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Zeitschrift ffir Zellforschung 60, 147--162 (1963) Aus dem Anatomischen Institut der Universit~t Kiel (Direktor: Prof. Dr. reed. W. BARGMANN) I~BER DAS ZWISCHENHIRN-HYPOPHYSENSYSTEM VON CHIMAERA MONSTROSA Von TSUNEO FUJITA $ Mit 14 Textabbildungen (Eingegangen am 15. Januar 1963) Die Struktur der Hypophyse yon Teleostiern und Elasmobranchiern und ihre Verkniipfung mit dem Zwischenhirn ist yon zahlreichen Autoren untersucht worden (vgl. ROMEIS 1940, E. SCHA~RER 1952, BA~GMANN 1953, P~CKFO~D U. ATZ 1957, DIEeE~ 1962, Literatur). Dagegen hat die Frage nach dem morpho- logischen Verhalten des Zwischenhirn-Hypophysensystems der Itolocephalen bisher kaum Berficksichtigung gefunden. Eine i~ltere Studie yon A~ESU (1914) befa~t sich lediglich mit der grSberen mikroskopischen Anatomie der Hypophyse yon Chimaera; ferner haben KOLMEI~ (1923) und FAHRENHOLZ (1928/29) fiber die Rachendachhypophyse dieses Tieres berichtet. Ganz unberiicksiehtigt blieb die Erforsehung des neurosekretorischcn Anteils des Zwischenhirn-Hypophysen- systems der Holocephalen. Seine Untersuchung erscheint um so interessanter, als die VerSffentlichungen yon ARIE~S KAPPE~S u. CA~PE~TE~ (1911) sowie KUHLENBECK (1958) keine Angaben fiber die Existenz eines groBzelligen Nucleus praeopticus bei Holocephalen enthalten. Es ist Aufgabe der vorliegenden Untersuchung, die offenbar bestehende Lficke in unseren Kenntnissen fiber den Feinbau der Hypophyse bzw. das Zwischenhirn- Hypophysensystem der merkwfirdigen und nicht leicht zug~ngliehen Gruppe der ttolocephalen auszufiillen. Material und Methode Untersucht wurden drei in Bouinschem Gemisch fixierte Gehirne saint Hypophyse yon Chimaera monstrosa ~. Das kleinste, weibliche Tier miBt 6,5 cm yon Kopf bis Anus und 25 cm bis Schwanzende, das zweite Exemplar, gleichfalls ein Weibchen, 9,0 bzw. 35 cm. Vom dritten, grSl3ten Tier lag lediglich der Kopf vor. Alle Fische stammen aus dem Norwegischen Graben der Nordsee. Zwei sagittale und eine frontale Paraffinschnittserie (Schnittdicke 8--9~) wurden ange- fertigt. F~rbungen: 1. Azan nach M. HEIDENHA~, 2. Trichromf~rbung naeh MASSOI~- GOLDNER, 3. Gomoris Chromalaunh~matoxylin-Phloxin zur Darstellung yon Neurosekret nach BARGMA~N (1949). Die oft nut schwach f~irbbaren neurosekretorischen Zellen konnten dadurch deutlich hervorgehoben werden, dai~ die Schnitte 1Rnger in Voroxydations- (10 min) und in H~matoxylinlSsung (2--4 Std) verweilten und danaeh langsam di~ferenziert wurden. 4. Aldehyd-Fuchsin naeh GOMORL Voroxydation in saurer PermanganatlSsung. Nachf~rbung nach MASSON-GOLD~E~ohne Kernf~rbung; Behandlung mit Phosphorwolfram- s~ure und Lichtgriin oder Orange G. Bei der Aldehyd-Fuchsin-F~rbung mu~te die Vor- oxydations- und F~irbungsdauer veri~ngert werden, um kontrastreiche Pr~parate zu * Stipendiat der Alexander yon Humboldt-Stiftung. x Ffir die freundliche ~berlassung des lebensfrisch fixierten Materials dankt der Verfasser Herrn H. :BRAAK (Anatomisches Institut der Universitiit Kiel). 10"

Über das Zwischenhirn-Hypophysensystem von Chimaera monstrosa

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Zeitschrift ffir Zellforschung 60, 147--162 (1963)

Aus dem Anatomischen Institut der Universit~t Kiel (Direktor: Prof. Dr. reed. W. BARGMANN)

I~BER D A S Z W I S C H E N H I R N - H Y P O P H Y S E N S Y S T E M VON C H I M A E R A M O N S T R O S A

Von

TSUNEO FUJITA $

Mit 14 Textabbildungen

(Eingegangen am 15. Januar 1963)

Die S t r u k t u r der H y p o p h y s e yon Teleost iern und E la smobranch ie rn und ihre Verkni ipfung m i t dem Zwischenhi rn is t yon zahlreichen A u to re n un te r such t worden (vgl. ROMEIS 1940, E. SCHA~RER 1952, BA~GMANN 1953, P~CKFO~D U. ATZ 1957, DIEeE~ 1962, L i te ra tur ) . Dagegen h a t die F r a g e nach dem morpho- logischen Verha l t en des Zwischenh i rn -Hypophysensys t ems der I to locepha len bisher k a u m Berf icksicht igung gefunden. Eine i~ltere S tudie yon A~ESU (1914) befa~t sich lediglich mi t der grSberen mikroskopischen Ana tomie der H y p o p h y s e yon Chimaera; ferner h a b e n KOLMEI~ (1923) und FAHRENHOLZ (1928/29) fiber die R a c h e n d a c h h y p o p h y s e dieses Tieres ber ichte t . Ganz unber i icks ieh t ig t bl ieb die Er forsehung des neurosekre tor i schcn Ante i l s des Zwischenh i rn -Hypophysen- sys t ems der Holocephalen . Seine Un te r suchung erscheint u m so in te ressanter , als die VerSffent l ichungen yon ARIE~S KAPPE~S u. CA~PE~TE~ (1911) sowie KUHLENBECK (1958) keine Angaben fiber die Exis tenz eines groBzelligen Nucleus praeopt icus bei Holocepha len en tha l ten .

