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XVIII. Aus dem Laboratorium der medicinisehen Klinik zu K(inigsberg i. Pr. Ueber die Synthese des Fettes aus Fettsliuren:im Organismus des ~Iensehen. Von Dr. O. Minkowski, l~rivatdocent uml Assistent an der medicinischen Klinik zu KSnigsbo~g i. Pr. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die in der Nahrung einge- fiihrten Fette innerhalb des Intestinaltractus in ihre Componenten, in Fetts~turen und Glycerin, gespalten werden kiinnen. Ueber den Urn- fang abet, in welchem diese Spaltung der Fette thats~tehlieh stattfindet, iiber die Bedeutung, welehe ihr flit die Resorption des Nahrungsfettes znkommt, und vor Allem dartiber, ob die Produete dieser Spaltung im Organismus wieder zu Neutralfett vereinigt werdeni gehen die Ansichten wesentlich auseinander. Um der Sehwierigkeit aus dem Wege zu gehen~ welehe ftir die Annahme einer meehanisehen Resorption der unveriinderten Neutral- fette in dem Umstande gegeben war~ dass dieselben nieht diffusions- fiihig sind, hatte Ktihne die Hypothese aufgestellt, das die in der Nahrung eingefiihrten Fette bei der(Verdauung, zuniiehst gespalten werden mtissten, dass dann die abgespaltenen Fetts~turen in Form yon l(is!iehen, leieht diffasiblen Seifen resorbirt und i m Organismus dutch einen synthetischen Vorgang wieder in Fett zurUekverwandelt wUrden. Diese KUhne'sehe ttypothese hat Radziejewski~) ex- perimentell zu begrtinden versueht. Er zeigte zun~iehst, dass mit der l~ahrung eingeftihrte Seifen im Darme so gut wie vollst~tndig resor- birt werden. Alsdann suehte er zu beweisen, dass im Organismus aus den verftitterten Seifen Fett gebildet werde. Es gelang ihm dureh Fiitterung mit einer aus Riibtil dargestellten Seife bei einem !) Experimentelle Beitrt~ge zur Fettresorptiom Virchow's Archly. XLIII. Bd. S. 268. A r ch i v f. o:~poriment. PathoL u. Pharmakol. XXL Bd. 25

Ueber die Synthese des Fettes aus Fettsäuren im Organismus des Menschen

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XVIII.

Aus dem Laboratorium der medicinisehen Klinik zu K(inigsberg i. Pr.

Ueber die Synthese des Fettes aus Fettsliuren:im Organismus des ~Iensehen.

Von

Dr. O. Minkowski, l~rivatdocent uml Assistent an der medicinischen Klinik zu KSnigsbo~g i. Pr.

Es unterliegt keinem Zweifel, dass die in der Nahrung einge- fiihrten Fette innerhalb des Intestinaltractus in ihre Componenten, in Fetts~turen und Glycerin, gespalten werden kiinnen. Ueber den Urn- fang abet, in welchem diese Spaltung der Fette thats~tehlieh stattfindet, iiber die Bedeutung, welehe ihr flit die Resorption des Nahrungsfettes znkommt, und vor Allem dartiber, ob die Produete dieser Spaltung im Organismus wieder zu Neutralfett vereinigt werdeni gehen die Ansichten wesentlich auseinander.

Um der Sehwierigkeit aus dem Wege zu gehen~ welehe ftir die Annahme einer meehanisehen Resorption der unveriinderten Neutral- fette in dem Umstande gegeben war~ dass dieselben nieht diffusions- fiihig sind, hatte Ktihne die Hypothese aufgestellt, das die in der Nahrung eingefiihrten Fette bei der(Verdauung, zuniiehst gespalten werden mtissten, dass dann die abgespaltenen Fetts~turen in Form yon l(is!iehen, leieht diffasiblen Seifen resorbirt und i m Organismus dutch einen synthetischen Vorgang wieder in Fett zurUekverwandelt wUrden. Diese KUhne'sehe ttypothese hat Radzie jewski~) ex- perimentell zu begrtinden versueht. Er zeigte zun~iehst, dass mit der l~ahrung eingeftihrte Seifen im Darme so gut wie vollst~tndig resor- birt werden. Alsdann suehte er zu beweisen, dass im Organismus aus den verftitterten Seifen Fett gebildet werde. Es gelang ihm dureh Fiitterung mit einer aus Riibtil dargestellten Seife bei einem

!) Experimentelle Beitrt~ge zur Fettresorptiom Virchow's Archly. XLIII. Bd. S. 268.

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zuvor mageren Hunde einen erheblichen Fettansatz zu erzielen. Das angesetzte Fett bestand zum tlberwiegend gr(issten Theile aus nor- malem Hnndefett~ daneben schien aber auch das im Riib(il enthal- tone Glycerid der Erucasiiure~ das Eruein, in geringer Menge abge- lagert worden zu sein. Den Bowels ftir diese letztere Angabe konnte indcssen R a d z i e j e w s k i night mit wlinschenswerther Sicherheit fiihren.

Gegen diese Versuche warden yon verschiedenen Seiten Ein- wande erhoben, so yon H o p p e - S e y l e r 1), Subbot in :) n.A. Diese Einwlinde suchte R a d zi ej e w s k i in einer spateren Abhandlung 3) zu widerlegen. Trotzdem aber kennte die directe Umwandlung der Scifen in Forte durch seine Untersuchungen noch night als sicher- gestellt betrachtet werden.

Auf einem anderen Wege hat P e r e w o z n i k o f f 4) den Beweis ftir die Synthese des Fettes aus Fettsiiuren and Glycerin zu ftihren gesucht. Er ftitterte Hunde mit Seife and Glycerin und konnte mikro- chemisch in den Epithelien und dem Gewebe der Darmzotten Neutral- fett nachweisen. Die Angaben yon P e r e w o z n i k o f f wurden yon A. Wil l ~) durch Versuehe an Fr[ischen bestiitigt.

