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0. Tamrnanrt u. A. Heinxel. hderung d. K~islallitelzorien~ierierung usw. 173 Uber die Anderung der Kristallitenorientierung beim Walzen des Eisens. Von G. TAMMANN und A. HEINZEL. Mit 6 Figuren im Text. Im raumzentrierten a-Eisen kiinnen durch Deformation zwei verschiedene Arten der Gleitung hervorgerufen werden. Die Kristal- litenteile kiinnen entweder wie beim Kupfer durch Translation lhgs der Oktaederebene fortbewegt werden l) a), oder es tritt die sogenannte ,,einfache SchiebungggS) auf. Hiermit bezeichnen die Kristallographen folgenden Vorgang. Die Ebene der Schiebung ist die Flache des Ikositetraeders, und die Richtung der Schiebung die den stumpfen Winkel der Ikositetraederflache halbierenden Geraden. AuBerdem klappt bei der ,,einfachen Schiebung" eine mehr oder weniger breite Lamelle in die Zwillungsstellung ein. Am flachenzentrierten Kupfer ist nur Translation langs der Oktaederflache in der Richtung der Hiihe festgestellt worden, und es lassen sich die Vorgange beim Walzen auf diese Gleitung zu- riickfiihren. 4, Es fragt sich nun, ob beim Walzen des raumzentrierten Eisens beide Arten der Gleitung vorkommen, oder welche der beiden uber- wiegend eintritt. An der Anderung der Kristallitenorientierung mu&? man diese Frage entscheiden konnen. Wenn beim Walzen hauptsachlich die Gleitung langs der Oktaederebene vor sich ginge, so miiBte der Vorgang des Walzens ahnlich wie beim Kupfer verlaufen. Beim Kupfer vollzieht sich der Verlauf des Walzvorganges in drei Hauptteilen.4) In dem ersten Teil, der beim Kupfer bis zu einem Walzgrad von 30-40 O/, reicht, iat eine Zunahme der Oktaederebenen in der Walzebene zu verzeichnen. ') OSYOND u. CARTAUD, Metullurgie 3, I1 (1906), 522. 2, TAYYANN u. M~LLEB, Ztschr. f. Metallkunde 18 (1926), 69. 3 TAMYANN u. MEYER, Ztschr. f. Metallkunde 19 (19?7), 82. 0. M~QQE, Xeues Jahrb. fi Mineralogie 2 (1899), 63.

Über die Änderung der Kristallitenorientierung beim Walzen des Eisens

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0. Tamrnanrt u. A. Heinxel. hderung d. K~islallitelzorien~ierierung usw. 173

Uber die Anderung der Kristallitenorientierung beim Walzen des Eisens.

Von G. TAMMANN und A. HEINZEL. Mit 6 Figuren im Text.

Im raumzentrierten a-Eisen kiinnen durch Deformation zwei verschiedene Arten der Gleitung hervorgerufen werden. Die Kristal- litenteile kiinnen entweder wie beim Kupfer durch Translation l h g s der Oktaederebene fortbewegt werden l) a), oder es tritt die sogenannte ,,einfache SchiebungggS) auf. Hiermit bezeichnen die Kristallographen folgenden Vorgang. Die Ebene der Schiebung ist die Flache des Ikositetraeders, und die Richtung der Schiebung die den stumpfen Winkel der Ikositetraederflache halbierenden Geraden. AuBerdem klappt bei der ,,einfachen Schiebung" eine mehr oder weniger breite Lamelle in die Zwillungsstellung ein.

Am flachenzentrierten Kupfer ist nur Translation langs der Oktaederflache in der Richtung der Hiihe festgestellt worden, und es lassen sich die Vorgange beim Walzen auf diese Gleitung zu- riickfiihren. 4,

Es fragt sich nun, ob beim Walzen des raumzentrierten Eisens beide Arten der Gleitung vorkommen, oder welche der beiden uber- wiegend eintritt. An der Anderung der Kristallitenorientierung mu&? man diese Frage entscheiden konnen. Wenn beim Walzen hauptsachlich die Gleitung langs der Oktaederebene vor sich ginge, so miiBte der Vorgang des Walzens ahnlich wie beim Kupfer verlaufen.