Es is t Aufgabe der vor l iegenden Unte rsuchung , die offenbar bes tehende Lficke in unseren Kenn tn i s sen fiber den F e i n b a u der H y p o p h y s e bzw. das Zwischenhirn- H y p o p h y s e n s y s t e m der merkwfi rd igen und n ich t le icht zug~ngliehen Gruppe der t t o locepha len auszufii l len.

Mater ia l und Methode Untersucht wurden drei in Bouinschem Gemisch fixierte Gehirne saint Hypophyse yon

Chimaera monstrosa ~. Das kleinste, weibliche Tier miBt 6,5 cm yon Kopf bis Anus und 25 cm bis Schwanzende, das zweite Exemplar, gleichfalls ein Weibchen, 9,0 bzw. 35 cm. Vom dritten, grSl3ten Tier lag lediglich der Kopf vor. Alle Fische stammen aus dem Norwegischen Graben der Nordsee.

Zwei sagittale und eine frontale Paraffinschnittserie (Schnittdicke 8--9~) wurden ange- fertigt. F~rbungen: 1. Azan nach M. HEIDENHA~, 2. Trichromf~rbung naeh MASSOI~- GOLDNER, 3. Gomoris Chromalaunh~matoxylin-Phloxin zur Darstellung yon Neurosekret nach BARGMA~N (1949). Die oft nut schwach f~irbbaren neurosekretorischen Zellen konnten dadurch deutlich hervorgehoben werden, dai~ die Schnitte 1Rnger in Voroxydations- (10 min) und in H~matoxylinlSsung (2--4 Std) verweilten und danaeh langsam di~ferenziert wurden. 4. Aldehyd-Fuchsin naeh GOMORL Voroxydation in saurer PermanganatlSsung. Nachf~rbung nach MASSON-GOLD~E~ ohne Kernf~rbung; Behandlung mit Phosphorwolfram- s~ure und Lichtgriin oder Orange G. Bei der Aldehyd-Fuchsin-F~rbung mu~te die Vor- oxydations- und F~irbungsdauer veri~ngert werden, um kontrastreiche Pr~parate zu

* Stipendiat der Alexander yon Humboldt-Stiftung. x Ffir die freundliche ~berlassung des lebensfrisch fixierten Materials dankt der Verfasser

Herrn H. :BRAAK (Anatomisches Institut der Universitiit Kiel). 10"

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gewinnen. Das beste Resultat wurde mit folgender Modifikation erzielt: In 100cm360%igen Alkohol werden unter Zusatz yon 1,5 cm a Salzs/iure 2 g Pararosanilin gel6st. Zu dieser L6sung werden 4 cm 3 Paraldehyd hinzugefiigt. Das Gemisch bleibt etwa 5 Tage bei Zimmer- temperatur stehen. Die Schnitte werden mit dieser Farbl6sung ohne Voroxydation 5--12 Std gef~rbt und dann im Salzsiiure-Alkohol (0,5 cm a auf 100 cm a Alkohol) fiir 30 rain, unter Umst/~nden auch stundenlang, differenziert. 5. SilberimprKgnation nach PALMGRE~ (1948), 6. Nissl-F/irbung mit Toluidinblau, 7. Perjods~ure-Schiff-Reaktion nach McMANvs.

Befunde

I. Zwischenhirn. I m Zwischenhirn yon Chimaera monstrosa f indet man fiberall nur klcine Nervenzel len ; ein makrozel lul / i res E l emen t scheint f iberhaupt zu fehlen.

Abb. 1. H y p o p h y s c yon Chimaera monstrosa und U m g e b u n g (35 cm lang). Halbschcmat ischc Dar'- stellung. S v Saccus vaseulosus. Vt Ventr ieulus tcr t ius . S b Sch~dclbasis. I I Nervus opticus. V s Vor- dcrhirnstiel . Ge Gaumenepi the l . H, 21I, V Hinterer , mi t t l e rc r und vordercr Teil der t typophyse . H l Hypophyscnh tmcn . T h Trac tus hypo tha lamo-hypophyseus . E s Epithels t rang. R h Rachcndach-

hyl)ophysc. L g Lympho ides Gcwebe

W e d e r eine be s t immte F a s e r b a h n noch Zel lgruppen wurden mi t Gomoris Aldehyd- Fuchs in bzw. Chromalaunh i ima toxy l in spezifisch angcf/s E inen dem Nucleus praeopt icus von anderen F i scha r t en en tsprechenden Kern konnte ich in dem vorhegenden Mater ia l n ich t f inden. Ros t r a l yon der Sehnervenkreuzung, die weit ros t ra l vom I n f u n d i b u l u m liegt, b le ib t k a u m R a u m fiir einen pr/~optischen H y p o t h a l a m u s a n t e i l . Eine geringffigig entwickel te supraopt i sche Por t ion des H y p o t h a l a m u s verknf ipf t sich mi t dcm sehr schmalen Vorderhirnst ie l , der aus- schheBlich aus Nervenfasern und Gl ia -Elcmenten bes teh t (Abb. 1).

