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Über die Zucht der Anopheles und die Verwendung der Anopheles zur Malariabehandlung der Paralytiker

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Page 1: Über die Zucht der Anopheles und die Verwendung der Anopheles zur Malariabehandlung der Paralytiker

(Aus der Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Diisseldorf-Grafenberg und der Psychiatrischen Klinik der Medizinischen Akademie [Direktor: Prof. Dr. Sioli].)

Uber die Zucht derAnopheles und die Verwendung der Anopheles zur Malariabehandlung der Paralytiker.

Von Prof. F. Sioli, Dr. A. Kentenich und 0rtrud u 1.

Mit 2 Textabbildungen.

(Eingegangen am 25. M~rz 1936.)

Nachdem sich die Paralysetherapie durch Malariafibertragung nach Wagner-Jauregg wohl in der ganzen Welt eingeffihrt hat, haben sich eine Reihe yon Gesichtspunkten ergeben in bezug auf Art und Durchffihrung dieser experimentellen Malariatherapie bei der Grundkrankheit der Paralyse und bei der durch sie gesetzten therapeutischen Malariaerkran- kung. ~ b e r diese im Gebiet der Psychiatrie sich abspielenden Probleme hinaus ist durch die Impfmalar ia auch eine Reihe yon Problemen der natfirlichen Malaria belebt worden.

W~hrend in Deutschland durchgehend die Art der Malariafibertra- gung gefibt worden ist, die Wagner-Jauregg angegeben hat, daft aus- gehend yon ei~em Tert ianakranken durch Blutfibertragung yon Mensch zu Mensch die Malaria fortgefiihrt wurde, haben in einigen anderen L~ndern sieh Methoden des Gangs der Malaria fiber die Anopheles- mficke ausgebildet und werden dort gefibt. Versuche dieser Art sind erstmalig yon Warrington Yorlce und Mac/ie in England durchgeffihrt worden. Sie sind sparer yon James, Nicol und Shute an einem grSBeren Material in Horton fortgesetzt worden.

I m deutschen Sehrifttum ist die Frage der ~ber t ragbarkei t der in den humanen Passagen fortgezfichteten Impfmalar ia auf die Anophelen und deren Rfickfibertragung auf den Menschen auch yon 1924 an yon Wagner-Jauregg und seinen Mitarbeitern, von Mi~hlens und Kirschbaum

1 Eine ausfiihrliche Beschreibung unserer Anopheleszucht mit eingehender Dar- stellung der Technik erscheint yon Frl. Ortrud Vollmer im Arch. Schiffs- u. Tropen- hyg. unter den Titeln ,,Kleiner Beitrag zur Kenntnis der Verbreitung der Ano- pheles im Rheinland" and ,,~ber Anopheles maculipennis-Dauerzucht und einige Zuchtversuche".

Es ist uns ein Bediirfnis, an dieser Stelle den Herren Colonel S. P. James und Mr. 1 ). G. Shute vom Malarialaboratorium des Ministry of Health in Horton-Epsom bei London zu danken ftir den Einblick in ihre Malariafibertragungsversuche, die sie im Herbst 1934 Frl. VoUmer bei einem 4wSchigen Aufenthalt an ihrem Labora- torium gew~hrt haben. Ebenso sind wir Herrn Prof. Martini-Hamburg zu Dank verpflichtet, bei dem Frl. Vollmer in der Teehnik der medizinisehen Entomologie ausgebildet wurde.

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und yon Fischer bearbeitet worden; in Gerstmanns Buch fiber die Malaria- behandlung der progressiven Paralyse ist darfiber ausffihrlieh beriehtet. In Deutschland hat sich die lJbertragungsmethode fiber die Anopheles nicht eingeffihrt. In einigen anderen L/~ndern wird sie heute noeh ge- fibt und einige Autoren, die beide lJbertragungsarten kennen, stehen auf dem Standpunkt, dab in der lJbertragung fiber die infizierte Ano- phelesmfieke unter Umst/~nden manche Vorteile zu sehen sind. Es schien uns auch in Deutschland allm/~hlich das Bedfirfnis nach der MSglichkeit einer Variation der ~bertragung vorhanden zu sein. Bei der immer grSl3eren Verbreitung der Malariatherapie der Paralyse und dem Be- dfirfnis von Wiederholungskuren an schon frfiher mit Malaria Behandelten ergaben sich gelegentlich Sehwierigkeiten des Angehens der wieder- holten Infektion, die ffir Versuehe von Variationen der Impfung sprachen.

Aus diesen lJberlegungen ergab sieh bei uns der Wunsch, die Passage der Malariabehandlung fiber Anophelesmficken gehen zu lassen und auch bei uns diese Methode auszuarbeiten. Es sollte dabei zun/~chst noeh ganz often gelassen werden, welche Folgerungen sich naeh Durcharbei- tung der Methode ergeben wfirden.

Im Jahre 1933 wurde bei uns der Durchffihrung der Malariaimpfung durch die Anophelesmficke n/~hergetreten und die Einrichtung daffir gesehaffen. Es erschien notwendig, dazu zun/~chst die staatliche Ge- nehmigung einzuholen, und auf unseren Antrag mit Vorlegung des Plans erkl/~rte der Preul3. Innenminister, dab er keine Bedenken erhebe gegen die Absicht, in der Heil- und Pflegeanstalt Dfisseldorf-Grafenberg zur Malariabehandlung der Paralytiker die Passage fiber Anopheles- miicken einzuffihren. Auch der Landeshauptmann der Rheinprovinz erkl~rte sich mit der Durehffihrung der Einrichtung einverstanden. Darauf wurde im Herbst 1933 zur Mfickenzucht ein besonderer, als ,,Mfickenstall" bezeichneter Bau erriehtet.

Dieser besteht aus drei R~umen, die in verschiedener Temperatur gehalten werden: dem Warmraum yon etwa 11 qm Bodenfli~ehe, dem mitteltemperierten Raum yon etwa der gleichen Bodenfl/~ehe und dem kleineren Kaltraum yon 3 qm Bodenfl~che. Der Eingang zu den beiden gr6Beren R~umen liegt am mitteltem- perierten, der Warmraum ist nur durch den mitteltemperierten l~um zug/~nglich. Der Kaltraum hat einen gesonderten Eingang. Die Sachlage erforderte es, un- beschadet der K~figsicherungen die R~ume selbst zu sichern: Es sind daher alle 0ffnungen mit Kupferdrahtgaze gesehlossen. Die Eingangstiir zu den beiden w~rmeren l~umen hat eine Sicherungsschleuse mit Kupferdraht. Die Fenster sind auBerdem als Doppelfenster angelegt, zwischen denen sich die Kupferdrahtgaze befindet.