Beim Kupfer vollzieht sich der Verlauf des Walzvorganges in drei Hauptteilen.4)

I n dem ersten Teil, der beim Kupfer bis zu einem Walzgrad von 30-40 O/,, reicht, iat eine Zunahme der Oktaederebenen in der Walzebene zu verzeichnen.

') OSYOND u. CARTAUD, Metullurgie 3, I1 (1906), 522. 2, TAYYANN u. M~LLEB, Ztschr. f. Metallkunde 18 (1926), 69.

3 TAMYANN u. MEYER, Ztschr. f. Metallkunde 19 (19?7), 82. 0. M ~ Q Q E , Xeues Jahrb. f i Mineralogie 2 (1899), 63.

174 (I. Tammann zlnd A. Heinxel.

Auch beim Eisen wird bis zu einem Walzgrad yon 30--50°/, der erste Teil des Walzvorganges durchlaufen; aber hierbei bleibt die Zahl der Oktaederebenen anf der Walzebene fast unverandert. Dagegen tritt eine deutliche Vermehrung der Wurfelebenen auf Kosten der Dodekaederebenen ein. Schon nach einem Walzgrad von 10-20 ist ein Einlenken der Wurfelflachendiagonale in die Walzrichtung festzustellen, und bei einem Walzgrad von 50 o/o ist die Halfte aller Wurfelebenen mit ihrer Diagonale parallel der Walzrichtung gelagert.

erfolgt dann beim Kupfer (im zweiten Teil des Walzvorgsnges) eine Zerteilung der Kristallite in verschieden orientierte Querstreifen, wodurch die Zahl der Dodeka- ederebenen auf Kosten der Oktaederehenen in der Walzebene an- steigt.

Auch beim Eisen tritt dieser zweite Teil des Walzvorganges beim Walzen ein. Besteht der Walzvorgang aus wenigen kraftigen

Stichen (5-10 O/J, so tritt von einem Walzgrad an in einzelnen langgestreckten

Kristalliten, die mit Wiirfel6achen auf der Walz- ebene liegen, eine Zerteilung in breite Lamellen ein (Fig. 1). Bei kleinen Dickenabnahmen (2--3O/,) ist dieso Zerteilung auch in anders orientierten Kristalliten zu beobachten und beginnt schon bei Walzgraden von 20 - 30 Ole.

Die neu entstandenen Lamellen liegen bei Fig. I. Zerteilung der gro8en Stichen fast ausschlieBlich mit einer Krietal’ite im 2. Teil Ebene der Oktaedergruppe auf der Walzebene.

AuBerdem drehen sich in diesem zweiten Teil des Walzvorganges noch sehr viele Kristallite ohne sichtbare Zer- teilung in Lamellen so, daB eine ihrer Oktaederebenen in die Walz- ebene zu liegen kommt. Dadurch nimmt bei Walzgraden iiber 50 die Zahl der im ersten Teil des Walzvorganges gebildeten Wurfelflachen wieder ab, wtihrend die Zahl der Oktaederebenen ansteig t.

Bei wenigen groBen Stichen findet man fast nur solche Kristallite zerteilt, die mit einer WurfelflBche in der Walzebene liegen. In Fig. 1 ist eine solche Wiirfelflache wiedergegeben. Aus ihr sind durch Zerteilung Oktaederlamellen entstanden. In beiden Teilen der Kristallite ist die Orientierung des Schimmers, der beim Drehen urn 360 O auftritt, eingezeichnet. I n den Kristallitenteilen, deren

Bei Walzgraden von 40-70

v a l S ~ f b k M 1 . 1 3 von 40-50

des W slzvorganges.

hderung der KristaUitenorientierung beim Walxen des Eisens. 1 7 5

Wurfelebenen auf der Walzebene liegen , verlaufen die Diagonalen der Wurfelebene parallel der Walzrichtung und in den Kristalliten- teilen, deren Oktaederebene in der Walzebene liegt, steht eine Oktaederhbhe senkrecht zur Walzrichtung (also anders als beim Kupfer).

