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XIII. Arbsitsn aus dem pharmakologisehen Institut dsr deutsehen Univer- sit~t zu Prag. ~0. Ueber die llkaleSeenz des Blutes und ihre lenderung dureh Zerfall der rothen Blutkilrperchen. Yon Dr. Friedrich Kraus, Privatdocent u. Assisten~ der II. meal. Klinik. L Ninleitende Bemerkungen. Verminderung der Alkalescenz des Blutes ist bisher in verschie: densr Weiss sxpsrimentsll hervorgerufsn und auch unter pathologi- sshen Verh~tltnissen bsobachtet wordsn. Abgesshsn yon der directsn Zufuhr yon (Minsral-)Si~uren zu Blut und Gewsben yon Versuehs- thiersn (Walter1)) haben H. Meyer und Williams2), It. Meyer und F e i t e 1b e r g 3) eins ganze Reihs yon Stoffsn namhaft gemaeht, .welche, Thiersn in verschisdsner Weiss beigebracht, dis Blutalka- lescenz herabzusstzen vermtigen. Untsr pathologischsn Bedingungen ist es insbesondere der fieberhafte Process und die diabetisehs In- toxication~ ftir welche dutch G e p p e r t 4), M i n k o w s k i 5), v. J a k s c h 6) und reich selbst :) sine Abnahms der Alkalescenz des Blutes sieher- gestsllt ist. Wodurch kann nun sine solche Alkalescenzverminderung im All- gemsinen bsdingt sein ? Da, wis W a 1t er klar auseinandersetzte, das Blut einmal die Aufgabe hut, dis in dan Gewsben gsbildeten Saursn 1) Dieses Archly. VII. Bd. S. 14S. 2) Ebenda. XIV. Bd. S. 313. 3) Ebenda. XVII. Bd. S. 304. 4) Zeitschr. f. klin. Med. II. Bd. S. 355. 5) Dieses Archly. XIX. Bd. S. 209 und Mittheilungen aus der reed. Klinik KOnigsberg, herausgegeben yon Naunyn. S. 174. 1888. 6) Zeitschr. f. klin. Medicin. XIII. Bd. 3. Heft. 7) Prager Zeitschr. f. Heilkunde. X. Bd. S. 95.

Ueber die Alkalescenz des Blutes und ihre Aenderung durch Zerfall der rothen Blutkörperchen

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X I I I .

Arbsitsn aus dem pharmakologisehen Institut dsr deutsehen Univer- sit~t zu Prag.

~0. U e b e r die l l k a l e S e e n z des B l u t e s u n d i h r e l e n d e r u n g d u r e h Z e r f a l l d e r r o t h e n B l u t k i l r p e r c h e n .

Yon

Dr. Friedrich Kraus, Privatdocent u. Assisten~ der II. meal. Klinik.

L Ninleitende Bemerkungen.

Verminderung der Alkalescenz des Blutes ist bisher in verschie: densr Weiss sxpsrimentsl l hervorgerufsn und auch unter pathologi- sshen Verh~tltnissen bsobachtet wordsn. Abgesshsn yon der directsn Zufuhr yon (Minsral-)Si~uren zu Blut und Gewsben yon Versuehs- thiersn ( W a l t e r 1 ) ) haben H. M e y e r und W i l l i a m s 2 ) , It. M e y e r und F e i t e 1 b e r g 3) eins ganze Reihs yon Stoffsn namhaft gemaeht, .welche, Thiersn in verschisdsner Weiss beigebracht, dis Blutalka- lescenz herabzusstzen vermtigen. Untsr pathologischsn Bedingungen ist es insbesondere der fieberhafte Process und die diabetisehs In- toxication~ ftir welche dutch G e p p e r t 4), M i n k o w s k i 5), v. J a k s c h 6) und r e i c h s e l b s t :) sine Abnahms der Alkalescenz des Blutes sieher- gestsllt ist.

Wodurch kann nun sine solche Alkalescenzverminderung im All- gemsinen bsdingt sein ? Da, wis W a 1 t er klar auseinandersetzte, das Blut einmal die Aufgabe hut, dis in dan Gewsben gsbildeten Saursn

1) Dieses Archly. VII. Bd. S. 14S. 2) Ebenda. XIV. Bd. S. 313. 3) Ebenda. XVII. Bd. S. 304. 4) Zeitschr. f. klin. Med. II. Bd. S. 355. 5) Dieses Archly. XIX. Bd. S. 209 und Mittheilungen aus der reed. Klinik

KOnigsberg, herausgegeben yon Naunyn. S. 174. 1888. 6) Zeitschr. f. klin. Medicin. XIII. Bd. 3. Heft. 7) Prager Zeitschr. f. Heilkunde. X. Bd. S. 95.

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aufzunehmen, und andererseits an die Gewebsfltissigkeiten Alkali zur Neutralisirung yon in den Geweben gebildeten, nieht fortzusehaffenden sauren Verbindungen abzugeben, so ist seine Alkalescenz im Grossen and Ganzen ein Durchsehnittsmaass ftir die Reactionsverh~iltnisse der Gewebe. Ftir gewShnlich wird eine Reactions~nderung des Blutes daher mit Recht eher auf eine in den Geweben, als eine im Blute stattgehabte Aenderung zuriickzuftihren sein. Doch dtirfte sieh, wenn im Blare selbst saure Stoffe in ungewShnlicher Menge auftreten, die dadurch veranlasste Aenderung der Blutreaction besonders rasch und auffallig geltend machen.

Durch die fortw~hrend in den Geweben und auch im Blute vor sich gehenden Spaltungen und Oxydationen miissen saure Zwischen- producte entstehen, welche normalerweise durch Oxydatiousvorgange zu Endproducten umgestaltet werden. Als solche Endproduete sind fiir die weitaus meisten Stoffe, welche weder einen aromatisehen Kern, noch Phosphor oder Sehwefel enthalten, blos Harnstoff, Kohlens~iure und Wasser anzusehen. Da nun das Blur durch den Athmungspro- cess in der Lage ist, einen Ueberschuss yon Kohlens~iure rasch zu beseitigen~ wie etwa ein Ueberstandsrohr einen Ueberschuss yon zu- fliessendem Wasser ablaufen l~isst~ so hat die Zersetzung yon solchen Verbindungen, welehe yon sauren Producten blos Kohlensi~ure lie- fern, keine Verminderung der Alkalescenz des Blutes zur Folge. In dieser Richtung verh~ilt sich zum Blut zufliessende Kohlensiiure nicht anders wie ein neutraler KSrper und kommt daher, so lange die Aus- scheidung der Kohlensaure durch die Lungen nieht behindert ist, fiir eine Herabminderung der Alkaleseenz nicht in Betracht.

Stoffe jedoch, welche Schwefel und Phosphor enthalten, liefern bei der Oxydation Schwefelsi~ure und Phosphorsaure. Diese beiden S~uren werden nun zwar durch die Nieren ausgeschieden, sie werden abel" aus dem Blute nicht so leieht und rasch entfernt, wie die K0hlen- siiure und dann jedenfalls nicht als solche, sondern an Alkali gebunden. Diese anorganischen Si~uren mtissen sonach zunKchst im Blute einen Theil des hier vorrathigen Alkalis neutralisiren und sodann, wenn sie durch die Nieren ausgesehieden werden, den betreffenden Antheil dem Blute entziehen. Aehnliches muss ftir solche organische Substanzen gelten, welche wie alle aromatischen und manche substituirten Stoffe tier Fettreihe im Organismus nicht ganz zu Kohlensaure und Wasser zerfallen und oxydirt werden, sondern in Form saurer K0rper im Ham zur Ausscheidnng kommen.

Dass eine ausgesproehene Verminderung der Blutalkalescenz ein- tritt, kann nun in der Weise geschehen,

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1. dass ein vermehrter Zerfall yon S-, P- u. s. w. haltigen organi- schen Stoffen im KSrper stattfindet, in welchem Falle die bet der Oxydation entstehende Phosphors~ture und Schwefelsiiure im Blute Alkali binden, wahrend gleichzeitig die Oxydation des Kohlenstoffs sich ungestSrt bis zur Bildung yon Kohlensiiure vollzieht;

2. abet auch in der Weise, dass bet nicht gesteigertem Zerfall yon KiJrperbestandtheilen, m~gen dieselben ausser Kohlenstoff noch Phosphor und Schwefel enthaiten oder nicht, die Bildung der prim~ren, vorwiegend sauren Zwischenproducte des Stoffwechsels nnter Bedin- gtmgen erfolgt, welche eine weitere Oxydation derselben zu Kohlen- saute wenigstens zum Theil unm~glich machen. Diese sauren Zwi- schenstoffwechselproducte k~Jnnen sich dann im Blute anh~ufen und es partiell neutralisiren.

Natiirlich ist auch der Fall mSglich, dass beide angeftthrten Mo- mente, vermehrter Zerfall und Oxydationshemmung, neben einander und sich gegenseitig untersttitzend eintreten.

Treten wir nun mit Rticksicht auf die dargelegten Gesichtspunkte der Frage niiher, wie die bet Intoxicationen experimentell nachge- wiesene Alkalescenzabnahme zu Stande kommt? Die bisher vorliegen- den Versuche erstrecken sich auf Phosphor, Arsen, Antimon, Platin~ Eisen, Emetin, Jod, Qaecksilber, salpetrigsaures Natron, Toluylen- diamin, oxalsaures Natron. Es muss auffallen, dass nnter diesen Stoffen relativ zahlreich solche sich finden, yon denen feststeht, dass sio das Blut lackfarben maehen, oder yon denen doch mehr oder min- der bestimmt sich aussagen l~isst, dass sic gesteigerten Blutzerfall veranlassen. Bedenkt man nun, dass, wie auch anderweitig bekannt ist, im Blnte schon bet gewissen spontanen Veriindernngen partiello S~tuerung eintritt, und wie leicht insbesondere der Zerfall yon rothen BlutkSrperchen zur Abspaltung yon Sauren ftihren kann, so liegt die Vermnthung nahe, dass jene dutch die erw/ihnten Gifte verursachte Alkalescenzabnahme mit dem Blutzerfall in einem causalen Zusammen- hang steht.

Um ftir eine solche Vermuthung thatsiichliehe Nachweise zu er- bringen, mussten 1. noch andere Blutgifte in dieser Rticksicht nnter- sucht und 2. dargethan werden, dass Blutzerfall wirklich mit S~iure- bildung einhergeht.

I1. Die Reaction des Blutes.

Die Antwort auf die Frage~ wie das Blnt reagirt, h~ngt blos yon dem angelegten Maassstab ab. Als solchen Massstab hat man zun~ichst gewisse Indicatoren verwendet; diese sind jedoch je nach

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der chemisehen Natur der betreffenden Farbk~irper und nach der Form ihrer Verwendung gegen S~iuren und Alkalien hiichst verschieden empfindlieh. Dieser Fehler ksmmt nieht in Betraeht, wo starke ein- basige Sliuren starken eins~iurigen Basen gegentiberstehsn. Zur Titra- tion yon Salzs~ure mit Natron z. B.sind fast alle Indicatoren gleieh gut geeignet. Sehr wesentliehc Differenzen stellen sieh aber heraus, sobald schwaehe Siiuren und sehwaehe Basen ins Spiel kommen. Die Bicarbonate z. B. reagiren gegen Lackmoid alkaliseh~ gegen Rosol- s~iure saner; Harn~ welcher der Anwesenheit saurer Phosphate seine saure Reaction gegen Lackmus verdankt, reagirt gegsn Laekmoid and Methylorange alkalisch, gegen Phenolphthate'fn und Rssolsaure sauer.

Im Blute mUssen solehe Schwierigkeiten besonders auftreten, weil bier neben vSllig indifferenten neutralen Salzen schwaehe mehr-. basisehe Siiursn~ Kohlensiiure~ Phosphorsiiure, eventuell auch orga- nisehe S~iuren, starken Basen, Natrium, Kalium~ Calcium, gegen- tiberstchen. Es ist begreiflieh~ dass man im Hinbliek auf diese Schwierigkeiten die Bestimmung des Alka]escenzgrades des Blutes mit Benutzung yon Indicatoren ftir nnthunlich erkliirt. In wie weir dies zutrifft~ soll spiiter eriirtert werden. So viel ist einlsuehtend, dass das Verhalten gegen Indieatoren nieht entscheiden kann, ob das Blut sauer, neutral oder alkaliseh ist.

Wenn sonach auf empirischem Wege die Alkalescenz nur unsieher~ yon den Eigenschaften versehiedener Indicatoren abhi~ngig, bestimmt werden konnt% so hat man, auf rein theoretisehe Vorste|lungen gs- sttitzt, ein Urtheil tiber die ~Reaetion des Blutes sich zu bilden ver- sucht. Eine L(isung gilt als neutral, wenn in derselben Siiuren und Basen sich v(illig s~tttigen; es muss die Zahl der substituirbaren H-Atome in den vorhandenen S~iuremolektilen und den basisehen Hydroxylgruppen gleich sein. Diese so einfaehe Vorstellung ftihrt abet iibnlieh wie die empirisehs Alkaleseenzbestimmung mit Htilfe yon Indieatoren nur dann zum Ziele, wenn es sich um einander gegentiberstehende starke Sauren und Basen handelt. Handelt es sieh dagegen um Verbindungen zwei- oder mehrbasiseher Sauren mit starken Basen, wie dies im Blute der Fall ist, so ist eine solehe Vor- stellung nicht ganz zutreffsnd~ weil solehs Verbindungen in w~issriger Liisung theilweise zersetzt sind, so dass normale Salze nnd freie Siiure in dersslben neben einander bestehen kiinnen, so z.B. in einer wi~tssrigen Liisung yon Natriumhydrocarbonat Kohlensaure und kohlen- sanres Natron.

Will man vollends alle dureh Metall vsrtretbaren H-Atome~ alle basischen Hydroxylgruppen in den organischen KSrpern mit in

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Rechnung ziehen, so ftihrt dies zu augenfallig falsehen Resultaten. Glycerin z.B. enthalt 3 durch S~uremolekttle ersetzbare Hydroxyl- gruppen. Wird nun ein Molektil Glycerin und ein Molektil Salzsaure in LSsung zusammengebracht, so sollte dies nach tier Theorie eine stark alkalische LSsung darstellen; in Wirklichkeit wird sich aber eine solche LSsung wie eine LSsung yon Salzs~ure verhalten. Ein Gleiches gilt, wenn man Eiweissstoffe, welche ja unzweifelbaft im Stande sind, Metalle und Situren aufzunehmen, in LSsung mit S~uren oder Alkalien zusammenbringt; solche Gemenge werden sieh stets so verhalten, als ob in denselben S~ure und Alkali in freiem Zustande vorhanden w~tren.

Eine solche rein theoretische "Erw~gung fiber S~ure und Alkali bindende Elemente muss deshalb zu falschen Resultaten ffihren, well die relative chemisehe Afilnit~t derselben ausserordentlieh verschie- denwerthig sein kann. Ich kann daher nicht der Meinung beipfliehten, dass, wenn wir im Blute die Zahl der darin vorkommenden sauren und basischen Gruppen genau kennen wtirden, wir dann ein Urtheil fiber die alkalisehe oder saure Gesammtnatur des Blutes besiissen, etwa in der Art, class nach dem Ueberwiegen der einen oder anderen das Blut in toto als sauer oder alkalisch anzasehen w~re. Eine so gewonnene Vorstelhng w~ire eine rein schematische, die aber keines- wegs, wie dies Zweek und Endziel aller chemischen Formelbildung sein muss, einen btindigen Ausdruek ftir die chemischen Eigenschaften und die Reaetionsf~higkeit eines solchen Gemenges bildete. Eine solche Neutralit~tsbestimmung wiirde nach dieser Richtung viel weni- ger leisten, als die Verwendung yon Indicatoren, welehe, wenigstens in groben Zfigen und, sobald man nur deren specielle Eigenschaften berticksichtigt, ann~thernd richtig das Reactionsverm~gen solcher Ge- menge gegen hinzutretende S~uren und Basen aufzufassen erlauben.

