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8/9/2019 Theodor Körner (1791-1813) - Liebesgedichte http://slidepdf.com/reader/full/theodor-koerner-1791-1813-liebesgedichte 1/14  Theodor Körner (1791-1813) - Liebesgedichte Theodor Körner (1791-1813)  Inhaltsverzeichnis der Gedichte:  Ach, daß im lauten Spiel des Lebens (Wehmut der Liebe) Augen, zarte Seelenblüten (Die Augen der Geliebten) Der Sänger rührt der Leier goldne Saiten (Poesie und Liebe) Des Sommers Lust ist neu geboren (An Adelaiden, am Johannistage) Ein jeder Wunsch, den in des Herzens Räumen (Als sie eine Kornähre) Einst, vom Schlummer überwältigt (Die Harmonie der Liebe) Es keimen die Blüten, es knospen die Bäume (Im Prater) Ich bin dir nah, nur eine dünne Mauer (In der Nacht) Ich denke dein im Morgenlicht des Maien (Nähe der Geliebten) Ich hab' ein heißes junges Blut (Das gestörte Glück) Im ganzen Dorfe geht's Gerücht (Der geplagte Bräutigam) Sieh, dort strebt mit Jünglingsmute (Bei einem Springbrunnen) Süßes Liebchen, komm zu mir! (Liebeständelei) Wie die Nacht mit heil'gem Beben (Sehnsucht der Liebe) Wehmut der Liebe Ach, daß im lauten Spiel des Lebens Nicht eine Seele mich versteht! Es klagt mein tiefes Lied vergebens, Es wird vom Zephirhauch verweht! Die Liebe nur kennt meinen Schmerz, Die Liebe nur versteht mein Herz.

Theodor Körner (1791-1813) - Liebesgedichte

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 Theodor Körner (1791-1813) - Liebesgedichte 

Theodor Körner(1791-1813)

 Inhaltsverzeichnis der Gedichte:

 

• Ach, daß im lauten Spiel des Lebens (Wehmut der Liebe)

• Augen, zarte Seelenblüten (Die Augen der Geliebten)

• Der Sänger rührt der Leier goldne Saiten (Poesie und Liebe)

• Des Sommers Lust ist neu geboren (An Adelaiden, am Johannistage)

• Ein jeder Wunsch, den in des Herzens Räumen (Als sie eine Kornähre)

• Einst, vom Schlummer überwältigt (Die Harmonie der Liebe)

• Es keimen die Blüten, es knospen die Bäume (Im Prater)

• Ich bin dir nah, nur eine dünne Mauer (In der Nacht)

• Ich denke dein im Morgenlicht des Maien (Nähe der Geliebten)

• Ich hab' ein heißes junges Blut (Das gestörte Glück)

• Im ganzen Dorfe geht's Gerücht (Der geplagte Bräutigam)

• Sieh, dort strebt mit Jünglingsmute (Bei einem Springbrunnen)

• Süßes Liebchen, komm zu mir! (Liebeständelei)

• Wie die Nacht mit heil'gem Beben (Sehnsucht der Liebe) 

Wehmut der Liebe

Ach, daß im lauten Spiel des LebensNicht eine Seele mich versteht!

Es klagt mein tiefes Lied vergebens,

Es wird vom Zephirhauch verweht!Die Liebe nur kennt meinen Schmerz,

Die Liebe nur versteht mein Herz.

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Sie weckte mich mit zarten TönenAus meiner Jugend leichtem Spiel,Das Ideal des höchsten Schönen

Durchflammte glühend mein Gefühl;Da zog, was tief im Herzen schlug,

Hinauf, hinauf mit Adlerflug.

Doch all mein Sehnen war vergebensUnd mein Elysium zerstört.

Mir ward das höchste Glück des Lebens,Das Glück der Liebe, nicht beschert.Wenn überall die Hoffnung spricht -

Umsonst, umsonst, mich ruft sie nicht!

