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Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd, 227, S. 328--341 (!956) Aus dem Pharmakologischen Institut der Universit~t Miinchen (Direktor: Prof. Dr. Dr. A. W. FORST) ber die Wirkung von Flavon- und Cumarinabk~mmlingen auf rote Blutk~rperchen ~ Von ALBERT HERZ M~it6 Textabbfldungen (Eingegangen am 28. Juli 1955) Eine Reihe yon Flavonoiden und Cumarinderivaten vermag die Durchl~ssigkeit der Capillaren zu verringern; von verschiedenen Autoren wird diesen Substanzen auch die F~higkeit zugesprochen, die Permea- bilit~t aller Zellgrenzfl~chen herabzusetzen (K~Av). Die experimen- tellen Methoden, die zur Priifung der Wirkung auf die Capillaren zur Verfiigung stehen, sind teilweise recht unbefriedigend. Von P~RROT U. G~BE wird angegeben, dal3 die osmotische Resistenz yon 1Keerschwein- chenerythrocyten durch derartige KSrper erhSht wird; in diesem Ver- halten der roten BlutkSrperchen sehen die Autoren eine relativ einfache MSgliehkeit, die permeabflit~tsvermindernde Wirkung von Substanzen mit sogenanntem Vitamin P-Charakter nachzuweisen. In Untersuehungen fiber die Wirkung yon Flavon- und Cumarin- kSrpern auf Meersehweinchenerythrocyten konnten wir ebenfaUs Er- hShungen der osmotischen Resistenz beobachten; eine weitere Prfifung ergab aber, da~ deren Deutung im Sinne einer Permeabilit~tsvermin- derung oder Strukturverfestigung der Erythrocytenmembran -- gegen eine solche sind auch theoretische Bedenken vorzubringen -- nicht auf- recht zu halten ist. Um Einblick in die Wirkung dieser Substanzen auf die Erythrocyten, insbesondere ihre Membran zu gewinnen, wurden die Untersuchungen weiter ausgedehnt. Methodik Die Versuche wurden vor ahem mit l~Ieerschweinchenerythrocyten - - einem stark glykolysierenden Blutzellentyp mit hohem Kaliumgehalt - - und mit Pferde- erythrocyten - - einem schwach glykolysierenden Blutzellentyp mit hohem Kalium- gehalt -- durchgefiihrt. Frisches, defibriniertes Blur wurde mit TyrodelSsung, bzw. Bicarbonat-Glucose-Ringer-LSsung zweimal gewaschen. Entsprechend wurde bei den Versuchen in Kaliummilieu mit phosphatgepufferten KaliumchloridlSsungen vorgegangen (isotone KC1-LSsung 9 Teile, Phosphatpuffer nach SSRE~SE~ M/15, 1~ 7,4 1 Tefl, sowie 0,1~o Glucose). Die Versuche wurden mit den in Tab. 1 verzeichneten Substanzen durch- gefiihrt. Diese KSrper (mit Ausnahme der unter C aufgeftihrten) wurden durch * Herrn Prof. Dr. Dr. A. W. FORSTzum 65. Geburtstag gewidmet.

Über die Wirkung von Flavon- und Cumarinabkömmlingen auf rote Blutkörperchen

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Page 1: Über die Wirkung von Flavon- und Cumarinabkömmlingen auf rote Blutkörperchen

Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd, 227, S. 328--341 (!956)

Aus dem Pharmakologischen Institut der Universit~t Miinchen (Direktor: Prof. Dr. Dr. A. W. FORST)

ber die Wirkung von Flavon- und Cumarinabk~mmlingen auf rote Blutk~rperchen ~

Von A L B E R T H E R Z

M~it 6 Textabbfldungen

(Eingegangen am 28. Juli 1955)

Eine Reihe yon Flavonoiden und Cumarinderivaten vermag die Durchl~ssigkeit der Capillaren zu verringern; von verschiedenen Autoren wird diesen Substanzen auch die F~higkeit zugesprochen, die Permea- bilit~t aller Zellgrenzfl~chen herabzusetzen ( K ~ A v ) . Die experimen- tellen Methoden, die zur Priifung der Wirkung auf die Capillaren zur Verfiigung stehen, sind teilweise recht unbefriedigend. Von P~RROT U. G~BE wird angegeben, dal3 die osmotische Resistenz yon 1Keerschwein- chenerythrocyten durch derartige KSrper erhSht wird; in diesem Ver- halten der roten BlutkSrperchen sehen die Autoren eine relativ einfache MSgliehkeit, die permeabflit~tsvermindernde Wirkung von Substanzen mit sogenanntem Vitamin P-Charakter nachzuweisen.

In Untersuehungen fiber die Wirkung yon Flavon- und Cumarin- kSrpern auf Meersehweinchenerythrocyten konnten wir ebenfaUs Er- hShungen der osmotischen Resistenz beobachten; eine weitere Prfifung ergab aber, da~ deren Deutung im Sinne einer Permeabilit~tsvermin- derung oder Strukturverfestigung der Erythrocytenmembran - - gegen eine solche sind auch theoretische Bedenken vorzubringen - - nicht auf- recht zu halten ist. Um Einblick in die Wirkung dieser Substanzen auf die Erythrocyten, insbesondere ihre Membran zu gewinnen, wurden die Untersuchungen weiter ausgedehnt.

M e t h o d i k

Die Versuche wurden vor ahem mit l~Ieerschweinchenerythrocyten - - einem stark glykolysierenden Blutzellentyp mit hohem Kaliumgehalt - - und mit Pferde- erythrocyten - - einem schwach glykolysierenden Blutzellentyp mit hohem Kalium- gehalt - - durchgefiihrt. Frisches, defibriniertes Blur wurde mit TyrodelSsung, bzw. Bicarbonat-Glucose-Ringer-LSsung zweimal gewaschen. Entsprechend wurde bei d e n Versuchen in Kaliummilieu mit phosphatgepufferten KaliumchloridlSsungen vorgegangen (isotone KC1-LSsung 9 Teile, Phosphatpuffer nach SSRE~SE~ M/15, 1~ 7,4 1 Tefl, sowie 0,1~o Glucose).