Im Laufe unserer Arbeit hat sich gezeigt, dab die R~ume in der ihnen gegebenen Gr6Be etwas zu klein sind, und dab es wiinschenswerter w~re, ihnen gegebenenfatls eine etwas grfBere Grundfl~che zu geben. Unsere bauliche Einrichtung wiirden wir noch etwas heller wiinschen, als sie beim Bau erstellt worden ist, obwohl sie durch l%nster und Oberlicht bereits eine gute Helligkeit hat. Es erscheint uns nach unseren Erfahrungen im Interesse der Zueht wiinsehenswert, eine Belichtung der Zuchtr~ume zu haben, die den Charakter ausgesproehenen Atelierliehts hat.

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Die P~ume bediirfen einer gleiehmi~13igen Temperatur. Die Gleichm/~13igkeit wurde angestrebt durch Wandisolierung mit Herraklith unter dem Verputz der Wi~nde und des ])aches sowie dutch die Doppelfenster. Die Beheizung geschieht dutch eine Warmwasserheizung, welche automatisch durch Thermostaten regulier t wird. Fiir die Zucht und die Infektion sind folgende Temperaturen notwendig: im Warmraum 24---26 ~ im mittelwarmen Raum 18---220 C (in diesem Rahmen ist die Konstanz der Temperatur nicht yon ausschlaggebender Bedeutung, weil die Tiere ja aueh im Freien Temperaturschwankungen ausgesetzt sind), der Kalt- raum bedarf keiner Beheizung.

Sowohl der warme wie der mitteltemperierte Raum bediirfen erhOhter Luft- feuchtigkeit von 70--100% am Polymeter nach Lambrecht, die erzielt wird durch Aufstellen yon Wasserschalen und Aufh~ngen yon feuchten Tfichern. In diesen l~umen wurde zun~chst die Zueht der Anopheles betrieben und dann mit der Verwendung der Anopheles zur Infektion begonnen.

Zueht der Anopheles. In den obengenannten R/~umen begann vom November 1933 an die

Zueht unter Obhut yon Frl. "Vollmer, die fiber eine besondere Ausbildung bei Herrn Prof. Martini in Ha m burg verfiigte. Die Zucht wurde in vier K/~figen aufgenommen.

Der eine K/~fig enthielt Anopheles elutus, die aus einem Eigelege aus Burgas in Rum/inien stammten; diese gingen im Laufe der Zeit ein. Wir ftihren das Ein- gehen darauf zuriick, dab der K/~fig zu eng war, so dab keine Begattungsfliige und keine Eiablagen stattfanden. Ein weiterer K~fig enthielt Anopheles maculipennis messeae, welche yon Frl. Vollmer in den Sehweinest/~llen der l/~ndlichen Umgebung gefangen worden waren. Auch dieser Stature ging im Laufe der Zeit ein; wir er- kl~ren es uns damit, dab die sp/~ter zu schildernde Em/~hrung ihm nicht paBte. Ein weiterer K/~fig enthielt Anopheles bifurcatus, die in unmittelbar am Rhein gelegenen Stallungen gefangen waren. Auch dieser Stamm ging uns allm/~hlich im Laufe yon Monaten ein. Wir erkl/~ren dies damit, dab seine Ansprtiche grSBer sind als die der nachher zu benennenden atroparvus. Der vierte K/~fig enthielt Anopheles maculipennis atroparvus, aus Schweinestitllen der Umgebung gefangen. Diese Rasse zeigte sich als die am leiehtesten ziichtbare, und allm~hlich ist unsere ganze Zucht auf sie eingestellt worden. Die genannten vier K/~fige sollten dem Aus- bau der Zueht dienen, wobei yon vornherein vorgesehen war, dab ein gewisser Zufang notwendig werden wtirde.

Der Miickenfang wurde, wie schon aus den genannten Herkunfts- orten hervorgeht, in der Umgebung Dfisseldorfs, sowohl in dem leicht gewellten bergischen Land wie im Flachlande, betrieben, und zwar meist im Oktober/November, aber auch im Friihjahr. Die Erfahrung zeigte, dab besonders in alten Schweinest/~llen mit niedriger Decke und ge- niigender Luftfeuchtigkeit vereinzelt unter Culex pipiens und Theo- baldia annulata Anopheles a t roparvus und die obengenannten anderen Rassen zu finden sind und im Herbs t nicht nur in SchweinestMlen, son- dern auch in Kellern mit dem Fangglas gefangen werden kSnnen.

Nachdem wir zu Anfang mehrfach zugefangen hat ten, sind wir jetzt der Meinung, dab ein Zufang nu t noch zur Verhinderung der Degeneration im Herbst eines jeden Jahres nStig ist. (Das Fangergebnis im Herbst 1935 in den Schweinest/~llen einer groBen Wir tschaf t eines kleinen Nachbaror ts

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yon Dfisseldorf betrug in 11/2 Tagen etwa 100 Stfick, ein Zeichen ffir das nur vereinzelte Vorkommen der Anopheles.) Im vorigen Jahre war der Zufang umfangreicher nStig, um fiber die legearme Winterzeit hinwegzukommen, denn die hier gezogenen Mficken waren in dieser Zeit legefaul. Die frfihiiberwinterten zugefangenen Tiere nahmen dagegen nach Erw/irmung frfihzeitig Nahrung auf und legten Eier ab. Die Zucht bedarf des Raumes mittlerer Temperatur yon 18--22 ~

Naehdem ihr Aufbau jetzt vollendet ist , verl/iuft die Zucht in fol- gender Weise : 2000--3000 Imagines befinden sich in einem groBen 90 em langen, 50 em breiten und 60 cm hohen Ki~fig, auf dessen Boden 6 Glas- schalen yon ungef/ihr 20--22 cm Durchmesser mit Regenwasser zur Ei- ablage stehen und zwei Petrischalen mit in Zuckerwasser getr/inkter Watte als Zwischennahrung. Die Erfahrung hat gezeigt, dab es wfin- schenswert ist, die K/ifige zum Teil mit Brettern zu bedecken, yon denen seitlieh feuchte Tficher herunterh/~ngen. Die Mficken halten sich fiber- wiegend unter diesen Brettern auf, offenbar weil die Feuchtigkeit unter ihnen grSBer ist.

