15
Kurzbericht fiber das VI. Neurovegetative Symposion in Strasbourg vom 29. IX.- 1. X. 1955 T h e m a: B~gulations vasculaires p~riph~riques Veranstalter: Prof. Dr. R. Fontaine und Prof. Dr. Ch. Kayser (Strasbourg) Tagungsort: Insfitut de Physiologie de la Facult6 de M6dicine, Strasbourg, H6pital Civil 29. IX. 1955. Vormittag. Pr~isidium: C. Coronini (Wien) und A. Kappers (Groningen) R. Fontaine (Strasbourg) begriiBt alle Anwesenden im Namen der Universit~it und Stadt Strasbourg und erSffnet das VI. Neurovegetative Symposion. Er be- dauert, dab R. Leriche infolge seiner angegrfffenen Gesundheit der Veranstaltung fernbleiben muB und entbietet ihm, den er als einen grol3en Initiator und Ver- wirklicher der ungeheuren Fortschritte auf diesem neuen Sektor der Medizin sch~itzt, seine Verehrung. C. Coronini (Wien) erSffnet die wissenschaftliche Sitzung und bittet d6n ersten Vortragenden zum Wort. V. Yabonero (Oviedo): ,,Die efferente Nervenversorgung der Blutgefii~e." An Hand von zahlreichen und eindrucksvollen Photogrammen nach der eigenen Methode versilberter Sehnitte wird gezeigt, dab sowohl bei Kapillaren, als auch bei kleinen Arterien und Venen kein Zusammenhang der nervSsen Versorgung mit den Zellen dieser Gef~iBw~inde besteht. Eine Verbindung diirfte vielmehr durch Freisetzung eines ,,Mediatstoffes" an der Oberfl~iche der plasmatischen Strukturen geschaffen werden, ein Vorgang, der als Neurosekretion bezeichnet wird. Die muskul~iren Arterien und Venen zeigen eine reiehliche nervSse Begleitung. Das nervSse distale Syncitium bildet ein eng vefflochtenes Netzwerk, breitet sieh jedoch nut in der Adventitia dieser Gef~Be aus, ohne die Grenze der Elasfica externa lumenw~irts zu iiberschreiten. Es wird deshalb der Schlul3 gezogen, dab die Gefal3e durch eine plexiforme synaptische Formation auf Distanz beeinflul3t werden. Das Erfolgsorgan ist das Gefiil3, der nervSse Pol das distale Syncitium, dessen Plasma imstande ist Stoffe zu bilden und freizusetzen, die ihrerseits chemische Xnderungen im perivasalen Interstitium hervorrufen und dadurch auf das Erfolgsorgan wirken. Diskussion: C. Coronini (Wien) weist auf die Wiehtigkeit des Mediatstoffes bin, der die Reaktionen des adrenergen Prinzipes gibt. Sie deutet die f/it den Morphologen wichtige Frage an, welche Zellen es sind, die dieses adrenerge Prinzip aufnehmen, und welche es an das Effolgsorgan zu bringen h~itten. U. S. v. Euler (Stockholm) bemerkt, dab die Transmitterstoffe in das Blut ge- langen. Er ersucht V. ]abonero, eine schematische Zeichnung der funktionellen und anatomischen Verbindungen zwischen den postganglionaren autonomen Struk- turen, dem peripheren Netzwerk und den Endorganen zu entwerfen. Diesem Er- suchen kommt V. labonero nach.

über das VI. Neurovegetative Symposion in Strasbourg vom 29. IX.–1. X. 1955

  • Upload
    w-kovac

  • View
    219

  • Download
    4

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: über das VI. Neurovegetative Symposion in Strasbourg vom 29. IX.–1. X. 1955

Kurzber i ch t fiber das VI. Neurovegetative Symposion in Strasbourg

vom 29. I X . - 1. X. 1955

T h e m a: B~gulations vasculaires p~riph~riques

Veranstalter: Prof. Dr. R. Fontaine und Prof. Dr. Ch. Kayser (Strasbourg)

T a g u n g s o r t : Insfitut de Physiologie de la Facult6 de M6dicine, Strasbourg, H6pital Civil

29. IX. 1955. Vormittag. Pr~isidium: C. Coronini (Wien) und A. Kappers (Groningen)

R. Fontaine (Strasbourg) begriiBt alle Anwesenden im Namen der Universit~it und Stadt Strasbourg und erSffnet das VI. Neurovegetative Symposion. Er be- dauert, dab R. Leriche infolge seiner angegrfffenen Gesundheit der Veranstaltung fernbleiben muB und entbietet ihm, den er als einen grol3en Initiator und Ver- wirklicher der ungeheuren Fortschritte auf diesem neuen Sektor der Medizin sch~itzt, seine Verehrung.

C. Coronini (Wien) erSffnet die wissenschaftliche Sitzung und bittet d6n ersten Vortragenden zum Wort.

V. Yabonero (Oviedo): ,,Die efferente Nervenversorgung der Blutgefii~e." An Hand von zahlreichen und eindrucksvollen Photogrammen nach der eigenen

Methode versilberter Sehnitte wird gezeigt, dab sowohl bei Kapillaren, als auch bei kleinen Arterien und Venen kein Zusammenhang der nervSsen Versorgung mit den Zellen dieser Gef~iBw~inde besteht. Eine Verbindung diirfte vielmehr durch Freisetzung eines ,,Mediatstoffes" an der Oberfl~iche der plasmatischen Strukturen geschaffen werden, ein Vorgang, der als Neurosekretion bezeichnet wird. Die muskul~iren Arterien und Venen zeigen eine reiehliche nervSse Begleitung. Das nervSse distale Syncitium bildet ein eng vefflochtenes Netzwerk, breitet sieh jedoch nut in der Adventitia dieser Gef~Be aus, ohne die Grenze der Elasfica externa lumenw~irts zu iiberschreiten. Es wird deshalb der Schlul3 gezogen, dab die Gefal3e durch eine plexiforme synaptische Formation auf Distanz beeinflul3t werden. Das Erfolgsorgan ist das Gefiil3, der nervSse Pol das distale Syncitium, dessen Plasma imstande ist Stoffe zu bilden und freizusetzen, die ihrerseits chemische Xnderungen im perivasalen Interstitium hervorrufen und dadurch auf das Erfolgsorgan wirken.

D i s k u s s i o n : C. Coronini (Wien) weist auf die Wiehtigkeit des Mediatstoffes bin, der die

Reaktionen des adrenergen Prinzipes gibt. Sie deutet die f/it den Morphologen wichtige Frage an, welche Zellen es sind, die dieses adrenerge Prinzip aufnehmen, und welche es an das Effolgsorgan zu bringen h~itten.

U. S. v. Euler (Stockholm) bemerkt, dab die Transmitterstoffe in das Blut ge- langen. Er ersucht V. ]abonero, eine schematische Zeichnung der funktionellen und anatomischen Verbindungen zwischen den postganglionaren autonomen Struk- turen, dem peripheren Netzwerk und den Endorganen zu entwerfen. Diesem Er- suchen kommt V. labonero nach.

Page 2: über das VI. Neurovegetative Symposion in Strasbourg vom 29. IX.–1. X. 1955

Kurzberieht 323

W. Thies (Miinchen) bezieht sich in Erweiterung der Frage nach chemischen Mediatstoffen an Hand von Bildem auf die Untersuchungen an der Haut, die yon ihm gemeinsam mit Galente mit Hflfe der histochemischen Darstellung der spe- zifisehen Cholinesterase nach Koelle unternommen wurden. Dabei zeigte es sieh, dab eine spezifische Chotinesterase (Thies fal3t deren Vorkommen wie andere Autoren - - z. 13. Dumont - - als Kriterium einer cholinergischen Innervation au:f - - Anm. d. Ref.) wohl um die ekkrinen SchweiBdriisen, im Bereich der Arrectores pflorum, innerhalb grSBerer markhaltiger Nervenst~imme und im Bereieh eines sensiblen Endapparates an einem Haaffollikel auftritt, jedoch sick fiir die An- nahme einer cholinergischen Innervation der GefiiBe (wie es physiologisch und pharmakologisch gefordert wird) kein hinreichender Anha]tspunkt findet. (Mengen an Cholinesterase vielleicht zu gering.)

