realisieren.

Nur acht Monate nach der Präsentation derStudie AUTOnomy stellte GM das weltweit ersteFahrzeug mit Brennstoffzellen-Antrieb und By-Wire-Technologie vor: den „Hy-wire“. Da das Antriebs-system im Skateboard-Chassis untergebracht ist,konnten die Designer den Innenraum völlig andersals bei herkömmlichen Autos gestalten – frei vonjeglichen Restriktionen.

Brennstoffzellen-Fahrzeug mit

By-Wire-Technik: „GM Hy-wire“

Der Hy-wire wird mittels einer Steuereinheit ge-lenkt, beschleunigt und gebremst. Diese Steuer-einheit basiert auf der By-Wire-Technologie, dieauch in der Luftfahrt verwendet wird. Mit dem Modul lässt sich der Hy-wire sowohl als Links- wieauch als Rechtslenker betreiben. Weiterer Vorteil:Die Sicht des Fahrers wird nicht durch einen kon-ventionellen Motor versperrt.

Beim „GM AUTOnomy“ ist das gesamte Antriebssystemin einem skateboardartigen Chassis untergebracht. DerVorteil: Durch verschiedene, einfach auswechselbare Karosserieaufbauten ist eine breit gefächerte Modell-palette realisierbar.

û Die Entwicklung von Brennstoffzellen-Hybrid-fahrzeugen bei Toyota begann im Jahr 1992 mit derVerfolgung zweier grundlegender Strategien tech-nischer Entwicklung: unabhängige Entwicklungsämtlicher Schlüsseltechnologien und verschiede-ne Ansätze zur Vorbereitung auf die Veränderungder gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. DieBrennstoffzelle bildete einen Teil dieser Strategieund es wurden umfassende Forschungs- und Ent-wicklungsarbeiten aufgenommen – von Werkstof-fen über Komponenten und Strukturen bis hin zurFertigungstechnik.

Der erste Prototyp eines Fahrzeugs, bei demWasserstoff durch Absorption in einer Titanlegie-rung gespeichert wurde, wurde im Jahr 1996 ent-

wickelt. Ein Jahr später entwickelte Toyota das er-ste Prototyp-Fahrzeug mit integriertem Methanol-Reformer. Weder die eine noch die andere Techno-logie konnte sich jedoch mit vorhandenen konven-tionellen Antriebssystemen messen.

Wirkungsgradverbesserung durch

Hybrid-Technologie

Die Leistungsfähigkeit des im Jahr 1997 mit demPrius vorgestellten Toyota-Hybridsystems („THS“)zeigte, dass das technische Konzept sehr vielversprechend war und vom Markt äußerst positivaufgenommen wurde. Daher wendete Toyota dasTHS-Konzept auch auf Brennstoffzellen-Fahrzeugean. Um den Betrieb der Brennstoffzellen möglichstim Bereich ihres höchsten Wirkungsgrads (Ge-schwindigkeitsbereich zwischen 40–80 km / h) hal-ten zu können, werden Batterien zur Überbrückung

61

In einer Welt, die sich immer mehr der Zerbrechlichkeit ihrer Umwelt bewusst wird, hat sich Toyota das Ziel

gesetzt, das „ultimative Ökomobil“ auf den Markt zu bringen. Aus den Erfahrungen des Unternehmens bei

der Entwicklung von Brennstoffzellen-Hybridfahrzeugen (FCHV) und vor dem Hintergrund der mit dem Über-

gang zu Brennstoffzellen-Fahrzeugen einhergehenden gesellschaftlichen Herausforderungen geht Toyota

davon aus, dass das heutige Auto nicht von heute auf morgen durch Brennstoffzellen-Hybridfahrzeuge er-

setzt werden kann. Angesichts von weltweit mehr als 700 Millionen konventionell betriebenen Fahrzeugen,

haben die Bemühungen, diese energiesparender und schadstoffärmer zu machen, erste Priorität. Toyota ist

davon überzeugt, dass der beste Weg zur Meisterung dieser Herausforderung in der gleichzeitigen Erfor-

schung verschiedener Technologien besteht.

Brennstoffzellen-Hybridfahrzeug: Toyotas

Strategie der EnergiediversifizierungKazuhiko Takahashi, Toyota Motor Corporation

60 Technologie II / Mobilität durch Wasserstoff

bzw. Unterstützung anderer Fahrzustände einge-setzt. Hierdurch konnte Toyota den Wirkungsgradder Fahrzeuge erheblich verbessern. Die Fusion derBrennstoffzelle mit der Weiterentwicklung der Hybrid-Technologien, wie zum Beispiel das regene-rative Bremssystem, gewann an Bedeutung. DerFahrzeugwirkungsgrad des im Jahr 2001 vorge-stellten FCHV-4, bei dem unter Hochdruck gespei-cherter Wasserstoff eingesetzt wurde, ist zirka dreimal so hoch wie der von Benzin betriebenen,vergleichbaren Fahrzeugen und zirka 1,7-mal sohoch wie der von Hybridfahrzeugen gemessen im„10–15-Modus“, dem Japanischen Testzyklus fürTreibstoffverbrauch und Emissionen.

Die Hybrid-Technologie von Toyota

Motor

Leistungs-regler

Brennstoffzellen-Hybridfahrzeug von Toyota

Sekundär-batterie

* Erdgasbasis** Messung des elektrischen Stroms

Japanischer 10–15-Betrieb (Angabe von Toyota)

Gesamtwirkungsgrad (Well-to-Wheel)

0 10 20 30 40

88

88

58*

58*

70

Benzinfahrzeuge

Prius

H2-Fahrzeug

FCHV-4

FCHV (Ziel)

16

30

38**

50**

60

Tank to Wheelin %

Well toTankin %

Well to Wheel in %

22 %

26 %

14 %

29 %

42 %

Brennstoffzelle

Motor

Leistungs-regler

Verbrennungsmotor-Hybridfahrzeug

Sekundär-batterie

Motor

1996 Wasserstoffspeicherung inMetalllegierung

1997 Methanol-Reformer

2001 FCHV-3, Wasserstoffspeicherung in Metalllegierung

2001 FCHV-4, Hochdruck-Wasserstoff-speicherung

2001 FCHV-BUS1, Hochdruck-Wasserstoff-speicherung

2001 FCHV-5, CHF-Reformer

1992 Beginn der Entwicklungs-

arbeiten

±

±

±

±

±

±

±

2002 FCHV-BUS2, Hochdruck-Wasserstoff-speicherung

±

2002 Beginn der Markteinführung

Toyota FCHV±

AlternativeEnergie Dieselmotoren Benzinmotoren Elektrofahr-

zeuge

CNG Diesel DI Lean Burn (Schichtlade Betrieb)

D-4

THS

FCHV

Hybrid-Technologie

VVT-i

EV

FCHV: Brennstoffzellen-HybridfahrzeugTHS: Toyota Hybrid-SystemD-4: Benzin-DirekteinspritzungDI: Diesel Common Rail DirekteinspritzungVVT-i: Intelligente variable VentilsteuerungCNG: Erdgas EV: Elektrofahrzeug

Ultimatives ÖkomobilKonzept von Toyota zur

Minderung von CO2-Emissionen

Wasserstoffbrennstoffzellen-

Hybridfahrzeuge im Straßenverkehr

unterwegs

Im Jahr 2001 begann Toyota mit der Erprobung desFCHV-4 im öffentlichen Straßenverkehr in Japanund in den USA. Sieben Testfahrzeuge des FCHV-4haben bislang insgesamt 130.000 km zurückgelegtund dabei wertvolle Daten für die Kommerzialisie-rung von Brennstoffzellen-Hybridfahrzeugen gelie-fert. Auf Grundlage dieser erfolgreichen Ergebnissehat Toyota am 2. Dezember 2002 das „TOYOTA-FCHV“ an vier zentrale Regierungsbehörden in Japan und an zwei Universitäten in Kalifornien ver-least und vermarktete damit als erster Automobil-hersteller ein Brennstoffzellen-Fahrzeug.