K a u d a l yon der Sehnervenkreuzung liegen im Boden des 3. Ventr ikels einige Gruppen yon kleinen Nervenzel len (Tuberkerne) . Marklose, aus diesen Zellen hervorgchende Fase rn bi lden einen schmalen Trac tus hypo tha l amo-hypophyseus , der durch die Bodenp la t t e des I n fund ibu lum in die H y p o p h y s e e in t r i t t (s. unten, Abb. 1). E in Teil dieser Fase rn endet an den Kr6nchenzel len in der Ven t ra lpa r t i e des Saccus vasculosus.

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Zwisehenhirn-Hypophysensystem yon Chimaera monstrosa 149

II. Bau und Lage der Itypophyse. Die Hypophyse yon Chimaera ist ein in kraniokaudaler Richtung langgestrecktes Organ, dessen hinteres, 15ffelf5rmig ver- diektes Drittel zusammen mit dem unmittelbar dartiber ausgebreiteten Saceus vasculosus in eine schr~ig nach oben und vorne offene Einbuchtung der knorpeligen Schadelbasis eingelagert ist (Abb. 1). Der schmale vordere Teil der Hypophyse erstreckt sich welt naeh rostral bis in die NiChe der Sehnervenkreuzung. Innerhalb des Organs dehnt sich ein ebenso langer Gang aus, der dem auch bei Elasmo- branchiern often bleibenden Lumen der Rathkesehen Tasche entsprieht.

Abb . 2, t t i n t e r e r H y p o p h y s e n a b s c h n i t t . B e a c h t e die V e r b r e i t u n g der v e r s c h i e d e n s t a r k v io le t t t i n g i e r t e n Zel len (ira Bi ld d lmkel ) u n d die pe r ivasku l~ re knh t~u fnng geft~rbter S u b s t a n z (Aldehyd- Fnchs in -L ieh tg r f i n ) . Vergr . 98fach . T h T r a e t u s h y p o t h a l a ~ a o - h y p o p h y s e u s . H1 H y p o p h y s e n l u m e n .

Sv Ep i t he l des Saecus vaseu losus

Mit dem Hypothalamus ist die Hypophyse durch die dtinne Bodenplatte des Infundibulum verbunden, die den obea genannten marklosen Tractus hypo- thalamo-hypophyseus entht~lt. Dieser Faserzug tr i t t in den kaudalen Tell der Hypophyse ein (Abb. 1).

Die ganze Hypophyse gliedert sich in 1. einen hinteren, verdickten Tell, der hauptst~ehlich aus nervSsen Elementen besteht (s. unten), 2. einen mittleren Teil, in dem acidophile Zellen auffallen, 3. einen vorderen Teil, der amphophile Zellen entht~lt. Die sog. Rachendaehhypophyse (s. S. 157) kann mit dem vorderen Tell der I-Iypophyse in Verbindung stehen (Abb. 1).

Von der Verwendung der Bezeichnung Lobus oder Pars habe ich bewui~t abgesehen, um Mil~verst~ndnisse in Bezug auf die Homologisierung der Organabschni%e mit den fiir andere Spezies beschriebenen Hypophysenanteilen zu vermeiden.

1. Hinterer Tell der Hypophyse. Abgesehen yon dem ventral gelegenen, yon chromophoben Epithelzellen ausgekleideten Hypophysenlumen (Abb. 1, 2) be- steht dieser Organanteil haupts~ehlich aus zahlreiehen Zellen, deren Cytoplasma feine Granula enthi~lt, die sieh mit Azoearmin, Fuchsin-Poneeau, Aldehyd-Fuchsin

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Abb. 3. Zellen im dorsalen Abschni t t des h in te ren Hypophysente i l s . Be~chtc dic yon Zelle zu Zellc verschieden dicht ver te i l ten , v iole t ten (im Bild dunklen) Granula in den neuronalen Zellen (Aldehyd-

Fuchsin- und M~sson-Goldncr-F~rbung). Vergr. 720fach

Abb. 4. Pcriv~skul~re Pal isadcnschicht (Ch~'omalaunh~matoxylin-Phloxin-Ffirbung, 0] immers ion) . Verge. 1250fach

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Zwischenhirn-Hypophysensystem von Chimaera monstrosa 151

Abb. 5. Vere inze l t die S inuso idwand er re ichende Fo r t s a t ze der nenrona len Zellen (dunkel). Da- zwischen F~i.serchen des T rac tu s h y p o t h a l a m o - h y p o p h y s e u s an die G e f ~ w a n d . R e c h t s einc typ i sche Ganglicnzelle, r ech t s oben A n s c h n i t t des L u m e n s des Saccus vasculosus (Pfeile) (Azan). Vergr . 480la th

und Gomoris Chromalaunh~ma- toxylin f£rben. Diese Granula sind yon Zelle zu Zelle so ver- schieden dicht verteilt, dal~ neben dunklen, mit KSrnchen geffillten Elementen helle Zellen vorkom- men, die kaum Granula enthal- ten (Abb. 2, 3).

Die erw£hnten Zellen bilden dichte Ansammlungen um die sinusoiden Kapillaren, die sich innerhalb und an der seitlichen 0berfliiche des Hypophysenendes befinden ; die Sinusoide sind teil- weise ungewShnlich weitlumig (Durchmesser oft mehr als 70 #). Die Zellen bilden in dem ventra- len Organabschnitt dichte Kom- plexe, sind im iibrigen aber mehr oder weniger locker verteilt. Ner- venf~serehen dringen zwischen Abb. 6. Pe r i va sku l~ re neurona le Zellen m i t verschie- die einzelnen Zellen oder Zell- denem Sekvetgeha i t , halbschematische Daxstellung. Be-

aeh te die va r iab le F o r m u n d L a g e der t t :ol loidkSrperchen nester ein (Abb. 1--3). Diese rundlichen oder polygonalen Elemente besitzen kugelige oder ovoide Kerne mit mehr oder wenigcr deutlichem KernkSrperchen (Abb. 3). Man beobachtet manch- real auch spindelfSrmige oder sternfSrmige Zellen mit reichlichem Cytoplasma

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Abb. 7. An die Ganglienzellen (dunked des h in teren Hypophysente i l s angrenzendc chromophobe Zell- massen (Pfeile ; Zwischcnlappenzcl lcn ?) in der Hypophysc des gr61~ten Exemplars (Azan).