Gegen die yon den genanntcn Autoren vertretene Annahme, dass die vorhergehende Verseifung und nachtfiigliche Synthese als tier nor- male Modus der Fettresorption zu betrachten sei, warden mannigfaehe Bedenken geltend gemacht. 6) Unter Andcrem machte J. Munk 7) darauf aufmerksam, dass ,,cine reichliche Fettftitterung and cine umfang- reiche Spaltung der Fette im Darme vorausgesetzt, zur Bildung yon Seifen sehr erhebliehe Mengen yon Alkalien nothwendig wiiren, unter Umstiinden mehr, als dem Darm und vielleicht dem Organismtts tiber- haupt davon zur Verftlgung steht". Andererseits zeigte nun Munk, dass auch die freien Fettsituren, welche ebenso emulgirbar sind wie

l) l~eferat in Virchow's Jahresbericht fiber die gesammte 5ledicin f. d. Jahr 1868. S. 74.

2) Beitr~ge z. Physiologie d. Fettgewebes. ZeitsChr. f. Biologic VI. Bd. 1870. 3) Virchow's Archly. LVI. Bd. S. 211. 1872. 4) Centralblatt f. d. reed. Wissensch: 1876. S. 86i. 5) Ueber Fetttesotption. Dissertation. 188i. :K6nigsberg, und Pfltiger's Arch.

XX, Bd. S. 255. 6) Ygl. die Arbeiten vbn R 6 h r i g , Arbeiten aus der physiot0g. Anstalt zu

Leipzig. 1874. ~ Z a w i l s k i , Ibid. 187'6. ~ Vo l t ; Ueber die Bedeutung tier Galle ffir die Aufnahme der ~ahrungsstoffe im Darmkanal. Beitri~ge zur Biologie, Jabili~umsschrift fiir v. Bischoff. Stuttgart 1882.

7) Zur Kenntniss der Bedeutung der Fette and seiner Componenten fi]r den Stoffwechsel. u Archly. LXXX. Bd. S. 11.

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die Reutralfette, im Darme vollst~tndig resorbirt werden k~nnen, dass sic ferner im Stande scion, die Fette in der Rahrung vollst~indig zu ersetzen, da sie denselben Worth als Sparmittel fUr die Eiweiss- k(irper bcsitzen wie die neutralen Forte . Sehliesslich land or, dass nach Ftittcrung eines Hundes mit frcien Fettsiiuren der aus ciner Fistel des Ductus thoraeicus aufgefangene Chylus nur wenig Fett- siiuren, dagegen sehr reiehlieh l~eutralfett enthiclt. Er sehloss hieraus, dass die eingeftihrten Fetts~turen auf dora Wege yon der Darmh(ihle bis zum Ductus thoracicus einer Umwandlung zu Fort, also r Synthese unterlegen sind.

Die gegen die Richtigkeit dieser Beobaehtungen yon L e b e d eff ~) erhobenen EinwKnde hat M u n k in einer sp~iteren Arbcit~), wie es scheint mit Reeht, zurtickgewiesen. Gleichzeitig widerlegte er in dicser Arbeit einen Einwand yon Voita) , welcher, ohne die that- siichlichen Ergebnisse der M u nk'sehen Versuehe anzuzweifeln, darauf hingewiesen hatte, dass dieselben in Bezug auf die Synthcse der Fette doeh nieht absolut beweiskr~ftig scion. Vol t meinte, ,,man kiinnte vielleieht noeh an eine andere Erkliirung denken: es k(innte der Chylus naeh Aufnahme von Stoffen, welehe das aus dem Eiweiss abgespaltene Fett vor weitercr Zersetzung schiitzen, reieher an Fett geworden sein."

Dcmgegentiber hat nun M u n k in der zuletzt erw~ihnten Arbeit zun~ichst den sieheren Nachwels erbraeht, dass ein in der Rahrung eingeftihrtcs fremdartiges Fett im Organismus abgelagert werden kann. Er wiederholte einen Versueh, den auf iihnliehem Wege R a d z i ej c w s k i (1. e.) mit zweifelhaftem Resultate, S u b b o t i n (e. 1.) in etwas anderer Weise mit negativem Erfolge angestellt hatte, und den ziemlich gleichzeitig mit M u n k aueh L e b e d e f f 4) mit posi- tivcm Resultate ausgeftihrt hat. Er fiittorte einen Hund mit Rtib~il und cs gelang ihm bei dem zuvor magcrcn Thiere ein Fett zur Ab- lagerung zu bringen , welches r viol niedrigcren Sehmelzpunkt hatte, als das normale Hundefett, auch viel mehr Oels~iure enthielt als dieses, und in welchem aueh das im Thierk~rper sonst nicht vorkommende, aus dem RtibS1 Stammende Eruein naehgewiesen wer- den konnte. Weiterhin ftitterte er einen Hund mit griisseren l~Iengen

1) Studien fiber Fettresorption. Archly s Anatomie und Physiol. Physiol. Abtheilung. 1883. S. 458.

2) Zur Lehre yon der Resorption, Bildung und Ablagerung der Fotte im ThierkSrper. Virchow's Archiv. XCV. Bd. S. 452ff.

3) Hermann's Handbuch der Physiol0gie. V. Bd. S. 295. 4! Centralblatt s d. reed. Wissensch. 1882. Nr. 8.

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yon Fettsiiuren, und zwar w~thl~e er ein Gemenge von Fetts~turen~ welches aus Hammeltalg gewonnen war. Hiebei kam die Ablagerung eines Fettes zu Stand% welches in seiner Zusammensetzung nor- malem Hammelfette welt nigher stand als normalem Hundefette.

Damit sehien in der That die synthetisehe Umwandlung der Fettsiiuren in Neutralfett mit gentigender Sicherheit erwiesen. Nach der Voit'schen Ersparungstheorie, d.h. wenn die eingefiihrten Fett- sauren nur das aus dem Eiweiss sich abspaltende Fett vor weiterer Zersetzung geschUtzt hittten, musste erwartet werden~ dass nur nor- males Hundefett zur Ablagerung gekommen w~tre.