Die Versuche wurden mit den in Tab. 1 verzeichneten Substanzen durch- gefiihrt. Diese KSrper (mit Ausnahme der unter C aufgeftihrten) wurden durch

* Herrn Prof. Dr. Dr. A. W. FORST zum 65. Geburtstag gewidmet.

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Wirkung yon Flavon- und Cumarinabk6mmlingen auf rote BlutkSrperchen 329

mehrmaliges Umkristallisieren aus Methanol und Wasser gereinigt. Sio sind teil- weise n besonders die Aglykone - - bei nentraler und auch schwach alkaliseher Reaktion schwer wasserlSslich. Zur HersteUung w~riger LSsungen wurden die Substanzen zun~ehst in einer kleinen Menge Methanol gelSst, danach erw~rmte TyrodelSsung ohne Bicarbonat (TeillSsung I nach MURAT) dazugegeben, das Ganze weiter erhitzt bis zur vollst~ndigen Vertreibung des Methanols, hierauf mit Aqua dest. auf das urspriingliche Volumen aufgefiillt und nun, nach dem Erkalten, TefllSsung I I hinzugefiigt. Bei den Glykolyseversuehen wurde mit Biearbonat- Glucose-Ringer-LSsung entspreehend verfahren. In einzelnen der angewandten Konzentrationen blieben einige schwer 15sliehe Aglykone nieht vollst~ndig in LSsung; darauf wird sparer jeweils hingewiesen werden. In derartigen Suspensionen war bei weiterer ErhShung der Konzentra~ion oft eine Wirkungsverst~rkung zu beobachten; diese ist wohl durch Adsorption der Verbindungen an die Blnt- kSrperchen und die damit verbundene MSgliehkeit der LSsung weiterer Sub- stanz zu erkl~ren. Teilweise wurden auch Suspensionen ohne vorherige AuflSsung der Substanz in Methanol verwendet, Bei den in den Tabellen unter C aufgefiihrten, auf verschiedene Weise leicht wasserlSslieh gemachten KSrpern - - die genaue Konstitution derselben ist nur zum Toil bekannt - - waren LSsungen definierter Konzentration ohne weiteres herzustellen. Die Konzentrationsangaben beziehen sich jeweils auf die endgfiltige im Ansatz vorhandene Substanzmenge.

Best~mmung der osmotischen Reslstenz. 1 Toil gewaschenes Blut wurde mit 4 Teflen TyrodelSsung -{- Glucose vermiseht und im Wasserbad bei 38 ° C inkubiert. Unmittelbar nach dem Mischen, sowie in gewissen Zeitabst~nden danach wurde die osmotische Resistenz der Erythroeyten in gepufferten Kochsalzverdiinnungen bestimmt. Hierbei wurde 1 Toil Erythrocytensuspension zu 10 Teflon Kochsalz- verdiinnung (isotone NaC1-LSsung 9 Teile, Phosphatpuffer M]15, pH 7,4 1 Tefl; diese StammlSsung ist 0,95 isoton) gegeben, sodann 10 rain im Wasserbad stehen ge- lassen, hierauf die nicht h~molysierten Zellen sehnell abzentrifugiert, 15 cm 8 der iiberstehenden H~moglobinlSsung abpipettiert, 10 cm 8 Phosphatpuffer M/15, p~ 6,8 dazugegeben; sodann wurde das Hamoglobin mit Ferricyanid in Meth~moglobin iibergefiihrt und dieses colorimetriseh (HAvEMx~-Colorimeter) bestimmt.

Albalibestimmungen. 5 cm a Erythrocytensuspension wurden nach verschiedenen Inkubationszeiten in Zentrifugenglaser pipettiert, 5 rain bei 4500 Umdrehungen/min und 13 cm Aehsenabstand zentrifugiert, die iiberstehende Fliissigkeit abgehoben, der Bodensatz mit 10 cm 3 isotoner KochsalzlSsung (fiir die Kaliumbestimmung) bzw. KaliumchloridlSsung (fiir die Natriumbestimmung) gewaschen, sodann mit einigen Kubikzentimeter Aqua dest. h~molysiert und das H~molysat in Platin- tiegel iibergefiihrt. Die anschlieBende Veraschung erfolgte nach Troeknung im Warmesehrank bei 120 ° C und Zugabe yon 0,3 cm 3 konz. Schwefels~ure im Muffel- ofen bei 480 ° C in Anlehnung an die Methode yon RIEB~. Natrium und Kalium wurden sodann mit dem BECKMAN-Flammenspektrometer bestimmt.

Bei diesern Vorgehen kSnnen etwaige Volum~nderungen der Erythrocyten wahrend der Inkubation unberiicksichtigt bleiben; die errechneten Alkaliwerte beziehen sieh auf das Anfangsvolumen (s. anch DxvsoN u. DA~IELL/, 1938); fiir die Berechnung des Alkaligehaltes der Meersehweinchenerythrocyten wurde ein H~matokritwert yon 45% zugrunde gelegt.

Glykolyseversuche. Die Messung der Glykolyseaktivit~t erfolgte manometrisch mit der WARBV~G-Apparatur naeh den Vorsehriften yon DIxoN. Ansatz: 1 cm a gewaschenes Blut -}- 2 cm 3 Bicarbonat-Glucose-Ringer-LSsung; Gasphase 95% 1~

5% C0~, Temperatur 37,5 ° C, Schiitteffrequenz 128]min. Zur Beschleunigung der Sauerstoi~austreibung wurde schon vor Bereitung des Ansatzes N~-CO~-Gemisch in die Blutsuspension geleitet; die DurehstrSmung der Gef~Be im Wasserbad

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330 A. HsBz:

dauerte l0 mill; die Ablesungen wurden 30 min nach Bereitung des Ansatzes be- gonnen und viertelstiindlich, Sl~ter halbst/indlich fortgesetzt. Nach anfanglich oft etwas verst~rkter Volumenzunahme setzte sich diese in den nicht vergif~ten Ans~tzen fiir eine Reihe yon Stunden dann meist recht gleichm~iBig fort.

Ergebnisse

I . Beeinflussung der osmotischen Resistenz von Meerschweinchenerythrocyten

In Anlehnung an die Versuche von PARROT U. GABE wurde zun~chst Meersehweinehenblut verwendet.