Beim TOYOTA-FCHV handelt es sich um eineWeiterentwicklung des FCHV-4 mit einer von Toyotaeigenständig entwickelten Brennstoffzelle. Das

Fahrzeug hat eine Leistung von 90 kW, eine Höchst-geschwindigkeit von über 155 km / h und eine Reich-weite von über 300 km. Diese Leistung stellt nachinternationalen Maßstäben den neuesten Standder Technik dar. Die darüber hinaus von Toyota undHino Motors im Juni 2001 und September 2002 angekündigten Entwicklungen des FCHV-BUS1bzw. des FCHV-BUS2 (Großraum-Linienbusse) wer-den gegenwärtig im öffentlichen Straßenverkehrerprobt.

Ein Brennstoffzellen-Hybridfahrzeug

für verschiedene Energiequellen

Auf längere Sicht geht Toyota davon aus, dass sichWasserstoff sehr wahrscheinlich zum zukunfts-trächtigsten „sauberen“ Brennstoff entwickelnwird. Da es jedoch schwierig ist, innerhalb kurzerZeit eine Wasserstoff-Infrastruktur aufzubauen, ar-beitet Toyota gegenwärtig an der Entwicklung vonBrennstoffzellen-Hybridfahrzeugen mit integriertenReformern. Die im Oktober 2001 von Toyota ange-kündigte Entwicklung des FCHV-5 verwendet einen

Reformer für so genannte saubere Kohlenwasser-stoff-Kraftstoffe, so genannte CHF. Das FCHV-5 be-findet sich noch im Entwicklungsstadium – weitereVerbesserungen, wie zum Beispiel die Verkleine-rung sowie die Verkürzung der Ansprechzeit desReformers, sind Ziele. Toyota arbeitet mit Hoch-druck weiter an der Erforschung möglicher Kraft-stoffe wie Methanol und CHF.

Schlüssel zur Akzeptanz:

Zusammenwirken von Fahrzeugen,

Brennstoff und Infrastruktur

Aus Sicht von Toyota werden Brennstoffzellenfahr-zeuge noch viele Hindernisse überwinden müssen,bevor sie konventionellen Fahrzeugen mit Verbren-nungsmotoren im Hinblick auf Kosten, Haltbarkeitund Zuverlässigkeit überlegen sein werden.

Die Auswahl des Kraftstoffs erfordert auch einekooperative Technologieentwicklung durch dieKraftstoffproduzenten. Fahrzeugtechnische Vor-schriften und Normen sowie eine gesellschaftlicheAnerkennung des Potenzials von Wasserstoff alsFahrzeugkraftstoff stellen weitere wesentlicheFaktoren dar. Toyota ist davon überzeugt, dass einebegrenzte Markteinführung zu Testzwecken im Ver-lauf des Jahres 2002 einen wichtigen Beitrag zurLösung dieser Probleme leisten wird.

Beschränken Kosten, Reichweite und Infra-struktur zunächst den Einsatz von Brennstoffzellen-Fahrzeugen, wird im Verlauf der nächsten zweiJahrzehnte eine breite Akzeptanz erwartet.

Auf dem Weg zu einem

Pionier der Automobiltechnik des

21. Jahrhunderts

Es wird allgemein davon ausgegangen, dass sichdie Gesellschaft durch Überwindung von Umwelt-und Ressourcenproblemen mittels Energiediversi-fizierung in Richtung einer Nullemissionsgesell-schaft entwickeln wird. Vor diesem Hintergrundbesitzt Wasserstoff ein attraktives Potenzial undBrennstoffzellen werden zweifellos eine wichtigeRolle als Energiequelle für Automobile spielen.

Durch die Kombination von Brennstoffzellen mitHybridtechnologien kann ein System geschaffenwerden, das sich wie ein lebender Organismus verhält, das Energie effizient speichert und ver-braucht. Toyota kann es vielleicht nicht mit derWeisheit der Natur aufnehmen, aber das Unter-nehmen hat sich zum Ziel gesetzt, Pionier der Auto-mobiltechnik im Zeitalter der Energiediversifizie-rung zu werden, indem es sich den vielfältigen Herausforderungen, vor welchen das FCHV steht,entschlossen stellt.

6362

Toyota-FCHV bei derErprobung im Straßen-

verkehr in Japan

FCHV-4 bei der Erprobung im Straßen-verkehr in den USA

Probleme bei der Marktdurchdringung von Brennstoffzellen-Fahrzeugen

Erfordert Zusammenarbeit zwischenBehörden, Energieunternehmen undAutomobilherstellern

Y Brennstoffe für Brennstoffzellen-Fahrzeuge, Brenn-stoffauswahl, Vorbereitung der Kraftstoffinfrastruktur

Y Fahrzeugtechnische Vorschriften und Normen

Erfordert umfassende Information der Öffentlichkeit

Y Reibungsloser Übergang zur Wasserstoffenergie-Gesellschaft

Entwicklung durch Automobilhersteller

Y Brennstoffzellensystem: Wirkungsgrad, Größe, Kosten, Zuverlässigkeit, Strapazierbarkeit,Fahrzeugstart bei niedrigen Temperaturen

2001 2005 2010 2020 2030

Demonstrations-erprobung

Prognose: Markteinführung Brennstoffzellen-Fahrzeuge

Zeitalter der Konkurrenz zwischenKosten und Produkten

Zeitalter der Konkurrenzzwischen Technologien

Flottenerprobung /Begrenzte Markteinführung

Breite Markteinführung

Toyota-FCHV imöffentlichen Straßen-

verkehr in Japan

64

Der ÖPNV1 in deutschen Städten ist mit wenigen Ausnahmen

durch zwei Systeme geprägt: elektrische Schienenfahrzeuge

(Straßenbahn, U-, S-Bahn) und Diesel getriebene Busse. Beide

Systeme besitzen spezifische Vor- und Nachteile. Brennstoff-

zellenbusse kombinieren die Vorteile beider Systeme, ohne

jedoch die Nachteile in Kauf nehmen zu müssen.