Ein Anderes wiire es, ob sich nicht aus den physikaliscben Eigen- schaften eines SEure-Basengemenges ein Schluss auf dessert Neutralit~t gewinnen liesse~ z. B. auf thermochemischem Wege. Wird ein Aequi- valent Salzs~nre und Natron zusammengebracht, so entsteht eine ge- wisse Menge yon W~rme (Neutralisationsw~rme). Bei weiterem Zusatz yon Natron oder Salzs~ure hat dann keine W~rmet5nung mehr statt. Wird jedoch Phosphorsaure mit Natron zusammengebracht, so steigt zwar die gebildete W~rmemenge bis zu dem Punkt, wo die Bildung des normalen Salzes (Na,~P04) eintritt, allein wird zu einer LSsung, welche etwas weniger Natron, als der Formel entspricht, enth~lt, Salzs~ure oder Salpeters~ure hinzugesetzt, so wird ebenfalls Witrme gebildet, welehe sogar grSsser ist, als bei Zusatz einer ~quivalenten Menge Natron. Es

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liisst sich nun auf thermochemisehem Wege ein Punkt finden, wo der weiterc Zusatz yon Natron zu einer PhosphatlSsnng nicht mehr ~Neu- tralisationswErme ausltist, als die Zuftigung einer Equivalenten Menge SalzsEure oder SalpetersEure. Ein solcher Punkt w~ire gewissermaassen thermochemisch neutral. Die Feststellung der thermochemischen lqeu- tralitEt h~tte dann, wenn sie ausftihrbar were, den Vortheil, dass nieht die sauren nnd basisehen Gruppen als gleichwerthig einander gegentiberstfinden, sondern dass die freiwerdende Neutralisations- wErme als Maass diente, wobei nattirlieh die geringe AffinitEt aller organischen K6rper in gebtihrender Weise in den tlintergrund triite.

Es liesse sich noch in anderer Art ein Weg denken, die Re- action, resp. die Neutralitiit eines S~ure-Basengemenges festzustellen~ nEmlich die Berechnung aus den vorhandenen Verbindungen mit Be- riieksiehtig'ung der in Thatigkeit befindlichen Affinit~tsgrSssen. Wie im vorigen Falle wiirden auch hier bei Anwendung auf das Blur orga- nische Verbindungen, wie die Eiweissstoffe, das Hiimoglobin, schon mit Rticksicht auf die GrSsse der betreffenden Molektile und deren geringe Reagirfi~higkeit entsprechend in den Hintergrund treten gegen- ~iber den viel aetiveren anorganischen Verbindungen.

Leider sind beide Arten, die SEure oder Alkalescenz eines Ge- menges zu ermitteln, vorlaufig unausftihrbar, und da nach den frtiheren Ausftihrungen weder die Bereehnung aus der Zahl der vorhandenen sauren und basisehen Gruppen~ noeh aueh die empirische Bestimmung mit ttiilfe yon Indicatoren ein zuverliissiges Ergebniss liefert, so kSnnte man die Frage aufwerfen, ob es unter solehen Umst~inden tiberhaupt einen Werth besitzt, Alkalescenz- und AciditEtsbestim- mungen im Blnte auszufiihren.

Vom physiologischen Standpunkt muss man trotz aller Bedenken die Frage aufs Entschiedenste bejahen. Zur Beurtheilung des Ein- flusses, welehen eine verminderte oder vermehrte Alkaleseenz des Blutes auf die physiologischen und pathologischen Vorgange im KSr- per hat, ist es gleichgtiltig, zu wissen, ob das Blur yon irgend welchen theoretischen Gesichtspunkten aus als saure, neutrale oder alkalisehe Fltissigkeit zu gelten hat. Hingegen ist wichtig~ zu wissen, wie sich das Blur gegen verschiedene SEuren und Basen, insbesondere gegen diejenigen, welehe demselben unter physiologischen Verhiiltnissen un- ausgesetzt zustrSmen, verhalt, und Versuche, welche in diesem Sinne die ReaetionsverhEltnisse des Blutes zu bestimmen trachten, besitzen blelbenden Werth ftir das Verstiindniss des Siiuren- und Basenaus- tausches im Organismus, vorausgesetzt, dass man sich far die Ver- werthung der Beobachtungen zu physiologisehen Sehltissen stets vor

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Augen hitlt, dass die Siiure- und Basenbestimmung nut innerhalb bestimmter Grenzen, welehe sich aus der Methode dcr Bestimmung ergeben, zu solchen Schltissen berechtigt.

:Nach seinem ganzen physiologischen Verhalten erseheint das Blut ether dtinnen Carbonatltisung vergleiehbar, welche Bicarbonat and etwas Dinatriumbydrophosphat enth~ilt. Ftir seine wiehtige Fiihigkeit, merkliche Mengen Siinre und speciell Kohlensi~ure auf- zunehmen, ist namentlich sein Gehalt an neutralem Carbonat yon BedeutuDg. Eine S~ttigung mit Kohlensiiure zu Bicarbonat scheint hie- reals auch nur entfernt vorzukommen. Je mehr Bicarbonat vorhanden, desto weniger ist das Blut ftir den Transport yon Kohlensiiure tauglich. Begreiflichcrweise mtissen somit alle Methoden der Alkaleseenzbestim- mung vorwiegend die Carbonate berticksiehtigen, und zwar wiire jene Methode fiir physiologische Zweeke die beste, welehe erlaubte, mit cinfachen Mitteln die Menge einfach- und doppeltkohlensauren Natrons nebcn einander zu bestimmen. Ist dies auch nicbt mSglicb, so kann man doeh auf verschiedenem Wege diescm Ziel sich niihern; als solche Wege sind anznfiihren:

A. die Bestimmung des Kohlensiiuregehaltes des Blutes, B. dig Bestimmung der Aciditlit des Blutes, C. die Bestimmung der Alkalescenz des Blutes.

I I I . Bestimmung der Alkalescenz dutch Whgung der Kohlens~iure.

Von den zu Zwecken physiologiseher und pathologischer For- schung benutzten Methoden zur Bestimmung der Blutalkalescenz kann keine in dem Maasse auf Exaetheit Anspruch erheben, wie die ira S c h m i e d e b e r g'sehen Institut ~) zuerst zu diesem Zweck verwendete gasanalytisehe Bestimmung der Kohlensiiure. Sie hat tiberdies den Vor- zug, in ganz directer Weise die hervorragendste Function der Blutalka- lescenz, niimlich dig Bindung der Kohlens~ure zu beleuehten. Hin- gegen kommt aber der Umstand in Betraeht, dass sic die nicht unbe- deutende Alkalimenge, wclche in anderer Form als Carbonat im Blute vorhanden sein muss~ vernachllissigt; ferner die eigenthtimliche Un- sicberheit, in der uns dig Ermittelung der vorhandenen Kohlensiiure fiber die Menge der Carbonate, speciell des darin entbaltenen Alkalis llisst. Denn 100g CO% wenn sic in Form yon :Na~CO3 vorhanden wiire~, bedeuten doppelt so viel Alkali, als 100 g CO~, welche in Form yon hTaHC03 anwesend sind. So kann z. B. ein Gehalt yon 35 ccm CO~ pro 100 g Blut je nach der Berechnung auf C03ttNa oder C03:Na~ 0,0626 oder 0,1252 g ~la(ItO) entsprechen. :Nun sind allerdings in

1) Vgl. oben W a l t e r , Dieses Archiv. VII. Bd. S. 148.

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Wirkliehkeit die Schwankungen nicht so gewaltig. Thatsiichlich wird das Bicarbonat in den Lungen zu Carbonat regenerirt, so dass durch- schnittlich der Bicarbonatgehalt nut einen kleinen Bruchtheil der ge- sammten kohlensauren Salze bilden wird. Konimt es abet infolge yon Herabminderung des Alkaligehalts dazu, dass in den Geweben ein griisserer Proeentsatz yon Bicarbonat gebildet wird, so wird dutch den entsprechenden Mehrgehalt des Blutes an Kohlensaure zum Theil diese Alkaliabnahme versehleiert. Das Bestimmungsergebniss ist dann zah- lenm~ssig ungenau, abet dock nut in tier Art, dass, wenn trotzdem eine FIerabminderung tier gesammten Kohlensiiure vorliegt, dies nut in erh6htem Maasse die Verminderung tier an Kohlensiiure gebun- denen Alkalien anzeigt. Es zeigt abet dies Verhalten, dass umge- kehrt eine Steigerung des Kohlensauregehaltes tiler die normale Grenze nieht ohne Weiteres zu einem Sehlusse auf die Alkalivermeh- rung verwerthet werden darf.

Die bisherigen Untersueher haben sieh ausnahmslos zur Kohlen- s~urebestimmung der gasanalytisehen Methode bedient. Mir stand aus iiusseren Grtinden der zu solehen Untersuehungen nothwendige um- fangreiehe Apparat nieht zur Verftigung. Dies gab Veranlassung, naeh einem Verfahren zu suehen, welches bei nicht erheblich geringerer Genauigkeit mit einfaeheren Mitteln zum Ziele ftihren und welches, da wohl den Laboratorien nieht allenthalben, den Kliniken aber ge- wiss nut ausnahmsweise die zur Gasanalyse n(ithigen Einriehtungen zu Gebote stehen, einen nieht unwillkommenen Ersatz zu h~iufigeren Bestimmungen bilden sollte.

Als ein solches Verfahren ergab sieh bei naherer Prtifung die in versehiedenen Modificationen bei der Elementaranalyse, tier Analyse ,con Mineralw~issern, bei der technisehen Mineralanalyse, der Analyse der Pflanzenaschen, der Bodenarten u. s. w. angewendete Bestimmung der Kohlensiiure aua der Gewichtszunahme eines Absorptionsapparats naeh Austreibung derselben dureh eine nieht fliiehtige S~ure.

Das Verfahren ist naehstehendes: Das Blut wird in einem yon Herrn Prof. H o f m e i s t e r erdachten

Gef~ss (Blutreeipient) aufgefangen, welches gleiehzeitig auch als Kohlen- sliureentwicklungsgef!iss zu dienen bestimmt ist (s. Fig. 1 D). Die einfache Vorrichtung hat die Form eines plattgedriickten Ovoids (o), dessert langer Durehmesser 15 cm, dessert kurzer Dnrchmesser 10 cm betr~gt. Es ist ftir das Gefass absiehtlich eine m~igliehst grosse, ellipsoide Grundfliiehe gewiihlt, so dass circa 30 ecru Blut darUber vertheilt eine nieht ganz 3 mm dicke Schicht bilden. Dadurch ist eine verhi~ltnissm!~ssig sehr grosse, Gas abgebende Oberfliiche erzielt. An seinem hinteren Ende ist diesem Gefi~ss ein T-Rohr angesehmolzen~ dessert ein Sehenkel ein kurzes senk- reehtes Triehterrohr (T)~ dessert andcrer Sehenkel ein ebenfalls kurzes

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horizontales Zulaufsrohr (a) darstellt. An seinem vorderen Ende ist dem Gef~ss ein mit eincr Kugel versehenes Abfuhrrohr (b) angeblasen. Der Durchmesscr der Kugel braueht 3 cm nicht zu iiberschreiten~ da tin starkes Schiiumen des angesiiuerten Blutes im Gefitsse nieht vorzukommcn pflegt, a~ b und T sind mit luftdicht schliessenden (eingesehliffenen) Glash~hnen versehen. 1) In, den Recipienten kann man bei Thiercn sehr !eicht das Blut mittelst einer in die A. carotis eingebundenen Cantile und mSglichst kurzer Seblauchvcrbindung direct ohne jede Bertihrung mit Luft einbringcn. Das Entwicklungsgefiiss~ welches einen grossen Tropfen Quecksilber enth~lt~ wird vor dem F[illen auf Centigramme ausgewogen~ dutch einen mittelst Wasserluftpumpe durchgesogenen Strom kohlensliure- freier Luft yon Kohlens!iurc befrei b etwas cvaeuirt, beiderseits gesehlossen und erst nach Verbindung mit der Carotis des Versuchsthieres erSffnet, worauf das Blut raseh cinstrSmt. Ist genug Blat eingetreten~ so wird dasselbe dureh Sehtttteln im Reeipientcn mit dem Queeksilbertropfen de- fibrinirt und das Gefiiss abcrmals gewogen. Die Differenz ergiebt die Menge des verwendeten Blutes.

Der gauze Apparat~ weleher zur Kohlensiiurcbestimmung dient, ist aus Fig. 1 ersichtlich. A ist mit Chlorcaleium~ B~ C sind mit Kali besehickt, E ist abermals ein Chlorealciumrohr~ F der Absorptionsapparat (Kali- apparat naeh M u l d e r oder in sonst einer der gebr~uehliehen Formen), G endlieh ist ein kleines mit KalistUeken gefUlltes R0hr. Vor dem Ein- schalten des Recipienten werden durch kurzdauerndes Saugen mit einer

T Fig. 1.

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A der Vorriehtung vorgesetzten Wasserstrahlpumpe die Vorlagen (ausgenom- men den Absorptionsapparat) mit Kohlens~ure-freier Luft geNllt und dureh gut sehlicssende Klammern oder Glasst~be~ wclehe an cntsprechenden Stellen angebraeht sind~ verschlossen gehalten. Dann wird~ w~hrend das hintcre Ende des Apparates luftdieht vcrsehlossen bleibt~ der bereits be- schickte~ gleiehfalls mit Mlen seinen 3 Hiihnen versehlossene Blutreci- pient, sowie der unmittelbar vorher auf eincr analytisehen Wage sammt Kalirohr (G) genau ausgewogene Kaliapparat angefiigt. Die Verbindung der einzelnen Bestandtheile gesehicht durch lest sehliessende Kautschuk- schl~uch% welehe ausserdem dureh F~,tden an den GlasrShren angebunden

werden. Man liisst nun die Pump% deren evaeuirende Wirksamkeit jetzt bis zum Hahn I yon D reich b nur so stark ansaugen~ dass sich in den Kugel n des Kaliapparates die Blasen in Zwisehenr~tumen yon 1/2--1 Se- eunde folgcn. Sehliesst die Vorriehtung gut, so zeigt das Manometer der Pumpe bald ein relatives Vacuum an. Dann ist der Zeitpunkt gekom- men~ wo man v0rsichtig den Hahn I des Blutreeipienten iJffnet. Die Vor-

1) Die in Gebrauch stehenden Recipienten waren yon der Firms Greiner und Friedrichs in Sttttzerbach geliefert.

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sicht ist deshalb geboten, well im Recipienten gew6hnlich positiver Druck herrscht und leicht eine zu stfirmische Blasencntwicklung folgen wfirde. Abcr, mals kann man nun die Pumpe welter saugen lassen, bis ein relatives Vacuum auch in o der Figur sich herstellt~ oder aber sofort mit dem S~ure- zusatz durch das Triehterrohr T beginnen. Es ist am besten, man probirt die Menge Schwefels~ure (I : 8 verdflnnt)~ welche ffir je 10 cem Blut n6thig ist, aus und richtet sich dann im speciellen Fall naeh dem Ge- wichte des im Entwicklungsgef~ss aufgefangenen Blutes. Die S~ure muss zur Verhtitung zu stfirmischer Blasenentwieklung entsprcchend langsam zugelassen werden. Wie ich durch Versuche ermittelte~ ist es nicht n6thig~ das Kohlens~ure-Entwieklungsgefass w~hrend tier S~ureeinwirkung zu er- warmen, l~ach dem S~urezusatz l~sst man die Pumpe~ die wahrend der gan- zen Zeit nicht abgestellt worden war~ bei geschlossenem Hahn II des Blut- recipienten noeh welter ansaugen~ bis das Manometer ein "Vacuum, ent- sprechend 15--20 cm Queeksilber, anzeigt~ was ohne jede Gefahr f~ir die gauze Vorrichtung geschehen kann. Erst dann wird vorsiehtig' der Hahn I I des Blutrecipienten und schliesslich die Klammer am Ende der ganzen Vorrichtung ge6ffnet~ um Luft durch den Apparat zu saugen und den Rest Kohlens~ure, der tiber der dUnnen Blutschieht im Recipienten steht, in den Absorptionsapparat abzuftihren. Das Durchleiten yon Luft braucht nicht viel l~nger als durchsehnittlich 1/2--1 Stunde fortgesetzt zu werden. Dann wird die Pumpe abgestellt, der Absorptionsapparat abgenommen and zu- riickgewogen. Die Gewichtszunahme desselben ergiebt direct das in der Blutprobe enthaltcne Gewicht Kohlensaure.