F. Kiss (Budapest) wendet an Hand zahlreicher Zeichnungen gegen die Aus- fiihrungen 7aboneros ein, dab es ibm mit einer prolongierten Silberimpr{ignations- methode (Kiss) gelungen sei, Nervenfasern in allen drei Gef~iBschichten nachzu- weisen. Daraus ergibt sich, dab eine ehemische Uberleitung (also ein Mediatstoff) wenn auch zus~itzlich mSglich, so absolut nicht zwingend sei. Viel begriindeter erscheine es, in der Physiologie der Terminalgeflechte (Syncytien) ein Organ zu sehen, wo die efferenten und afferenten Fasern sowie die betreffenden Zellen miteinander in einem organisch-synthetischen Zusammenhang stehen.

M. Sanders (Miami) : ,,Antipoliomyelitic action of certain toxoids *."

13asierend auf der F~ihigkeit maneher neurotroper Toxine, auf die motorischen Ganglienzellen des Gehirns zu wirken, wurde in einem sechsi~ihrigen Arbeits- programm vornehmlich das Schlangengift yon Crotalus terrificus terrificus zur 13e- handlung yon experimentell erzeugter Poliomyelitis anterior bei Macacus rhesus ge- priift. Der erste Arbeitsgang war, dem Gift die Toxizit~it bei Erhaltenbleiben der neurotropen Eigenschaft auf chemischem Wege zu nehmen. Die sehr eindrucks- vollen Ergebnisse des zweiten Arbeitsganges, wobei sogar Heileffolge bei sub- kutaner Toxoidbehandlung fiJnf Tage post irffectionem mit Stature Brunhi|de auf- traten, wurden in einem ausgezeichneten Farbfi[m demonstriert. Auf die hevor- stehende VerSffeI~t~ic}mng weiterer Ergebnisse bei Behandlung yon neurotogischen Zust~nden m~t diesem Toxoid, wie multipler Sklerose und M. Chareot-Marie-Tooth, wird hingewiesen.

D i s k u s s i o n :

D. Gross (Frankfurt/Main) teilt mit, dab nach Tonsillektomien h~iufig Polio- myelitis beobachtet wird. Dabei haben die Nat.ben eine Funktion, da sich bei An~isthesie derselben die Chronaxie der Muskulatur des betreffenden Segmentes ~indert; welters kommt es von der Tonsillektomienarbe aus zu einem vasokonstrik- torischen Reflex.

E. van Campenhout (Louvain): ,,L'innervation des vaisseaux sanguins de l'intestin."

Die nervSse Versorgung der Gef~iBe und der glatten Darmmuskulatur ist morphologisch nicht zu trennen. 13el den Arterien und Venen ist die Intima

* Erseheint als erweiterter Sonderabdruck in Anlehnung an die Vorweisung dieses Symposion und an die VerSffentlichung yon M. Sanders~ 13. A. Akin and M. G. Soret ,,The Role of Na/a [lava Toxoid and Toxin in Experimental Poliomye- litis" in Acta Neurovegetativa Band VIII, Heft 8 (1954), 362--371.

91,

Page 3: über das VI. Neurovegetative Symposion in Strasbourg vom 29. IX.–1. X. 1955

324 Kurzbericht

nach allgemeiner Ansicht frei von Nerven. Lediglich A. Weber ist einer der wenigen, die eine sensible Versorgung der Intima beschreiben, jedoch sind fast alle Untersucher der Ansicht, dab auBer an den grol3en Gef~il3en, wie Aorta usw., dies nicht verallgemeinert werden kann. In der ~iul3eren Adventi~ia und ihrer Grenze zu der ~ledia befindet sich ein l~ings verlaufender Plexus mit rechtwinkelig abzweigenden Kollateralen zur parietalen glatten Muskulatur (Plexus adventitialis bzw. subadventitialis). Der nerv6se Plexus der Media weist groBe Schwankungen in seiner St~irke auf, fiberschreitet abet nicht die Grenze zu den inneren Media- schichten. Hinsichtlich der Kapillarversorgung bestehen grSl3te Widersprfiche zwischen den einzelnen Untersuchern. Die grundlegende Frage ist, ob freie sym- pathische Endigungen vorhanden sind, oder die plexfforme oder :retikuliire Form vorliegt. Der Vortragende erw~ihnt das grol3e Verdienst 7aboneros, eine weit- gehende Kl~irung der verschiedenen Ansichten geschaffen zu haben. Er ist ledig- lich hinsichtlich der reinen plasmatischen Struktur mit Yabonero nieht eines Sinnes und m6ehte diese Form mit Feyrter und Boeke als eine ungenfigende Im- pr~ignierung bezeichnen. Absehliel3end wird noch die strittige Herkunft derointer- stitiellen Zelle als bindegewebiges oder nervSses Element diskutiert.

Diskussion:

F. Kiss (Budapest) zeigt an Hand einiger Abbildungen, dab die Blut- und Lymphgef~il3e yon einem vegetativen Netzwerk umgeben sind und ihre Endver- zweigungen in zellige Elemente eindringen. Er fordert die ,,neuro-vaso-collagene" Einheit, wodurch im Organismus kein einziges morphologisches Element ohne Innervation ist. Hinsichflieh der interstitiellen Zellen schliel3t sich Kiss den Auf- fassungen von Lawrentiew und R. Y. Cajal vollinhaltlieh an.

V. 7abonero (Oviedo) best~itigt die Beobachtungen E. v. Campenhouts und weist in diesem Zusammenhang neuerlich auf seine Untersuchungen bin.

D. Gross (Frankfurt/Main): ,,~]ber das Verhalten der Venen nach lokaler Ge- websschiidigung und Aniisthesie.'"

Mittels eines Filmes wird belegt, dab am Kaninchenohr im Gegensatz zur Ar- terie, die naeb Vereisung oder An~isthesie auf zentrale vasokonstriktorische Reize reaktionslos wird, die Vene eine Reaktionslosigkeit yon der Peripherie weg auf- weist. Zur Erkl~irung dieses Ph~inomens wird ein nervSser Zusammenhang zwi- schen Arterie und Vene fiber die Peripherie angenommen.

G. Lassmann (Wien): ,,Histologische Veriinderungen am vegetativen System der Haut nach Erfrierungen."

Es werden die Befunde an Hautstanzen aus dem Ful3rficken yon ffinf Patien- ten, die durchschnittlich vor zehn Jahren eine Zehenamputation wegen Erfrierung an derselben Extremit~it erlitten, und einer normalen Haut aus dem gleiehen Bereich demonstriert. Neben einer Atrophie der Epidermis land sich ein schol- liger Zerfall des vegetativen Syneitiums, vor allem im PapillarkSrper und in der Nachbarsehaft der Gef~il3e. Ferner wurde eine eigentfimliche Hyperplasie im Be- reich der hier besonders gestaheten Priiarteriolen des PapillarkSrpers siehtbar, die mit den sensiblen Nerven auf das engste vergesellschaftet sind. Diese Gef~il3e ver- laufen schlingenfSrmig im PapillarkSrper, und sehelnen dann in der Tiefe in meist nicht darstellbare Venen, nach Art einer primitiven arteriovenSsen Ana- stomose, tiberzugehen. Das Pathologische in diesem Fall besteht in Sehlingen- hyperplasie dieser auch epitheloidzelligen Arteriolen, anderseits hypertrophiert der sensible Begleitnerv bis zu einer tastkfirpexchena~tigen, subepithelialen, nexvSsen Sehlingenbildung. Die Ver~inderungen bestehen also in einer, auf Grund des Weg- falls ztigelnder sympathiscber Nerven auftretenden, Hyperplasie der besonderen angiosensiblen Verbindung dieser Ortlichkeit.

Page 4: über das VI. Neurovegetative Symposion in Strasbourg vom 29. IX.–1. X. 1955

Kurzbericht 3~5

D i s k u s s i o n : K. Wezler (Frankfurt/Main) betont, dab es sieh hier offensiehtlieh um einen

Obersehul3stoffweehsel handle. S. Curri (Milano) hebt die Wiehtigkeit des vegetativen Nervensystems ftir die

Funktion der arteriovenSsen Anastomosen hervor und verweist auf seinen kom- menden Vortrag.

G. Niebauer (Wien) erwiihnt, dab Wiedmann 1958 bei Aerodermatitis atrophi- cans (einer Krankheit, welehe speziell zu Beginn ein dem Frostsehaden ~ihnliehes Bild zeigt) tiber histologiseh naehweisbare Veriinderungen in der vegetativen Versorgung der GefiiBe der Cutis beriehtet hat.