Brennstoffzellenbusse –

die Zukunft des

öffentlichen Nahverkehrs?Felix Heidelberg, PROTON MOTOR GmbH

Technologie II / Mobilität durch Wasserstoff

û Schienenfahrzeuge erfreuen sich in der Regelhoher Akzeptanz bei Fahrgästen, u. a. durch ihreAbgasfreiheit, erfordern aber aus Sicht der Betrei-ber eine teure und unflexible Infrastruktur (Schie-nen, Oberleitung). Busse gelten dagegen für dieFahrgäste häufig als Verkehrsmittel zweiter Wahl,u. a. wegen ihres geringeren Fahrkomforts. Betrei-ber schätzen andererseits Busse wegen ihrer gro-ßen Flexibilität, dem geringen Infrastrukturbedarfund der vergleichsweise niedrigen Fahrzeugkosten.Verkehrsbetriebe berichten darüber hinaus von zu-nehmenden Problemen bei den Straßenanwohnernaufgrund der Lärmentwicklung – bei den Bussenwegen des Dieselantriebs, bei Straßenbahnenwegen der Rad-Schiene-Technik.

Vorteile der Systeme kombinieren

Ein neues Verkehrsmittel kann die Vorteile beiderSysteme kombinieren und deren jeweiligen Nach-teile vermeiden: Der Brennstoffzellenbus.

Durch die Energiewandlung in der Brennstoff-zelle, die, abgesehen von Nebenaggregaten, ge-räuschlos arbeitet, wird der elektrische Strom ohneAbgase erzeugt. Dabei ermöglicht der Einsatz eineselektrischen Antriebssystems höchsten Fahrkom-fort sowie sehr dynamische Fahrleistungen. Letzte-re führen zu kürzeren Streckenzeiten und demnachzu weniger Bussen im Einsatz auf der Linie.

PROTON MOTOR Brennstoffzellenbus

200

150

100

50

0

-50

-100

-1500 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100Zeit in s

Leis

tung

in k

W

Fahrzyklus eines Stadtbusses – Speicherung

Bremsenergie mit MDS Magnetdynamischer

Speicher

1 2 3 4

1 Beschleunigung2 Beharrung3 Bremsen4 Haltestelle

Zeitmittelleistung

Der Einsatz von elektrischen Zwischenspei-chern erlaubt (s. Abb.) die Rückgewinnung derBremsenergie und eine ökonomische Auslegungder Brennstoffzellenleistung entsprechend derZeitmittelleistung (statt nach der Spitzenleistung).Dies bedeutet, dass Busse mit einem solchen Spei-cher bei gleichen Fahrleistungen nur mit rund derHälfte der Brennstoffzellenleistung ausgestattetwerden müssen. Hierfür bietet sich vor allem einMagnetdynamischer Schwungradspeicher (MDS)an. Auch Doppelschichtkondensatoren („Super-cap“) bieten zunehmend Möglichkeiten zumZwischenspeichern der Bremsenergie.

Der Ersatz des mechanischen Antriebsstrangsdurch einen elektrischen ermöglicht auch neueFahrzeugkonzepte wie die so genannte Busbahnmit stark erweitertem Fahrgastraum und -komfort.

In Bayern hat sich der Brennstoffzellenherstel-ler PROTON MOTOR in Starnberg mit ersten Bus-antriebssystemen mit Zwischenspeicher für denNahverkehr (s. Abb.) etabliert, denen 2003 u. a. dieweltweit ersten Doppeldeckerbusse mit Brenn-stoffzellenantrieb folgen sollen.

Die Leistungsspitzen werdenvom MDS geliefert

Bremsleistung,die in den MDSzurückgespei-chert werdenkann.

1 Öffentlicher Personennahverkehr

65

û Die Leistungsdichte der Ballard Brennstoffzel-lensysteme wurde allein im Lauf der letzten vierJahre um mehr als 60 % erhöht. Auch die Wir-kungsgrade des Gesamtsystems aus Brennstoffzel-len-Stack und Peripherie wie Reformer, Kompres-soren und Steuereinheiten haben sich stetig ver-bessert. So kann ein 68 kW netto starkes Brenn-stoffzellen-System vom Typ Xcellsis® HY-80 mit220 l Volumen und einem Gewicht von 220 kg heutebereits ohne Einschränkungen in einen Kleinwageneingebaut werden. 1994 benötigte man noch dengesamten Laderaum eines Transporters für einBrennstoffzellensystem mit einer Brutto-Leistungvon 50 kW.

Brennstoffzellen-Antriebe arbeiten, gerade imTeillastbereich, in dem wir uns die meiste Zeit auf-halten, mit höchstem Wirkungsgrad (bis zu 50 %).Im Europäischen Fahrzyklus, der das typische Ver-halten eines Fahrzeuges auf unseren Straßennachempfindet, wurde bei Brennstoffzellen-Fahr-zeugen mit 37 % schon der doppelte Wirkungsgradeines normalen Benziners (18 %) gemessen.

Akzeptanz bei Fahrzeugherstellern

Brennstoffzellen-Antriebe sind, bezogen auf ihrAnsprechverhalten und ihre Dynamik, mit Antrie-ben konventioneller Fahrzeuge inzwischen durch-aus vergleichbar geworden. Sie arbeiten zuverläs-sig unter verschiedensten Bedingungen: Dies bele-gen mehrere Testfahrten, zum Beispiel eine Durch-querung der Vereinigten Staaten von San Francisconach Washington über 5.250 km im Mai 2002.

Ballard Power Systems lieferte 2002 weltweitmehr Systeme und Brennstoffzellenmodule aus, alsin allen vorangegangenen Jahren zusammen. Zuden Kunden gehören unter anderem DaimlerChrys-ler, Ford, Honda und Nissan.

Zum Einsatz kommen Polymer-Elektrolyt-Mem-bran-Brennstoffzellen (PEM). Als Treibstoff wirdWasserstoff, der flüssig, als Druckgas oder in chemischen Bindungen wie Methanol gespeichertwerden kann, verwendet.

Im Rahmen eines europäischen Busprojektes(European Fuel Cell Bus Project) werden 30 Was-serstoff-Busse mit Brennstoffzellen-Systemen von

je 205 kW Leistung ausgestattet und für zirka zweiJahre im Verkehrsbetrieb von zehn europäischenStädten getestet. Ab 2004 werden dann auch dreiNiederflurbusse der Marke Gillig für einen zwei-jährigen Betrieb in San José, Kalifornien, einge-setzt.

Voraussetzungen für die

Marktdurchdringung

Neben den vorhandenen Vorteilen wie keine odernur geringe Emissionen in Abhängigkeit vom Kraft-stoff, hoher Wirkungsgrad, geringes Geräusch-niveau, Fahrspaß und neue Fähigkeiten wird dieWeiterentwicklung der Systeme für die erfolg-reiche Markteinführung entscheidend sein. Haupt-augenmerk wird hier auf die Bereiche Kaltstartver-halten, Widerstandsfähigkeit und Zuverlässigkeit,Gewicht und Volumen, Lebensdauer und Kostenre-duzierung gelegt.

Neben der technischen Fortentwicklung wird esin Zukunft auch darauf ankommen, inwieweit ge-eignete Bedingungen für einen Konzeptwandel unddie weitere Kommerzialisierung geschaffen wer-den. Dabei spielen die umwelt- und energiepoliti-schen Rahmenbedingungen, aber auch die Frageeiner geeigneten Infrastruktur für alternative Kraft-stoffe, eine wichtige Rolle.

Die Geschichte des Brennstoffzellen-Antriebs ist mit knapp 20 Jahren

noch vergleichsweise kurz. Für einen weit reichenden Einsatz in Fahrzeu-

gen sind jedoch nicht nur weitere technische Verbesserungen relevant.