Zwar noch ein Trost ist mir geblieben,Ein Trost für das zerrißne Herz;

Denn ward mir nicht das Glück zu lieben,So ward mir doch der Liebe Schmerz;

Er ist, ich fühl's in meiner Brust,Noch mehr als alle Erdenlust. (S. 229-230)

 

Die Augen der Geliebten

Augen, zarte Seelenblüten,Klare Perlen ew'ger Liebe,

Augen, ihr verehrte Augen,Meiner Herrin lichte Sterne,Laßt euch von des Sängers Liedern

Sanfte Frühlingstöne wehn!

Alles, was das Leben heiligt,Trägt die Ahnung seiner Seele,

Trägt den stillen Schmuck der Augen;Nicht der Mensch allein, der stolze,Auch der Frühling, auch die Erde

Auch des Tages Wechselgruß.

In der Erde dunklen TiefenStehn die klaren DiamantenWie ein ewig blühend Auge;

Rosen-Augen hat der FrühlingUnd der Tag hat seine Sonne,

Ihre Sterne hat die Nacht:

Aber ihr, verehrte Augen,Meiner Herrin lichte Sterne,Klare Perlen ew'ger Liebe,Augen, zarte Seelenblüten,Solche liebe, gute Augen,

Solche Augen sind es nicht.

Nicht so klar sind Diamanten,Die in dunkler Tiefe leuchten,

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Nicht so lieblich FrühlingsrosenAn des Lebens zartem Busen,

Nicht so mild die ew'gen Sterne,Nicht so hell der junge Tag.

Was im Leben schön und edel,Les' ich klar in eurem Schimmer;

Was das Jenseits dort verschleiert,Leuchtet mir in eurer Freude,Leuchtet mir in euren Tränen

Wie aus Himmelsferne zu.

Und so hört des Sängers Grüße!Wollt ihr freundlich nicht dem Jüngling

Wie die ew'gen DioskurenLeuchten durch des Lebens Wogen?

Augen, zarte Seelenblüten,Wollt ihr meine Sterne sein? (S. 181-182)

 

Poesie und Liebe

Der Sänger rührt der Leier goldne Saiten,Und in der Seele ist das Lied erwacht;

Es strahlt durch das gewalt'ge Reich der NachtEin göttlich Licht zum Opfer aller Zeiten.

Ein Wesen nur vermag den Klang zu deuten;Es naht sich still in süßer Himmelspracht,

Und wie vom Götterhauche angefacht,Erglüht das Lied, die Wolken zu durchschreiten.

Da wogt ein üpp'ges Meer von Harmonieen;Es schwebt das trunkne Lied im Strahlenflore

Durch Lichtgefilde einer ew'gen Klarheit.

Wo Lieb' und Dichtkunst ineinander glühen,Da öffnen sich des Himmels Rosentore,

Und aufwärts fliegt das Herz zur heil'gen Wahrheit. (S. 77-78)

 

An Adelaiden, am Johannistage

Des Sommers Lust ist neu geboren,Die Glut des Lebens angefacht,

Und froh im Wechseltanz der HorenErsteht das Fest in süßer Pracht.

Und um der Blumen bunte Kränze

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Reiht sich des Kreises schnelle Lust,Umgaukelt von dem Spiel der Tänze,Schlägt frei das Herz in jeder Brust.

Drum laß dir gern dies Liedchen bringenIn liebevoller Melodie,

Und munter, wie die Töne klingen,

Sei deines Lebens Harmonie.

Und wie an bunten Frühlingsranken,Vom ersten Morgenstrahl begrüßt,

Der Wiesen heitre Blümchen wanken,Wenn sie des Zephirs Hauch geküßt:

So wandle durch das frohe Leben,Die Liebe führe still dein Herz,

Und wie die Töne sich verbeben,So löse freundlich sich der Schmerz. (S. 74-75)

 

Als sie eine Kornähre in der Hand zum Blühen brachte

Ein jeder Wunsch, den in des Herzens RäumenMit zartem Sinne zarte Herzen pflegen,

Blüht herrlich auf mit wunderbarem Segen,Kann nimmer seines Lebens Tag versäumen.