C. Coronini (Wien) weist noch besonders auf die von Lassmann demonstrierten beaehtliehen Veriinderungen hin.

29. IX. 1955. Naehmittag. Prasidium: H. Spatz (Giel3en) und E. van Campenhout (Louvain)

H. Hermann (Er!angen): ,,CZber Regulationsphiinomene am peripheren Nerven- system."

Nach experimentell hervorgerufenen Nekrosen an der Haut der weiBen Maus wurde der Regenerationsablauf der nervSsen Substanz schrittweise untersucht. Der Ausgangspunkt der Regenerationserscheinungen ist in den intakten Nervengeflech- ten der Subcutis gelegen; das retikuliire Endgeflecht (Terminalretikulum) bildet sich stets im AnsehluB an bereits neu differenziertes Nervengewebe in enger Ver- bindung mi t dem tibrigen Gewebe.

M. Mosinger (Coimbra): ,,Pathologie vasculaire corrklative et systkme neuro- ergonal.'"

1983 und 1936 wurde zusammen mit Boussy die Korrelationspathotogie de- finiert und festgestellt, dab die pathologischen Beziehungen vom Neuroendocri- nium abhiingen. Das ,neuroendocrine System" wurde 1942 zum ,,neuro-ergonalen" erweitert, mit Einbeziehung der gesamten biologisch wirksamen kSrpereigenen Substanzen (Ergone). Es ist nun von Wichtigkeit, dab auch das Gef~iBsystem in diesen Komplex eingebaut wird, so dab von einem ,neuro-ergono-vaskul~iren System" zu sprechen ist. Die Korrelations- (Integrations-) Pathologie umfaBt so- mit alle pathologischen Prozesse, die dutch nervSse, ergonale und vascul~ire StSrungen hervorgerufen werden, wobei jeweils die StiSrung eines der Glieder dieses Systems die Gesamtheit desselben beeinfluBt. Dieser Korrelationspathologie wird eine direkte Pathologie (mit physischer, chemischer und infektiSser Genese) entgegengestellt. Eine Reihe histophysiologischer und experimenteller Unter- suchungen zu den Begriffen des neuroergonalen Systems und zur Korrelations- pathologie werden angegeben. Eine Korrelationspathologie der Gef~iBe wird an Hand vaskuliirer Syndrome aufgestellt und das bestiindige Ineinandergreffen der nervSsen, neurohormonalen und spezifisch-hormonalen Komponenten in der Patho- genese dieser Syndrome betont.

G. Lazorthes (Toulouse): ,,Etude critique des nerfs vasodilatateurs. Recherches sur le grand ner[ pOtreux superficiel et le prdtendu systkme vasodilatateur c&~bral."

In einer frtiheren Arbeit wurde bereits auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die seit den Versuchen Claude Bernards bestehen, das antagonistische System des Sympathicus-Parasympathicus, wie es fiir den Darm Gtiltigkeit hat, fiir die Funktion der Vasodilatation zu gebrauchen. Bei Annahme eines vasodilatatori- schen Systems unterscheidet sich dieses gegeniiber der Darminnervation. Ftir diese ist die doppelte Innervation, die die pr~iviszeralen Ganglien passiert, er-

Page 5: über das VI. Neurovegetative Symposion in Strasbourg vom 29. IX.–1. X. 1955

326 Kurzbericht

wiesen. Die ,,somatischen" Gef~iBe jedoch sind lediglich vom Sympathieus inner- viert, die pr~iviszeralen Ganglien hiefiir nicht notwendig.

Die bisher beschriebenen vasodilatatorisehen Systeme standen weder morpho- logisch, noch in ihrer physiologisehen oder pathologischen Funktion, in einem wirklichen Antagonismus zu den Vasokonstriktoren. Bei Festhalten des Vortragen- den an einem hypothetischen Vasodilatatorenzentrum wurden etliche vasodilata- torisch wirkende Nerven einer kritischen Betraehtung unterzogen, und zwar a) die vasodflatatorisch wirkenden Fasern der hinteren Wurzel und die der eerebro- spinalen Nerven, b) im besonderen der N. petrosus supenqcialis major, die Ge- hirngef~iBnerven, der N. erringens und die dilatatorisch wirksamen Fasern des Sympathicus. Bei allen diesen Untersuchungen konnte die Uneinheitlichkeit im Aufbau der gef~iBerweiternden Innervationen, gegeniiber dem einheitliehen System der Vasokonstriktoren erneut bewiesen werden. Daher ist as nieht unbedingt notwendig, an einem vasodilatatorisehen System festzuhalten, da die Gef~iBerwei- terung auch durch zentral oder peripher ausgeltiste Hemmungen des vasokon- striktorischen Systems erkl~irt werden kann.

D i s k u s s i o n : F. Kiss (Budapest): schlieBt sich hinsicht|ich des Nichtvorhandenseins eines

vasodilatatorischen Prinzipes dem Vortragenden vollinhaltlieh an.

80. IX. 1955. Vormittag. Presidium: H. Hermann (Lyon) und A. Fleisch (Lausanne)

A. Flelsch (Lausanne): ,,La rdgulation de la circulation p~rlphdrique.'"

Eine verst~irkte Durchblutung arbeitender Organe bzw. reaktive Hyper~imie sind seit langem bekannt, jedoch bereitet die Erkenntnis der Steuerungsfunktionen dieser physiologischen Vorgiinge betr~iehtliehe Schwierigkeiten. In Erweiterung der alten Auffassung, dab die durch z.B. Muskelarbeit gebildete Milehs~iure zur Vasodilatation fiihrt, wird dargelegt, dab alle S~uren, vor allem aber die Kohlen- s~iure, dieser Funktion f~ihig ist, so dab man einfach yon einer pH-Abh~ingigkeit sprechen kann. AuBer den S~iuren haben auch die Abbauprodukte des EiweiB-, Fett-, und Kohlenhydratstoffwechsels den gleichen Effekt, ebenso auch Acetyl- eholin und besonders die bei Muskelbewegung gebildete Adenosintriphosphor- siiure. Diese Stoffe entstehen im Gewebe und werden dutch die Venen abtrans- portiert, so dab sie mit dem eigentlichen Erfolgsorgan (zufiihrende Arterie) iiber- haupt nieht in Beriihrung kommen. Es entstand deshalb das Konzept einer nutri- tiven Gewebssensibilitiit, d. h. das Gewebe (perivaskul~ires? Anm. d. Ref.) besitzt eine spezielle, dureh die oben erw~ihnten Substanzen erregbare, Empfindliehkeit, deren Impulse zu den kleinen und auch zu den grol3en zuf~ihrenden Arterien sowie zum Vasomotorenzentrum geleitet werden. Dieses stellt dann bei entspre- ehend starkem Impuls den Kreislauf um. Es ist also nicht notwendig, dab vaso- dflatatorisch wirksame Substanzen in das Blut diffundieren. (Acetyleholin gelangt unter normalen Umst~inden iiberhaupt nicht ins Blur.) AuBer diesen dflatatori- sehen aszendierenden Reflexen besteht noch ein Meehanismus, der gleiehzeitig die Kollateralgebiete in ihrer Blutdurchstr~Smung antagonistisch regelt.

Es wird betont, dab auBer dem nerv~Ssen System noch eine direkte chemische Beeinflussung des Vasomotorenzentrums besteht, und dies am Beispiel der GO.~- Spannung bei der Atmung und der Adrenalinausschiittung bei physischer Leistung und psychischer Erregung erliiutert.

D i s k u s s i o n : V. Iabonero (Oviedo): Die Existenz sensibler Nervenfasern und -endigungen

in mehr oder weniger direkter Beziehung zu den Gef~iBw~inden ist nicht anzu- zweifeln, jedoeh haben sie mit dem distalen nerv6sen Syncytium nichts zu tun.

Page 6: über das VI. Neurovegetative Symposion in Strasbourg vom 29. IX.–1. X. 1955

Kurzbericht 327

G. Lazorthes (Toulouse) erkundigt sich bei Fleisch, ob der Begrfff der ,,nutri- tiven Gewebssensibilit~it" lediglich die sieh in der Folge einer Muskelarbeit ent- wickelnde Vasodilatation betrifft, oder ob sie auch diese beinhaltet, die nach einer Sekretion oder einer anderen Funktion auftritt. Weist auf die Versuehe Penfields und Mitarbeiter hin, die zeigten, dab eine VergrSBerung der Funktion der Ge- hirnrinde ebenfalls zu einer verst/irkten Zirkulation ffihrt.