Eine Reihe von Substanzen fiihrte zu emer mehr oder weniger aleut- lichen, mit der Dauer der Inkubation fortsehreitenden ErhShung der

osmotisehen Resistenz der Erythroey- 100, %

80

q6

- - 3 n ku bcdioJ

Jsolan/e

Abb, I. ErhShung der osmotisehen Resi- stenz yon Meerschweinchenerythrocyten dutch Aesculet in 0,2% (suspendiert) wiihrend einer Inkubat ionsze i t yon 240 rain. ( In s~tmtliehen Versuchen liefen unverg i f te te Kontrol lans~tze mi t ; deren osmotische Resis tenz erfuhr w~ihrend der Versuehszeit meis t keine ins Gewicht fallende Ver~inderung. Die Isotoniewerte sind n i c h t u m den Salzgehalt der zuge- setzten BlutkSrperchensuspension korri- giert. Dies gil t aueh f l i t die folgenden

Abbi ldungen)

ten. Zum Tefl erfolgte diese Resis~enz- erh6hung in der Form einer ann~hern- den Parallelversehiebung der Resistenz- kurven naeh der Seite der hSheren Kochsalzverd/innungen hin: die ge- samte Erythrocytenpopulation nahm also ziemlieh gleichm~13ig an der Re- sistenzerhShung tefl. Bei den sehwaeh wirksamen K6rpern kam es meist nur zu einer Abflaehung der Resistenzkurve im Bereich der st~rkeren Kochsalz- verdtinnungen; offenbar beschr~nkte sich hier die Resistenzerh6hung auf einen Teil der Blutk6rperchen. Bei weiteren Substanzen endlich trat, trotz ResistenzerhShung an dem einen Schen- kel der Kurve, eine Resistenzvermin- derung auf der SeRe der geringeren Kochsalzverdiinnungen in Erseheinung. Dabei war es oftmals so, dab diese meist geringe Resistenzvermindertmg

zu einem friiheren Zeitpunkt deutlich wurde als die ResistenzerhShung und mit dem Fortgang der Inkubation zum Stillstand gelangte, w~hrend die ResistenzerhShung fortsehritt. Die Art und Weise der Verteilung der Substanz war nieht ohne EinfluB: bei Verwendung yon Suspensionen erreichte die ResistenzerhShung oft ein gr6Beres AusmaB als bei den mit Hilfe von Methanol bereiteten LSsungen (s. Tab. 1). Bei einzelnen Sub- stanzen maehte sieh auch H~molyse bemerkbar, die jedoeh nur bei Morin ein geringes AusmaB (1--2%) iiberschritt.

Eine ann~hernd parallele Versehiebung der Resistenzkurven zeigt die folgende Darstellung eines Versuches mit Aesculetin.

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Wirkung von Flavon- und Cumar inabk( immlingen au f rote BlutkOrperehen 331

Einen Oberblick fiber die Wirkung der verschiedenen Substanzen auf Meersehweinchenerythrocyten gibt die folgende Aufstellung.

Tabelle 1. Wirkung yon Flavon- ~nd Cumarink6rpern au] die osmotische Resistenz yon Meerschwe~chenerythrocyten

Den Anga be n l iegen pro Subs tanz mindes tens zwei, meis t abe t eine ganze Reihe yon Versuehen zugrunde. Die Versuehszei t be t rug 180---300 min. Konzen t r a t i onsangabe in K l a m m e r n = Subs tanz n i eh t vo l lkommen gelTst; S = Suspension ohne vor-

herige LSsung in Methanol . Provenienz der Subs tanzen siehe Ful3note.

A. Aglykone Quercetin (a)

3 ,5 ,7 ,3 ' ,4 ' -pentahydroxyf lavon . . . . . .

Matin(b) 3,5,7 ,2 ' ,4 ' -pent~hydroxyflavon . . . . . .

Myricetin(f)

Konzen- Resis tenz- t ra t ion- Resis tenz- verminde-

% erhShung rung

0,02 (0,2) S

0,05 (0,2) S

3,5,7,3 ' ,4",5 ' -hexahydroxyflavon . . . . . . . 0,05 (0,2) S

+ ++-+-

(+) +

(+) (+)

Kaempferol (g) 3 ,5 ,7 ,4 ' - te t rahydroxyf lavon . . . . . . . .

Hesperetin (h) 5 ,7 ,3 ' - t r ihydroxy-4 ' -methoxyf lavanon . . .

Aesculetin (h) 6 ,7 -d ihydroxycumar in . . . . . . . . . .

B. Glykoside I Rutin (a)

Quercet in-3-rutos id . . . . . . . . . . . Quercitrin (tr)

Queree t im3-rhamnos id . . . . . . . . . . Kaemp/erol.3-glucosid (g) . . . . . . . . . . He~peridin (d)

Hespere t in-7- ru tos id . . . . . . . . . . . .

Neo-Hesperidin (c) Glucohesporidin + Rhamnose . . . . . . .

Aesculin (d) • Aeseuletin-6-glueosid . . . . . . . . . . .

C. Gut wasserlTsliche Substanzen Hesperidin-Chalcon (d) . . . . . . . . . . . Hesperidin.Methyl-Chalcon (d) . . . . . . . . Hes~eridin-Phosphat (d) . . . . . . . . . .

i

Methylol-Rutin (d).

0,01

0,05 + (0,1)

0,1 + + (0,2) S + + +

0,2 (+)

0,2 ( + ) 0,2 (+)

0,05 (0,1)

0,05 (0,1)

o,2 (+) (0,4) s (+)

0,4 0,4 (+) 0,4 0,4 (+)

(+) (+)

(+/

(+)

(+)

((+))

m

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332 A. HERZ:

Anmerkung. Die S u b s t ~ n z e n w u r d e n y o n fo lgenden Stel len bezogen oder dankenswer t e rwe i se zu r Ver f i igung gestel l t : (a) Fa . Theodor Schucha rd , Mi inchen; (b) Fa . C. Merck, D a r m s t a d t ; (c) D e u t s c h e H o f f m a n n - L a Roche A G Grenzach ; (d) D e u t s c h e l~ovociUingesellschaft , Mf inchen-Pas ing ; (e) Fa . P romon t~ , Chemische Fabrik, Hamburg; (f) Light & Co Ltd. Colnbrook Bucks. England; (g) Dr. H~nsel, Institut fiir Pharmazeutische ArzneimitC~llehre der Universit~t Mfinchen; (h) diese Aglykone wurden dutch Hydrolyse mit Sehwefelsaure aus den Glykosiden gewonnen.