I m dritten Teil des Walzvorganges, bei Walzgraden iiber 70 'J/o, spalten sich die Lamellen des Kupfers eu schmalen, langgestreckten Fasern auf, die mit einer Dodekaeclerebene in der Walzebeue liegen.

Dieser dritte Teil des Walzvorganges tritt beim Eisen auch bis zu Walzgraden von 95 nicht auf. Sowohl die Kristallite, die sich beim Walzvorgang nicht gedreht, als auch die bei der Zer- teilung der Kristallite gebildeten Teile, die sich gedreht haben, strecken sich, ohne ihre Breite zu andern, in der Walzrichtung zu langen Fasern. Bei kleinen Stichen setzt sich jedoch die Zerteilung immer weiter fort, so da5 es zur Bildung ekes sehr kleinen Kornes kommt. Dabei liegt aber immer noch die Mehrzahl der Kristallite rnit einer Oktaederebene in der Walzebene.

Aus diesen Tatsachen geht hervor, daB sich die Kristalliten- orientierung mit steigendem Walzgrad beim raumzentrierten Eisen in ganz anderer Weise lndert als beim Kupfer.

Die Krietallitenorientiernng bei Walzstichen von 5-10°/,. Gewalzt wurden Flufieisenblockchen I) aus einem prismatischen

KokillenguBstiick mit regelloser Orientierung. Nach je zwei Walz- stichen wurde die Walzflache poliert, mit einer 10 Ol0ig. Ammon- persulfatlijsung geatzt, und ihre Kristallitenorientierung durch die Bestimmuog des maximalen Scbimmers von je 50 Kristalliten fest- gestellt (S. 176).

Vor dem Walzen liegen in den Schliffebenen der PlBttchen etwa 58 o/o Dodeka,ederebenen, deren Anzahl zugunsten der Wurfel- ebenen bis zu Walzgraden von 50 O/,, abuehmen. Diese Dodekaeder- ebenen tragen aiif den ungewalzten Flachen kleine, unsichtbare Atz- rillen, die der Ebene bei schrLger Beleuchtung und einer bestimmten Stellung zur Beleuchtungsquelle einen starken Glanz verleihen. Beim Drehen urn 180° kehrt dieser Glanz wieder. Schon bei Walzgraden von 10-20 wird dieser Glanz auf den meisten Kristalliten schwacher, und auSerdem tritt noch zu diesen beiden Refiexen ein schwlcherer Reflex beim Drehen urn 90° hinzu. Die urspriingliche

I) Von dcr Zusammenscteung 0,01 C, 0,02 O/o Si, 0,022 P, 0,013 o/o S.

176 Q. Tammann ulzd A. Heinxel.

Walzgrad mit HGhen senkrecht

- O l O

gonalen parallel der Walzrichtung

"0

0 20 34 50 67 86

10 20 34 46 57 71

0 20 34 60 65 80

42 28

32 36 28 21

24 39 51 51 27 28

22 34 32 22 22 16

26 - 28 64

26 46 9 I 69

- 50 50 50 52 78

- 30 46 58 71 92

- 34 40 50 64 100

78 84

Die Zahl der Oktaederebenen hat sich bis zu einem Walzgrad von 50 nicht wesentlich geandert.

Die Kristallite rnit Wurfelebenen drehen sich beim Walzen so, da6 schon bei kleinen Walzgraden die Zahl derjenigen Kristallite, deren Wurfeltiachendiagonale in die Walzrichtung fallt , merklich zunimmt, und beim Walzgrad von 30-50 die Halfte aller Kristallite mit der Diagonale ihrer Wiirfelflache parallel der Walz- richtung liegen.