H. Hermann et 1. Cier (Lyon): L'h~modynamique pkriph~rique de l'organisme soumis au #old.'"

An der durch K~ilte geschadigten Haut tritt lokale periphere GefaBverengung auf, der periodische Gefa/3querschnittsschwankungen folgen. Diese lokalen Gefal3- ver~inderungen sind yon ahnlichen in anderen GefaBgebieten begleitet. Sie werden als Ausdruck eines Reflexes oder einer zentralen Thermoregulation aufgefaBt.

D i s k u s s i o n : 1. Giaia (Belgrad) erw~hnt, dab bei auf K~lte trainierten Personen durch diesen

Reiz eine periphere Vasodilatation auftritt, w~ihrend bei Mensehen, die fr5steln, sich eine An~imie des Gesichtes entwickelt. Diesem Adaptationsphanomen ware auch Rechnung zu tragen.

K. Wezter (Frankfurt/Main): ,,Das Str6mungsgesetz des Blutkreislaufes und elnige seiner praktischen Konsequenzen."

Auf Grund eigener theoretischer Versuehe ist es mSglich, in das PoiseuilIsche StrSmungsgesetz die Lehre vonder GefaBelastizitat einzubauen und dadurch ein fiir den tierischen Kreislauf gfiltiges Str5mungsprinzip zu erhalten.

Der Nutzen, der aus der Analyse experimenteller i-p-Kurven mit Hilfe eines genau erl~iuterten Verfahrens gezogen werden kann, ist folgender:

1. Es l~iBt sich die Form der mittleren Dehnungskurve yon Gef~iBen in situ erkennen, die im Bereieh des HauptstrSmungswiderstandes liegen und die direkter Messung nicht Zuganglich sind.

2. Lassen sieh verschiedene Formen und Grade der Aktivit~it der GefaB- muskulatur bei steigendem bzw. fallendem Druek erkennen.

8. Ist es m5glieh, das Offnen oder SehlieBen arteriovenSser Anastomosen ohne direkte Beobaehtung zu bestimmen.

Eine Reihe yon angewandten Druekkurven aIs Beispiele sowie eine Serie yon .praktisehen Nutzanwendungen werden gegeben.

D i s k u s s i o n : �9 F. Kiss (Budapest) nimmt zu vorstehendem Vortrag vom Standpunkt des

MorphoIogen Stellung und betont die Verschiedenheit der einzelnen Gef/iBbezirke, so dab vermieden werden muB, die Bedeutung eines lokalen morphologisehen Befundes auf den ganzen Kreislauf zu /ibertragen.

V. Malamani (Pavia) fragt an, welehe Rolle nach Ansieht des Vortragenden der Gewebsinnendruek bei der Bestimmung der Beziehungen zwischen Blutdruck und Durchblutung spielt.

Dies beantwortet der Vortragende damit, dab der Kollaps dureh Gewebsdruek bedingt sei. Entseheidend ist jeweils Gewebsdruek und Kontraktion.

Y. Zotterman (Stockholm): ,,Depressorische Afferenzen." In den letzten zehn Jahren wurden im Dienst der peripheren Gef~igregulation

stehende afferente Nervenimpulse, deren Rezeptorenfeld im Sinus carotieus, im Aortenbogen und im Herzen liegen, elektrophysiologiseh bearbeitet. Elektriseher oder physikaliseher Reiz dieser Felder f/ihrt zu einem depressorisehen Effekt auf

Page 7: über das VI. Neurovegetative Symposion in Strasbourg vom 29. IX.–1. X. 1955

328 Kurzbericht

den Blutdruck mit Hilfe der Vasodilatation, die jedoch durchaus passiv ist (Hem- mung der Vasokonstriktion). Die neue Auffassung der barozeptiven Afferenzen des Carotissinus durch Heymans et al. wird besproehen, ebenso auch die Best~itigung dieser These durch Landgren. Im besonderen werden u.a. die eigenen Befunde fiber die Lokalisation und Funktion der cardiovaskul~iren Fasern behandelt sowie die Befunde yon Struppler (1955) fiber die Druckrezeptoren der VorhSfe.

D i s k u s s i o n : Ch. Kimura (Kyoto) weist auf den yon Takino (Japan) gefundenen Depressor-

refex der Arteria pulmonalis hin. Er ffihrt aus, dab dieser Reflex be i operativen Eingriffen an der Arteria pulmonalis zu Schock fiihren kann und fragt den Vor- tragenden, ob er irgendwelche Befunde hinsichtlich dieses Reflexes besitzt.

Y. Zotterman (Stockholm) verneint diese Frage und meint, daft dieser Reflex ein Teil des depressorischen Reflexes vom Herzen sein kann.

F. A. Nelemans (Utrecht): ,,Le point d'attaque de l'adrdnaline, de l'acdtyl- choline, de rhistamine.'"

Zwei Typen von Kapillaren werden unterschieden: die nervSs versorgten ,,H~imodukte", dutch welche immer mehr oder weniger Blut strSmt, und die ,,echten" Kapfllaren, die nur bei verst~irktem Blutbedarf geSffnet werden und keine Innervation aufweisen. Versuche mit Adrenalin, Acetylcholin und Histamin sowie deren Antagonisten zeigen bei den beiden Typen verschiedenes Verhalten. Die eben erw~ihnten Substanzen wurden auch am denervierten und innervierten Kaninchenohr sowie an der Katzeniris untersucht. Da bei Innervation und De- nervation ihre Wirkung gleich ist, halt sich der Autor ffir berechtigt, den Angriffs- punkt dieser Pharmaka in die GefiiBwand zu verlegen.

D i s k u s s i o n : K. Wezler (Frankfurt/Main) erw~ihnt, dab Ephedrin, Adrenalin und Arterenol

einen verschiedenen Angriffspunkt haben miissen. Einer dieser Stoffe wirkt noch, wenn z.B. der andere keine Wirkung mehr zeigt.

Marx und Schoop (Darmstadt): ,,Fortlaufende Begistrierung des Kapillardruckes.'"

Durch eine Methode der Kapillardruckregistrierung, bei gleichzeitiger AuG schreibung des arteriellen Druckes, wird die Beobachtung normaler Und patho- logischer vasomotorischer Regulationen an der menschlichen Extremit~it an cha- rakteristischen Kurven erl~iutert. Als praktische Beispiele werden die Kurven bei Wiederauftreten der vasomotorischen Reflexe nach Sympathektomie und bei akuter Vasodilatation nach Monoadenosintriphosphorsiiure-Medikation gebracht.

30. IX. 1955. Nachmittag. Pr~isidium: u Zotterman (Stockholm) und K. Wezler (Frankfurt/Main)

P. VonwiUer (Rheinau): ,,Die Anwendung der Diinnschnittmikrotomie zur Untersuchung des Nervensystems."

An Hand sehr seh6ner Pr~iparate der Retina wird eine neue Einbettungs-, Schnitt- (bis 1/10 ~) und Hirbemethode demonstriert, die besonders f/ir das Stti- dium subtilster nervSser Elemente yon groBem Vorteil ist.

U. S. yon Euler (Stockholm): ,,Vegetative peripheral vascular controls." Von den vier mSgliehen Gef~iBregulationen: a) vasomotorische Wirkstoffe,

b) Hormone, e) lokale Stoffwechselprodukte, d) Blutgase, wird nur die erste Gruppe besprochen.

Page 8: über das VI. Neurovegetative Symposion in Strasbourg vom 29. IX.–1. X. 1955

Kurzberieht 329

Der grSBte Teit der postganglion~en sympathisehen Nerven ist adrenerg und wirkt vasokonstriktoriseh. Der Wirkstoff ist Noradrenalin, auf das alle Gef~iBe, aus- sehlieBlieh Coronarien, mit Vasokonstriktion antworten. Der Grad der Verengung h~ngt wahrseheinlieh von der Qualitgt der innervierenden Fasern ab. Die Venen reagieren im allgemeinen wie die Arterien. Adrenerg verursaehte Vasodflatation ist bei den Coronarien erwiesen, jedoeh nieht in der Haut und im quergestreiften Muskel. Cholinergisehe (parasympathisehe) Vasodilatation wurde im eranio- bulb~iren und ira sakralen Innervationsgebiet gefunden. Cholinergisehe Dilatations- reize wurden im Faeialisgebiet und in den Muskeln der unteren Extremit~it auf- gedeekt.