In Bezug auf den Ort der Synthese butte K i ihne anfangs die Vermuthung ausgesproehen, dass derselbe in den Fettzellen zu suchen sei. R a d z i e j e w s k i hatte daneben auch auf die Mtiglichkeit hin- gewiesen~ dass die Umwandlung der Fetts~iuren in Fette bereits in den Darmepithelien stattfinden kt~nnte. Naeh der ersten Mittheilung yon Munk konnte es nut noch zweifelhaft sein, ob die Synthese in der Darmschleimhaut oder den Mesenterialdrtisen erfolge, jedenfalls musste sie bereits auf dem Wege bis zum Ductus thoracicus statt- gefunden haben. P e r e w o z n i k o f f and Wil l glaubten auf Grand ihrer mikroskopisehen Bilder annehmen zu dUrfen, dass die Regene- ration des Fettes in den Epithelien and dem Gewebe der Darmzotten Yon Statten gehe. In seiner sp~tteren Arbeit mac]ate Munk auf die Beobaehtungen yon Z a w a r y k i n I) aufmerksam, denen zufolge die Lymphzellen aus dem adenoiden Gewebe der Darmschleimhaut bei der Fettresorption eine active Rolle spielen, und sprach dabei die Vermuthung aus, dass m~glicherweise aueh die synthetische Umwand- lung der resorbirten Fettsiiuren in diesen Lymphzellen der Darm- schleimhaut vor sich gehe.

Dass jedenfalls die Darmschleimhaut zu dieser Synthese befi~higt ist, geht aus Versuchen yon C. A. E wald~) hervor, weleher zeigte, dass auch unter dem Einfiusse der ausgeschnittenen tiberlebenden Darmschleimhaut unter geeigneten Bedingungen aus Seife and Gly- cerin Fett gebildet warden kSnne.

Vor Kurzem bin ich nun in der Lage gewesen, die Frage nach der Synthese des Fettes aus Fettsiiuren dureh eine Beobachtung am Menschen einer erneuten Priiiung zu unterziehen. Die Gelegenheit

1) Archly f. d. ges. Physiologie. XXXI. Bd. S. 231. 2) Ueber Fettbildung durch die iiberlebende Darmschleimhaut. Archly far

Anatomie und Physiologie, physio]og. Abth. Suppl.-Bd. 1853. Festschrlft ftir Du Bois-Reymond. S. 302.

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hierzu bot ein in der hiesigen medicinischen Klinik behandelter Fal l yon eh y lti s e m A s t i t e s mit ungewiJhnlieh stark fetthaltigern Exsudat.

Es handelte sich um einen 56j~thrigen Mann~ bei welehem sieh im December 1885 eine allmiihlieh zunehmende Ansehwellung des Abdomens eingestellt hatte. Irgend eine Entstehungsnrsaehe wusste Patient fiir sein Leiden nicht anzugeben~ namentlieh wurde aueh ein vorausgegangenes Trauma mit Bestimmtheit in Abrede gestellt.

Die Untersuchung des Patienten ergab, abgesehen yon einer reeht erhebliehen Fliissigkeitsansammlung im Abdomen~ keinerlei nachweisbaren Ver~nderungen. Ieterus bestand nieht. Lungen und Herz ergaben bei der Percussion und Auscultation normale Resultate; Leber und Milz waren nieht vergriJssert. Tumoren nirgends fiihlbar; eine Stenose des Oeso- phagus nieht naehweisbar; laryngoskopischer Befund normal. Urinmenge etwas vermindert, 1000--1200 ecru pro die. Der Urin enth~ilt wader Ei- weiss noch Zucker.

Die am 24. Januar 1886 vorgenommenr Punctio abdominis ergab 6500 ccm eines Exsudates, welches in seinem Aussehen und seinen son- stigen Eigensehaften fast reinem Chylus glich. Die entleerte Fltissigkeit war undurchsiehtig, milehweiss, mit leiehtem r0sigem Sehimmer und sehied beim Stehen eine ziemlich betr~tehtliehe Rahmsehicht ab. Mikro- skopiseh zeigte sic die fur Chylus eharakteristisehen ausserordentlich feinen punktftirmigen Fetttriipfehen~ sowie ganz vereinzeite Lymphk~Jrper- chen und rothe Blutkiirperehen. Beim 8tehen bildeten sieh spitrliehe loekere Gerinnsel. Die FIiissigkeit enthielt sehr viel Fett~ viel Eiweiss und Spuren yon Zueker. Der Fettgehalt der bei diaser ersten Punction entleerten Fliissigkeit betrug 4~3 Proc. Fett. ~) Die dureh Schiitteln mit Aether yon Fett befreite Fltissigkeit erschien vollkommen wasserkla 5 leicht gelblieh gei'tirbt; bei liingerem Stehen an der Luft flirbte sic sieh leicht riithlich.

Dass es Sieh bier um einen Erguss yon Chyius in die Peritoneal- htihle handelte, dartiber konnte fiiglieh ein Zweifel nicht obwalten. Es wurde daher die Diagnose auf Ruptur eines oder mehrerer Chylusgef~isse gestellt. Sitz und Ursache dieser Ruptur konnte nicht nlther bestimmt werden, aueh konnte hieriiber niehts Weiteres durch die Autopsie er- mittelt werden~ da Patient sich schliesslieh der klinisehen Behandlung entzog und in seine Heimath, nach Russland~ zurtiekkehrte.

Dass die Fliissigkeit in der That hauptslichtich aus Chylus bestand~ war sicher. Wohl kann ein Fettgehalt bei Transsudaten dureh andere Ursaehen bedingt sein. So kommen Transsudate vor, deren Fettgehalt auf Beimischung fettig zerfallender Zellen zu beziehen ist. Q u i n e k e 2) hat solche F~tlle zuerst eingehend beschrieben. Diese Fi~lle yon Hydr0ps

i) Als FettgehaIt ist hier der gesammte Rackstand des darch Schatteln ge- ~onnenen Aetherextractes za verstehen. In demselben waren, wie wiederholte Bestimmungen ergaben, 3--4 Proc. Cholestearin enthalten. Eine Bestimmung des Leclthins wurde nicht ausgeffthrt.