Die Zunahme der Wiirfelebenen auf Kosten der Dodekaeder- ebenen kann auf die ,,einfache Schiebung" zuruckgefuhrt werden. Aus Fig. 2 ist zu ersehen, daB, wenn ein Kristallit mit seiner Dodekaederebene (1 10) auf der Walzflache liegt (die Dodekaeder- ebene stumpft die Kante f c ab) und die Gleitung auf der Ikosi- tetraederebene (112) f a eintritt, sich der gleitende Teil so drehen muB, da6 eine Wiirfelflache in die Walzebene fallt. In Wirklich- keit liegt nach der beschriebenen Drehung die Wiirfelebene nicht genau in der Walzebene (die Normalen der Walzebene und der

33 21 24 27 15 10

39 I

36 - 24 38 21 42 57 89 62 91 I

56 32 36 32 28 18

22 - 34 - 32 72 46 87 50 89 66 92

k;zderung der Ei%stallitenorientierung beim Waken des Eisens. 17 7

Wiirfelebene bilden einen Winkel von 16 O). Diesen Unterschied kann aber die Xethode des maximalen Schimmers nicht erfasseq denn die Grenzebene, welche die Kennzeichen der Oktaeder- und Wiirfelflache voneinander trennt, ist die Ikositetraederflache, die einen Winkel von 20° mit der Wiirfelflache bildet. Die in die Walzebene gedrehte Ebene fallt also noch in die Gruppe der Wiirfelebenen.

In der Fig. 2 ist nur die Drehung der beiden Kristallitenteile wiedergegeben, nicht aber die Bildung der Zwillingslamelle.

Fig. 2. Das Umklappen der Kristallite mit Dodekaederflachen in der Waleebene.

Fig. 3.

Die Lage der Lamellengrenzen.

Bei dieser Art der Drehung braucht bei kleinen Kristalliten die gebildete Zwillingslamelle die nuf der Walzebene liegende Wiirfelebene nicht zu schneiden. Wenn sie diese aber schneiden wiirde, so miiBte eine Dodekaederlamelle an eine Wiirfellamelle parallel zur Wiirfelflachendiagonale angrenzen. Die Kombination einer Wurfel- und Dodekaederlamelle in einem Kristalliten murde aber bei den Auszahlungen nie bemerkt.

Bei einem Walzgrad von 40--50°/, beginnt der zweite Teil des Walzvorganges, gekennzeichnet durch eine Abnahme der Wiirfel- und Dodekaederebenen.

Bei der Zerteilung der Kristallite, die mit Wiirfelebenen auf der Walzebene liegen, bilden sich auf den Kristalliten mehrere Oktaederlamellen von gleicher Orientierung zur Walzrichtung. Die Grenzen dieser Lamellen gegen die Teile des Kristalliten, die in der Wurfellage geblieben sind und in Pig. 3 Wiirfelschraffierung

Z. anorg. U. allg. Chem. Bd. 167. 12

178 G. Tammann und A. Ileinxel.

tragen, verlaufen von der Wurfelecke a zur Seitenmitte b. Diese Gerade ist die Schnittlinie einer Ikositetraederebene mit einer Wiirfelebene.

Hieraus folgt, da6 die nicht schraffierten Teile des Kristalliten rnit dreimaliger Reflexion beim Drehen um 360° durch ,,einfache Schiebunglc nach einer Ikositetraederebene entstanden sind.

In verschiedenen Kristalliten liegen die Oktaederlamellen sym- metrisch zur Walzrichtung, 80 daB ihre Hohen tab) senkrecht zur

Walzrichtung (c d ) stehen (Fig. 4). Die Lage dieser Oktaederebenen ist an ihrem maxi- malen Schimmer deutlich zu erkennen. Wenn die Atzebene, welche durch die Kante e f des Atzgrubchens geht , das Licht maximal reflektiert , so reflektiert die Xtzebene, die durch die Kante gh geht, ebenfalls maximal nach einer Drehung um 180O.

