12
- 306 - Uber einige .komplexe aluminoorganische Verbindungen. Von JOS. HANU& und OT. QUADRAT. Manchen organischen Verbindungen, wie den mehrwertigen Alkoholen, Oxysauren usw. kommt die Eigenschaft zu, die Aus- fallung vieler Metalle, namentlich Cu, Al, Fe, Mn, Zn und Ni in unloslicher Form aus ihren wasserigen Losungen durch OH, COs", PO4'" usw. Ionen zu verhindern. Nach jetzigen modernen Anschau- ungen handelt es sich hier urn gewisse ziemlich bestandige Kom- plexe, in welche die organischen Substanzen mit betreffenden Me- tallen eingehen. Das Studium solcher Komplexe, sowie ihrer Ent- stehungsbedingungen , ist ohne zweifel fur die analytische Chemie von hohem Belang. Die Verhaltnisse, bei welchen die Ausscheidung aufhiirt, sind aber fur jede MetallsaIzlosung, sowie fur jede hydroxyl- haltige organische Verbindung verschieden , so dafs sie fur jedes Metall besonders ermittelt werden miissen. Wir haben uns also die Aufgabe gestellt , das Verhalten der organischen Oxyverbin- dungen bei der Ausscheidung des Aluminiums aus seinen masserigen Losungen, als Al(@H), durch Ammoniak einem grundlichen Stuclium zu unterziehen, und dies um so mehr, als die literarischen Angaben iiber diesen Gegenstand nur sehr selten und allgemeiner Natur sind. So bezieht sich auf die dreiwertigen Elemente eine alte Arbeit von M~HU (uber komplexes Ferricitrat und Tartrat), GROSSMANN- SCHUCK sche Anmerkung uber das Zuruckhalten des Aluminiums, wenn Weinsaure zugegen ist, und die kurze Mitteilung von STRECKER~ uber die Verhaltnisse beim Fallen des Eisenoxydhydrats bei Gegen- wart von Weinsaure. Demgegeniiber fehlt es aber an Arbeiten nicht, die vom all- gemeinen Standpunkte die ganze Frage erklaren zu suchen oder zu anderen Metallen sich beziehen. Eine zeitgemafse Zusammenstellung Jahresbericht iiber die Fortschritte der Chemie 1873, S. 569. Chem.-Ztg. 31 (1907), 911. Chem-Zlg. 31 (1907), 1217.

Über einige komplexe aluminoorganische Verbindungen

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Über einige komplexe aluminoorganische Verbindungen

- 306 -

Uber einige .komplexe aluminoorganische Verbindungen. Von

JOS. HANU& und OT. QUADRAT.

Manchen organischen Verbindungen, wie den mehrwertigen Alkoholen, Oxysauren usw. kommt die Eigenschaft zu, die Aus- fallung vieler Metalle, namentlich Cu, Al, Fe, Mn, Zn und Ni in unloslicher Form aus ihren wasserigen Losungen durch O H , COs", PO4'" usw. Ionen zu verhindern. Nach jetzigen modernen Anschau- ungen handelt es sich hier urn gewisse ziemlich bestandige Kom- plexe, in welche die organischen Substanzen mit betreffenden Me- tallen eingehen. Das Studium solcher Komplexe, sowie ihrer Ent- stehungsbedingungen , ist ohne zweifel fur die analytische Chemie von hohem Belang. Die Verhaltnisse, bei welchen die Ausscheidung aufhiirt, sind aber fur jede MetallsaIzlosung, sowie fur jede hydroxyl- haltige organische Verbindung verschieden , so dafs sie f u r jedes Metall besonders ermittelt werden miissen. Wir haben uns also die Aufgabe gestellt , das Verhalten der organischen Oxyverbin- dungen bei der Ausscheidung des Aluminiums aus seinen masserigen Losungen, als Al(@H), durch Ammoniak einem grundlichen Stuclium zu unterziehen, und dies um so mehr, als die literarischen Angaben iiber diesen Gegenstand nur sehr selten und allgemeiner Natur sind. So bezieht sich auf die dreiwertigen Elemente eine alte Arbeit von M ~ H U (uber komplexes Ferricitrat und Tartrat), GROSSMANN- SCHUCK sche Anmerkung uber das Zuruckhalten des Aluminiums, wenn Weinsaure zugegen ist, und die kurze Mitteilung von STRECKER~ uber die Verhaltnisse beim Fallen des Eisenoxydhydrats bei Gegen- wart von Weinsaure.