Vcrgr. 480fach

Abb. 8. Ausl~ufcr der per ivasknl~ren Zellcn (Silberimpr~ignation nach PALMGREN). Vergr. 720fach

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Zwischenhirn-Hypophysensystem von Chimaera monstrosa 153

(Durchmesser 20 tt und mehr), gro[3em Kern mit lockerem Chromatingerfist und einem stark hervortretenden Nucleolus. Sie zeigen die morphologischen Merk- male yon Ganglienzellen (s. S. 158, Abb. 3, 5). Jede dieser Zellen ist mit einem besonders dicken, auf die Sinusoidwand gerichteten Fortsatz versehen, der wechselnd gro~e Mengen yon Granula enth~lt, die sich mit Chromalaunh/~mato- xylin und Aldehyd-Fuchsin entsprechend f/irben, leuchtend rot mit Azokarmin. Da die Zellen durchschnittlich 5--20 # yon der Gef~l~wand entfernt liegen, sind in diesem l%aum zahlreiche Ausl/iufer der Zellen nebeneinander derart angeordnet, da~ eine Palisadenschicht entsteht (Abb. 4, 5). Die oft bauchig oder perlen- schnurartig verdickten Zellauslhufer (Dicke 1--3/~) enden an der Basalmembran der Sinusoide. Sic werden wegen ihres Reiehtums an Granula intensiver als das Perikaryon angefi~rbt (Azan, Goldner, Gomori-Fi~rbungen).

I m Gebiet der Zellen, besonders aber in der perivaskul/iren Palisadenschicht, kommen gl~nzend rot gef/~rbte (Azan- oder Goldner-F~irbung), kleinere und grS~ere KolloidkSrperehen vor, bald in Gestalt yon Kfigelchen (manchmal fiber 5 #), bald yon maulbeerf6rmigen Klumpen, seltener auch yon sichelf6rmigen Partikeln (Abb. 5--7). Sic liegen teilweise intrazellul/~r, teilweise anscheinend aueh interzellul~r. Gr6l]ere Kfigelchen k6nnen in einer Vacuole in einer Ver- dickung des Ausls einer im fibrigen an Granula armen Zelle eingesehlossen sein. Die Kolloidtr6pfchen nehmen kaum Aldehyd-Fuchsin oder Chromalaun- h~matoxylin an, es sei denn, man fibeffs die Schnittpr~parate; sie lassen sich mit Phloxin, Orange G, Fuehsin-Ponceau oder Lichtgrfin hervorheben. Durch die Perjodsi~ure-Schiff-Reaktion werden sie schwaeh rosa tingiert, ws die cytoplasmatischen Granula kaum angef~rbt werden.

Die Forts~tze der Zellen kann man mit der Silberimpr~gnation naeh PALMG~nN deutlich darstellen. Jene Zellen, die schon im Azanpr~parat an Nervenzellen erinnern, werden am leiehtesten geschw~rzt. Dabei kann das Perikaryon hell bleiben, d.h. es erseheint nur rein granuliert, w~hrend seine multipolaren (seltener auch bipolaren ?) Fortss immer intensiv impr~gniert sind. Die bereits geschil- derten kr~ftigen Ausl~ufer, die zur Gef~l~wand ziehen, werden besonders deutlich hervorgehoben (Abb. 8).

Nach Toluidinblau-F/~rbung erseheinen in den Perikaryen blau gefi~rbte Ein- sehliisse, deren Farbton jencm der Nissl-Sehollen in den Gehirnzellen desselben Schnittes entspricht. I m Gegensatz zu den erw~hnten aldehyd-fuehsin-positiven Granula sind diese Einlagerungen nur in den Perikaryen vorhanden (Abb. 9, 10), sei es in Form grober Sehollen in Kernni~he~ sei es in der Peripherie des Perikaryons.

Ein weiteres Strukturelement des in Rede stehenden Hypophysenabschnit tes ist ein yon AR]~su (1914) erw~hntes Geflecht yon marIclosen Nerven]asern, das rostral oben mit dem Tractus hypothalamo-hypophyseus, der entlang dem Boden des Saecus vasculosus verl~uft, in Verbindung steht und sich in dem oberen und kaudalen Organabsehnitt ausbreitet (Abb. l, 2). Die Ausli~ufer des aufgelockerten Fasergeflechtes nehmen ihren Weg zwischen den an Nervenzellen erinnernden Elementen, deren mehrere in das Faserwerk eingebettet erseheinen. Die Faser- ziige erreichen bier und da die Kapillarws (s. aueh AR~su 1914) ; eine Strecke der Gef/~I~oberfl/~ehe wird bald yon Gruppen zarter Fasern (Abb. 11), bald von locker stehenden Palisadenfortsi~tzen besetzt (Abb. 5).

