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(Aus der Deutschen Forschungsanstalt f0x Psychiatrie [Kaiser Wilhelm-Institut] und der Psychiatrischen Abteilung des St~dtischen Krankenhauses Miinchen- Schwabing [Professor Kurt Schneider].) Uber Liquorveranderungen nach der Lumbalpunktion. Zugleich ein Beitrag zur Frage der postpunktionellen Symptome. Von Werner Seheid. (Eingegangen am 7. Juli 1938.) Die Verfinderungcn des Liquor eerebrospinalis, die im urs/s Zusammenhang mit einer Encephalographie auftreten, sind hinreichend bekannt. Schon die letzten Liquorportionen, die bei ausgiebiger Luft- fiillung entnommen werden, sind sehr viel zellreicher als die ersten. Einige Stunden nach dem Eingriff sind die Zellwerte welter angestiegen, wobei polynucle/ire Elemente vorwiegen, und such der Eiweil~gehalt des Liquors hat deutlich zugenommen. Ganz /s Ver/inderungen, wie sie durch die eingebrachte Luft hervorgerufen werden, treten naeh der Injektion yon Medikamenten, -- etwa bei der Lumbalan/s -- oder yon Serum, ja selbst von Ringer-L6sung (Mader und Sdinger) auf. In allen diesen Fgllen kommt es zu einer Fremdk6rpermeningitis (Ka]ka) mit Liquorver/s die noch mehrere Tage festzustellen sind. Samson beobachtete noch 8 und 11 Tage nach einer Encephalographie erhShte EiweiBwerte bei normaler Zellzah]. Die anf~gliche Zellver- mehrung sol/ sich schneller zuriickbilden als die EiweiBerhShung, die schlieBlich nach einer Reihe yon Tagen den einzigen abnormen Liquor- befund nach einer Encephalographie darsteUen soll (Samson). Sehr viel weniger ist dariiber bekannt, ob die iibliehe lumbale oder zisternale Liquorentnahme zu Ver/inderungen in der Liquorzusammen- setzung fiihrt. Dabei ist diese Frage in theoretiseher und praktiseher Hinsicht gleieh bedeutsam. Zun/~chst einmal miissen die nach der Lumbalpunktion h/~ufi~ auftretenden meningealen Symptome die Auf- merksamkeit auf die Liquorbefunde lenken, die im AnschluB an die Lumbalpunktion zu erheben sind. So ist etwa an die M6glichkeit zu denken, dab Liquorver/inderungen gerade dann festzustellen sind, wenn starke postpunktionelle Besehwerden aufgetreten sind. Solche Befunde w/~ren fiir das Yerst/indnis jener hgufigen Folgesymptome der Lumbalpunktion yon groBer Bedeutung. -- Die praktische Wichtigkeit jener Frage ergibt sich oft genug am Krankenbett. Bei einem noch ungeklgrten ProzeB des Nervensystems sol[ etwa die Lumbalpunktion wiederholt werden, weil der erste Liquorbefund uncharakteristisch war und inzwischen eine J~nderung im k]inischen Bfld eingetreten ist, die yon

Über Liquor Veränderungen nach der Lumbalpunktion

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Page 1: Über Liquor Veränderungen nach der Lumbalpunktion

(Aus der Deutschen Forschungsanstalt f0x Psychiatrie [Kaiser Wilhelm-Institut] und der Psychiatrischen Abteilung des St~dtischen Krankenhauses Miinchen-

Schwabing [Professor Kurt Schneider].)

Uber Liquorveranderungen nach der Lumbalpunktion. Zugleich ein Beitrag zur Frage der postpunktionellen Symptome.

Von Werner Seheid.

(Eingegangen am 7. Juli 1938.)

Die Verfinderungcn des Liquor eerebrospinalis, die im urs/s Zusammenhang mit einer Encephalographie auftreten, sind hinreichend bekannt. Schon die letzten Liquorportionen, die bei ausgiebiger Luft- fiillung entnommen werden, sind sehr viel zellreicher als die ersten. Einige Stunden nach dem Eingriff sind die Zellwerte welter angestiegen, wobei polynucle/ire Elemente vorwiegen, und such der Eiweil~gehalt des Liquors hat deutlich zugenommen. Ganz /s Ver/inderungen, wie sie durch die eingebrachte Luft hervorgerufen werden, treten naeh der Injektion yon Medikamenten, - - etwa bei der Lumbalan/s - - oder yon Serum, ja selbst von Ringer-L6sung (Mader und Sdinger) auf. In allen diesen Fgllen kommt es zu einer Fremdk6rpermeningitis (Ka]ka) mit Liquorver/s die noch mehrere Tage festzustellen sind. Samson beobachtete noch 8 und 11 Tage nach einer Encephalographie erhShte EiweiBwerte bei normaler Zellzah]. Die anf~gliche Zellver- mehrung sol/ sich schneller zuriickbilden als die EiweiBerhShung, die schlieBlich nach einer Reihe yon Tagen den einzigen abnormen Liquor- befund nach einer Encephalographie darsteUen soll (Samson).

Sehr viel weniger ist dariiber bekannt, ob die iibliehe lumbale oder zisternale Liquorentnahme zu Ver/inderungen in der Liquorzusammen- setzung fiihrt. Dabei ist diese Frage in theoretiseher und praktiseher Hinsicht gleieh bedeutsam. Zun/~chst einmal miissen die nach der Lumbalpunktion h/~ufi~ auftretenden meningealen Symptome die Auf- merksamkeit auf die Liquorbefunde lenken, die im AnschluB an die Lumbalpunktion zu erheben sind. So ist etwa an die M6glichkeit zu denken, dab Liquorver/inderungen gerade dann festzustellen sind, wenn starke postpunktionelle Besehwerden aufgetreten sind. Solche Befunde w/~ren fiir das Yerst/indnis jener hgufigen Folgesymptome der Lumbalpunktion yon groBer Bedeutung. - - Die praktische Wichtigkeit jener Frage ergibt sich oft genug am Krankenbett. Bei einem noch ungeklgrten ProzeB des Nervensystems sol[ etwa die Lumbalpunktion wiederholt werden, weil der erste Liquorbefund uncharakteristisch war und inzwischen eine J~nderung im k]inischen Bfld eingetreten ist, die yon

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398 Werner Seheid:

e iner n e u e n L iquorun te r suchung weitere Aufschliisse e rwar ten 1/tilt. N u n m e h r fragt es sich, ob die n e u e n Befunde n i c h t durch den ersten, n u r wenige Tage zuri ickl iegenden Eingr i f f beeinf luBt sind. Grunds/~tzlich gleiche Schwierigkei ten ents tehen, w e n n ve r such t werden so]], L/tngs- schni t te von Liquorver / tnderungen aufzus te l len , u m etwa bei a k u t e n Prozessen durch eng aufe inanderfo lgende P u n k t i o n e n den Ablauf der Liciuorver/ tnderungen zu s tudieren.

Zu der Frage, ob eine Liquorentnahme Veranderungen der Cerebrospinalfltissig- keit bedingen kann, haben sieh versehiedene Autoren ge~ui~ert, ohne dab die An- sichten auch nut einigermaBen fibereinstimmen. Nifll forderte schon im Jahre 1904, also kurz nachdem die grol3e diagnostische Bedeutung der Lumbalpunktion erkannt war, man solle zwisehen den einzelnen Punktionen mindestens 8--10 Tage verstreichen lassen, da eine ,,geringe Vermehrung yon zelligen Elementen und aueh yon Eiweil3 infolge des Eingriffes auftritt". Das Verfahren der Eiweiflbestimmung war damals sehr ungenau, und die Zellzahl wurde noeh nach der wenig zuverlassigen ,,franzSsisehen Methode" ermittelt, da eine brauchbare Zahlkammer noch nicht zur Verffigung stand. Eine sehr umfassende experimentelle Untersuchung tiber Liquorveranderungen naeh Lumbalpunktion verdanken wit Schb'nield (1919). Die 127 Patienten SchSn/elds, bei denen im ganzen 326 Lumbalpunktionen durchgeftihrt wurden, litten an Gonorrh•e, Uleus molle, Hau~tuberkulose, Psoriasis, Aene u. a. m. Die Punktionen wurden in verschieden grol3en Zwisehenraumen durchgeftihrt. Nur bei 10 Fallen lagen 5 Tage und weniger zwisehen den Liquorentnahmen. 69 Patienten wurden in Abstanden yon 6--10 Tagen lumbalpunktiert, 52 mit Abstanden yon 11--15 Tagen und 50 mit noch grSl3eren Intervallen, die his zu 100 Tagen betrugen. Die Untersuehung des wiederholt gewonnenen Liquors besehrankte sich auf die Zellz/ihlung und die Ausfiihrung der Nonne-Apeltschen Reaktion. Schb'n/eld land nun haufig bei der zweiten Liquoruntersuchung pathologische Zellwerte und positive Phase I, die vorher nicht festzustellen waren. Besonders bei kurzem Intervall zwisehen beiden Punktionen wurden diese Veranderungen haufig verzeichnet. SchSn/eld forderte fiir die Praxis, dal3 zwischen den einzelnen Punktionen ein Zwisehenraum yon mindestens 10 Tagen liegen soll. Damit schloB er sich auf Grund seiner ausgedehnten Untersuchungen der alteren Ansieht Niflls unein- gesehrankt an. - - Weigeldt hingegen vertrat die Auffassung, da$ eine Lumbalpunktion keinerlei Veranderungen der Liquorzusammensetzung zur Folge habe. Ka/ka leugnet zwar nicht die MSgliehkeit yon Liquorveranderungen nach Lumbalpunktion, meint aber, dieser Faktor falle nicht sehr ins Gewicht, ,,weil diese Veranderungen, wenn sie tiberhaupt vorkommen, nur sehr geringe sind und bald abklingen". Nur dann trete eine Veranderung der Cerebrospinalfltissigkeit auf, wenn bei der Lumbal- punktion irgend etwas (Luft, Hautkltimpehen oder auch Blut) in den Liquor hinein- gelange. Es komme dann zu einer meningealen Reizung im Sinne der Fremd- kSrpermeningitis mit Vermehrung der Zellen und aueh der EiweiBkSrper. In jiingster Zeit (1936) hat Nissen zur Frage der Liquorveranderungen nach Lumbal- punktion auf Grund eigener experimenteller Studien Stellung genommen. Nissen ftihrte bei 20 fieberlosen, nieht nervenkranken Patienten und bei 50 Kranken mit akuten Infekten Lumbalpunktionen im Abstand yon 2--4 Tagen durch. Die Liquor- untersuehung besehrankte sich auf die Zellzahlung. Keiner der Gesunden zeigte bei der Zweitpunktion Zellwerte, die wesentlich hSher waren als bei der ersten Liquoruntersuehung. In der zweiten Gruppe wurde 5real eine Zellvermehrung festgestellt. In 4 Fallen erheblicher Pleoeytose bezog der Autor die Liquorverande- rung jedoch auf den Infekt und nicht auf die vorausgegangene Lumbalpunktion. Nut in einem Fall, der 15/3 Zellen bei der Repunktion hatte, wurde an einen m(iglichen Zusammenhang mit der friiheren Lumbalpunktion gedacht. Nissen schliel3t seine

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l~ber Liquorveranderungen nach der Lumbalpunktion. 399

Untersuchungen mit der Feststellung: ,,Die korrokt ausgeffihrte Lumbalpunktion verursacht sieher so selten Ver~nderung des Zellgehaltes der Lumbalfliissigkeit, dab man bei einer Repunktion diese Fehlerquelle nicht zu beffirchten braucht."