Fig. 4. Lago der Oktaeder- AuBer den durch Zerteilung gebildeten Kristalliten mit Oktaederebenen auf der Walz- ltzfiguren bei hohen Walz-

graden. ebene erreichen viele Kristallite, welche im

ersten Teil des Walzvorganges mit ihrer Wurfelflache auf der Walz- ebene lagen, diese Lage der Oktaederebenen, ohne daB auf ihnen eine Zerteilung in Lamellen festzustellen ist.

Die Vermehrung der Oktaederebenen auf der Walzebene laBt sich durch die Gleitung auf der Ikositetraederebene unter Bildung einer Zwillingslamelle verstehen. Auf eine ahnliche Weise, wie in Fig. 2 angedeutet, kann man an einem Model1 zeigen, da6 Kristallite, die mit ihren Wurfelebenen (001) auf der Walzebene und ihren Diagonalen parallel der Walzrichtung liegen, sich nach der Gleitung auf den Ikositetraederebenen (121) und (211) so drehen mussen, da6 dadurch zwei zur Walzrichtung symmetrisch liegende Gruppen von Oktaederebenen in die Walzebene fallen. Fig. 4 zeigt die Lage der Ktzfiguren auf diesen Oktaederebenen. Die Walzrichtung c d ist dann die Schnittlinie einer lkositetraederebene, die zur Walzebene senkrecht steht, mit der Walzebene. Die auf Blechen yon hohen Walzgraden befindlichen Kristallite mit Oktaderebenen in der Walz- ebene liegen fast alle symmetrisch zu dieser Ikositetraederebene.

Bei Walzgraden uber 70°/, ist die gro6e Mehrzahl der Kri- stallite, die mit Oktaederebenen auf der Walzebene liegen, so ge- lagert, da6 ihre H6he senkrecht zur Walzrichtung verlauft. Etwas Analoges gilt fur die Kristallite mit Wurfelflachen auf der Walz-

a

g a

C

Andewng der KristalN2enorientierung beim Walxen des Eisens. 11 9

ebene. I n uberwiegender Zahl verlaufen ihre Diagonalen parallel zur Walzrichtung. Da auch die Xtzrillen der Dodekaederebenen parallel zur W alzrichtung verlaufen, so reflektiert das geatzte Blech von hohem Walzgrad besonders stark, wenn das Licht senkrecht zur Walzrichtung einfallt. Nur die Wiirfelebenen tragen dann zum Reflex nichts bei.

Aus Fig. 5 ersieht man, da6, wenn die Wiirfelebene a c b f auf der Walzebene liegt mit ihrer Diagonale cf parallel zur Walz- richtung, die Senkrechte auf die Do- dekaederebenen, welche die Kanten c d und f g abstumpfen, in die Walzrich- tung fallt. Bus Fig. 6 ist zu ersehen, da8, wenn die in der Figur schraffierte Oktaederebene auf der Walaebene mit

Fig. 5. Lage der Wiirfelebenen zur Fig. 6. Lage der Oktaederebenen

ihrer Rbhe senkrecht zur Walzrichtung liegt, dann ebenfalls eine Normale c d der Dodekaederebenen, welche die Kanten a b und e f abstumpfen , in diesen Kristalliten in die Walzrichtung fiillt.

Man darf sich vorstellen, da8 die urspriinglich regellos orien- tierten Kristallite beim Walzvorgang mehr oder weniger sich infolge der Gleitung auf der Ikositetraederebene unter Bildung von Zwillings- lamellen urn die Normale zu einer Dodekaederebene drehen. Eine solche Drehung wiirde hinreichen, um den Befund der Kristalliten- orientierung bei hohen Walzgraden zu verstehen.