Demgegeniiber fehlt es aber an Arbeiten nicht, die vom all- gemeinen Standpunkte die ganze Frage erklaren zu suchen oder zu anderen Metallen sich beziehen. Eine zeitgemafse Zusammenstellung

Jahresbericht iiber die Fortschritte der Chemie 1873, S. 569. Chem.-Ztg. 31 (1907), 911. Chem-Zlg. 31 (1907), 1217.

Page 2: Über einige komplexe aluminoorganische Verbindungen

- 307 -

aller Forscher, die sich mit diesem Thema beschliftigt haben, findet man in ROSZEOWSKIS Mitteilung.1

Durch systematisches Studium ist man zur Erkenntnis ge- kommen, dais die Eigenschaft, die Ausfallung der Metalle zu ver- hindern, denjenigen organischen Substanzen eigen ist, die mehrere Hydroxylgruppen enthalten ; ersetzt man diese Gruppen mi t anderen (NH,, C1, J usw.), so entbehrt die neuentstehende Substanz der er- wiihnten Eigenschaft (ROSZKOWSKI).

Einen Versuch, die Konstitution der hierbei auftretenden Kom- plexe zu erforschen , machte KAHLEKBERG.~ Seine umfangreichen Versuche fiihrten ihn zu der Anschauung, dafs die Bindung des Metalles mit 2 Molekeln einer Oxysaure die Karboxylgruppen ver- mitteln, wogegen WOHL und STOLLE~ wieder den Hydroxylgruppen die Hauptrolle zugeschrieben haben. Demzufolge legt TREADWELL (Qualitative Analyse, VI. Aufl., 83 S.) den komplexen Verbindungen von Aluminium und Weinsaure eine von diesen zweien Konstitu- tionen bei :

I, 11. COOK COOK COOK

i HCO

I HCOH

I HCOH

HCOH HCOH HCO/ I 1 \A~(oH)

I 1 COO--Al--COO

~

COOK I

OH

Unsere eigenen Versuche betreffs des Aluminiums zielen zur Beantwortung folgender Fragen: 1. In welchem Mafse ist die Aus- fallung des AI(OH), von der Menge der anwesenden Oxyverbindungen abhangig ?

2. Verhalten sich gegen Aluminium alle hydroxylhaltige Ver- bindungen gleich und bestatigen sich auch hier die Befunde ROSZKOWSKIS beim Ersatze der wirksamen OH - Gruppen durch eine andere Funktionsgruppe?

3. Lassen sich die vermuteten Komplexverbindungen isolieren und was fur eine Konstitution gebuhrt ihnen?

Die Versuche wnrden mit folgenden Oxyverbindungen ange-

l X anorg. Chew. 14 (1897), l . a Zeitschr. pliys. Chem. 17 (1896), 577.

LIPPYANN, Chemie der Zuckerarten. Centrbl. f. Zuekerinduslrie 1901, 32.

Page 3: Über einige komplexe aluminoorganische Verbindungen

- 308 -

stellt : Tartronsaure, Apfel- , Wein-, Zucker- und Zitronensaure, weinsaurem Kalium-Natrium , weinsaurem Ammonium, Milchsaure. Glyzerinsaure und Glyzerin. Es wurden von allen diesen Stoffeii '/,-n. Losungen bereitet.

Von den Aluminiumsalzen wurde das Aluminiumsulfat genommen und zu einer Losung, die in 5 ccm 0.0271 g A1 (1/,,,, g-At. Al) enthielt, gelost. Die Losung wurde, um der Hydrolyse vorzubeugen, mit 100 ccm n. H,SO, auf 1 1 angesauert.

Schliefslich wurde eine AmmoniaklGsung durch Verdiinnung von Handelsammoniak vorbereitet (5 ccm enthielten 0.1513 g NH,).

Bei Versuchen wurden alle Bedingungen, die der quantitative11 Ausscheidung des Al(OH), entsprechen, namentlich die Verdiinnung, befolgt.

Die zwci ersten Fragen suchten wir zuerst auf quantitativem Wege durch Abfiltrieren des gefallten Al(OH), und Wagen des 91,O, zu losen, da wir aber nach dieser Methode zu keineri brauchbaren Resultaten gekommen sind, sahen wir uns nach oiner anderen Ar- beitsweise um.