Die Aufstellung zeigt, dab dutch einige Flavonoide und die Cumarin- abkSmmlinge Aesculin und Aesculetin die osmotische Resistenz yon Meerschweinehenerythroeyten mehr oder weniger deutlieh erhSht wird.

105

Ve~u~

~.u-O

I

~ nccch 2~0 rnin I I 3nkub~zlJo~

, !

/ :

o,)- g,3 g,q g,5 o,G g,7 Jsolon/e

Abb. 2. Verminderung der osmotischen Resistenz yon Mcerschweinchenerythro- cyten dutch Aeseuletin 0,2 % (suspendiert) bei Inkubation im Kaliummilieu (isotone KC1-LSsung 9 Teile, Phosphatpuffer nach S0m~SSEN ~I/15, pH 7,4 1 Tell, sowie 0,1% Glucose). Ansatz des Resistenz- versuches in entsprechend gepufferten KCl-Verdiinnungen; Inkubationsdauer

240 rain

(Auf die bei einigen Substanzen ange- deutete Verminderung der osmotischen Resistenz wird sparer eingegangen werden.) Bei dem auch yon P~ROT u. GAB~ untersuchten Rutin und Aeseulin war auch bei den hier tefl- weise ~ngewandten hSheren Konzen- trationen, die ResistenzerhShung nur reeht klein. Weitere Versuehe be- seh~ftigten sieh mit der Ursaehe der ResistenzerhShung.

Wurde die Inkubation der Erythro- eyten in Kaliummilieu vorgenommen, so blieb die ErhShung der osmotisehen Resistenz aus, ja es kam unter Um- stKnden auch zu einer gewissen Er- niedrigung derselben. Dies zeigt der folgende Versueh mit Aescule~in.

Meersehweinchenerythroeyten ent- halten iiberwiegend Kalium (siehe

folgende Alkalibestimmungen); werden die BlutkSrperehen in KC1- LSsung suspensiert, so wird der Konzentrationsgradient ffir Kalium zwisehen ZeUinnerem und Aul3enphase aufgehoben. Bleibt nun eine Er- hShung der osmotischen Resistenz bei Inkubation in KC1-LSsung aus, so weist dies darauf hin, dab der ResistenzerhShung Kaliumverlust der Zellen zugrunde liegt. Versuche mit Rinder- und Katzenblut sind in gleicher Richtung zu deuten: Aesculetin bewirkte bei Inkubation yon Rindererythrocyten in Natriummilieu (Tyrode) nur eine ganz geringe ResistenzerhShung; bei Katzenblut blieb eine solche vollkommen aus und es k~m sogar zu einer geringen Resistenzerniedrigung. Der geringe Konzentrationsgradient ffir Kalium bei Rindererythrocyten (diese ent- halten 22 n ~ q . K/1 und 79 m~q. Na/1; POND~.R) und sein Fehlen bei Katzenblut (6 mXq. K/1 und 104 m)~q. Na/1; PONDER) erkl~rt dieses Verhalten ohne Schwierigkeit.

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Wirkung yon Flavon- und CumarinabkSmmlingen auf rote BlutkSrperchen 333

D e r unmit te lbare Nachweis des Kaliumaustr i t tes als Ursache der ErhShung der osmotischen Resistenz war durch Alkalibestimmungen zu erbringen. Die Tab. 2 zeigt die Alkaliverschiebungen bei Meerschwein- chenerythrocyCen in TyrodelSsung unter der Einwirkung yon stark und schwach wirksamen Substanzen.

Tabelle 2. Vergnderung des Kalium. und Natriumgehaltes von Meerschweinchen- erythrocyten unter dem Ein/lufl yon Flavon- und Cumarinabk6mmlingen

Der Alkaligehalt bezieh~ sich auf das Erythrocytenvolumen zu Versuchsbeginn. Mittelwerte aus Doppelbestimmungen und deren Streuung (a). Konzentrations-

angaben wie in Tab. 1.

Substanz Konzen- tInkuba- Versuchsansatz Kontronansatz t ra t ion ti it m/~q~ ~ i K 4 -~ , m ~ q . m-~q.

% ons~e K/I I~a/1 I-- -- ~a] K/1 Na/1 K ÷ Na

Quercetin . . . . (0,2) S I

l

Aesculetin . . . . . (0,2) S

(o,]) s

0,4

Hesperetin . . . .

1 I 95,1 i~ 0,27

240 64,6 i ~ 2,6

1

210 55 ~: 2,8

1

13,3 I108,4 I -V 0,42 ± 0,46

20,6 85,21 ±,1,5 [-~ 2,8

25,1 ± 1,1

Aesculin . . . . .

240 98 9,7 ± 2,8 ~: 0,85

1 104,2 ~ 8,5 i+ 2,4 0,28

240 t 99 7,7 1+ 1,4 0,28

96,2 ± 1,7

99 ± 1,3

93

±1,7 ±1,1 !103 :t: 2,1

107,7 104,5 ±3,6 !~0,7 112,7 i 2,7 106,7 ± 1,7

i 10,5 106,7

± 0,561~ 2,5 9,9 108,9

± 0,28 =~ 0,31 8,5 101,5

± 0,28 =~ 1,7 9,1 104,1

~= 0,92 =~ 0,03 8,1 111,1

± 0,03 !J= 2,2 10,3 114,8

~- 0,43 ~ 1,1 i

Unter der Einwirkung yon Quercetin und Aesculetin verlieren die Erythrocyten einen betr~chtlichen Teil ihres Bestandes an Kal ium; dieser Verlust wird nur zum Tell durch Einwanderung yon Natr ium ausgeglichen. ]:)er osmotisch wirksame Inhal t der Zellen verringert sich dadurch in signifikantem AusmaB. Die hieraus zu erwartende ErhShung der osmotischen Resistenz steht in befriedigender ~bereins t immung mit den Versuchen (s. Abb. 1). Die Verminderung des Alkalibestandes der roten BlutkSrperchen unter der Einwirkung yon Hesperetin und Aesculin ist gering und nicht statistisch gesichert; dem entspricht die nur schwache Wirkung dieser KSrper im Osmoseversuch. In den unvergifteten Kon- trollans~tzen bleibt eine deutliche Alkaliverschiebung ebenfalls aus.