Die gauze Bestimmung incl. W~gungen dauert ungef~hr 2 Stundcn.

Die erzielbare Genauigkeit der Methode sei dureh das Ergebniss zweier Bestimmungen belegt, welehe mit l~atriumcarbonat (lqa~C03) ge- macht worden sin& Das Salz war in gew~hnlicher Weise aus reinstcm k~ufliehen Hydrocarbonat (NaHC03) dureh Glfihen dargestellt worden. 1. 0~1427 g lqa~C03 liefern 0~0593 g C02 statt wie berechnet 0~0592 g 2. ~,0906 g ~ a 2 C 0 3 = 0,0373 g C02 -" = -- 0~0376 g

Wie aus diesen Zahlen ersichtlich~ geht die Abweichung der gefun- denen yon den aus dem gewogenen Salz berechneten Werthen kaum fiber die Grenze der Wagungsfehler hinaus. Bei dem geringen Gewieht der Kohlensaure veranlasst das Wagen einen Fehler bis zu 1 Proe. Da- durch, dass man die Recipienten yon grosser Grundflaehe wahlcn und mit grossen Blutmengen arbeiten wiird% kSnnte man diesen an sich nicht unerlaubten Fchler noch herabmindern. Ich babe dies jedoch im Hinblick auf die in Aussieht genommenen Versuche nicht ffir zweckm~ssig er- achtct, well die Entnahme grSsserer Blutproben, als die frfiher angeffihrten~ bei Versuehsthiercn eine ungfinstige Beeinflussung des Gesammtbefindens h~tte bewirken k~nnen~ und well auch die beabsichtigte Verwendung der Methode beim Mensehen der GrSsse der Blutentziehungen eine gewisse Grenze setzen musste.

In einem Theil meiner Versuehe habe ich das Blut aus der Arterie einfaeh in das Trichterrohr T des Blutrecipienten einlaufen lassen, wie dies bei Untersuchungen am Menschen, wo man nicht ohne Wciteres wird das Einbinden yon Canfilen in Venen zu einer taglich getibtcn Methode

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filr Untersuchungszweeke erheben k~nnen~ iiberhaupt kaum anders mSg- lieh ist. So war mir nahegelegt, die GrSsse des Fehlers zu bestimmen~ welcher aus dem Ueberleiten des durch Aderlass, resp. bei Thieren aus einer eingebundenen Cantile entnommenen Blutes auf einer m~gliehst kurzen Streeke and binnen kurzer Zeit durch die Luft erw~chst. Es wurde zu diesem Zwecke aus der Carotis eines grossen Kaninchens zuniiehst Blur durch die Luft in das Triehterrohr des Blutrecipienten gebraeht and naeh einem m~gliehst kurzen~ nur wenige Minuten betragenden Intervall, wel- ches dureh die Versuchsanordnung selbst bedingt war, eine zweite Blut- probe direct in einen anderen Reeipienten. Dabei wurden erhalten:

fiir die 1. Blutprobe 26~2 Vol.-Proe. COs -- 2. -- 25~4 -~ C02

Hierzu ist noeh zu bemerken~ dass naeh Versuehen~ die ieh ausge- fiihrt, bei entspreehend grossen Kaninehen betrltchtliehe Untersehiede im Kohlens~iuregehalt des Blutes bei Entnahme von 2 Blutproben unmittelbar hinter einander dana nieht bestehen~ wenn die insgesammt entnommene Blutmenge 40 ccm nieht wesentlieh iibersehreitet.

IV. Bestimmung der Acidit~t.

Das Blut muss~ wie aus der Leichtigkcit, mit welcher es Kohlen- s~ure abgiebt~ hervorgeht: S~uren and Basen in einer solchen Misehung enthalten, dass eine Abspaltung yon Siiure lcicht erfolgen kann. Es ist, wie M a l y auf Grand seines Gehaltcs an Bicarbonat und sogenanntem neutralen Phosphat (Na2ttP04) betont~ eine theoretisch saute FlUssig- keit. Die Richtigkeit dieser Vorstellung h~ngt ganz davon ab~ wig hoeh man die BasiGiti~t der Kohlensliure and der Phosphors~ure bewGrthet, and es kann nicht verschwiegen werden, dass einzGlne physikalische Thatsachen mit der Annahme mehr in Einklanff stehen, dass die Orthophosphorsiiure eine zwar 3-atomige, aber nar 2-basische S~ure darstellt~ als mit der tiblichen Anschauung, dass sie 3-basisch ist. Allein yon solchen theoretischen Bedenken ganz abgcsehen, bleibt un- zweifelhaft dig yon M a l y besonders eindringlich betonte Thatsache bestehen, dass das Blut noch mit Leichtigkeit Basen zu bindcn im Stande ist.

1VI a ly 1) hat Gin Verfahren angegeben~ welches gestattet~ in eincm Basen-Siiuregemisch, welches Carbonate und Phosphate enthiilt, dig Zahl der noeh durch Metall vertretbaren H-Atome zu bestimmen. Eine solche Bestimmung stellt zwar keine Bestimmung yon freier S~ure dar, failt aber, da man bei acidimetrischen Bestimmunffen stets auch die saaren Salze mit titrirt, doeh unter das Schlagwort der Aeiditiits- bestimmung~ welchen Ausdruek ieh auch der KUrze weg'en im Nach- stehenden vorwiegend gebrauehen will.

l) Zeitschr. f. analyt Chemie. XV. Bd. S. 417.

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Ueber die Alkalescenz des Blutes u. s.w. 197

M a 1 y's Verfahren besteht darin, dass nach Zusatz yon Alkali die Koh- lensiiure und die Phosphorsiiure durch Hinzufiigen yon Chlorbaryum in die unliislichen normalen Barytsalze tibergeftihrt werden, worauf im Filtrat der Ueberschuss des zugesetzten Alkalis zurticktitrirt wird. Der Unter- schled zwischen der Menge des vorher hinzugeftigten und nachher zurtick- titrirten Alkalis ergiebt jene Menge Basis~ welche crforderlich war, die vorhandenen sauren Salze in normale iiberzuftihren.

Soll dieses Verfahren auf das Blur Anwendung finden, so mtissen zwei Bedingungen erftillt sein: 1. es muss der B]utfarbstoff beseitigt werden, so dass farblose Filtrate zm" Titration gelangen, 2. es darf dutch den Basiszusatz, wie tiberhaupt dureh die ganze Procedur der Saure-Basisbestand des Blutes nicht geandert werden.

Die Entfernung des H~moglobins gclingt nur bei gleiehzeitiger Ent- fernung der Eiweissstoffe. Rticksichtlich der Entfernung tier Eiweiss- kiirper konnten frtlherc aus dem hiesigen Laboratorium hervorgegangene Untersuehungen, insbcsondere die Arbeiten yon K au d e r 1) und L e wi th e) verwerthet werden. Ftir unseren Zwcck kommen yon den auf die ei- wcissflillende Wirkung studirten Salzen nur Kaliumacetat und Ammon- sulfat in Betracht. Von dem ersteren Salz hat L e w i t h ermittelt~ dass es bei einem Procentgehalt yon 82~2 alle Eiweissstoffe des Blutserums (in 2 prec. L(isung) ausflillt. Rtlcksichtlich des Hiimoglobins ist es jedoch nicht gelungen~ bei noch so gcsteigerter Salzconcentration und l!ingerer Einwirkung des Salzes allein dasselbe auch nur ann!ihernd vollstlindig zur Abscheidung zu bringen. Bevor ich meine Arbeit begonnen~ war dagegen durch Versuchc yon L e w i t h bereits ermittelt, dass durch ge- si~ttigte Kaliumacetatl~isung~ welche etwas Baryt enthiilt (Kaliumacetat- baryumlauge)~ bei Einwirkung yon 4 Vol. der Mischung auf t Vol. deft- brinirtes Blur es milglich ist~ das Hiimoglobin nebst den Eiweissk6rpern des Plasma vollstiindig zur Abscheidung zu bringen. Die Filtration der Fliissigkeit vom 5~iedersehlage erfolgt sehr rasch, das Filtrat ist voll- kommen klar und ungef~rbt. Dieses Verfahren verst~isst jedoch gegen die zweite oben angefiihrtc Bedingung. Eine barythaltige Liisung wirkt nachweisbar auf die Bestandtheile des Blutplasma, besonders intensiv aber auf jene tier Blutkiirperchen ein und l~ist eine sehr aufflillige Siiure- bildnng aus~ auf dercn Ursache ieh spliter niiher cinzugehen Gelegen- heir haben werdc. Es musste deshalb yon dieser Art der Verwendung des Kaliaeetats ftir das Blut Umgang genommcn werden.

Vom Ammonsulfat hat K a u d e r ftir circa lproc. Eiweissliisungen nachgewiesen, dass die Eiweissfiillung bei einem Salzgehalt yon 47~2 Prec. beendet ist. Es f~llt bei Anwendung geeigneter Concentration auch das tIitmoglobin vollstlindig aus. Verwendet man vollkommen neutralisirte gesiittigte L~isungen yon Ammonsulfat (Proeentgehalt 54)~ so ist bei einer Verdiinnang von l Vol. Blur mit 4 Vol. tier Salzliisung das Hiimo- globin ebenso wie s~tmmtliche Eiweisskiirper des Blutes, and wie ieh

1) Dieses Archly. XX. Bd. S. 411. 2) Ebenda. XXIV. Bd.

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19 8 XIII. KaAus

liberdies ermittelt habe, auch das Lecithin sofort ausgcfi~llt. Die Fil- tration erfolgt sehr rasch, das Ffltrat ist wasscrhcll und farblos. F t i r den vorliegenden Zweck war jedoch die Anwendung des gmmonsulfats unzul~ssig, da es die Benutzung yon Baryt als Fi~llungsmittcl fiir Car- bonate und Phosphate ausschliesst.

I-lingegen ist cs gehngcn, eine Mischung yon Kaliumacetatliisung und Alkohol herzustellen~ welche die Eiweissk~rper des Plasmas und auch das l=Ii~moglobin seharf ausfi~llt~ ohne class ein Verlust an Carbonat und Phosphat, selbst wenn sic in wcscntlieh hiihercr Concentration als im Blute vorhanden wiiren, dadurch eiutritt. Diesc Mischung wird in der Art hcrgestellt, dass man in 1 Vol. Wasser plus 1/4--3/s Vol. starken Alkohols Kaliumacetat (das Kalium aceticum tryst, purissimum des Handels) his zur vollkommenen S~ttigung in der W~trmc eintriigt. Am besten nimmt man ungefihr 100 g Salz auf 40 g der Misehung~ wobei man bei li~nge- rein Stchcn fast vollsti~ndige L/isung erzielt. Das Filtrat~ welches farb- los sein muss, wird gcgen Phenolphtalo'n neutralisirt~ so dass die Fltis- sigkeit eine ganz schwache Nuance Roth zeigt. Beim l~ingeren Stehen sehwindet der leichte rothe Farbenton glinzlich, ohne dass sich die Reac- tion iindert. Liisst man (nieht defibrinirtes) Blur in dieses Gemisch ein- fliessen~ so tritt h~chstens im ersten Augenbliek L~isung der rothen Blut- ktirperehen~ dann sofort F~tllung der Eiwcissk~rpcr ein. Bei Anwendung von 4 Vol. der alkoholisehen Acetatl/isung auf 1 Vol. Blut erhiilt man ein vollsti~ndig klarcs~ schwach gelb gcf~irbtes Filtrat. Des Verfahreu gestaltet sieh wic folgt:

Das Blut wird aus eincr in die A. earotis des Versuchthieres cin- gebundenen Cantile in einen Kolben gelcitet, weleher schon vorher mit 5 eem alkoholiseher Kaliumaeetatl~isung besehiekt und auf Centigramme aus- gewogen ist. Die Blutmenge li~sst man am besten circa 10 ecru betragen. Man erf~hrt im gcgebencn Falle das Volum der Blutprobe durch neuer- liehe Ausw!~gung des mit Blut gefiillten Kolbcns und Division der Zahl, welche die Gcwichtszunahme ausdriickt, durch 1~05, dcm zu Grunde ge- legten specifischen Gcwieht des Blutes. l:Iicrauf wird das Blur im Kolben mit welter zugesctzter alkoholischer Kaliumaeetatl(isung im Ganzen im Verh~ltniss 1 : 5 verdiinnt und filtrirt. Vom Filtrate werden 20 ecru ab- gemessen. Die Carbonate, Phosphate und die tibrigen hicrher gehiirigcn Salze wcrden in dieser Probe durch eine bekannte Menge im Ucber- schuss hinzngesetzten Baryts in die unltislichen Verbindungen BaC03~ Ba3(P04)~ u. s. w. libergeftihrt. Es ist dabei zweckdienlich, den Baryt- iibcrsehuss nicht allzu gross zu nehmen. Ich verwende sehwaehe, lh0- normale Barytliisung und setze fast immer 3 ecru derselben zu 20 ecru Filtrat zu. Die Anwesenheit eines Uebersehusses an Baryt in tier Probe macht man sich dadurch leicht erkennbar~ dass man vorher zur Probe eiaen Tropfen Phenolphtale'fn zusetzt: die Fltissigkeit wird naeh iibcr- schtissigem Bar3Ttzusatz roth. In der Regel entsteht durch den Baryt- znsatz in der Probe nur ein geringcr b;iedersehlag. Man filtrirt nach kurzem Stehen von demselbcn ab und titrirt im Filtrat, resp. in einem aliquoten Thcile desselben den Barytiiberschuss mit ~/loo- oder 1/t0-nor- maler Salzs!iure zurtick. Da die eoncentrirte Kaliumaeetatliisung die Em- pfindlichkeit des als Indicator verwcndcten Phenolphtalc~ns beeintritch-

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Ueber die Alkalescenz des Blutes u. s.w. 199

tigen w~ird% so ist die Probe stark mit Wasser zu verdUnnen. Die Titration kann in warmer" (nicht siedendheisser) oder in kalter Flfissigkeit ge- schehen~ nur muss natfirlieh der Titer der Fl~issigkeiten vorher in gleicher Weise gestellt worden sein. Man darf nicht die gauze Differenz zwischen dem ursprfinglichen Titer der BarytlSsung und dem naeh der F~llung ~ibrig bleibenden auf Rechnung der substituirbaren H-Atome setzen, resp. nicht den ganzen Barytverlust auf die Basencapacit~t des Blutes be- ziehen. Ein kleiner Bruehtheil Baryt wird namlich durch die alkoholi- sche Kaliumaeetatl~sung selbst, welche etwas Kohlens~ure absorbirt halt, in Anspruch genommen. Die Gr~sse des so zu Stande kommcnden Baryt- verlustes ist bei richtiger Herstellung der Kaliumacetatalkoholmischung gering~ sic wird genau bestimmt~ ein- fiir allemal pro Cubikcentimeter berechnet und ~fter controlirt. Den auf alas Blut selb~t zu beziehenden Barytverlust reehne ich procentisch in Gramm Na (HO) urn. Die so ge- fundene Zahl giebt dann an~ welches Gowicht Natron 100 ccm Blur auf- nehmen~ um die ~fter gcnannten Salze in die theoretisch neutralen~ d. i. vollst~ndig mit Basis ges~ttigten fiberzufiihren. Wahrend des ganzen Ver- fahrens ist natfirlich der Zutritt yon Kohlens~ure zu den alkalischen~ baryt- haltigen Fliissigkeiten unbedingt zu vermeiden. Es gelingt dies durch Vor- kehrungen, wie sic bei der Titration mit Barytlauge auch sonst in Gebrauch sind und welche darauf hinauslaufen~ dass zu den Flflssigkeiten nieht Luft hinzutreten kann, ohne ihre Kohlensaure an Kalistficke abgegeben zu haben. So wird die zur Aciditfitsbestimmung dienende Baryumlauge in einer Flasche vorr~ithig gehalten, deren obere Oeffnung mit einer Kalivorlage versehen ist. Ein m~glichst nahe dem Boden befindlicher zweiter Tubulns steht mittelst eines T-Rohres direct mit einer Bfirette in Verbindang~ deren obere Oeffnung gleichfalls einen Stopfen mit eingefUgtem Kalirohr tragt. Die Kolben, in welchen sich das Blut befindet, sind nur w~hrend des Zufliessens aus den Biiretten der Luft ausgesetzt~ sonst stehen dieselben unter luftdicht schliessenden GIasglocken in einer Atmosph~ire, welehe durch Kali Kohlensaure fl'ei erhalten wird. In solchen Glasglocken erfolgen auch alle Filtrationen. Soweit das Messen der Proben und Fltissigkeiten durch Pipetten geschieht~ wird dies nicht dutch Ansaugen mit dem Munde, sondern mittelst Mariotte'seher Flaschen besorgt~ in welchen durch Wasser- ablass Luftverdiinnung hervorgerufen wird.