2) Ueber fetthaltige Transsudate. Deutsches Archiv ftir klinische Medicin. 1875. XVI. Bd. S. 121.

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adiposus, naeh Qu in e k e~ unterseheiden sieh aber sehr wesentlieh yon den Ftillen yon Hydrops ehylosus dureh den mikroskopisehen Befund. Wiihrend bei dem eigentlichen ehyliisen Aseites das Fett sich in einer ausserordentlich feinen, selbst bei starker Vergriisserung staubfiirmigen Vertheilung findet~ sind die einzelnen Fetttriipfehen bei dem einfaeh fett- haltigen Ascites viel griisser und meist noch zu Kiirnehenkugeln zusam- mengeballt~ entsprechend ihrer Entstehung aus zerfallenden Zellen. Ausser- dem kOnnen in den Ftillen dieser letzteren Kategorie wohl kaum jemals aueh nur anniihernd solehe Fettmengen enthalten sein~ wie sie in unserem Fall vorhanden waren. Ein Fettgehalt yon 4,3 Proe. ist selbst ftir reinen Chylus noch auffallend hoeh~ so dass man wohl bereehtigt ist~ anzuneh- men~ dass die bei der ersten Punetion entleerte Fltissigkeit, die sieh im Laufe yon mehreren Woehen angesammelt hatte~ dureh Resorption des Wassers allmlihlieh etwas eingediekt war. Bei der zweiten Punetion, die sehon naeh 8 Tagen nothwendiff wurde~ war der Fettgehalt bereits erheblich gerinffer~ er betrug lf14 Proc. Wieviel hier dem ergossenen Chylus yon ser(isem Transsudat beigemengt war~ liisst sieh natiirlich nicht entseheiden~ immerhin ist auch dieses noch als ein sehr betriiehtlicher Fettgehalt anzusehen.

War es nun schon an sich v on Interesse, die yon den oben er- wiihnten Autoren ermittelte Synthesr des Fettes durch einen Versueh am Menschen zu controliren, so konnte andererseits erwartet werden, dass es in Anbetraeht der sehr grossen Fettmengen, welche durch die Punetion der Peritonealhiihle gewonnen werden konnten, aueh gelingen wtirde, den Beweis ftir das Zustandel~bmmen der Synthese mit noeh gr~isserer Sicherheit zu ftihren, als es bei den bisherigen Untersuchungen miiglieh gewesen war.

Beobachtungen tiber den Uebergang yon Nahrungsfett in den Chylus sind bereits einmaI am Mensehen angestellt worden. Gr imm ~) hat in einem Falle von Chylurie gefunden, dass das im Harne aus- gesehiedene Fett in seiner Zusammensetzung und Menge abh~ingig war yon der Fettzufuhr in der Nahrung. Er verwerthete diesen Be- fund zu dem Sehlusse~ dass in dem betreffenden Faile ein directer Erguss yon Chylus in die abftihrenden Harnapparate stattgefunden hatte. Versuehe tiber die synthetisehe Bildung yon Fett aus Fett- sauren hat G r im m nieht ausgeftihrt ~ und gerade ftir das Studium dieses Vorgangs schien unser Fall besonders geeignet, denn es han- delte sich hier um ein Fett~ yon welchem es sieher war, dass es bald nach seinem Uebertritt in den Chylus in die PeritonealhShle austrat und so den Ver~inderungen entging, welehen es unter dem Einflusse der Stoffweehselvorgi~nge im allgemeinen Kreislaufe unter- worfen gewesen w~ire.

l) Ueber Chyhrie. VerhandluDgen der Deutschen Gesellschaft ftir Chirurgie. 14. Congress IS85. Berlin. S. 21.

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Der Beweis fiir das Zustandekommen der Synthese konnte am sichersten geftihrt werden, wenn es gelang, nach EinfUhrung einer im menschlichen Organismus ftir gew(ihu!ieh nicht vorkommenden Fettsiiure das entsprechende heterogene Fett in der Punetionsfitissig- kelt nachzuweisen. Ieh wKhlte za diesem Zwecke die bei ~ihnlichen Versuchen bereits mehrfach angewandte E r u c a s ~t n r e.

Um den Magen des Patienten nicht dutch griissere Mengen yon Oelsaure zn bel~tstigen, suchte ich ans dem Gemenge yon Fetts~turen,

welches darch Vcrseifnng yon Rtibiil erhalten werden konnte, die Erueas~ture m0glichst zu isoliren. Zu diesem Zwecke wnrde eine griissere Qnantit~tt yon kiiuflichem Rtibiil darch mehrstiindiges Kochen mit alkoholischer Natronlauge verseift~ dann der Alkohol verdunstet, die Seifen in Wasser gel~ist und mit Bleizucker gefiillt. D i e erhal- tenen Bleipflaster mit Wasser sorgfaltig gewasehen, getrocknet und mit Aether in dcr K~tlte extrahirt. Der Rtickstand abgepresst, mit verdiinnter Sehwefels~ture unter vorsichtigem Erwi~rmen zerlegt; die freiwerdende Fetts~ture in Aether aufgenommen~ nochmals mit etwas verdtinnter Schwefelsiiure, dann wiederholt mit Wasser gewasehen, schliesslich der Aether abgegossen und verdunstet. Da das Extra- hiren der Bleisalze mit Aether nicht lange genng fortgesetzt werden konnte~ so enthielt die dargestellte S~ture noch immer etwas Oelsliure. Der Schmelzpunkt derselben war daher etwas zn niedrig: er lag bei 30 o C., w~thrend die reine Erucas~ture bei 33--34 o C., Oelsiture bei 14 o C. schmilzt. Ftir den vorliegenden Versueh war dicses irrelevant; was yon Wichtigkeit war: unverseiftes Neutralfett war in der dar- gestellten Substanz nieht euthalten; die geringen Mengen~ die bei dem 5--Ssttindigen Kochen mit alkoholiseher Natronlauge der Ver- seifung entgangen sein konnten, mussten bei der Extraction der Blei- salze mit Aether entibrnt worden sein.