Das Vorkommen histaminerger Nerven ist bisher noeh nieht erwiesen, da man in den submikroskopisehen Granulationen gewisser postganglioniirer sympathiseher (als histaminerg angesehener) Fasern lediglieh Noradrenalin fan& SehlieBlieh wird noeh darauf hingewiesen, dab es sieh be i den adrenergen Nerven immer um Nor- adrenalin handelt und der geringe Adrenalingehalt in Perfusionsflfissigkeiten naeh Reizung sympathiseher Nerven von den ehromafflnen Zellen stammen kSnnte.

M. Batschow(Darmstadt): ,,Begulative Ausgleichsreaktionen im Bereich der peripheren Strombahn.'"

Die Kreislaufregulation verffigt fiber verschiedene Mechanismen (,,motorische Impulse durch das Herz", ,,Stromverteilung durch die Arterien", ,,Stromausbrei- tung durch die Kapillaren" und ,,RfickfluBregulierung dutch die Venen"), um die Blutverteilung dem Bedarf der Organe anzupassen. Bei kleinen ~nderungen dieser Art kommt es, ohne dab die Gesamtzirkulationsmenge beeinfluBt wird, zu 5rtliehen Anpassungen dutch Wechselbeziehung kollateraler Gef~iBbezirke. Die Steuerung dieser Anpassnng, bei der 6rtlicher Druek und 5rfliche Dehnung der Gef~iBwande eine gr0Be Rolle spielen, ist sehr schwer aufzudecken.

Auf Grund klinischer Beobachtungen wurde jedoeh der Eindruck gewonnen, dab an Teilungsstellen groBer Arterien Blutdruckregler vorhanden sein mfissen, Die entsprechenden Befunde werden besprochen und gedeutet.

Drei korrelative Ausgleichsbereiehe bei 5rtlichen ZirkulationsstSrungen werden unterschieden: a) die Weitensteltung der gr5Beren und mittleren Gef~iBbahn, b) das Verhalten der arteriovenSsen Anastomosen, e) das Verhalten der Endstrom- gef~il3e, das zentral gesteuert ist. Die M6glichkeiten und Methoden der Prognose- stellung bei arteriellen Verschlul3krankheiten werden diskutiert.

H. Laborit (Paris): ,,Essai d'interpr~tation membranaire des phknomknes vaso- moteurs et de certains activit~s pharmacodynamiques."

Es werden die allgemeinen physiologischen Beziehungen zwischen Polarisa- tion, Membranpermeabflitiit, Muskeltonus, Ionenaustauseh und Reizempfindlich- keit auf die glatte Gefiil3muskulatur iibertragen. Jeder depolarisierende Stoff ist vasodilatierend und ,hyper-kalih~imisierend" und umgekehrt. Es wird eine Ge- f~iBatonie bei Ersch5pfung durch permanente Depolarisation der glatten Muskel- zellen und eine Vasoplegie durch Uberpolarisation unterschieden. Diese und andere Beispiele aus demselben Thema kSnnen zu einer komplexeren Ansicht yon pharmakologischen Resultaten ffihren und vielleicht eine pathogenetische Deutung vieler morbider GefiiBsyndrome erleichtern.

A. BuU6n (Sevilla): ,,Experimental studies in the innervation of the blood vessels." Zeigt an Hand yon eindrucksvollen Mikrophotographien die Abh~ingigkeit der

Gef~iBversorgung der Katzennickhaut yore Ganglion cervieale superius. Das Gan- glion wurde exstirpiert und die postganglioniiren Fasern der Degeneration unter-

Page 9: über das VI. Neurovegetative Symposion in Strasbourg vom 29. IX.–1. X. 1955

330 Kurzbericht

worfen (Methode nach Lawrentjew und Borowskaia). Es findet sich ein Netzwerk won degenerierten Nerven im engen Kontakt mit den kleinen Arterien und Venen, Muskelfasern und Kapillaren. Ferner sieht man zufiihrende Fasern, die das GefiiB begleiten, und solche, die in der GefiiBwand enden. Es wird der Beweis erbracht, da6 die Gef/il3nerven vom Ganglion cervicale superius (in trophischer Hinsicht) abh~ngen und unabh/ingige Achsenzylinder darstellen.

D i s k u s s i o n : U. S. v. Euler (Stockholm) fragt, ob das periphere Netzwerk in trophischem Zu-

sammenhang mit dem postganglion/iren sympathisehen Nerven steht und ob der Vortragende der Ansicht ist, dab hier der Neurotransmitter Noradrenalin pro- duziert und frcigesetzt wird. Es sei bekannt, dai3 nach postganglioniirer Denerva- t_ion der Noradrenalingehalt des Organs verschwindet.

Er erwiihnt aul3erdem, dab dort, wo der Nerv eine Auftreibung besitzt, man in vermehrtem MaBe Transmittersubstanz finden miiBte.

C. Coronini (Wien) erkundigt sieh, ob an den Nervenauftreibungen vielleicht Noradrenalin in Adrenalin fibergehen kann. Dies wird von

K. Wezler (Frankfurt/Main) bejaht, falls es m~glich ist, dort Transmethylase nachzuweisen, woriiber U. S. v. Euler keine Auskunft gebcn kann.

C. Coroninl (Wien) erkl~irt ferner, dab es bisher histochemisch nicht mSglich war, die Transmittcrsubstanz als Noradrenalin oder Adrenalin zu identifizieren.

F. A. Nelemans (Utrecht) fragt an, ob die Degeneration auch nach 1/ingerer Zeit als drei Tagen untersucht wurde, und stellt auf die negative Antwort Bul- Ions lest, dab man bezfiglich der Verminderung der Fiirbbarkeit innerhalb dieser kurzen Zeit nichts aussagen kSnnte.

A. Kappers (Groningen) wirft ein, dal3 es auf Grund experimenteller Arbeiten anderer Autoren nicht recht zu verstehen sei, dab nach Durchtrennung der post- ganglion/iren Nervenfasern eine Degeneration des peripheren autonomen Reticulum stattfinden soil. Auch die Eigenart dieses Reticulum spricht nicht sehr ffir diese M6glichkeit.

S. Curri (Milano): ,,Attegiamenti [unzionali delle anastomosi arterovenose in diverse condizioni sperimentaIi.'"

Mit Hilfe der verbesserten Technik yon Clark und Clark zur Lebendbeobach- tung der arteriovenSsen Anastomosen mit 80- bis 100facher VergrSBerung werden deren funkionelle Veriinderungen bei venSser Stase, bei sympathicomimetischen und vasodilatatorischen Pharmaka, in gut gelungenen Photogrammen gezeigt. AuBerdem wird die Inversion des Blutstromes durch die arterioven5sen Ana- stomosen bei provozierter Stase des venSsen Abflusses best/itigt. Die Hypothese von Lapp fiber die h/imodynamischen Ver/inderungen des kleinen Kreislaufes bei Pulmonalsklerose uhd Rechtsinsuffizienz wird wahrscheinlich gemacht.

V. Malamani et G. P. Brangi (Pavia): ,,II reogramma del capo e del legato e le sue variazloni fisiologlche e farmacologiche."

Rheographisch wird die Unterschiedlichkeit .des Verhaltens der Gef~13e des Gehirns gegeniiber denen der Leber unter dem Einflul3 yon Pharmaka festgcstellt und die Versehiedenheit der Regulation und Blutdynamik der beiden Organe auf- gezeigt.

D i s k u s s i o n : F. Kaindl (Wien): Wendet sich gegen die durch Malamanl beschriebene Rheo-

graphic der Lebergegend zur Feststellung der Funktions/inderung der Arteria hepatica. Bei dieser Methode werden s~imtliche anderen Gefiii3e der Lebergegend

Page 10: über das VI. Neurovegetative Symposion in Strasbourg vom 29. IX.–1. X. 1955

Kurzbericht 331

(Gef~il3e der Bauchhaut, des Darmes, der Nieren usw.) mitbestimmt, so dab die Schwankungen der A. hepatica nur einen kleinen Bruchteil der Gesamtschwankun- g e n d e r eben angefiihrten Gef~Be ausmachen. Ein RiiekschluB auf den funk- tionellen Leberkreislauf ist somit nicht erlaubt.