Gute Dienste hat uns folgende Beobachtungsmethode geleistet : Es wurden versuchsweise diejenigen Mengen von Oxysaurelosungen ermittelt, die verursachen, dals stets dasselbe Volumen der Alu- niiniumsalzlijsung niit stetigem Volumen Ammoniaks opalisieren auf- hort, d. 11. nicht mehr gefallt wird. Demzufolge haben wir in gleich grofse Becherglaser dieselbe Menge von Aluminiumsulf~tliisurlg (20 ccm) abpipetiert, mit verschiedenen Volumen (8, 10, 12,14 ccm usw.) der betreffenden Oxysaurelosung und so vie1 destilliertem Wasser ver- setzt, d d s das ganze Volumen nach dem Zufiigeri von Ammoniak 100 ccm ausmschte; dann wurde aufgekocht, schnell Ammoniak (1 5 ccm) unter Umriihren zugegeben, die Becherglaser nebeneinander auf eine schwarze Unterlnge gestellt und beobachtet, in welchem Becherglase die Flussigkeit, ohne zu opalisieren, klar geblieben ist. I n der zweiten Versuchsreihe wurde versucht, noch nghcr der Grenz- konzentration der Oxysaurelosung, bei welcher schon keine Fallung entsteht, zu kommen. I n das erste Becherglas wurde diejenige Menge von OxysLurelosung abgemessen, die im ersteii Versuche noch nicht genugt hatte, total die Ansscheidung des Al(OH), zu verhindern uud die weiteren Bechergliiser wurden mit Mengen um 0.1 resp. 0.2 ccm steigend versehen. Es ist uns auf diese Weise gelunge~i, die Grenze der Nichtfallbarkeit bis auf 0.1 ccm der 2 / 5 - i ~ . Saure- losung, also bis auf 0.8,/, genau zu bestimmen. Wenn wir iiun

Page 4: Über einige komplexe aluminoorganische Verbindungen

- 309 -

die zur Zuruckhaltung des Al(OH), erforderlichen Mengen von or- gnnischen Oxyverbindungen in molekularen Proportionen zu an- wesender Menge des Aluminiums ausgcdruckt haben, so sind wir zu folgenden Ergebnissen gelangt : ___

Oxyverbindung ~ ~- .~__

Tartronsaure Ap felsiiure Weinsaure

Al-Lijsung angesauert Al-Lijsung ungesiuert

Weinsaures R-Na Weinsaures Ammonium

Zuckerslure Zitronensaure

Gefund. Grenzverhaltnis A1 : Oxyverbinduug

4 : 2.99 4 : 3.02 4 : 2.52 4 : 2.48

111. 4 : 2 5 0 4 : 2.52 4 : 2.52 5 : 2 4 : 1.5

I 1. 1 11.

Siihert sich dem VerhLltnisse

4:3 4 : 3 4 : 2.5 4 : 2.5 4 : 2.5 4 : 2.5 4 : 2.5 5 : 2 4 : 1.5

Die Fiihigkeit der hydroxylhaltigen Verbindungen, das Alu- minium bei der Fallung mit NH, in Losung zuriickzuhalten, steigt also nicht nur mit der Zahl der in betreffenden Stoffen vorhan- denen Hydroxylgruppen, sondern auch mit der Zahl der Karboxyl- gruppen. Die Versuche rnit MiIchsaure haben auch gezeigt, dafs den Verbindungen blols rnit einer OH- und COOH-Gruppe die ge- nannte Eigenschaft nicht mehr zukommt; die Milchsaure auch in sehr grofsem Uberschuls ist nicht imstande, die Ausscheidung des Aluminiums zu verhindern. Es miissen also wenigstens zwei Karb- oxylgruppen und eine Hydroxylgruppe vorhanden sein.

Aber auch bei den Substanzen mit %OH und einer COOH-Gruppe ist die Teridenz, mit Aluminium in kornplexe Verbindungen einzu- gehen, vie1 schwacher entwickelt. Es ist uns nicht gelungen, auch fur das Verhaltnis 3 At. ,4luminium zu 32 Mol. Glyzerinsaure das Aluminium vollstandig in Losung zuruckzuhalten. Lafst man aber solche Losung mit Niederschlag langere Zeit stehen, so lost sich der diederschlag etwa binnen 2 Tagen vollkommen auf und die so entstandene Losuug ist nicht mehr durch Ammoniak fallbar. Ebenfdls die Verbindungen mit 3OH-Gruppen -, z. B. das Glyzerin, haben die gensnnte Fahigkeit stark eingebulst.

