10
V, :- Aus dem Pharmakologischen Institut der Universitiit Halle-Wittenberg'. [Jber die Wirkung verschiedener Digitalissubstanzen nnd -bl~itter- pr~parate anf das isolierte Froschherz bei Kalkmangel. Von Dr. reed. vet. Hans Hoffmann. (Mit 3 Kurven.) (Eingegangen am 2. X. 1922.) In einer Reihe yon Arbeiten haben Loewi und seine Schtiler 1) festgestellt, dab die Tatigkeit des Froschherzens, die dutch kalkfreie Ringerl~sung bis zum diastolischen Stillstand vermindert worden ist, dureh Strophanthin in kalkfreier L5sung nieht wieder hergestellt werden kann. Loew~ kommt seh!iel]lieh auf Grund seiner Versuche zu der Annahme, dab die Strophanthinwirkung auf eine Sensibilisie- rung" des Herzens ftlr den Kalk zurUekzufUhren sei, d. h. das tterz wird dutch Strophanthin gegentiber den Wirkungen des im Bhte bzw. der bT~thrltisung befindlichen Kalkes so empfindlich gemaeht, dab selbst sehr geringftigige Mengen yon Kalkionen genUgen, um eine Wirkung zu erzielen, die sonst nut dutch wesentlich hi, here Kalkkonzentrationen hervorgerufen wird. Es lag nun der Gedanke nahe, zu untersuchen~ ob aueh andere Digitalissubstanzen als alas Strophanthin auf das mit kalkfreier Ringer- 15sung durchspUlte tIerz in qualitativer wie quantitativer Hinsicht die ffleichen Wirkungen austtben, oder ob gewisse Unterschiede vorhanden sind. Es wurde deshalb am Straubschen Iterzpr~tparat die Wir- kung des Strophanthins, Zymarins, Gitalins {Verodigen)~ Digitaleins und Digitoxins und endlieh die Wirkung zweier aus den Bl~ttern selbst bereiteter Pr@arate untersucht; die entweder die Summe oder 1) A. yon Konschegg, Arch. f. exp. Path. u. Pharm. 1913, Bd. 71, S. 251; O. Loewi, Ebenda 1918, Bd. 82, S. 131 und Bd. 83, S. 366.

Über die Wirkung verschiedener Digitalissubstanzen und-blätter-präparate auf das isolierte Froschherz bei Kalkmangel

Embed Size (px)

Citation preview

V, :-

Aus dem Pharmakologischen Institut der Universitiit Halle-Wittenberg'.

[Jber die Wirkung verschiedener Digitalissubstanzen nnd -bl~itter- pr~parate anf das isolierte Froschherz bei Kalkmangel.

Von

Dr. reed. vet. Hans Hoffmann.

(Mit 3 Kurven.) (Eingegangen am 2. X. 1922.)

In einer Reihe yon Arbeiten haben Loewi und seine Schtiler 1) festgestellt, dab die Tatigkeit des Froschherzens, die dutch kalkfreie Ringerl~sung bis zum diastolischen Stillstand vermindert worden ist, dureh Strophanthin in kalkfreier L5sung nieht wieder hergestellt werden kann. Loew~ kommt seh!iel]lieh auf Grund seiner Versuche zu der Annahme, dab die Strophanthinwirkung auf eine Sensibilisie- rung" des Herzens ftlr den Kalk zurUekzufUhren sei, d. h. das tterz wird dutch Strophanthin gegentiber den Wirkungen des im Bhte bzw. der bT~thrltisung befindlichen Kalkes so empfindlich gemaeht, dab selbst sehr geringftigige Mengen yon Kalkionen genUgen, um eine Wirkung zu erzielen, die sonst nut dutch wesentlich hi, here Kalkkonzentrationen hervorgerufen wird.

Es lag nun der Gedanke nahe, zu untersuchen~ ob aueh andere Digitalissubstanzen als alas Strophanthin auf das mit kalkfreier Ringer- 15sung durchspUlte tIerz in qualitativer wie quantitativer Hinsicht die ffleichen Wirkungen austtben, oder ob gewisse Unterschiede vorhanden sind. Es wurde deshalb am Straubschen Iterzpr~tparat die Wir- kung des Strophanthins, Zymarins , Gitalins {Verodigen)~ Digitaleins und Digitoxins und endlieh die Wirkung zweier aus den Bl~ttern selbst bereiteter Pr@arate untersucht; die entweder die Summe oder

1) A. yon Konschegg, Arch. f. exp. Path. u. Pharm. 1913, Bd. 71, S. 251; O. Loewi, Ebenda 1918, Bd. 82, S. 131 und Bd. 83, S. 366.

t06 V. HA~s HoFeuA~.

doch eine Reihe der in ihnen befindliehen Digitalisglykoside enthalten. Unter den vorhandenen Pr~paraten wurden der anf kaltem Wege hergestellte Liquitalis (Gehe) and das Digiptfi'atum B o e h r i n g e r ) aasgewKhlt.