Zur Prtifung der Brauchbarkeit der Methode wurden Controlbestim- mungen mit Natriumcarbonat und ~Natriumphosphat vorgenommen~ mit der Abweiehung~ dass die abgewogene Salzmenge direct in rein gepulvertem Zu- stande in ein Kohlensaure-frei gcmachtes K~ilbchen geftillt und hier mit einer gemessenen Menge barythaltiger Kaliumacetatsaturation iibergossen wurde. Durch Verwendung einer solchen Acetbarytlauge wurden die bei Blutversuchen nicht zu umgehenden 2 Tempi der Bestimmung, n~mlich Fill- lung mit Kaliumacetat und dann Fallung mit Baryumhydratli~sung~ in einen einzigen Vorgang zusammengezogen. Ich fiige ohne Auswahl der besten die folgenden Einzelbestimmungen an: 1. Bereehnete Na(tt0)-Capacit~tt 0~0345

Gefunden . . . . . . . 0~0360 Diff. ~ -~ 0~0015 . . . -{- 4 Proe. 2. Berechnet . . . . . . 0~1047

Gefunden . . . . . . 0~1007 Diff. ~ - - 0~0040.. . - - 4 Proc.

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3. Berechnet . . . . . . 0~0876 Gefunden . . . . . . 0~0855 Diff. ------- 0~0021 . . . - - 3 Prec.

4. Berechnet . . . . . . 0~0427 Gefunden . . . . . . 0~0436 Diff. ~--- -I- 0 ~ 0 0 0 9 . . . -~ 2 Prec.

5. Berechnet . . . . . . 0~0333 Gefunden . . . . . . 0~0340 Diff. ~--- -]- 0~0007 . . . -{- 2 Prec.

Statt 100 Prec. gefunden im Mittel 100~2 Prec.

Wie man sieht~ betrligt der Fehler 0~0007--0~0040 g bla(HO). In Anbetracht~ dass es sich um schr kleine Mengen handelt~ sind genauere Resultate selbst dutch Wiigung kaum ztt erwarten. Den Grund der Un- genauigkeit bin ich geneigt in 2 Momenten zu suchen. Die concentrirtc SalzlSsung adhiirirt der Glaswand der Pipetten anders als Wasser~ we- dutch die Abmessung etwas ungenau wird. Ferner wird durch die starke Concentration wahrschcinlich die Vollsti~ndigkeit der Ausfltllung dutch Baryt beeintriichtigt.

Da~ wie bereits erwlihnt~ eine Kaliumacetatbaryumlauge~ wie die eben benutzt% auf das Blur nicht direct anwendbar ist~ sondern bei Be- stimmungen in demselben Eiweissk~irper und ttlimoglobin einerseits~ Car- bonate und Phosphate andererseits fiir sich geffdlt werden mfissen~ war es niithig~ zu priifen~ ob bei dieser doppelten Fiillung~ resp. einmal 5fteren Filtration ein neuer wesentlicher Fehler hinzukommt. Zu diesem Zweek wurde eine Probe Hydrocarbonat in geslittigter~ gegen Phenolphtale'~'n neutraler Kaliumacetatltisung aufgel~ist. Es geht hierbei keine Kohlensiiure verlorcn~ trotz der starken Salzconcentration~ weil~ wie S e t s c h e n o w zeigte, AlkaliacetatlSsungen mchr als die entspreehende Wassermenge Koh- lensiiure zu absorbiren verm~igen.

Bei der Titration mit Baryt wurden nun in 3 Bestimmungen (naeh Abrechnung der geringen~ in den verwendeten L~isungen selbst enthaltenen~ resp. absorbirten CO~) gefundcn: 1. Statt der berechnetenbTa(HO)-Capacit~it 0~0339 wirklieh erhalten 0,0336 2. : = : ~ 0~0540 = : 0~0521 3 . . . . . 0~0448 -- -- 0~0429

Aus den Rcsultaten diescr Bestimmungen liisst sich entnehmcn, dass sich dem friiher ftir die Methode tiberhaupt erhobenen kcin neuer Fehler hinzuaddirt. Wie sich die Berechnung bei Ausftihrung mit einer Blur- probe gestaltet~ sell nachstehendes Beispiel zeigen. Gesetzt es wiiren 14~90 g ~ 14~2 ccm Blut verwendet worden. Diese seien gefiillt mit 60 ccm der Kaliumacetatalkoholmischnng, so dass das Gemenge 74~2 ccm betrligt. i ccm des Gemenges entspricht dann 0~19 ccm Blut. Veto Filtrate wiiren 20 ecm ~ 3~83 ccm Blut mit 3 ccm einer Barytli/sung versetzt~ welehe pro Cubikcentimeter gleich ist 10~65 ecru l/J0o.normaler Salzsiiure. l~ach aber- maliger Filtration wiirde in I0 ecru mit I/ioo-normaler Salzsiiure zuriick- titrirt. Alle 23 ccm (Filtrat -~- Baryt) wiirden dabei bereehneterweise verbrauchen 10~89 ccm der Siiure. Die 3 ccm Baryt entsprechen nun blos 10789 statt 31~95 ccm der l/too-normalen Salzsliure. Die Differenz betriigt 21~06. Davon abgerechnet~ was yon den 16 ccm der Alkohol- acetatmischung~ welche in jenen 23 ccm (Filtrat -]- Baryt) enthalten sind~ in Anspruch genommen wird~ niimlich 1~! 8~ verbleiben ftir 3~826 ccm Blur

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Ueber die Alkalescenz des Blutes u. s.w. 201

selbst 19~86. 100 ccm Blur entziehen somit eine Barytmenge~ welche 519 ecm 1/100-normaler Salzsaure iiquivalent ist~ entsprechend 0~2089 gm ~a(OE).

Schliesslich ist noch der Frag'e Rechnung zu tragen, ob die auf diesem Wege erhaltenen Zahlen wirklich ein ansreiehendes Maass der Aciditlit des Blutes darstellen oder nicht. Da nach meinen Er- fahrungen die Carbonate und Phosphate im Blut in solcher Concen- tration enthalten sind~ dass sie dutch die Kaliumacetatalkoholmischung nicht gefiillt werden, so mtissen diese Salze ins Filtrat gehen. Even- tuell vorhandene Fetts~uren werden ebenfalls im Filtrat enthalten sein and, falls sie in gentigender Menge vorhanden w~ren~ wtirden sie auch ftir sich einen merkliehen Barytverlust verursachen. Ob nun die betreffenden Barytverbindungen ebenso wie die Verbindungen der Phosphorsaure nnd Kohlens~ure mit Baryt unlSslich sind, oder ins zweite Filtrat iibcrgehen~ in keinem Fall liegt yon dieser Seite ein Bedenken vor. Wohl abet k(innte man Anstand erhcben, die gefnn- denen Werthe ftir die Aeiditlit des Gesammtblutes in Rechnung zu ziehen~ weil sie naeh Abscheidung des Hi~moglobins and der Eiweiss- stoffe, welche man als Verbindnngen saurer ~atur zu betrachten ge- wohnt ist, g'ewonnen sind. Ich selbst habe keinen Grund, beztiglich des Hiimoglobins dieser Meinung beizustimmen, auf die S~urenatur der tibrigen Eiweissk~irper des Blutes werde ich sp~ter nochmals zu sprechen kommen. Vorweg" sei bemerkt, dass auch ich selbst An- haltspunkte gefunden habe, welche dafUr zu verwerthen sind, dass die EiweisskSrper ein merkliches basenbindendes Verm~igen besitzen. Es hat jedoch nicht den Anschein, dass unter gewithnliehen Verh~ilt- nissen im Blute beim C02-Wechsel diese saure Natur der Eiweiss- stoffe sich wirklich ~ussert; wenigstens spricht dagegen der Umstand~ dass beim Auspumpen yon Blutscrum in der Gaspumpe die Kohlen- s~ure nicht vollstandig erhalten wird, wi~hrend dies bei Cruor geling't. Falls abet die EiweisskSi'per des Plasma doeh auch untcr normalen Vcrh~iltnissen einen merklichen Saurewerth bes~issen, so wtirde dies die vorstehende Methode der Acidit~itsbestimmunff nur insoweit treffen, als die durch dieselbe gewonnenen Werthe dana nur die Aciditiit des Blutes naeh Ausschluss der Eiweissstoffe des Plasma darstellen wtirden, Werthe, welehe aber an sich ebenso wichtig wie die Gesammt- acidit~it and unter einander gut vergleichbar w~ren.

V. Bestimmung der Alkalescenz.

Die Bestimmung der Alkalescenz setzt ebenso wie die Acidit~tts- bestimmung die Entfernung des Yliimoglobins und der tibrigen Eiweiss-

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202 XlII. Ka~ns

ki~rper (A) oder der rothen BlutkSrperchen (B) voraus. Beides habe ich versucht und halte die beiden Verfahrungsweisen (A u. B) ftir branch- bar, wenn auch nach mancher Richtung noch verbesserungsbedtirftig.

V e r f a h r e n A. Man versetzt eine gewogene Menge Blur mit dem vier- fachen Volumen einer geslittigten (gegen den verwendeten Indicator) voll- kommen neutralen Ammonsulfatltisung und filtrirt sofort. Ein aliquoter Theil des rasch verdtinnten Filtrates wird mit Laekmoid als Indicator 1) titrirt, well der genannte Farbstoff die Titration der Carbonate und Phos- phate bei annliherungsweiser Richtigkeit auch in der Kiilte gestattet. Eine L~isung yon Laekmoid ~) in s~turefreiem destillirten Wasser ist blau. Leitet man Kohlenslinre durch die Liisung, so wird dieselbe roth; nach einem violet- ten Durchgangsstadium zeigt das eigenthtimliehe Roth zuletzt durchaus kei- hen Stich mehr ins Blau. Eine Liisung yon sogenanntem sauren Phosphat (5/aH2P04) reagirt gegen diesen Ktirper s auer~ wenn aber gleichzeitig eine noch so geringe Menge neutrales Phosphat (LNa~.HP04) zugegen ist, alkaliseh. Der I:Iarn z. B. reagirt gegen Lackmoid alkatisch. Hydroearbo- nat, dutch Siiurezusatz zu normalem (3arbonat erzeugt, reagirt gegen diese Verbindnng anniihernd so lange alkaliseh, bis fast alles h/atrium an die zugesetzte Siiure gebundcn ist. 20 ccm einer l/t0-normalen LSsung yon

57a~C0 verbraueht mit Lackmoid his zum reinen Roth titrirt . . . . 39~5--39,3 cem l/lo-norm. Salzsi~ure.

2079 cem einer 1]t0-norm. Ltisung yon 5Ta2HPO~ brauehen ebenso titrirt . 20~96 derselben Siiure.

21~2 ccm einer l/j0-norm. LSsung yon 5Ta~HP04 brauchen ebenso titrirt . 21~37 =

20~6 ecru einer ~/10-norm. Ltisung yon 5TasHP04 brauchen ebenso titrirt . 20,1 -- --

Im Mittel also: 20 cem einer l/lo-norm. Liisnng yon

51a2HP04 brauchen . . . . . 19~91 : -- Ein Gemenge yon 10~5 ecru derselben Carbonat- nnd 10 cem derselben

Phosphatiiisung verbrauehte vonder Siiure im Mittel statt 3 t~0 30~98 ecru. Die Titrirung ergiebt somit 98--99 Proc. des im Carbonat und 50 Proc. des im neutralen Phosphat (~Na~HPOQ ffebundenen Alkalis.

Beim Ansfallen des I-Iiimoglobins und der Eiweisskiirper schrumpfen die Blntktirperchen und gestatten der in ihnen enthaltenen alkalischen Fltissigkeit in die SalzlSsung iiberzutreten. Man darf somit annehmen~ dass bier die gesammte Alkaleseenz des Blutes zur Titrirung gelangt. Zugleich bietet dieses Verfahren die Mtiglichkeit, das aus der Ader ge- lassene Blut direct mit dem" Salz zusammenzubringen, so dass weitere post- mortale Zersetzungsvorgiinge ausgesehlossen sind~ insbesondere aueh der Fibringerinnung vorgebeugt wird. Hingegen haftet ihm der Uebelstand

1) Empfohlen yon M. C. Traub und C. Hock, Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Xu Bd. S. 2615. -- Vgl. auch R. S. Thomson, Ebenda. XXVII. Bd. S. 48.

2) Als Indicatorl6sung verwende ich eine i proc. alkoholische, etwas mit Wasser verdiinnte LSsung des Priiparates. Ueber Lackmoidpapier habe ich keine Erfahrung.

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Ueber die Alkalescenz des Blutes u.s.w. 203

an~ dass beim Zusammenbringen des alkalisch reagirenden Blutes mit der Ammonsulfatl~isung etwas Ammon~ resp. Ammoncarbonat entweichen kann. Der Ammonverlust kann~ wenn man auch nieht dutch einen complicirten Apparat das entweichende Ammoniak festh~tlt, dadureh miigliehst gering gemacht werden~ dass man die Filtration mSgliehst rasch beendet~ das Filtrat sofort rasch verdUnnt und gleieh anni~hernd jene Menge S~iure hinzuftigt~ welehe zur Neutralisation erforderlich ist. So erforderten in einer Bestimmung 40 ccm Ammonsulfat~ welehe 10~3 cem Zqa~C03 ent- hielten 7 und wobei gleich zu Beginn der Titration 9 ccm 1/lo-normaler HCI hinzugesetzt worden waren~ noeh so viel Saure~ dass die in Summa ver- brauehte l/f0-normale Salzs~ture 19~9 ccm betrug. 20 cem der frtiheren Phosphatliisung verbrauchten nnter denselben Umstanden 19~9 1/10-nor- male Salzsi~ure.

Mittelst des z w e i t e r w a h n t e n V e r f a h r e n s (B) bestimmt man~ genau genommen~ blos die Reaction des Plasma (im defibrinirten Blute des Blut- serums). Das Blut wird am besten auf das 10fache Volumen mit lproe. Kochsalzl~isung verdtinnt und 12 Stunden absetzen gelassen. Das Absetzen- lassen gesehieht in gut versehlossenen hohen~ schmalen Cylindern~ zur Verhtitung yon Zersetzung am besten bei der Temperatur des thauenden Eises. bTach Ablauf dieser Zeit kann man dann bei einer Mischung yon Blur und Salz~ welche ungeflihr 50 ecru betragt~ leicht 20 cem vollkommen klaren~ nur ganz blassgelblich gefarbten Serums mit einem capillaren tteber gewinnen. Die Serumsalzl~isungen k~innen entweder mit Lackmus~ besser mit Lackmoid titrirt werden. Die geringe Menge yon anwesenden Ei- weisskSrpern und das in so geringer Concentration hinzugesetzte Salz staten die Empfindlichkeit der Indieatoren nieht.

Das Ergebniss der Titration kann nur insofern als Maass der Ge- sammtalkalescenz des Blutes gelten, als man annehmen muss~ das zwi- sehen BlutkiJrperchen und Plasma ein reger Austauseh statthat und eine wesentliche Reaetionsdifferenz auf die Dauer kaum bestehen kann. Doeh ist wenigstens so lange~ als die Blutk(irperehen noch als lebend ange- sehen werden kSnnen~ das Gegentheil nieht ausgeschlossen. Ein weiteres Bedenken~ welches dieses sonst einfaehe und saubere Verfahren trifft, ist die Nothwendigkeit der Defibrinirung~ sowie eines mehrstiindigen Absetzen- lassens. In wie welt die geli~ufige Annahme einer rapiden Si~urung des aus der Ader gelassenen Blutes auf Wahrheit beruht~ habe ich bisher nicht gepriift, ebensowenig~ ob der Gerinnungsprocess in dieser Riehtung merkliehen Einfluss iibt. Meine Erfahrungen lehren aber, (lass yon dem Zeitpunkte an~ wo das Absetzen der BlutkSrperehen beginnt~ keine wei- tere Aenderung der Alkaleseenz sieh mehr nachweisen lasst. Die Ver- gleiehbarkeit der Resultate untereinander wird dutch diese Erwi~g'ungen nicht betroffen.