Und so machst du in heitern FrühlingsträumenVerborgne Kraft sich in der Pflanze regen;Zum zweiten Male sproßt sie dir entgegen,Und neue Blüten lockst du aus den Keimen,

Und so auch wogt, hat mich dein Blick getroffen,Ein heißes Sehnen tief in meinem Busen,Und schneller als die Blüte dir geblüht,

Erglüht mein Herz mit jugendlichem Hoffen;Der Genius ergreift mich und die Musen,

Und deiner Anmut singt mein kühnes Lied. (S. 118-119)

 

Die Harmonie der Liebe

Einst, vom Schlummer überwältigt,Lag ich auf der weichen Matte,

Und im Traume nahte Phöbos,In der Hand die Leier haltend.Golden wiegten sich die Locken

Auf der hohen Götterstirne,

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Und den Feuerblick des AugesSeiner Sonne zugewendet,Griff er mutig in die Saiten.Da umrauschten Harmonien

Himmlisch meine trunknen Sinne,Und das Lied des GötterjünglingsStrömte feurig durch die Glieder.

Plötzlich aber schwang der SängerAuf sich von der stolzen Erde,

Und den goldnen Sternen näherSchwand das hohe Lied des Gottes,

Immer leiser, immer leiser,Bis das Element des Einklangs

Sich in süßes Wehn verwandelt. -Da erwacht' ich, und Apollos

Liede noch begierig lauschend,Griff ich hastig nach der Leier.

Um den Nachhall meines HerzensAuszuatmen in der Saiten

Süß berauschendem Getöne.Doch ich suchte nur vergebensNach der Harmonie des Gottes,Und der Saiten stimmte keine

Mit dem himmlisch reinen Liede,Das mir tief im Herzen wogte,Finster starrt' ich in die LüfteUnd verwünschte meine Leier.Plötzlich aber weckten Küsse

Mich aus meinen düstern Träumen.Leis' war Chloris hergeschlichen

Und verscheuchte schnell den UnmutDurch das süße Spiel der Liebe.Ach, und jetzt in ihren Armen,Ihr am liebewarmen Busen,

Strömte mir ein neues Leben,Neue Kraft durch alle Glieder,

Und der Liebe süßster EinklangWogte mir im trunknen Herzen

Schöner, heiliger und reinerAls das Lied des Götterjünglings. (S. 76-77)

 

Im Prater

Es keimen die Blüten, es knospen die Bäume,Der Frühling bringt seine goldenen Träume,

Ein lauer Wind weht freundlich mich an,Die Felder sind bräutlich angetan.

Dort unten flüstern die Wellen vorüber,Zu duftigen Bergen schau' ich hinüber,Die Vögelein singen und fliegen vorbei

Und lispeln von Sehnsucht, von Liebe und Mai.

Und jetzt erklärt sich das heimliche Beben,

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Jetzt ahn' ich erst, Frühling, dein Wirken und Weben,Jetzt weiß ich erst, was die Nachtigall singt,

Was die Rose duftet, die Welle klingt.

Denn auch in mir ist's Frühling geworden,Es schwelgt die Seele in Blütenakkorden;Der Sehnsucht Stimme, der Liebe Drang

Klingt Wellengeflüster und Lerchengesang.

Und freundlich, wie die heiligen StrahlenDer Sonne den lieblichen Tempel malen,

So steht meine Liebe mir immer fernUnd glüht in der Seele ein günstiger Stern.

Und jeder geschlossene Kelch meines Lebens,Und jede Knospe des freudigen StrebensWird von dem Sterne der Blüte geküßt,

Ein Hauch, der das Tote erwecken müßt'.

Und alle Blumen, die in mir keimen,Und alle Strahlen aus meinen TräumenBänd' ich gern in einen Strauß,

Der spreche mein Leben, mein sehnen aus!

Mein Lieben, mein glühens unendliches Lieben,Wo ist all das andere Treiben geblieben?

Versunken in Sehnsucht nach deinem LichtIn den einen Wunsch, der für alle spricht.

Und du lächelst mild dem Freunde entgegenUnd pflegest die Blumen auf seinen Wegen

O, was hat der Himmel für SeligkeitIn das kalte, nüchterne Leben gestreut!