Von der auf diese Weise dargestellten S~ture erhielt der Patient bei im Uebrigen gleichblcibender gemisehter Diiit an 5 aufeinander- folgenden Tagen (vom 3.--7. Febrnar) je 30--45 g in dreisttindliehen Dosen yon 5--8 g. Im Ganzen wurden innerhalb dieses Zeitraumes

205 g verabfolgt. Patient vertrug die Substanz, die ihm in Oblaten eingegeben wurde, sehr gut; Appetit blieb normal, Diarrhoe trat nicht ein.

Bei der am 7. Februar vorgenommenen Punction warden 62.00 ccm einer Fltissigkeit entleert~ die schon dem Aussehen naeh mehr Fett za enthalten schien, als bei der vorhergehenden Pnnction gewonnen war. Sie war in der Farbe viel reiner weiss und in gleieh dtinner Schieht viel weniger durehseheinend. Die quantitative Bestimmung

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ergab, dass in der That eine sehr erhebliehe S t e i g e r u n g d e s F e t t g e h a l t e s zu Stande gekommen war.

Bei der zweiten Punetion am 1. Februar (8 Tage naeh der vorher- gegangenen Punetion) waren 4500 ecru entleert worden~ welehe 1fl4 Proe. 7 also im Ganzen 78 g Fett enthielten.

Bei der dritten Punetion am 7. Februar (also naeh weiteren 6 Tagen~ w•hrend deren die Erueas~iure verabfolgt wurde) wurden 6200 cem ent- leert, welehe 3,0 Proe., also im Ganzea 186 g Fett enthielten.

Bei den folgenden Punetionen nahm der Fettgehalt allmiihlieh wieder ab: die vierte Punetion am 13. Februar lieferte 6000 ccmmit 2~26 Proe, also im Ganzen 136 g Fett; die fUnfte am 19. Februar 5500 eem mit lf18 Proe.~ also 95 g Fett.

Das dureh Aassehtitteln mit Aether und Verdunsten des Aether- extractes bei der dritten Punction erhaltene Fett untersehied sieh in seinem Aussehen nicht merklich yon dem bel den tlbrigen Punctionen gewonnenen Fetts. Es war yon hellgelber Farbe und bei Zimmer- temperatur vollkommen fest. Der Schmelzpunkt sowohl wie der Erstarrungspunkt lagen indessen nach Verabfolgung dsr Erucasiiure um 4 , 5 0 C. niedriger als vorher~ und zwar lag ersterer zwischen 33--360 C., letztersr zwisehen 24--260 C., wiihrsnd das bei den ersten beiden Punetionen gewonnene Fett bei 38--400 C. sehmolz und bei 28--30 0 C. wieder erstarrte.

Die weitere Untersuchung ergab nun, dass ei n e n enn e n s- w e r t h e V e r m e h r u n g d e r f r e i e n F e t t s l i u r e n in d e r A s e i t e s - f l i i s s i g k e i t n i e h t zu S t a n d s g e k o m m e n war .

Die Bestimmung der freien Fettsiiuren wurde zuniiehst naeh dem Vorgange yon Franz Ho f m a n n durch Titrirung des Aetherextraetes mit alkoholiseher Zehntelnormalnatronlauge ausgefiihrt:

Von dem bei der ersten Punction erhaltenen Fette erforderten 2~636 g zum Neutralisiren 1~3 eem Zehntellauge~ also 100 g Fett 49~3 ecru Zehntel- lauge. Auf Palmitinsiiure bereehnet (l ecru Zehntelnormallauge entsprieht 0,0256 g Palmitinsi~ure) ergibt dieses 1~26 Proc. freie Si~ure.

Bei der zweiten Punction erforderten 1fl48 g Fett 1~0 eem Zehntel- lauge, also 100 g Fett 57~2 ecru, entspreehend 1,46 Proe. freie Palmitin- si~ure.

Bei der dritten Punction (nach Verabfolgung der Erucas~ure) erfor- derten 2~994 g Fett 1~6 cem Zehntellauge~ also 100 g Fett 53~4 cem~ entsprechend 1~38 Proe. Palmitins~ture.

Zur Controle wurden 9~10 g yon dem bei dieser letzteren Puns- tion erhaltenen Fette nach der yon H o p p e - S e y l e r empfohlenen

1) Ueber die Reaction der Fette und die quantitative Bestimmung 5er Fett- s~uren in Fetten. Beitr~ge zur Anatomie u. Physiologie. Festgabe ff~r Ludwig I. 1874. S. 134.

Ueber die Synthese des Fettes aus Fetts~uren im Organismus des Menschen. 381

Methode mit starker Sodaliisung gekoeht und alsdann mit Aether er- sehiJpft. Der Rtiekstand yon diesem Aetherextraete wog 8,87 g, so- mit waren 97,5 Proc. als Neutralfett wiedergefunden. Die zuriick- bleibende Seifenliisung wurde mit Bleizueker gefiillt. Die erhaltenen Bleisalze waren sowohl in kaltem wie im warmem Aether unltislich, sie konnten demnach nur Palmitin- oderStearinsliure enthalten. Mit verdtinnter Schwefels~iure zerlegt lieferten sic eine Fetts~ture, deren Sehmelzpunkt bei 57 o C. lag.

S o m i t w a r f r e i e E r u e a s l i u r e in d e r P u n c t i o n s f l t i s s i g - k e i t n i c h t e n t h a l t e n .