Hoher Wirkungsgrad: Brennstoff-

zellen-Antriebe für FahrzeugeJochen Straub, Ballard Power Systems AG

1994 1997 1999 1999 2000 2000 2001

6766

û Der Brennstoffzellen-Antrieb ist die ideale Lö-sung für nicht-nukleare U-Boote. Er genügt denhöchsten Ansprüchen an extreme Energie-Um-wandlung und denkbar geringe Signaturen, wieWärmeabgabe oder Geräuschentwicklung. Er istlautlos und entwickelt keine Wärme, die außerhalbdes Bootes feststellbar ist. Damit ist die Brenn-stoffzellen-Technologie eine echte nicht-nukleareAlternative für den außenluftunabhängigen An-trieb.

U-Boot in erster Erprobungsphase

Das erste U-Boot mit Brennstoffzellen-Antriebweltweit ist das „U 31“ der Deutschen Marine. DasBoot der von HDW entwickelten U-Boot-Klasse212 A schwimmt seit April 2002 und befindet sich in der ersten Erprobungsphase. Die Deutsche Marine wird vier U-Boote dieser Klasse erhalten.HDW hat daneben mit der U-Boot-Klasse 214 eineExportversion entwickelt, die bereits von den Mari-

nen Griechenlands und Süd-Koreas bestellt wurde.HDW-Brennstoffzellen-Antriebe bietet die Werftnicht nur für neu entwickelte U-Boot-Klassen an,sondern auch zum nachträglichen Einbau in beste-hende diesel-elektrische U-Boote.

Der Weg zu serienmäßigen Brennstoffzellen warlang. Bereits frühzeitig erkannten die Howaldts-werke-Deutsche Werft AG, Ferrostaal AG und dasIngenieurkontor Lübeck das Potenzial der Brenn-stoffzellen-Technologie und begannen in den spä-ten 70er Jahren mit der Entwicklung einer Brenn-stoffzellen-Anlage. Die überzeugenden Ergebnisse

in den 80er Jahren, erst in einer Landtest-Anlage,dann auf See in einem umgebauten U-Boot, führ-ten zu dem Auftrag der Deutschen Marine, die alserste der Welt Brennstoffzellen-U-Boote fahrenwird.

Auch Reformertechnologien

zukünftig möglich

Die Siemens AG, Hersteller der Brennstoffzelle,hat viele unterschiedliche Zellentypen untersucht.Die Tests haben gezeigt, dass die PEM-Zellen sehrleistungsfähig sind und daher in den U-Boot-Klas-sen 212 A und 214 zum Einsatz kommen. Die Booteführen ihren Vorrat an Sauerstoff in druckfestenTanks und Wasserstoff in Metallhydrid-Zylindernaußerhalb des Druckkörpers mit. Für die Zukunftarbeitet HDW an Reformertechnologien, um denWasserstoff an Bord aus anderen Energieträgernwie Methanol, Naturgas, Kerosin oder Dieseltreib-stoff zu erzeugen.

„Air-independent propulsion“ (AIP) ist heute das

Schlüsselwort in der Welt der U-Boot-Fahrer. Fast

unbegrenzte Zeit können nur nuklear angetriebene

U-Boote unter Wasser in Fahrt bleiben. Diesel-elek-

trische Schiffe mussten bisher nach zwei bis drei

Tagen Unterwasserfahrt auftauchen, um ihre Batte-

rien nachzuladen. Der neue, voll erprobte Brenn-

stoffzellen-Antrieb von HDW verlängert diese Zeit

auf mehrere Wochen.

30. April 2002: „U 31“ geht zumersten Mal auf dem Synchroliftbei HDW ins Wasser.

Anordnung der Brennstoff-zellen in der Testanlagewie später im U-Boot.U-Boote mit Brennstoff-

zellen-Antrieb serienmäßigJürgen Rohweder, Howaldtswerke-Deutsche Werft AG

Technologie II / Mobilität durch Wasserstoff

Sauerstoff-Tanks

Zentrale

Brennstoffzellen-Module

Diesel-Aggregat

Metallhydrid-Zylinder für Wasserstoff

Fahrmotor

0,7 0,

8

6968

Die Miniatur-Brennstoffzelle:

Ein zweigeteiltes System

Ein Brennstoffzellen-System kann als Motor (freieWahl der Leistung) und Brennstoff-Speicher (freieWahl der Energiekapazität) aufgefasst werden.Dies steht im Gegensatz zu Batterien, bei denendie Funktionen Energievorrat und Leistung untrenn-bar verbunden sind. Eine Batterie wird in der Regelkomplett ersetzt, ein Brennstoffzellen-System kannzum Beispiel nach dem Tausch oder dem Nachfül-len einer Betriebsstoff-Kartusche weiterarbeiten.Ein entscheidendes Merkmal kleiner Brennstoff-zellen-Systeme ist dabei ihr Potenzial für höhereEnergiedichten im Vergleich zu wiederaufladbarenBatterien, also bedeutend geringeres Gewicht undVolumen bei vergleichbarer Leistung. Dies ermög-licht eine wesentlich längere Nutzungsdauer vonElektrogeräten.

Praxistauglichkeit muss noch

bewiesen werden

Bis zur praktischen Nutzung dieses Technologiepo-tenzials müssen jedoch noch einige Entwicklungs-fortschritte vollzogen werden: So müssen wegender zunehmenden Miniaturisierung auch die Brenn-stoffzellen kleiner werden. Weitere Anstrengun-

gen sind erforderlich, um ein weitgehend passivesWärme- und Wassermanagement zu realisieren.Außerdem muss ein geeignetes Energiemanage-ment, zum Beispiel zur Spannungsregelung, inte-griert werden. Für bestimmte Randbedingungen er-scheint sogar ein Hybridsystem aus Brennstoffzellemit Batterie oder Kondensator sinnvoll.

Wasserstoff oder Methanol?

Die Auswahl des Brennstoffs wird bestimmt durchdie Anforderungen an Volumen und Gewicht, denelektrischen Wirkungsgrad des Systems und dieLeistungscharakteristik des jeweiligen Brennstoff-zellen-Typs. Im kleinen Leistungsbereich werdenvorrangig Wasserstoff und Methanol diskutiert,aber auch chemische Hydride und sogar die Nut-zung von Kohlenwasserstoffen mit Mikroreformernwerden untersucht.

Wasserstoff-Brennstoffzellen haben eine höhe-re Leistungsdichte, d. h., das System kann schonbei geringem Platzbedarf und Gewicht eine hoheLeistung liefern. Methanol-Brennstoffzellen kom-men die Vorteile ihres Betriebsstoffes zugute, dennMethanol liefert mehr Energie bei gleichem Volu-men und Gewicht als zum Beispiel Wasserstoff ausHydridspeichern. Bei hoher Leistung ist daher prin-zipiell eine Wasserstoff-Brennstoffzelle im Vorteil,bei hohem Energiebedarf jedoch ein Methanol-System.

Mobiles Arbeiten mit Laptop, Telefon und Fotografie ist immer stärker

gefragt. Durch die hohen Energie- und Leistungsanforderungen moder-

ner Elektrogeräte könnten sich daher kleine Brennstoffzellen-Systeme

als echte Alternative zu den heute üblichen Batterien entwickeln.