K. Koecke (Wuppertal): Der noeh umstrittene Wert der Seh~idelrheographie wurde dutch ein Rheogramm vor und nach Encephalographie gep~ft und an Hand yon einigen Kurven erl~iutert. Hinsichtlieh der Leberrheographie betont Koecke ira Gegensatz zu F. Kaindl, dab es durch die benachbarten groBen Ar- terien zu keinen nennenswerten Einfliissen kommt. An Hand eines Rheogramms werden aueh hier Befunde erl~iutert und auf eine sp~itere eingehende Ver6ffent- lichung hingewiesen.

V. Malamani (Pavia) dankt beiden Herren fiir ihre Diskussion, ist jedoch nicht der Ansicht Kaindls, dab das Leberrheogramrn nur zu einem ganz geringen Tell der Ausdruck der Leberzirkulation sei. Er betrachtet die yon Koeeke gezeigten Rheogramme als weitere Best~itigung fiir die Brauchbarkeit der Methode und stellt lest, dab das Leberrheogramm die einzige Untersuchungsmethode der Leber- zirkulation ist, die uns zur Veffiigung steht.

1. X. 1955. Vormittag. Pr~isidium: It. Fontaine (Strasbourg) und E. MaIan (Parma)

Ch. Kimura (Kyoto): ;,Vascular sensitivity."

Wendet sich gegen die Ergebnisse von Moore und Singleton, die durch intra- arterielle Natriumjodidinjektionen angeblich Gef~iBschmerzen erzielten, und stellt lest, dab der Sehmerz auch vom umgebenden Gewebe stammt; dagegen wird jedoch der K~ilteschmerz als sensibler Gef~iBeffekt angesehen. Mit Hilfe yon Gef~il3- kathetern mit einer endst~indigen Elektrode wurde der lokale Gef~iBschmerz unter- sucht. Dabei ergab sich immer eine geringere Sensibilit~it der Intima als der Adventitia. Auch zeigte es sich, dab der arterielle Schmerz radi~ir bis in die Zehen (bzw. Finger) ausstrahlt, w~ihrend der Sehmerzreiz in Venen nur auf ein kleines Areal, distal der Erregungsstelle, beschr~inkt ist. Eigene histologische Unter- suchungen, die dutch gut gelungene Mikrophotographien belegt werden, zeigen, dab die spezifischen (sensiblen) Formationen in groBen Arterien bis in die Media reichen, wahrend sic in groBen Venen bis zur Intima feststellbar sind. Als weitere Ergebnisse werden der periphere Gef~Bschmerz bei s. c. Aclrenalinapplika- tion bei M. BiJrger-Winiwarter und dessen tempor~ire Besserung nach Exstirpation des Glomus caroticum, uncl experimentelle Untersuchungen fiber die Pathogenese der diabetischen Gangr~in besproehen.

D i s k u s s i o n : C. Coronini (Wien) dankt dem Vortragenden ffir seine sch6nen Ausffihrungen

und weist darauf hin, dab die yon A. Weber gezeigten Innervationsverh~iltnisse hier eine eindrueksvo/le Best~tigung und Erweiterung gefunden haben.

E. Malan (Parma): ,,La r~activitk vasculaire p~riph&ique aprks sympathectomie ganglionaire.'"

Die Durchfiihrung der Sympathektomie bei vielen Erkrankungen l~iBt be- sonders die Probleme der denervierten Gef~iBe hervortreten. Morphologiseh ist eine vollkommene Denervierung infolge Anwesenheit yon ,,orthosympathisehen Formationen" (Formations ganglionaires ectopiques) unmSglich. Nach Sympath- ektomie tritt naeh einer kurzen vasoparalytisehen Phase eine Wiedertonisierung der Gef~iBmuskulatur auf. Diese kSnnte durch eine ,,intrinsic" Aktivit~it der Gef~iB- muskelzellen oder eine besondere Funktion des terminalen Endnetzes erkl~irt wet- den, w~ihrend Stoffwechselprodukte oder Hormone normalerweise hiefiir nieht in Betracht kommen. Pharmakologisch kommt es nach Sympathektomie zu einer

Page 11: über das VI. Neurovegetative Symposion in Strasbourg vom 29. IX.–1. X. 1955

832 Kurzbericht

Hypersensibilit~it der Gef~13muskulatur gegen/iber zahlreiehen exzitierenden und inhibierenden Substanzen. Diese ~3berempfindliehkeit ist weniger ausgepr~igt, wenn das Gef~f3 noeh mit seinem trophi~ehen Zentrum (durch priiganglioniire Sympathektomie) in Verbindung steht. Sind die verwendeten Pharmaka Adrenalin oder Noradrenalin, wird deren Wirkung von adrenalinblockierenden Substanzen vermindert oder aufgehoben, w~ihrend die Sympathikolytika dagegen keinen Effekt zeigen. Endlieh k6nnte das Wiederauftreten des vascul~iren Tonus noch durch VergrSBerung der funktionetten Aktivit~it der durch die Operation nieht betrof- fenen Fasern erkl~irt werden. Eine anatomische Restitution, wie sie theoretisch mSglich w~ire, ist jedenfa]ls in der Praxis ~iuBerst selten.

G. Pellegrini (Pavia): ,,SulIe modalith della regolazione nervosa della circulazione e le relative corrispondenze patologiche.'"

Zwei 6rtlich versehiedene, durch Reflexe wirkende Regulationsgebiete fiir das Gef/iBsystem sind vorhanden. Die zentrale neurovegetative Regulation ist f/Jr die einstr6mende Blutmenge in einem bestimmten Gef~iBbezirk verantwortlich, w/ihrend eine lokale Regulation auf den Gef~il3tonus wirkt. Pathogenetisch und klinisch manifestieren sich aueh deshalb zwei Krankheitskomplexe. Der eine um- faBt die Herz- und Kreislaufinsufflzienzen, wo die Ver~inderung der Blutmenge vorherrscht, zu dem anderen geh6ren die Syndrome des arteriellen ~Ober- und Unterdruckes, bei welchen keine quantitative Xnderung der Blutmenge vorliegt.

G. Pellegrini (Pavia): ,,L'insufficienza circolatoria periferica e le condizioni fun- zionali della regolazione nervosa della circolazlone."

Die periphere Kreislaufinsuffizienz zeigt eine gr613ere oder kleinere prozen- tuelle Verminderung des Minutenvolumens, als es der Verringerung der Blutmenge entspricht. Experimentelle Untersuchungen zeigten, dab fiir diese Differenz das Verhalten der kleinen Gef~il3e verantwortlieh ist. Von den beiden M6glichkeiten, einer Dystonie der kleinen Gef~il3e, die eine Stauung des Blutes in der Peripherie verursacht, oder einer zu stark reduzierten Blutmenge, wird der ersteren der Vor- zug gegeben, da eine Verminderung des zirkulierenden Blutstromes eine Be- sehleunigung der Str6mungsgesehwindigkeit dutch Erregung vasopressorischer Zentren verursaehen wfirde.

G. S. Donati e L. Peruzzo (Pavia): ,,I ganglioplegici helle arteriopatie periferiche.'" In einer kurzen Einleitung werden die Ganglienblocker besproehen und dabei

zwischen ,,echten" und auderen Pharmaka, die auch gangienblockierende Wirkung haben, unterschieden. Die erste Gruppe zeichnet sich durch die Wirkung auf St6rungen des vegetativen Systems aus. In Versuchen konnte festgestellt werden, dab diese Substanzen, die schon sehr friih ffir die Therapie der arteriellen Krank- heiten Verwendung fanden, fiir die Differentialdiagnose arterieller St6rungen yon groBem Vorteil sind, da mit ihrer Hilfe zwischen den funktionellen und organi- schen Formen unterschieden werden kann; bei der letzteren Form sogar, wie groB die spastische Komponente und wie welt der ProzeB bereits vorgeschritten ist. Dadureh wird eine rationellere und n/itzlichere Therapiestellung gew~ihrleistet.

W. Wernitz (Wuppertal-Barmen): ,,Neurovegetativ-periphere Gefiifivorgiinge bei intraarterieller Sauerstoff-Insufflation."

Mit vaskul/iren Untersuehungsmethoden und radioaktivem Jod an der insuf- flierten Extremitat sowie mit direkten Untersuchungen am Kaninchenohr wurden die Vorg~inge im Gef~iBsystem naeh Sauerstoffinsufflation bearbeitet. Dabei konnte naehgewiesen werden, dab es prim/ir zu einer Bloekierung des arteriellen Gef/iB- netzes durch Gasembolien mit naehfolgendern Spasmus kommt.