Bevor ieh an die Wiedergabe meiner Thierversuche gehe, will ich noch erwahnen~ dass unter Acidit~t und Alkalescenz des Blutes stets die nach vorstehenden Methoden ermittelten Werthe zu ver- stehen sind. Die Alkalescenz werde ieh ferner noeh, gleichfalls im Sinne der vorstehenden Ausftihrungen, j e nach der bentitzten Methode mit A oder B bezeichnen.

A r c h i v L experiment. Pathol. u. Pharmakol. XXVI. Bd. 14

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204 XIII. K~ACS

VI. fBestimmung der Blutreaction ira Blute gesunder, apnoischer und mit Salzs~ure vergifieter Kaninchen, sowie nach Aufhebung der Ge-

rlnnbarkeit des Blutes mitteh't ~lutegelextractes. Als Versuchsthiere dienten ausschliesslich Kaninchen. Da der griissere

Theil der Versuehe in die Sommerszeit rid, erhielten die Thiere, wo die besondere Art des Versuches nicht anderweitige Verftigungen niithig machte, neben ihrem gewiihnlichen, aus Hafer bestehenden Futter auch bin und wieder etwas Grtinfutter. Das Blut fiir die Bestimmungen wurde immer der A. carotis entnommen.

In 7 Analysen mittelst des oben beschriebenen Veri~threns der Kohlensiiurebestimmung fand ich ftir mittelgrosse normale Kaninchen bei 0~ und 76 cm Druck:

Vol.-Proe. C02 - - INa(HO) I (wenn alle C02 als Na2 CO~ �9 - - , anwesend wiire)

34~18 ~- 0~t235 37~03 ~- 0~1333 35~50 ----- 0~1266 35~80 ----- 0~1275 28~25 ~ 0~1017 26~30 ~--- 0~0947 24~96 ~ 0~0900

Diese Analyseu stimmen im Nittel mit den yon W a l t e r aus- gefiihrten Bestimmungen anniihernd tiberein. W a l t e r land (auf 76 cm Druck umgereehnet):

als Maximum . . . . . . . 36,5 als Minimum . . . . . : . 31,3 im Mittel . . . . . . . . 34,0 Vol.-Proc. C02.

Das aus meinen eigenen Bestimmungen gereehnete Mittel ist etwas kleiner, es wtirde sich auf nicht ganz 32 Vol.-Proe. belaufen. Der niedrigere Werth resultirt aus den beiden letztangefiihrten Be- stimmungen, welche bei Thieren ausgeftihrt wurden, die wegen der Jahreszeit kein GrUnfutter erhielten.

Die Alkaleseenz (A) und Aeiditiit verhielten sieh beim normalen Thier in 5 an verschiedenen Thieren, welche nieht durchweg reines Grtinfutter erhielten, gemachten Bestimmungen folgendermaassen:

Alkalescenz (A) Aciditat in Gramm Na(HO) pr ~ 100 cem Fltisslgkelt ebenso berechnet

umgereehnet

0,179 0,185 0,22t 0,131 0,119

Mittel: 0,167

0,142 0,143 0,167 0,110 0,098

Mittel : 0,i32

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Ueber die Alkalescenz des Blutes u. s.w. 205

Aus dicsen Zahlen geht hervor, dass, wenn schon die Gesammt- kohlensaure des Blutes ziemlich bedeutend um ihr Mittel schwankt, die Alkalescenz und Acidit•t noch weniger als constant zu bezeiehnen sin& Constant abet findet sieh die Thatsaehe, dass bei Bestimmung nach den oben ausgeftihrten Methoden unter normalen Verh~iltnissen die Alkalescenz (A) numerisch grSsser als die Acidit•t ist, nnd, wie ich hinzuftigen kann, ist dies nicht blos fiir Kaninchen, sondern auch ftir andere Thiergattungen~ sowie auch ftir den Mensehen die Reg'el. D a e s sich in den folgenden Versuchen immer um abnorm erh(ihtes Auftreten yon Si~uren im Blur handeln wird, so kommt auf das even- tuelle Gleichwerden, insbesondere auf etwaige Umkehr des Verh~ilt- hisses mehr Gewieht zu legen, als auf die Zahlen selbst. WeiI es bei Kaninchen mittlerer GrSsse schwerer fallen wtirde~ immer drei Blutproben (ftir die Bestimmung der Gesammtkohlens~iure, der Alka- lescenz und Aciditat) zu entnehmen, indem schon dureh die Ent- blutang selbst wesentliche Aenderungen der einschl~igigen Verh~ilt- nisse eintreten kifnnten~ so wird man sich fiir gewShnlich mit der Be- stimmung zweier Factoren, am besten der Gesammtkohlens~tnre and der Aciditi~t, begntigen mtissen. Ist die Gesammt-Kohlensi~ure wesentlich gesunken and der Acidit~tsgrad des Blutes ein hoher oder sehr hoher, dann dtirfte kein Zweifel mehr dartiber obwalten k(innen, dass die Kohlens~h'everminderung durch abnormen S~turegchalt verursacht wor- den ist.

Ftir die Beurtheilung der bei Bluts~turung aus verschiedenen Ursachen gewonnenen Zahlen erschien es deshalb wiehtig, die nie- drigsten Werthe der Blutalkalescenz zu ermitteln, welehe dureh ausser- gew0hnliche Function der den Kohlensi~uregehalt des Blutes regu- lirenden Apparate bewirkt werden. Da einmal yon der Kohlensiiure als Maass der Alkalescenz ansgegangen women war, lag es nahe~ den apnoisehen Zustand zum Stadium dieser Verhaltnisse heranzu- ziehen. Ich habe in dieser Absieht 3 Versuche unternommen.

Die Thiere wurden in der gew(ihnlichen Weise dureh foreirte kiinst- liehe Respiration apnoiseh gemaeht. Die Blutproben warden dann ent- nommen, wenn die Athempause eingetreten war. Die fur die Kohlens~ture- bestimmung dienende Probe maehte dabei den Besehluss. Die Gesammt- kohlensiiure der apnoisehen Thiere land ieh zwisehen 15773 bis 13~44 Vol.-Proc. (0~ 76emDruek). Das Verhaltniss yon Sauren- und Baseneapa- eit~it gestaltet sieh in folgender Weise:

Alka- Aciditat leseenz (A)

0,110 0~187 0,136 0,229

verloren O,t 60 14"

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206 XIII. I{l~AUs

Wie H e r i n g 1) und A. E w a l d 2) habe ieh somit eine bedeutende Herabsetzung des Kohlensauregehaltes des Blutes gefunden, daneben sehr hohe Aciditats- und auffallend tiefe Alkalescenzwerthe, bis zur Umkehr des gewShnlichen numeriseben Verh~tltnisses. Auf den letz- teren beaehtenswerthen Umstand, dutch welehen die Apnoe der S~iure.. intoxication nahe gestellt wird, tiefer einzugehen, liegt ansserhalb der Ziele dieser Arbeit. Doch ist einzuschen, dass der apnoische Zustand nur mit ~usserster Vorsicht als pbysiologisches Vergleiehs- object herangezogen werden kann, kS soll deshalb in der Folge ffir die Kohlens~iurezahlen dieser Versuche blos die Bedeutung yon unter- sten Grenzwerthen festgchalten wcrden.

Um den Einfluss der Gerinnung und der fiberhaupt in der n~tch- sten Zeit nach der Blutentnahme erfolgenden Veranderungen des Blutes auf dig Reaction festzustellen, babe ich einige Versuche an Thicren angestcllt, deren Blur dureh Blutegelextract ungerinnbar ge- macht war.

Z u n t z 3) hat gefunden, dass das Blut, fi'isch aus der Ader ge- lassen~ eine bcmerkb~r st~irkere alkalische Reaction zeigt und zur Neu- tralisation mehr Si~ure erfordert, als nach kurzem Stehen. Diese Be- obachtung hat wicderholt Bestiitigung gefunden. Als Erkli~rungsgrund wurde angenommen, dass bei dieser Vcri~nderung des Blutes eine Siiure entsteht, welche dem Carbonat Natrinm entzieht. Von H o p p e- S e yl e r wurde dieser Vorgang als wahrscheinlieh im Plasma infolge Zerfalls der weissen BlutkSrperchen ablaufend gedaeht. S t r a s s - burger4) bat auch die die Si~urebildung im Blur nothwendig beglei- tende Spannungszunahme der Kohlensaure beobachtet. Bei ungerinn- bar gemaehtcm Blut bleiben nun aber die Formelemente intact und die mit der Gerinnung sonst verbundenen chemischen Vorgiinge ausge- schlossen. Das Blntegelcxtract wurde ftir die nachstehenden Versuche nach der Vorschrift yon H a y c r a f t ~ ) hergestcllt.

Ein solches Extract yon l0 Egeln wurde cinem Kaninehen in eine V. jugularis einfliessen gelassen~ mit dem Erfolge~ dass noeb ~/'2 Stunde naeh der Infusion das Carotisblut vollst~indig gerinnungsunfahig war und selbst naeh 24 stiindigem Stehen~ da es schon anfing zu faulen~ kein Fibrin abschied. Je eine Probe dieses Blutes wurde nun sofort und nach 2sttin-

1) Dissertation. Dorpat 1867. 2) Dissertation. Bonn 1873. 3) Centralbl. f. d. reed. Wissensch. 1867. S. 801 und Beitrhge zur Physiologic

des Blutes. Diss. Bonn. 1868. 4) Archiv f. die ges. Physiologic. VL Bd. S. 79. 5) Dieses Archly. XVIII. Bd. S. 209.

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Ueber die Aikalescenz des Blutes u. s. w. 207

digem Stehen auf das l0 fache Volumen mit isotonischer Ko~hsalzliisung verdtinnt und die Alkaleseenz des Serums nach 12sttindigem Absetzen- lassen titrirt. 15 ccm des abgehobenen Plasmas verbrauehten in beiden Fallen genau 5 cem l/lo0-normaler Salzsaure~ in Gramm ~a(HO) pro 100 cem Blur umgerechnet: 0~147. Dieser Werth erscheint gegeniiber dem Mittel der normalen Zahlen etwas niedriff~ was hier nicht weiter verfolgt werden soil. Hier sei blos folgendes Moment betont: Es iiussert die Blutgerinnung~ die bei der Alkalescenzbestimmung B in Betracht kommt~ keinen merk- lichen alka]eseenzmindernden Einfluss, da die normalen Alkalescenzwerthe, wie sie nach der Bestimmungsmcthode B zu gewinnen sind~ nieht wesent- lich abweichen yon den naeh A erhaltenen~ jedenfalls im Durehschnitt nieht niedriger sind~ als die eben mitgetheilta Zahl.

Bei einem 2. Versuche mit Blutegelcxtract wurde aus der A. carotis eine Blntprobe mittelst eines Giasrohres direct unter Kaliumaeetat (resp. der bekannten Kaliumaeetatalkoholmischung) aufgefangen. Eine zweite Probe wurde durch die Luft in ein zur Fitllung ungentigendes gemessenes Quan- tum Kaliumacetatalkohol eingebracht. Der Kolben mit tier zweiten Blut- portion blieb verschlossen ungefi~hr 1 Stunde stehen~ dann erst wurde der zur Fallnng niithige Rest der Salzalkoholmischung naehgeftillt. In Gramm Na(HO) pro 100 ccm Blut ausgedrfickt~ betriigt die Aciditiit der unmittelbar in der Salzl~isung aufgefangenen Probe 0~t90~ die der anderen 0~168. Es stellt sich der Aeiditatswerth der Probe~ welehe gewissen frtiher bertihrten postmortalen Veranderungen ausgesetzt war~ somit nicht hiiher heraus. Von dem Moment% wo das Blur mit der Salzmischung in Beriihrung ~st~ treten weitere wesentliehe Aenderungen der Alkalescenz nicht ein.

Da bei dar Wirkung yon Blutgiftan, deran Untersuchung maine waitaren Thiervarsucha gewidmat waren, eina Alkalaseanzabnahma vor- liagt, war es wtinschanswarth, den Einfluss der exparimentallen Saure- vergiftung zu untersuchan, nicht so sahr im Hinblick auf dan Kohlen- sauregehalt des Blutas, dann bier ist durch W a l t e r alles Wichtige festgestellt women, als vielmehr in Betreff tier Aciditi~t und Alkales- cenz des Blutes.

Ich habe 3 solche Versuche ausgeft|hr$. Die Kaninchen wurden vorher dureh mehrere Tage mit Hafer gefiittert~ damit der Harn saner wurde. Darauf bekamen sic innerhalb 30 Stunden eine l proc. Salzsaurel~isung in 3 Dosen bis zu dem yon W a l t e r vorgeschriebenen Gesammtgewicht (fiber 0~9 g HC1 pro Kilo Thier). Wahrend der eigentliehen Versuchszeit bekamen die Thiere niehts zu fressen~ blos ausgiebig zu trinken. Die Er- seheinungen der Si~ureintoxication waren die yon W a l t e r beobaehteten Ver~inderungen der Respiration, Hcrzthi~tigkeit und Locomotion ; den Sehluss bildete ein komatSser Zustand. Die Wirkung der zugeftihrten Si~ure auf den Kohlensi~uregchalt des Blutes~ bezw. auf die Alkalescenz und Aciditat ergiebt sieh aus der folgendcn~ das Ergebniss der 3 erwahnten Versuche um- fassenden Zusammenstellung :

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208 XIII . K~Avs

Vers.

Gehalt des Bhtes an CO~ in Vol.-Proe.

bei 0 ~ and 76 em Druck

~orm. Mittel : 32,0 7,6l

4,16

Alkaleseenz (A) in Oramm I ~a(IfO) I

pro I00 ccm

Norm. Mittel : 0,167

Gegen Lackmus alkallseh

0,126

Aeidit~f~ in Gramm

(5Ta(HO) pro 100 ecru

Norm. Mittel : 0,132 0,207

0~31l

Bemerkungen

Grosses Thier, ~arn stark sauer, Blutasehe 0,9 Prec.

Ueber 2 Kilo sehweres Thier. In den letzten Stunden Anurie.

Blur noeh naeh dem Tode gegen Laekmus alkaliseh.

Aus der Tabelle geht, abgesehen yon einer Besti~tigung der Be- funde Wai ter ' s in Betreff der Kohlens~iure, hervor, dass die Si~ure- zufuhr eine erhebliehe Steigerung der Aciditlit, bis auf das Doppelte, andererseits eine merkliche Herabminderung der Alkaleseenz zm" Folge hat. Versuch 2 ergiebt welter in sehr ausgesproehener Weise die Um- kehr des normalen Verhi~ltnisses zwischen Alkaleseenz und Aciditi~t, so dass letztere weir Uberwiegt.

Nut 2 Punkte mSgen noeh kurz hervorgehoben werden. In Versuch I wurde eine Aschenbestimmung im Blute mit den yon B un g e vorgeschriebenen Cautelen gemacht. Die Alkalien habe ieh dabei als Chloride in die Asche tibergeftihrt. Der gefundene Werth ergiebt nun keine Verminderung gegenUber der Norm. Es hat somit eine Alkalientziehung in dem Sinne, dass das gebildete Chlorid alsbald den KSrper verlassen hi~tte, nieht in merkliehem Maasse stattgefunden; es ist somit dieser Fall mit Siiuerung des Blutes, wie sic infolge yon Intoxieationen (siehe weiter unten) eintritt, vergleich- bar. Zweitens ist hervorzuheben, dass ieh in allen Fallen ebenso, wie W a 1 t e r bei Prtifung der Blutreaction mittelst Laekmus, dieselbe stets alkaliseh gefunden habe, auch wenn die Aeidit~tszahlen die Alkaleseenzwerthe tiberwogen.