Aueh das Tierexperiment ist in der Frage der postpunktionellen IAquorbefunde herangezogen worden. Die hierbei gewonnenen SehluBfolgerungen sind jedoeh aus verschiedenen Grfinden nicht ohne weiteres auf die Verhaltnisse beim Menschen zu fibertragen, so wichtig die Ergebnisse auch als Grundlage ffir alle tierexperimentellen Arbeiten geworden sind, bei denen wiederholte Liquorentnahmen ausgefiihrt werden miissen. Bei den tibliehen Laboratoriumstieren ist heute die Zisternenpunktion die Methode der Wahl. Plaut, Mulzer und Neubi~rger fiihrten vor Impfversuchen bei gesunden Kaninchen Suboccipitalpunktionen in Abst~nden yon einer Woche durch und stellten fest, daB die Liquorbefunde durchweg normal blieben. Bei einem Tier waren 16 Kontrollpunkti0nen vorgenommen worden. Loebell gewann bei seinen Versuchen fiber den Ablauf der otogenen Meningitis beim Kaninchen Zisternenliquor in wesentlich kfirzeren Abst~nden. Wenige Stunden nach einor ersten Liquorentnahme land sich bei erneuter Zisternenpunktion des gesunden Kontrolltiors eine deutliche Pleocytoso bei normalem EiweiBgehalt, so daB eine Reizung der lVIeningen durch sehr sehnell aufeinanderfolgende Zisternenpunktionen unverkennbar war. Steblow und Mandelboim experimentierten an Hunden. Sehon bei der ersten Liquoruntersuchung stellten sie in 25 % der F~lle positive Pandy- reaktion lest. Der 3 Tage sparer ebenfalls zisternal gewonnene Liquor war h~ufig xanthochrom, Zellen und EiweiB waren vermehrt und die Kolloidreaktionen zeigten zumeist ~4eningitistypus. Die Xanthochromie wird yon den Untersuchern auf punktfSrmige Blutungen im Bereich der Meningen und der zentralnervSsen Sub- stanz bezogeu, wie sie Ossipow im Jahre 1901 nach Lumbalpunktionen an Hunden anatomisch festgestellt hatte. Bei sp~teren Nachpunktionen im Abstand yon jeweils 5 Tagen fanden Steblow und Mandelboim zunehmend normale EiweiBwerte und Kolloidreaktionen, wahrend die Zellvermehrung sieh l~nger erhielt.

I)ie Ergebnisse bei wiederholter Zisternenpunktion sind nicht auf die Verh~lt- nisse bei lumbaler Liquorgewinnung zu fibertragen. Vor allem aber stellt die Punktion beim Hund oder gar beim Kaninchen einen ungleich schwereren Ein- grill dar als beim Menschen, so dab das Tierexperiment fiber postpunktionelle Liquorver~nderungen beim Menschen nicht hinreichend sichere Auskunft zu geben vermag.

W e n n es bisher noch n ich t ge lungen ist, K la rhe i t dar i iber zu gewinnen , ob i i be rhaup t n a c h der f iblichen L u m b a l p u n k t i o n - - u n d auf diese beschr~nken wir ua s im folgenden - - L iquo rve r~nde rungen auf t re ten , so liegt das vor a l lem a n der Schwierigkeit , wiederholte L u m b a l p u n k t i o n e n a n e inwandf re i G e s u n d e n durchzuff ihren. Die Fo lgerungen Sch6n/elds, der a n eh~em ungewShnl ich groBen Mater ia l arbeitete, h a b e n sich vor a l lem deshalb n i ch t durchse tzen kSnnen, weft seine Versuchspersonen zum groi3en Tei l a n E r k r a n k u n g e n ]i t ten, die gelegentlich selbst zu L iquo rve r f inde rungen ffihren, ohne dab irgendwelche S y m p t o m e y o n sei ten des N e r v e n s y s t e m s nachweisbar zu sein brauchen. Allein 80 yon seinen 127 F~l len l i t ton an GonorrhSe, die gelegentlich selbst m i t pa tho logischen L i q u o r b e f u n d e n verl~uft . Schon Joanitzescu u n d Galaschescu h a b e n im Jah re 1906 Ze l lve rmehrungen bei GonorrhSen beobach te t . Wi i rde m a n n u n ~hnliche Un te r suchungen , wie sie Sch6n- /old a n se inem Mater ia l durchgef i ihr t hat , ausschliel~lich a n Geistes- k r a n k e n u n d organisch N e r v e n k r a n k e n durchf i ihren u n d die ErgebnJsse

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400 Werner Seheid:

auf das Verhalten beim Gesunden iibertragen, so mfiBte man dieselben Einw~nde erwarten, die mit vollem Recht gegen die Folgerungen Sch6n/elds erhoben werden. Dabei erscheint es uns nicht nutzlos, bei einer experimentellen Untersuchung postpunktioneller Liquorver~nderungen auch sog. endogene 1)sychosen und Orgartisch-Nervenkranke einzube- ziehen. I s t es doch nicht yon vornherein sicher, dab die beim Gesunden erhobenen Befunde auch bei l~rozessen des Nervensys tems Geltung haben. Wenn die Lumbalpur~ktion beim Gesunden keinerlei Liquor- ver/~nderungen hervorriefe, so kSnnte sie sehr wohl e twa bei einem Tabiker oder Polysklerotiker pathologische Liquorbefunde produzieren odor verst/~rken. Selbstredend w/~re auch das umgekehr te Verhalten durchaus denkbar. I n diesem Zusammenhang mul~ auf die stets wieder zu best/~tigende Tatsaehe hingewiesen werden, dal3 ja auch hinsiehtlieh der postpunktionellen Beschwerden ganz erhebliche Untersehiede zwischen Gesunden und Nervenkrartken bestehen. W~hrend die Lumbal- punkt ion etwa beim Tabiker gewShnlich keinerlei Beschwerden her- vorruft , sehen wir jene bekannten postpunktionel len Symptome beim Gesunden ungleich h/iufiger. Wenn wir auch die klinisehen Folge- erscheinungen und die Liquorver/inderungen nach Lumbalpunkt ionen nicht ohne vorhergehende experimentelle Untersuchungen als parallel verlaufende Symptomreihen ansehen diirfen, so legt doch die allgemeine klinische Erfahrung an Lumbalpunkt ie r ten die Notwendigkei t nahe, die postpunktionellen Liquorbefunde bei Gesunden und bei verschie- densten Erkrankungen gesondert zu untersuchert und die gewormenen Ergebnisse zun/~chst nur auf die klinische Gruppe zu beschr/inken, an der sie festgestellt wurden. Sp/iterhin ist ein Yergleich zwischen den Teflergebnissen mSglich. Sollten sieh keine Unterschiede ergeben zwischen den Befunden, wie sie bei Gesunden erhoben wurden und den e twa an Psychosen gewonnenen, so w/~re dami t die Basis, auf die sich die SchluBfolgerungen stfitzen, erheblich verbrei ter t . DaB n/~mlieh ffir unsere Frage nur eine bescheidene Anzahl yon im strengsten Sinne gesunden Versuchspersonen zu gewinnen ist, vers teht sich yon selbst. W/~re es anders, so bestiinden heute keine Zweifel mehr fiber die Liquor- befunde nach Lumbalpunkt ionen.

Einige methodische Bemerkungen mfissen der Besprechung unserer experimentellen Ergebnisse vorausgeschickt werden. - - Der Liquor wurde, wie schon erw/~hnt, ausschlieBlich durch Lumbalpunktion gewonnen. Wenn irgend mSglieh, wurde bei der sp~teren Punktion die Nadel zwischen den gleichen Dornforts/itzen eingeffihrt wie bei der ersten Liquorentnahme. Die fiir eine vollstgtndige Untersuchung nStige Liquormenge wurde nicht iiberschritten. Im Durchschnitt wurden 5 ccm Liquor entnommen. Gelegentlich wurde der zweite Liquor anl/~131ich einer lumbalen Encephalographie erhalten. In diesen F/~llen wurden die ersten Kubikzentimeter der Untersuchung zugefiihrt und selbstredend sp~tere Punktionsbefunde fiir unsere Fragestellung nicht verwandt. Kam bei der ersten Lumbalpunktion zun~chst blutiger Liquor, so wurde dies ausdrticklich vermerkt. Im Gegensatz zu anderen Untersuchern (Nissen u. a.) haben wir diese F~lle nicht ausgesehieden, sondern

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~ber Liquorver~nderungen naeh der Lumbalpunktion. 401

haben ihnen ganz besonderes Interesso entgegengebracht. Wir haben sie mit jenen F~llen, bei denen der erste Liquor mikroskopisch st~rkeren Blutgehalt zeigte, in einer eigenen Gruppe zusammengefaflt, um zu priifen, ob besondere Liquorver~nde- rungen dann zu erwarten sind, wenn es aller Wahrscheinliehkeit nach bei der ersten Punktion zu mehr oder weniger ausgedehnter Blutung in den Subaraehnoidealraum gekommen war. Wenn bei einer sp~teren Punktion, gew6hnlich also bei der zweiten Liquorentnahme, ein st~rkerer Gehalt an roten Blutk6rperchen im Liquor nachweis- bar war, so wurde die Erythrocytenzahl im Befund vermerkt, aber im iibrigen der Liquorbefund nicht ausgeschieden. Im allgemeinen iiberstieg der Erythroeyten- gehalt nicht wosentlich den Wert yon 5000/3, so dab ein EinfluB auf die Globulin- reaktionen, auf den EiweiBwert und die Kolloidkurven nicht zu beiiirchten war (Ka]ka und Samson, Samson, Demme). Lediglich konnte in diesen F~llen dutch aus dem Blur stammende weiBe BlutkSrperchen eine Zellvermehrung vorgetguseht werden. I)ie Tatsache, dal~ im Blur durchschnittlich auf 50(O-1000 rote Blut- kSrpercben eine weiBe Blutzelle entfi~llt, ergibt die MSglichkeit zur Korrektur des Liquorzellwertes. Bei 1000/3 Erythrocyten im Liquor sind x/a--2/a weiBe Zellen abzuziehen, um einen Anhalt fiir den tats/~chlichen Zellgehalt des blutfreien Liquors zu gewinnen.

I)er Liquor wurde unmittelbar nach der Punktion untersucht, um eine Aufl6sung der empfindlichen Liquorzellen zu vermeiden. Die Untersuehungen wurden aus- nahmslos in der Serologischen Abteilung der Deutschen Forschungsanstalt fiir Psychiatrie nach den dort eingeffihrten Methoden vorgenommen. I)ie Zellzghlung erfolgte aus der stets ann~hernd gieich groBen Gesamtmenge des Liquors. ])as GesamteiweiB wurde nach dem Verfahren yon Custer bestimmt. AuBerdem wurde im allgemeinen der EiweiBquotient nach Ka/ka ermittelt, die Reaktionen naeh Pandy und Nonne-Apelt angestellt, sowie die Normomastix- und Goldsolreaktion durchgeftihrt. I)er Liquorzucker wurdo nach dot Methode yon Folin-Wu (Modifi- kation nach Neubauer) bostimmt. Stets wurde wemgstens einmal im Liquor die Wa.R. nach der Hauptmannschen Auswertungsmethode und auBerdem die Meinicke- Klgrungsreaktion und Mi~ller-Ballungsreaktion angestellt. Wenn nicht eigens ver- merkt, fielen die Reaktionen im Liquor negativ aus. Gleiches gilt yon den spezi- fischen Reaktionen im Blur, die stets angesetzt wurden.