Zur Verwendung kamen die Herzen yon SommerfrSschen (Rana fhsca und +seulenta). Das Herz schlagt in der bekannten Weise an del' Straubschen Kantile, als lqahrfltissigkeit dient 1 ecru FroschringerlSsung yon der Zusammensetzung: lqaC1 0,60/0 , CaCI 2 (siccum CaC12 q-2H20 ) 0,02 ~ , KC1 0,01~ , l~aHCO 3 0,01 ~ Dutch die Nahrflfissigkeit perlt dauernd Luft; die Bewegungcn des Herzens "werden auf den Schreibhebel tibertragen, der mit siebenfacher Vergr6flerung die Herzkurve aufschreibt. l~tach einer l~tngeren blormalperiode wird die kalkhaltige Ringerl6sung (Ca-Ringerl6sung) auf kalkfreie (RingerlSsung ohne Ca) umgewechselt. ~Nach mehrmaligem Wechsel tritt vollkommener Yentrikelstitlstand ein~ spon- tane Erholung ist dann nicht mehr zu beobachten, l~unmehr wurde die zu prtifende Substanz (in RingerlSsung ohne Ca gel~st) in verschiedenen Konzentrationen in das Herz eingebracht. In anderen Versuchen wurde die Ca-RingerlSsung unmittelbar dutch RingerlSsung ohne Ca und Digitalis- substanz ersetzt. Auch diese L6sung wurde bis zum v/~lligen Ventrikel= stillstand mehrfach gewechselt.

Es ergab sich folgendes:

Strophanthin. Nach vorhcriger Speisung des I-Ierzens mit RingerlSsung ohne

Ca und mehrmaligem Wechsel, so dab die FUllungsflUssigkeit des Herzcns vollkommen kalkfrei gemacht war~ l~tfit sich durch Strophan- thin in Konzentrationen yon 1:20 Millionen bis zu der sehr hohen Gabe yon i : 100000 cine Wiederherstellung des Herzschlages nicht erzielen. ~ur einmal gelang es, eine kaum nennenswerte Steigertmg der Herzt~tigkeit 30 Minuten nach dem FUllungswechsel dureh Stro- phanthin 1 :10 Millionen hervorzurufen, doch wurden dabei glcieh- zeitig toxisehe Wirkungen: Unrcgelm~Bigkeit, Pulsvcrlangsamung~ Halbierung und sChlieBlich systolischer Stillstand beobachtet. Herz- kontraktionen blieben auch aus, wenn nnmittelbar nach Ca-Ringer- 15sung auf Strophanthin i : 2 Millionen in Ringerltisung ohne Ca um- geschaltet wurde. Die Wiederherstellung des Herzschlages war abet mt~glich~ wenn Strophanthin in Ca-haltiger, wenn aueh kalkarmer Ringerl~sung (1/1 o des gewShnlichen Ca-Gehaltes) gelSst worden war. In diesem Falle steigern Konzentrationen yon 1 : 1 Million bis 1 : 100000 die Herzt~tigkeit bis zur halben, selbst vollen nrsprUnglichen Ampli- tudenhShe. Bei Erneuerung der strophanthinhaltigen~ kalkarmen Iq~ihr- fltlssigkeit erfolgt kein Abfall der Kontraktionsh~he oder doch nut

(~ber die Wirkunff versehiedener Digitalissubstanzen usw. 107

in geringem AusmaBe. Es treten aber sehr bald die bekannten toxischen Erscheinungen: Unregelmitl3igkeit, Halbierung', Herzpausen anti Bei 3/lo Ca-RingerlSsung kommt es zwar durch Konzentrationen yon 1 :1 Million zu roller Erhohng, doch treten bereits nach dem ersten Wechsel mit der gleichen LSsung toxisehe Erseheinungen ein.