I I . Beein/lussung der Glykolyse durch Flavonoide und Cumarine

Von einigen Fermentsystemen ist bekannt, daft sie durch Flavonoide und verwandte Substanzen gehemmt werden (BA~TLV, TT; B~.ILE~ U. Mitarb. (1950); B~IL~R u. MARTIN (1948); BE~LER U. MARTIN {1951);

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334 A. H~Rz:

100

00

20

GEmLL; M~RTIN U. Mitarb.; I~ODNE¥ u. Mitarb.; URI u. Mitarb.). Teflweise handelt es sich hierbei, wie bei Cholinacetylase und Bernstein- sguredehydrase, um Sulfhydriffermente. Es wird in diesen F~llen an- genommen, da]~ die Polyphenolnatur der Oxyflavone, bzw. deren Oxy- dation zum Chinon ffir die Hemmung verantwortlieh ist (B~TLETr; BEmE~ u. Mitarb., 1950). Es lag daher nahe zu untersuehen, ob dutch die uns zur Verfiigung stehenden Substanzen die Glykolyse, an der ja ebenfalls SH-Fermente beteiligt sind, beeintrgehtigt wird und ob der beobaehteten Resistenzerh6hung l ¢ 0 - - - etwa ein ghnlieher Mechanismus | I ! o.2~/ .

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Abb. 3. H e m m u n g der Glykolyse yon Meer- schweinehenerythrocyten dutch Quercet in; die Zahlen geben dessen endgii l t ige Konzen-

t ra t ion an ; A r unverg i f te te r Ansa tz

a 2 3 Bid

Abb. 4. Steigerun~g der Glykolyse yon Meer- schweinchenerythrocyten dutch Aesculet in; die Zahlen geben dessert endgiil t ige Konzen t ra t ion

an ; 2I unverg i f t e te r Ansa tz

zugrunde liegt, wie er von WILBRXNDT (1940) und DAVSON (1941) bei den Glykolysegfften Fluorid und Monojodessigsgure angenommen wird.

Es zeigte sich, dab eine Reihe der untersuchten Substanzen die Glykolyse von Meerschweinchenerythrocyten in ghnlichen Konzentra- tionen hemmen, in denen sie auch deren osmotische Resistenz vergndern.

Die folgende Darstellung gibt einen Glykolyseversuch mit Quercetin wieder.

Einen ghnlichen Verlauf zeigt die Glykolysehemmung bei anderen Substanzen. I)ie Hemmung nimmt mit der Dauer der Einwirkung auf die BlutkSrperchen etwa 1--11~ Std lang zu, um dann einen etwa gleich- bleibenden Grad beizubebaIten.

Eine ausgesprochene Steigerung der Glykolyse wurde bei Aesculetin beobachtet; dies zeigt der folgende Versuch.

Bei einigen anderen Substanzen ging der Glykolysehemmung in ge- wissen Konzentrationen manchmal ebenfalls eine meis$ geringe Glyko- lysesteigerung voran, oder es wurde bei kleinen Konzentrationen auch eine anhaltende schwache Glykolysesteigerung beobachtet. Einen (~berblick fiber die Beeinflussung der Glykolyse durch die uns zur Ver- ffigung stehenden KSrper gibt Tab. 3.

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W i r k u n g yon F l a von - u n d C u m a r i n a b k 6 m m l i n g e n a u f ro te B l u t k 6 r p e r c h e n 335

Tabel le 3. Glykolyse unter dem Ein/lufl yon Flavon- und CumarinabkSmmlingen (un- beein/luflte Glykolyse = 100) in der 3. Std nach Bereitung des AnsaSzes

Mit te lwer te au s m i n d e s t e n s zwei V e r s u c h e n ; die G r e n z k o n z e n t r a t i o n e n der L6s l ich- ke i t s i nd u m r a n d e t u n d de r en mola re K o n z e n t r a t i o n , sowei t mSgl ich, a n g e g e b e n . D a der Gohal t a n Kr i s t a l lwasse r n u t tei lweise b e k a n n t is t , w u r d e bei tier B e r e c h n u n g der m o l a r e n K o n z e n t r a t i o n dieses auBer a c h t gelassen. U m e twa e n t s p r e c h e n d e molare K o n z e n t r a t i o n e n zu r D e c k u n g zu b r ingen , s i nd die Glykos ide u m eine Spa l t e

ve rschoben .

A. Aglykone

Querce t in . . . . . . .

Morin . . . . . . . . .

Myr ice t in . . . . . . .

K a e m p f e r o l . . . . . . .

Hespe re t i n . . . . . . .

Aesmflet in 1

B. Glykoside

R u t i n . . . . . . . . .

Querc i t r in . . . . . . .

Kaempfe ro l -3 -g lucos id . .

Hespe r id in . . . . . . . .

Neo -Hespe r id in . . : . .

0,2 %

Konzentration

0,t % 0,05 % 0,025 %

22 24

3 ' 1~5M 120

118 3 , 3 ~ M

40 66 11 m M

158 121 102

0,4% o,2% o,1%

107 102

1,6 m M 105 109

i 0 ,0 i2~o- r

i

94

64

115

79

o , ~ mM [ 116

0,o5% I o, o25%

101

32

74 I

Aescul in . . . . . . . . 84 92

C. Gut wassert6sliche K6rper 6,6 m M

Heaper id in-ChMcon . . . 97 105 102

Hespe r id ln -Methy l -Cha lcon i 62 65 81

H e s p e r i d i n - P h o s p h a t . . . 114 112 113

M e t h y l o t - R u t i n . . . . . ! 95 98

108

0,81204mM

102

1 Die W e r t e be i Aescu le t in geben die Glyko lyse in den e r s t en 90 m i n dor Ab- l e sung wieder.

Page 9: Über die Wirkung von Flavon- und Cumarinabkömmlingen auf rote Blutkörperchen