Drum mag der Herbst in den Blättern säuseln,Der Winter die silbernen Flocken kräuseln,Die Lerche schweigen, die Schwalbe ziehn;

In meinem Frühling bleibt's ewig grün! (S. 180-181)

 

In der Nacht

Ich bin dir nah, nur eine dünne MauerTrennt mich von dir.

Du träumst wohl schon im sanften Schlummerschauer,Vielleicht von mir.

Auf diesem Pfühl, der oft in heil'ge WeiheDich eingewiegt,

Ruht jetzt dies Herz, das dir voll Mut und TreueEntgegenfliegt.

Mir ist's, als blühten aller Sehnsucht KeimeMelodisch auf,

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Als fliegen geisterflüsternd deine TräumeZu mir herauf.

Ich fühle plötzlich in den dunklen LockenEin leises Wehn;

Die Ahnung ruft, die vollen Adern stocken,Die Pulse stehn. -

Es war dein Geist, und heilig auf der WangeFühlt' ich den Kuß;

An deiner Lippen küssendem GesangeKannt' ich den Gruß.

Es war dein Geist! Es war der Hauch der Liebe!Hast mein gedacht!

O, daß sie ewig, ewig, ewig bliebeDie schöne Nacht! (S. 247)

 

Nähe der Geliebten

Ich denke dein im Morgenlicht des Maien,Im Sonnenglanz;

Ich denke dein, wenn mich die Sterne freuenAm Himmelskranz.

Ich sorg' um dich, wenn in des Berges WetternDer Donner lauscht;Du schwebst mir vor, wenn in den dunkeln Blättern

Der Zephir rauscht.

Ich höre dich, wenn bei des Abends GlutenDie Lerche schwirrt;

Ich denke dein, wenn durch des Deiches FlutenDer Nachen irrt.

Wir sind vereint, uns raubt der Tod vergebensDer Liebe Lust;

O, laß mich ruhn, du Sonne meines Lebens,An deiner Brust! (S. 100)

 

Das gestörte Glück

Ich hab' ein heißes junges Blut,

Wie ihr wohl alle wißt,Ich bin dem Küssen gar zu gut,Und hab' noch nie geküßt;

Denn ist mir auch mein Liebchen hold,

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's war doch, als wenn's nicht werden sollt':Trotz aller Müh' und aller List

Hab' ich doch niemals noch geküßt.

Des Nachbars Röschen ist mir gut;Sie ging zur Wiese früh,

Ich lief ihr nach und faßte Mut

Und schlang den Arm um sie:Da stach ich an dem Miederband

Mir eine Nadel in die Hand;Das Blut lief stark, ich sprang nach Haus,

Und mit dem Küssen war es aus.

Jüngst ging ich so zum ZeitvertreibUnd traf sie dort am Fluß;

Ich schlang den Arm um ihren LeibUnd bat um einen Kuß.

Sie spitzte schon den Rosenmund,Da kam der alte Kettenhund

Und biß mich wütend in das Bein.Da ließ ich wohl das Küssen sein.

Drauf saß ich einst vor ihrer TürIn stiller Freud' und Lust;

Sie gab ihr liebes Händchen mir,Ich zog sie an die Brust.

Da sprang der Vater hinterm Tor,Wo er uns längst belauscht', hervor;Und wie gewöhnlich war der Schluß:Ich kam auch um den dritten Kuß.

Erst gestern traf ich sie am Haus;Sie rief mich leis herein:

"Mein Fenster geht in'n Hof hinaus,Heut abend wart' ich dein."

Da kam ich denn im LiebeswahnUnd legte meine Leiter an;

Doch unter mir brach sie entzwei,Und mit dem Küssen war's vorbei.

Und allemal geht mir's nun so;O, daß ich's leiden muß!

Mein Lebtag werd' ich nimmer froh,Krieg' ich nicht bald 'nen Kuß.

Das Glück sieht mich so finster an -Was hab' ich armer Wicht getan?Drum, wer es hört, erbarme sich

Und sei so gut und küsse mich! (S. 119-120)

 

Der geplagte Bräutigam

Im ganzen Dorfe geht's Gerücht,Daß ich um Greten freie;

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Sie aber läßt das Tändeln nicht,Die Falsche, Ungetreue!