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Abb. 9. Ncuronalc Zcllcn im h in te rcn Hypophysentc i l (Nissl-F~rbung); Nisslsubst~nz im Perik~ryon. P i PigmeIttzcllc (Toluidinbl~u-Fi~rbul~g, Br~unfiltcr). Vergr. 480fach

Abb. 10. St/~rkerc Vcrgr6Berung des in Abb, 9 wiedergegebenen Nissl-Prfiparates. Die ne~lronalen Zcllcll (Pfeilc) en tha l t en Tigroidsubstanz nur in der Periphcrie dcs Zclleibes (Toluidinblau-F~rbung,

Br~unfiltr ()l immersion). Vergr. 1250f~ch

In den Chromalaunh/~matoxylin- bzw. Aldehyd-Fuchsin-Pr/~paraten ist das Nervenfasergeflecht kaum angef/~rbt (Abb. 2). Das in dem Infundibularboden

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Zwischenhirn-Hypophysensystem von Chimaera monstrosa 155

ver laufende Faserbf inde l (Tractus h y p o t h a l a m o - h y p o p h y s e u s ) en th~l t auch keine mi t Ch roma launh~ma toxy l i n f~rbbare Substanz .

Erw~hnt sei, dab sich der Boden des Saccus vasculosus rostral und lateral tief in das Nervengeflecht der Hypophyse einfaltet (Abb. 1). Der Blindsack des Saccus vasculosus entbehrt an der unteren Fl~che des KrSnchenepithels ; er wird nur yon einer dfinnen Ependym- schicht ausgekleidet. Stellenweise scheint eine Zelltapete sogar zu fehlen (Abb. 11). Man gewinnt den Eindruck, als wiirden auf diese Weise Beziehungen zwischen den Nervenfasern und dem Liquor innerhalb des Saccus hergestellt.

AuGer den geschi lder ten E l emen ten k o m m e n im hin- t e ren H y p o p h y s e n a b s c h n i t t hier und da Zellen mi t klei- nen K e r n e n und k a u m er- k e n n b a r e m Cy top la sma vor. Diese wahrscheinl ich den Gliazellen en t sprechenden E lemen te und die das H y p o - physen lumen ausk le idenden Zellen en tha l t en keine Gra- nula , die sich mi t Chrom- a launh~tmatoxyl in bzw. Alde- h y d - F u c h s i n f~rben. Diese als eh romophobe E lemen te zu beze ichnenden Zellen mi t ihren ls K e r n e n sind tei lweise sehr lang und s t rah len mi t ih rem di innen Ausl/~ufer in die per ivascu- 1/~re Zellzone ein, wo sie die Gef/~$wand erreiehen.

Die ven t ra le F1/~che des H y p o p h y s e n l u m e n s wi rd yon a b g e p l a t t e t e n Zellen ausge- kleidet . I m L u m e n der H y p o - physe f indet m a n ein sehlei- miges Sekret , das im Azan- Abb. 11. Beziehung des Ncrvenfasergeflechts (N) zu dem Fort-

satz des Saccus vasculosus (F) und einem Sinusoid (S) P r / ipa ra t g raub lau t ing ie r t (Chromalaunh~matoxylia-Phloxin-Farbung). Vergr. 540fach. ist. Es fi~rbt sieh sehr s ta rk sv KrOnchenepithel des Saccus vasculosus.

mi t A l d e h y d F u c h s i n (Abb.2), g ib t eine posi t ive Perjodsi~ure-Schiff- l~eaktion und reagier t me t ach roma t i s ch in Tolu id inblau-LSsung. H ie r und da v o r k o m m e n d e Zys ten , die yon chromo- phoben Zellen ausgekle ide t werden, en tha l t en die gleiche Sehle imsubstanz .

2. Mittlerer Tell der Hypophyse . Der ve rd ick te kauda le Abschn i t t der Hypo- physe se tz t sich ros t ra l in einen schmalen mi t t l e r en Teil fort , dessen ven t ra l e r Abschn i t t wieder yore H y p o p h y s e n l u m e n durchse tz t wird. Der dorsale R a n d dieses Organabschn i t t s e rscheint im L~ngsschni t t gez~hnelt , da sieh wei t lumige B lu tkap i l l a r en in das Epi thelgef i ige einsenken. Der Oberfl~che der Kap i l l a r en

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sehmiegen sieh zahlreiehe aeidophile Zellen an (Abb. 1). Diese kubischen oder rundlichen Elements mit ovalen Kernen enthalten Granula, die Azocarmin, Fuchsin-Ponceau und Phloxin annehmen (Abb. 12), sieh naeh PALMGI~EN mit Silber impr/ignieren und sieh bei der Perjodsgure-Sehiff-Reaktion sehwach rosarot tingieren. Diese Epithelzellen wurden in der Hypophyse des kleinsten Tieres am deutlichsten sichtbar, wghrend sie in der des gr56ten Tieres im Azan-Prgparat nur gelblich getSnt erschienen.

Abb. 12. P a r a m e d i a n s c h n i t t durch delt mi t t l c ren Hypophysen te i l (Masson-Goldner-F$trbung). Vcrgr . 480fach. S v Boden des Saccus vasculosus. T h Faserbiindel des Trac tus hypoth~lamo- hypophyseus . B d g Lockeres Bindegewebe mi t Blutgcf~6en. A z Azidophile Zcllcn. Ch Cba'omophobc

Zellen, H1 Hypophysen lumen

In den yon den Gef/~6en entfernten Epithelpartien herrschen ehromophobe Zellen mit 1/~ngliehen oder ovoiden Kernen und undeutlicher Zetlgrenze vor. Sie lassen sich von den Epithelzellen, die das Hypophysenlumen auskleiden, und den Wandzellen der auch in diesem Organabschnitt vorkommenden Zysten nicht scharf unterscheiden.