Auch die rijntgenometrischen Untersuchungen 1) haben zu dem allgemeinen Resultat gefiihrt, da8 bei hohen Walzgraden schlieBlich bei den meisten Kristalliten die Normale der Dodekaederebene in

Walzrichtung. zur Walzrichtung.

1) ETTISCE, POLANYI, WEISSENBEBQ, 2. Physik 7 (1921), 181; F. WEVER, 25 (1924), 69; F. K~RBER, Xtahl 2c. &%.sen 46 (1925), 217.

12*

180 cf. Tanarnann und A. I?Teinxel.

die Walzrichtung fiillt. Aber die aus diesen Untersuchungen ah- geleitete Behauptung, daB bei hohen Walzgraden hauptsachlich die Wiirfelfliiche in die Walzebene fiillt, trifft nicht zu. Nicht die Wurfelebenen mehren sich bei hohen Walzgraden, sondern die Oktaederebenen auf der Walzebene.

Versuche rnit Walzstichen von j e 2--3O/,. An dem zur Untersuchung mit gro6eren Walzstichen dienenden

Material wurden auch solche rnit kleineren Walzstichen ausgefiihrt. Tabelle 2 gibt die Werte der Orientierung fur verschiedene Walz- stufen an.

Vergleicht man die Ergebnisse bei kleinen Walzstichen rnit denen bei groBeren, so sieht man, daB die Zahl der Wiirfelebenen auf der Walzebene von der GroBe der Walzstiche unabhangig ist. Dagegen nimmt bei kleinen Stichen die Zahl der Oktaederebenen lange nicht so stark zu wie bei groBeren und dementsprechend nimmt die Zahl der Dodekaederebenen bei steigendem Walzgrad nur langsam ab.

Bei kleinen Walzstichen beginnt der zweite Teil des Walz- vorganges bei Walzgraden von 20°/0, also bei vie1 kleineren Walz- graden als bei grogen Stichen. Die Zerteilung tritt nicht nur bei denjenigen Kristalliten auf, die mit einer Wiirfelebene in der Walz- ebene liegen, sondern auch in den mit Dodekaeder- und Oktaeder- fltichen auf der Walzebene liegenden Kristalliten. Auch ist die Drehung der Wiirfelebenen mit ihren Diagonalen in die Walzrichtung und die der Oktaederebenen mit ihren Hijhen senkrecht zur Walz- richtung nicht so stark wie bei groBeren Walzstichen. Daher ist auch das Helligkeitsmaximum bei senkrecht zur Walzrichtung ein- fallendem Licht bedeutend geringer als nach groBen Stichen.

Durch die Zerteilung der Kristallite nimmt die FlachengrBBe

Anderung der Kristallitenorie~tierllltg beim Waken des Eisens. 18 1

des Kornes gleicher Orientierung stark ab, wodurch die Auszahlung der Kristallite bei Walzgraden iiber 60 O l 0 unmoglich wird.

Dentung des Walzvorgangee. Aus der h d e r u n g der Kristallitenorientierung in Abhangigkeit

vom Walzgrad geht deutlich hervor, dab nicht die Gleitung nach der Oktaederflache, sondern die ,,einfache Schiebungl' nach den Flachen des Ikositetraeders den Walzvorgang im Eisen bestimmt. I n der Tat lassen sich die beiden Hauptteile des Walzvorganges auf die Gleitung langs der Ikositetraederebene in der Richtung der den stumpfen Winkel der Ikositetraederflache halbierenden Geraden unter Bildung einer Zwillingslamelle zuruckfuhren.

Die im ersten Teil des Walzvorganges auftretende Zunahme der Wurfelebenen und die Abnahme der Dodekaederebenen la& sich darauf zuriickfuhren, da6 ein Kristallit, der vor dem Walzen mit einer Dodekaederflache in der Walzebene lag und 18ngs der IkositetraederflBche in die Zwillingsstellung umklappt, dadurch mit einer seiner Wurfelflachen in die Walzebene kommt. Dieser Vor- gang bestimmt den Verlauf des ersten Teiles des Walzvorganges.