3 At. Al:

F u r das Verhaltnis:

25 Mol. C,H,O, wurde 1.901, A1 nicht ausgeschieden 1 At. Al: 60 ,, C,H,O, ,, 17.7O/, A1 ,, 9 ,

1 At. Al: 120 ,, C,H,O, ,, 37.4O/, A1 ,, > >

Page 5: Über einige komplexe aluminoorganische Verbindungen

- 310 -

Daraus folgt, dafs auf 1 At. A1 wenigstens 300 Mol. Glyzerin kommen miifsten, damit das Aluminium vollkommen in Losung zuriick bliebe. Die Versuche haben dies auch vollig bestatigt. Wenn man aber den dritten Versuch so ausfiihrt, dafs man die Losung noch mit 1 g NH,Cl als Aussalzmittel versetzt, so wird 95.2O/, A1 ausgeschieden und blots 4.8O/, bleibt gelost. Dieser Versuch lafst einen Schluk zu, dals unter solchen Versuchsbe- clingungen das Glyzerin auch als ein viskoses Medium, wie sich ARTHUR MULLER~ aufsert, mirkt. Zrst wenn die Losung bei dem- selhen Aluminiumgehalte 90 Volumprozente Glyzerin enthielt, konnte man auch in der Hitze keine Ausscheidung beobachten; werden aber diesbeziigliche Losungen verdunnt, so tritt eine Triibung ein. Ob das Glyzerin bei diesen abnormalen Bedingungen blols eine. mecha- nische Wirkung nusiibt, oder ob man auch hier eine Komplexbildung annehmen soll, miissen wir unentschieden lassen.

Das Glyzerin kann also in seiner Wirkung nicht den Oxysauren gleichgestellt werden, sondern es nimmt eine besondere Stellung ein. Zieht man also die Resultate der oben angefuhrten Versuche zu- sammen, so kann man sagen: Die Fahigkeit, die Ausscheidung des Aluminiums als Al(OH), aus seinen wasserigen Losungen durch NH, zu verhindern oder die Tendenz mit Aluminium ziemlich be- standige koniplexe Verbindungen zu bilden, fangt in grofserem DIafse erst bei solchen Stoffen a n , die neben einer alkoholischen Gruppe wenigstens zwei Karboxylgruppen enthalten ; sie fehlt aber solchen Substanzen, die blols eine OH neben einer COOH-Gruppe ausweisen ; im geringeren Make tritt sie bei denjenigeii Yubstanzen auf, die mit SOH-Gruppen oder mit 20H und einer COOK-Gruppe ver- sehen sind. Schliehlich muls noch bemerkt werden, dals die Losungen , die den in der Tabelle angefuhrten Grenzverhaltnissen entsprechen , nicht bestandig sind; sie bleiben zwar bei Zimmer- temperatur klar, kocht man sie aber langere Zeit, so beginnen sie zu opalisieren und setzen allmahlich einen Niederschlag ab. Nimmt man aber ein breiteres Verhailtnis (bei Weinsaure 4 At. Al: 3 Mol. C,H,O,), so bleibt die Losung auch bei andauerndem Kochen klar.

Im weiteren suchten wir die Bedeutung der OH- sowie der COOH-Gruppen fur die Entstehung der Komplexverbindungen noch naher zu erforschen. I n dieser Hinsicht haben wir den von Rosz-

2. amorg. Chem. 57, 311.

Page 6: Über einige komplexe aluminoorganische Verbindungen

- 311 -

KOWSKI teilweise eingeschlagenen Weg gewahlt, und zwar, um die unvermeidliche Notwendigkeit der Anwesenheit von OH-Gruppen zu beweisen, haben wir Versuehe mit Amino = (COOH . CH, . CHNH, . COOH), Monobrom = (COOH. CH, . CHBr.COOH) und Methoxybern- steinsaure (COOH. CH,. CHOCH,. COOH) angestellt und das Verhalten dieser Sauren rnit der Wirkung der diesen Stoflen entsprechenden Oxysaure-Apfelsaure (COOH. CH, . CHOH. COOH) verglichen; andern- falls, um nachzuweisen, d a b auch den Karboxylgruppen eine gewisse Rolle zugeschrieben werden mu&, bemuhten wir uns, diese Voraus- setzung durch Zuriickdrangung der Dissoziation, sowie durch Versuche mit Saureanhydriden (Weinsaureanhydrid) und -Hydraziden (Apfel- saurehydrazid) zu unterstutzen.

