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Ueber die Anwendung des Jodoforms in der Augenheilkunde. (Aus der kgl. Universit~ts-Augenklinik des Herrn Professor Dr. Jacobsen in KSnigsberg i. Pr.) Von Dr. reed. A. Vossius, Privatclocent und ~ssisten~arzt cler Aug~nklinik. Als Brettauer*) auf dem 13. Ophthalmologencongress dutch seinen ¥ortrag ,,Zur lokalen Anwendung des Jodo- forms" eine Discussion ~iber die Erfahrungen tier an- wesenden Fachgenossen herbeifilhrte, konnten bereits viele derselben fiber gute Heilerfo]ge mit diesem Mittel beriebten. Brettauer selbst sah eine g~instige Wirkung auf die R~ickbildung eines zuvor abgetragenen und recidivirenden Conjunotivaltumors, dessen anatomischer (tubercul~ser?) Charakter nicht ganz sicher erwiesen war, ferner bei einem Fall yon veraltetem Panuus granulosus, we alle gebr~ueh- lichen Mittel, einschliesslich Peritomie und Massage, fehl- *) eft. Berieht fiber die 13. Versammlung tier ophthalmolog. Gesellsehaft. Heidelberg 1881. Beilageheft zu den klinisehen :~Ionatsbl~ttern fiir Augenheilkunde. XIX. Jahrg. Brettauer. Zur localen Anwendung des Jodoforms~ S. 3.

Ueber die Anwendung des Jodoforms in der Augenheilkunde

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Ueber die Anwendung des Jodoforms in der Augenheilkunde.

(Aus der kgl. Universit~ts-Augenklinik des Herrn Professor Dr. Jacobsen in KSnigsberg i. Pr.)

V o n

Dr. reed. A. Vossius, Privatclocent und ~ssisten~arzt cler Aug~nklinik.

Als B r e t t a u e r * ) auf dem 13. Ophthalmologencongress dutch seinen ¥ortrag ,,Zur lokalen Anwendung des Jodo- forms" eine Discussion ~iber die Erfahrungen tier an- wesenden Fachgenossen herbeifilhrte, konnten bereits viele derselben fiber gute Heilerfo]ge mit diesem Mittel beriebten. B r e t t a u e r selbst sah eine g~instige Wirkung auf die R~ickbildung eines zuvor abgetragenen und recidivirenden Conjunotivaltumors, dessen anatomischer (tubercul~ser?) Charakter nicht ganz sicher erwiesen war, ferner bei einem Fall yon veraltetem Panuus granulosus, we alle gebr~ueh- lichen Mittel, einschliesslich Peritomie und Massage, fehl-

*) eft. Berieht fiber die 13. Versammlung tier ophthalmolog. Gesellsehaft. Heidelberg 1881. Beilageheft zu den klinisehen :~Ionatsbl~ttern fiir Augenheilkunde. XIX. Jahrg. Brettauer. Zur localen Anwendung des Jodoforms~ S. 3.

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geschlagen hatten, nach Gebrauch yon Jodoforminspersionen in den Conjunctivalsack abet iunerhalb 6 Wochen eine Rfickbildung der Gef~sse und bedeu~ende Aufhelhmg der Cornealtrabung eintra, t. Er berichtete ferner fiber gans~igen Er'folg bei einem Kranken mit aeuten Granulationen und frischen Cornealerosionen, sehliess]ich in 2 Fitllen yon veralte~er sclerosirender Keratitis, ill denen der A u f hellungsproeess wesentlich beschleunigt wurde. Das Schluss- resulta~ seiner Mittheilungen gipfelt darin, class es bei Bindehaut- und Cornealleiden nicht nut reizlos vertragen werde, sondern die Conjunetivulsecretion vermindere, bei Granulationen alas Conjunctival- und Cornealleiden zurfick- bilde und bei Kera~itis interstitialis aufhellend wirke. t t o rne r hatte veto Jodoform gtinstige Erfolge gesehen bei Conjunetivaltuberculose und follicul~rem Traehom, L eber bei H:ypopyonkeratitis, Nieden bei einigen F~llen yon Lupus pall0ebrarum, Haas e bei verschiedenen Erkrankungen der Bindehaut, besonders auch bei Dacryoeystoblennorrhoe.

Seit diesem ersten detailtirten Berichte fiber ein Mitte], (~as, so vielseitig angewendet~ bei den verschiedensten Bindehaut- und Hornhauterkrankungea nach dem aber- einstimmenden Urtheil flier Fachgenossen sich durchaus gut bewiihrt hatte, konnte es nicht ausbleiben, dass •berall Yersuehe mit demselben angestellt wurden, und class die Literatur tiber dasselbe eine bedeutende Ausdehnung erfahr.

Schon im Jahre 1862 ~var yon Rhigini *) in einer yon der belgischen Academie gekr0nten Schrift fiber das Jodoform die giinstige Wirkung des Mittels bei Oph- thalmieen hervorgehoben, merkwfirdigerweise war diese Empfehlung nicht welter beaehtet worden. Die n~tchste Mittheilung iiber die Erfahrungen mit diesem Mittel er-

*) Das Originol ist mir unbekonnt, Deutsehmonn hot diese :Publikotion in seiner Arbeit fiber dos Jodoform erwiihnt. Arch. f. Ophth. XX¥IH. ]~ft. 1.