Die in diesen Zuchtk~figen gehaltenen Tiere bedfirfen der Em~hrung, und zwar der Blutnahrung. Die K/ifige selbst sind zum Einbringen so gearbeitet, dab ihre Vorderseite in einen Schleusen/irmel fibergeht, durch den der Innenraum des K/~figs bedient werden kann. Die Erfahrungen fiber die Blutnahrung wurden langsam gemacht. Frl. Vollmer bot dan- kenswerterweise zun/~chst selbst die Blutnahrung durch Einbringung ihres Arms, an dem die Tiere gut sogen. Durch diese Sicherung der Blut- nahrung war Zeit gegeben, andere Versuehe zu maehen, Versuche mit Meerschweinchen, Kaninchen und schlieBlich Ferkeln. Meerschweinchen erwiesen sich als ganz ungeeignet. Nicht einmal im Sommer nahmen die Miicken vom Meerschweinchen, selbst nicht vom rasierten, in in Betracht kommender Menge Blur. Kaninchen sind besser: Am rasierten Ka- ninchen saugen 30 40% der im K/~fig befindlichen Tiere; seitdem wir die K/ifige mit der groBen Anzahl von 2000--3000 besetzt haben, werden zwei Kaninchen eingebracht.

Als der geeignetste Blutspender aber erwies sich das Ferkel. Mit der Verwendung dieses Tieres wurde begonnen aus den Cberlegungen von Frl. Vollmer, dab die Mehrzahl der Mficken in der Natur sich in den Schweinest/illen finder. Das Ferkel wird in 2 Woehen 3mal ffir je eine Nacht in einen K/~fig eingebracht (die Einbringung geschieht, indem das Ferkel in einem kleinen K/~fig aus starken Eisenbi~ndern einge- schlossen wird - - ebenso wie eventuell das Kaninchen - - , auf dessen GrSBe der obengenannte Schleusen~rmel des Zuchtk/~figs eingeriehtet ist). Bei der Einbringung pflegen keine Tiere zu entweichen, weil sieh der J~rmel nach innen stfilpt; bei der Ausbringung ist das Entweichen einiger Tiere (ungef/~hr 10) unvermeidbar, weil sie noch im Tierk/~fig und am Tier selber sitzen. Am Ferkel saugen in einer Nacht 80--90%

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der Weibchen, im Winter etwas weniger, ungef~hr 70 %. Es scheint uns, da6, wenn keine Eibildung eintritt, die Verdauung bereits nach 2 Tagen beendet ist; wir schlielen dies daraus, dab eine ganze Reihe von Mficken schon nach 2 Tagen wieder saugt. Aber auch bei dem Beginn der Ei- entwicklung wird von vielen nochmals eine Blutmahlzeit genommen.

Die Eiablage machte uns zunitchst Sorgen. Wie oben erw~hnt, be- gann die Zucht im November und fiel damit in die Wintermonate; in diesen Monaten des Winters 1933 auf 1934 waren wir froh, den Bestand zu erhalten, der dann im Frfihjahr 1934 durch Fang stark aufgeffillt wurde. Im Winter 1934 auf 1935 war inzwischen die Blutnahrung durch das Ferkel so durchgeffihrt und die t3bung so fortgeschritten, dab wir im Winter 1934/35 und im Winter 1935/36 keine Sorge um Eiablagen hatten, sondern auch in den Wintermonaten reichlich Eiablagen sahen (z. B. am 9. Januar 1936 aus zwei K~figen mit je etwa 2000 Anopheles atroparvus 22 Gelege). I m Sommer ist naturgem~B die Zahl der Ei- ablagen eine vielfache. Die Eiablagen geschehen auf den erwithnten Schalen mit Regenwasser, aus diesen werden sie mit dem Pinsel auf die Zuchtschalen iibertragen.

Die Zuchtschalen sind glasierte Bunzlauer Tonschalen yon un- gefi~hr 37 cm Durchmesser. Zunii, chst haben wir diese nur mit Leitungs- wasser und trockenem Heu beschickt. Unter diesen Verh~ltnissen ge- diehen zwar die Tiere, blieben aber merkwfirdig klein. Nach dem Be- such von Frl. Vollmer in London im Herbst 1934 bei den Herren Colonel James und Shute gingen wir nach dem Beispiel der Englander dazu fiber, auf Regenwasser mit eingesetztem Grassoden (ausgestochene Rasen- stficke) zu zfichten. Unter diesen Bedingungen wurden die Tiere grSler. Aus den Eiern bilden sich fiber das 1., 2., 3. und 4. Larvenstadium in 4 Wochen Puppen.

Auf der Oberfl~che des Tonschaleninhalts, in dem die Larven leben, bildet sich durch zunehmende F~ulnis ein Oberfl~chenfilm, der aus Bak- terien, Flagellaten, Pilzen und ihren Nekrosen besteht. Es handelt sich darum, das richtige Verhi~ltnis zwischen der Zahl der Larven und diesem Oberfli, chenfilm, yon dem die Larven leben, zu erhalten. Der Ober- fls darf nicht so fiberwuchern, dab er die Larven erstickt. Ein richtiges Verh~ltnis seheint nach unserer Erfahrung vorzuliegen, wenn man auf jede Schale 2 4 Gelege pinselt. Das richtige Verh~ltnis scheint erhalten zu bleiben, wenn das zwar trfibe Wasser keine makroskopiseh sichtbare Oberfl~chenschicht hat. Bildet sich ein Oberflitchenfilm, so m u l dieser mit der flachen Hand abgefangen werden, die Larven weichen bei dieser Prozedur yon selbst yon der Oberfl~che auf den Grund.

Sobald Puppen sichtbar sind, werden sie herauspipettiert und in eine Schale mit klarem Regenwasser gebracht, das t~glich gewechselt wird. Diese Schalen werden bereits in einen Zuchtk~fig gestellt; die Imagines pflegen nach 2- -4 Tagen Aufenthalt der Puppen im Wasser

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zu schliipfen und befinden sich alsdann in 1 Zuchtk/~fig. In diesen Wasser. schalen werden einige Korkstiickchen (schmale Scheiben eines Flaschen- korks) gehalten, damit die schliipfenden Imagines Halt linden. Von den Imagines in den Zuchtk/~figen pflegen die Mi~nnchen ziemlich schnell zu sterben (schiitzungsweise in einigen Wochen). Die Weibchen leben im K/~fig unbestimmbar 1/s fiberwintern auch und treiben nach unserer Erfahrung auch im Winter Eiablage. Begattungsflfige der M/~nnchen sind bei uns auch im Winter in den K/ifigen beobachtet worden.

Abb. 1. Nr. 1: Zuchtk~ifig m i t a m h in te ren Ende anhfingender Befeuch tungsgard ine . Nr. 2: Sort ierk~fig. Nr. 3: Isolierk~i.fig (zu Spezia luntersuchungen) . Nr. 4: Stechkhfig. I n der Mit te Zuch t scha le yon Bunz lauer Ton m i t e ingesc tz t em Grassoden, davo r Glasschale

m i t a u f s c h w i m m e n d e n Korks t f ickchen z u m Ausschl i ipfen der Puppen .