Von Seifen waren tiberhaupt in der Punetionsfliissigkeit nur mini- male Mengen nachweisbar. Wurden 100 ecru des ehyliisen Trans- sudates mit Aether vollkommen ersehiipft, wozu es gelegentlieh mehr als S--10maliger Erneuerung des Aethers bedurfte, dann angesliuert und yon Neuem mit Aether ausgeschtittelt, so wurden nur 10--15 mg einer S~iure erhalten, deren Natur nicht naher festgestellt werden konnte. JedenfalIs war e ine m e r k l i e h e Z u n a h m e de r S e i f e n n a e h V e r a b f o l g u n g d e r E r u c a s ~ t u r e n i e h t zu c o n s t a t i r e n .

Es kam nun darauf an, festzustellen, ob in dem bei der dritten Punction erhaltenen Fette das Glycerid der Erucas~ture, das Eruein enthalten war. Zu diesem Zwecke wurden 150 g yon diesem Fette mit alkoholiseher Natronlauge verseift, dann der Alkohol verdunstet, die Seifen im Wasser geltist, mit Bleizueker gefallt, die erhaltenen Bleisalze gewaschen, getrocknet und zuniiehst ein paar Mal mit kal- tern Aether extrahirt. Dann der Rtiekstand wiederholt mit Aether ausgekoeht und warm filtrirt. Das Filtrat sehied sehr bald einen reiehlichen flockigen Niedersehlag ab, der beim Erwiirmen sich voll- st~indig l(iste und beim Erkalten wieder ausfiel. Dieser Niedersehlag wurde naeh einiger Zeit abfiltrirt und noch wiederholt mit kaltem Aether gewaschen, dann abgepresst, mit verdtinnter Sehwefelsiiure unter m~issigem Erw~trmen zerlegt und in Aether aufgenommen. Naeh dem Verdunsten des Aethers hinterblieben 10,5 g einer S~ture, welche in kaltem Alkohol l~islich war und einen Schmelzpunkt von 35 bis 36 o (3. zeigte.

Ieh hielt reich anfangs ftir berechtigt, diese Si~ure als Erueasiiure zu betrachten. Der Sehmelzpunkt der Erucas~iure liegt, wie bereits oben bemerkt, bei 33--34 o C. M u n k hatte nun auf dem hier be- schriebenen Wege aus dem Fette eines mit RtibiJl geftitterten Hundes eine Fettsiiure dargestellt, deren Sehmelzpunkt zwischen 38--39o C. lag, and hatte dieselbe ftir Erucas~ture gehalten, der noeh kleine Antheile yon Fetts~turen mit htiherem Schmelzpunkt anhafteten. Ieh

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glaubte daher zun~ichst, dass ich ein etwas reineres Pr~parat ge- wonnen h~tte als M unk.

Um die erhaltene Substanz noeh mit grSsserer Sieherheit mit der Erucas~iure zu identifieiren, schien es nun aueh wtinschenswerth~ eine Elementaranalyse oder wenigstens eine Metallbestimmung an einem Salze auszuftihren. Zu diesem Zweeke wurde arts einer kleinen Quantitat der S~tnre wieder das Bleisalz dargestellt und zur Be- stimmung des Bleigehaltes verwandt. Die Bestimmung als sehwefel- saures Blei ergab einen Bleigehalt yon 25,8--2671 Proe.

Die Bereehnung verlangt ftir erueasaures Blei (C2~H4102)2Pb einen Bleigehalt yon 23,5 Proc. (ilsaures -- (CtsH3~O2)2Pb ~ ~ ~ 26,9 stearinsaures ~ (CjsH3~O2)2Pb ~ ~ ~ 26,8 palmitinsanres ~ (CI6H310~)~Pb ~ ~ ~ 28,9 .-

Es war demnaeh evident, dass die fragliehe Substanz anch nicht ann~ihernd reine Erueas~ure sein konnte. Am niiehsten stand sie dem Metallgehalte ihres Bleisalzes nach der Stearins~iure und der Oels~ure und konnte sehr wohl ein Gemenge yon diesen beiden S~uren enthalten, dem hiiehstens noch eine kleine Qnantitiit einer Si~ure mit h~iherem Kohlenstoffgehalte anhaftete. Jedenfalls durfte ans der Lage des Schmelzpunktes allein ein Sehlnss auf die Natur der Siiure nieht gezogen werden. Anch die Ltisliehkeitsverhiiltnisse der Bleisalze in Aether dnrften nieht als beweisend, angesehen werden, da das stearin- saure Blei, wenn auch an sieh in kaltem wie in warmem Aether unltislich, doch bei Gegenwart yon Oelsaure reichlich in L~isung geht, ein Umstand, auf den auch schon Munk aufmerksam gemacht hat. Ferner war es auch sehr wohl m(iglieh, dass bei der Extraction des Niederschlages mit kaltem Aether die Oelsiiure nicht gent|gend ent- fernt worden war. Es ist bekannt, dass das iilsaare Blei, obschon in Aether ausserordentlich leicht l(islich, doeh aus Gemengen mit anderen Fettsiinren sehr schwer vollstiindig zn extrahiren ist. Allzu- lange durfte aber in vorliegendem Falle die Extraction nicht fort- gesetzt werden, da anch das erucasaure Blei in kaltem Aether nieht ganz unltislich ist.

Andererseits aber war es dnrch das Ergebniss der Bleibestim- mung durchaus nicht ansgeschlossen, dass doch noeh recht erhebliche Mengen yon Erucasiinre in der untersuchten Substanz enthalten waren. Es konnte ja neben der Oelsaure nnd Stearinsi~ure anch Palmitin- s~iure in derselben vorhanden sein, deren Bleisalz einen um 2 Proe. hiiheren Metallgehalt zeigt, nnd auf diese Weise konnte der niedrigere

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Metallgehalt des etwa vorhandenen erueasauren Bleies ausgegliehen worden sein. Da im mensehlichen Fette die Palmitinsliure gegenUber der Stearlns~ure bedeutend tiberwiegt, so war; diese Annahme auch durchaus nieht unwahrscheinlich.