13ber die Abgrenzung normaler mad pathologischer Liquorbefunde besteht noeh keine Einigkeit. I)ies gilt besonders fiir die l~rage, welcher Zellwert des Liquors noch als normal anzusehen ist. Nonne rechnet noch 5 Zellen, also 15/3 als normale Zellzahl, sieht 6--10 Zellen als Grenzbefunde an und spricht erst bei h6heren Zell- werten yon Pleoeytose. Einen gegens~tzlichen St~ndpunkt vertr i t t Neel. Seiner Almicht nach enthMt der normale Liquor hSchstens 1/a Zellen. Ein Wert yon ~;'a sei schon auf einen organischen ProzeB verdgehtig. Neet giaubt, dab die nach seiner Meinung zu hoch angosetzten Grenzen anderer Autoren an einem Krankenmaterial gewonnen sind, das auf Grlmd seiner Zusammensetzung nicht fiber den Normal- liquor Auskmlft geben kann. I)ieser Vorwurf trifft vor allem SchSnfeld. Ka]ka sah im Jahre 1928 4 Zellen im KubikmiUimeter noch als Normalwert an, bezeichnete 5 Zellen als Grenzwert und sprach erst bei 6 Zellen und mehr yon einer Zellvermeh- rung. Sp~tor gab er den oberen Weft fiir die normale Zellzahl mit 8/3 Zellen an, wertete jedoch erst Befunde yon fiber 15/3 Zollen als pathologisch. Bei Zwisehen- werten spricht er yon ,,abnormem Liquor", bei dem die Befunde zwisehen normal und pathologisch stehen. Demme hat sieh Kaflcas Ansieht im wesentlieben an- gesehlossen. ~ Im folgenden wollen wir 12/3 Zollen noch als Normalwert ansehen, wenn aueh im allgemeinen die Zellzahl dos normalen Liquors niedriger liegt. Als pathologisch rechnen wir erst Zellwerte yon 18/3 mad mehr. I)ie Zwischenbefunde worden als Grenzworte bezeichnet. Was die obere Grenze des GesamteiweiBgehaltes angeht, so wollen wit bei der Custerschen Methode bis zu 33 mg- % noeh als normal reehnen. 33--36 rag- % sind Grenzwerte, h6herer EiweiBgehalt muB als pathologisch

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402 Wemer Scheid:

bezeichnet werden. Jede leichte Opalescenz boider Pandyschen und Nonne-Apelt- schen Reaktion wird als pathologischer Befund gebucht. Die Normomastixreaktion darf in den ersten R6hrchen noch eine Trtibung bis I I I ergeben. Ein st/~rkerer Aus- fall wird ausffihrlicher mitgeteilt. Der Normalliquor gibt bei dem in der Forschungs- anstalt verwandten Goldsol keinerlei FarbKnderungen. Auch kleine Goldsolzacken werden also bei unseren Befunden eigens aufgefiihrt.

Die Auswahl unseres Materials u n d die Aufs te l lung der ve r sch iedenen G r u p p e n bedarf e iner besonderen Erl /~uterung. Auf die le tz te Gruppe , die alle F/ille umfaBt, bei denen es schon bei der E r s t p u n k t i o n mi t groBer

Lfd. Name Nr.

1 J . V .

2 R . P .

3 A.B.

4 L .G .

5 E . A .

6 K . G .

7 S .K .

8 T . K .

9 F . N .

10 S.O.

11 K . H .

12 h~. N.

13 J . G .

14 D.L .

15 M.B.

16 J . H .

17 V.(~.

18 F . K .

Alter

37 c?

31 g~

31

35

19 g~

19

46 <~

29

19

39

40 c?

64

G e - schlecht Diagnose

Psychopathie "

] Angeborener Schwachsinn

. ,

Psychopathie

Angeborener Schwachsinn

Psychopathie

Angeborener Schwaehsinn

Psychopathie

Angeborener Schwaehsinn

Psyehopathie

0bersehenkelfraktur

Punktion a m

9.4.38 11.4.38 19.3.38 21.3.38 16.3.38 18.3. 38 19. 1.38 21. 1.38 4.5.38 6.5.38

18.3. 38 21.3.38 21.3. 38 24.3.38 15.2.38 18.2. 38

1.3.38 4. 3.38

22. 1.38 25.1.38 21.3.38 24. 3.38

10. 6.38 13.6.38 15.6.38 24. 3.38 28.3.38 17.2. 38 21.2. 38 26.2. 38

.3 .38 26. 2. 38

3.38 :238

1 2. 38 26. 3.38

4. 38

Tabelle 1.

Inter- vall Zellen

Tage

2

2

2

2

2

3

3

3

3

3

3

1/3 3 6/3 2 6/3

4/3 4 28/3

1/3 4 75/3

2/3 4 9/3

3/3 4 59/3

8/3 2 7/3

8/3 4 1/3

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(Jber Liquorveranderungen nach der Lumbalpunktion. 403

W a h r s c h e i n l i c h k e i t zu B l u t u n g e n in den S u b a r a c h n o i d e a l r a u m g e k o m m e n war , wiesen w i t be re i t s hin. Als Normal/dille, wie sie in T a be l l e 1 auf- ge f i ih r t s ind, d i e n t e n uns ausschliel~lich solche Personen , be i d e n e n nach A n a m n e s e u n d B e f u n d eine organische E r k r a n k u n g des 3Nerven- sys t ems , eine de r sog. e n d o g e n e n Psychosen , aber auch j edes a n d e r e L e i d e n m i t h in re i chende r S icherhe i t auszuschliel~en war . Z u m e i s t h a n d e l t e es sich u m j i ingere Menschen, die zur E n t s c h e i d u n g d e r F r a g e , ob landl~uf ige l ) u m m h e i t oder schon Schwaehs inn a n z t m e h m e n ist ,

Normal f /~ l le .

Phase Pandy I

0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 O . 0 0 0 0 0

0 0 0 o

0 0

o o

o

o o

G e s a m t - eiweil~ rag-%

20 30 20 30 25 14 20 30 14 12 16 15

Eiwei l l - q u o t i e n t

0,07 0,11 0,07 0,19 0,04 0,13 0,05 0,17 0,09

0,17 0,07 0,11 0,11 0,13 0,07 0,05 0,15 0,16 0,20 0,06 0707

~orI~o* mastix- reaktion

normal

Goldsol - r e a k t i o n

normal

Z u c k e r

mg-%

58,8 57,0 66,9 66,8 64,2 51,0 61,2 68,2 64,2 55,8 64,0 67,2

Bemerknngen

2500/3 Ery- throcyten

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404 Werner Scheid:

klinisch beobachtet und untersucht warden. Sobald der geringste Anhaltspunkt ffir eine exogene Entstehung der Minderbegabung sich fand, wurde der Betreffende ausgeschieden. Die Psychopathen sind nach /~hnlich strengen Gesichtspunkten ausgewi~hlt. Sobald etwa ein Selbstmordversuch (Sehlafmittel, Leuchtgas usw.) zur klinischen Beob- achtung veranlaBt hatte, warden die Betreffenden nicht in der Gruppe der ~qormalfiille aufgenommen. Tabelle 1 umfai~t also ausschlieBlich solche Fitlle, die in intellektueller oder charakterlicher Hinsicht Spiel- arten des Normalen darstellen, aber nicht als Kranke aufzufassen sind. In einer weiteren Gruppe (Tabelle 2) warden klinisch emwandfreie Schizophrenien zusammengestellt, gleichgiiltig, ob der Liquor bei der Erstpunktion normal gefuaden warde oder sich als pathologisch erwies. Eine zyklothyme Depression und eim'ge symptomatische Psychosen warden hier eingegliedert. Eine dritte Gruppe bilden Epilepsien, die nach strenger klinischer Diagnostik als genuin anzusprechen sind. Die Gruppen 4 und 5 stellen in diagnostiseher Hinsieht Mischgruppen dar. Sie enthalten die versehiedensten Prozesse des Nervensystems, abet auch interne Erkrankungen, soweit sie bei uns zar Beobachtung kamen. Aus praktischen Griinden warden solche mit normalem Ausgangsliquor yon denen abgetrennt, die sehon bei der Erstpunktion pathologisehe Liquorbefunde zeigten. Handelte es sieh nur um einen Grenzwert hinsichtlich Zellzahl oder GesamteiweiB, so fiihrten wir dan Fall in der Gruppe der ErkranJ~ungen mit normalem Ausgangsliquor (Tabelle 5) auf. Irmerhalb der einzelnen Gruppen warde naeh der Kiirze des Inter- valls zwischen den Punktionen geordnet. Warden drei oder mehr Punktionen angestellt, so war der Zwischenraum zwisehen den beiden ersten Liquorentnahmen fiir die Einordnung mal]gebend.

Tabelle 1 enth/~lt 18 Normalf~lle, bei denen die Lumbalpunktion naeh einem Zeitabschnitt yon 2 bis zu 14 Tagen wiederholt warde. Die kurzen Intervalle sind deshalb weitaus am haufigsten vertreten, weft es aus /~uSeren Grfinden unm6glieh ist, die klinische Beobaehtung solcher Normalf/~lle l~nger auszudehnen. Die Zusammenstellung kann zunaehst einen Beitrag zur Frage des Normalliquors ]iefern, werm aussehlieBlich die Erstbefunde bertieksiehtigt werden. Die Reaktionen nach Nonne-Apelt and Pandy fielen stets negativ aus, auch waren die Normomastix- und Goldsolreaktionen ausnahmslos normal, wobei wir die frfiher gekennzeichneten Grunds/~tze als Maflstab anlegten. Der niedrigste Weft fiir das GesamteiweiB, der bei 2 F/~llen verzeichnet wurde, betrug 14 rag-%, der h6chste 36 mg-% (5). Damit hat einer unserer Normalf~lle einen EiweiSgrenzwert erreieht. Die iibrigen Zahlen fiir das Gesamteiweil~ liegen unter unserer oberen Normalgrenze yon 33 rag- %. Einmal warden 11/3 Zellen im Erstliquor gez/~hlt. Alle anderen Zellwerte des Ausgangsliquors Normaler sind geringer. Vergleiehen wir nun die Befunde spitterer Lumbalpunktionen mit den zugeh6rigen