Komplett integriertes Brennstoffzellen-System mit einer maximalen Leistung von50 W. Entwicklung des Fraunhofer ISE imAuftrag von LG Caltex, Korea.

10-W-Wasserstoff-Brennstoffzellen-System für einenCamcorder. Entwicklung der Fraunhofer-InitiativeMikrobrennstoffzelle unter Leitung des Fraunhofer ISE.

Miniatur-Brennstoffzellen-

Systeme – der Batterieersatz?Christopher Hebling, Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE /Ulf Groos, Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE

Technologie II / Portable Systeme

Li-Ionen-Akku

Ni-MH-Akku

Ni-Cd-Akku

Wasserstoff in Metallhydrid

Methanol

0 500 1.000 1.500 2.000 2.500

elektrische EnergiedichteWh / lEnergie pro Volumeneinheit

elektrische EnergiedichteWh / kgEnergie pro Gewichts-einheit

Vergleich der Energiedichten von Batterien mit

Betriebsstoffen von Brennstoffzellen

Kosten- und Zeitprognose

Die Kosten für Brennstoffzellen-Systeme werdenvoraussichtlich eines Tages vergleichbar mit denenvon Batterien sein – eine Massenfertigung voraus-gesetzt. Entscheidende Voraussetzungen sind dieReduzierung des Katalysatormaterials, die wirt-schaftliche Produktion von System- und Peripherie-elementen und die automatisierte Montage.

Derzeit deutet alles darauf hin, dass Nischen-anwendungen mit speziellen Randbedingungen dieersten Brennstoffzellen-Produkte sein werden, zumBeispiel für Sensoren, Langzeitdatenspeicher oderSignalsysteme, für medizinische Anwendungen,Sicherheitskameras, Backup-Systeme und militäri-sche Applikationen. Hier wird eine Markteinfüh-rung in den Jahren 2003 bis 2005 erwartet. Parallelwerden sich Brennstoffzellen als externe Energie-versorgung bzw. mobile Ladeeinheit etablieren, bevor sie voraussichtlich ab zirka 2006 geräteinte-griert, zum Beispiel in Laptops, marktverfügbarsein werden. Für die Akzeptanz bei Endverbrau-chern wird in jedem Fall auch die Frage der siche-ren und großflächigen Versorgung des Endverbrau-chers ein erfolgsbestimmender Faktor sein.

Platzbedarf von Wasserstoff- und Methanol-Brennstoffzellen-Systemen und Li-Ionen-Akkus,

abhängig von der gewünschten Betriebsdauer – Vergleich bei einem System mit 10 W Leistung

Li-Ionen-Akku

Methanol

Wasserstoff im Metallhydrid-speicher

0,350,

5

3 h 10 h 70 h

0,2

2

1,5

1

0,5

0(Vol

umen

/Lite

r)

0,18 0,

3

0,18

2

350125

32580

18060

1.049280

1.6302.048

70

Manfred Stefener, SFC Smart Fuel Cell AG

Technologie II / Portable Systeme

û Mit seiner austauschbaren 2,5-Liter-Methanol-Patrone stellt die erste kommerzielle Smart FuelCell 2.500 Wattstunden elektrischer Energie mit einer Nennleistung von 25 Watt und einer Spitzen-leistung bis zu 80 Watt bereit. Schon heute kannmit einer Tankfüllung der vollständige Energie-bedarf von Segelbooten und Campingmobilen übervier Tage zuverlässig gedeckt werden. Die SmartFuel Cell ist dabei wesentlich kleiner und leichterals Bleiakkus, zuverlässiger als Solarzellen undWindgeneratoren und im Vergleich zu Dieselgene-ratoren geräuschlos, effizienter und umweltfreund-licher.

Neue Brennstoffzellen-Generation

für Laptops

Im November 2002 präsentierte SFC die nächsteGeneration des Mobile Power-Systems: Eine sehrkompakte, externe Stromquelle mit besonders lan-ger Laufzeit für den Betrieb von Laptops, Mobilte-lefonen, PDA und anderen elektronischen Geräten.Der neue Prototyp ist nur noch halb so groß wiesein Vorgängermodell. Mit nur einer Tankpatronekann beispielsweise ein Laptop einen ganzen Arbeitstag lang mit Strom versorgt werden. Die Patrone ist in Sekundenschnelle austauschbar –sogar im laufenden Betrieb (Hot-Swap-Fähigkeit).Aufgrund der enorm hohen Speicherdichte ist dieses System speziell für Anwender geeignet, die hohe Prozessorleistung, Zusatzfunktionen wie Wireless LAN oder extrem lange Laufzeiten benöti-gen. SFC wird dieses Produkt ab dem zweitenQuartal 2003 an strategische Partner vermarkten.

Tankpatronen-Logistik aufgebaut

Die wesentliche Voraussetzung für die erfolgreicheVermarktung der Smart Fuel Cell ist der Aufbau ei-ner Infrastruktur für die Tankpatronen. SFC hat die-se erforderliche Tankpatronen-Logistik aufgebaut,die es zukünftig ermöglicht, in jedem Supermarktund an jeder Tankstelle Tankpatronen zu erhalten.Die Sicherheit der Produkte und der Produktions-prozesse steht dabei an erster Stelle. ErforderlicheZulassungen für den Versand von gefüllten Metha-nol-Tankpatronen liegen vor. Darüber hinaus habendie zuständigen Behörden die original SFC-Tank-patrone M2500 mit 2,5 l Methanol und patentier-tem Sicherheitsanschluss für den Vertrieb an Kun-den und Partner freigegeben.

Die SFC Smart Fuel Cell AG ent-

wickelt, produziert und vermarktet

miniaturisierte Brennstoffzellen in

der Größe herkömmlicher Akkus.

Anfang 2002 präsentierte das

Unternehmen Direkt-Methanol-

Brennstoffzellen-Systeme als mo-

bile, unabhängige Energiequellen.

Das Produkt wird seither als opti-

male Stromversorgung für Ver-

kehrstechnik, Überwachungsan-

lagen, Umwelttechnik sowie im

Camping- und Freizeitbereich ein-

gesetzt.

Energie für netzunabhängige Systeme

71

û Im Leistungsbereich von bis zu einigen Kilowattkonkurrieren Brennstoffzellen mit kleinen Verbren-nungsmotoren und Batterien. Anders als zum Bei-spiel Benzin- oder Dieselmotoren emittieren PEM-Brennstoffzellen keine Schadstoffe. Mit Wasser-

PEM-Brennstoffzellen werden heute für Leistungsbereiche von einigen

Watt bis hin zu einigen hundert Kilowatt entwickelt. Ihr Einsatz reicht

von Antriebssystemen in Fahrzeugen über Systeme zur Strom- und

Wärmeerzeugung bis hin zu kompakten oder tragbaren Stromquellen.

Erste Produkte werden zurzeit im Markt eingeführt. Letzteres gilt

insbesondere für Brennstoffzellen in Kleinanwendungen mit einer

Leistung von zirka einem Kilowatt.

Brennstoffzellen in

KleinanwendungenKlaus Bonhoff, Ballard Power Systems AG

stoff betriebene Systeme setzen nur Wasser frei,weshalb sie gut in Gebäuden einsetzbar sind. Einweiterer Vorteil von Brennstoffzellen ist ihre geringeGeräuschentwicklung; auch lange Wiederladezeitenentfallen.