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schien erst im Jahre 1878; Hayes *) hatte es bei Trachom, Phlyktinen, hartuickiger KeratRis und Blepharitis ciliaris gebraueht und als Pulver oder in Salbenform angewendet. Ausgedehnbren Gebrauch scheint Ray £ **) yon dem Mitbl gemacht zu haben; er gab es iusseflieh bei Blepharitis excoriativa, chronischem Lideczem, abnischen Hornhanb gesehwtiren, Conjunetival- und Cornealpusbln und bei Iritis und Iridochoroiditis syphflitica tusserlich mid inner- lich. Singer***) hath laut einer brieflichen Mittheilung an t t i r s c h b e r g g a n s t i g e Erfo lge beobachtet bei Con- junctivitis and Keratitis lymphatica, wobei nach einmaliger Inspersion der heftige Blepharospasmus beseitigt war und die Cornealtriibung mit allen anderen Reizerseheinungen nach 6 weiteren Inspersionen schwand, ferner bei diffuser Keratitis auf Grundlage einer Blennorrhoe der Conjunctiva, yon der tier Kranke naeh 8maligerAnwendung des Mittels ge- heilt entlassen werden konnb. - - P aj s d e r ski ~) berichtete fiber die Erfahrungen in der Greifswalder Augenklinik und empfahl es als wirksames Klarungsmitbl bei Pannus serophulosus und Macnla corneae, warnte vor seinem Ge- branch bei iritischer R e i z u n g . - Im Anschluss an ein Referat fiber den Jahresbericht der Pflager'schen Augen- klinik theilte Emmer t t t ) kurz seine vorzfigliche Wirkung in einem Fall yon Conjunctivitis crouposa mit, ferner bei nissendem Haubczem.

*) Hayes, On Jodoform in eye diseases reed. Times and Gaz. II. p. 193 lind Brit. meal. Journ. d. 17. August, referirt in Hirsehberg's Centralblatt f. Augenheilk. 1878, Septbrhft.

**) Rav~. Ann. di Ott. 1878 Fasc. IV. p. 485--502, ref. iu ~irschberg's CentratbL 1879, ~[~rzheft.

***) cfr. I{irschberg's Centralblatt f. 1882, Januarheft S. 31. t) Pajsderski, Jodoform in der Augenheflkunde. Inauff.-

Dissert. in GreifswaId -- reL in Hirsehberg's Centralblatt, ~Iirz- heft S. 93.

t t ) cfr. Hirschberg's CentralbI. 1882, Juniheft S. 192.

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Grossmann*) sah nut gute Erfolge bei Augen- krankheiten, welche mit starker eitriger Absonderung ver- bunden waren, namentlich bei gonorrhoischer Ophthalmie, sowie bei drei Kranken mit ttypopyonkeratitis. P r i e s t l e y Smith**) bekr~tftigte diese Erfahrungen uncl beriehtete ~ber die g~lnstige Wirkung au~h bei anderen purulenten Con]unctivitisformen, besonders bei Ophthalmia neonatorum, we er es auf die ectropionnirten Bindeh~ute streute. Fast unglaublieh klingt eine Mittheilung Dujardin ' s ***), der einen Fall yon Blennorrho% in welehem, wie erwartet (!) dutch Cauterisation mit 2 pCt. HSllensteinlSsung eine Ver- sehlimmerung h e r b e i g e f a h r t war, durch Einblasen yon Jodoform auf die Lidbindehaut naeh 8 Tagen geheilt enflassen konnte. Ueber drei ebenfalls gtins~ig verlaufene F~lle yon eitriger Ophthalmie berichtete schliesslich Mac o u oh ie. -~) - - Diesen ganstigen Erfahrungen bei b]en- norrhoischen l~roeessen diametral entgegen steht ein Bericht L a n g e ' s t t ) aus der Petersburger Augenheilanstalt, der bei denselben Jas Jodoform vollst~ndig verwirft, ja darer warnt, weil es geradezu gef~hrlich wirke, indem es die Granulati0nsbildung auf der Conjunetiva un~ somit auch die Etablirung der verschiedensten Cornealaffeetionen be- ganstige.

D e u t s e h m a n n t t t ) , der die sorgffiltigen Beobaeh-

*) Grossmann, Jodoferm in Ophthalmolog. practice. The ophthalm. Review, April t889.

**) Priestley Smith, A case of gonorrhoeal, ophthalm, etc. The ophthalm. Review, ~[ai 1882.

***) Dujardin in The ophthalm. Reviews Septbr. 1882. t) ~acouchie, Trois cas d'ophthalmie purulente etc. The

ophthalm. Review, No. 10 p. 271. ~t) Lange, Jodoform bei Blennorrheea neonat, etc. Petersb.

medic. Wochenschr. 1882 S. 82, ref. in Hirschb. Centralblatt fiir Augenheilkunde, Juliheft S. 224.

~--~-) Doutsehmann, Einige Erfahrungen fiber die Verwen- dung des Jodoforms etc. Arch. f. Ophthalmotogie Bd. XXVIIL Heft 1 S. 214.

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tungen aus der Leber'schen Klinik mittheilte, empfahl das Jodoform zunachst bei allen zufalligea and arteficiellen Verletzungen, so nach Tenotomieen, Enacleationen, Iridec- tomieen, ferner bei den verschiedenen Formen yon Uleus corneae, namentlich bei Uleus corneae serpens. Bei einer Vergleichsstatistik mit fraheren, unter antiseptischen Caa- telen und mit Querspaltung behandelten Fi~lten yon Utcus serpens ergab sich hi, milch, dass bei 41 Kranken unter Anwendung des Jodoformis 3, fraher 7 Totalverluste vor- kamen, dass in den 38 geheilten F~llen jetzt nur 8mal ein operativer Eingriff, bestehend in Querspal~ung des Ulcus nae.h Siimisch resp. Punction der Cornea zar Ent- leerung des Eiters erforderlich war, wahrend fraher 22real bei 34 Kranken eine jener Operationen ausgefahr~ werden musste.

Nach dieser Betrachtung l~sst sich ein entschieden ganstiger Einfluss bei dieser septischen Cornealaffection nicht yon der Hand weisen. Indessen bewahr~e es nieht in allen Fi~llen seine Heilkraft, namentlieh wean der Process bereits zu welt vorgeschritten war; dann hi~tte aber sicher auch die so gtlastig wirkende Querspaltung den Yerlust des Auges nicht aufhalten k~nnen. D e u t s c h m a a n sah keinen Ertblg bei einfaehen Conjunctivalkatarrhen, blennorrhoischen rroeessen, Phlykt~inen, Granulationen, Episkleritis, Herpes corneae, im Aligemeinen aach bei phlykt~nularem Pannus.