Page 9: Über Liquor Veränderungen nach der Lumbalpunktion

l~ber Liquorver~nderungen nach der Lumbalpunktion. 405

Ausgangswerten, so ist zuni4chst festzustellen, dab die Reaktionen nach Nonne-Apelt und Pandy, sowie auch die Kolloidreaktionen negativ blieben, also durch die voraufgegangene Punktion nieht beeinflul~t waren. Die Schwankungen im Zuckergehalt bewegen sich ebenfalls in normalen Grenzen. Der Wert ffir das GesamteiweiI~ erwies sich in einigen F~llen bei der sp~teren Punktion als ganz unver~ndert. Das gilt auch ffir Fall 5, bei dem beide Untersuchungen den EiweiBgrenzwert von 36 mg-% ergaben. Gelegentlich lag der sp~tere EiweiBwert hSher oder niedriger als der erste. Wenn wir von den geringeren Schwankungen absehen, fiir die auch die Fehlerquellen der Methode verantwortlich gemacht werden kSnnen, so bleiben doch einige Beobaehtungen, in denen der EiweiBanstieg oder -abfall betr~chtlich ist. Bedeutsam ist aber die Feststellung, dab niemals ein vorher normaler Eiweiflwert bei der spdteren Untersuchung in den Bereich der Grenzwerte oder gar der pathologischen Be/unde angestiegen ist. Wenn wir die Scbwankungen im GesamteiweiB nebeneinander stellen, so kommen sprunghafte ErbShungen und Er- niedrigungen vor, die sich alle in normalen Grenzen halten. Wit mtissen also auf Grund dieser 18 Normalf~lle einen EinfluB der einige Tage zurfickliegenden Lumbalpunktion auf den Gesamteiwei]3gehalt des Liquors ablehnen. Die oft betr~chtlichen Sehwankungen nach beiden Richtungen, die sich also sehon bei nur wenige Tage auseinanderliegen- den Untersuchungen bemerkbar machen, mfissen als eine Eigensehaft auch des Liquors Gesunder angesehen werden. Ka/ka stellte solche Bewegungen des LiquoreiweiBes bei Schizophrenen und Epileptikern lest und hielt diese Schwankungen ffir in gewisser Weise typische Befunde. In der Tat iiberschreiten sie bei den genannten Erkrankungen oft die obere Grenze der ~Torm und erreiehen gelegentlich Grenzwerte oder gar pathologische Bereiche. ~rinzipiell gleiche Schwankungen finden sieh aber, wie aus unserer Zusammenstellung hervorgeht, auch bei Gesunden. - - Der Vergleich unserer Zellbe/unde bei den ersten und den folgenden Punktionen l~Bt in vielen F~llen einen EinfluB der vorauf- gegangenen Lumbalpunktion deutlich erkennen. Zwar zeigen sieh aueh hier gelegentlieh keine wesentlichen Unterschiede bei erster und folgender Liquoruntersuchung. Fall 12, der sogar 3mal im Abstand yon 2 bzw. 3 Tagen punktiert wurde, hatte bei beiden ~achpunj~tionen keine ~nderung im Zellgehalt. Diesen hinsiehtlich der Zellzahl vSllig unbeeinf[uBten F~llen stehen aber andere gegenfiber, die eine mehr oder weniger erhebliche Pleoeytose bei der sps Punktion aufweisen. Hier ist etwa Fall 11 anzufiihren, der nach der iibliehen Korrektur des Zellwertes, die wegen der Blutbeimengung notwendig ist, doch fiber 70/3 Liquorzellen, bestehend aus Lymphocyten, 3 Tage nach der ersten Lumbalpunktion zeigte. Fall 14 hatte eine ~hnlich starke Zellvermehrung, w~hrend die in Absti~nden yon 12 und 14 Tagen nachpunktierten Beob- achtungen 17 und 18 der Gruppe der vSllig unbeeinfluBten Fiille

Page 10: Über Liquor Veränderungen nach der Lumbalpunktion

4 0 6 Werner Scheid:

Tabelle 2. S e h i z o ) h r e n i e , Z y k l o t h y m i e ,

Lfd. Name AF I Ge- Punktion Nr. ~er sehleeht Diagnose am

19 E . N . 37 g~

20

21

22

23

24

25

26

27

28

29

30

31

32

33

34

35

36

37

J . Mo

E . L .

A . B .

]~. S.

M.V.

I . L .

C . H .

M . E .

R . B .

A . G .

M . L .

C . H .

M . W .

B . Z .

F . K .

U . S .

F . C .

R . D .

45

62

22

34

60

43

31

37

31

50

48

37

45

67

24

39

39

32

?

Schizophrenie

Gastrogene Psychose (hypochrome Anamie)

Schizophrenie

Zyklothyme Depression

Schizophrenie

5. 1.38 6. 1.38

21. 4 .38 22. 4 .38

12. 5.38

14. 5.38

7. 8 .34 9. 8 .34

11. 9 .34 14. 9. 34

27. 4. 38 30. 4. 38

27. 4. 38 30. 4. 38

27. 4. 38 30. 4. 38

17. 5. 38 20. 5. 38

15. 2. 38 18. 2. 38

20. 5. 38 23. 5. 38

23. 1.38 26. 1. 38

2. 2.38 5. 2 .38

2. 2.38

5. 2.38

2. 2 .38 5. 2 .38

2. 2 .38 5. 2.38

28. 4. 38 2. 5 .38

22. 4. 38 26. 4. 38

28. 4. 38 2. 5 .38

27. 5.38 31. 5.38

Inter- I vall Zellen Tage .

1

1

2

2 3 3

3

3

3

3

3

3

3

3

3

3

3

4

4

4

4

Page 11: Über Liquor Veränderungen nach der Lumbalpunktion

~ber Liquorver~nderungen nach der Lumbalpunktion. 407

s y m p t o m a t i s c h e P s y c h o s e n .

P~se

0 0 pl tr

0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0

0

S Lr

Spur

0

o

0

0

o

Pandy Ge- Ei-

saint- weil~- eiweil3 quo- rag-% tient

0,43

0,08 0,15

0,11 0,15

0,05i 0,06 0,06 0,06 0,07 0,13

Normomastix- reaktion

normal 7 ,

7 9

IV, V7 IV, III, II , I, I

I I I , IV, IV, I I I , II, I

normal

normal

7 ~

7 ,

7 ,

7 '

7 ~

7 7

VII, IX, VIII, VI, IV, II, I, I IV, VIII, VIII, VII,VI,IV,II,I

normal

III , V, V, III, I , I

Goldsol- reaktion

normal

1, 1, 1, 2, 1, 0, 0

0, 1, 1, 2, 1, 1, 0, 0

normal

~ 7

7 7

3, 3, 3, 3, 2, 2, 1, 0 3, 3, 3, 3,

2, 1, 0 normal

0, 0, 0, 1, 1, 0, 0

Zucker

rag-%

54,0 66,3

56,4

60,6

70,8 57,6 54,0 70,8 61,8 63,6 69,6 69,6 73,8 69,6

63,3 57,6 67,2

68,9 68,2 57,6 60,0 72,0

61,2 68,4

54,0 54,0

59,4 45,9 55,2 61,8 61,8 60,0

BeInerkungen

Hebephrenes Bild. D/irftige Bezie- hungsideen

Schleichender para- noider ProzeB

Hebephrenes Bild Unver~ndert

Verziickt, maniriert 7500/3Erythrocyten

Schizophrener De- fekt

Defektzustand

:s

Alter paranoider ProzeB

Frischer Schub: ~ngstlich-ratlos

Alter ProzeB. Fri- scher Schub: zer- fahren, pathetisch

3000/3 Erythrocyten

ttebephrenerProzeB

Katatoner Endzu- stand

Ablehnend, negati- vistisch, erregt

Page 12: Über Liquor Veränderungen nach der Lumbalpunktion

408 Werner Scheid:

L f d . Nr .

38

39

40

41

42

43

44

45

46

47

48

49

50

51

N a m e

A . H .

A.H.

M.S.

K.B.

O.S.

F.M.

A . L .

O.S.

A.S.

n ~

M.K.

F . K .

M.E.

L.Z.

i

Alter sehlGee~ht

23 9

30 $

25 $

49 $

27

t

44

48

38 4 ~

53 c~

48 3'

44 9 I

58 3 ~

3O

25 c~

D i a g n o s e P u n k t i o n a m

Schizophrenie

Symptomatische Psychose

(abdominaler AbsceB) Schizophrenie

26. 2.

18. 22.

9. 13. 29.

3. 7.

28. 2.

5.

20. 31.

7. 13.

7~ 13.

8~ 14. 8.

14.

2.38 3.38 1.38 1 . 3 8 6.38 6. 38 6. 34 7.34 7.34 4. 38 5.38

5.38

5.38 5. 38

12.37 12. 37

12. 37 12.37

6.38 6 . 3 8 6.38 6. 38

17. 2. 38

25. 2. 38

18. 4. 34 30. 4. 34 25. 5.34

6. 6.34 2. 7.34

14. 7.34 10. 7.34 25. 7.34

T a b e l l e 2

IDter- vall Zelle~ Tage

4/3 4 3/3

2/3 4 65/3

30/3 4 7/3

3/3 4 0 4 1/3

12/3 4 s/3

3 17/3

15 52/3 11 140/3

4/3 6 s/3

2/3 22/3

lO/3 4/3 9/3

15/3

14/3

8 30/3

2/3 ] 1/3

2/3 l 15/3

0 12 1/3

15

angeh6ren. I m ganzen warden bei der ! q a c h p u n k t i o n 8mal pathologisehe Zel lwerte in der Gruppe der . Gesunden erre ieht , also w e n n wi t n u t die in ku rzen I n t e r v a l l e n P u n k t i e r t e n ber / ieksieht igen, in der H&lfte unserer F&lle. Stets hande l t es sieh u m re in lymphoeyt /~re Pleocytosen. l~iemals t r a t e n po lymorphkern ige Zellen auf. Unse re Z u s a m m e n s t e l l u n g lehrt ,

Page 13: Über Liquor Veränderungen nach der Lumbalpunktion

l~ber Liquorveritnderungen nach der Lumbalpunktion.

Fortsetzung).

409

P~s~

0 0 0 0

0 0 0

Spur

0 0

0

0

S p~ r

S p~ r

S pl r 0 0 0 0 0

o o

P a d d y samt-lweitl- Normomastix- siweil~ quo- reaktton mg-% ticnt

0 17 0 18 0 12 0 20 0 32 0 36 0 16 0 16 0 10 0 36

Spur 40

Spur 40

+ 45 50

0 40 0 30

18 30

0 22 14

0 24 Spur 50

Spur 60

Spur 60

Spur 36 0 33 0 25 0 25 0 2O 0 2O 0 33

16

0,06 0,11 0,09 0,25

0;4

0,11 0,15

0,05 0,15

0,1~

0,0!