Die Resultate waren wie folgt: I n Gegenwart von allen oben angefiihrten Bcrnsteinsaurederivaten in den oben fur Apfelsaure er- mittelten Grenzverhaltnissen hoch iiberlegenen Mengen, wurde stets das Aluminium quantitativ als Al(OH), durch Ammoniak ausge- schieden.

Methode bereitet), welche ebenfalls nicht imstande war, das A h - minium, wenn auch in geringerem Mafse in Losung zuruckzuhalten, zeigen nachdriicklich, d a b bei Komplexbildung dem H in OH-Gruppe eine sehr wichtige Rolle zuerkannt werden mufs; die Bindung des Metalles, in unserem Falle des Aluminiums, mit Oxysauremolekul geschieht gerade an Stelle dieses Wasseretoffatomes.

Bemerkenswerte Erfahrungen haben wir mit Brombernsteinsaure gemacht. Lalst man das niederschlagende brombernsteinsaure A h - minium in der Yutterlauge langere Zeit stehen, so verringert sich allmahlich die Menge des Niederschlages, wie die quantitativen Ver- suche bewiesen haben; j a es kann bei geniigender Konzentration (fur das Verhaltnis 2 At. Al: 3 Mol. C,H,O,Br) der ganze Nieder- schlag binnen etwa 4 Tagen in LGsung ubergehen.

Diese Erscheinung lafst sich nur dadurch erklaren, dafs die Brombernsteinsaure in neutraler oder schwach animoniakalischer Losung sukzessiv in Apfelsaure umgewandelt wird. Uber diese Er- klarung braucht man nicht befremdet zu sein, denn auch in der Literntur (siehe BEILSTEINS Handbuch d. org. Chem., 1. Bd., S. 658) begegnet man schon einigen Angaben uber die gesagte Umwandlung; iibrigens lakt sie sich auch in unserem Falle experimentell nach-

Besonders Versuche mit Methoxybernsteinstiure (nach PURDI~S

Jorwta. Ckem. SOC. 59, 468.

Page 7: Über einige komplexe aluminoorganische Verbindungen

- 312 -

weisen. Die mi t HNO, angesauerte Brombernsteinsaurelosung wird mit AgNO, nicht gefallt, sie enthalt kein Bromion; in der Losung der Brombernsteinsaure, in welche das brombernsteinsaure Alu- minium ubergegangen war, ruft aber das Silbernitrat nach dem Ansauern mit HNO, einen reichlichen gelblichen Niederschlag her- vor, ein Reweis, dak in ihr Bromionen vorhanden sind.

So wurden fur das Verhlltnis 2 At. Al: 3 3101. C,H,O,Br kurzes Aufkochen der neutralen Losung und 4tagiges Stehen bei Zimmertemperatur , bis der Niederschlag in Losung gegangen ist, 64.6 OIi , Brom auf die angewandte Brombernsteinsaure berechnet, gefunden. Bei gleicher Konzentration, aber 30 Minuten langem Kochen (der Niederschlag ist total verschwunden) ergab die Brom- bestimmung 85.9 derjenigen Menge Broms, die der angewandten Brombernsteinsaure entspricht.

Fuhrt man also durch anhaltendes Kochen der mit NH, genau neutralisierten Brombernsteinsaure16sung diese Slure in Apfelslure iiber, so darf das NH,, wenn man der Losung Aluminiumsalz zu- setzt, keine oder nur eine unvollstandige Fallung hervorrufen. Der Versuch hat es vollig bestatigt. Eine 2 l l2 Stunde lang gekochte, mittels Ammonink neutralisierte Brombernsteinsaurelosung mit Alu- miniumsalz im Verhaltnisse 2 At. Al: 3 Mol. C,H,O,Br versetzt, ist nach Zusatz von NH, klar geblieben. Die Brombestimmung ergab 86.8O/, des in der Saure vorhandenen Broms, d. h. es wurden also 86.8 OIi, Brombernsteinsaure in Apfelsaure umgewandelt.