336 A. H~rtz:

Bei den erreichbaren Konzentrationen wird die Glykolyse besonders durch einige Aglykone starker gehemmt 1. Bei den Glykosiden ist die Wirksamkeit, tro~z ihrer besseren WasserlSslichkeit, geringer. Die M~g- lichkeit einer fiir das grSl~ere Molekiil erschwerten Permeation ist dabei zu beriicksichtigen. Ein Vergleich mit Tab. 1 zeigt in der Wirksamkeit der verschiedenen Substanzen gewisse Parallelen. Die gefundene aus- gesprochene Glykolysesteigerung durch Aesculetin spricht nich~ yon vornherein gegen einen Zusammenhang zwischen GlykolysestSrung und Resistenzver~ndertmg (Kationenpermeabilit~tsver~nderung), da auch eine iiberstiirzte Glykolyse als unphysiologisch angesehen werden mul~ (z. B. verminderter ATP-Gehalt yon Erythrocyten unter Einwirkung yon Arsenat trotz gesteigerter Glykolyse, ST~AVB).

In weiteren Untersuchungen wurde die Frage eines direkten Zu- sammenhanges zwischen GlykolysestSrung und Kaliumpermeabilit~ts- erhShung gepriift. Die Resistenz~nderung yon Meerschweinchenerythro- cyten, die mit KochsalzlSsung ohne Glucose mehrmals gewaschen und, zur weiteren Substratverarmung, mehrere Stunden vorinkubiert worden waren, wurde mit der von gut glykolysierenden Erythrocyten verglichen. Die substratverarmten Erythrocyten zeigten nach l~ngerer Inkubation schon ohne Zusatz yon Querce~in eine betr~chtliche ResistenzerhShung (Ausbleiben der Kaliumakkumulation ?). Durch Quercetin (0,2%, suspen- diert) wurde diese aber noch weiter gesteigert und erreichte ein ~hnliches Ausmal~ wie im Vergleichsversuch mit Quercetin und intakter Glyko- lyse. In ~hnlicher Weise ~var die ErhShung der osmotischen Resistenz durch Aesculetin unabh~ngig davon, ob optimale Glykolysebedingungen gegeben waren oder ob die Glykolyse durch mehrmaliges Waschen und Vorinkubation in glucosefreier Kochsalzl6sung fast vollkommen unterbunden war. I)araus geht hervor, dal~ bei den von uns unter- suchten Subs~anzen eine kausale Verkniipfung von Glykolyse- hemmung und Resistenzver~nderung der Ery~hrocyten offenbar nicht vorliegt. Durch die im fotgenden beschriebenen Versuchc mit Pferde- blur, das nut sehr schwach glykolysiert, wird dieses Ergebnis noch unterstrichen.

I I I . Beein]lussung der osmotischen Resistenz von P]erdeerythrocyten

Das Ergebnis der Versuche mit Pferdeblut wich yon dem an Meer- schweinchenblut gewonnenen, insofern ab, als hier bei einer Reihe von Substanzen eine ausgesprochene Veminderung der osmotischen Resistenz im Vordergrund stand.

Die beiden folgenden Abbildungen zeigen die Wirkung yon Rutin auf Pferdeerythrocyten.

1 t~ber die Wirkungssteigerung bei einer fiber die ,,einfache L6slichkeit" hinaus erhShten Konzentration siehe ~iihere Bemerkung.

Page 10: Über die Wirkung von Flavon- und Cumarinabkömmlingen auf rote Blutkörperchen

W i r k u n g y o n F l a v o n - u n d C u m a r i n a b k 6 m m l i n g e n a u f r o t e B l u t k 6 r p e r c h e n 337

Die ann~hernd parallele Verschiebung der Resistenzkurven (Abb. 5a) zeigt, daft die einzelnen BlutkSrperchen ziemlich gleichm~l~ig an der Resistenzverminderung teilhaben. Diese setzt sehr schnell ein; schon

ee l ; I ~no:ch e,%v~z ~. ncrrh 2"lOrnin

\ 2nkub~rHon ~ 6"0 ICont~ols - ~', "/mln

, \

~v 4~ ~,e ~,r g~ 4e 3sotonie

Abb. 5a. Verm~demng der osmotischen Resi- stenz yon Pferdeerythrocyten durch Rut in 0,2% nach einer Inkubatlonszeit von 210 rain

~00 %

80

26

0

"~Slsolon I

I ~..--'~,~o%~ ~ _ . . . . ¢ o S , - d

r

i V

30 6'0 mln 210 3nkub~t/on

Abb. 5b. Zelflicher Verlauf der Resistenz- verminderung des in Abb. 5 a wiedergegebenen

Versuches mit Rut in 0,2 %

die unmittelbar naeh dem Misehen (etwa 1 rain Inkubation) gewonnene erste Resistenzkurve ist gegenfiber der Kontrolle deutlich verschoben. Der zeitliche Verlauf der Resistenzverminderung wird besonders aus Abb. 5b deutlich; trotz ihres schnellen Eintritts gelangt sie nach ~ his l Std fast vollkommen zum Stillstand.

Eine dem Rutin sehr ~hnliche Wirkung zeigten Quercetin, Myricetin und Quercitrin.

Weitere Substanzen fiihrten auch bei Pferde- blut, ~hnlich wie bei Meer- schweinchenblut, zu einer deutlichen Erh6hung der osmotischen Rdsistenz; wurden die Versuche in KCI-L6sung durchgefiihrt, so kam es zu mehr oder

%

N~CI

GO 120 rain 3000 6'0 720 mln ~'~ a 3nku6~l/on b

Abb. 6. Zeitlicher Verlauf der Ver~nderung der osmotlschen Resistonz YOn Pferdeerythrocyten unter der Einwirkung yon Hesperetin 0,05%. a ResistenzerhShung in Natr ium- milieu (Tyrodel6sung); b Resistenzverminderung in Kalium-

milieu (LSsung wie bel Abb. 2 angegeben)

weniger deutlicher" Resistenzverminderung. Die Abb. 6 gibt den zeit- lichen Verlauf der Resistenz~nderung unter der Einwirkung yon 0,1% Hesperetin in NaC1- (Tyrode) und KC1-LSsung wieder.