0,1~

0,1:

normal

~y

9,

normal V, Vy VI, V,

I I I , I, I IVy IV, I I I ,

II , I, I normal

V, VI, IVy II , I , I

II, I I I , I I I , l i ly II, I

normal

normal

G o l d s o l - r e a k t i o n

normal

,y

1, 1, 2, 2, 1 , 0 , 0

1, 1, 1, O, 0

normal

1, 2, 2, 2, 1 , 0 , 0

0, 0, 1, l, 1, 0, 0 normal

~y

,y

Z u c k e r

m g - %

59,4 59,4

55,8 60,0

64,2

61,2

55,6

52,2

55,8 52,2 51,0 42,6 63,6 59,4 58,2 51,6

Bemerkungen

L~ppisehe Hebe- phrenie

L/~ppisch, zerfahren

Kataton-akinetisch. Seit 14. 4. 38 schwer auff~llig

Unver~ndert Seit einigen Wochen Beeintr/~chtigungs - und Verfolgungs- ideen

Gespannt.Paranoid- halluzinatorisches Bild

Schleichender para- noider Prozefl

Geordneter Parano- ider. 8.6. plStzlich schwerst zerfahren, kataton

Paranoid-halluzina- torisch

7500/3 Erythrocyten

Leer-depressives Bfld

Katatonie. t 4.8.34

Frischer psyehoti- seller Sehub. Ver- schroben-maniriert

dab s ine m e h r oder weniger erhebl iche ZeUvermehrung lymphocyt /~ren Charak te rs n i ch t se l ten der e in fachen L u m b a l p u n k t i o n bei ge sunden Erwachsenen folgt, dab aber n iemal s E iweiBvermehrungen oder s t~rkerer Ausfa l l der E iweiBreak t ionen als Folge der voraufgegangenen P u n k t i o n festgestell t werden k o n n t e n .

z. f. d. g. Neur. u. Psych. 163 27

Page 14: Über Liquor Veränderungen nach der Lumbalpunktion

410 Werner Scheid:

Die Beur te i lung der in Tabe l l e 2 z u s a m m e n g e f a B t e n Befunde s t6Bt au f grSBere Schwie r igke i t en : Die be iden F/~lle y o n s y m p t o m a t i s c h e n P s y e h o s e n (20,41) und eine z y k l o t h y m e Depres s ion (33) h a t t e n n o r m a l e n Ausgangs l iquor . Sie ve rh i e l t en s ich be i de r N a c h p u n k t i o n wie j ene n o r m a l e n Versuchspersonen de r G r u p p e 1, be i d e n e n n i c h t e i n m a l e ine Z e l l v e r m e h r u n g au fge t r e t en war , a lso vSll ig unver /~nder te B e f u n d e be i d e r R e p u a k t i o n e r h o b e n w e r d e n konn ten . Bei den we i t aus me i s t e n FMlen dieser Gruppe 2 h a n d e l t e es s ieh u m k l in i sch e inwandf re ie Schizo- ph ren ien , bei denen j a an sich schon ge legen t l i ch L iquorver /~nderungen v o r k o m m e n . Golant-Ratner f and 1924 be i 12 F a l l e n von f r i seheren u n d /~lteren sch izophrenen P rozes sen a u s n a h m s l o s pa tho log i sehe Gold- so lkurven . I n der H/i l f te de r F/~lle f iel auch d ie Pandysche R e a k t i o n pos i t i v aus. Ka/ka wies sp/~ter au f das V o r k o m m e n von Eiwei6- v e r m e h r u n g im L iquo r Sch i zoph rene r hin. Seine Befunde w u r d e n d u r e h Demme, Plaut und Rudy, Riebeling, Str6mme und Lehnhardt, Kopp u. a. im wesen t l i chen bes t / i t ig t , wenn auch d ie H/~ufigkeit so lcher E i w e i B v e r m e h r u n g e n von d iesen A u t o r e n ger inger angese t z t w u r d e a ls y o n Ka/ka. Riebeling und seine M i t a r b e i t e r f anden auch unabh/~ngig

Tabelle 3.

Lfd. N a m e 2qr.

52 K . W .

53 X.M.

54 F .S .

55 F. B,

56 G.H.

57 A.S.

58 W.R.

59 M.S.

60 J . H .

61 F.M.

62 M.E.

63 J .B .

Alter Ge- schlecht

32

15

19

27

31

Diagnose

Epilepsie, genuin

Punktion am

26. 4. 38 28. 4. 38 16. 3.38 18. 3.38 24. 3. 38 12. 1.38 15. 1.38 16. 2. 38 19. 2. 38 21. 1.38 24. 1.38 16. 7.34 19. 7.34 16. 6,34 20. 6. 34

7. 5.38 14. 5. 38

9. 6.38 16. 6.38

1. 6.38 8. 6.38

27.12.37 5. 1.38

26. 1.38 4. 2.38

Inter- vall Tage

2

2 6

3

3

3

3

4

7

7

7

9

9

Zellen

12/3 1/3

12/3 34/3 24/3 8/3

20/3 13/3 lO/3 8/3

21/3 4/3 1/3 2/3 5/3 2/3

143/3

5/3 13/3 6/3

31/3 5/3 0

28/3 2/3

Page 15: Über Liquor Veränderungen nach der Lumbalpunktion

tJber Liquorveranderungen nach der Lumbalpunktion. 411

von EiweiBvermehrungen gelegentlich Pleocytosen. Kopp verzeichnete bei 19 unter 153 F~llen Zellvermehrung, die vor allem solche K r a n k e betraf, welche sich in einem akuten Stadium der Erkrankung befanden. Auch ausgepr~gte Kol loidreakt ionen stell te Kopp nicht selten fest. Subnormale Liquorbefunde, wie Ka/ka sie gesehen hat te , konnte Kopp bei seinem groBen Material niemals verzeichnen.

In unserer zweiten Gruppe befinden sich 30 Schizophrene, bei denen die Lumba lpunk t ion in Abst~nden yon 1 Tag bis zu 33 Tagen wieder- holt wurde. Eine besondere Auswahl stellen diese F~lle insofern dar , als schleichende Prozesse fiir unsere Fragestel lung bevorzugt wurden, da bei aku ten und im klinischen Bild schnell wechse]nden Erk rankungen eher dutch den ProzeB bedingte Liquorveri~nderungen befi i rchtet werden miissen. Durch diese Auswahl sind unsere Befunde bei der E r s tpunk t ion nicht ohne weiteres geeignet, einen Beitrag zu der Frage zu liefern, wie h~ufig i iberhaupt Liquorver~nderungen bei Schizophrenen vor- kommen. Jedenfal ls stellen auch wir an unserem Material gelegentl ich Pleocytose fest, einige Male EiweiBgrenzwerte oder leichte EiweiB- erhShung, und in drei FMlen finden sich im Erstl iquor mehr oder weniger

E p i l e p s i e (genuin).

P h a s e I P a n d y

0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0

0

0 0 0 0 0 0 0

G e s a m t - e i w e i B m g - %

2O 18 56 33 33 14 20 30 18 2O 12 18 20 33 25 45 45

3O 3O 36 21 25 25 16 12

Eiwei l~ - q u o t i e n t

0,11 0,05 0,07 0,13 0,10 0,16 0,05 0,11 0,05 0,11 0,33 0,12 0,17

0,09 0,09

0,07

0,09 0,16 0,09 0,09 0,14 0,09

Normo- m a s t i x - r e a k t i o n

normal

n o ] aal

Goldso l - r e a k t i o n

normal

normal

Z u e k e r

m ~ - %

55,6 62,4 67,0 69,6

51,0 51,0 68,2 60,0 69,6 84,0

108,0 75,6 63,6

66,9 66,9

69,6

50,4 61,8 65,1 55,2 60,0 54,0

B e m e r k u n g e n

Liquor leich$ bluthaltig

27*

Page 16: Über Liquor Veränderungen nach der Lumbalpunktion

412 Werner Scheid:

ausgepri~gte Kolloidkurven. Vergleichen wir nun die Ergebnisse der Repunktionen mit den jeweils ersten Befunden, wobei wir zungchst yon den Zellwerten absehen wollen, so f~llt auch hier eLue groBe ~ber- einstimmung der zusammengehSrigen Befunde auf. Immerhin ist diese ~bereinstimmung nicht so vollst~ndig wie bei den Normalfgllen. Zwar waren die Globulinreaktionen nach Nonne-Apelt und nach Pandy im gro~en und ganzen bei den spi~teren Punktionen nicht starker ausgepr~gt als im ersten Liquor. Die F~lle 42 und 46, die fibrigens den akutesten Prozessen unserer Gruppe angeh6ren, bilden jedoch Ausnahmen. Auch der ursprfinghch normale Eiwei~gehalt fiberstieg in diesen beiden F~llen sparer die Grenzen der Norm. Auf der anderen Seite beobachten wir gelegentlich das umgekehrte Verhalten: anfangs positive Globu]inreak- tionen fallen bei der Repunktion negativ aus (48) oder ein zungchst erh6hter EiweiBwert oder eLu Eiweil3grenzwert wird spgterhin yon nor- malem EiweiBbefund abgelSst (29, 43). Die Schwankungen erfolgen also nach beiden Richtungen, so dal~ wit berechtigt sind, die ausnahmsweise verzeichnete EiweiBvermehrung bei der Repun~tion ebenso zu deuten, wie die gleich h~ufige EiweiBverminderung im spgteren Liquor anderer Fi~lle: n~mlich auf den Krankheitsprozel3 selbst zurfickzufiihren. Ka/ka, der bei Schizophrenen h~ufig einen Wechsel yon subnormalen und er- hShten Eiweil~werten sah, spricht yon ,,oszillierenden" Liquorbefunden. Subnormale Befunde haben wit, zumal wen~ wir einen Vergleich mit den ~ormalf~l]en durchffihren, nicht nachweisen k6nnen. DaI~ die Liquor- befunde ,,oszillieren", kaIm also nur bedeuten, dab einmal normale Be- funde erhoben werden, eLa anderes iY[al beim gleichen Fall patho- logische Befunde. ])as will bei einer Erkrankung wie der Schizophrenie, fiber deren kSrperliche Grundlagen noch so wenig bekan~t ist, keines- wegs verwundern, zumal da die Ausschlgge nach der Seite des Patho- logischen im Liquor durchweg nicht sehr bedeutend sind. ])a ~hnliche SchwanJ~ungen, die allerdings die oberen Grenzen der Norm nicht fiberschreiten, auch bei Gesunden vorkommen, erscheint es nicht zweck- mgBig, bei Schizophrenen - - Analoges gilt vom Liquor Epileptischer - - eigens yon ,,oszillierenden" Liquorbefunden zu sprechen. ])a aus unserer Zusammenstellung hervorgeht, dal~ die Schwankungen im Gesamt- eiweiBgehalt des Liquors Schizophrener nach beiden Richtungen hin etwa gleich h~ufig erfolgen, kann ein Ein/lufl der Lumbalpunktion au/ den bei sp(iteren Punktionen erhobenen Eiwei[3be/und nicht anerkannt werden. Was fiir das GesamteiweiB gilt, ist such fiber den Ausfall der Kolloidreaktionen zu sagen. Im allgemeinen verhielten sie sich bei wiederholten Pun~ktionen v611ig gleich. Nur vereinzelt fielen sie bei der Repunktion starker aus (37), einmal auch sps schw~cher (47). ])er EiweiBquotient, der nach Ka/ka und Samson bei Schizophrenen sich in den Grenzen der Norm h~lt, bot bei den Erstpunktionen keine Auff~lhgkeiten trod erwies sich spi~terhLa als durchweg u~beeLafluBt. - -

Page 17: Über Liquor Veränderungen nach der Lumbalpunktion

t~ber Liquorver~nderungen naeh der Lumbalpunktion. 413

Wenn wit zur Besprechung der Zellbefunde fibergehen, so lassen sich dureh den Prozel3 bedingte und dutch die vorausgegangene Lumbal- punktion verursachte Schwankungen wiederum nur schwer voneinan- der trennen. Nut in 5 Beobachtungen fanden sich im ersten Liquor Zellgrenzwerte und Pleocytosen. Betrachten wit dagegen die Zell- befunde bei der jeweils zweiten PunJction, so verzeichnen wit bei nicht werdger als 12 F/illen Werte, die fiber die yon uns angenommene obere Grenze yon 12/3 Zellen hinausgehen. Demrmch ist ein Ein- fluB der vorausgegangenen Lumbalpunktion auf die Zellzahl des Liquors auch hier ohne Zweifel erkennbar. Immerhin wurden bei unseren Kranken der zweiten Gruppe Pleocytosen seltener dutch die Lumbal- punktion ausgel6st als bei den Normalf/~llen der Tabelle 1. Bei dem ffir statistische SchluBfolgerungen nur kleinen Material wollen wit dem untersehiedlichen Verhalten beider Gruppen nicht zu groBe Bedeutung bei]egen.