VII. Versuche mit Blutg~ten.

Wie aus den eingangs gemaehten Erwagungen hervorgeht, la~ mir zuniichst die Frage vet, ob die yon H. Meyer beobachtete A1- kalescenzverminderung des Blutes bei Einwirkung yon Giften nieht wenigstens theilweise auf den Zerfall yon Blur bezogen werden kann.

Die yon diesem Forscher untersuchten Stoffe sind: Eisen, Platin, Arsen (arsenigsaures :Natron), Antimon, Emetin, Jod~ jodsaures Natron, Quecksilber, salpetriffsaures ~atron, Toluylendiamin~ oxalsaures Na- tron. Ich stelle die Ergebnisse der Versuche Meyer's in den fol-

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Ueber die Alkalescenz des Blutes u. s.w. 209

genden 2 Tabellen, die Kohlens~iurewerthe umgereehnet auf 76 em Druek, zusammen, um splitere Vergleiche mit meinen eigenen Ver- snehen zu erm(iglichen.

I. Versuehe H. M e y e r's an Kaninehen.

Norra~les Mittel Phosph or Arsen (K r a u s)

9,89 18~99 18,36

12,06 16,66

Antlmon t PIatin Eisen Emetin I

11,54 I 10,38 20,83 10,12 - - ] 10,59 10,84 - -

- - 12,28

II. Versuche H. Meyer's an Katzen.

32 Vol.-Proc. CO~

Jodsaures Queck- Salpetrig- Toluylen- Oxalsaures I Normales Mittel god Natron silber IsauresNatron diamin I Natron [ (Meyer)

6,41 21, 8 ,2,441 2+~ 24,16

23,63 25,08

16,76 23,89

33,26 15,97

23,23 18~35 36,3 Vol.-Proe. C02

Unter den yon H. Mey er verwendeten Stoffen f~llt nun in der That eine nicht unbetrlichtliche Anzahl, und zwar Stoffe yon besonders ausgesproehener Wirkung auf den Kohlens~iuregehalt des Blutes, unter den Gesiehtspunkt yon blutzerstSrenden Giften. Sicher ist dies zuniiehst beztiglich des Phosphors der Fall. A. F r a n k e l und R S h m a n n ' ) machten einsehlligige Untersuehungen an Hiihnern. Zithlungen der rothen BlutkSrperehen (nach Hayem) ergaben, dass die Phosphor- vergiftung eine erst langsame, dann rapide Abnahme der rothen Blut- zellen bewirkt. Ebenso bestimmt kennen wit das Tohlylendiamin als Blutgift, S t a d e l m a n n 2) hat diese blutkiirperchenzerstSrende Wir- kung in ausgedehnter Weise bei seinen experimentetlen Arbeiten tiber Ieterus verwerthet. Vom salpetrigsauren Natron endlieh giebt H. Meyer in den Protokollen der zwei mit dieser Substanz angestell- ten Thierversuehe an, dass das Blut ausgesproehen braun oder braun- schwarz verf~irbt und auffallend leieht gerinnbar gewesen sei. Von anderen Verbindungen, welche H. M e y e r in seinen einsehliigigen Versuchen verwendet hat, ist die blutzerstSrende Wirkung weniger sieher bekannt. So sollen (ifter gereiehte kleine Arsendosen bei Ge- sunden eine progressive und bedeutende Abnahme der rothen Blut- k(irperehen bewirken. 3) Bei aeuter Jodvergiftung9 sind unter Ande-

1) Zeitschr. f. physiol. Chemie. IV. Bd. S. 439. 2) Dieses Archly. XIV. Bd. S. 231 u. 422. 3) C u t l e r und B r a d f o r d , The Americ. Journ. of med. Scienc. Jan. 1878. 4) L e wi n, Toxikologie.

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210 XIII. K~A~s

rein auch Blutharnen, Blutnngen in die Lungen, peteehiale Exantheme beobachtet. D o u b e l i r 1) sah bei Frtischen die rothen Blutk~rper- ehen nach Injection yon Quecksilbersalzen bleieh und granulirt. Beim Menschen sell entsprechend der Dauer der Quecksilberverabfolgung die Zahl der rothen Blutktirperchen abnehmen. ~) Noch mehr als auf diese in 2. Linie erwahnten, zum Theil zweifelhaften Angabeu wird auf den Umstand Werth zu legen sein, dass die meisten oben genannten Substanzen dem Phosphor, dessert blutzerstSrende Wir- kung ausser Zweifel steht, auch in Bezug auf die sonstigen toxi- kologischen Eigenschaften mehr oder minder nahe stehen.

Ieh selbst babe nun zur Entscheidung der eingangs dieses Ka- pitels gestellten Frage Thierversuehe mit einer Reihe yon Blutgiften, deren Wirkung eine sehr rasche und ansgiebige ist, gemacht. Es sind dies grossen Theils dieselben Stoffe, deren sieh N a u n y n und seine Schiller zur Erzcugung des experimentellen Ieterus bedienten. Die yon mir verwcndeten Substanzen wareu Arsenwasserstoff, Pyrogallol, Glycerin, Cholsfiure und Aether. Was zuniichst die BlutkSrperchen 15sende Kraft des letztcrwi~hnten K(irpers betrifft, so ist dieselbe seit Langem bekannt. T uf a n o w 3) hat sie erst in jtingster Zeit wieder be- stimmt und findet, dass der Aether Blnt 15st bei einer Concentration 1:13. Riicksiehtlich des Glycerins hatte schon frtiher L u e h s i n g e r 4) naehgewiesen, dass naeh subeutaner Injection seiner coneentrirten LS- sung l:lamoglobinurie eintritt. J i t t a~ ) zeigte, dass zwar intravenSse Injection yon Glycerin keine H~moglobinurie verursacht (ebensowenig, wie ausserhalb des KSrpers direct mit Blut zusammengebraehtes Gly- cerin, ja selbst 50 proc. L(isung, die geformten Bestandtheile ltist), dass aber bei subcutaner Application des Giftes regelmitssig tt~moglobin- iimie erfolgt, wie aus der ausgesproehenen Rothfi~rbung des Serums und der Verarmung an tli~moglobin und rothen Blutzellen hervorgcht. J i t t a war es auch, welcher die Angaben yon Duseh6), Kiihne~) nnd L e y d e n s), dass nach Einspritzung yon Gallensliuren in die Blutbahu

1) Etude exp6rimentelle sur l'action toxique et th~rapeutique du Mercure. St. P~tersbourg 1875.

2) Wilbouchewiteh, Archive de la Physiologie norm. 1874. p. 509. 3) Arbeiten des pharmakologischen Instituts in Dorpat, herausgegeben yon

Kobert. S. 115. 4) Archly f. die ges. Physiologie. XI. Bd. 5) Maly's Jahresber. Xu Bd. S. 474. 6) Untersuchungen und Experimente als Beitrag zur Pathogenese des Icte-

rus. 1854. 7) Virchow's Archiv. 14. Bd. S. 310. 8) Zur Pathologie des Icterus. 1866.

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Ueber die Alkalescenz des Blutes u. s.w. 211

yon Thieren H~imoglobinurie eintritt, neuerdings experimentell prtifte und besti~tigte. R y w o s c h ~) land bei quantitativen Versuchen~ dass bei Einwirkung verschiedener gallensaurer Salze schon bei einer Con- centration yon 1:1500 theilweise Ltisung der rothen Blutktirperchen eintritt. Vom Pyrogallol stellte zuerst J t i d e l l 2) fest, dass dasselbe, Versuchsthieren per os, noch mehr abet durch Injection in die Blut- bahn beigebracht, das Blut missfiirbig, chocoladeiihnlieh maeht, und A fa n a s s i e w 3) best~ttigte diese Beobaehtung. Was endlich den Ar- senwasserstoff anbetrifft, so ist dessert Blutk~irperchen 15sende Wir- kung schon durch iiltere Arbeiten l'q a u n y n's 4) iiber den hiimatogenen Icterus bekannt geworden. S t a d e l m a n n S ) hat neuerdings die ein- schl~gigen Verh~tltnisse einer ausftihrlichen experimentellen Prtifung unterzogen, insbesondere hat schon er darauf anfmerksam gemacht, dass am meisten dann, wenn es infolge der Intoxication zu Anurie kommt, das gel~ste Hiimoglobin und die Zerfallsproducte der rothen Blutk~irperchen continuirlich in der Blutbahn kreisen, wobei diese Producte abnorme Zersetzungen eingehen kSnnten.

Ich will nun mit mSglichster Knappheit tiber die Resultate der einzelnen Versuehe beriehten.

1. A r s e n w a s s e r s t o f f . Das Gas wurde in derselben Weise, wie S t a d e l m a n n es gethan~

aus 1 g arseniger Siiure entwickelt and in eine das Thier beherbergende Kiste geleitet, in welche nicht viel Aussenluft eindringen konnte.

In einem ersten Versuehe inhalirte das Thief etwa 20 Minuten. Eine Stunde naehher erfolgte die Entnahme des Blutes. H~tmoglobinurie. Blur a u s g e s p r o c h e n l a c k f a r b i g . Bei derSection zeigen diel~Iieren blos herdweise hiimorrhagische Infiltration. C0e ~ 14,097 Yol.-Proc. Aeiditi~t ~--~ 0 ,154 N a 0 H .

In einem zweiten Versuche athmete das Thier 1/.~ Stunde. Zwei Stun- den darauf wird dem bereits sehr hint~alligen, anurisehen Thiere (]as Blut (in diesem Falle Gesammtblut) entnommen. Dasselbe ist hochgradig lack- farben. Die Iqieren stark gesehwollenr diffus blutig tingirt. Unter der Kapsel blutige Infiltrationsherde. C02 ---~ 6,06 Vol.-Proe.

Zu einem dritten Versueh wird ein sehr grosses Thier verwendet~ welches etwa 3 Stunden einathmet. Das dem noeh sehr widerstandskriif- tigen Kaninehen schon 3/4 Stunden nach Beginn des Versuches entnom- mene Blur h o e h g r a d i g l a c k f a r b e n . Anurie. Hiimorrhagisehe Nephritis. CO9. ~ 8,95 Proe. Aeidit~tt ~ 0,173 Na0IL

1) Arbeiten des pharmakolog. Instituts Dorpat. S. 110. 2) Tiibinger med.- chem. Untersuchungen, herausgegeb, yon H o p p e - S e y I e r.

3. Heft. 3) u Archiv. 98. Bd. S. 460. 4) Archly f. Anatomie u. Physiologie. 1868. S. 40l. 5) Dieses Archly. XVI. J3d. S. 221.

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2t 2 XlIl. KBivs

2. P y r o g a l l o l .

Das Versuchsthier bekommt 1,2 g des Prs in 20proc. L~isung intraveniis (durch langsames Zufliessenlassen aus einer Burette). Die Dauer des Versuches betri~gt I Stunde. Das Blur a u s g e s p r o c h e n s e p i a - f a r b en. Nikroskopiseh erscheinen die rothen Blutkiirperchen wenig ver- iindert. Aufs 10faehe Volumen mit 0,6 proc. KochsalzRisung verdtinntes (defibrinirtes) Blut liefert jedoeh ein r 5 t h 1 i c h- b r !i u n I i e h g e fii r b t e s S e r u m , was die Liisung eines Theiles der rothen Blutkiirperchen sicher beweist. Das Fi l t ra t nach der Fi~llung mlt Kaliumacetatalkohol gleich- falls etwas br~iunlich verfarbt. Aciditi~t ~ 0,194 NaOH. 002 ~ 10,8 Proe.

3. A e t h e r .

Ein wenig iiber I kg schweres Kaninehen erhNt im Laufe ungeflthr einer Stunde 15 ccm einer Aethermisehung (das Wasser mit Aether dutch Schtitteln geslittigt). Wiihrend des Versuchs ist das Thier anfangs mehr~ spiiter weniger tief narkotisirt , zu Ende stellt sich Zittern ein. Bei der Blut- entnahme ist das Thier noeh gut bei Krliften. Die rothen Blutkiirperchen ergaben sich bei der mikroskopischen Untersuchung kaum ver~indert. Ein Isotonieversuch ergiebt k e i n h~moglobinha!tiges Serum. C0s----- 6,86 Proe. Acidii!it ~ 0,185 N a 0 H .

4. G l y c e r i n .

Einem mittelgrossen Kaninchen werden im Laufe von einer Stunde ! 0 ccm neutralen unverdiinnten Glycerin s subcutan gegeben. Naeh 11/4 Stun- den Hiimaturie. Das aus der Carotis entleerte Blut sieht sehon ftir das blosse huge s t a r k l a c k f a r b e n aus. Ein Isotonieversueh ergiebt h a m o - g l o b i n h a 1 t i g e s S e r u m. Bei der mikroskopischen Untersuehung sieht man nur vereinzelte ,Scha t ten" (h!imoglo.binfreie BlutkSrperehen). C0~----- 12,57 Proc. Aciditiit ----- 0,200 Na0H.

5. Ch o l s i i u r e .

Ein tiber 1 kg schweres Kaninchen erhiilt 8 cem einer vollkommen neutralisirten (mit NaHO) CholsiiureRisung yon 0,1 g auf 20 ccm Fltissig- keit in die Vene im Laufe einer halben Stunde infundirt. Nach Verlauf einer Stunde tri t t Herzschw~iehe ein~ weshalb das Blur sofort entnommen wird~ obwohl der eben gelassene Harn nieht blutig ist. Ein Isotonieversueh ergiebt t in schwaeh h i~ m o g 1 o b i n h a 1 t i g e s S e r um. C02 ~ 15,28 Proe.

Nachs tehend eine Zusammens te l lung der Versuchsresul ta te :

Gesammt-CO~ in Vol -Proe. (bei 0 Q und 76 em Druek)

Aciditi~t in Gramm Na(HO) pro 100 ccm Blur

i 14,09 Arsenwasserstoff.. 6,06 8,9

Pyrogallol . . . . . . . 10,8' Aether . . . . . . . . . 6,86 Glycerin . . . . . . . . 12,57 Chols~iure . . . . . . . 15,28

0,154

0,173 0,194 0,185 0,200

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Ueber die Alkalescenz des Blares u. s.w. 213

Das iibereinstimmende Ergebniss dieser Versuche ist die Alka- lescenzverminderung des Blutes, welch~ in den hohen Acidit~itswerthen and dem mehr oder minder stark herabgesetzten Gehalt an Gesammt- kohlens~ure ihren Ausdruek findet. Aus dem Vergleich der oben tabella- riseh zusammengestellten Versuchsergebnisse H. M eye r ' s mit meinen eigenen kann man ferner entnehmen, dass eine ansreiehende Anzahl yon Giften nafehgewiesen ist (bisher mindestens 8), welfehe in ausge- sprochener Weise Blutzerfall und gleichzeitig Verminderung der A1- kalescenz des Blutes bewirken. Dabei miigen jene yon H. M e y e r verwendeten, den Kohlens~uregehalt herabsetzenden Substanzen, bei welchen die blutzerstSrende Kraft nicht geniigend sieher gestellt ist, ausser Betracht bleiben.

VII[. Die Ursache der toxischen BlutsSuerung.

H. M e y e r hat bei der Auswahl der Substanzen ftir seine Versuchsreihe einen direct oder indireet zerstiirenden Einfluss auf das Gewebsprotoplasma als Ursache der Blutsauerung angfenommen; er hatte dabei die pharmakologische Grnppe des Arsens and Phos- phors vor Augen. Dem Toluylendiamin and dem Natriumnitrat schrieb fer neben anderen Giften in seinem Sinne eine Oxydations- h e m m u n g zu, weil diese Substanzen die Sauerstofftr~iger des Blutfes, die rothen Blutkiirperehen, functionsunfiihig machen oder g~nzlifeh zerstiirfen. Rticksichtlich dieser oxydationshemmenden Wirkung fand nun aber H. M e y e r eine Voraussetzungen insofern nicht best~ttigt, als eine Reihe einschl~igigel: Versuche mit Substanzen, denen man eine Hemmung der physiologischen Oxydation zuschreibt (Alkoho], Chinin, Natriumsalieylat)~ einer solchen Deutung gtinstige Ergeb- nisse nicht gehabt haben. Es wird deshalb gestattet sein, die Frage zu erSrtern, inwiefern der den oben angeftihrten Stoffen gemein- same Effect, niimlifeh der Zerfall der rothen Blntkiirperchen, un- mittelbar oder mittelbar zur Anhiiufung yon Sanren im Blute ftihrfen kann. Kiinnte der Nachweis geftihrt werden, dass die rothen Blut- kiirperchen in zur S~tureintoxication ausreichender Menge saure Ver- bindungen entwcder an und ftir sich enthaltfen, oder bei dem Zer- fall frei werdfen lassen, so w~re dies nicht blos ftir den vorliegen- den speciellen Fall, ftir die Erkl~trung der vorstehenden Versuche yon Bedeutung, sondern aueh yon allgemeinem Werth insofern, als dann wahrscheinlich gemacht, wlire, dass anch beim Zerfall yon anderem Zellprotoplasma Uberhaupt Siiuren in Umlauf gesetzt werden.