Die Abnahme der Wurfelflachen im zweiten Teil des Walz- vorganges kann auf Folgendes zuriickgef uhrt werden. Wenn die Reibung bei der Gleitung auf der Ikositetraederebene so stark an- gewachsen ist, daB die wirkenden Krafte auch die Gleitung langs den anderen Ebenen des Oktanten bewirken kann, so wird sie auf der ursprunglichen Gleitebene (112) aufhoren, und sich auf den Ebenen (211) und (121) fortsetzen. Dadurch miissen die Kristallite, die vorher rnit einer Wurfelebene in der Walzebene und mit der Diagonale parallel der Walzrichtung lagen, jetzt mit zwei symmetrisch zueinander liegenden Oktaederebenen in die Walzebene kommen, deren Hohe senkrecht zur Walzrichtung steht. Die durch diesen Proze6 bedingte Abnahme der Wurfelebenen wird zum Teil wieder wettgemacht dadurch, da6 Kristallite mit Dodekaederebenen auf der Walzebene von neuem rnit ihren Wurfelebenen sich in die Walz- ebene drehen wie im ersten Teil des Walzvorganges.

Neben diesen beschriebenen beiden Hsuptvorgangen beim Walzen kann sich noch eine Gleitung auf der Oktaederebene in der Richtung der H6he vollziehen. Es ist aber schwierig zu beurteilen, ein wie gro6er Teil der Gesamtgleitung auf sie entfallt. Die Vermehrung der Oktaederebenen im zweiten Teil des Walzvorganges wurde als Zeichen der Oktaedergleitung anzusehen sein; doch diirfte sie in

182 G. Tammann zc. A. Reinxel. Anderzcng d. Kristallitenorientierung usw.

gbereinstimmung mit den Erscheinungen beim Walzen des Kupfers nur dann auf Oktaedergleitung zuriickgefiihrt werden , wenn die Hiihen der Oktaederebenen nicht senkrecht, sondern parallel der Walzrichtung verlaufen. Eine Vermehrung der Kristallite mit Oktaederhiihen parallel der Walzrichtung wurde aber nicht be- obachtet. Infolgedessen kann die Gleitung auf der Oktaederebene nur von untergeordneter Bedeutung sein.

Vergleicht man die Erscheinungen des Walzens am Kupfer, Aluminium und Eisen, so sieht man, da8 bei allen drei Metallen die xnderung der Kristallitenorientierung mit steigendem Walzgrade im ersten Teil des Walzvorganges dahin fiihrt, da8 eine dichtest besetzte Netzebene (im flachenzentrierten Gitter des Kupfers und Aluminiums die Oktaederebene und im raumzentrierten Gitter des Eisens die Dodekaederebene) senkrecht zur Walzrichtung eingestellt wird. Dadurch liegt beim Kupfer und Aluminium eine Jkosi- tetraederebene, und beim Eisen eine Wiirfelebene im ersten Teil des Walzvorganges in der Walzebene.

Dieser Vorgang verlauft aber in keinem der drei Metalle zu Ende, sondern im zweiten Teil des Walzvorgnnges hiirt die Gleitung auf der ursprunglichen Gleitebene wegen des Anwachsens der Reibung auf und setzt auf einer anderen kristallographisch gleichwertigen Ebene wieder ein. Dadurch kommt im zweiten Teil des Walz- vorganges eine Umorientierung zustande, bei der die Ebene der ersten Gleitung (beim Kupfer und Aluminium die Oktaederebene, beim Eisen die Ikositetraederebene) parallel der Walzrichtung und senkrecht zur Walzebene zu liegen kommt. Auf der Walzebene liegen daher bei hohen Walzgraden beim Kupfer und Aluminium eine Dodekaederebene und beim Eisen eine Oktaederebene.

GBttirtgem, Institut fur Physikalische Chemie der Univevssilat.

Bei der Redaktion eingegangen am 9. September 1927.