Bei den 12 Kranken der dritten Gruppe handelte es sich umEpfleptiker, bei denen nach Bewertung der Anamnese und des klinischen Befundes die Diagnose genuine Epilepsie gestellt werden muBte. Die Befunde bei der Erstpunktion best/~tigen die Feststellungen yon K. F. Scheid, dab n/~mlich nur ausnahmsweise der Liquor bei sog. genuiner Epilepsie yon der Norm abweieht. Wie K. F. Scheid k6nnen auch wir im vorliegenden Material niemals Kolloidkurven verzeichnen. EiweiBwerte und Zellzahl sind bei der ersten Punktion nur ausnahmsweise als Grenzwerte an- zusprechen oder gar pathologisch erh6ht. In den sp/~teren Befunden ist der Zuekergehalt nur unwesentllch naeh dieser oder jener Richtung ver/indert. Die vorher stets negativen Globulinreaktionen sind auch einige Tage nach der ersten Lumbalpunktion ausnahmslos aueh weiterhin negativ. Normomastix- und Goldsolreaktion zeigen bei der Repunktion keinerlei ~nderung gegen den ersten Befund. Das Gesamteiweil] sehwankt in gewissen Grenzen. Gelegentlich ist ein vorher erh6hter EiweiBwert zur Norm abgesunken (53, 61). In keinem Fall ist das anfangs normale GesamteiweiB bei der Repunktion so weit angestiegen, dab ein Grenz- wert oder gar pathologische Werte erreicht wfirden. Unsere dritte Gruppe bietet also ebenfalls keinen Anhalt da/iAr, daft die vorausgegangene Lumbal- punktion einen Ein/lufl au/ den Aus/all der Globulinrealctionen, der Gesamt- eiweiflbestimmung oder der Kolloidreaktionen ausiibt, in einem Fall war der Zellwert im Erstliquor erh6ht (63). Wenn wir die Zweitbefunde durch- sehen und dabei Fall 59 unberficksichtigt lassen, bei dem der sp/~tere Liquor leieht bluthaltig war, so stellen wir in 4 F/illen siehere Pleoeytose lest. Anf~lle, auf die naeh K. F. Scheid Ze]lvermehrungen folgen kSnnen, waren niemals zwischen den Punktionen verzeichnet worden, so dab die Pleocytosen auf den friiheren Eingriff zurfickgeffihrt werden miissen. Noch 7 Tage nach der ersten Lumbalpunktion warden erh6hte Zellwerte festgestellt.

Page 18: Über Liquor Veränderungen nach der Lumbalpunktion

414 Werner Scheid:

Lfd . Nr .

64

65

66

67

68

69

70

71

72

73

74

75

N a m e

J . S .

E . B

J . R

K . L

J . W

i . O ,

G . H .

F . E .

M.L.

J . G .

F . S .

Ge o Alter schlecht

34

31 c?

24

Diagnose

Paralyse

Priisenile VerblSdung

Traumatische Epilepsie

Chronischer Alkoho- lismus, Hypertension C0-Vergiftung, al te

Sch~delfraktur

Lues cerebri (vasculare Insulte)

Paralyse

Chronische Arthr i t i s

Hirnarteriosklerose, Korsakow

Paralyse

Altes Sch/tdeltrauma, Schwachsinn

Bi~rgersche KrankheW

Tabelle 4. O r g a n i s c h e P r o z e s s e

Punktion am

30. 5 .38

31. 5 .38

19. 1.38 20. 1.38

3. 10.34 4 .10 .34

17. 3 .38 19. 3 .38 21. 5 .38 23. 5 .38

1. 6 .38

3. 6 .38

9. 6 .38

20. 5 .38

23. 5 .38

30. 5 .38

27. 5 .38 30. 5 .38

2. 2 .38

5. 2 .38

22. 4.38

25. 4 .38

Infier- vail ZelleI Tage

3/3

25/3

30/3 59/3

35/3 16/3

5/3 1/3 6/3

12/3

1/3

4/3

7/3

44/3

7/3

22/3

29/3 is/3 24/3

19/3

30/3

O0/3

9/3

5/3

44/3 14/~

23. 2.38

26. 2. 38

2. 5 .38 5. 5 .38

Spui

0 0 !

Spur

0

Spur

Spur

star- ke

Opal.

Spur

Opal.

star- ke

Opal. s c h w , Opal. s c h w , Opal.

0

Page 19: Über Liquor Veränderungen nach der Lumbalpunktion

(Jber Liquorver~nderungen nach der Lumbalpunktion. 415

m i t L i q u o r v e r i i n d e r u n g e n .

G e - ] N i - l saint- weiB- Normomastix-

Pandy eiweiB quo- reaktion rag-% tient

4 I II , II , I, I,

4 VI, VII, VII, VI, IV, II, I, l

~r p~ lr normal 0 , ,

~r pl tr

§ -+ 0 0 S!r

~+-~

~+-~

+ Spur

+ + +

---~

+ + §

+ + +

+ / - +

32 0,28

36 - -

52 20

45 36

56 0,09 50 0,13 25 0,13 28 - -

36 0,28

32

27 0,50

85 1,29

115 - -

12(

55 53

III , VI, VI, V,

I , I 0,08 0,05

o:l ,,

IV, V, I I l , I, I normal

G o l d s o l - Z u e k e r r e a k t i o n i n g - %

V, VII, VII, VI V, III , I, I I I I , VI, VII, VI, IV, II, I IV, VI, VI, V,

III , II , I

X, XII, XII , XII , XII , X,

VIII, VI, IV, I I IX, XII, XII , ! XII , XII , X I I IX, VII, V, II]

0,25 5,5,5,4,4,] - - - - X , XII, XII ,

XII, XII , X, 3, 2 ,1 ,0 VIII, VI, I I I , I

normal normal 63,6 I o , 1 5 1 . . . . -

V I I , IX, XII , 60,0 0,28 5,5,5,3,3, 3,2,2,1,0

0,33 IV, VI, XI, XI.15, 5, 4, 3, 60,0 XI,IX,VI,III , i 3, 2, 1, 0

0,87 5,5,3,3,2, 47,7 2, 1, 1, 0

0G

60

60

25 1,35

95 0,15

75 0,13

30 0,11 30 - -

Xi i , XI, IX, VIII, VI, III , I

XlI , XII, XII XlI , X, VIII

VI, IV, I I XI, XlI , X l I 5, 5, 5, 5.

XII,XI,X,VII, 4, 2, 1, O V, I II , I

II, IV, VI, IV, 1, 1, 2, 2, II, I, I 1, 0

II, III , IV, , 0, 0, 0, 0 I I I , II , I

normal normal r ,~ , ,

58,8

63,6

72,0

66,9

Bemerkungen

Wa.R. im Liquor + ? bei 1,0. Klinisch und serologisch seit 2 Jahren stationer (Malariaremission)

Lues in Anamnese. Wa.R. und Kahn im Blut zweifel- haft. t allgemeine Hirn- atrophie

Geh~ufte AnfMle von Rinden- typus, t 13. 10. 34. Alter Blutungsherd in der linken hinteren Zentralwindung

Mit frischer Co-Vergiftung am 17.5.38 aufgenommen. Alte Impressionsfraktur fiber lin- kem Stirnbein

Vor 40 Jahren Lues, zahl- reiche energische Kuren. Jetzt schwere Demenz. Wa.g. usw. im Blur und Liquor negativ

Wa.R. im Liquor bei 0,2 -t--i- + + , im Blur stark positiv, Unbehandelt

Unbehandelter frischer Fall, Wa.R. im Liquor bei 0,2 -t- + +-[- ; im Blut stark positiv

Mit 13 Jahren schweres Sch~- deltrauma. Knochenfurche im linken Scheitelbein

Page 20: Über Liquor Veränderungen nach der Lumbalpunktion

L f d . Nr .

76 Hirnarteriosklerose

77

78

79

80

81

82

83

84

85

86

87

Al te r Go- N a m e sch lech t

J .L . 62

M.H. 36 c~

K .L . 21 3

I .Z . 25

M . S . 24

W . K . 71

M . S . 48

E . J . 63

E .R .

L .H .

F .D .

R .B .

T a b e l l e 4

D i a g n o s e

20. 23.

Multiple Sklerose

Epilepsie (symptomatisch)

Juvenile Paralyse

Nephrolithiasis. Reflektorische

Harnverhaltung Hirnarteriosklerose

Abortives Alkohol- delir mit fJbergang in Korsakow-Psy-

chose Pr~senile Demenz

Lues des ZNS.

Extramedull~rer Riickenmarkstumor

Tabes dorsalis

Bronchialcarcinom mit Hirnmetastasen

Inter- Punktiert vall Zellen

am Tage

5. 38 3/3 5.38 3 15/3

19. 5. 38 3O/3

23. 5.38 4 10/3

14. 5.38 18/3 19. 5.38 5 12/3

14. 5.38 72/3

19. 5.38 5 34/3

4. 4. 38. 4/3 9. 4. 38 5 7/3 7. 5.38 28 16/3 3. 6. 38 7/3

9. 6.38 6 9/3 27. 8.34 1/3

3. 9. 34 7 3/3 12. 9.34 9 1/3 26. 9.34 14 1/3

1. 4. 38 3/3

9. 4.38 8 12/3

l l . 5.38 18/3

10. 1.38 9/3

19. 1.38 11/3

22. 7.33 4/3

2. 8.33 8/3

7. 12. 34 51/3

19. 12. 34 30/3

18. 7.33 19/3

1. 8. 33 22/3

416 Werner Scheid:

0

S pur

0

s, hw. s pal.

Tabel le 4, die, ebenso wie Tabel le 5, die versch iedens ten E r k r a n k u n g e n zusammenfa l ] t , ve r l ang t grhBte Vorsieht bei a l len SchluBfolgerungen fiber

Page 21: Über Liquor Veränderungen nach der Lumbalpunktion

Uber Liquorver~nderungen nach der Lumbalpunktion. 4 1 7

Fortsetzung).

sa in t - ] wei[~- P a n d y eiwei~ quo-

mg-% t i en t

45 30

75

80

25 18

33

36

36 33 33 50

58 33 33 40 28 20

33

19

4O

36

166

150

4O

4O

75

75

s V

4

,1,.1.

.1..1.

4 - t -

Spur 0 0 "1"

Spur Spur Spur

0 0 4

- 4

0

-.1.

,1,4

.1.4

- 4

-.1.

- 4

.1..1.