Portable Energiequelle

Auf Basis kompakter Brennstoffzellen-Systemewie dem Nexa™ Power-Modul von Ballard werdenschon heute Produkte für ein breites Anwendungs-spektrum entwickelt.

Das Nexa™ Modul ist weltweit das erste ingrößerer Stückzahl produzierte PEM-Brennstoff-zellenmodul: Das reduziert deutlich die Kosten.

Brennstoffzellen-Systeme sind ideal für die Inte-gration in unterbrechungsfreie Stromversorgungs-systeme oder Notstromaggregate. Zudem eignensie sich gut als Energielieferanten im mobilen Be-reich. Für den Betrieb eines PEM-Brennstoffzellen-produktes mit etwa 1 kW Leistung wird pro Stundezirka ein Normkubikmeter Wasserstoff benötigt.

1.200-Watt-PEM-Brennstoffzellenmodul (Nexa™) der Ballard Power Systems AG

Gewicht und Laufzeit der Nexa™ Power-Mo-dule und von Bleiakkumulatoren im Vergleich –einschließlich Niedertemperatur-Metallhydrid-speicherung (1,4 % Wasserstoff) und weitererKomponenten.

Das entspricht bei einem Druckgasspeicher(200 bar) zirka 5 l bzw. bei einem Metallhydrid-speicher zirka 2,5 l Speichervolumen.

Um Brennstoffzellen kommerziell zu verbreiten,muss der Betriebsstoff flächendeckend zur Verfü-gung stehen. Dies ist heute noch nicht der Fall. Da-mit für Kleinanwendungen Brennstoffzellen bereitseinsetzbar sind, sind Kartuschensysteme geplant,die wie Propangasflaschen an Wechselstationenverfügbar sein werden. Im Rahmen von Feldtestsliegen bereits Konzepte vor.

Anders als bei Batterien sind in einer Brenn-stoffzelle Leistung (Größe der Brennstoffzelle) undBetriebsdauer (Größe des Wasserstoffspeichers)entkoppelt. Bei Anwendungen, die eine Energie-versorgung von zirka 1 kW über mehrere Stundengewährleisten müssen, ist das Brennstoffzellen-System so deutlich kleiner und leichter als eineBatterie vergleichbarer Leistung.

350

300

250

200

150

100

50

01 2 3 4 5 6 7 8 9 10Betriebsdauer (Stunden)

Gew

icht

(kg)

Nexa™ Power-Module und

Bleiakkumulatoren im Vergleich

Bleiakkumulatoren

Nexa™ Power-Module

7

7372

û Im Mai 2001 wurde das weltweit erste Hoch-temperatur-Brennstoffzellen-Kraftwerk in einemKrankenhaus bei der Rhön-Klinikum AG in Betriebgenommen. Es handelt sich um eine erdgasbetrie-bene Schmelzkarbonat-Brennstoffzelle (MoltenCarbonate Fuel Cell) mit einer Karbonatschmelzeals Ionenleiter. Bei diesem System wird das einge-

speiste Erdgas über einen internen Reforming-Prozess zu einem Gemisch aus Wasserstoff-, CO-und CO2-Gas umgewandelt, das die Brennstoff-zelle betreibt.

Hoher Wirkungsgrad

Die im Rhön-Klinikum eingesetzte Brennstoffzelleverfügt über eine elektrische Nennleistung von250 kW und kann etwa 20 % des Klinik-Strombe-darfs decken. Das System erzielt dabei einen elek-trischen Wirkungsgrad von fast 50 %. Dieser Wertliegt über denen herkömmlicher Anlagen in dieserGrößenordnung. Darüber hinaus wird die 400 °Cheiße Abluft der Anlage genutzt: In zwei Stufenwird zunächst Prozessdampf für die Sterilisationerzeugt und anschließend Brauchwasser erwärmt.

Neben den sehr hohen Wirkungsgraden und mi-nimalen Emissionen liegen weitere Vorteile insbe-sondere für Krankenhäuser in der Geräuscharmutsowie den geringen Aufwendungen für Wartungund Instandhaltung. Ein aufwändiges Genehmi-gungsverfahren war zudem nicht erforderlich, dadie Abluft zwar CO2 enthält, jedoch keine Schad-stoffemissionen stattfinden. Im ersten Betriebsjahrwurde eine effektive Laufzeit von 8.300 Stundenerreicht, wobei einige ungeplante Abschaltungenihre Ursache in Störungen der konventionellen An-lagenperipherie hatten.

Unterbrechungsfreie

Notstromversorgung

Die bisherigen Betriebsergebnisse sind ermuti-gend. Daher ist vorgesehen, mit der Brennstoff-zellenanlage auch eine unterbrechungsfreie Not-stromversorgung zu realisieren. Dies wird geradebei der Vielzahl von EDV-Anwendungen in Kran-kenhäusern, aber auch zum Beispiel in Rechenzen-tren anderer großer Organisationen von Vorteilsein. Es ist zu erwarten, dass der gute Wirkungs-grad und der hohe zur Verfügung stehende Nutz-energie-Anteil der Hochtemperatur-Brennstoffzelleeine Vielzahl weiterer Nutzungsmöglichkeiten, zumBeispiel in Form optimierter Kälteprozesse, ermög-lichen wird.

Deckt etwa 20 % desStrombedarfs: Molten Car-bonate Fuel Cell (MCFC)des Gemeinschaftsprojek-tes der Rhön-Klinikum AG,der MTU Friedrichshafen,des Freistaates Bayern undder Ferngas Nordbayern.

Krankenhäuser sind ein idealer Anwendungsfall für Brennstoffzellen,

da ganzjährig ein hoher Strom- und Wärmebedarf besteht. Das Rhön-

Klinikum in Bad Neustadt/Saale hat bereits Praxis-Erfahrungen mit

einem Brennstoffzellen-Kraftwerk gesammelt.

Klinik-Alltag mit

Brennstoffzellen-KraftwerkJörg Demmler, Rhön-Klinikum AG

Technologie II / Stationäre Anwendungen

Das Vaillant Brennstoff-zellen-Heizgerät bietetKraft-Wärme-Kopplung(KWK) für jedes Gebäu-de. Es kann heute mitErdgas und morgen mitregenerativem Wasser-stoff betrieben werden.

74

û Bei einem Virtuellen Kraftwerk übernimmt einautomatisches Rechensystem das Erfassen ausge-wählter Daten der DEA, wertet diese im Sinne derEffizienzoptimierung aus und spiegelt bei Bedarf Erzeugungsprofile an die DEA zurück. Unter denheute bekannten DEA werden derzeit Brennstoff-zellen-Heizgeräte am intensivsten diskutiert. BZHerzeugen nicht nur Strom, sondern auch Wärme fürBrauchwasser und Raumheizung. Die Abmessun-gen sind vergleichbar mit größeren Heizkesseln, sodass ihre Installation in jedem Heizungskeller mög-lich ist. Hier könnten BZH Strom sowohl für den

lokalen Verbrauch als auch für das vorgelagerteNiederspannungsnetz erzeugen. Dieser Strom wirdnicht verlustbehaftet über lange Distanzen undmehrere Spannungsebenen übertragen und die er-zeugte Abwärme kann lokal genutzt werden.