Denn Nachbar Kunzens langer HansFührt alle Sonntag' sie zum Tanz

Und kommt mir ins Gehege.Man überlege!

Auf künft'ge Ostern wird's ein Jahr,Da faßt' ich mich in Kürze

Und kaufte ihr (das Ding war rar)Ein Band zur neuen Schürze;Und an dem zweiten Feiertag,

Just mit dem neunten Glockenschlag,Bracht' ich ihr mein Geschenke.

Man denke!

Ich hätte nämlich räsoniertDen Tag vorher beim Biere:

Wenn ich sie mit dem Band geziert

Zum Abendtanze führe,So sag' ich alles lang und breitUnd breche die GelegenheitIm Fall der Not vom Zaune

Man staune! -

Drauf hatt' ich mich schön angetan,Als ging's zum Hochzeitsfeste!Ich zog die neuen Stiefeln anUnd meines Vaters Weste;

Doch als ich kam vor Gretens Haus,War auch der Vogel schon hinaus

Mit Hansen in die Schenke.Man denke!

Das faßte mich wie Feuerbrand,Der Zunder mußte fangen;

Da kam, um seinen Hut mein Band,Der Musjö Hans gegangen;

Nun sprüht' ich erst in voller Wut,Er wurde grob, und - kurz und gut,

Ich kriegte derbe SchlägeMan überlege!

Den Tag darauf an Gretchens Tür

Lauscht' ich als Ehrenwächter.Da schallte aus dem Garten mir

Ein gellendes Gelächter.Und als ich habe hingeschaut,

Da saß denn meine schöne BrautMit Hansen hinterm Zaune.

Man staune!

Das fuhr mir arg durch meinen Sinn,Das Wort blieb in der Kehle;

Des andern Morgens ging ich hinUnd hielt ihr's vor die Seele;

Und sagt' ihr's endlich grad heraus:"Hör', Grete, mach' mir's nicht zu kraus,

Sonst geh' ich meiner Wege!"

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Man überlege!

Da lachte sie mir ins GesichtUnd kehrte mir den Rücken.

Ja, wenn der Hans den Hals nicht bricht,So reiß' ich ihn in Stücken!

Sonst bringt sie es gewiß so weit,

Daß ich mich noch bei guter ZeitIm nächsten Teich ertränke!

Man denke! (S. 124-126)

 

Bei einem Springbrunnen

Sieh, dort strebt mit Jünglingsmute,Wie Kristalle rein und hell,

Von der eignen Kraft gehoben,Himmelwärts der Silberquell.

Immer höher, immer höherSprudelt er in Sonnenglut,

Wenn er oben kaum verstoben,Wächst er auf mit neuer Flut.

Und das reine Licht des TagesBricht sich im kristallnen Strahl,

Und den schönsten duft'gen SchleierWebt der Farben heil'ge Zahl.

Ach, so steigt auch all mein StrebenDurch die Wolken himmelwärts,

So durchflammen tausend WünscheGlühend mein begeistert Herz.

Aber wie der Kreis der FarbenSich im reinen Licht vermählt,Sind auch alle meine Wünsche

Nur von einer Glut beseelt.

Und es ist der Liebe Sehnsucht,Die den Busen mächtig schwellt,Mit der Ahnung leisem Schauer

Wie ein Traum aus jener Welt. (S. 110)

 

Liebeständelei

Süßes Liebchen, komm zu mir!Tausend Küsse geb' ich dir.

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Sieh mich hier zu deinen Füßen.Mädchen, deiner Lippen GlutGibt mir Kraft und Lebensmut.

Laß dich küssen!

Mädchen, werde doch nicht rot!Wenn's die Mutter auch verbot -

Sollst du alle Freuden missen?Nur an des Geliebten Brust

Blüht des Lebens schönste Lust -Laß dich küssen!

Liebchen, warum zierst du dich?Höre doch und küsse mich!

Willst du nichts von Liebe wissen?Wogt dir nicht dein kleines Herz

Bald in Freuden, bald in Schmerz?Laß dich küssen!