Einen ~berblick fiber die Wirkung der verschiedenen K6rper auf Pferdeerythrocyten vermittelt Tab. 4.

Page 11: Über die Wirkung von Flavon- und Cumarinabkömmlingen auf rote Blutkörperchen

338 A. HERz:

Tabelle 4. Wirkung von Flavon- und CumarinabkSmmlingen au I die osmotische Resistenz yon Pferdeerythrocyten

Inkubationszeit 120--240 rain. Konzentrationsangabe in Klammern - Substanz nicht restlos gelSst.

K o n z e n - R e s i s t e n z - i t r a t i o n R e s i s t e n z - v e r m i n d e - i % e r h 6 h u n g r u n g

!

A. Aglykone

Quercetin . . . . . . . . . . . . . . . . Morin . . . . . . . . . . . . . . . . . . Myricetin . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kaempferol . . . . . . . . . . . . . . . . Hesperetin . . . . . . . . . . . . . . . .

Aesculetin . . . . . . . . . . . . . . . . .

0,02 +-~ +- 0,05 (+) 0,05 +- + + 0,01 (+) 0,05 ~-

(0,1) o,1 ÷ ((+))

(0,2) B. Glykoside

Rutin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,2 Quercitrin . . . . . . . . . . . . . . . . 0,2 Kaempferol-3-glucosid . . . . . . . . . . . 0,2 Hesperidin . . . . . . . . . . . . . . . .

Neo-Hesperidin . . . . . . . . . . . . . .

Aesculin . . . . . . . . . . . . . . . . .

C. Gut wasserl6sliche K6rper

Hesperidin-Chalcon . . . . . . . . . . . . ! Hesperidin-Methyl- Chalcon . . . . . . . . . Hesperidin- Phosphat . . . . . . . . . . . . . Methylol-Rutin . . . . . . . . . . . . . .

0,05 (0,1) 0,05

(0,1) 0,2 +

0,4 (+) 0,4 (+) 0,4 0,4 - -

(+)

((+))

Bespreehung der Ergebnisse Die Untersuchungen an Meerschweinchenerythrocyten zeigen, da$

die yon einigen Flavon- und Cumarinabk6mmlingen hervorgerufene Er- hShung der osmotischen Resistenz auf Kaliumverlust, durch den der osmotisch wirksame Inhalt der roten Blutk6rperchen verringert wird, beruht. Mit einer Permeabflitgtsherabsetzung oder Strukturverfestigung der Erythrocytenmembran kann diese ResistenzerhShung daher nicht in Zusammenhang gebracht werden. Wir miissen daher die Ermittlung d e r o s m o t i s c h e n R e s i s t e n z y o n E r y t h r o c y t e n als wen ig g e e i g n e t f i ir d ie

U n t e r s u c h u n g y o n S u b s t a n z e n a u f s o g e n a n n t e V i t a m i n P - W i r k s a m k e i t

a n s e h e n .

E i n e E r h S h u n g d e r o s m o t i s c h e n R e s i s t e n z i s t be i E i n w i r k u n g ver -

s c h i e d e n e r S u b s t a n z e n a u f r o t e B l u t k S r p e r c h e n b e s c h r i e b e n (z. B. N a r -

ko t i ea ) . Als U r s a e h e so l ehe r R e s i s t e n z e r h S h u n g h ~ t PONDER e iuen Ver-

l u s t d e r Zel len an o s m o t i s c h w i r k s a m e m Mat e r i a l ffir w a h r s c h e i n l i c h ;

Page 12: Über die Wirkung von Flavon- und Cumarinabkömmlingen auf rote Blutkörperchen

Wirkung yon Flavon- und Cumarinabk6mmlingen auf rote Blutk6rperchen 339

daneben zieht er aber auch in Erw~gung, dab durch die Adsorption dieser K6rper an die Zellmembran das kritische H~molysevolumen eine ~nderung erf~hrt. Auf Grund ihres Baues vermag die Erythrocyten- membran osmotischen Kr~ften keinen nennenswerten Widerstand ent- gegenzusetzen (DAvsoN u. DA~IELLI, 1952). Hingegen k a n n unter ge- wissen Einfliissen - - z. B. Formaldehyd (W~B~A~DT U. W.YSS) - - die Geschwindigkeit der Permeation etwa yon Wasser verz6gert werden; da abet bei der Bestimmung der osmotischen Resistenz das Eintreten eines Gleichgewichtes abgewartet wird, kann eine derartige (dynamisehe) Ver- ~nderung der Permeationsgeschwindigkeit nicht dutch Ermit t lung eines (statischen) Endgleichgewichtes festgestellt werden.

Wie die yon KLEI~SOROE U. Pom~ angegebene, nach intr~venSser Injektion yon Rutin beim Menschen regelm~gig auftretendo Steigernng der osmotischen Resistenz der Erythroeyten zustandekommt, bleibt unklar. PERLICK U. B6DECKER konnten nach intravenSser Verabfolgung des Roflkastanienpr~parates Venostasin, als dessen wirksame Komponente Aeseuletin angesehen wird, keine Ver~nderung der os- motischen Resist~nz feststellen; dagegen fanden sie, wie much WEIDENBACH, eine ErhShung der mechanischen Beanspruchbarkeit der Erythrocyten. Ffir eine solehe Prfifung der meehanischen Erythrocytenresistenz gelten aber andere Bedingungen; daher kSnnen die Einwendungen gegen eine Priifung der osmotisehen Resistenz nieht ohne weiteres auf jene iibertragen werden.