BZH werden derzeit für den Bereich von 1 bis10 kW elektrischer Leistung entwickelt. Sie passenihre Strom- und Wärmeproduktion schnell dem Bedarf an und erzielen über einen weiten Regel-bereich konstant hohe elektrische Wirkungsgrade,bei Gesamtnutzungsgraden von über 80 %. In derRegel werden BZH wärmegeführt gefahren, d. h.sie folgen dem Wärmebedarf des Objekts. Wirdder Strom nicht lokal verbraucht, lässt sich derÜberschuss in das öffentliche Netz einspeisen.Umgekehrt wird bei Bedarf Zusatzstrom aus demNetz bezogen.

Versorgungssicherheit

Ein Vorteil dezentraler Systeme gegenüber Groß-kraftwerken besteht in der höheren Ausfallsicher-heit des Gesamtsystems, denn in der Regel wirdder Ausfall einzelner DEA auf die Gesamtversor-gung nur eine geringe Auswirkung haben.

Stichwort Steuerung

Aus Sicht der Unternehmen, die derzeit an Virtuel-len Kraftwerken arbeiten, wird eine zentrale Steu-erung von BZH nur eingeschränkt notwendig sein.Der interne BZH-Regler könnte auf das Netz abge-stimmt werden, so dass Strom dann erzeugt wird,wenn er im Netz gebraucht wird. Um Erzeugungund Verbrauch abzuschätzen, könnte es aus-reichen, den Nettoeffekt eines Trafobezirks zu beobachten und über Erfahrungswerte zu lernen.Andererseits könnte man auch aktiv BZH zu- oderabschalten, um Spitzenlasten im Netz abzufedern.

Unabhängig davon bleibt der wesentliche Vor-teil der BZH erhalten: sie sparen Energie und redu-zieren Emissionen.

Heute liefern große Kraftwerke den überwiegenden Teil des benötig-

ten Stroms. Diese zentral organisierte Erzeugung wird zunehmend

durch kleine dezentrale Erzeugungs-Anlagen (DEA), wie beispielsweise

Windkraftwerke, Blockheizkraftwerke sowie zukünftig Brennstoffzel-

len-Heizgeräte (BZH), ergänzt. Ein Lösungsansatz zur Integration der

zahlreichen kleinen Leistungseinheiten ist das „Virtuelle Kraftwerk“.

Das Virtuelle Kraftwerk:

dezentral vereintKai Klinder, Vaillant GmbH

û In Zusammenarbeit mit der Forschungsstelle fürEnergiewirtschaft e.V. und der enwikon Energiewirt-schaftliche Konzepte GmbH entstand die Studie„Das Virtuelle Brennstoffzellen-Kraftwerk – techni-sche und energiewirtschaftliche Bewertung“. In derStudie wird die Energieversorgung einer Modell-siedlung mit einem Virtuellen Kraftwerk im Ver-gleich zu konventionellen und energieoptimiertenTechnologien analysiert. Ein Simulationsprogrammberechnet den Strom- und Gasverbrauch sowie dieEmissionen dieser Energieversorgungsvarianten.Ebenfalls wurden die energetischen Aufwendun-gen zur Bereitstellung der Energieträger Strom undErdgas berücksichtigt.

Verglichen wurden folgende Versorgungsvarianten:Y konventionelle Heizungstechnologie und heuti-

ger Kraftwerksmix zur Stromerzeugung, Y Brennwertkessel und GuD®-Kraftwerke

(Gas- und Dampfturbinen),Y Virtuelles Brennstoffzellen-Kraftwerk.

Strombezug verringert und geglättet

Die Berechnungen zeigen (s. Abbildung), dass sichdurch Brennstoffzellen-Systeme in der Hausenergie-

versorgungstechnik die Strombezugsspitzen derSiedlung aus dem öffentlichen Netz um bis zu 60 %reduzieren ließen. Außerdem tritt ein Effekt derVergleichmäßigung des Maximalbedarfs über dasJahr ein. Das Virtuelle Kraftwerk greift damit aufdas öffentliche Stromnetz in einem weit geringe-ren Maße zu.

Es wurde auch überprüft, ob eine zentrale Steu-erung einen Vorteil gegenüber einer lokalen, ge-bäudeoptimierten Steuerung der Brennstoffzellen-Kraftwerke hätte. Hier zeigten sich aber kaumUnterschiede: Bei beiden Regelungsarten wäre derStrombedarf der Siedlung zu zirka 80 % durch dieBrennstoffzellen-Anlagen gedeckt.

Vergleich des Energieverbrauchs

Im Vergleich zu konventioneller Heizungstechnolo-gie und Strom aus dem heutigen Kraftwerksmix ergaben sich Primärenergieeinsparungen in Höhevon zirka 23 % (s. Tabelle). Das Virtuelle Kraftwerk(ob zentral oder gebäudeoptimiert gesteuert) weistim Modell nahezu denselben Verbrauch an Primär-energie auf wie die Variante mit Brennwerttechnikund GuD®-Kraftwerk. Das Virtuelle Kraftwerk als

Form dezentraler Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) istsomit ähnlich effizient wie die zentrale Bereitstel-lung von Strom mit modernen Kraftwerken und optimalen Systemen zur Heizenergieversorgung.

Durch die Nutzung der Brennstoffzelle erschlie-ßen sich allerdings zusätzliche Anwendungsberei-che für die Kraft-Wärme-Kopplung. Vorteilhaft sinddabei das mögliche Downscaling bis zu kleinstenLeistungen unter 1 kWel und das hohe Verhältnisvon Strom- zu Wärmeerzeugung.

Das Konzept des „Virtuellen Brennstoffzellen-Kraftwerks“

wird seit einiger Zeit in Fachkreisen kontrovers diskutiert.

Aus diesem Anlass hat die Wasserstoff-Initiative Bayern

die energiewirtschaftlichen Aspekte dieses Themas unter-

sucht.

Das Virtuelle Kraftwerk:

ein VergleichUlli Arndt, Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V. /Dieter Köhler, enwikon Energiewirtschaftliche Konzepte GmbH

Vergleich der maximal bezogenen Leistung aus demöffentlichen Stromnetz (Referenzsiedlung und zentralgesteuertes bzw. gebäudeoptimiertes Virtuelles Kraft-werk)

Variante

Brennwertkessel undGuD®-Kraftwerk

Virtuelles Brennstoff-zellen-Kraftwerk

CO2-Ein-

sparungen

23,1 %

22,8 %

Primärenergie-

einsparung

23,5 %

23,3 %

Einsparung gegenüber konventioneller

Heiztechnologie und heutigem Kraftwerksmix

Siedlung ohne Brennstoffzellen (Referenzfall)

Virtuelles Kraftwerk (gebäudeoptimiert)

Virtuelles Kraftwerk (zentral gesteuert)

Dezentrale Erzeugung verknüpft mit dem Netzmanage-ment: Viele Brennstoffzellen bilden das Virtuelle Kraftwerk

Netzmanagement-Zentrale

Betriebsführungs-Zentrale

Gas

Lastprofile

Netzkon-trollinfor-mation

Spitzen-anforde-rung

Service

160

140

120

100

80

60

40

20

0

Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez

Bez

ugsl

eist

ung

in k

W

Brennstoffzellen-Heizgerät

Heiz-wärme Strom

DEA (Dezentrale Erzeugungs-Anlage)

Brauch-wasser

Technologie II / Stationäre Anwendungen 75

7776

û Für die Wasserstofferzeugung aus regenerati-ven Energiequellen kommen derzeit vor allem zweiMethoden in Frage: Die Vergasung und – auf demUmweg über das dabei entstehende Methan –auch die Vergärung von Biomasse sowie die Was-serelektrolyse mit regenerativ erzeugtem Strom.