Page 12: über das VI. Neurovegetative Symposion in Strasbourg vom 29. IX.–1. X. 1955

Kurzberieht 333

Das Gas wird dann, entgegen der Auffassung yon Lemaire, nicht dureh die Kapillaren, sondern dutch die arteriovenSsen Anastomosen an das Venensystem weitergeleitet. (Entlastungsvorgang des arteriellen Systems.) Nach Beseitigung der arteriellen Blockade, die einen ausgedehnteren Effekt wie die sonst ahnlich wir- kende Esmarchsche Blutleere hat, tritt eine verstarkte Durchblutung auf. Diese ist durch den erheblichen Reizzustand der Hypox~imie (Stase dauert 10 bis 15 Mi- nuten) bedingt. Ein direktes Einwirken des insufflierten Sauerstoffes auf den Zell- stoffweehsel, wie M6tter annimmt, wird abgelehnt. Der Grund der langanhalten- den Wirkung und der therapeutische Effekt der Sauerstoffinsufflation wird in der notwendigen Entschlaekung des Gewebes nach relativ langer Hypox/imie (Friih- wirkung) und in einem eventuellen Gefa6training mit Ausbildung yon arterio- venSsen Anastomosen (Sp~itwirkung) gesehen. Der Vortragende betont noch, dab er die Art der diphasischen gesamten Reaktion, die nach Sauerstoffinsufflation eintritt, als typisch ffir das periphere autonome Nervensystem ansieht.

D i s k u s s i o n :

M. ttatschow (DarmStadt) mahnt hinsichtlich der Sauerstoffinsufflation Zur Vor- sieht, da ihm ein tSdlicher Fall bei dieser Therapie bekannt ist, bemerkt aber immerhin, dab er dennoeh die Methodik als eine ausgezeiehnete kennt.

C. Coronini (Wien) glaubt, dab es sieh in dem von M. Ratschow erw~ihnten Fall vielleieht um ein offenes Foramen ovale gehandelt hat. Es kSnnen sogar physiologiseh geschlossene, spalffSrmige Foramina ovalia, die normalen Verhalt- nissen standhalten, dutch eine derartige Belastung zu ,,offenen" werden.

S. Curri (Milano) teilt seine Untersuchungen, die er mit kleinen Gasembolien am Kaninehenohr anstellte, mit. Der Durehtritt der Gase durch die a.-v. Ana- stomose ist weitgehend yon deren Offnung abhangig. Unter normalen Bedingun- gen tritt nur ein kleiner Teil des Gases in dieselbe ein, da wahrscheinlieh der Reiz fiir eine Offnung der Anastomose zu gering ist. Dabei weist er darauf hin, dab bei den yon Wernitz dargestellten Fallen eine pathologisehe Reaktion der arteriovenSsen Anastomosen insoferne eine Rolle spielt, als der Durchgang der Sauerstoffbl~isehen in der Extremit~it dureh diese pathologische Reaktion be- sonders gefSrdert wurde. Auf eine Arbeit wird hingewiesen, wo aueh der Dureh- tritt yon Tumorzellen durch arterioven~se Anastomosen gezeigt werden konnte.

K. Wezler (Frankfurt/Main) ist der Ansicht, dab eine derartige Methode vom Standpunkt des Physiologen abzulehnen sei.

G. Tardieu, C. Tardieu et 1. J. Pocidale (Paris): ,,Comment l'irritation du systbme vOg~tativ entra~ne-t-elIe des accidents vaseulaires graves?"

Ausgehend yon der bekannten Tatsache (ReiUy), dab Irritation des Splanch- nicus zu vascularen Erscheinungen ftihrt, die mitunter ad exitum ffihren kSnnen, wahrend Durchschneidung ganz andere l~eaktionen zeigt, wurde der Mechanismus dieser Erschcinungen und damit eine gecignete Therapie gesueht.

Durch Einspritzung einer reizenden Substanz in die Medulla oder in das Mes- encephalon konnte experimentell festgestellt werden, dab die Erseheinungen, die den Lasionen im Hirnstamm folgen, nicht yon der Ausschaltung der Medulla herriihren, sondern ein peripheres Ph~inomen sind. Als Medikament wurde einzig empiriseh das Chlorpromazin gefunden, fiber dessen Wirkungsweise abet noch keine Angaben gemaeht werden k6nnen. Zum SchluB wird noch ein neuer Apparat for kiinstliche Atmung besprochen, der yon EngstrSm erfunden wurde. Die Unter- suchungen hierfiber sind noch im Gange.

Page 13: über das VI. Neurovegetative Symposion in Strasbourg vom 29. IX.–1. X. 1955

334 Kurzbericht

D i s k u s s i o n :

H. Laborit (Paris) geht auf den yon Engstr&a konstruierten Apparat fiir die kiinstliehe Atmung ein, indem er dessen Fehler und Gefahren aufzeigt. Er teflt hiebei mit, dab er einen anderen Apparat konstruierte, der die M~ingel des Eng- Str6msehen Ger~ites zum Grol3teil ausschaltet.

H. Laborit (Paris) liest ffir 1. Kunlin (Paris): ,,L'utilisation de la Chlorpromazine dans certains syndromes pdriphdriques d'origine vasculaire ou a participation vasculalre.'"

Da die vasodilatatorische Wirkung des Chlorpromazin, per os und intramusku- 1~ verabreicht, erkannt wurde, versuchte man das Medikament intraarteriell bei schmerzhaften vaskulgren St6rungen zu geben und konnte (in einem aufgeffihrten Fall) ausgezeichnete Ergebnisse erzielen. Welters sollte untersucht werden, ob diese Wirkung zentraler oder peripherer Natur ist, ob es sich um eine periphere Vasodilatation handelt und yon welcher Intensiffit dieselbe ist. Bei Versuehen zur Kl~irung dieser Wirkungsweise wurde Patienten das Medikament in bidestilliertem Wasser bzw. in physiologischem Serum verabreicht. Es wurden naeh der Injektion eine Verffirbung der Haut sowie ein Ansteigen der Temperatur konstatiert. Der Veffasser schtie/3t, ohne die eingangs angeschnittene Frage gelgst zu haben, mit der Feststellung, dab das Chlorpromazin eine sensible Verbesserung braehte, wo andere Medikamente ohne Erfolg waren.

1. X. 1955. Nachmittag. Pr~isidium: A. Sturm (Wuppertal) und A. de Sousa Pereira (Porto)

A. de Sousa Pereira (Porto): ,,Recherches sur l'interprdtation neurovasculaire de l'ulc~re gastroduod~nal.'"

Zwei Bedingungen sind ffir das Auftreten eines Uleus gastroduadenale yon Wichtigkeit: einerseits die Verh~iltnisse der Darmwand, anderseits die peptisehe Sekretion und die M6glichkeit der Resistenz der Magen-Darmwand. Dragstedt et al. untersuchten die Magensaftsekretion und den nervSsen EinfluB. Ihre Er- gebnisse fiihrten zur therapeutisehen Vagotomie.

Eigene Untersuehungen wurden hinsichtlieh der Resistenz der Magen-Darm- wand auf den Magensaft unternommen und festgestellt, dab der neurovaskul~ire Faktor hiebei eine grol3e Rolle spielt. Dureh experimentelle Untersuehungen wurde sowohl am Tier als auch am Mensehen gefunden, dab die reiehlichere Dureh- blutung in der Gastroduodenalwand die Narbenbildung besehleunigt, und im wei- teren, dab hiebei der Sympathicus eine nennenswerte Rolle spielt und seine physiologisehe Unterbreehung von einer Vasodilatation gefolgt ist. Danaeh seheint es, dab psyehisehe Alterationen, die fiber den Hypothalamus gehen und am Gastroduodenal-Segment angreffen, eine wiehtige Rolle beim Meehanismus oder bei der Persistenz des Uleus spielen. Danach wfirde bei Oberwiegen des Para- sympathicus der Mechanismus naeh Dragstedt, bei Sympathieusfiberwiegen der eben besehriebene in Anwendung kommen (Resistenzverminderung der Schleim- haut).