Zymarin. Das reine Glykosid yon Apocynum canabium ist schleeht wasser-

ltislich. Deshalb wurden zuni~ehst 0,! g in 10 Teilen 96%igen Alkohols gel(ist und aus dieser StammlSsung die sehr starken VerdUnnnngen in Ringerltisung ohne Ca hergestellt. Der Alkohol ttbte dabei keinerlei Wirkungen aus. Bei Konzentrationen yon 1 : 3--200 Mil- lionen lieB sich eine vti l l ige Erholung des Herzens niemals beob- achten. Immerhin wurde die AmplitudenhShe doch Wieder etwas grSBer, nachdem vorher dureh die RingerlSsung ohne Ca roller Ven- trikelstillstand eingetreten war. Dabei wnrden abet .immer die be- kannten toxisehen Erseheinungen, mitunter auch systolisches Ansteigen der FuBlinie beobachtet. Die sehrniedrige Konzentration yon 1:200 Mil- lionen erwies sieh gerade noch als wirksam, indem die Amplituden- htihe auf 1/3 der urspriingliehen tttihe anstieg. Toxische Erseheinungen traten hierbei nicht auf. Beim FUlhngswechsel mit zymarinha!tiger RingerlSsung ohne Ca trat fast vt~lliger Abfall bis auf Null e in (S. Kurve 1).

Kurve 1.

Gitalin (Verodigen).

Das yon Kra f t isolierte nnd yon S t raub auf seine pharma- kologischen Eigenschaften untcrsuchte Gitalin ist wasserl~slich nnd wurde infolgedessen unmittelbar in RingerlSsung ohne Ca gelSst: Ver- dUnnungen yon I : 400000 bis 1 : 800000 verm~gen das durch Ringer- 15sung ohne Ca stillgestellte Herz wieder etwas zum Schlagen zu bringen. Die Wiederherstellung des Herzschlages bis zu einer ge- wissen ttShe gelang besonders gut, wenn die ursprUngliehe Ca-Ringer- ltisung gleich yon Anfang an dnrch Gitalin in Ringer l(isung ohne Ca ersetzt wurde. Ein FUllungsweehsel mit GitalinlSsung in Ringerl~sung ohne Ca beding't fast immer einen nahezu vollkommenen Abfali der

108 V. HA~s HOfFmAnN.

AmplitudenhShe auf ~Null. Toxisehe Erseheinungen treten sehr bald bei den genannten Konzentrationen aaf. Diinnere LSsungen waren fur die Wiederherstellung des Herzschlages ohne jede Wirkung. Dagegen erwies sieh dam Verodigen in 1/Ilo Ca-Ringerliisung sshon bei Konzentrationen yon 1 : 375 Millionen als wirksam. Bei 3/10 Ca-Ge- halt kann vollkommene Erholung eintretsn. Beim FUllungsweehsel tritt in letzterem Falls kein Abfall ein.

Digitalein. Es erwies sieh in Konzentrationen yon i : 1--50 Millionen unter den

genannten Versuehsbedingungen als unwirksam and nicht imstand% den Herzsehlag wieder zum Vorsehein kommen zu lassen. In sinigen Fallen kam es zu einer unvollkommenen Wiederherstellung des Hsrz- sehlages, der aber meistens aueh toxische Beeinflussung zeigte. Wurde in solehen Fallen die FUllung mit der gleichen Giftliisung geweehselt, so war der Abfall der Amplitude sehr gering.

Digitoxin. Da das Glykosid fast wasserunlSslich ist, so wurde zunachst

0~1 g in 15 Teilen 96O/oigem Alkohol geliJst~ and aas dieser Stamm- 15sang warden alsdann die gewtinsehten Konzentrationen in Ringer- 15sung ohne Ca hergestellt. Der Alkohol wurde infolgedessen his auf 1:120000 his 1 :24 Millionen verdUnnt und Ubt dana ksinerlei Wirkungen mehr aus. GleiehgUltig~ ob die Digitoxinliisungen nash Auswaschen des Herzens mit RingerlSsung ohne Ca angewandt warder oder ob das Auswaschen mit digitoxinhaltigsr LiJsung gesehah, war die Wirkung die gleiehe. Ohne Kalk war eine vi~llige Erholnng des Herzens Uberhaupt nieht m0glich. Immerhin stieg die Amplituden- hiihe z, B. bei Konzentrationen yon 1 : 6 Millionen doch auf etwa die Halfte des ursprUngliehen MaBes an. Bei Zusatz yon 1/1 o Ca-Ringer- liisang kam es zu einer vollstandigen Erholung (s. Kurve 2). Auch

Kurve 2.