Auf der geschilderten Basis ist die Zucht der Anopheles maculi- pennis atroparvus jetzt bei uns gesichert. Die Eiablage und die Ent- wicklung von Ei, Larve und Puppe bis zum Schliipfen des Imago ge- schieht bei uns so reichlich, dai~ wir sogar im Winter zeitweise einen ~berschuit in der Zucht haben, der dadurch reduziert wird, dal~ nicht alle Eiablagen weiterbearbeitet werden. Als ausreichenden Bestand be- trachten wir vorl/~ufig fiir unsere nachfolgend aufgefiihrten Zwecke eine Zahl von 4000--5000 Stfick, die in zwei Zuchtk/~figen der genannten Art gehalten werden, und deren Erhaltung einen Dauerbetrieb von ungef/ihr 12--14 Tonschalen zur Larvenaufzucht erfordert. Die genannte Zwischen- nahrung von Zuckerwasser auf Wattebausch in den K/~figen scheint iiberwiegend Iiir die M/~nnchen wichtig; man sieht die M/knnchen oft abends haufenweise auf dieser Watte sitzen, da sie kein Blur saugen.

Wie schon oben erw/~hnt, ist die Konstanz der Temperatur des Zucht- raums kein au•erordentlich wichtiges Problem und kann auch fiber 18

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bis 220 schwanken. Erhebliches Absinken der Temperatur fiihrt zur Stockung der Nahrungsaufnahme und der Eiablage. Wird die Tem- peratur wieder erhSht, so setzen die Funktionen wieder ein. Ober Weih- nachten 1935 haben wir auf diese Weise ftir 10 Tage die Zueht unter- brochen. Wichtig abet ist die Luftfeuchtigkeit, die nicht unter 70% sinken sell. Heruntergehen unter diese Luftfeuehtigkeit hat uns stets eine tiber das normale Mal~ hinausgehende Vermehrung der Toten in den K~figen gebraeht. In deu K~figen sterben selbstverstgndlieh eine gewisse Menge von Tieren den natfirlichen Alterstod unct liegen als Leichen auf dem Boden. Unsere Gelege enthalten durchschnittlich etwa 200 Eier (100--300), yon denen ungef~hr 1/4--1/6 sich dureh die 4 bis 5 Wochen der Larvenaufzueht hindurch bis zum Imago entwickelt (aus einer Zuchtschale etwa 100).

Von den Tieren eigener Zucht haben wir keine im Kaltraum tiber- wintern lassen. Die aus den Stgllen zugefangenen Herbsttiere wurden, soweit sie mager waren, noch 1- oder 2real dem Ferkel angesetzt und dann im Kaltraum (d. h. dem Raum, der der Aul3entemperatur entspricht) zur ~)berwinterung abgesetzt und im friihen Frtihjahr (von Januar an) in einem besonderen weiteren Zuehtk~fig im mittelwarmen oder warmen Raum ern~Lhrt bis zur Eiablage. Naeh der Eiablage werden die Atroparvusgelege naeh Aufzucht zu Puppen zu dem Hauptbestand in den beiden Sammelks genommen.

In~ektion tier Anopheles vom tertianakranken Paralytiker und Infektion des Paralytikers fiber die Anopheles.

Unsere Infektionsversuche begannen gleich, naehdem der Mficken- stall besetzt war, im November 1933. Wir begannen zun~chst damit, dab wir in einem kleinen (12 • 8 • 8 cm) Gazek~Lfig am Oberschenkel oder Arm des Patienten je 20 aus dem Zuchtkgfig herausgefangene Ano- phelen unter der Bottdeeke ffir 1 Stunde angesetzt haben. Der angesetzte Kgfig wird durch Sandss festgelegt. Von den hungrigen Tieren pflegen etwa 80% zu saugen.

Im Laufe der Zeit sind wir dazu iibergegangen, die Zahl der Tiere wesentlich zu vermehren und nicht nur einen Kgfig, sondern bis zu 200 Tiere in vier K~Lfigen zu 50 Tieren gleichzeitig anzusetzen; yon diesen 200 pflegen auch etwa 80 % zu saugen. Nach Absetzen des Steeh- k~figs wird die Haut des Patienten an der betreffenden Stelle mit Cam- pherspiritus abgerieben. Wir haben keine Klagen von den Kranken fiber die Stiche geh6rt. Die gleichen KAfige werden 1- oder 2mal oder noch 5fter (je nach Lage des spAter zu erwghnenden Plasmodienbefundes) angesetzt. Die kleinen ,,Stechks ( = Patientenks werden als- dann in einen etwas gr5Beren (55 • 30 • 33 cm) K~Lfig - - ,,Sortier- k~Lfig" - - entleert. In diesem K~fig werden die nieht vollgesogenen

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Tiere bei st~rkster Beleuchtung mit dem Fangglas aussortiert , die voll- gesogenen kommen in den Holzk~fig fiir infizierte Tiere - - , , Infektions- k~fig". Dieser Infektionsks ist e rbaut nach dem Modell der ent- sprechenden K~fige, die Frl. Vollmer bei Colone] James und Mister Shute im Malaria Labora tory of the Ministry of Heal th in London-Epsom

kennengelern t ha t und die wir hier mi t Er laubnis yon Mister Shute beschreiben.

Ein solcher Kafig ist ein Holz- gestell von je 46 cm Kantenl~nge in Wfirfelform, dessen Boden und Dachfl~che aus Holz bestehen; unterhalb des Holzes ist das Dach mit Gaze bezogen, damit die Weibchen sich an der Decke fest- h~ngen kSnnen. Die vier Seiten- flachen sind nur mit Gaze be- spannt, in den 4. Teil dieses K~- figs ist ein weiterer K~fig aus starkem Maschendraht eingebaut, 46 • 23 • 23cm groB; dieser K~fig hat als Boden einen aus- wechselbaren Zinkeinsatz, der auf den Holzboden des Gesamtk~figs geschoben wird und ist mit einer Holztfire verschlossen. Neben der Holztfire befindet sich der Gaze- schleusen&rmel als Zugang zum Gesamtk~fig.