Alle diese Versuche sprechen also fur die unuingangliche Not- wendigkeit der OH-Gruppen zur Entstehung von metalloorganischen Verbindungen, deren Losungen durch NH, nicht fallbar sind.

Es eriibrigt, noch zu beweisen, dak auch die Karboxylgruppen an der Reaktion sich beteiligen. Setzt man die Dissoziation des weinsauren Ammons durch Zusatz von Ammoniumioiien stark herab, so wird die Losung beim Vorhandensein des Aluminiums rnit Ammoniak fallbar.

Die im Grenzverhaltnisse 4 At. Al: 2.5 Mol. C4H,0, her- ges tell ten Losungsmischungen von Aluminiumsalz - und W eins aure- losung waren neutralisiert (das Volumen betrug 100 ccm), mit 2, 3, 5, 10 und 20 g Ammoniumchlorid versetzt und in der Hitze mit Ammoniak gefallt; obwohl die Mischung ohne NH,C1 nicht fallbar ist, trubten sich doch alle Proben, wo NH,Cl zugegeben worden war, sehr deutlich, ausgenommen bei Zusatz von nur 1 g NH,C1, wo keine Triibung eintrat. Auch die einem weiteren Verhaltnisse

Page 8: Über einige komplexe aluminoorganische Verbindungen

- 313 -

(2 : 3) entsprechenden Losungen haben in der Hitze bei Anwesenheit von 10 g NH,Cl durch NH, einen Niederschlag ausgeschieden. Freilich konnte man hier an eine aussalzende Wirkung des Am- moniumchlorids denken, doch die nachfolgende Beobachtung spricht dagegen, Die im Verhaltnisse 1 : 2 der beiden Substrtnzen be- reitete Losung ist nach dem Zusatze von 10-15 g NH4C1 beim Aufkochen mit Ammoniak vollstandig klar geblieben.

Aber auch bei Anwesenheit von Weinsaureanhydrid und Bpfel- saurehydrazid , in welchen also freie Karboxylgruppen nicht auf- treten, wurde das AI(OH), durch Ammoniak ausgeschieden. Nach den durchgefuhrten Versuchen sind fur hohere Verhaltnisse, als den Grenzverhaltnissen der Wein- resp. Apfelsaure entsprechen, maximal 18O/, des Aluminiums in der Losung zuruckgehalten worden. So schlagt sich das Sluminium durch Ammoniak fast quantitativ nicht nur beim Verhaltnisse 4 At. A1 zu 2.5 Mol. Tartrelsaure (losliches Weinsaureanhydrid), sondern auch beim Verhaltnisse 4 : 5 nieder.

Aus der Losung, die 0.0843 g A1 enthielt, wurde durch Am- inoniak beim Verhaltnisse 4 At. A1 : 4.5 Mol. Apfelsaurehydrazid 0.0732 g A1 ausgefallt; in der Losung sind also fur ein so breites Verhaltnis blok 13 O / , A1 zuruckgeblieben. Wurden aber beide Stoffe in dem der Apfelsaure entsprechenden Verhaltnisse genommen, so sind. nur loo/, A1 der Ausscheidung entgangen.

Man kann also behaupten, dak auch die Gegenwart von Karb- oxylgruppen , nicht der Hydroxylgruppen allein , beim Hervorrufen von metalloorganischen mittels Ammoniak nicht fallbaren Komplex- verbindungen, wenn auch in ein wenig kleinerem Mahe als jene der OH-Gruppen, mitwirkt.

Isolation der Komplexverbindungen. Wir befafsten uns zuerst mit der Isolation des Aluminium-

weinsaurekomplexes und suchten dieselbe durch Fallung der zweck- mafsig bereiteten Losungen mit Alkohol zu bewerkstelligen , indem wir erkannt, haben, dafs nicht nur das weinsaure, sondern auch salpetersnure Ammon in 50°/,igem Alkohol liislich ist. Es mukte also als Ausgangsstoff das Aluminiumnitrat statt des Sulfats ge- nommeii werden. Beide StoBe: Das Aluminiumnitrat (13.93 g) und die Weinsaure (6.024 g) wurden im molekularen VerhSltnisse in Losung gebracht, die Losung auf 200 ccm erganzt, in der Hitze mit 150 ccm Ammoniak (100 g Handelsammoniak auf 1 1 verdiinnt) versetzt und auf 300 ccm abgedampft. Die kalte, deutlich am-

Page 9: Über einige komplexe aluminoorganische Verbindungen

- 314 -

moniakalische Losung wurde mit gleichem Volunien 96 "//,igen Al- kohols gefallt, der weifse Niederschlag abgesaugt und auf poroseni Teller getrocknet; die nun durchsichtig und gummiartig gewordene Mlasse wurde fein zerrieben mit 50°/,igem Alkohol, um sie vom salpetersauren und weinsauren Ammon zu befreien, griindlich nach- gewaschen, iiber Chlorcalcium getrocknet und analysiert.