Konzentrationen yon 1 : 24 Millionen zeigten sich dabei noeh wh'ksam. Hi~ufig treten aber schon die toxisehen Erscheinangen auf. Bei Er-

Uber die Wirkung verschiedener Digitalissubstanzen usw. 109

neuerung der Ft i l l f lUssigkei t dureh k a l k f f e i e Dig i tox in l t i sung k o m m t

es nu t das e r s t ema l zti e inem vi i l l igen Abfa l l bis au f Null . Beim

wei t e ren W e e h s e l w i rd z w a r die Ampl i tudengr t ige wesen t l i eh kleiner~

der Ven t r i ke l s te l l t abe r seine T~itigl~eit n icht mehr vo l lkommen ein

' ( s . K u r v e 2). Digiparat (B o e h r i n g e r ) .

Das yon G o t t l i e b 1) un te r sueh te P-riiparat enthi i l t d ie Dig i t a l i s -

g l y k o s i d e als ~Tannoide, , . Durch besondere mi t Ge rbsau re anges te l l t e

Vorversuehe lieB s ieh der Naehweis e rb r ingen , dab Tann in in den

zur V e r w e n d u n g k o m m e n d e n Dig ipu ra t lSsungen ohne j e d e n EinfiuB ist.

P r o t o k o l l .

9. VII. 1920. Temperatur 20 ~ C. Herz yon Rana esculenta.

Zeit ' Puls , Bemerkungen

6 h 10' 6 h 36' 6 ~ 40 ~ 6 ~ 41' 6 h 42 p 6 ~ 43' 6 h 45' 6 h 46' 6 ~ 50' 6 h 55 r

7h 00,--7 h 7 h 10' 7 h 15 ~

7 h 20r--7 h 7 h 30' 7 h 31' 7~ 32' 7 h 33' 7 r 40' 7 h 45' 7 h 46 r

7 h 50' 7 h 52'

7 h 55 ~ 8 ~ 00'

05'

25'

44

45

44 45

35 35

Speisungsfliissigkeit 1 ccm Ca-Ringerltisung

Umschaltung auf 1 ccm Ringerl(isung ohne Ca

Erneuerung der Ringerltisung ohne Ca

Nur Vorhofsschlag l c cm Digipurat 1:1600 in Ringerliisung ohne Ca Auch Kammer. Regelm~Ng

Volle Erholung

} Erneuerung der Digipuratliisung 1 : 1600 in RingerRisung ohne Ca

Geringer Abfall

Erneuerung der Digipuratliisung 1:1600 in Ringerltisuug ohne Ca

Kein AbfaU Erneuerung der Digipuratliisung 1 : 1600 in Ringerliisung,

ohne Ca Kein Abfall

1) R. Got, t l i e b und R. T a m b a e h , Miinch. med. Wochenschr. 1911, S. 10.

II0 V.H.~s HOFFM.~X.

Es ergibt sieh also, dab LSsungen yon 1:1600 den Herzsehlag in roller HShe ohne jede toxisehc Nebenwirkung wieder herstellen. Beim FUllungsweehsel tritt nur mi~Biger Abfall ein, bei weiterer Wiederholung bleibt die AmplitudenhShegleieh (s. Kurve 3). Stiirkere

Kurve 3.

Verdtinnungen als 1:1600 verm(igen den Herzschlag allerdings noeh hervorzubringen, aber nieht zur alten HShe zurtickzufUhren. HShere Konzentrationen 1 : 800 braehten zwar aueh noeh eine vSllige Erholung ohne toxisehe Erseheinungen hervor. Doeh sehon eine einmalige Erneuerung des Herzinhaltes mit derselben Konzentration des Digi- purats bewirkte den Beginn einer systolischen Kontraktur. 1 :400 Digipurat lieB stark toxisehe Wirkungen mit schnell einsetzender Unregelmli~igkeit~ Halbierung und systolisehen Herzstillstand er- seheinen.

Liquital is (G e h e).