In das Maschendrahtki~figab- teil wird das der Blutnahrung

Abb. 2. Infektionskafig aus Holz mit Gaze bespannt und eingebautem Maschcndrahtkfifig ffir Kauinchen. dienende Kaninchen auf dem Die Abbildung zeigt zwei iibereinanderstehende Zinkblecheinsatz, der mit Sage- K~fige, der untere mit ge6ffneter Tiir und auf- gerolltem Schlcusen~rmel, am oberen beide ge- sp~nen gefiillt ist, eingebracht. schlossen. Seitlich hangt die Bcfeuchtungsgardinc. Die Mficken werden durch den

Schleusengrmel eingebracht und haben Gelegenheit zu freiem Anflug zum Kaninchen durch die Maschen des Draht- k~figs. Auch an diesem K&fig h&ngt seitlich eine befeuchtete Gardine, die mit dem Holz nicht in Berfihrung kommen daft.

Dieser K/ifig s teht im Warmraum, der auch als In fek t ions raum be- zeichnet werden kann, der sich also in der Dauer tempera tu r yon 24 bis 26 o bei einer relat iven Luftfeuchtigkeit yon mindestens 70% bef inden soll. I n diesem Kiifig bleiben die infizierten Tiere 12--14 Tage, und jede Nacht w/~hrend dieser Zeit wird ein Kan inchen zur B lu tnah rung ein- gesetzt. Vom 7.--8. Tage nach der Infekt ion werden die Toten seziert, vom 9. Tage an, wenn keine Toten da sind, einzelne Tiere aus dem leben-

den Bestand.

Aus der Pr/ iparat ion ergibt sich ein ungefi~hrer Anha l t fiber die Zahl der s ta t tgehab ten Infek t ionen un te r den Tieren durch den Nachweis

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von Magencysten und vom 9.--10. Tage durch Sporozoitenbefund in den Speicheldriisen. Wenn sich nach 10--12 Tagen zeigt, dab ungef/~hr 40- -50% der untersuchten Tiere Sporozoiteninfektionen aufweisen, so gilt uns dieser Schwarm als infektionstiichtig fiir Weiterf ibertragung der Malaria yon der Anopheles auf den Menschen. Es sind dann yon durch- schnittlich 200 der Infekt ion ausgesetzten Tieren noch ungefi~hr 100 vor- handen. Aus dem Infektionsk~fig werden diese alsdann herausgefangen in die kleinen Stechk~fige zu je 50 Stiick und zur Uber t ragung von der Anopheles auf den Menschea in der gleichen ~ Weise wie ursprfinglich bei der Infekt ion der Mficken angesetzt.

Nachdem ein solcher Schwarm zur Infekt ion des Menschen gebraucht worden ist, wird er in den Holzinfektionsk~fig zurfickgebracht und aus dem W a r m r a u m nach mehrstfindigem Ubergangsaufenthal t im mittel- warmen R a u m in den Ka l t r aum gestellt. I n diesem R a u m bedarf es dann nur der Ffirsorge ffir etwas erhShte Luftfeuchtigkei t durch Auf- h~ngen yon feuchten Tfichern, und der Schwarm bleibt sich selbst fiber- lassen bis zum Wiedergebrauch ffir Pat ienteninfekt ion; dazu wird der K~fig alsdann fiber den Mittelraum in den W a r m r a u m transport iert , und sein Inhal t kann am n~chsten Tage wieder zur Infekt ion verwandt werden, bis durch den natiirlichen Tod der K~fig ausgestorben ist. Zum Herausfangen der Tiere aus dem Infektionsk~fig in die Stechk~fige wird der K/~fig aus ungefi~hr 2 m Ent fe rnung unter die Beleuchtung der Vitaluxlampe gebracht, einerseits, um im Hellen leichter zu arbeiten, andererseits, um die Tiere durch das Licht zu fiberlisten zur Bereit- schaft ffir die kommende Blutaufnahme. Um eine l~bersicht fiber den Ablauf dieses gesamten Hergangs n i t Verlusten zu geben, nennen wir hintereinander zwei verschiedene Versuchsgi~nge:

Versuch Nr. 27 (aus Stamm I): =&us dem Zuchtkafig werden am 20. 5.35 140 Weibchen in 3 Stechk~fige ein-

gesetzt und dem fiebernden 1)atienten Jaen. (Gameten ~-) angesetzt. Es saugen 100, diese werden in den Infektionsk~fig zuriickgebracht.

Praparation am 29 .5 .35 :1 Weibchen: Magen + n i t 3 Cysten; am 31.5. 35: 1 Weibchen: Magen ~- mit 2 Cysten; Sporozoiten schwach + ; am 3.6. 35:1 Weib- chen: Magen + mit 1 Cyste, Sporozoiten + ; 1 Weibchen: Magen + mit 3 Cysten, und black Spores, Sporozoiten ~- ; am 6.6. 35:1 Weibchen: Magen ~- mit 8 Cysten, Sporozoiten-t-; 1 Weibchen: Magen 0, Sporozoiten 0.

Es leben am 6.6.35 noch 42 Miicken. Am 7.6. 35 werden diese 42 aus dem Infektionsk~fig in die Stechk~fige fibertragen und den Patienten Heil. angesetzt. Es saugen 30. Die 42 werden in den Infektionsk/~fig zurfickgebracht.

Preparation am 7.6. 3 5 : 5 Weibchen, yon diesen haben 2 je 1 Mageneyste, alle 5 haben Sporozoiten; am 13.6.35 leben noeh 15 Weibchen, 2 tote pr~pariert, beide Sporozoiten -~. Am 15.6. 35 leben noch 9 Weibchen. Am 24.6. 35 sind alle Miicken tot.

Patient Hell. fiebert zum erstenmal am 13.6. 35, er fiebert fortlaufend ab 21.6. 35. 1)lasmodienbefund am 21.6. 35 positiv.

Versuch Nr. 31 (aus Stature I I ) : Aus dem Zuchtk~fig werden am 6. 12. 35 200 Mticken in 4 K~fige gebracht

and dem Patienten Krfig. (Gameten sp~rlich) angesetzt. Es saugen 188. Diese

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werden am gleichen Tage in den Infektionsk/~fig zuriickgebraeht und am 7.12. erneut in die Steehkafige gebracht und dem gleichen Patienten angesetzt. Es saugen yon den 188 erneut 14. Die 188 werden in den Infektionskafig zuriick- gebracht und am 9. 12. sind yon diesen 30 tot. Die iiberlebenden 158 werden er- neut in den Stechk~fig gebracht, und es saugen yon ihnen am gleiehen Patienten am 9.12. wieder 60%. Die 158 werden in den Infektionsk~fig zuriickgebraeht.

Praparation: An, 16. 12. 3 5 : 1 krankes Weibehen: Magen 0, black Spores, Sporozoiten -4-; am 18.12.35:1 Weibehen: Magen -b mit 7 Cysten, Sporozoiten + + ; 1 Weibchen: Magen 0, Sporozoiten +-4-; 1 Weibchen: Magen 0, Sporo- zoiten 0.