Sieh, dein Sträuben hilft dir nicht!Schon hab' ich nach Sängers PflichtDir den ersten Kuß entrissen.Und nun sinkst du liebewarmWillig selbst in meinen Arm,

Laß dich küssen! (S. 80)

 

Sehnsucht der Liebe

Wie die Nacht mit heil'gem BebenAuf der stillen Erde liegt!

Wie sie sanft der Seele Streben,Üpp'ge Kraft und volles Leben

In den süßen Schlummer wiegt!

Aber mit ewig neuen SchmerzenRegt sich die Sehnsucht in meiner Brust.

Schlummern auch alle Gefühle im Herzen,

Schweigt in der Seele Qual und Lust:Sehnsucht der Liebe schlummert nie,Sehnsucht der Liebe wacht spät und früh.

Leis wie ÄolsharfentöneWeht ein sanfter Hauch mich an.

Hold und freundlich glänzt Selene,Und in milder, geist'ger SchöneGeht die Nacht die stille Bahn.

Aber auf kühnen, stürmischen WegenFührt die Liebe den trunkenen Sinn.Wie alle Kräfte gewaltig sich regen!

Ach, und die Ruhe der Brust ist dahin!Sehnsucht der Liebe schlummert nie,

Sehnsucht der Liebe wacht spät und früh.

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Tief im süßen, heil'gen SchweigenRuht die Welt und atmet kaum,Und die schönsten Bilder steigenAus des Lebens buntem Reigen,Und lebendig wird der Traum.

Aber auch in des Traumes GestaltenWinkt mir die Sehnsucht, die schmerzliche, zu,

Und ohn' Erbarmen, mit tiefen Gewalten,Stört sie das Herz aus der wonnigen Ruh.

Sehnsucht der Liebe schlummert nie,Sehnsucht der Liebe wacht spät und früh.

So entschwebt der Kreis der Horen,Bis der Tag im Osten graut.Da erhebt sich neugeboren

Aus des Morgens RosentorenGlühendhell die Himmelsbraut.

Aber die Sehnsucht in meinem HerzenIst mit dem Morgen nur stärker erwacht;Ewig verjüngen sich meine Schmerzen,Quälen den Tag und quälen die Nacht.Sehnsucht der Liebe schlummert nie,

Sehnsucht der Liebe wacht spät und früh. (S. 85-86)

 

Alle Gedichte aus: Theodor Körner's sämmtlicheWerkeIm Auftrage der Mutter des Dichtersherausgegeben und mit einem Vorwort begleitetvon Karl StreckfußBerlin 1861

Biographie:Körner, (Karl) Theodor, geb. 23.9. 1791 inDresden, gest. 26. 8. 1813 in Rosenow beiGadebusch/Mecklenburg (gefallen); Grabstätte:Wöbbelin/Mecklenburg. - Lyriker, Dramatiker.

Der Sohn von Christian Gottfried Körner empfingdurch das Elternhaus, Treffpunkt der geistigen u.künstlerischen Welt Dresdens, vielfältigeAnregungen. Nach Privatunterricht u. Besuch derKreuzschule in Dresden wählte K. das Studium auf der Bergakademie in Freiberg. 1808-1810 hörte erberühmte Lehrer wie Abraham Gottlob Werner.Sein Interesse wandte sich aber vom prakt.Bergbau dessen Hilfswissenschaften zu. Zugleichtrat seine Neigung zur Dichtung stärker hervor;

mit Unterstützung des Vaters erschien dieGedichtsammlung Knospen (Lpz. 1810). K.sProjekt eines »Taschenbuchs für Christen«

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scheiterte. Ab Aug. 1810 studierte er in LeipzigJura, war aber in zahlreiche studentische Händelverwickelt, so daß er im März 1811 floh, umdrohender Verfolgung zu entgehen. Ein Studium inBerlin gab er krankheitshalber auf. K.s Vaterbeschloß, durch einen Ortswechsel das Studiumdes Sohns in ruhigere Bahnen zu lenken u.