0,07

0,15

0,13

0,57

0,12 0,06 0,10 0,16

0,22 0,17 0,11 0,16 0,53

0,94

0,90

0,55

0,44 [

1,0

1,0

N o r m o m a s t i x - r e a k t i o n

IV, IV, HI , I I , 1 normal

I I I , IV, I I I , I I , I

VI, VI, V, I I I , I

normal

XI, XI, XI, I X VI, IV, I I , I

X, XI, XI, IX, VII , V, I I I , I

normal

V, VI, VI , I I I , I normal

VIII , X, IX, VIII , V, I I , I

X,XII ,XII ,XI , IX ,VI , I I I , I VIII , X, IX, VII ,VI, IV,II , I IX, XI, X, VII, V, I I I , I I , I VII, IX, X, VI, VI, IV, I I , I VIII , VIII ,

VII ,VI , IV,II , I VII, VII, VII, VI, IV, I I , I

VIII , X, XI, X, VIII,VI,IV, II ,I VIII , XI, X, X, VIII , VII , V,

I I I , I VII, IX, VII , VI, I I I , I I , I VI, VIII , X, VIII , VII, V,

I I I , I

Goldsol- r eak t i on

[,1,1,0,0,O normal

1, 1, 1, 2, 2, 1, 0

1, 1, 2, 2, 2, 1, 0 normal

'2, 4, 3, 3, 1, 0

4,4,4,4,3, 3 , 2 , 1 , 0 normal

0, 0, 1, 1, 1, 0, 0

0,0,1,1,1,1 normal

" I

4, 4, 3, 3, 2, 1, 0, 0 5, 5, 5, 4,

3, 1, 0 4, 3, 2, 1,

1, 0 2, 3, 4, 2,

1, 0 1, 2, 2, 3, 2, 0, 0

4, 4, 4, 3, 2, I, 0

1, 2, 3, 3, 2, 0

2, 4, 4, 3, 3, 2, 1, 0 1, 1, 2, 3, 2, 1, 0

4, 3, 2, 1,O

4, 4, 3, 2, 2 , 0 , 0

Zucker

rag-%

66,9

57,6

55,8

66,3 66,9

B e m e r k t m g e n

Multiple Apoplexien. Pseudo- bulb~rparalyse. Kein An- halt fiir frische Insulte

Jackson--Anf~lle seit Infek- tionskrankheit (10. Lebens- jahr)

Dezember 1937 Malariakur. Wa.R. im Liquor "1" bei 0,2, 4 4 bei 0,6, 4 4 4 4 bei 1,0; im Blur stark -~-

Sensorische Aphasie seit 31.5.38

Subdelirant. Am 25.8 .34 aufgenommen

t am 18. 5.38: Anatomisch Alzheimersche Krankhe i t

W'a.R. bei 0,2 negativ, bei 1,0 4 4 ; im Blur stark positiv

Wa.R. im Liquor bei 0,2 + + + 4 ; im Blur stark + . Klinisch kein Anhalt fiir PP.

d ie b e o b a c h t e t e n L iquorver /~nderungen be i R e p u n k t i o n e n . H a n d e l t es s ich doch in TabeUe 4 u m E r k r a n k u n g e n , die selbst m e h r ode r wen ige r

Page 22: Über Liquor Veränderungen nach der Lumbalpunktion

418 Werner Scheid:

Lfd. Name Nr.

88 K . B .

89 M.E.

90 G .K.

91 B.R.

92 E . P .

93 E .B .

94 F . P .

95 K . K .

96 K . F .

97 K . S .

Alter Ge- schlecht Diagnose

41

76

53

70

40

49

24

46

41

Tabes dorsalis

I-Iirnarteriosklerose. Sensorische Aphasie

Hypernephrom mit Hirnmetastasen Hirnarteriosklerose

CO-Vergiftung. SMV.

Chronischer Phano- dormmiSbrauch

Cerebrale Kinder- [~hmung. Schwachsinn Chronischer Alkoholis- mus. Korsakow-Psy-

chose. Lues latens Lues seropositiva

Tabelle 5. O r g a n i s c h e P r o z e s s ,

Inter- Pun2m ti~ vall

Tage

2. 1/3 4. 6/3 6. 9/3 9. 2/3

12. 0 24. 5/3 16. 2/3 2. 14/3 5 .5 .38 3 5/3

28.4.38 7/3 2 .5 .38 4 8/3

26, 2, 38 2/3 2. 312/3

12. 5/3 16. 25/3 24. 5.38 8 2/3 3O. 5.38 6 17/3

7 .8 .35 9/3

26. 3.

17. 23.

9. 15.

2 . 3 8 2.38 2 5.38 5.38 3 5.38 3 5.38 12 6 . 3 8 23 5.38

3 . 3 8 4

5 . 3 8 5.38 4

Zellen

2.38 0 3. 38 5 67/3 7.35 8/3 7.35 6 2/3

2 . 3 s 4/3 2 . 3 8 6 8/3 4.38 14/3 5.38 8 2/3

o h n e

P ~ s e

0 0 0

sp_~

0

~c ~ Op~

0

o

Spt

0 0 0 39 Toxischc Polyneuritis. 27.

Thalliumvergiftung 5.

e rheb l i che Liquorver /~nderungen veranla l~t haben , so dal~ be i de r sp/~teren P u n k t i o n noch mehr als be i den be iden l e t z t en G r u p p e n m i t de r MSglich- ke i t ge rechne t werden mul3, dal~ de r P roze$ se lbs t inzwischen wei te re X n d e r u n g e n des L i q u o r b e f u n d e s b e d i n g t ha t . Aus e ingangs d a r g e l e g t e n Gr t inden sollte t ro t z de r Schwie r igke i t en in de r D e u t u n g de r Be funde au f G r u p p e 4 ur~d 5 n i ch t v e r z i c h t e t werden .

I n Tabel le 4 ze ig ten die G l o b u l i n r e a k t i o n e n auch be i den sp/~teren U n t e r s u c h u n g e n zumeis t ke inen st /~rkeren Aus fa l l als be i d e r jewei ls e r s t e n Punk t ion . Auch die N o r m o m a s t i x - u n d die G o l d s o l r e a k t i o n er- wiesen sich du rchweg als unbee in f luS t . Be i F a l l 76 u n d 81 w a r e n sie arffangs pathologisch, sp i t t e rhm abgeschw/~cht bzw. no rma l . Die E iwei$- wer t e lagen bei zwei k l in isch f r i schen u n d u n b e h a n d e l t e n P a r a l y s e n (70, 73) 3 Tage nach der e rs ten L u m b a l p u r r k t i o n deu t l i ch hSher als anfangs . I n d iesen beiden F/~llen da r f das P rozeSgeschehen se lbs t ft ir d e n A ns t i e g des GesamteiweiSes v e r a n t w o r t l i c h g e m a c h t werden . E i n Abs i r rken

Page 23: Über Liquor Veränderungen nach der Lumbalpunktion

~be r Liquorver~nderungen nach der Lumbalpunktion. 419

L i q u o r v e r a n d e r u n g e n be i E r s t p u n k t i o n .

P a n - d y

0 0 0

0 0 0 0 0 0 0

0 0 0 0

Spu

0 0 0 0

Ge- I El- saint- [ wel~- eiweiI~ quo- rag- % tient

30 I 0,07 20 0,17 23 '0,04 60 0,13 44 - - 30 - - 20 - - 25 0,13 25 - - 36 - - 30 0,07 16 0,06 60 0,15

30 0,11 45 - - 28 - - 28 - - 40 0,17

18 0,05 40 0,11 28 0,07 33 0,13

18 0,20 18 0,20 25 0,09 25 ---

I Normomastix ~ reaktion

normal

V, VI, V, I I I , I

normal

I I I , IV , I I I , I I , I III ,IV,V, IV,II

normal

normal

Goldsol- Zttckel reaktion mg- %

normal

1,1,1,2,1,(J

normal ,7

,7

0r 0, 1, 2, 2, 2, 1, 0

normal 1,1,1,2,1,1,r

normal

i ' 0,1, , 1,0,0

normal 0,0,1,2,1,0

normal

normal

B e m e r k u n g e n

Spezifische Reaktionen in Blut und Liquor negativ

Seit 23.4. sensorische Aphasie

Seit 2 dahren rechtsseitige L~hmung

Mit schwerer CO-Vergiftung am 21.2.38 aufgenommen

Jahrelanger Phanodorm- mi~brauch. ~' iederholt typische Delirien. In der Entziehung epileptische Anf~lle. Jetzt aufgenom- men 3 .5 .38: N~chtliche Delirien. Starkes Zittern

3000/3 Erythrocyten Im Blur Wa.R. stark po-

sitiv

Infektion vor iiber 10dahren

Vergiftung 1 Woche vor Erstpunktion

anfangs e r h 6 h t e r E iwe iBwer te wurde z u m a l be i e in igen in kf i rzes ten Ab- s t s p u n k t i e r t e n K r a n k e n beobaeh t e t . A m d e u t l i c h s t e n is t dies be i F a l l 65, d e r e inen a n a t o m i s c h be s t~ t i g t en r i n d e n a t r o p h i s c h e n Prozef i be t r i f f t . Be i d e r e r s t e n P t m k t i o n w u r d e n 52 mg-% G e sa mte iw e ig fest- gestcl l t , a m Tage d a r a u f n u r noch 20 m g - % . Die P a n d y r e a k t i o n w u r d e nega t iv . E i n ~hnl iehes , w e l m auch weniger ausgesproehenes Y e r h a l t e n w u r d e be i F a l l 66 t rod 76 verze ichne t . DaB der ProzeB als solcher zur i ick- gegangen ist , b r a u e h t , z u m a l bei d e m besonders k u r z e n I n t e r v a l l y o n F a l l 65, n i c h t e r S r t e r t zu werden. N~her ]iegt eine ande re I ) e u t u n g : d a b n~ra l ich de r nachgeb i l de t e und in den L u m b a l s a c k n a c h g e s t r 6 m t e L iquo r eiweil3~rmer i s t als de r do r t urspr f ingl ich en tha l t ene . Die M6glich- ke i t , d a b d ie L u m b a l p u n k t i o n e inen h ins ich t l i eh des E iweiBwer tes zuvor p a t h o l o g i s e h e n L i q u o r b e f u n d abschw~cht , m u g nach unseren Beob- a c h t u n g e n jederffa l ls b e j a h t werden. I m groBen und ganzen is t a b e r auch be i G r u p p e 5 e ine S t a b i l i t ~ t im Gesamte iwe iBgeha l t des L iquo r s

Page 24: Über Liquor Veränderungen nach der Lumbalpunktion

420 Werner Scheid:

unverkennbar, insbesondere sind ]ceine Hinweise da/i~r gegeben, daft die vorausgegangene LumbalpunIction den Aus/all der Eiweiflreaktionen ver- s~rkt. - - Das Verhalten der Zellwerte in den aufeinander folgenden Be- funden weicht von den bei den friiheren Gruppen festgestellten Ergeb- nissen insofern ab, als jene Neigung zum Anstieg der Zellzahl nicht auf- zuzeigen ist. •ur in Fall 64, de~ eine seit 2 Jahren remittierte Paralyse bctrifft, war am Tage nach der Erstpunktion die normale Zellzahl (3/3) auf den pathologischen Weft yon 25/3 erhSht. Im iibrigen macht sich hs die gegenteilige Tendenz bemerkbar, n~mlich em mehr oder weniger deutlicher Rfickgang einer an~nglichen Pleocytose. Die vor- liegenden Be/unde lehren, daft die beim Gesunden nicht seltene postpunk- tionelle Zellvermehrung ausbleibt, wenn der Liquor schon an/angs patho. logische Be/unde, zumal erh6hte Zellzahlen au/wies.