Jedenfalls ersehien es nun nothwendig, die dargestellte Siiure noch eingehender zu untersuchen. Ieh versuehte zunaehst dutch Um- krystallisiren aus alkoholischer Liisung dieselbe in ihre einzelnen Be- standtheile zu zerlegen. Ieh erhielt dabei in der That verschiedene Krystallisationen, die in ihrem Schmelzpunkte sehr wesentlich yon einander differirten, zum Theil einen htiheren, zum Theil einen nie- drigeren Schmelzpunkt zeigten als das ursprtingliehe Siiuregemenge; doch gelang es auf diese Weise nicht, einigermaassen reine Sub- stanzea zu gewinnen.

Ein besseres Resultat ergab die fraetionirte Fallung mit alkoho- lischer Bleizuekerl(isung. Die versehiedenen Krystallisationen wurden wieder vereinigt, in Alkohol gel~st, und die L(isung nach einander mit ~ je '/5 der berechneten Menge einer, alkoholisehen Bleizueker- liisung get'~llt.

Der erste Niederschlag fiel sofort nach dem Zusatze der Blei- liisung aus. Er wurde abfiltrirt, mit Alkohol gewasehen und tiber Schwefeisliure getrocknet. Von dem aaf diese Weise erhaltenen Bleisalze (ira Ganzen ca. 2,4 g) liisten sich beim Auskoehen mit Aether nur ganz minimale Mengen. Die Metallbestimmung ergab 27,7 Prom Blei; der Schmelzpunkt der durch Zerlegung des Salzes gewonnenen Siiure lag zwisehen 56--570 C. Dieser Niedersehlag bestand somit aus einem Gemenge yon palmitinsaurem and stearinsaurem Blei.

Bei der zweiten Fiillung setzte sich gleiehfalls sehr bald e in Niedersehlag ab, der gewasehen und getroeknet ca. 2,2 g wog. In kaltem Aether war derselbe fast ganz unliislieh, dagegen gingen bei Behandlung mi t warmem Aether ca. 0,4 g in Liisung, welehe beim Erkalten des Aethers wieder ausfielen. Von diesem in warmem Aether liisliehen Bleisalze lieferten 0,2776 g 0,0970 sehwefelsaures Blei, ent- spreehend einem Bleigehalte yon 23,8 Prec. Die aas diesem Salze gewonnene freie S~ure zeigte einen Schmelzpunkt yon 350 C. Dem- naeh handelte es sieh hier um ziemlich reine Erueasaure.

Bei der dritten Fallung entstand unmittelbar naeh Zusatz der alkoholisehen Bleizuekerliisung kein Niederschlag. Nach 24 Stunden hatte sich indessen ein Niedersehlag abgesetzt, der gewasehen und getrocknet 1,4 g wog. In warmem Aether ltiste sich demelbe fast vollstlindig and fiel heim Erkalten wieder aus. 0,3350 g yon diesem Niedersehlage lieferten 0,i196 g sehweielsaures Blei~ entspreehend

38~ XVIII. MISEO~VSKI

einem Beigehalt yon 24~4 Proe. Bei der Zerlegung ergab dieses Salz eine S~ture, deren Sehmelzpunkt bei 380 C. lag, also offenbar eine Erueasiiure, die wohl noeh mit etwas Palmitins~ure verunreinigt war.

Das alkohollsehe Filtrat wurde nun eingeengt; darauf schieden sieh naeh langerem Stehen noeh 0,8 g eines Bleisalzes ab, welches in warmem Aether vollst~tndig gel~st wurde. Dasselbe enthielt 2472 Proe. Blei und lieferte bei der Zersetzung eine S~ture, deren Sehmelz- punkt bei 31 o 12. lag. Hier handelte es sieh offenbar um eine Eruea- s~ture, weleher ein wenig Oels~ure beigemengt war.

Als nun das Filtrat yon diesem hliedersehlage mit einer weiteren Portion der Bleizuekerl~sung versetzt wurde, sehied sieh aueh naeh l~ingerem Stehen nur ein sehr geringffigiger flockiger 2~iedersehlag aus, der sich auch nach dem Einengen der L~sung nieht erheblieh vermehrte. Es wurde daher jetzt noeh Bleizucker in geringem Ueber- sehusse zugefUgt und dann die noeh weiter eingeengte alkoholische Lt~sung mit dem mehrfachen u Wasser versetzt. Jetzt sehieden sich noeh circa 3 g eines Niederschlags ab, der mit Wasser sorgfitltig gewasehen, abgepresst und im Vacuum tiber Sehwefelsaure getrocknet wurde. Derselbe l~ste sich in Aether zum grt~ssten Theile bereits in der K~tlte und vollst~tndig bei m~issigem Erw~trmen, enthielt 26,2 Proe. Blei und lieferte eine S~ture, welehe schon bei 19 o C. ftfissig wurde. Es lag bier demnaeh in tier Hauptsaehe Oels~ture vor, welehe wahr- seheirilieh noeh mit etwas Erueas~ure vermiseht war.

,Naeh den Resultaten dieser Untersuchung konnte es nun wohl nicht mehr zweifelhaft sein, dass Erueas~ture in dem untersuchten Fetts~turegemenge vorhanden war. Da diese S~ture erst nach der Verseifung des Fettes mit alkoholiseher Natronlauge nachgewiesen werden konnte, so war es ferner unzweifelhaft, class sic in dem aus der Punctionsflfissigkeit gewonnenen Fette in Form ihres Glyeerides, des Erueins, enthalten war. Somit war in der That tier !qaehweis er- bracht, dass im Organismus unseres Patienten e i n e s y n t h e t i s e h e F e t t b i l d u n g aus der e i n g e f t i h r t e n F e t t s l i u r e zu S t a n d e g e k o m m e n war.