schickte ihn im Aug. 1811 nach Wien, wo K. v. a.Geschichte studierte. Neben gesellschaftl.Kontakten (u. a. zu Wilhelm von Humboldt,Friedrich Schlegel, Karoline Pichler) entstandenLustspiele (u. a. Die Braut, Der grüne Domino, DerNachtwächter), deren Aufführung ihm ersteAnerkennung brachte. 1812 verfaßte er inschneller Folge u. a. die Dramen Toni, Die Sühne,Rosamunde u. Zriny. Im Sommer verlobte er sichmit der bekannten Hofschauspielerin AntonieAdamberger. Der Bühnenerfolg (v. a. von Zriny)verhalf ihm im Jan. 1813 zur Anstellung als

Dichter am Burgtheater. Die polit. Situationwandelte sich jedoch mit NapoleonsRußlandfeldzug u. Niederlage. Auch derbegeisterungsflähige K. wurde von dergesamteurop. Welle der Empörung mitgerissen.Am 19. März trat er in Breslau in das LützowscheFreikorps ein. Eine erste schwere Verwundungempfing K. am 17. Juni in Kitzen bei Leipzig, stießaber Mitte August wieder zur Truppe. Nördlich vonSchwerin wurde er tödlich verwundet.

K.s allzu rasche u. recht umfangreiche Produktionu. die begeisterte Aufnahme seiner Dramen u.Gedichte stehen in umgekehrtem Verhältnis zuihrer literar. Bedeutung (bereits Humboldtkritisierte ihre Oberflächlichkeit). Seine Knospensind ein Jugendwerk mit allen Vorzügen u.Schwächen; K. lehnt sich deutlich an Vorbilder wieGoethe u. vor allem Schiller an. Es sind in ersterLinie seine Erfahrungen während desBergbaustudiums u. religiöse Gedanken, die erpoetisch umsetzt. Themen wie Natur u.Liebessehnsucht sind romantisch getönt. Die Brautu. Der grüne Domino sind spielbare, aberanspruchslose Stücke, die sich von anderen

Verwechslungskomödien der Zeit (etwa vonKotzebue) kaum abheben. Die Posse DerNachtwächter, in der der Nachtwächter SchwalbeRöschen heiraten will, aber durch die StudentenWachtel u. Zeisig hintergangen wird, geht auf Studentenulks zurück, die K. sicher aus Freiberg u.Leipzig kannte. Stark durch Kleists Novelle DieVerlobung in St. Domingo beeinflußt ist Toni.Allerdings nimmt der glückl. Ausgang, den K. demStück gibt, die trag. Spannung, die die Vorlageauszeichnet (was schon Tieck in einer ausführl.Rezension hervorhob). Ob Zriny der »bleibendste

Wert unter Körners dramatischen Arbeiten,wenigstens als Gedicht« (so Schlegel in seinemNachruf) zukommt, darf heute bezweifelt werden.

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Bereits die Zeitgenossen faßten das Stück alsungarisches Nationaldrama auf, u. als solcheshatte es seine Wirkung. Gleichwohl blieben seinekompositor. Schwächen nicht verborgen (wie etwader monströse Schluß).

Ein längeres Nachleben war hingegen K.s Liedern

beschieden. Noch im Todesjahr erschienen Zwölf freie deutsche Gedichte. Die vom Vaterherausgegebene Sammlung Leyer und Schwerdt(Bln. 1814) erlebte bis 1834 sieben Auflagen u.danach weitere Ausgaben, Nachdrucke u.Vertonungen. Es sind Gelegenheitsgedichte imbesten Sinn, da K. in ihnen seine Erlebnisse u.Stimmungen als Lützowscher Jäger unmitterbareingefangen u. in eine Zeitstimung u. -umständegenau spiegelnde Symboli verwandelt hat (Durch,Reiterlied, Lützows wilde Jagd). Mit ihnen kann K.mit Arndt, Schenkendorf, Uhland, Rückert als einer

der ausdrucksstärksten Dichter der Freiheitskriegegelten. Sein Andenken wurde außerdem durch dieKörner-Eiche in Wöbbelin u. andere Ehrenmalesowie durch Vertonungen seine Lyrikwachgehalten. Im 20. Jh., v.a. nach dem ErstenWeltkrieg, ging das Interesse an K. stark zurück.Aus: Gero von Wilpert: Lexikon der Weltliteratur. Band I Autoren, KrönerVerlag Stuttgart 1975