Er erzeugt in starken L(isungen bis 1 : 40 toxisehe Erscheinungen: Unregelm~Bigkeit und tIalbierung: systolisches Ansteigen and naeh verhi~ltnismi~Big kurzer Zeit einen Stillstand des Herzens in Mittel- stellung~ aber manehmal auch in Diastole. Konzentrationen yon 1 : 80 stellten zwar naeh Ablauf weniger Minuten den Pulssehlag zur vollen tt~ihe wieder her~ doch kam es sehr bald zu toxisehen Erscheinungen und einmal aueh zu systolisehem Herzstillstand. Konzentrationen yon 1:160 fUhrten nach 15--20 Minuten zur vSlligen Erholung des Herzens~ ohne dab naeh Ablauf yon mehr als 2 Stunden toxische Erseheinungen beobachtet werden konnten. LSsungen yon 1 : 100000 zeigten sieh weniger wirksam: VerdUnnungen yon 1: I Million vet ' moehten den Herzsehlag des stillgestellten Herzens nieht wieder hervorzubringen. Erneuerung der Herzftillung dutch die gleiche Giftkonzentration in RingerlSsung ohne Ca brachte das erstemal einen mi~Bigen, spi~ter ttberhaupt keinen Abfall mehr hervor.

Da Digipurat and Liqaitalis keine reinen Substanzen sind, son- dern Ausztige aus den Bli~ttern~ so war es mSglicb, dab an der Wir- kung auf das isolierte kalkfreie Froschherz Stoffe beteiligt sind~ die bei der therapeutischen Verwendung oder beim Versueh am ganzen

~ber die Wirkung verschiedener Digitalissubstanzen usw. 111

Tier nicht in Betraeht kommen. Es muBte zun~chst an einen ge- wissen Kalkgehalt gedacht werden, der das BemUhen~ die in den Priiparaten enthaltenen Digitalissubstanzen in Ringerliisung ohne Ca auf das isolierte Herz wirken zu lassen ~ vereiteln wUrde. Aus diesem Grunde wurde in beiden l~ri~paraten der Kalkgehalt quantitativ be- stimmt:

5 10 ccm wurd~n nach Trocknen auf dem Wasserbade verkohlt und veraseht. Die Asche mit Salzsiture versetzt~ die auf dem Wasserb~de verjagt wurde~ und die salzsam'en Salze mit heifiem salzsiiurehaltigem Wasser aufgenommen, l~aeh Abfiltrieren yon Kohle~ Sand und Kieselsiiure und Entfernung des Eisens als phosphorsaures Eisen wurde der Kalk mit Oxal- saure gefiillt und als CaO zur Wagung gebraeht. In 100 cem Digipurat wurden gefunden 11 nag CaO ~ 30 mg CaCI 2 -~- 2 H20 and in 100 cem Liqui- talis 21~9 mg CaO - - 57 mg CaCl 2 -4- 2H20. Da yon dem Liquitalis eine Konzentration yon 1 : 160 vollkommene Wiederherstellung der Ampiituden- grSl~e des kalkfrei erniihrten Herzens hervorruft und yon Digipurat die entspreehende Konzentratlon 1 : 1600 betriigt, so bedeutet dies eine Calcium- chloridkonzentration yon 1 : 250 000, bzw. 1 : 5 Millionen.

Beim Digitoxin, Digitalein~ Gitalin, Zymarin und Strophanthin waren abet selbst wesentlieh hShere Kalkkonzentrationen nicht ira, stande den Herzschlag wieder herznstellen, viel weniger die Ampli- tudenh~he zur ursprUngliehen HShe zurtiekzufiihren, obwohl doeh Kalkkonzentrationen yon 1- -2 :5000 zur Verwendnng kamen.

Daraus ergibt sich mit zwingender Beweiskraft, dab die kleinen in den untersnehten BIEtterpri~paraten vorhandenen Spuren yon Kalk~ die im tibrigen gar nieht vollst~ndig als Ca-Ionen in der L(isung vor- handen sind, ftir die Wirkung am isolierten Frosehherzen unter den gesehilderten Yersnchsbedingungen nicht in Betracht kommen.

Aus den eben angefUhrten Versuehen ergibt sieh also die Tat- saehe, da[~ die einzelnen Digitalisglykoside einerseits nnd die Blatter- pr~iparate andererseits recht deatliche Untersehiede in der Wirknng auf das kalkfrei erniihrte Frosehherz erkennen lassen. W~ihrend Digipurat nnd Liquitalis alas durch Kalkmangel diastolisch still- gestellte gerz wieder zum Sehlagen bringen und bei passender K0n- zentration die Amplitudenhlihe, allerdings unter mehr oder minder starker Verlangsamung des Pulses, wieder zur ursprUngliehen GrSl~e zurtiekftihren kSnnen, ist eine Ehnliehe Wirkung bei den isolierten Glykosiden nieht zn erkennen.