In Anbetracht der Schwierigkeiten, welehe schon der qualitative Nachweis der Erucas~iure geboten hatte, schien es wenig anssichtsvoi], dureh quantitative Bestimmungen ein Urtheil fiber den Umfang zu gewinnen, in welchem die in Rede stehende Synthese stattgefunden hatte. Diesbeziigliehe Versuche ergaben in der That so sehwankende Resultate, dass ich auf eine Fortsetzung derselben verzichtete. Die gebr~iuchliche Methode der Fettanalyse, welche auf die verschiedenen LSslichkeitsverhiiltnisse der Bleisalze in Aether basirt ist, erschien in

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dem vorliegenden Falle durehaus unzuverlassig, und eine bessere stand mir zur Zeit nicht zur VerfUgung. Soviel abet liess sieh aus den verschiedenen Bestimmungen ermessen, dass die Menge des Eru- tins in keinem Falle mehr als 5 bis hSchstens 10 Proc. des gewon- nenen Fettes ausmachte.

Wenn wir somit in Uebereinstimmunff mitMu n k annehmen mils- sen, dass eine direete synthetisehe Umwandhng der eingefUhrten Fett- sauren in Fette im Organismus stattfinden kann, so muss andererseits zugegeben werden, dass der Umfang dieser Synthese in unserem Falle durchaus nicht der Zunahme des Fettgehalts entsprochen hat, wie sic nach Verabfolgung der Erueasaure eonstatirt werden konnte. Der Fettgehalt der Punetionsfltissigkeit war naeh den 6 Tagen, an welehen 205 g Erucasaure verabfolgt wurden, im Vergleich mit der vorher- gehenden Punction auf mehr als das Doppelte, und zwar um ca. 100 g gestiegen und hat dann bei den naehfolgenden Punctionen allmiihlich wieder abgenommen. Nun ist es Zwar m~fflieh, dass bier aueh noch andere, zuf'ttllige Momente zur Vermehrung des Fettgehalts beigetraffen haben; in der Hauptsache muss aber die Zunahme des Fettes jeden- falls auf die Darreichung der Erueas~ture bezogen werden. Hatte es sieh' nun hierbei aussehliesslieh um die direete synthetisehe Umwand- lung dcr Erucas~ture gehandelt, so hatte das Fett zum gr~ssten Theile aus Erucin bestehen mUssen. Ein so erheblicher Gehalt an Erucin wtirde abet selbst den mangelhaften analytischen Methoden nicht ent- gangcn sein und hatte auch zu viel auffallenderen Aenderungen in der Beschaffenheit und Consistenz des Fettes ftihren miissen. Es er, gibt sich hieraus, dass die EinfUhrung der Erucas~iure noch in an- derer Weise zu einer Vermehrung des Fettgehalts geftihrt haben muss~ als dutch ihre directe Paarung mit Glycerin.

Fragen wir uns, welehe l~iSglichkeiten hier noeh in Betraeht kommen k~nnten, so ware immer noch als das Wahrscheinlichste die V o it'sche hnnahme zu betrachten, dass die eingeftihrte Fettsiiure das normale aus dem Eiweiss abgespaltene Fett vor weiterer Zersetzung gesehatzt hat. Wenn auch der direete Beweis ftir diese Annahme erst erbracht werden mtisste, so ist dieselbe yon vorneherein, gerade in Bezug auf eine heterogene, im 0rganismus gewShnlich nieht ent- haltene Fettsaure, durehaus nicht yon der Hand zu weiscn. Dass fremdartige, heterogene Fette im Organismus leichter der Zersetzung anheim fallen als die normal in demselben vorkommenden, nnterliegt wohl keinem Zweifel. Gcrade, wenn man annimmt, class das blah- rungsfett direct in den Organismus tibergeht, muss man auf diese Annahme reeurriren, um eine Erkliirung daftir zu geben, dass sehliess-

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lich jedes Thier unter normalen Erniihrungsverh~iltnissen ein speci- fisches, ihm zukommendes Fettgemenge besltzt. Dass ferner das fremde Fett, wean es leichter zersetzlieh ist, auch ersparend auf das normal gebitdete Fett wirken muss, ist ebenfalls sehr wahrseheinlieh. Die Sehwierigkeit der in Rede stehenden Annahme liegt daher einzig und allein darin, dass diese Ersparniss sieh hier bereits auf dem Wege yon der Darmh~Jhle his zu den Chylusgefiissen bemerkbar machen sollte und nieht erst in den Geweben, in welehen vermuth- lieh der Verbrauch des Fettes stattfindet. Indessen ist tiber diese Verh~ltnisse noch zu wenig bekannt, als dass hieraus ein Einwand gegen die obige Annahme entnommen werden k~Jnnte.

Wenn ieh somit zur Erklarung der in unserem Versuche zu Stande gekommenen Steigerung des Fettgehalts auf die Ersparnisstheorie zu- rtiekgreife, so m~Jehte ich zum Sehlusse noeh ausdrtieklleh hervor- heben, dass diese Theorie die direete Synthese des Fettes aus sin- gefiihrten Fetts~uren durehaus nieht ausschliesst, und dass gerade durch den bier mitgetheilten Versueh das Stattfinden einer solehen Synthese auch ftir den Organismus des Menschen erwiesen ist.

Inwiefern die hier besproehene Synthese ftir die Resorption und Assimilation der in der Nahrung zugefUhrten Fette yon Bedeutuug ist, ist eine weltere Frage~ die hier nieht er~Jrtert werden soll. Es dtirfte diese Bedeutung einzig und allein yon dem Umfange abh~ngig sein~ in welchem die Spaltung der Nahrungsfette bei den Verdauungs- vorg~ngen im Intestinaltraetus zu Stande kommt. ~) Ftir die Beur- theilung dieser Frage ergeben sieh abet aus dem hier mitgetheilten Versuehe keinerlei neuen Anhaltspunkte.

1) u hierUber: Voit, Beitr~ge zur Biologie. Jubil~umsschrift f. Bischoff. Stuttgart 1882. --, R 6 h m a n n, Bedbachtungen an Hunden mit Gallenfisteln. Arch. f. d. ges. Physiol. XXIX. Bd. S. 536. 1882. - - Munkl Virchow's Arch, XCu Bd. S. 444--452. -- Nencki, Dieses Archly; XX. Bd. S. 361-388. 1886.