Es leben am 19. 12.35 noeh 120. Diese 120 werden am 20. 12. in den Stech- k~fig gebraeht und dem Patienten Domi. angesetzt; es saugen 48; sie bleiben im Stechkafig und werden am 22.12. dem gleichen Patienten angesetzt; es saugen 58. Aus dem Steehkafig werden die Miicken in den Infektionskafig zuriickgebraeht, und am 23.12. wird dieser kaltgestellt. Am 3. 1.36 wird der Infektionskafig in den Warmraum zurtickgebracht. Es leben am 4.1.36 noch 92.

Praparationen am 4. 1 .36 :1 Weibchen: Magen 0, black Spores, Sporozoiten + + ; 1 Weibchen: Magen 0, Sporozoiten § 1 Weibchen: Magen 0, Sporo- zoiten O.

Am 4. 1.36 werden die noch vorhandenen 92 Tiere in 2 Steehk~fige gebracht und der Patientin Frau Hennem. angesetzt; es saugen 75. Sie bleiben im Stech- kafig und werden am 6. 1.36 tier gleiehen Patientin erneut angesetzt; es saugen 56. Sie werden in den Infektionskafig gebraeht, dieser bleibt im warmen Raum. Am 8.1.36 leben noeh 71 Tiere. Diese werden in den Steehkafig gebraeht und am 8.1. tier Patientin Frl. Berkenb. angesetzt. Es saugen am 8.1.36 28; sie bleiben im Stechk~fig und werden am 10.1. tier gleiehen Patientin erneut angesetzt; es saugen 37. Am 11.1. werden die K~fige noch einmal tier Patientin angesetzt; es saugen 8.

Pat. Dotal. fiebert zum erstenmal am 25.12. 35, regelm~$ig ab 1.1.36. Plas- modienbefund am 3.1.36 positiv.

Pat. Hennem. fiebert zum erstenmal am 18.1.36, regelm/~Big ab 22. 1.36. Plasmodienbefund am 20.1.36 positiv.

Pat. Berkenb. fiebert zum erstenmal am 27.1.36, regelm/~Big ab 30. 1.36. Plasmodienbefund am 27.1.36 positiv.

Diese Versuchsg/~nge sollen zun/~chst zeigen, dab im Versuch eine reichliche Umse tzung der schon infizier ten Tiere erfolgt, naml ich je- wells bei dem l~bergang aus den Stechks in den Infektionsk/~fig und umgekehr t . Diese F a n g m a n i p u l a t i o n v o l h i e h t sich im W a r m r a u m und, wie schon oben erw~hnt , immer un te r dem hel len L ich t der Vi ta- luxlampe. Bei ausre ichender Sorgfal t bes teh t keine Gefahr fiir das En t - weichen der inf izier ten Miicken. Wohl aber is t es t ro tz gr61~ter Sorgfal t n icht zu vermeiden, dab beim Herausnehmen des Kaninchens , welches in dem Infekt ionsk~fig der no twendigen B lu tnahrung dient , vere inzel te Tiere entweichen. Bei der hiesigen Arbe i t k o m m t das En tweichen eines einzelnen Tieres ungef/~hr 3real im Monat vor. Da dieser Arbe i t sgang sich in dem W a r m r a u m abspiel t , der keinen unmi t t e l ba r e n Ausgang nach d rauSen ha t , sondern, wie eingangs erw/~hnt, h in te r dem Mit te l - r a u m sich befindet , tier ers t durch seine Schleuse den Zugang zur Aul~en- welt ha t , is t die ausre ichende Sicherhei t daft i r gegeben, dab in dem W a r m r a u m der F l i ich t l ing gefunden werden kann. E r muB gefunden

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werden! (Die M6glichkeit, da$ im Warmraum ein frisch geschlfipftes Tier aus einer in der Zuehtschale iibersehenen Puppe Anlal3 zur Ver- wechslung mit einem infizierten Fliichtling geben kSnnte, besteht des- halb nicht, weil die frischgeschliipften Tiere dicht dunkelgeschuppt sind und an den infizierten /ilteren Tieren die Schuppen abgesto[3en sind, sie heller sind und Blutnahrung oder Eier enthalten.)

Eine MSglichkeit zur Infektion dutch infizierte Tiere liegt ffir die Laborantin vor dadurch, dal3 sie beim Herausfangen der infizierten Tiere aus dem Infektionsk/ifig mit dem Fangglas eine Zeitlang, manch- mal bis zu 1/2 oder 1 Stunde, im Infektionsk~tfig hantieren mu$, um die einzelnen Tiere mit dem Fangglas aufzufangen.

Die beiden oben angefiihrten Versuche zeigen, dab die ~bertragung der Malaria yore malariageimpften Kranken auf die Anopheles und weiter yon der Anopheles auf den Patienten gelingt. Diese beiden Ver- suche zeigen das Durchschnittsergebnis, das im Jahre 1935 bei uns zu erreichen war. Es hat 1/ingere Zeit gedauert, bis wit diese heute durch- schnittlich gegebene Zuverl/issigkeit der ~bertragung gewonnen hatten. Den grSl3eren Teil des Jahres 1934 haben sich unsere Versuche unsicherer hingeschleppt (teils aus iiuBeren StSrungen in der Zahl der Versuche, teils aber auch dadurch, dal3 uns nur unregelm/i$ig die Infektion der Anopheles am Paralytiker und erst im Herbst 1934 zum erstenmal die Infektion v o n d e r Anopheles auf den Menschen gelang).

Von Anfang an bekamen wir Mageneysten, aber noch keine Sporo- zoiten. Wie schon erwiihnt, gelang uns die Infektion yon der Anopheles auf den Mensehen im Herbst 1934, aber erst yon Dezember 1934 an ist uns der Sporozoitennachweis in den Speicheldriisen gelungen.