Wie die Verschiedenheit der Wirkung zu erkli~ren sei, lliBt sich nicht ohne weiteres aus den Versuchen entnehmen. Die Spuren yon Kalk, die in den B1Etterpri~paraten vorhanden sind, dUrfen jedenfalls, wie auseinandergesetzt, ftir eine Erklarung nieht herangezogen werden.

Am einfachsten ware die Annahme, dab die Gesamtheit der Glykoside eine starkerc und qualitativ andere synergistische Wirkung ausUben als die reincn, isolierten Substanzen~ oder man k~nnte daran denken, dab bei der Isolierung der Glykoside durch die immerhin noch ein- greifenden chemischen Operationen Verandcrnngen ihrer chemischen Konstitution and damit ihrer Wirkung bedingt sind. Man wUrde also bei einer derartigen Betrachtungsweise zu der Annahme gefUhrt, dab es bisher noch nicht gelungen sei~ die ursprUnglich in den Bl~ttern vorhandenen wirksamen KSrper im unveranderten Zustande zu isolieren (vgl. auch HatcherY)).

Neben der Wiederherstellung des Herzschlages hinsichtlich Am- plitudenh(ihe und Pulsfrequenz wurden eine Reihe yon Beobachtungen gemacht, unter denen das Verhalten des Herzens bei wiederholtem Ftillungsweehsel noeh einige Aufmerksamkeit verdient, withrend ein regelrecht mit Ca-Ringerl~sung schlagendes Herz einen sofortigen Abfall der Kontraktionen gewShnlieh bis auf Null zeigte, sobald Ringer- 15sung' ohne Ca mit oder ohne Digitalissubstanzen in das Herz hinein- gebraeht wurde, waren die Erscheinungen zum Teil ganzlich andere, wenn nach Wiederherstellung des Herzschlages durch Digitalissub- stanzen in RingerlSsung ohne Ca oder kalkarmer L~sung der Fiillungs- wechsel vorgenommen wurde. Wie aus dem vorhergehenden sich er- gibt, bewirken unter diesen Bedingungen Strophanthin, Zymarin und Verodigen in geringen Konzentrationen in Ca-freier L(isung fast immer einen Abfall der KontraktionsgrSl~e bis zum diastolischen Stillstand.

Im Gegensatz dazu war bei den Bl~tterpr~paraten nach Wieder- herstellung des Herzschlages bei einmaligem Wechseln der Fifllung ein diastolischer Stillstancl nicht vorhanden~ und je 5fter gewechselt wurde, um so geringer wurde der Abfall (s. Kurve 3). Also mit anderen Worten, der ursprUngliche diastolische Stillstand, der dutch die kalkfreie Digipurat- und Liquitalisl~isung hervorgebracht wird, tritt beim Ftillungswechsel nieht mehr auf. Es muB also das tterz so dutch die Einwirkung der L~sung ver~ndert worden sein, oder es muB sich eine Substanz in dem Herzen fixiert haben~ die dem diastolischen Herzstillstand entgegen wirkt. Der Kalk ist dies nicht~ denn er wird ja dutch die Erneuerung der L~sung sieher entfernt, genau so wie er das erstemal entfernt werden konnte~ als die ur- sprUngliche Ringerl5sung durch die kalkfreie Ltisung ersetzt wurde. Es bleibt also nur die Annahme Ubrig~ dab die Digitalisglykoside so fest an der Muskulatur fixiert worden sind, dab sie durch Er-

1) R. A. Hatcher, Journ. of the Americ. assoc. 1920~ Bd. 75, S. 460.

Uber die Wirkung verschiedener Digitalissabstanzen usw. 113

neuerung" der LSsung nicht mehr ausgesp|ilt werden konnten. Es ergibt sich aber auch ferner~ dab Kalk and Digitalissubstanzen die gleiche Zustandsiinderung im Herzmuskel herbeifUhren. Kalk und Digitalisglykoside kSnnen sieh mithin bis zu einem gewissen Grade ersetzen und vertreten. Der Ausfall dieser Versuehe wtirde eine Ann~herung an die Ansiehten P i e t r o k o w s k i s ~ ) z u r Folge haben~ der ebenfalls die gleiehe Wirkung yon Kalk nnd Digitalisglykosiden betont und sieh der eingangs erw~hnten Sensibilisierungstheorie L o e w i s nicht anznschlieBen scheint.