Schenkl*) schloss sieh den gtinstigen Erfahrungen fiber das Jodoform bei Uleus serpens an, fand das Mittel ausserdem abet noch sehr werthvotl bei Chalazion, Pannus phlyktfinulosus, Thri~nensackleiden; unwirksam war es bei Trachom nnd Keratitis interstitialis, ferner bei Blel)haritis nnd Phlyktanen.

*) S c h e n k l in ~2rager medic. Wochenscl~-ift Jahrgang VII. ~o. 38. 39. 4D.

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F i sche r* ) empfahl es bei Pannus scrophulosus und trachomatosus, bei Thr~nensackerkrankungen und als Anti- septicum naeh Operationen; in alien andern Versuehsreihen leistete es ihm entweder niehts mehr als die altgemein ~iblichen Behandlungsmethoden, oder wie bei Blennorrhoo und Traehom entschieden weniger.

In manchen Publieafionen finden sich unganstige Nebenwirkungen geschftdert; so berichte~e Carl bei dem Ophthalmologeneongress •ber Abseessehen in tier Cort- junotiva der Lider, die nach Anssetzung des Mittels schwanden und vermuthlieh dutch den Reiz gr0berer Kry- stalle hervorgerufen waren. D e u t s c h m a n n sah einige Male einen der Atropin-Conjnne~ivitis ~hnliehen Zustand. Hi rschberg**) ~hrte eine pl0tzliche hochg~adige cen- trale Amblyopie mit Seotoma eentrale bei einem naeh ttaftgelenksreseetion lange Zei~ t6ndurch mit Jodoform- verband behandelten Kind auf die Einwirkung des im Ueberschuss angewendeten Mittels zurack, weil nach dem Wechsel des Yerbandmaterials die SehstSrungen schnell zurackgingen.

Im Anschluss an diese Uebersicht tier bisherigen, sieh zum Thoil widersprechenden Mittheilungen fiber ~tie Wir- kung des Jodoforms bei Angenkrankheiten will ieh die Erfahrungen bekannt geben, die ieh seit Mai v. J. an dem sehr reichhaltigen po]iklinischen Material der Universit~it, s- Augenklinik zu machen Gelegenheit hatte. Ueber einen Theft dersdben, tier zu einer Dissertation verwerthe~ wurde, berichtete ich bereits in Kiirze in einer Si~ung des hiesigen Vereins far wissensehaftliche Heilkunde. Es erscheint mir um so gebotener nach Zusammenstellung a]ler Berichte und Vergleichung dersetben unter einander und mit meinen Beobaehtungen die Indieationen ~ r dies

*) Fischer in ]~Iitthefl. des Vereins tier Aerzto in Steier- mark. 18. Yereinsjahr 1881. Graz 1882.

**) err. Hirschbergs Centralblatt Jahrg. 1882, ~[iirzheft S. 93.

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Mittel endgiltig festzustellen, da es dutch seine Anpreisung bei fast allen Krankheitsformen des vordern AugapfeN abschnit~s, sowie der Schntz- und Thr~nenapparate leicht far eiu Universalmittel gehalten werden and dadurch ia Misscredit kommen k6nnte, obwohl es sich f~r eine ge- wisse Gruppe yon Erl~rankungen des Auges als ein wirk- ]ich unsch~tzbares Heilmittel erwiesen hat und verdient best~udig dem ]~[edikamentenschatz der Ophthalmologea einverleibt zu werden.

Gerade als im v. J. die warmen Empfehlungen unseres Mittels dutch Grossmann und P r i e s t l e y Smith bei blennorrhoischen Ophthalmieen auf Basis einer Infection mit gonorrhoischem Secret in dem April- resp. Maihef~ des 0phth. Rev. erschienen, l~gen in unserer Augenklinik zu gleieher Zeit 3 Kranke, welehe beiderseits kurze Zeit hinter einander yon schwerer gonorrhoiseher Blennorrhoe befallen waren. Auf dem zuerst erkrankten Auge war bereits bei der Aufnahme eine Cornealaffection in der Entwickelung, auf dem andern Auge bildete sich eine solche w~hrend unserer Behandlung aus. Da die Sohwellung der Conjunctiva and die Secretion sehr hochgradig war [der Eiter quell aus den zugeschwollenen Lidern in reich- licher Menge hervor, wenn man dieselben auseinander zog], so wurde mit Rticksicht auf die enorm ganstigen Beriehte der englisehen Autoren Jodoform angewendet; doch nur einen Tag konnten wir uns zu dem Gebrauch des Mittds en~- sehliessen, weil die Schwellung der Lider und Conjunctiva sowie die Secretion dabei so zunahmen, dass der frfiher nut im Conjunctivalsack angesammelte Eiter aueh dutch die Lidspalte spontan hervorquoll, so d~ss die far alle 3 Kranken *) engagirte Hilfswarterin mit der Reinigung

*) Eine willige und pflichtgetreue W~rterin geniigt bereits auch ffir mehrere blennorrhoische Kranke, sie muss schliesslich ausreichen, d~ unsere europ~ischen, speciell deutschen Augen-