Nur bei dem gr61~ten Tier habe ieh wohlentwiekelte Komplexe yon chromo- phoben Zellen gesehen, die zu den Sinusoiden in enger Beziehung stehen. In dem am weitesten kaudal gelegenen Absehnitt dieses Hypophysenbezirks mischen sieh die chromophoben Zellnester mosaikartig mit den granulierten, an Neurone erinnernden Zellen des kaudalen Organteils (Abb. 7). Bei dem 35 em langen Fiseh

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Zwischenhirn-Hypophysensystem von Chimaera monstrosa 157

dagegen konnte ich nur wenige perivascul/ire chromophobe Zellen in dem Uber- gangsteil zwisehen hinterem und mittlerem Teil der Hypophyse finden.

3. Vorderer Teil der Hypophyse. In dem schmalen rostralen Organteil (Abb. 1) erkennt ,nan gleiehfalls chromophobe Zellen mit 1/~ngliehen Kernen, die das Lumen auskleiden und das angrenzende Epithel aufbauen. AuBerdem finder man zahl- reiche chromophile Zellen mit ovoiden Kernen, deren Cytoplasma sich mit Azokarmin (Abb. 13), Toluidinblau, Aldehyd-Fuchsin und ChromalaunhKmatoxylin tingieren 1/~l~t. Ihr Zelleib gibt stark positive Perjods/iure-Sehiff-Reaktion.

Abb. 13. Ctlromophile und chromophobe Zellen fin vo rde ren I-Iypophysentei l des gr613ten Fisches (&zanfarblmg). Rote Granula im Bild dunkeL Vergr. 480lath. K Blutkapi l lare . Hl H y p o p h y s e n l u m e n

Diese Zellen verhalten sich bei den verschiedenen untersuchten Tieren sehr unterschiedlich. Bei dem grSl3ten Fisch handelt es sich um mit Azokarmin leuchtend rot farbbare, hochzylindrische Zellen, die sich an die Sinusoide anlagern (Abb. 13). Vom Gef/if~ entfernte Zellen kSnnen einen ziemlich langen, stielartigen Cytoplasmafortsatz zur Kapillarwand entsenden. Bei dem 35 cm langen Fisch erscheinen sie schw/icher tingiert; auf3erdem ist ihr Cytoplasma sp/irlich ent- wickelt. Sie liegen an der dorsalen Oberfl/iche der Hypophyse, der sich nur wenige, englumige Blutkapillaren anschmiegen. In das Innere dieses Hypophysen- abschnittes treten keine Gef/it3e ein. Bei dem kleinsten Tier sind die beschriebenen Zellen nicht deutlich differenziert.

4. Rachendachhypophyse. Die ovale Fl~che des Sch/idelbasisknorpels weist eine seichte Einbuchtung auf, in die sich die yon KOLMER (1923) als ,,Knorpel- mark", yon FAHRENHOLZ (1928/29) als ein lymphoides Organ beschriebene Gewebsformation einffigt. Am kaudalen Tell dieser Delle kommt im Niveau der Sehnervenkreuzung regelm/ii3ig ein Epithelrohrkn/s vor, das yon den genannten Autoren als Rachendachhypophyse erkannt wurde (Abb. 1). Es handelt sich um teilweise sackartig erweiterte R6hrchen, die yon einem mehrschichtigen Epithel aus hohen, schmalen, teilweise auch abgeplatteten Zellen (Abb. 14) ausgekleidet werden. In den Epithelzellen 1 / ~ sich weder eine Bildung yon Sekretgranula noch eine bemerkenswerte Polarits feststellen; die langlichen Kerne liegen im Zellzentrum. Blutkapillaren kommen nahe der Basalmembran der RShrchen

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sp~rlich und in unregelm~l~iger Verteilung vor. I m Lumen der Kan~le befindet sich wenig schleimiges Sekret, das durch Aldehyd-Fuchsin und die Perjods~ure- Schiff-Reaktion stark tingiert wird.

Bei dem 35 cm langen Fisch wurde eine Verbindung des Organs mit der Hypophyse nachgewiesen. Es handelt sich um einen schmalen, soliden Epithel- strang, der v o n d e r ventralen Fl~che des vordersten t typophysenabschnit tes ausgeht und durch den Canalis craniopharyngeus bis zur Rachendachhypophyse verl~uft (Abb. 1, 14). Die Zellen dieses Stranges ~hneln sehr den Plattenepithel- zellen der Gaumenschleimhaut yon Chimaera. Hier und da befinden sich in dem

Abb . 14. Der H y p o p h y s e u n d R a c h e n d a c h h y p o p h y s e ( rechts u n t e n ) v e r b i n d e n d e E p i t h e l s t r a n g (Masson-Goldnc r -F~rbung) . Vergr . 90fach

Strang rnnde, von einigen abgeplatteten Zellen umgebene Schleimansammlungen, die sich mit Aldehyd-Fuchsin fgrben lassen und stark positive Perjodsi~ure- Schiff-Reaktion geben. Sekretmassen der gleichen Form und F~rbbarkeit kom- men im Epithel der Gaumenschleimhaut vor (Abb. 1).

Eine Epithelverbindung zwischen der Rachendachhypophyse und dem Gau- menepithel wurde bei allen untersuchten Tieren vermi~t.

Diskussion

1. Hinterer Tell der Hypophyse. Die in dem kaudalen, verdickten Teil der Chimaera-Hypophyse vorhandenen Zellen mit Granula, die sich mit Azocarmin und Gomoris Chromalaunhi~matoxylin bzw. Aldehyd-Fuchsin darstellen lassen, werden als Nervenzellen angesehen. Zugunsten dieser Deutung spricht die Tat- sache, da6 sie mit argyrophilen Fortsi~tzen und Nissl-Substanz ausgestattet sind.