Wie gross in unserem Falle die Blutzerst(irung anzuschlagen ist, l~isst sich einigermaassen aus der resultirfenden H~imoglobin~imie er-

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214 XIII. KP.A~-s

messen. In den Meyer ' s chcn Experin]enten mit salpetrigsaurem ~qatron und Toluylendian]in und in den vorstehenden Arsenwasser- stoffversuchen war das Blur schon ftir das blosse Auge ausgesprochcn lackfarben. Bei n]einen tibrigen Versuchen ergab der Isotoniever- such n]it Ausnabme des Aethers~ wo jedoch Blutzerfall anderweitig sichergestellt war, sicher das Bestehen yon Hiin]oglobin~in]ie hi~heren oder geringeren Grades. l~un hat aber J i t t a festgestellt, dass bei intraveniiser Injection yon 8 g Hiimoglobin in die Blutbahn yon Ka- ninehen sehon 3/4 Stunden nachher die Differenz zwischen dem be- rechneten und gefundenen H~n]oglobingehalt des Blutes so gering ausfiillt~ dass sie innerhalb der Beobachtungsfehler liegt. Es n]Ussen sonaeh in unseren F~llen~ wo zun]eist selbst 3 Stunden nach den] Vet- such noch der Befund der H~in]oglobiniin]ie erhoben werden konnte, erhebliche Quanten des Gesan]n]tblutes successive in LSsung gegangen sein. Blos ftir den Versuch mit Aether wttrde die Zcrstiirung des Blutes unterhalb dieses Werthes fallen.

Dass nun das Blut ausser seinen] Siiurebestande in] gewi~hnlichen Wortsinn nach andere vorgebildete oder bei der Zersetzung normaler Blutbestandtheile, woftir der Zerfall der geforn]ten Elemente des Blurts in] Plasma geeignete Bedingungen herbeiftihrt, n]it grosser Leichtigkeit sich bildende Verbindungen saurer b~atur enth~ilt, denen eine stfirkere Aviditat als dcr Kohlens~ure zukon]n]t, ist eine Vorstellung, welche sich in]n]cr wieder geltend n]achte, seitden] am Blute gasanalytische Untersuchungen getibt worden sind. Un] das eigenthtin]liche Ver- halten des Blutes gegentiber dem Vacuum zu erklliren~ sind sowohl im Plasma, als in den geformten Bestandtheilen des Blutes, insbe- sondere den rothen Blutkiirperchen~ solche saute Verbindungen ver- n]uthet worden.

Der Stoffe, denen man eine Saurewirkung Uberhaupt zuschrciben k(innte, sind n]ehrere. Es ist bier zu denken 1. an die Eiweissstoffe, 2. an das H~imoglobin, 3. an das Lecithin.

Die Frage, ob die EiweisskSrper des Plasma als Siiuren wirken kSnnen 7 hat zuerst S er t o l i l) bejaht. Er sttitzte seine Annahme zum Theil auf die analytischen Eigensehaften der EiweisskSrper tiber- haupt, haupts~ichlich abet auf die yon ihm gen]achte Beobaehtung, dass das Globulin der Krystalllinse (nach Behandlung der Linsen n]it Alkohol und Fi~llung des Globulins mit Kohlensiiure), ebenso auch dutch Alkohol gefiilltes Scrun]eiweiss trotz deutlich alkalischer Reac- tion in der Barometerleere neatrales kohlensaures ~atron zerlegen.

1) Med.-chem. Untersuchungen. Tfibingen, herausgegeb, yon H o p p e - S eyler. III. Bd. S. 380.

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Ueber die • des Blutes u. s.w. 215

Schon H o p p e - S e y l e r ~ ) hat nun diese Angaben yon S e r t o l i oder doch deren blutzanwendung auf das Blutplasma sehr wesentlich ein- geschri~nkt. H o p p e - S e y l e r hat Serumalbumin durch Osmose mit grossen Wassermengen gereinigt, ferner Scrumglobulin aus Blut- serum dargestellt, Fibrinogen aus Hydrocelenfltissigkeit durch Fi~llung mit Kohlens~ure nnd Verdtinnung gewonnen, sowie Ascitesfl~issigkeit im Vacuum nach vorherigcr m~glichster Entgasung auf eine ausgc- kochte 0,5--1proc. LiJsung yon Natriumcarbonat einwirken lassen, hierbei aber entweder nur sehr wenig Kohlens~iure oder tiberhaupt keinGas erhalten. Auch S e t s c h e n o w konnte S e r t o l i ' s A n g a b e n bei iihnlichen Versuchcn nicht bestiitigen.

Ich sclbst babe vcrsucht, Serumglobulin~ welches durch frac- tionirte Fiillung mit Ammonsulfat aus einem Plcuracxsudat gewonnen, abgepresst und durch Dialyse m~iglichst salzfrei erhaltcn war, in dem frtiher beschriebenen Blutrecipienten anf Natriumcarbonat unter den- selben Bedingungcn, wie sie bei einer Kohlensiiurebestimmung gcgeben sind, einwirken zu lassen, erhielt aber in dem vmgelegten Kaliapparat keine, auch noch so geringe Gewichtszunahme. Auch S e r t o l i hatte bei einer ~ihnliehen Versuchsanordnnng nur negative Ergcbnisse zu verzeichnen gehabt. Andere Momente sprechen allerdings daftir, class den Eiweissk~rpern eine merkliche Aciditiit zukommt. Wie bereits frtiher erwiihnt worden (S. 197), erwies es sich als unthunlich, die Acidit~t des Blutes durch Fiillung mit barythaltiger KaliumacetatRisung zu ermitteln. Ich erbiclt auf diese Weise cine 5 mal zu crosse Aciditiit. Infolge dessert babe ich untersucht, welchen Ursachen dieser tiber- schtissige Barytverbrauch zugeschrieben werden mtisse. Die ein- schlagigen Versuche tiber die Basencapacitiit der Eiweissktirper seien bier, soweit sic ftir die bebandelte Frage yon Interesse sin(t, kurz an- gefahrt. Coagulirtes Eiweiss entzieht der Kaliumacetatbaryumlauge keinen Baryt. hurlers verhalten sich genuine Eiweissl~sungen, z. B. Htihnereiweiss.

100 eem einer ziemlich stark verdtinnten HtihnereiweissRisung r zogen einer Kaliumaeetatbaryumlauge so viel Baryt, als 13,4 eem t/lo-nor- maler Salzsiiure entsprieht, wiihrend das Filtrat yon derselben Menge mit Kaliumaeetat geflillten Htihnereiweisses nut so viel Phosphate enthielt, dass eine 5,8 eem 1/~ o-normaler Salzsiiure iiquivalente Barytmenge gebunden wurde. Das Baryti~quivalent des Eiweisses muss abet ausserordenflieh gering sein, denn als ieh ftir einen anologen Versueh unverdtinntes Eier- eiweiss benutzte, entzogen 100 cem der Kaliumaeetatbaryumlauge eine 57,4 ecru l/,o_normaler Salzsiiure ~quivalente Barytmenge, wahrend die Ba- ryteapaciti~t der in demselben Volum Eiereiweiss enthaltenen Salze 45,3 ecru

1) Physiologische Chemie. II. Bd. S. 503.

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216 XIII. Kaxns

1/10-normaler Salzsliure betruff. Variirt man die Versuehsbedinffungen, litsst man den Baryt l~ingere Zeit auf das Eiweiss unter den beschriebenen Verhi~ltnissen einwirken~ so wird deshalb doeh nicht merklieh mehr Baryt gebunden.

Ftir die oben beschriebene. Methode der Acidit~tsbestimmung in 2 Tempi folgt daraus, dass dutch dieselbe die Acidit~tt des Blutes um den geringfiigigen Betrag, den die Siiurenatur der Eiweissk~ir- per im Plasma repr~sentirt, vermindert erhalten wird. Bei der Be- trachtung physiologischer und pathologischer Verhiiltnisse kann dieser Betrag um so mehr unbestimmt bleiben, als das Verhalten des Serums im Vacuum sicher erweist, dass die Acidit~t der Eiweissktirper als Siiuren nicht stiirker ist, als die der Kohlensi~ure. S e t s e h e n o w 1) und insbesondere S e h i i f f e r : ) fanden bereits, dass aus dem Ge- sammtblut die Kohlensi~ure im Vacuum sich vollsti~ndig entwickeln lasse, wiihrend dies mit Blutserum nicht gclang. Als dann P f lti- ge r 3) besti~tigte, dass das Gesammtblut an das trockene Vacuum seiner Pumpe immer a l l e Kohlensaure abgiebt und ausserdem noch der entgaste Blutrlickstand auch eine zugesetzte Sodaliisung zerlegte, musste man diese Si~urewirkung auf die rothen BlutkSrperehen be- ziehen. Die fragliche Blutsiiure wird denn auch heute tibereinstim- mend als ,,BlutkSrperehensi~ure" angesproehen.

Von den Bestandtheilen der geliisten rothen Blutk(irperchen~ welchen das Blut die Fiihigkeit verdanken konnte, Kohlensliure aus- zutreiben, kam zuniichst das frtiher an zweiter Stelle genannte Ha- moglobin in Betracht. Hierftir ist geltend gemacht wordeu4) i dass dutch die Einwirkung yon unzerlegtem Hiimoglobin auf Natrium- carbonat bei 0 ~ im Vacuum freie Kohleusaure erhalten werde. P r e y e r glaubte die direct saure Natur des Hi~moglobins auch da- durch erwiesen, dass eine w~issrige H~moglobinlSsung beim Durch. leiten yon Kohlens~iure noch etwas weniger absorbirt, als ein glei- ches Volum Wasser. Endlich wollte P r e y e r s0gar gefunden haben, dass das Hiimoglobin auch gegen Lackmus sauer reagire. Die beiden letzten Annahmen sind durch Z u n t z ~) nnd S e t s c h e n o w 6) ge- ntigend widerlegt. S e t s c h e n o w hat im Gegentheil zu P r e y e r geradezu angenommen, dass das H~moglobin (wenigstens als Hii- moglobinalkali) ein Kohlensiiurebindungsverm(igen besitze. Durch

1) Sitzungsber. d. Wiener Akademie. XXXVL Bd. S. 293. 1859. 2) Ebenda. XLI. Bd. S. 3S9. 1860. 3) Ueber die Kohlensii.ure des Blutes. Bonn 1864. S. 5. 4) P r ey er, Centralbl. f. die reed. Wissensch. 1868. 5) Die Gase des Blutes in Hermann's Handb. d. Physiologic. IV. Bd. 2. S. 76. 6) Cir. bei Zuntz, Ebendas.

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Ueber die Alkalescenz des Blutes u s.w. 217

B o hr 1) ist spiiter in der That mit einwurfsfreier Methode das Be- stehen einer dissociablen H~maglobinkohlens~tm'evexbindung nachge- wiesen worden, nnd ein Schtiler B o h r's, S. T o r u p ~), weist dem H~t- mog'lobin neben einer im Blute supponirten Globulin-Alkaliverbindung die Hauptrolle bei der Bindung der tCohlens~ture im Blare tiberhaupt zu.

In meinen fi'Uheren Darlegungen tiber die Blutalkalescenz im Allgemeinen ist auf B ohr 's and T o r u p ' s Arbeiten vorliiufig keine Rticksicht" genommen worden, and zwar deshalb, weil reich haupt- s~ichlich praktisch analytische Gesichtspankte leiteten. Von solchen Gesichtspunkten aus ist die Vertheilung der Kohlens~iure auf die Basen im weitesten Sinne des Wortes doch immer nur eine rechne- rische, and die Annahme der ausschliesslichen Bindung der Koblen- s~ure durch die Blutalkalien in diesem Sinne ist gestattet, sobald die Alkalien in quantitativ genUgender hlenge vorhanden sind. Z u m Blute hinzutretende S~turen mtissen bei der Fltiehtigkeit nnd geringen Avidit~it der Kohlens~ture zun~tchst eine Zerlegung der Carbonate be- wirken, da sie sich, soviel man weiss, mit Alkalien~ nicht aber mit Hamoglobin zu verbinden im Stande sind. Dass aber das H~tmo- globin nicht als Kohlens~uretr~tger ausreieht, wenn es daneben an Carbonaten fehl L g'eht sehr deutlich aus den Beobachtungen Wal= t er 's hervor, wonach die S~turezufuhr das Kohlens:,turebindungsver- mtigen des Blutes i~tst auf Null reducirt, ohne nachweislich Ver~tn- derungen des H~imoglobins zu veranlassen.

Fiir mich selbst war mit Rticksicht auf meine Aufgabe ;cot Allem naheliegend~ den Versuch, durch H~imog'lobin kohlensaures Natron zu zersetzen, zu wiederholen.

Das H~imoglobin~ welches zu diesen Versuehen diente~ war nach Z inno f f sk i 3) dargestellt and wiederholt gut gewasehen. Es wurde mit dem kohlensam-en Salz zusammengebraeht unter Bedingungen, die ein Auffangen der etwa entbundenen Kohlensiiure sicher stellten. Ich benutzte auch hierbei wieder die frtiher besehriebene Hofmeister 'sehe Vorrichtung. Das Resultat war in 2 Versuchen negativ.

1+. Kaliapparat vor dem Versueh. . 58~5152 :Nach l sttindiger Dauer desselben 58~5150

2. Kaliapparat vor dem Versuch . 58~5150 :Nach 2 Stunden . . . . . . 58~5153

Es hatte sonach eine Entwicklung yon Kohlens~ture nicht statt- geihnden. H o p p e - S e y l e r 4 ) , welcher im Geffensatz hierzu bei ana-

1) Festschrift ftir C. Ludwig. 1887. S. 164. 2) l~Ialy's Jahresber. f. Thierchemie. XVII. Bd. S. 115. 3) lnaug.-Diss. Dorpat 1885: 4) Lehrbuch. III. Bd. S. 505.

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218 XIII. KRAus

logen Versuchen mit Anwendung des Vacuums ein positives Resultat erzielte, neigt der Annahme zu, dass nicht das Hamoglobin an und ftir sich, sondern Zersetzungsproducte hier in Betracht kommen. Eine solche Annahme saurer Zersetzungsproducte zur Erklarung des Ver- haltens des Blutes im Vacuum ist jedoeh nicht ohne Weiteres zu- lassig. Wit besitzcn nach dieser Richtung tiber Art and Umfang der Zersetzung des Blatfarbstoffs noch keine abgeschlossenen Er- fahrungen. Ftir die Verhaltnisse der Barometerleere hat schon Kt ihne 1) yon der Annahme saurer Derivate des Hamoglobins Ab- stand genommen, well die Untersuchung des bei 40 0 C. vollsti~ndig entgasten Blutes, mit dem Spectroskop untersucht, den Hiimatinstreifen nicht giebt~ der aber auftreten mtisste, wenn eine saure Zersetzang stattgefunden hlitte.