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der Augeu nicht gerathea konnte, weil ausserdem aber auch das Aussehen der Augen selbst trotz des Jodoforms, alas dick aufgepudei~ war, sich sehr wesentlich ver- schteehtert, das Uleus fast die ganze Cornea des einen Butbus zerstSrte und auf dem 2. Auge sich ebenfalls eine Cornealaffection ausgebildet hat~e. Wir gingen nun wieder zu der sonst stets yon HelTn Professor Ja e o bs on befolgten alten Graefe'sehen Vorschrift der Anwendung eines Argent. nitr. mite-S~iftes mit Scarificationen der Conjunctiva und permanenten Eisumsehliigen fiber, and es liess sieh unter dieser Behandlung wenigstens das zweite ebenfalls sehr gefihrdete Ange so welt retten, class 2 Kranke mit einem Leucoma adhi~rens geheilt win'den und dutch eine Iridee- tomie wiedel" ertri~gliches Sehverm(igen erhieiten. Der dritte Patient, welcher nachher viele Wochen hindurch mit Touchiren, Scarificationen und Eisumsehliigen behandelt warde, konnte sehliesslich leider nut mit sehr unganstigem Erfolge die Klinik verlassen; auf dem einen Auge war nach Perforation der Cornea Phthisis anterior, auf dem andern geringe Aplanatio corneae eingetreten, die ]~Iorn- hiute aber so getriibt und so dieh~ vascularisirt, class uns jede MOglichkeit, dem Kranken noch einmal Visus zu ver- sehaffen, benommen erschien; es war zwar wiederhol~ Peri- *omie gemaeht, abet aueh hierdureh liess sieh keine Rack- bildung tier Vascularisation lind Atffhellung der Cornea erzielen. Spiter trat dann noch dutch die h*arben - schrumpfnng tier Conjunctiva Ectropium am obern und untern Lide ein. 5Tach Beseitigung dieser Complication hat sich nun weiterhin unter mehrmals am Tage app]icirten kalten Umschligen die Yascularisation der ttornhaat ganz zurtlckgebildet and die Trabung so aufgehellt, class Patient jetzt wieder sehen kann and nach einiger Zeit dutch eine

kliniken nicht so reich ausgestattet sind, class wie bei Knaplo in iNew-York fiir jeden Kranken zwei Wi~rterinnen gehalten werden k~nnen.

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Iridectomie sicher noch eine weitere Aufbesserung seines Visus erfahren wird. Vielleicht batten wir uueh bei unsern beiden anderen Kranken dutch die Therapie noch etwas mehr erzielt, namentlieh uuf dem zuerst affioirten Auge die AnsbiIdung eines Staphyloms mit nachfolgender Enu- eleation nmgehen k0nnen, wenn wir statt des Jodoform die alte fraher bewahrte Therapie von vornherein energisch befolgt batten; denn 1 Tag Zeitverhst lasst sigh in so verzweifelten Fallen bekanntlich nie wieder einholen, zu- real wenn es nicht gelungen ist, dnrch die eingeschIagene Behandlung sofbrt die in der Ausbildung begriffene Corneal- affection aufzuhalten crier zu begrenzen.

Auch bei Blennorrhoea neonatorum hube ich Jodoform in den Conjunctivalsack resp. uuf die ectropionnirten Lider in rein gepulvertem Zustand aufgestreut, aber keinen Vorzug vor der Argentumbehandtung mR Scal'ifieationen und nach- fo]genden Eisumsch]agen gesehen, letztere vielmehr hie daneben entbehren kSnnen und hierdureh keine wesentliche Vereinfachung resp. Erleichterung und ¥erMirznng in der Behandlung verspart, die allein die Veranlassung butte abgeben kSnnen, eine bisher fast immer yon gutem Erfolge gekr~nte, atlerdings etwas umstandlichere Therapie zu verlussen. Ieh wt~rde hiernaeh im Einklange mit den Beobachtungen yon Lunge, D e u t s c h m a n n nnd F i sche r das Jodoform bei Blennorrhoea conjunctivae neonatorum et adultorum nicht f~ir indicirt halten, vielmehr stets allein dem bei uns bisher gebr~uchlichen Verfahren des Touchireus mit Argentnm nitricum, tier Scarifieationen nnd Eisnmschlage nnter peinlichster Reinhaltung und Aussp~ilung des Conjunctivalsaeks: mit oder ohne des- inficirende Wasser das Weft reden.

Was nun das Traehom und den dabei in schwereren Fallen selten fehlenden Pannns granulosus anlangt, so kann ich hierbei im Allgemeinen auch keine zu gtinst~gen Resultate verzeiehnen. In einzelnen t~llen sah ich wohl

v. Graefe's Archly ffir Ophthalmologie, XXIX. 1. 20

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einen Rfickgang der Vascularisation, eiae Aufhellung der Hornhaut~rabung, besonders eine volts~indige Beseitigung tier Schmerzen; dann handelte es sieh aber immer um ganz acute Schabe des Pannus, gegen eine veraltete Cornealaffection erwies es sich gew~hnlich nutzlos - - es steigerte vielmehr fast regelm~ssig die Reizerseheinungea und Secretion. Auch in vielen F~llea yon acutem Pannus musste ich nach einmaliger Inspersion yon weiterem Ge- branch des Mittels Abstand nehmen und zu Adstringentien mit Eisumschl~tgen greifen, nm einer Verschlimmerung des Zustandes entgegenzuarbeiten, lnteressant war es, dass bei einzelnen Kranken mR gleich intensiver Entzfindung beider Augen auf dem einen das Jodoform sich gaustig erwies, w~hreud es yon dem andern nicht vertragen wurde - - worin dieser Unterschied der Wirkung bei dem- selben Individuum lag, vermochte ich nicht zu ent- scheiden. Wenn das Jodoform bei Pannus granulosus wirksam ist, l~tsst sich tier Erfolg gleich nach tier ersten Einst~ubung constatiren, man hat nnr im gegebenen Fall keine Handhabe im Exterieur des befallenen Auges, um zu entscheiden, ob man einen geeigneten Kranken vor steh hat, und ist eigentlich nur auf den Versueh angewiesen. Da sich bisweflen bei den g~instig verlaufenden Fgllen gegen Abend etwas R6thung nnd Brennen in dem Auge einstellte, liess ieh dann ungefahr 1/2 Stunde hindurch kalte Umschl~ge machen, konnte dieselben abet in der Regel entbehren und das Auge naeh der'Inspersion durch einen Druckverband ruhig stellen. Waren Reizerscheinungen yon Seiten der Iris vorhanden, so wurde das Auge zuvor in allen F~llen atropinisirt. Ieh begniige reich mit der Angabe dieser Daten, will jedoch noch hervorheben, dass ich in dem einen oder andern Falte, mit einmaliger Ein- st~ubung yon Jodoform versuche, in der Regel aber bei Pannus granulosus keinen giinstigen Erfolg gesehen babe. - - Auf die Granulationen selbst wirkt es nach meinen zahl-

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reichen Beobach ~ungen, die mit denen yon D eut s c h m a n n, Schenkl , F i sche r - - iibereinstimmen, nicht ganstig ein: ich bedaure, dass ich hierin einem so erfahrenen Kliniker, wie Horne t , nicht beistimmen kann.