In den ~berlegungen, welche Verhi~ltnisse zunachst die Schwierig- keiten des Infektionsganges bedingten und durch welche Mai3nahmen die Schwierigkeiten bis zum jetzigen Arbeitsgang behoben worden sind, haben uns verschiedene MSglichkeiten besch/fftigt: Zuniichst waren wir beherrseht yon der Meinung, dab unsere Schwierigkeiten auf der Gameten- freiheit oder Gametenarmut des bei uns als Impfmalaria laufenden Stammes beruhten. Bei uns war als therapeutischer Malariastamm ein im Jahre 1924 aus Frankfurt zu uns gekommener Stamm in Gebraueh, der angeblich urspriinglich aus Wien stammt. Dieser Stamm ist bei uns nicht abgerissen und hat bei uns seit dem Jahre 1924 etwa 270 Passagen bei insgesamt 950 Impfungen durchgemacht. In diesem Stamm fanden wir damals (1933) Gameten. Heute, nachdem unsere Erfahrungen grSBer sind, sind wir nicht mehr ganz sicher, ob es sich bei unseren damaligen Gametenbefunden auch ganz bestimmt um ausgewachsene Gameten oder nicht etwa nur um groBe halberwachsene gehandelt hat. Wir miissen allerdings auch heute noch annehmen, dal3 auch damals schon Gameten vorhanden waren, weft wir ja yon Anfang unserer Versuehe an Magencysten bekommen haben.

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Wir glaubten damals, dab zur brauchbaren Infektion das GeiBel- stadium der Gameten eino Notwendigkeit sei, und haben uns 1933 und im ersten Tell des Jahres 1934 mit GeiBelungsversuchen gequ~lt; diese blieben bei uns stets negativ. Wir wissen heute, daB bei unserem ursprfing- lichen Stamm und auch bei dem jetzigen Zustand des sp~ter bezogenen Stammes bei uns die Gameten so wenig zahlreich sind, daB GeiBelungen in einer normalen Arbeitszeit nicht aufzufinden sind, im Gegensatz zu frischeren Naturmalariaf~llen, die aus den Tropen oder w~rmeren L~n- dern ankommen. Wir haben infolgedessen ffir die Praxis der l~ber- tragung von GeiBelungsversuchen abgesehen.

Es beherrschte uns dann die Meinung, dab unsere schwachen Er- folge von der Art und besonders dem Alter unseres Stammes abh~ngig ws Diese Meinung verst~rkte sich, als wir im Juni 1934 aus London yon Colonel James einen Tertianastamm aus l~um~nien auf Anophelen bekamen, mit dem wir sofort erfolgreich mehrere Patienten infizieren konnten. Im Oktober 1934 bekamen wir noch einmal den gleichen Stamm aus London, wieder auf Mficken. Diesen Stamm ffihren wir hier unter der Bezeichnung Stamm II weiter, w~hrend wir auch noch unseren alten Stamm unter der Bezeichnung Stamm I weiterfiihren. Beide St~mme unterscheiden sich darin, dab gegenfiber der Gametenarmut unseres Stammes I unser Stamm II zu Anfang wesentlich gameten- reicher war und auch heute noch gametenreicher geblieben ist, aber sein Gametenreichtum ist bereits im Rfickgang.

Unser Stamm I i s t bei uns bis zum Jahre 1934 in rein humaner Passage fortgezogen worden, die erst 1935 durch zweimaligen Gang fiber die Mficke vorfibergehend unterbrochen wurde. Er wird aber im groBen ganzen human weiter fibertragen werden. Der Stamm II ist bei uns nicht rein human weiter gezogen, sondern in unregelm/~Bigem Wechsel von Anophelespassage und humaner Passage mit t)berwiegen der humanen Passagen. Es liegt nahe, daran zu denken, dab die bei uns beobaehtete Abnahme der Gameten im Stamm II auf die zwischen- geschobenen humanen Passagen zurfickzuffihren ist. DaB seine Gameten abgenommen haben, ist bisher eine eindeutige Beobachtung. Die Beob- achtung fiber die Gametenmenge dr~ngte auf Beachtung des Sporo- zoitenvorkommens. In unseren Anfangsversuchen 1--11, die nur von unserem Stature I ausgingen, haben wir keine Sporozoiten in den Speiehel- driisen gefunden. Aber auch bei den folgenden ersten Versuchen aus dem Stamm II fanden wir zuns ebenfalls keine Sporozoiten.

Von Versuch 20 an, im Dezember 1934, fanden wir Sporozoiten so- wohl bei den Versuchen, die veto Stamm I, wie bei denen, die vom Stamm II ausgingen. Es liegt nahe, die Erkls dieses Unterschiedes in der Teehnik des Nachweises zu suchen. W~hrend wir vorher im gef&rbten Ausstrichpr~parat der Speicheldrfisen die Sporozoiten suchten, un~er- suchen wir seit Dezember 1934 im frischen Quetschpr/~parat die

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gesamten Speicheldriisen. Nachdem der Sporozoitennachweis gelungen ist und in keinem Falle mehr fehlt, bleibt gerade jetzt noch der Unterschied in der Sporozoitenmenge des Stammes I und II bestehen, da der Stamm II zu einer reichlicheren Sporozoitenbildung ffihrt als der Stamm I.

Zu der Frage, ob zwischen dem Stamm I und II morphologische Unterschiede der Parasiten bestehen, k6nnen wir sagen, dal~ wir bisher keine klaren morphologischen Unterschiede in den Parasiten der beiden St/~mme fanden. In dem Stamm I, der /~rmer an Gameten ist, linden sich oft Parasiten, die Makrogameten sehr ~hnlich sehen, aber nicht einen, sondern zwei kleinere Kerne haben (also wohl beginnende Teilungs- formen), und aul~erdem finden sich oft zahlreiche Teilungsformen, w~hrend im Stamm II viele halberwachsene Parasiten oder fast aus- gewachsene Gameten zu linden sind. In beiden St/~mmen findet sich Schi2//ner-Tfipfelung. Formen yon Plasmodium ovale fanden wir nicht. Soweit wir uns bisher die frfiheren Schwierigkeiten, yon dem Stamm I auf Anophelen zu iibertragen, erklitren k6nnen, nehmen wit an, dab die vorhandene gr6Bere Schwierigkeit der ~bertragung auf seiner Ga- metenarmut beruht.

Neben den ~berlegungen fiber den Unterschied der St/~mme, die bei uns durch den Stamm I und I I repr/~sentiert werden, besch/iftig~e uns yon Anfang an die Frage, welcher Zeitpunkt der humanen Ausgangs- malaria der geeignetste ffir die l~bertragung auf die Anopheles sei. Zu Anfang, als es uns zunitchst nur auf das Gelingen ankam, haben wir den gleiehen Stechkiifig 4 5--6mal bei dem gleichen Kranken angesetzt w/thrend verschiedener aufeinanderfolgender Fieberanf~lle, haben das abet dann aufgegeben, weil die gleichen Mficken schon nach 3maligem Ansetzen nicht mehr bemerkenswert saugten.