Ieh babe ferner~ wie ftir die EiweisskSrper, auch ftir das ttiimo- globin zn ermitteln gesucht, ob dasselbe ein Bindungsvermiigen fiir Baryt besitzt. Dem nicht gentigend ausgewaschenen, wenn selbst krystallinisch dargestellten Hamoglobin ist in der That ein solches Bindungsverm(igen eigen. Dies steht im Einklang mit der ~lteren Erfahrung, dass unreine HamoglobinlSsungen, dureh Koehen yon dem coagulirenden Hamoglobin befi'eit, saure Filtrate liefern. Das bach Z in n o f fsk i dargestellte, durch Decantation und Waschen auf dem Filter (mit Alkohol 1 : 4) yon anhiingenden Resten des Alkohol-Aether- extracts der rothen BlutkiJrperehen befi'eite Hamoglobin giebt kein sautes Filtrat und hat auch keine Basencapacitat.

Fiir die Versuehe warden die Krystalle fast lufttrocken gemaeht and mit ausgekoehtem Wasser eine 7~5 proc. L(isung hergestellt. Die L~sung wurde theils unverdtinnt~ theils aufs Doppelte und endlich aufs Vierfaehe verdlinnt in Untersuchung' gezogen. Je 10 ccm dieser Pro- ben wurden mit der gleiehen Menge Kaliumacetatbaryumlauge gefallt, sogleieh filtrirt~ das Filtrat zuriicktitrirt. Trotz des so ungleiehen Hi~- moglobingehalts war nun in allen Proben die zum Zurttektitriren ver- brauehte Siiuremenge anniihernd die gleiche.

Dass dem unverandcrten t:I~moglobin im normalen Blute selbst ein BindungsvermSgen ftlr Basen nicht zugeschrieben werden kann, geht auch aus der Thatsache hervor, dass man bei der titrimetrischeu Bestimmung der empirischen Blutalkaleseenz Resultate gewinnt, welche anniihernd mit der aus der Aschenanalyse geschiitzten iibereinstimmt (Z u n t z ~ 1. c.), ein Umstand, der selbst bei Annahme eines sehr geringen basischen Aequivalents des Hiimoglobins mit Rticksieht auf den hohen Procentgehalt des Blutes an Blutfarbstoff kaum zu erklaren ware.

Ausser Eiweissstoffen und Hiimoglobin sind in den rothen Blur-

1) Lehrbuch der physiol. Chemic. S. 232.

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Uebor die Alkalescenz des B/utes u. s.w. 219

k~rperchen noeh enthalten: Lecithin, Cholesterin, Cerebrin. Von allen diesen kann als s~ureliefernd nur das Lecithin in Betracht kommen.

Dass das Lecithin S~ure abspaltet~ darauf deuten schon mannigfache ~ltere Beobachtungen, z.B. die, dass in das Aetherextrat des Blutes ge- wissc saure Verbindungen iibergehen (L e h m ann 1)). Schon damals wusste man fcrner~ class das Aetherextract der rothen Blutk~irperchen 22 Prec. saure~ aus saurem phosphorsaureu Natron bestehende Asche liefere~ und hielt ftir wahrscheinlieh, dass vor der Veraschung Glycerinphosphorsiiure zugegen war. Die allbekannte Thatsache~ dass die rothen Blutk~irper- chen stark saure Asche liefern~ ist wohl gleichfalls auf dicsen Umstand zurtickzuftihren, und wenn endlich nicht ganz von dem Stroma befreite I-Ifimoglobinkrystalle bei Coagulation in wi~ssriger Li/sung ein saures Fil- trat geben~ k6nnen dem kaum andere Verbindungen als Zcrsetzungspro- ducte des Lecithins zu Grunde liegen. Ich selbst konnt% nachdem ich gefunden hatte~ dass den rothen Bhtk~irperehen fiir sich eine ungeflihr ebenso starke Basencapacitiit zukommt~ als dem gcsammten Blur% wenn man das letztere mit der Kaliumacetatbaryumlaugc titrir L mieh tiber- zengen~ dass das Aetherextract aus dem Blute nicht nur eine bedeutende Basencapaeitat~ resp. das Vermiigen~ Baryt zu binden~ besitzt, sondcrn auch direct ausgesprochen sauer gegen Laekmus reagirt. Bereits der Aether sclbst~ mit alkoholischcr Kalilauge titrirt~ zeigt eine gewisse Aciditiit.

Es lag nun nahe~ zu untersuchen~ ob Aehnliches auch ftir andere lecithinhaltige Fltissigkeiten gilt.

Ich verdiinnte in einer Reihe dieser Frage gewidmeter Versuche zuniichst Eidotter auf das Doppelte mit physiologiseher Koehsalzl~isung. 10 ccm des Gemisehes f~tllte ich mit einem bestimmten Velum Kalium- acetatbaryumlauge nnd land beim Zurlicktitriren einen Barytverlust~ wel- cher pro 100 des Gcmisches einer Aciditiit entspricht yon 1~76 g ~aOH. Eine 2. Probe yon 10 ccm wurde mit der Kaliumacetatmischung gcfiillt, ein aliquotcr Theil des Filtrats mit Baryt versetzt, das Filtrat abermals zuriicktitrirt. Der Barytvcrlust liess pro 100 Gcmisch nunmehr eine Acidit~tt bercehnen yon 0~47.

Der lecithinreiche Dotter bindet sonach beim Zusammenbringeu mit Baryt viel mehr yon diesem, als seinem Gehalt an sauren Salzen, und auch nach frtiheren Beobachtungen zu schliessen~ dem Eiweiss- gehalt entspricht.

Eine weitere Frage war die, ob erstlich das Lecithin beim even- tuellen Uebertritt ins Serum geeignete Bedingungen f'tir eine Zer- legang seines Molekiils in saure Spaltangsproducte vorfinde L and zweitens, welches die Natur und das Mengenverh~iltniss der so ent- stehenden S~turen ist.

Riicksichtlich der erstbertihrten Frage liegeu sehon in der Strae- tur und dem sonst bekannten Verhaltcn des Leeithins bestimmte An- haltspankte vor. Das Lecithin ist uaeh S t r e e k e r and H u n d e s-

1) Dessen Lehrbuch . 1853. I. Bd. S. 249. A r c h l y f. experiment. Pathol. u. Pharmakol. XXVL Bd. 15

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220 XIII. K~hus

h a g e n e i n e ~itherartige Verbindung, in welcher das Cholin die Stelle des Alkohols, die Distcaringlycerinphosphors~ure die Stelle der Siture vertritt. Z e r f a l l t das Lecithin, so liefert es 3 MolekUle Siture auf I Molektil Basis. Die letztere, das Cholin, ist gleichzcitig ein A1- kohol und eine nur sehr schwache Base. Dagegen kommen die 2 Molektile Stearinsaure und die gepaarte Phosphorsiture als Sauren yon relativ starker Avidit~t in Betraeht. Die letztcre zerlegt die Carbonate sehr wcitgchcnd. Die Fettsauren bilden bei Anwescnheit yon Carbonaten unter theilweiser Zersetzung der letzteren sogenannte saute Seifen.

G i l s o n i) beobachtete nun, als er ~therisehe LecithinlSsungen im Scheidetrichter mit selbst bis auf 1 pro mille verdUnnter Natron- lauge schtittelte, theilweise Zersetzung in Cholin, Glycerinphosphor- sliure nnd Fctts~uren (resp. deren Salze), ein Rest Lecithin blieb intact. Dutch wiederholtes Behandeln und li~ngere Einwirkung er- reichte er jedoch schlicsslich vollst~ndige Zerlegung.

Ich selbst untersuchte, ob das Lecithin aueh unter Bedingungen, wie sic beim Zerfall yon BlutkSrpcrchen und Uebertritt der Bestand- theile dcrselbcn ins Serum gegeben sind, analoge Zersctzungen cingeht.

Ieh stellte mir ftir diesen Zweck nach der Vorsehrift yon D i a k o n o w aus 20 Eidottern Lecithin dar. Das Pr@arat war zum Theil krystalliniseh, zum Theil krystalloid. Dasselbe wurde in einer L~sung yon Natriumcar- bonat, welche etwas starker als eine 1/lO prec. war (0,105 in 100) vertheilt. Das Vertheilen selbst nahm eine gewisse Zeit in Ansprueh. Unmittelbar darnach brauchten 10 cem der Emulsion 7,5 ecru einer l/loo-normalen Liisung yon Salzsaur% start ungef~thr 10 ecru. 2each kurzem Stehen bei 30--40 0 C. nahm die alkalisehe Reaction der Emulsion immer mehr ab, naeh etwa 5 Stunden reagirte dieselbe deutlich sauer. Aus der friiher gleichmassig milchigen Fltissigkeit hatten sieh dabei Fltickchen in ziemlieh klarer Fltissigkeit abgesehieden. Mittelst der Molybdansal- petersaurereaetion im Filtrate konnte ich reich mit Sicherheit tiberzeugen~ dass das letztere Phosphorsaure~ resp. dureh die Salpetersaure zersetzte G lycerinphosphorsliure enthielt.

Hieraus gcht hervor, dass das Lecithin bei einer Alkalescenz~ wie sic im Biute untcr normalen Verh~ltnisseu gegcben ist, unter Bildnng saurer Prodaete gespalten wird.

Man muss nun zur Erkliirung des Verhaltens der gel~isten rothen Blutk(frperchen im Vacuum und zum Verstiindniss des Erfolges der friiher mitgetheilten Thierversuche daran denken, dass beim Blut- zerfall Lecithin ins Serum tritt, bier sieh zersetzt und zu abnormer S~tuerung ftihrt. Ist unsere Vermuthung richtig~ so mtisste eine quanti- tative 1)hosphors~urebestimmung im geliJsten Blute ein wesentlich

1) Zeitsehr. f. ph[s. Chem. XII. Bd. S. 584.

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Ueber die hlkalescenz des Blutes u. s.w. 221

andercs Resultat geben~ als im Blut mit intacten Formelementen. Dcr Unterschied muss besonders dann gross ausfallen, wenn seit der Liisung der Blutk~rperchen ltingere Zeit verstrichen war und zur Bestimmung der Phosphorsi~ure eine 1VIethode verwendet wurde, durch welche gepaarte (Glycerin-) Phosphorsaure mit als Phosphor- s~iure bestimmt wurde.

Ich babe nach dieser Richtung folgende Bestimmungen ausge- fiihrt~ wobei ich zur Abscheidung tier st~irenden Eiweissstoffe und des Hamoglobins~ sowie noch unzersetzten Lecithins reich der Aus fallung mit cone. Ammonsulfatliisuug bediente.

V e r s n e h 1. Ieh braehte defibrinirtes Rinderblut durch Gefrieren und Auftbauen zur Li/sung. Das gel(iste Blur wurde sofort mit Ammon- sulfat geflillt. Vom Filtrate wurde ein aliquoter Theil anf dos l0 faehe verdtinnt und mit Molybdiinsalpetersliure gef~illt. Die Abseheidung des Niedersehlages ~us der noeh immer coneentrirten Fltissigkeit erfolgt lang- sam~ so dass ein mehrt~igiges Stehen der Probe bet 40 o C. zur voll- stlindigen Fallung unerliisslieh ist. Der geliiste Molybdiinsalpeters~ture- niederschlag wurde nun in pbospborsaure Ammonmagnesia iibergeftihrt und als Magnesiumpyrophosphat gewogen. Eine Probe des ungeliisten Blutes wurde zuvor genau so behandelt. Fiir dos geliiste Blur wurde mehr yon der letztgenannten Magnesiumverbindung gefunden. Es betrng die Pyrophosphatmenge ftir 20 ecm des geRisten Blutes 0~0354 g~ ffir 20 ecru des ungeliisten 0~0327 g.

V e r s n c b 2. Ieh maehte Blut dureh Verdtinnen mit Wasser auf das Doppelte laekfarben. Das normale Blut wurde mit isotoniseher Koch- salzliisung ebenso stark verdiinnt~ beide Proben wurden 4 Stunden stehen gelassen~ die erstere bet 37 o C., die letztere in der Ki~lte. Die Be- stimmung der Phosphorsiiure wurde wie oben ausgeftihrt. Ftir das gleiehe Volum ursprtingliehen Blutes (je 30 ecru) fond ich

in der laekfarbenen Probe 0~0946 g Magnesiumpyrophosphat in der ungel~sten = 0~0703 ~ =

V er s rich 3. Es wurde yon defibrinirtem Rinderblnte eine Probe auf das Doppe]te verdiinnt mit einer isotonisehen :Natronliisung (1/-~o-normales Natron). Die verdtinnte Probe wurde sofort mit Ammonsulfat im Ver- biiltniss von l : 4 gef~illt. Eine andere Blutprobe yon gleieher Mengo wurde mit Wasser auf das Doppelte aufgefiillt und im lackfarbenen Zu- stande 10 Stunden bet 37o C. stehen gelassen~ dann ebenso behandelt. Die Bestimmung der Phosphorsliure gesehah wie in beiden vorstehenden Versuchen. Ftir gleiehe Mengen Blur (30 ecru) fond ich

in der laekfarbenen Probe 0~0945 g Magnesiumpyropbosphat in der normalen ~ 0~0599 ~ -- Aus diesen Zahlen geht hervor, dass bet der Aufl(isung der

rothen Blutki~rperchen untcr m~iglichst einfachen Bedingungen es in dieser Liisung thats~ichlich~ und zwar allmahlich, wie es den Ver- suchen G i l s o n's entspricht, zum Zerfall yon Lecithin kommt. In Versuch 2 w~rcn 0~1767, in Versuch 3 sogar 0,2515 g dieser Ver-

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bindung als zersetzt anzunchmen. Leider besitzen wir bisher keine halbwegs genaue Bestimmung des Procentgehalts des Blutes an Le- cithin, some der Auftheilung dieses KSrpers auf Plasma und ge- formte Bestandtheile. Sicher seheint, dass die Mengen, welche das Blut auch derselben Thiergattung yon dieser Verbindung enthalt, sehr schwankend sind, und dass der gri~sste Theil den Blutk(irper- chen angeh0rt.

Hiermit verliert die Siiuerung des Blutes infolge yon Aufli~sung der Blutk(irperchen zum gr(issten Theil ihr Rathselhffftes. Das Le- cithin, wenn es einmal aus den Blutk~rperehen ins Plasma tiberge- treten ist, muss sieh in dem letzteren ebenso gut wie in der Eprou- vette unter Bildung saurer Producte spalten. Zugleich erkliirt sieh daraus, dass nnter den oben studirten Verhaltnissen nicht in dem Naa sse, als Kohlensaure ausgetrieben wird, die Alkaleseenz abnimmt, well an Stelle der Carbonate im Blute andere alkalisch reagirende Salze treten, solche der Fettsauren, wahrseheinlich aueh der Glycerin- phosphorsaure. Dies kann herangezogen werden zur Erkliirung des Umstandes, dass Z u n t z die Reaction des frischen und des entgasten Blutes annahernd gleieh gefunden hat, obgleich wahrend der Ent- gasung nachweislich Zerfall yon rothen BlutkSrperehen stattgefunden hatte; es sind eben an die Stelle der Carbonate andere, gegen Lack- mus gleichfalls alkaliseh reagirende Salze getreten.

Ieh bin welt entfernt, zu glauben, dass hiermit die Si~urung des Blutes auch nur in Betreff der Wirkung der Blutgifte ganz klar ge- stellt ware. Fest steht nur e ine Qaelle der Si~urung, der Lecithin- zerfall; ob nicht daneben im zerfallenden Blute noeh andere saure Prodacte entstehen, ob ferner nicht in anderen Geweben i~hnliche Spaltungen sieh abspiclen oder auf anderem Wege Si~ure liefern, bleibt aueh welter eine offene Frage.

Doch ist durch die vorstehende Untersuchung eine einzelne in die Lehre yon der Alkalescenz des Blutes einsehlagige Frage der L~sung entgegen geftihrt, welch% wenn sic auch nieht mit der yon I=I. M e y e r als wahrscheinliehsten in Aussieht genommenen zu- sammenfiillt, doch auch nicht mit derselben in Widersprueh steht. Denn wenn H. M e y e r allgemeine Aenderungen des Stoffzerfalls vor Angen hat, so ist hier ftir ein einzelnes, bestimmtes Element eine solehe abnorme Art der Spaltung nachgewiesen, ohne dass damit jedoeh ausgeschlossen ware, dass gleichartige Zersetzungen und Spal- tungen durch dasselbe Gift auch andere zellige Elemente treffcn, was insbesondere fUr den Phosphor und die ihm verwandten Gifte wahr- scheinlieh bleibt.