Ich mtichte hieran noch einige Bemerkungen anknt~pfen fiber das kfirzlich yon W e c k e r * ) mit so grossem Beifall befarwortete neueste Mittel gegen Granulationen, ich meine dis in Brasilien als Volksmittel gebr~tuchlichen Grains de Jequirity. Da wir unser Krankenmaterial aus einem Land- strich bekommen, der reich gesegnet ist mit den schlimm- sten Formen dieser gelegentlich so hartn~ckig allen thera- peutlschen Eingriffen widerstehenden Ophthalmie, begriisstea wir die ganstigen Berichte Wecker's mit Freuden, wenn- gleicb wir das Mittel mit einigem Argwohn ansahen, da es nach des Autors Angabe in seinem IIeimathslande fast als ein Universalmittel gelten soil -- Es wurde in Paris aus einer der yon Wecke r angegebenen Quellen bezogen, ein Infus nach den Vorscbriften seines Entdeckers gemacht nnd 3mal t~glich in den Conjunctivalsack eingepinselt. Dis erste yon. Wecker angegebene Dosis erzeugte kaum eine Spur yon Eiterung oder Lidschwellung, wie sie nach Wecker der 9. Aufstreichung auf die Conjunetiva folgen soil, und eine doppelh so starke Dosis hatte nur den Er- folg, dass sin mfissiger Grad yon Eiterung and eine ge- ringe Lidschwellung bei den yon uns als Versuehsobjecten angewendeten Kranken eintrat, dass aber die Granulationen and der Pannus noch nach 15 Tagen in fr~berer Ueppig- keit und Schwere bestanden, keine Sptlr einer AufheUung tier Hornhauttrabung bemerkbar war, der Angabe tier Pa~ieuten naeh vielmehr die Trabung des ¥isus zuge- nommen hatte, so dass also nur eine Versehleppung der Cur zu Ungunsten tier Kr~nken, abet kein Erfolg herbei-

*) L. v. Weeker in den Annales d'Oculistique, JahI'g. 1882; Zehender's klinische ~¢[on~tsbl~tter, Jahrg. 1882 and Revue d'Ocu- listique, Jahrg. 1882.

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gefahrt war. Wir werden jedenfalls nie wieder unsere Zuflucht zu diesem in seiner Wirkung so unzuverlissigen Mittel nehmen.

Was die fibrigen Augenaffectionen anlang~, bei denel~ ich Jodoform versuehb, so geschah dies bei Conjunctivitis phlyetinulosa, Pannus scrophnlosus, bllschelf0rmiger und diffuser parenchymatSser Keratit.is, bei Infil~raten und Episderitis. In keinem tier genannbn Fille konnte ich indessen eine ganstige Einwirkung verzeichnen, anch das bei Kindern die genannbn Affectionen hiufig begleibnde Lideczem blieb nnbeeinflusst, so dass ich das Jodoform naeh mehrmaligem Gebrauch in jedem E]nzelfall for~liess und die sonst gebriuchlbhe Therapie einschlug.

Auffallend gute Erfo]ge bekam ich aber bei der Be= handtung tier Hornhautgeschware~ hier verdient es bei deu verschiedenen Formen yon Ulcerationen entsehieden den Vorzug vor den frgheren Mitteln. Sowohl bei dem nich~ entzfindlichen, wie dem entz~ndlichen Uleus, speciell dem Ulcus serpens, hatte ich aberraschend gute Resultate, die ich nnn etwas eingehender schildern m~chte. Meine bis- herigen Erfahrungen yore 1. Mai 1882 his ]~tte Jan. d.J . beziehen sich auf 90 Hornhautgesehwtlre, darunter waren vier nicht entzttndliche sog. abnische Ulcera bei ganz kleinen atrolohischen Kindern, wo fast die ganze Hornhaut ergriffen war und der Process sich his in die tiefsbn Parenchymschichten ausgedehnt hatte, jeden Augenblick die Perforation des Geschw~sgrnndes befarchte~ werden musste. In wenigen Tagen stiessen sieh die gelblichen Massen yore Grund lind Rand tier Gesehware unter Jodo- form und Druekverband ab, und in h0ehstens 14 Tagen war das Gesehwttr ohne Perforation vernarbt.

Ebenso ggnstig waren die Resuttate bei getegentlich recht ansgedehnbn und tier greifenden einfachen entzand- lichen Gesehwaren, die bei 50 Xranken zur Beobaehtung kamen und durehweg in sehr kurzer Zeit geheilt entlassen

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~verden konnten. Die Annehmlichkeit dieser Behandlung besteht namenflich in ihrer Einfachheit flit die Kranken, die doch nut ganz unregelmassig die warmen Umschl~ge machen. R@ckenlage war nut selten erforderlich, die Reiz- ersoheinungen gingen schndl zurtick, der Process begrenzte sich ebenso rasoh und in wenigen Tagen war die Rage- neration eingeleitet, mit deren Beginn nach Deutschmann's Vorgange dos Jodoform fortgeIassen wurde. We sehr starke Irishyper~mie bestand, wurde vor dem Einskreuen des feinen Pulvers Atropin angewendet. Ausw~rtige Kranke, wetche sich nicht t~g]ich ambulatorisch vorstellen konnten, wurden mit einer Jodoformsalbe (1:10 Vaseline) nach House geschickt, yon tier sie sich einmal t~glich ein- pinseln mussten.