A]s Ursache des Kaliumaustr i t tes bei Meerschweinchenerythrocyten wurde zun~chst eine StSrung der Glykolyse, ~hnlich wie sie yon WIL- BRA~DT (1940) und DAvso~ (1941) bei 'Fluorid und Monojodessigs~ure angenommen wird, fiir mSglich erachtet. Die weiteren Untersuchungen ergaben jedoch, dab eine kausale Verkniipfung bei unseren Substanzen nicht vorzuliegen scheint und dab diese unmit telbar auf die Erythro- cy tenmembran wirken. (Auf Grund neuerer Untersuchungen nehmen GREEN U. PARPART auch bei Fluorid und Monojodessigs~ure eine direkte Beeinflussung der Mempranpermeabili t~t dutch diese K6rper an.) Ob bei der Wirkung unserer Substanzen eine Hemmung des aktiven Kalium- transportes oder eine Erh5hung der passiven Kaliumpermeabil i t~t im Vordergrund steht, l~Bt sich nicht entscheiden. Die Beobachtungen an subst ra tverarmten BlutkSrperchen sprechen zumindest fiir eine Be- teiligung des letzteren Mechanismus. Eine gewisse ~hnlichkeit in der Abstufung yon Glykolysest6rung und ResistenzerhShung bei den ver- schiedenen Substanzen l~Bt daran denken, dal~ die gleichen Wirkgruppen der KSrper einerseits best immte Strukturen der Zellmembran, anderer- seits an der Glykolyse beteiligte Fermente in Mitleidenschaft ziehen.

Die Untersuchung der Beziehungen zwischen Konst i tut ion einzelner Substanzen und ihrer Beeinflussung der Glykolyse zeigt ~hnliche Ver- h~ltnisse wie bei der Cholinacetylase (BEILER U. Mitarb., 1950). BeLder Hemmung dieses Fermentes wird die ortho-Enolstruktur des Flavon0~, wie auch die ortho-Dioxykonfiguration des Benzolringes als ]~edeutsam

Page 13: Über die Wirkung von Flavon- und Cumarinabkömmlingen auf rote Blutkörperchen

340 A. ttsRz:

angesehen; dureh •bergang in Chinone sollen die wirksamen KSrper entstehen. Die Cholinacetylase ist ein SH-Ferment; da aueh an der Glykolyse derartige Enzyme betefligt sind, ist diese ti, hnlichkeit niche verwunderhch. Die starke Glykolysehemmung durch Hesperetin, das derartige funktionelle Gruppen nicht besitzt, ist auff~llig und diirfte mit der Hemmung weiterer an der Glykolyse beteiligter Fermente znsammen- h~ngen.

Der Vergleich zwisehen Meersehweinehen- und Pferdeblut zeigt, daft eine Reihe yon Substanzen bei beiden Blutarten, in Ausmal3 und Verlauf reeht ~hnliche ResistenzerhShungen hervorrufen, w~hrend die bei Pferde- blur auftretenden, schnell einsetzenden Resistenzverminderungen an Meerschweinehenblut nur angedeutet sind. Eine Reihe der vorher mit- geteilten Beobachtungen deutet darauf hin, dab diese beiden entgegen- gesetzten Wirkungen nicht versehiedene Phasen eines gleiehartigen Meehanismus - - etwa einer Kationendurchl~ssigkeitserhShung im Sinne einer kolloid-osmotischen H~molyse (WILBRXNDT, 1942) - - sind, sondern dal3 diesen wesentlich verschiedene Ursachen zugrunde liegen, deren eine, unter den Bedingungen - - dieser Versuche, eine deutliehe Wirkung nur an Pferdeblut entfaJten kann. W~hrend die Ursaehe der Resistenz- erhShung in einem Kaliumverlust zu suchen ist, bedarf der Mechanismus der Resistenzerniedrigung noch der Aufkl~rung.

Zusammenfassung Die Beeinflussung der osmotischen ResisterLz roter Blutk6rperchen

durch eine Anzahl Substanzen mit Flavon- und Cumaringeriist wurde untersucht. Hierbei liel3en sieh zwei Wirkungen voneinander abgrenzen:

1. eine langsam einsetzende, mehr oder weniger deutliehe Erh6hung der osmotischen Resistenz, die durch eine Reihe yon Substanzen bei Meerschweinchen- und Pferdeblut in ~hnlicher Weise hervorgerufen wird;

2. eine sehr schnell einsetzende, nach ~ - - 1 Std jedoch fast voll- kommen zum Stillstand gelangende Verminderung der osmotischen Resistenz, die bei Pferdeblut ausgepr~gt, bei Meerschweinchenblut unter den angewar~dten Versuchsbedingungen aber kaum angedeutet ist.

Die ErhShung der osmotischen Resistenz t r i t t nur unter Versuchs- bedingungen ein, bei denen ein deutlicher Konzentrationsgradient fiir Kalium zwischen Zellinnerem und Auflenphase vorliegt. Es kommt zu Kaliumverlust der Erythrocyten, der nur teilweise durch Natriumein- wanderung ausgegliehen wird, so dal3 der osmotisch wirksame Inhalt der Zellen abnimmt. Ein Zusammenhang mit einer Permeabilit~tsverminde- rung oder Strukturverfestigung der Erythroeytenmembran besteht nicht; die Ermitt lung der osmotischen Resistenz ist daher nicht geeignet zur Priifung yon Substanzen auf sogenannte Vitamin P-Wirksamkeit.

Page 14: Über die Wirkung von Flavon- und Cumarinabkömmlingen auf rote Blutkörperchen

Wirkung von Flavon- und CumarinabkSmmlingen auf rote BlutkSrperchen 341

E i n Tei l d e r F l a v o n - u n d C u m a r i n a b k S m m l i n g e bee inf luBt die G l y k o -

lyse y o n M e e r s c h w e i n c h e n e r y t h r o c y t e n . E i n u n m i t t e l b a r e r Z u s a m m e n - h a n g zwi schen G l y k o l y s e h e m m u n g u n d K a l i u m p e r m e a b i l i t ~ t , wie e r

t e i lwe ise be i a n d e r e n G l y k o l y s e g f f t e n a n g e n o m i n e n wird , i s t be i u n s e r e n S u b s t a n z e n n i c h t n a c h z u w e i s e n . D ie K S r p e r w i r k e n u n m i t t e l b a r a u f die

M e m b r a n d e r r o t e n B l u t k S r p e r c h e n . B e z i e h u n g e n z w i s c h e n Glyko lyse - h e m m u n g u n d d e r K o n s t i t u t i o n d e r S u b s t a n z e n w e r d e n besp rochen .

L i t e r a t u r

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Dr. ALBERT HERZ, Pharmakol. Insti tut d. Univ. Miinehen, Nuflbaumstr. 28

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