Schon ARI~su (1914) beschreibt Merkmale dieser Zellen, die fiir Neurone kennzeichnend sind, ohne sie als solche zu erkennen. Er findet ngmlich in dem von ihm ,,Lobo cromofobo" genannten Organteil groi~e Zellen ,,con nucleo sferoidale, con scarsa cromatina e con un nucleolo acidofilo ~ Der Autor bemerkt ferner eine auffallende F~rbbarkeit der Zellen mit Thionin, die er aber nicht auf

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Zwischenhirn-Hypophysensystem von Chimaera monstrosa 159

das Vorhandensein von Nissl-Substanz, sondern auf eine besondere Reaktion der azanroten cytoplasmatischen Granula zuriickfiihrt. Diese Interpretat ion erweist sich aber schon deswegen als irrig, weft die basophile Substanz (Thionin, Toluidin) in der perivascul~ren Palisadenschicht vollsts fehlt, d.h. gerade dort, wo die azanroten und chromh~matoxylin-positiven Granula am reichlichsten vor- handen sind (Abb. 9).

Die den Sinusoiden am ni~chsten liegenden Zellen schildert AREStr unter dem Namen ,,eellule cilindriche" als diejenigen, die senkrecht an der Gefiil3wand neben- einanderstehen und deren Kerne welt yon ihr abger/iekt sind. Die eigenartige Fortsatzbfldung der Zellen ist AREsu entgangen.

Das Vorkommen yon Nervenzellen oder neuron-/ihnliehen Elementen inner- halb der Neurohypophyse ist for verschiedene Wirbeltiere bereits bekannt (HoENIG 1922, SHA:NKLIN 1946, HAO~.N 1954, Mensch; S~A~KLI~q 1943, Hund; STCTI~SKY 1948, Rind; HAOE~ 1954, Macacus rhesus). In der Neurohypophyse yore Fret tehen finder HOLMV.S (1959) ,,a nucleus of typical small and medium- sized neurons, whose oval nuclei contain prominent nucleoli, and whose cytoplasm shows granules of Nissl substance". Ferner wurden einzelne Nervenzellen im Vorderlappen des Bitterlings yon M]~TUZALS (1952) beschrieben. BARGMANN (1953) finder eine kleine Anzahl yon Ganglienzellen in der Neurohypophyse yon Trutta und Gadus, ferner im Zwischenlappen yon Trutta und Pleuronectes und im Vor- derlappen yon Gadus. In allen genannten Fi~llen ist aber nieht yon einer Sekre- tionst~tigkeit dieser Zellen die Rede.

Das Vorkommen neurosekrethaltiger Ganglienzellen in der Neurohypophyse yon Chimaera monstrosa verdient insofern besondere Aufmerksamkeit , als eindem Nucleus praeopticus entsprechender Zwischenhirnkern in unserem Material nicht ]estgestellt werden konnte. Allem Anschein nach haben wir eine Ansiedelung dieses Zwischenhirnkernes in der Neurohypophyse vor uns, ein Befund, f~r den mir keine Parallele aus der Tierreihe bekannt ist. Man darf vermuten, dal~ diese eigenartige Kernlokalisation etwas mit den Formbesonderheiten des ttolocephalen- gehirns und -sch/idels zu tun hat (vgl. hierzu AnlENS KAI'PERS U. CARP]~NTEI~ 1911).

Bei Chimaera monstrosa erscheint somit die sonst langgestreckte neurosekre- torische Bahn erheblich dadurch verkfirzt, da~ ihre Elemente in den hinteren verdickten Teil der Hypophyse eingebettet sind. Im/ ib r igen weichen die neuro- sekretorischen Zellen dieses Tieres morphologiseh nicht wesentlich yon denen der anderen Wirbeltiere ab. Die auffallende perivasculs Ausl~uferschicht z.B. ist der yon BODIAN (1951) ftir das Opossum beschriebenen ,,palisade zone" ver- gleichbar, die er als aus ,,rod-like endings of the hypothalamo-hypophyseal t ract fibers" aufgebaut schildert. Kolloidk6rperchen in oder zwischen den neuro- sekretorischen Zellen geh6ren gleichfalls nicht zu den besonderen Merkmalen des Neurosekretionssystems yon Chimaera; sie wurden u.a. yon SCHARRER u. SCHAR- RER (1954) in dem Nucleus praeopticus der Kr6te, yon SCHIEBL]~ U. HART~IANN (1962) im gleichen Kern yon Aal und Schleie nachgewiesen.

Man kann dariiber diskutieren, ob der beschriebene neurohypophys/ire Kern withrend der Ontogenese von Chimaera in die Hypophyse ,,umgezogen" oder ob er an Oft und Stelle entstanden ist. Fiir die Entscheidung dieser Frage bedarf es vergleiehend-morphologischer und entwicklungsgeschichtlicher Untersuchungen.

Aul~er dem besonders gelagerten neurosekretorischen System besitzt Chimaera monstrosa einen Tractus hypothalamo-hypophyseus, dessen Gomori-negative

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Fasern aus den kleinen Zellen des vorderen Hypophysengebietes s tammen und m6glicherweise dem auch ffir h6here Wirbeltiere bekannten Tractus tubero- hypophyseus entsprechen. Eine besondere f/~rberische Eigenttimlichkeit dieses Tractus hat sich nicht nachweisen lassen, doch mag seine enge morphologische Beziehung zur Sinusoidwand und zu den Forts/~tzen des Saceus vasculosus etwas mit der Abgabe eines Stoffes an die Blutbahn bzw. in das Ventrikelsystem zu tun haben.

2. Mittlerer und 3. vorderer Tell der Hypophyse. ARESU (1914) beschreibt nur den die azidophilen (,,cellule perivasculare") und chromophoben Zellen (,,cellule centrale") enthaltenden Hypophysenabschnit t unter dem Namen eines ,,lobo cromofilo"; dieser Abschnitt entspricht unserem mittleren Teil. Einen sich noch weiter rostral fortsetzenden schmalen Lappen, den der Autor makroskopisch richtig beschreibt und abbildet (Abb. 1 seiner Arbeit) scheint er in seinen mikro- skopischen Schnitten nicht getroffen zu haben.