Ann lysen resu l t a t e : I. Praparat abgewogen: 0.2512 g, gefunden: AI,O, 0.0618 g;

abgewogen: 0.3000 g; gefunden: NH, 0.0241 g. 11. Praparat abgewogen: 0.2635 g, gefunden: CO, 0.2186 g,

A1,0, 0.0644 g; abgewogen: 0.3000 g, gefunden: NH, 0.0244 g. 111. Praparat abgewogen: 0.2780 g , gefunden: CO, 0.2317,

H,O 0.1072 g; abgewogen: 0.2664 g; gefunden: Al,O, 0.0695 g; abgewogen: 0.3000 g, gefunden: NH, 0.0247 g.

Also in Prozenten: I. Praparat 11. Praparat 111. Praparat

A1 13.04 12.99 o/o 12.97 O,',

NH, 8.50 8.56 8.71 c - 22.63 22.75 H - - 4.31

Die gefundenen Zahlen fuhren fur Al:NH,:C zum Verhalt- nisse 1 : 1 : 4, dem durch diese drei Strukturformeln Folge gegeben wird.

I. COOAl(OH), I

CI-IOR

CHOH I

COONH,

die erfordern:

A1 NH4 c

11. coo

I \ CHO-A1 I /

CHO I

COONH,

I. 11.9

7.94 21.12

111 a. coo CHO/

1 \AI(OH)

OHOH I

COONH,

11. 14.1 ' l o

9.42 25.1

111 b. coo, I

CHOH\M(OH~ I /

dHO/ I

COONH,

111. 12.95

8.62 22.9

Da die Formeln I I I a und I I I b nicht nur den Ergebnissen der Analyse, sondern auch den vorausgeschickten Erorterungen ent- sprechen, sehen wir uns also geniitigt, die eine von diesen Formeln fur die von uns isolierte komplexe Verbindung als die wahrschein-

Page 10: Über einige komplexe aluminoorganische Verbindungen

- 315 -

lichste anzusehen; unentschieden haben wir aber gelassen, welcher Formel, ob der IIIa oder I I I b Vorzug gegeben werden soll.

Die isolierte Substanz hat auch ausgepragten Charakter einer Komplexverbindung. Ihre wasserige Losung wird weder rnit Am- moniak noch mit Ammonsulfid und Natriumphosphat gefallt. Erst wenn die Losung mit n. Natriumlauge entsprechend der an- wesenderi Weinsaure 18-20 Minuten lang erhitzt wird, beginnt sie zu opalisieren und bei weiterem Kochen einen Niederschlag , der 78.8 des in der Verbindung vorhandenen Aluminiums ausmachte, abzusetzen.

Geht man von grofseren dem Verhaltnisse 1 At. Al: 2-4 Mol. C,H,O, zugehorigen Weinsauremengen aus, so bekommt man bei Al- kobolfallung keine festen Substanzen. Im Falle, wo das breiteste Verhaltnis vorhanden war, wurden mit Alkohol ganz und gar olige, stark viskose nicht krystallisierbare Tropfen, die sich zu einer stark lichtbrechenden dicken Fliissigkeit vereinigten, ausgeschieden. Wir haben verzichtet, die Flussigkeit zu analysieren, denn wir haben kein Kriterium gehabt, dafs die olige Masse ein einheitlicher Korper oder eine Mischung von Komplexverbindung mit weinsaurem Am- monium war; auch ist es uns nicht gelungen, eine Reiriigungsmethode ausfindig zx machen.

Die Losung, die nach dem Grenzverhaltnisse hergestellt ist, taugt zur Komplexisolierung nicht , da solche Losungen den obigen Ausfiihrungen gemafs beim Kochen triib werden.