Seine therapeutisehen Triumphe feierte dos Mittel bei dem so hartn~ckigen Ulcus serpens, welches 36real zur Behandlung kam. In 17 Ffillen bestand gleiehzeitig eine hochgradige Dacryocystoblennorrhoe mit Verengerung der Thr~nenwege, in einem Fall starke Eiterung yon der Conjunctiva palpebrarum bei veralteten Oranulationen; in 18 F~llen war kein infeetiSses Secret yon den Lidem oder Thr~tnenwegen nachweisbar. ]5real war dos Ulous zur Ausbildung gekommen im Anschluss an eine Ver- letzung, bei vier dieser Kranken war keine Complication yon Seiten der Thr~nenwege oder tier Conjunctiva vor- handen. In drei F~llen musste die Querspaltung des Ge- schw~rsgrundes nach Samiseh ausgeftlhrt werden, bei zwei derartig behandelten Kranken ergriff der Process trotz der Querspaltung und der Jodofo~nbehandlung die ganze Cornea; es entstand schliesslieh unter heftigen Schmerzen bei and~uernder Rackenlage und Dmckverband ein Staphylom, welches sich so rapide vergrOsserte, dass die Enucleation inclicirt war. Bei den ttbrigen 34 Kranken erzieIte ich 32real mit der Jodoformbehandlung allein ttberraschend ganstige Resultate, welche sich denen yon

alO

"Grossmann, Deu t sehmann und Schenkl ebenbttrtig an die SeRe stdlten. Die beiden ungtlnstigen Ausg~nge mit Enucleation nach Querspaltung kamen bet Kranken zur Beobaehtung, welehe ia h6chst vernaehliissigtem Zu- stand die Hilfe tier Klinik nachsuchten: die Cornea war bereRs bis iiber die Halite in den gesehwtlrigen Process aufgegangen, nur die ~iefsten 8chichten standen noch, waren aber ganz eitrig infiltrirt und so verdtlnnt, dass eine spontane Perforation unvermeidlich erschien; die vordere Kammer zeigte sich bis zur Hi~lfte mit dickem Eiter erffillt. Als nach mehrmaligem Einstreuen yon Jodoform der dicht getrtlbte Gesehw/irsgrund sich nieht aufhdtte, das Ulcus Neigung zur Progression zeigte und die Eiterbfldung in der vordern Kammer zunahm, wurde der Gesehwtirsgrund quergespalten, darnach wetter Jodoform in den Conjunctivalsaek eingestreut, ein beidersdtiger Druckverband appticirt und an den folgenden Tagen die Wunde bet vorhandenem Hypopyon wieder er(iffnet. In beiden Fallen hielt weder die Querspaltung noch das Jodoform den totalen Vertust des Auges auf; es kann uns das auch nicht wetter abe r r a sehen - es giebt eben wie ~)n v. H i p p e l *) und D e u t s c h m a n n bereits betont und andere Autoren sicherlich auch beobachtet haben, Formen des Ulcus serpens, die allen Mitteln widerstehen, aueh dutch die bisher aberall eingeffihrte Querspaltung nach dem Be- riehte ihres Entdeckers und anderer Ophthalmologen bis- weilen nieht am Fortschreiten auf~ehalten werden k~innen, bis die ganze Cornea geschwfirig degenerirt ist und sich Phthisis anterior ausbildet oder gar nieht selten ein Totalstaphylom, das unter den st~irksten 8chmerzen wachst und sehliesshch die Enudeation erfordert. Ich bin weir entfernt die gute Wirkung der Querspaltung in ein schleehtes

*) err. v. Hippel, Berieht fiber die ophthalm. Universiti~ts- :Klinik etc. Ferd. Enke 1881.

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Licht zu setzen oder gar zu leugnen; ich sah yon ihr in vielen sehr schweren Fallen in Giessen noch einen Erfolg, der unter dem Gebrauch des Ferrum candeus oder bei warmen Umschlagen mit reinem Wasser oder desinficirenden L(isungen nicht erreicht worden wire; doeh hat dieser operative Eingriff, so leicht und ungefahrlieh er an sich ist, doch weiterhin so manche Uebelstande, besonders auch wenn er bei nicht umfangreichen, friih in Behandlung ge- kommenen Geschwfiren nach Samisch's Vorschrift gleieh yon vornherein unternommen ward, dass es nur Jedermann erwfinseht sein kann, wenn ein Mittel gefunden ward, welches diese Uebelstande vermeidet und die Operation nnr f~r die verzweifeltsten Falle verspart, welches den Process sehr schnell zum Stillstand nnd zur tteilung bringt und das erkrankte Auge in zum mindesten ebenso grosser Procentzahl vor der vollstandigen Zerst~rung schiitzt. - - Die Uebelstinde der Querspaltung sand kurz folgende: Znnaehst ward zu der dutch alas Geschwar selbst bedingbn Narbe eine neue gesetzt; die dutch dieselbe herbeige~bxte lineare Trabung sah ich trotz tier gegen- theiligen Angabe Samisch's im weitern Verlauf hie so welt schwinden, dass sic nicht anch noch ihrerseits im Stande gewesen wire, die durch die Geschwiirsnarbe herabgesetzte Sehkraft noeh mehr zu beeintrachtigen. Ausserdem sand nach tier Verheilung die Brechnngsverhattnisse der Cornea in vielen Fallen dutch die ungleiehmassige Vernarbung der Querspaltungswunde so wesentlich verschlechtert, dass dadureh selbst bei noch so dlinner Triibung eine bedeutende St(Irnng des Sehverm(~gens verursacht ward. Die hiufige vorschriftsmassige WiedererOffnang der Wunde verursacht ferner in tier Mehrzahl dei" Fille eine Einlagerung der Iris entweder mat dem Pupillarthefie oder in ihrer ganzen Ansdehnung; im gilnstigsten Falle entwickelt sich ein Leucoma adharens, welches zur Vermeidung seiner gefahr- lichen Folgezustande eine Iridectomie erforderlich macht,