DaB die Digitalisglykoside sieh in der Tat im Herzen fixieren kSnnen, ergibt sieh aus den u mit reinem Digitoxin und Digitalein~ die zwar nicht die gleiebe starke Wirkung wie die Bllitter- pr~tparate besitzen: sondern eine Mittelstellung zwischen Stropbanthin, Zymarin, Verodigen einerseits und dem Digipurat und dem Liqaitalis andererseits einnehmen. Anch hier kommt as bei einem Ftillnngs- weehsel nieht zu einem vollkommenen Abfall, sondern nur zu einer erheblichen Verminderung der Amplitudengr~Be.

DaB die starke Fixation mit der kumulativen Wirkung der Digitalis- glykoside in unmittelbarem Zusammenhang steht, wird nach den Untersuchungen der S t ra ub schen Sehule and der Schii]er G o t t l ieb s 2) allgemein ang'enommen. Dureh die Versuehe am kalkfrei durchsptilten Herzen ist eine einfaehe Methode gegeben, Fixation und Kumulierung zu ermessen nnd zn demonstrieren.

Gleiehzeitig wird wiederum gezeigt, dab die Digitalissubstanzen sieh in der Art der Wirkung doeh zum Tail grundsiitzlieh unter- seheiden. Es sehlieBt sich dies in gewisser Hinsieht den Unter- suehungen K o e h m a n n s 3) an, der nachweisen konnte, dab aueh die Beeinflussung desVagus beimWarmbititer dutch die versehiedenen Digi- talisglykoside und Bli~tterpritparate wesentliebe Untersehiede aufweist.

Zusammenfassunf f .

1. Das dutch ka lk f re ie RingerlSsung stillgestellte Froschherz wird dutch die reinen Digitalisglykoside Strophanthin, Zymarin, Vero- digen, Digitalein and DigitoXin gar nieht oder nieht zuni ragelmiiBigen Sehlagen gebraeht.

2. Kalkarm ernahrte Herzen werden dureh die Digitalisglyko- side sebr bald foxiseh beeinfluBt, was sich dureh UnregelmiiBigkeit des H6rzsehlages, Pnlshalbierung zu erkennen gibt.

1) O. Pietrokowski , Arch. f. exp. Path. u. Pharm. 1920, Bd. 85, S. 300. 2) A. Friinkel, Ebenda 1904, Bd. 51, S. 84. 3) M. Koehmann, Arch. internat, d. Pharmaeodyn. et d. Th6rap. 1906,

Bd. 16, S. 221. Archiv f. experimenL Pa~h. u. Pharmakol, Bd. 96. 8

114 v. HA~s HOFFMANN.

3. Bei den durch Ca-freie RingerlSsung diastoliseh stillgestellte~ Herzen bewirken Bli~tterprliparate, Digipurat and Liqnitalis, Wieder- herstelhmg des Herzschlages und ftlhren~ wenn auch unter Pulsver- langsamung, die AmplitadenhShe zur ursprUnglichen GrSi]e znrtick.

4. Wenn nach Wiederherstellnng des Herzschlages ein Ftillungs- wechsel mit kalkfreier Ringerli~sunff vorgenommen wird~ so wird bei den Bl~ttterpriiparaten das Herz nicht mehr zum diastolischen Still- stand gebracht. Bei mehrmaligem Wechsel kann sogar ein Abfall der AmplitudenhShe fast vollkommen vermieden werden~ was anf Fixation der Digitalissubstanzen ira' Herzen beraht und mit der be- kannten Erseheinnng der Kumuliernn~ Hand in Hand geht. Die geschilderte Versachsanordnung stellt eine einfache Methode dar~ die Fixation zu demonstrieren.

5. Von den untersachten reinen Glykosiden zeigen die st~trkste Fixation Digitoxin and Digitalein~ die geringste Gitalin (Verodigen).

6. Durch die Versuche am dutch kalkfreie Ringerllisung diasto- lisch stillgesteUten Herzen lassen sieh Unterschiede in der Wirkung der Digitalissubstanzen nachweisen. Es scheint sicher~ dab die Fra- parate7 welche alle Glykoside in ursprtinfflicher Form enthalten~ eine sti~rkere und qualitativ andere Wirkung entfalten.