Unsere Versuche reichen nicht aus, eine Stellung dazu einzunehmen, ob wir im Fieberanstieg oder -abfall ansetzen sollen, wohl aber hat sich ffir uns die Gewil~heit ergeben, dal~ die Sicherheit der Infektion yon Zahl und Reife der Gameten abh~ngt. Wir erschliel]en die Infek~ions- tfichtigkeit aus dem Vorkommen einer geniigenden Zahl Mikrogameten 2 Tage nach ihrem ersten Auftreten. Als geniigend betrachten wires , wenn im Blutausstrichprgpar~t auf 100 Leukoeyten 10 Gameten auszu- z~ihlen sind, yon denen 3 Mikrogameten sein mfissen; je mehr Mikro- gameten sich unter den Gameten befinden, um so gfinstiger erscheint uns der Zeitpunkt zur Infektion.

Zu diesem MaBstabe sind wir gekommen dureh die Erfahrungen der englischen Forscher, welche Frl. Vollmer bei ihrem Besueh in London von Colonel James und Mr. Shute in dankenswerter Weise iibermittelt bekam. Um diese erh6hte Gametenzahl zu erreichen, haben wir bereits im Sommer 1934 versucht, durch Zwischeneoupierung den Infektions- ablauf der humanen Impfmalaria zu ver~ndern, ohne dab wir aber zu einer eindeutigen Methode dieser Praxis k~men. Wieder waren es die

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uns iibermittelten Erfahrungen von Colonel James und Mr. Shute, die uns zur systematischen Verl~ngerung der humanen Impfmalaria durch Zwischencoupierung brachten, bei der wir dann eindeutig eine Ver- mehrung des Gametenreichtums sahen.

Als Methode hat sich uns bewiihrt, dal~ wir nach dem 5.--6. Fieber- anfall, wenn ein reichlicher Plasmodienbefund vorliegt, 0,2 Chinin geben. Wir erreichen damit gewShnlich eine Fieberpause yon 4--14 Tagen. In dieser Latenzzeit ist der Plasmodienbefund stets reduziert, manchmal fiir kurze Zeit verschwunden bzw. dem Nachweis entzogen (die gleiche Coupierungsdosis nach wenigen Anf~llen wirkt litnger als nach schon h~ufigeren Anf~llen). Statt des 0,2 Chinin kann auch 0,2 bis 0,3 Atebrin verwandt werden. Mit dieser kurzen Zwischencoupierung erreicht man einen wesentlich hSheren Gametenreichtum beim Wieder- beginn des Fiebers und Wiedererscheinen reichlicher Plasmodien, und zwar sowohl beim Stamm I wie beim Stamm II.

Der Gametenreichtum nimmt auch zu ohne Zwischencoupierung mit der Zahl der Anf~tlle, wird aber offenbar nicht so sicher erreicht wie bei Zwischencoupierung. Klinische Grfinde verhindern es, die riicksichts- lose Folge der Fieberanf~lle gews zu lassen, well die durchgehend im Quotidianatyp ablaufenden Fieberanf~lle nach unseren Erfahrungen in einer Zahl yon mehr als 10 dem Menschen nicht in einer Folge zugemutet werden kSnnen. Von der durch die Zwischencoupierung zu erreichenden Zahl yon 12, 14, 16 und noch einigen mehr Fieberanf~llen versprechen wit uns auch therapeutischen Nutzen bei der Paralyse, entsprechend Er- fahrungen, die in der psychiatrischen Literatur der Paralysetherapie schon lange vorliegen. Die Zwischencoupierung hat als weiteren Vor- teil noch die Eigenschaft, dal~ sie gew5hnlich den Wiederbeginn der Fieberanf~lle im Tertianatyp aufweist und auch erst wieder langsam in den Quotidianatyp iibergeht.

Wir wollen bei dieser Gelegenheit erws dab wit aus rein klini- schen Griinden gelegentlich zur Umwandlung der Quotidiana in die Tertiana 0,1 Atebrin verwenden. Seitdem wir so verfahren, gelingt es uns, mit Sicherheit den Infektionsgang vom malariakranken Menschen auf die Anopheles und yon der Anopheles zurfick auf den Menschen zu erreiehen. Die Infektionen, die jetzt yon unserem Stamm I und yon unserem Stamm II ausgehen, gelangen mit gleicher Sicherheit auf die Anopheles und yon der Anopheles zuriick auf den Menschen.

Unsere Erfahrungen reichen noch nicht aus, um die Unterschiede dieser beiden Stiimme zu analysieren, die im Plasmodienbefunde die obengenannten Differenzen zeigen. Wir glauben aber, in der Tatsache, dal~ wir auch yon unserem Stamm I, diesem durch auBerordentlich lange rein humane Passage gegangenen Stamm, ebensogut die Anopheles- infektion und vort dort die Rfickinfektion auf den Menschen erzielen kSnnen, bereits eine wichtige Feststellung vorliegen zu haben. Es muB

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be ton t werden, dab die l~ber t ragung der beiden St~mme, sowohl des game tena rmen S t ammes I wie des gametenre icheren , aber n ich t mehr sehr gametenre iehen S tammes I I , die Arbe i t m i t einer groBen Zahl von Anophelen ver langt . Unk]a r is t uns noch, ob bei den f iebernden K r a n k e n des S tammes I I die Game tenb i ldung eher und le ichter zu erzielen ist als bei denen des S t ammes I . Unser Mater ia l e r l aub t das noch n icht zu entscheiden.

Literaturverzeiehnis. Fischer, Otto: Dermat. Wschr. 1928 II, 1292--1297.--Gerstmann, Jose[: Die

Malariabehandlung der progressiven Paralyse, 1928. - - James, S. P., assisted by P. (7. Shute: Report on the First Results of Laboratory Work on Malaria in Eng- land. Geneva 1926. - - James, ,,~. P., W. D. Nicol and Shute: A Study of Induced Malignant Tertian Malaria. London 1932. Proc. roy. Soe. IVied. 25, 1153 (1932). - - Missiroli, A.: Being a Summary of what is known about Anophelism in relation of Honsing and Malaria. Quaterly Bulletin of the Health. Organisation of the League of Nations. Vol. 2. Extract Nr 6 (1). - - Mi~hlens u. Kirschbaum: Arch. Schiffs- u. Tropenhyg. 28, 131--144 (1924).--Wagner-Jauregg, J.: Uniibertragbar- keit der Impfmalaria durch Anophelen im experimentellen Versuch. Mitt. in d. gemeins. Sitzg d. neur.-psych, u. syphilidol. Sektion d. Naturforscherverslg in Innsbruck am 27. Sept. 1924. Ref. Zbl. Neur. 39, 468 (1925). - - Yorke, W. and J. W. S. Mac[ie: Trans. roy. Soc. trop. Med. Lond. 18, 13 (1924). - - Lancet 206, Nr 20, 1017--1019 (1924).