Die bei den Teleostiern in dem l~bergangsteil (Terminologie nach STENDELL 1913 =:Vorderlappen nach ROMEIS 1940) vorkommenden azidophilen und baso- philen Zellen verteilen sich bei Chimaera getrennt jeweils fiber den mittleren und vorderen Teil der Hypophyse. Die azidophilen Zellen, die - - wie bei anderen Tierarten - - bei den jfingeren Individuen besser entwickelt sind, entsprechen m6glicherweise den ~-Zellen. Die Aldehyd-fuchsin- und Perjods/s positiven Zellen im vorderen Hypophysenabschnit t von Chimaera k6nnen als fi-Zellen gedeutet werden, obwohl sie nicht rein-basophil, sondern amphophil sind. Das Vorkommen eines den b-Zellen zur Seite zu stellenden Elementes wurde fiir Chimaera nicht best/~tigt.

Die mit den ,,cellule centrale" von ARESU identischen chromophoben Zellen in dem Bereich zwischen den erw/~hnten differenzierten Zellen und der epithelialen Auskleidung des Hypophysenlumens, aus der sie wahrscheinlich hervorgegangen sind, haben keine engeren Beziehungen zu den Blutgef/~Ben. Ich halte sie ffir undifferenzierte oder ~-Zellen. Die nur bei dem gr66ten Tier gefundenen chromo- phoben Zellen, die den Gef/il~en eng anliegen und unmittelbar an die Zellen des neurohypophys/iren Abschnittes grenzen, entsprechen vielleicht den Zellen des Zwischenlappens (Terminologie nach STENDELL 1913) anderer Fische, die das Melanophorenhormon sezernieren sollen.

4. Rachendachhypophyse. Das in der Gaumensubmucosa vorkommende epi- theliale Organ wurde von KOLMER (1923) und FA~RE~nOLZ (1928/29) als Homo- logon der Rachendachhypophyse angesehen. In dieser Untersuchung wurde eine Epithelverbindung des Organs mit der Hypophyse gefunden, die FA~REN~OLZ ohne Erfolg gesucht hatte. Dieser Befund best/itigt die Meinung der beiden Autoren.

Die funktionelle Bedeutung der Rachendachhypophyse ist nicht bekannt. Abgesehen von einer geringf/igigen Schleimbildung gibt es keine deutlichen morphologischen tIinweise auf die Art ihrer Aktivit/it. Zelldegenerationen oder Rfickbildungsprozesse wurden an der Rachendachhypophyse nicht festgestellt.

Zusammen~assung Die in kranio-kaudaler Richtung langgestreckte Hypophyse yon Chimaera

monstrosa besteht aus: I. einem verdickten hinteren, 2. einem mittleren und 3. einem schmalen vorderen Tell. Ferner ist 4. eine seit KOLMER (1923) bekannte Rachendachhypophyse regelm/iBig vorhanden.

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Zwischenhirn-Hypophysensystem von Chimaera monstrosa 161

1. I n dem h in te ren Teil der H y p o p h y s e (Neurohypophyse) bef inden sich zahlreiche Nervenzellen, in derer Cy top la sma auBer Niss l -Schol len Granu la ent- ha l t en sind, die sich m i t A l d e h y d - F u c h s i n oder Chromalaunh / ima toxy l in anf/~rben lassen. Diese Zellen lagern besonders d ieh t um die wei t lumigen S inuso idkapi l l a ren und en t senden je einen von Granu la erfi i l l ten F o r t s a t z zur Gef/~Bwand. I n und zwischen den Ausl/~ufern k o m m e n Kol lo idki ige lchen vor.

Die innerha lb der N e u r o h y p o p h y s e gelegenen sekre tha l t igen Nervenze l len d i i r f ten dem Nucleus p raeop t ieus entsprechen, der sich im H y p o t h a l m u s der un te r such ten E x e m p l a r e von Chimaera monstrosa nich t nachweisen lieB.

Der dfinne Trac tus h y p o t h a l a m o - h y p o p h y s e u s bes teh t aus Gomor i -nega t iven F/s die aus den k le inen Nervenzel len des vorderen Tubergebie tes hervor- gehen. E r b i lde t in der N e u r o h y p o p h y s e ein lockeres Fasergef lecht , dessen Aus- 1/~ufer die S inuswand erreichen.

2. I n dem mi t t l e r en Teil der H y p o p h y s e k o m m e n auBer ch romophoben Zellen an den S inuso idkapi l la ren l iegende azidophi le Zellen vor.

3. Der vordere Teil des Organs is t durch zyl indr ische Zellen gekennzeichnet , die A l d e h y d - F u c h s i n bzw. Chromalaunh/~matoxyl in fes tha l ten und posi t ive Per- ]ods/~ure- Seh i f f -Reakt ion geben.

4. Die in der Gaumensubmucosa regelm/kl~ig ausgebi lde te R a e h e n d a e h h y p o - physe wird dureh ein Kn/ iuel von Ep i the l roh ren verkSrper t , deren mehrschich- t iges Zy l inderep i the l keine deut l ichen Zeichen sekre tor ischer T~t igke i t aufweist . E ine E p i t h e l v e r b i n d u n g dieses Organs mi t dem ros t ra len Absehn i t t der H y p o p h y s e wird beschrieben.

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Prof. Dr. TSUNEO FUJITA, Anatomisches Insti tut der Universit~t, 23 Kiel, Neue Universit~t, Eingang F 1