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in weniger ganstigen Fallen abet bildet sich ein S~,aphylom aus, das wie auch in unsern Fii]len so heftige Schmerzen verursacht, class das Auge enucleirt werden muss. Schliess- lich entwickelt sieh nicht selten eine Cataract durch den langeren Contact der Liuse mit der Geschwtirsflache infolge der Aufhebung der vordern Kammer. - - Alle diese Uebei- stande werden dutch die Jodoformbehandlung vermieden. Zunachst ist mir anfgefallen, dass die Narbe namentlieh bei in der Entstehung begriffenem, fri]hzeitig behandettem Uleus serpens erheblich kleiner und durchsichtiger wird, als ich es je unter einer anderen Therapie gesehen babe; in einzelnen Fallen ]iess sich selbst bei sei~licher Beleuch- tung kaum nur ein matter ]~Iauch an Stelle des Geschwth's enMecken. Dann bleibt die WSlbung der Cornea unver- iindert und hierdurch ihr Brechungsverh~ltniss unbeeinflusst. Eine Iridectomie l~ss~ sich, wenn die Krankeu in einem frahen Stadium in die Behandlung kommen, meist um- gehen. Schtiesslieh wird die Ausbildung eines Leucoma adhlirens oder gar eines Staphyloms, das ich auch bei frisehen, nicht zu schweren Fi~llen yon Ulcus serpens bei frahzeitiger Querspaltung mehrfaeh zu Stande kommen sah, wie aus dem Jahresberieht der Giessener Klinik er- sich~lieh ist, vollstandig vermeiden, es sei denn, dass der Process bereits die Cornea fast vo]lst~ndig ergriffen und so hoehgradig verdfinnt hat, dass auf ~dle Fiille die Eat- stehung eines Staphyloms, der Totalverlust des Auges nieht zu verhindern ist. Die Ausbildung einer Cataract babe ich bei der Jodoformbehandiung hie beobachtet, nut bei einem Kranken trtlbte sieh sp~ter die Linse; bei dem- selben war fast die ganze Cornea yon dem Gesehwar er- griffen und tier Grund so verd~innt., dass gleich bei tier ersten poliklinischen Vorstellung durch einen starken Kniff mif den Lidern eine Perforation eintrat und alas Kammer- wasser abfloss. Hier en~stand trotz des Druckverbandes and E~ckenlage eine Verwachsung der Iris and eines

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Theils der Linsenkapsel mit dem Gesohwargrnnde an der Perforationsstelte. Der Process begrenzte sich sofort bet der Jodoformbehaudtung, das. Gesehwar reinigte sich und heilte in ohngei~hr 4 Wochen; nach ether normal ver- laufenen Iridectomie wurde Patient entlassen. Schon da- mals Hess sieh eine Linsentrabung naehweisen, die stetig zunahm, nach einigen Monaten war die Cataract matur. Ob bet dem bejahrtea Kranken nicht bereits vor der Ope- ration der Anfang zu ether Staarbildung bestanden, liess sich nieht entscheiden, da das Geschwtir wie gew(~hnlieh central lag und die Trlibung so intensiv war, dass der Einbliek in das Inhere des Augapfels vollstlindig unmSg- Itch war. Sicherlich butte abet auch bier der li~ngere Contact der Linse mit dem Gesehwiirsgrunde and die schliessliche Yerwaehsung die Reifung der Cataract be- schleunigt.

Es warde reich zu welt fahren, wenn ich die Kranken- gesehichten ausfilhrlich wiedergeben wollte; ich beschranke reich auf die Beschreibnng der allgemeinen Grundzage. Das feine Pulver und die Jodoformsalbe erwiesen sich gleich gfinstig; in den F'~llen, in welcheu das Pulver ein unangenehmes Reibegeftlhl unter dem Lide erzeugte, wurde die Salbe eingestrichen, sonst dem Pulver der Vorzug ein- geriiumt. Wenn Synechien des Pupi]lenrandes mit der Linsenkapsel bestanden, ]lessen sich dieselben gew0hnIieh durch Atropin beseitigen. Die leiehteren Falle wurden ambulant behandelt, und hie~in liegt auch ein wesentlicher Vortheil tier Jodofbrmbehandlung, da das grSsste Contin- gent dieser Fa.lle yon der arbeitenden Classe geSefert wird; nut bet den sehwersten Kranken, bet denen die Cornea zum gr(/ssten Theit ergriffen war, musste Bettlage verordnet w e r d e n . - Alle Patienten gaben itberein- stimmend an, dass tier hef~ige Ciliarschmerz, der sie ge- wOhnlich veranlasste in die Klinik zu kommen, gleich nach

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der ersten Inspersion sieh erheblich verringert, wenn nicht vollstfindig verloren h~tte.

Neben der an~sthesirenden Wirkung liess sich schnell eine Abnahme der sonstigen Reizerscheinungeu - - Thr~nen, Lichtscheu, Injection und Chemose der Conjunctiva bulb[ constatiren. Der ulcer~se Process begrenzte sich gew~hn- lich in den ersten Tagen gleich nach der ersten Ein- st~ubung, der Grund und Rand des Geschwars reinigte sich, die Trabung in der Umgebung schwand, ein etwa voi'handenes~ gelegentlich recht umfangreiches .ttypopyon wurde bald resorbir~, und die Regeneration machte schnelle Fortschritte. Mit ihrem Eintritt wurde die Jodoform- behandlung ausgesetzt und ein einfacher Druckverbm~d applicirt, unter dem die He[lung me[st in kurzer Zeit sich vollendete; im Nothfall wurde zur Beschleunigung der Ver- narbung ein Reizmittet wie die gelbe Salbe angewendet. Die complicirenden Erkrankungen der Thr~nenwege wurden nebenbei nach Spaltung der Tbr~nenrShrchen durch Son- dirung behandelt. Die zurfickgebliebene Trfibung der Horn- haut hellte sieh gelegentlich noch unter Eintr~ufelung einer JodkaliumlSsung erbeblieh auf.