Die Verfahren auf Basis von Biomasse sind aufdezentrale Umwandlungsanlagen beschränkt, dalange Transportwege von Biomasse wegen ihrergeringen Energiedichte nicht sinnvoll sind. DieseVerfahren besitzen ein Potenzial zur Beseitigungorganischer Abfälle als kostengünstig verfügbaremBrennstoff. Die dezentrale Wasserstofferzeugungaus Biomasse ist ökologisch sinnvoll und unter geeigneten Rahmenbedingungen zur Wirtschaft-lichkeit zu bringen.

Wasserstoff als Energiespeicher

Mit zunehmender nicht bedarfsparalleler Erzeu-gung von Strom aus regenerativen Energiequellengewinnt die Speicherung an Bedeutung. Die Pro-duktion von Wasserstoff mit Hilfe der Wasserelek-

trolyse ist ein innovativer Einsatz von elektrischemStrom in Zeiten niedrigen Verbrauchs und über-schüssiger Erzeugung. Die Umwandlung von Stromin Wasserstoff ist jedoch mit hohen Kosten verbun-den, führt zu Verlusten und bringt hochwertigeelektrische Exergie – nutzbare Energie – zurück aufdie energetisch geringerwertige Brennstoffebene.Die Energiespeicherung mittels Wasserstoff kon-kurriert dabei gegen die bewährte Technik derPumpspeicherung.

Dezentrale Energieversorgung

Bei der Strom- und Wärmeversorgung von Haus-halten, Gewerbe- und Industriebetrieben macht dieBrennstoffzellentechnik kleine, dezentrale Anlagenzur Kraft-Wärme-Kopplung möglich. Für den in denBrennstoffzellen umgesetzten Wasserstoff wirdauf absehbare Zeit vorrangig Erdgas als Wasser-stoffquelle dienen. Die Wirtschaftlichkeit lässtsich nur erreichen, wenn Wärme und Strom überviele Stunden pro Jahr gleichzeitig abgenommenwerden und die Anschaffungspreise für Brenn-stoffzellenanlagen noch gewaltig sinken. Die Kos-ten für die Netzanbindung treten in jedem Fall aufund sind bei der Betrachtung der Wirtschaftlichkeitzu berücksichtigen. Wenn die dezentrale Erzeu-gung von Strom und Wärme durch Brennstoffzellenso stark zunehmen sollte, wie einige Fachleutedies heute voraussagen, könnte es neue Formen

der Versorgungsstruktur geben, bei welchen sichdie Vorteile von Großkraftwerken und Kleinanlagengegenseitig ergänzen.

Neue Technologien in der Erprobung

Erfahrungen mit der Erzeugung, Speicherung undAnwendung von Wasserstoff sowie mit Brenn-stoffzellen sammelt E.ON Energie bereits seit 1990in einer Reihe von Projekten. Dabei gilt das Inte-resse auch der Alltagstauglichkeit neuer Geräte.Durch die Erprobung innovativer Technologien inFeldversuchen werden wertvolle Betriebserfahrun-gen gewonnen sowie ein Beitrag zur Weiterent-wicklung und Optimierung der Komponenten unddamit einer höheren Zuverlässigkeit der Systemegeleistet. Ziel ist es, aus den unterschiedlichenProdukten verschiedener Hersteller die für denE.ON-Kunden geeigneten Systeme herauszufindenund einzusetzen. Ein wesentlicher Bestandteil derFeldversuche werden auch Marketingkonzepte unddie elektrische Einbindung der Brennstoffzellen-Systeme sein.

Eine Marktreife der durch Brennstoffzellen ge-speisten Heizsysteme zur Hausenergieversorgungim Leistungsbereich von 1 bis 5 kW elektrisch wirdjedoch nicht vor 2010 erwartet.

Größere Systeme im Leistungsbereich zwi-schen 200 und 500 kW elektrisch könnten auchschon früher marktreif werden. Um die Entwick-lung voranzubringen und Erfahrungen zu sammeln,führt E.ON Energie auch in diesem Leistungsbe-reich mehrere Pilotprojekte durch.

Das Wissen über den Energieträger Wasserstoffund die Brennstoffzelle steht bei E.ON Energie zurVerfügung. Es gilt, die Erfahrungen mit neuen Kon-zepten weiterhin aktiv auszubauen, um schließlichin eine großflächige Umsetzung gehen zu können,wenn die Anforderungen von Technik und Markt erfüllt sind.

Brennstoffzellen im Praxistest

Y Seit 1999 sorgt eine Brennstoffzelle in einem Hallen- und Freibad bei Frankfurt fürdie richtige Wassertemperatur. Der gleich-zeitig erzeugte Strom wird in das öffent-liche Netz eingespeist.

Y In Berlin-Treptow ist E.ON Energie an derersten Kraft-Wärme-Kopplungsanlage aufBasis von Niedertemperatur-Brennstoffzel-len beteiligt. Der in der Anlage erzeugteStrom dient dem Eigenbedarf, die Wärmewird in das Fernwärmenetz eingespeist.

Y Zusammen mit den Stadtwerken Hannoverwurde das Projekt e|cell gestartet. Durchdie Installation einer SOFC, d. h. einer oxidkeramischen Brennstoffzelle, sollengemeinsame Betriebserfahrungen gesam-melt werden.

Y Schließlich werden derzeit drei MCFC-Pro-jekte – d. h. Schmelzkarbonat-Brennstoffzel-len-Projekte – vorbereitet: zur industriellenKraft-Wärme-Kälte-Kopplung bei der Zen-tralklinik Bad Berka, zum Einsatz von Biogasund zur Koppelproduktion von Kohlendioxidbei Degussa in Trostberg.

Y In einem groß angelegten Feldversuch erprobt E.ON Energie verschiedene Brenn-stoffzellen-Prototypen zur Hausenergiever-sorgung. Von 2002 bis 2006 werden mehrals 200 durch Brennstoffzellen gespeisteHeizsysteme im Leistungsbereich von 1 bis5 kW elektrisch im Konzern und bei Kundengetestet.

Die technischen Entwicklungen zur Nutzung von Wasserstoff als

Sekundärenergieträger in der Energiewirtschaft betreffen sowohl die

Erzeugung von Wasserstoff als auch die Umwandlung in Elektrizität –

vor allem mit Hilfe der Brennstoffzellen-Technik. Aktuelles Interesse

der E.ON Energie besteht insbesondere an der Wasserstofferzeugung

aus regenerativen Energiequellen und an der gekoppelten Strom- und

Wärmeversorgung von Haushalten, Gewerbe- und Industriebetrieben.

Wasserstoff in der Energiewirtschaft –

Perspektive eines EnergieversorgersHans Rainer, E.ON Energie AG

Technologie II / Stationäre Anwendungen und Perspektive