Nun sind wir zur Isolierung der Komplexe von Tartron-, Apfel- und Zitronensaure geschritten. Leider ist aber die Isolation der Apfel- und Zitronensaurekomplexe, trotz allen moglichen Bemiihungen, fehlgeschlagen ; die Fallungen waren entweder von so feiner Natur (bei der Apfelsaure), dafs sie durch jedes Filter durchgegangen sind, oder sie machten blofs einige olige Tropfen oder viskose Massen (bei der Zitronensaure) aus.

Auf eine ahnliche beim Weinsaurekomplex beschriebene Ar- beitsweise sind wir bei Tartronsaure zu einer Substanz gekommen, die vijllig den Eigenscbaften der W einsaurekomplexverbindung iihnelt.

Ana lysen resu l t a t e :

I. Praparat abgewogen: 0.2642 g, gefunden: Al,O, 0.0688 g;

11. Praparat abgewogen : 0.2346 g, gefunden: A1,0, 0.0609 g; abgewogen: 0,3118 g, gefunden: NH, 0.02658 g.

Page 11: Über einige komplexe aluminoorganische Verbindungen

- 316 -

abgewogen: 0.2932 g, gefunden: NH, 0.02522 g; abgewogen: 0.1437 g: gefunden: CO, 0.0998 g, und 0.0554 g H,O.

1 : l

Also in Prozenten: I. Prlparat 11. Praparat

NH4 9.05 9.10 A1 13.80 13.77 C - 18.94 H - 4.25

Die Resultate entsprechen fur A1 : NH, : C dem Verhaltnisse : 3 und einer von diesen drei Strukturformeln:

I. 11. 111. coo COOAl(OH), coo

1 \AI(OH). H,O CHO/

1 \AI(OH) I CHO/ UHOH

I COONH,

I COONH,

1 COONH,

die verlangen : I.

NH, 10.07 "I,, A1 15.1 C 20.1 H -

11. u. 111. 9.15 O l i o

13.74 18.26 4.09

Alle vorangefuhrten Versuche, sowie analoge Eigenschaften des Tartronsaurekomplexes und seiner Losungen mit der Aluminium- weinsaureverbindung sprechen dafiir, dals der isolierten Substanz die Formel 111 gebuhrt.

Schlufsfolgernngen.

Die Eigenschaft mancher organischen Oxyverbindungen, in wasserigen Losungen mit Aluminium zu komplexen Verbindungen einzugehen, infolgedessen die Ausscheidung dieses Metalles durch Ammoniak eingebiilst ist, wurde einem griindlichen Studium unter- worfen.

Die Fahigkeit zur Komplexbildung hangt nicht nur von der Zahl der OH-, sondern auch jener der Karboxylgruppen ab; sie kommt also erst bei denjenigen Verbindungen im merklichen Malse zum Vorschein, die mindestens 2COOH- neben einer OH-Gruppe (Tartrou- uud Apfelsaure) ausweisen; Stoffe mit zwei OH- und einer COOH-Gruppe oder diejenigen, die blok drei OH-Gruppen enthalten, iiben die genannte Eigenschaft erst bei sehr hohen Konzentrationen

Page 12: Über einige komplexe aluminoorganische Verbindungen

- 317 -

aus (Glyzerinsaure und Glyzerin). Daraus kann man den Schlufs ziehen, dak an der Bindung des Metalles in den entsprechenden Kom- plexen nicht nur die OH-, sondern auch Karboxylgruppe teilnimmt.

Einer jeden organischen Oxyverbindung entspricht ein gewisses Brenzverhaltnis , bei welchem die Ausscheidung des Metalles durch Ammoniak total aufhiirt und je enger dieses Verhaltnis ist, desto mehr OH- und COOH-Gruppen kommen nebeneinander in den be- treffenden Oxyverbindungen vor.

Den von Tartron- resp. Weinsaure isolierten komplexen Alu- miniumsalzen wurden die Formeln: coo COO coo, I \AI(OH) 1 \AI(OH) I CHO/ . H,O CHO/ OHOH >(OH)

COONH, resp. I oder I

I CHOH CHO/

AOONH, COONH,

I

beigelegt.

Studium der organischen Komplexe anderer Metalle auszunutzen. Wir beabsichtigen, den in dieser Arbeit entworfenen Weg zum

Prag , Aaalytisches Laboratorium der k. k . bohmischen techn. Hochschzlle.

Bei der Redaktion eingegangen am 7. Juli 1909.

Z. snorg. Chem. Bd. 63. 23