D i s k u s s i o n :

F. Kiss (Budapest) bestgtigt die Wiehtigkeit neurovaskul~irer Faktoren ffir die Morphogenese der gastroduodenalen Gesehwfire. Er berichtet fiber eigene Ver- suehe, wobei er dutch Adrenalininjektion in die Magenwand oder W~irmeapplika- tion auf die Magenwand Ulcera produzieren konnte. An Hand yon Bildmaterial

Page 14: über das VI. Neurovegetative Symposion in Strasbourg vom 29. IX.–1. X. 1955

Kurzbericht 335

wird gezeigt, dab es hiebei zu einem Spasmus kleinster GefgBe kommt, die funk- tionellen Endarterien entsprechen. Dieser region~ire Spasmus fiihrt zur Uleus- bildung.

Y. Adams-Ray (Stockholm): ,,Some observation on vasoconstrictor-reflexes in cutaneous venuli.'"

Sympathische Reflexe fiihren bei Entziindungen zu ven6ser, kutaner Vasokon- striktion, deren ~iugeres Symptom die Abblassung der Haut ist. Dasselbe Ph~i- nomen finder man in der Mittellinie des K6rpers bei sehmerzhaften viszeralen Affektionen, wo man dies photometrisch messen kann. Die Verschiedenheit der Abblassung der Haut an den unteren Extremit~iten, wo sic ausgepr~igter ist, und am Bauch wird mit der h~imostatisch bedingten st~irkeren Tonisierung dieser Ge- f~iBe erkl~irt. AuBerdem ist auch die Haut des Ful3gelenkes reicher an Noradrenalin als der Baueh.

F. KaindI (Wien): ,,Zur Er[assung vegetativer Einfliisse au[ die periphere Dureh- blutung einschlie]31ich der Beurteilung ge[ii]3aktiver Substanzen.'"

Zur Erfassung yon physiologischen und pathologischen Zirkulations~inderungen wird als beste Methode die Rheographie angesehen und deren M6glichkeiten und die Teehnik kurz besprochen. An Hand zahlreieher Kur.ven werden vorerst die physiologischen Gefiil3schwankungen erl~iutert und dann rnit pathologisehen ver- glichen. Im besonderen wird die rheographische Funktionsdiagnose ausfiihrlicher behandelt. Interessant erscheinen die experimentellen Befunde bei prim~irer chro- nischer Polyarthritis, sowie die Untersuehung verschiedener Tonuslagen. SchlieB- lich wird noch die Wirkung diverser in der Klinik t~glieh angewendeter gefN3- aktiver Pharmaka im Rheogramm gezeigt (besonders des Pr~iparates CAA 40). Eine ann~ihernde Indikationsstellung fiir den hoehprozentigen Erfolg einer Sympath- ektomie wird versueht.

D i s k u s s i o n :

R. Singer (Wien) erwiihnt, dab das Pr~iparat CAA 40, welches Kaindl mit Effolg verwendete, sieh aueh bei seinen im Gef~igambulatorium behandelten Fallen be- sonders mit akuten DurchblutungsstSrungen bew~ihrte.

W. Birkmayer (Wien): ,,Zentrale Beeinflussung des GeJii]3tonus.'" Entgegen der Auffassung yon Krogh-Lewis, dab es naeh chemischer bzw. me-

chanischer Beeinttussung der Haut zu einer, yon zentralen Faktoren unbeeinflul3ten, GefiiBtonusiinderung kommt, wird an 100 Hirnverletzten mit Halbseitenl~ihmung eine geringer intensive, abet zeitlich l~ingere Hautreaktion an der gel~ihmten Seite festgeste/lt. Die Beobachtung des Anstieges der Hauttemperatur nach Stel- latuminfiltration an der Seite des Herdes, bei lang bestehenden Apoplektikern an der kontralateralen paretischen Extremit~it, wird vorgetragen und der offensicht- liche Ort dieser Regulation zur Diskussion gestellt.

R. Singer (Wien): ,,Die akuten arterieUen ZirkulationsstSrungen bei der Organo- pathie und ihre Beziehungen zu den neurovegetativen KreislaufstSrungen.'"

Gestiitzt auf ein groBes Krankenmaterial wird das Auftreten und die Ent- wicklung akuter und ehronischer DurchblutungsstSrungen an den Extremit~iten deinonstriert. Dabei kann der Vortragende nachweisen, dab Acetylcholininjek- tionen im akuten Stadium durch eine charakteristische abnorme Oberempfindlich- keit der kleinsten Arterien und folgende maximale Engstellung oft eine Ver- schlechterung des Zustandes herbeffiihren, w~ihrend im chronischen Stadium diese Behandlung die Therapie der Wahl sei. Welters wird dargetan, dab die Folge-

Page 15: über das VI. Neurovegetative Symposion in Strasbourg vom 29. IX.–1. X. 1955

336 Kurzbericht

erscheinungen der Durchblutungsst6rungen dutch den Krampf der kleinen Arterien ausgel6st werden, so dab der prim/ire VerschluB des groBen Gef~iBes demgegen- fiber oft zurfiektritt.

D i s k u s s i o n :

A. Sturm (Wuppertal) bemerkt, dab die guten therapeutisehen Erfolge der interarteriellen Aeetyleholininjektionen dureh intraarterielle Sauerstoffeinblasungen in die Arteria femoralis noch verst~irkf werden k6nnen, und gibt noeh einmal einen kurzen Abril3 der Physiologie dieser Therapie. Er erklgrg ausdrfieklieh, dab Bedenken hinsiehtlieh dieser therapeutisehen MaBnahmen, wie sie Wezler ge- iiul3ert hat, vom klinisehen Standpunkt aus nieht bestehen, da bei 1500 Einblasun- gen an der Medizinisehen Klinik Barmen kein einziger Zwisehenfall gesehen wurde.

C. Kaindl (Wien) weist auf das Priiparat CAA 40 hin, das vOrwiegend die Muskelarterien erweitert, sowie auf die Pr~iparate Ronicol und Direetan, welche hauptsachlich auf die Hautgef~iBe wirken, und besprieht kurz die Kombination beider Pr~parate.

P. Wertheimer et Y. de Rougemont (Lyon): ,,La vasomotricit~ c&~brale du point de vue clinique et th&apeutique.'"

Von der Tatsache ausgehend, dab die Aussehaltung des Halssympathieus eine Therapie ffir cerebrale Gef~il3st6rungen darstelle, werden hieffir versehiedene Postulate und Hypothesen gefordert, die naeh Ansieht des Vortragenden weder physiologisch noch anatomisch fundiert sind. Auch die eigene klinische Erfahrung habe dazu beigetragen, dab die versehiedenen Resultate nicht eindeutig pro- gnostisch verwertbar seien.

D i s k u s s i o n : A. de Sousa Pereira (Porto) bespricht einige yon ibm angewandte chirurgische

Behandlungsmethoden bei vaskul~iren Seh~idigungen des Gehirns. Er stellt schliel3- lich lest, dab jeder einzelne Fall seine individuelle Therapie ben6tigt.

W. Birkmayer (Wien) fragt, ob die Stellatuminfiltration bei akuten oder ehro- nischen F~llen gemacht wurde. Dies wird vom Vortragenden so beantwortet, dab bei beiden Krankheitsbildern Infiltrationen durchgeffihrt wurden, jedoch nut bei akuten F~illen ein guter Erfolg eintrat.

A. Sturm (Wuppertal) spricht abschliel3end als Leiter der wissensehaftliehen Sitzung fiber die drei Arbeitsgebiete dieser Tagung, deren Themen und Diskus- sionen ertragreieh und interessant waren. Was jedoeh dieses Symposion yon alien anderen besonders heraushebt, so betont Sturm mit Genugtuung und Freude, ist die internationale festere Bindung dureh Grfindung der ,,Iflternationalen Gesell- schaft ffir neurovegetative Forschung".

Er dankt R. Fontaine und Ch. Kayser ffir die Planung und den reibungslosen Verlauf dieses Kongresses und gratuliert den Gastgebern zu dem sehSnen Erfolg.

Ch. Kayser (Strasbourg) beendet offiziell die Tagung und spricht allen Vortragenden und Diskussionsrednern seine Anerkennung und den Dank fiir die gute Zusammenarbeit aus.

W. Kof~ac (Wien)

Herausgeber, Eigentilmer und Verleger: Springer-Verlag, Wien, I., M61kerbastei 5. - -F i i r den Inhalt verantwortlieh: Dr. C. Coronini-Cronberg, Wien, IX., AlserstraBe 82. -- Druck:

Friedrieh Jasper, Wien, III., Tongasse 12.