Nur be[ zwei sehr weir vorgesehrittenen Geschw~lren konnte ich yon dem 3odoform keinen Erfolg verzeichnen; be[ dem einen Kranken begrenzte sich der Process zwar, doch regenerirte sieh das Geschwfir nicht, selbst eine nach Graefe's Vorschrift ftir derartige F~lle empfohlene Iridee- tomie beschleunigte den tteilungsvorgang nicht, ers~ hack Punction des verd~inn~en, ia Form einer Keratoeele vor- gebuekelten Geschw~irgmmds ffill~e sieh derselbe vollst~ndig. In einem anderu Fall mit gleichzeitiger intensiven DacD~o - cystoblennorrhoe, tier sich noch in Behandtung befindet, dehnte sieh das Gesehwtir abet die gauze Cornea aus; voraussichtlich wird das Sehlussresultat eine Aplanatio corneae sein.

Ich will nicht zu erwahnen vergessen, dass ich be[

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einzelnen Kranken mit spontaner Perforation eines Thr~nen- sackabscesses dutch Einffihrung yon St~bchen aus Jodoform und Cacaobutter in die Fistel oder nach Excision des Thri~nensacks in die Wunde eine Beschleunigung der Hei- lung beobaehtet babe.

Ferner sah ich zuf~llige Verletzungen der Hornhaut und Conjunetiva sehr schnell unter Jodoform heilen; ieh mSchte mit D e u t s c h m a n n besonders nach Entfernung der FremdkOrper aus der Cornea etwas Jodoform in den Conjunctivalsack einzustreuen rathen, da man nicht weiss, ob dieselben nieh~ septisch inficirend wirken. In einzelnen F~itlen hatte ich zuf~illig die Application des Jodoforms vergessen; am nachsten Tage ' war die tIornhaut gelb in- filtrirt, einige Male aneh schon ein ttypopyon vorhanden - - da keine Daeryoeystoblennorrhoe oder Eiterung an der Conjunctiva bestand, musste ich eine Infection dutch den Fremdk~rper annehmen. Bei nunmehrigem Gebrauch des Jodoforms trat schnelIe Heilung e i n . - Dass es bei Augenaffectionen eine antiseptische Wirkung hat, ersah ich aus 2 Fi~llen, die mit perforirtem Hornhautgesehwiir und grossem Glask~rperprolaps in die Poliklinik kamen. Die eine Kranke hatte Ectropium des unteren Lides, dicke Granulationen nnd hochgradige dfinnflassige Eitersecretion, die andere Daeryoeystoblennorrhoe. Wie leieht sich der Glask~rper bei vorhandenem septisehen Secret inficirt, ist jedem Operateur bei Staarextractionen bekannt. In beiden Fiillen blieb trotz der Secretion eine Infection aus; es entstand Aplanatio corneae resp. Phthisis anterior. Aueh bei operativen Wunden der Conjunctiva, z. B. nach Ptery- giumoperationen, Enucleationen, die wit selbst bei berei~s beginnendev Panophthalmitis ausfahren, win'de stets Jodo- form eingestreut und eine sehnelle und giinstige Heilung tier Wunde erziett.

Wenn ich hiernach die Indicationen ffir das Jodoform kurz reproduciren solI, so empfiehlt es sich:

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1. Bei allen uleerSsen Proeessen der Hornhaut, namentlieh beim Uleus serpens. Natarlich ist die Wir- kung um so schneller und g(ins~iger, je fraher der Fall zur Behandlung kommt; aber auch schwere Formen heilen unter Anwendung des Jodoforms aberrasohend gut. Dannfliissige ttypopyen resorbiren sioh unter dem Druckverband yon selbst, auch wenn sie einen grossen Umfang erreichen. Alte eingedickte Eitermassen k0nnen, wenn man die Uebel- st~nde der Querspaltung vermeiden will, vielleicht besser duroh Punction des verdannten Geschwarsgrundes, die bei Chloroformnarcose keine Gefahren involvir~, entfernt werden; in diesen F~llen geling~ eine vollst~ndige Entleerung des Hypopyons aber gew0hnlich allein dutch die Querspaltung, die flit die allersohwersten ~ormen der Gesehw(ire, in denen Jodoform seine Heilkraft versag~, stets anfgespart bleibt. Complicationen der Iris geben keine Contraindicatioa far unser Mittel ab.

2. Bei allen oberfl~ehlichen und tiefen, zufiilligen and arteflciellen Verletzungen der Conjunetiva und Cornea, ebenso bei Scleralwnnden als Antiseptieum.

Bei allen anderen Affectionen des vordern Augapfel- abschnitts leistet es gegenfiber dell sons~ ablichen Be- handlungs-Methoden entschieden weniger. UngOnstige Nebenwirknngen habe ieh nut selten beobachtet; bei ein- zelnen Kranken, die kein Uleus corneae hat~en, nicht an Granulationen ]itten, sah ieh die Bildung eigenthf~mlieher, sulziger, granulations~thnlicher Wucherungen der Conjune- tiva bulbi, die sich sp~erhin nach dem Aussetzen des Jodoforms zurackbildeten, hochst selten eine der Atropin- conjunctivitis ~hnliehe Affection mit R0thung und Sehwellung tier Lidhaut; ein anderer Kranker, der nach der Einleitung tier Regeneration eines Ulcus sich tier poliklinisehen Be- handlung entzogen und, well ihm Jodoformsalbe so gute Dienste geleistet, dieselbe ohne ~rzttiche Ueberwaehung weiter gebraucht hatte, stellte sich nach einiger Zeit mit

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einer dichten ¥ascularisation der ganzea Cornea und einer eigenthlimlichen Chemose und Injection der Conjunetiva bulbi vor. Auch dieser Zustand bfldete sieh ohne weitere schiidliche Folgen ganz zurtick, a]s (]as Jodoform aus- gesetzt wurde. Abscesse der Conjunctiva babe ich hie gesehen; Herr Professor SehSnborn, der gelegentlich zu Verbiinden erhebliche Quantit~ten Jodoform gebraucht hat; will hie eine Amblyopie darnach beobachtet haben, wie sie Hi r sehberg auf dieses Mittel beziehen zu m~sse~ glaubte.

K(Inigsberg, den 25. Januar 1883.