Die 10 F~lle der Gruppe 5 w~ren zum Tell bei weniger strenger Auswahl der Normalf~lle diesen zugeordnet worden. Es handelt sich um Kranke, die bei der ersten Lumbalpunktion normale Beftmde oder h6chstens einen einzigen Grenzwert aufwiesen. Zum Teil. verhielten sie sich bei der Repunktion wie normale Versuchspersonen. So zeigten Fall 88, 90, 91, 95, 96 trod 97 keine wesentlichen Unterschiede zwischen den einzelnen Liquorbefunden, ja nicht einmal eine postpunktionelle Pleocytose. Der Liquor blieb also auch sp~terhin vSllig normal. Bei Fall 93, der eine schon mehrfach entzogene und wieder in Entziehung stehende Phanodorm- siichtige betrifft, wurden 4 Tage nach der Erstpun~tion pathologische Eiwei~werte festgestellt, die sp~terhin zuriickgingen. 3 Jahre zuvor war der Liquor im gleichen Institut untersucht worden. Auch damals hatte es sich urn eme Phanodormentziehung gehandett, in deren Yerlauf schwere epileptische Anf~lle aufgetreten waren. Die Yermutung liegt nahe, dab auch die vor.fibergehende Eiwei]~erhShung im Mai 1938 krankheitsbedingt ist und nicht Ptmktionsfolge. Gleiches ist bei Fall 89 anzunehmen, um so mehr als hier 3 Tage nach der ErstpunJ~tion nut Eiwefl~vermehrung mit positiven Globulin- und Kolloidreaktionen, nicht abet eine Zell- vermehrung festzustellen war. Ein frischer apoplektischer Insult mit Aphasie war der Erstpuaktion um 2 Wochen vorausgegangen. - - Eine besondere ErSrterung verdienen die beiden bisher tmerw~hnten F~lle dieser Gruppe, n~mlich die Beobachtungen 92 und 94. Die 40 Jahre alte E . P . (92) wurde am 21.2.38 mit einer schweren Leuchtgasvergiftung aufgenommen, an die sich iibrigens keine weiteren Komplikationen yon seiten des Zentralnervensystems oder der inneren Organe anschlossen. Der 5 Tage nach der Intoxikation gewonnene Liquor war praktisch normal. 4 Tage sparer war eine erhebliche ]~iweil]vermehrung trod Pleocytose, sowie eine deutlich rechtsgelagerte Goldsolkurve festzustellen. Leider waren in diesem Fall weitere Liquorentnahmen nicht durchfiihrbar. Von schweren Kohlenoxydvergiftungen ist ja bekannt, da~ sie h~ufig Liquorver~derungen setzen. Auch Beobachtung 68 bfldet hierfiir ein

Page 25: Über Liquor Veränderungen nach der Lumbalpunktion

t3ber Liquorver~nderungen nach der Lumbalpunktion. 421

Beispiel. Bei unserem Fall 92 w~re es nun tmgewShnlieh, wenn ein durch die Gasvergiftung bedingter pathologischer Liquorbefund sich erst so sps eingestellt hs Es muB daher erwogen werden, ob nicht die 4 Tage vorausgegangene Lumbalpunktion fiir die Ver~nderungen im Zweit- liquor anzuschuldigen ist. Es kSnnte etwa zu einer Blutung in den Liquor- raum gekommen sein, die ja nicht unbedingt fiir den Operateur h~tte bemerkbar werden miissen.

~hnliche Erw~gungen haben wir bei Fall 94 anzustellen. Hier ist der Einflul3 des zugrunde liegenden Krankheitsprozesses noeh unwahr- scheinlicher, da es sieh um einen seit Kindheit bestehenden, vermutlieh geburtstraumatisch bedingten Schwachsinn mit Halbseitenerscheinungen handelte..Die leichte Blutbeimengung zum zweiten Liquor kann al!enfalls den Zellwert auf etwa 60/3 ZeUen korrigieren lassen. Da wir aber aueh bei Gesunden Pleocytosen im Zweitliquor beobachtet haben, wiirde uns die Zellvermehrung nicht iiberraschen, wohl aber die ins Pathologisehe gehende Eiwefl]erhShung und der Ausfall der Goldsolkurve. Diese beiden Befunde lassen sich, wie aus den Zusammenstellungen von Samson hervor- geht, nieht mehr dureh den verh~ltnism~Big geringen Blutgehalt erkl~ren, tun so mehr, als die Pandysche Reaktion negativ geblieben ist, die als erste Eiweil3reaktion bei bluthaltigem Liquor positiv auszufallen pflegt. Diese ~berlegungen zwingen uns, bei 2 im Abstand yon 4 und 5 Tagen lumbalpunktierten Kranlcen mit normalem Ausgangsliquor einen Ein]lufl der Lumbalpunktion auch au] das Gesamteiweifl und die Kolloidreaktionen anzunehmen. Die entsprechenden Befunde hatten im zweiten Liquor deutlieh pathologische Werte erreieht.

Den ausgesprochensten Einflul~ der Lumbalpunktion auf die sp~teren Liquorbefunde miissen wir in Gruppe 6 erwarten, in welcher F/~lle mit ver- sehiedener kliniseher Diagnose zusammengefaBt sind. Gemeinsam ist allen diesen Beobachtungen, dab sich bei der Erstpunktion zun~chst blut- haltiger Liquor entleert hatte, der ohne wesentlichen Lageweehsel der Nadel zunehmend klar wurde. Ein ~bertr i t yon Blur in den Liquorraum ist also mit hinreichender Sieherheit anzunehmen. Durch die zum Tell noch erhebliche Blutbeimengung zum Ausgangsliquor sind die Erstbefunde nur beschr~nkt zu verwerten, insbesondere bediirfen die Zellwerte weiterer Korrektur. Vergleichen wir nun die zusammengehSrigen Untersuchungs- ergebnisse, so f~llt auf, dab auch in dieser Gruppe, yon einer einzigen Ausnahme abgesehen (104), auf die ausfiihrlicher einzugehen ist, keine st~rkeren ])ifferenzen zwisehen Ausgangs]iquor und den sp~teren Be- funden bestehen als in den friiheren Gruppen. Selbst jene beiden F~lle (98, t05), bei denen zwei aufeinander folgende Lumbalpunktionen zu- n~chst artefiziell blutigen Liquor braehten, verhielten sieh bei der Dritt- punktion nieht wesentlich anders als die Beobachtungen der friiheren Gruppen, bei denen der Liquor yon vornherein klar war. Bei Fall 98, der einen frischen sehizophrenen Proze] betrifft, k5nnte die leichte

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422 Werner Scheid:

Tabelle 6. Bei E r s t p u n k t i o n Blutung

L f d . :Nr.

98

99

100

101

102

103

104

105

106

]~ a m e

E.S.

L , A ~

T.K.

K.K,

I .R.

P.A.

A.W

M.B.

B. tI.

A l t e r G e - h t Scnlec

24

I

30

52

75

31 3

37 g~

49

49

37

D i a g n o s e

Schizophrenie

Epilepsieverdacht

Hirnarteriosklerose, Aphasie

Hirnarteriosklerose, Hypertonie, Hemi-

plegie, Aphasie Schizophrenie

P u n k t i o n a m

28. 4. 38 30. 4. 38 4. 5.38

16. 2. 38 19. 2.38 6. 5.38 9. 5.38 6. 5.38 9. 5.38

12. 5.38 18. 1.38 22. 1.38 27. 5.38 31. 5.38

7. 12.37

13. 12.37

24. 4. 38 30. 4. 38 4. 5.38

20. 11.34 28. 11.34

I n t e r - ] v a l l Z e l l e n

T a g e

2/3 2 24/3

2/3 6/3 7/3

2s/3 13/3 20/3

6 /3 9 / 3

6/3 2/3

17/3 11/3

0

50/3

64/3 14/3 ~/3 5/3 0

P~se

( 1, ~ r

Zunahme im Gesamteiweil3 und der voriibergehend positive Ausfall der KoUoidreaktionen im Zweitliquor dm'ch die voraufgegangene Punkt ion erkli~rt werden. Aber schon der Ausgangsliquor stand an der Grenze zum Pathologischen, so dab ein wesentlicher Ein~lufl der Erstpunktion nicht angenommen werden muB. Nut Fall 104 macht eine beachtenswerte Ausnahme : eia schwer pathologischer Liquorbefund ist ohne allen Zweife] als Punktionsfolge zu deuten. I)ie erste Lumbalpumktion, bei der zuni~chst leicht blutiger, sich dan~ aber schnell kls Liquor kam, brachto v611ig normale Resultate. 6 Tage sparer war der Liquor leicht xantho. chrom, es bestand eine Pleocytose yon 50/3 Lymphocyten, Phase I und Pandyreaktion fielen positiv aus und der Eiweii~wert war auf das Zehn- fache der Norm gestiegen, wi~hrend der Eiweil~quotient unveri~ndert gefunden wurde. Die Kolloidreaktionen gaben deutliche Rechtskurven. Diese Beobachtung ist deshalb yon Bedeutung, well sie einen Hinweis dafiir gibt, dal~ tats~chlich st~rkere pathologische Liquorbefunde durch eine mehrere Tage zurtickliegende Lumbalpunkt ion verursacht sein k6nnen. Die Xanthochromie ist u. E. dafiir beweisend, dab die friihere Blutung zu den ausgesprochen pathologischen Befunden gefiihrt hat.

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~ber Liquorver/~nderungen nach der Lumbalpunktion. 423

in den Liq Ge=

dy eiweil mg-~.

o

0 o

0 0 0 0

0 0 0 0

0

+ + 1

+? 0 0 0 0

uor raum wahrscheinl ich.

:Ei- weiB- Normomastix- quo- reaktion tient

0,09 normal 0,07 IV, V, IV, II, ]

- - normal 0,10 ,, 0,10 ,, 0,11 ,,

0,20 ,,

0,11 III,IV, III ,II ,] 0 ,11 normal 0,06 ,,

0,11 ,,

0,13 II, IV, VI, VI, VI, IV, II, I

0,17 VI, VI, IV, II, I 0 ,09 normal

0,13 ,,

Goldsol- reaktion

Zucker

rag-%

65,1 58,2

54,0 49,2 72,0

48,6

53,4 66,9 58,8

55,8

61,2

58,8 57,0

63,6 66,9

B e m e r k u n g e n

Liquor zun~chst blutig, dann klar. 2. LP: 3000]3 Ery- throcyten

Erste Tropfen blutig, dann zunehmend klar

6000/3 Erythrocyten

6000/3 Erythrocyten

2500/3 Erythrocyten 4000/3 Erythroycten. Para-

noider ProzeB 2500/3 Erythrocyten. Hyper-

kinetische Katatonie

Mikroskopisch keine Blut- beimengung

Leichte Xanthochromie

40000/3 Erythrocyten 2000/3 Erythrocyten. Akuter

paranoider ProzeB 6000/3 Erythr.ocyten. Frische

Psychose. Angstlich. Zer- fahren

Nach Risak und Auersperg sollen zwar Xanthochromien auch bei ersten ,,blutigen" Lumbalpunkt ionen vorkommen. Wir fanden ftir diese wenig iiberzeugende Annahme bei den Kranken der Gruppe 6 jedoch im tibrigen keinerlei Anhaltspunkte.

Fassen wir unsere Befunde bei wiederholten Lumbalpunktionen an Gesunden und Kranken zusammen, so haben wit zunitchst festzustellen, dal~ Zellvermehrungen im Ge/olge der Lumbalpunktion nicht selten auflreten. Besonders die Normalfiille zeigten hs die Neigung, mit Pleocytose auf die Erstpunktion zu reagieren. Es wurden noch nach 4 Tagen Werte yon 75/3 Zellen gefunden. AusschlielMich handelte es sich um Lympho- cyten. ])iese Ergebnisse stehen im Gegensatz zu den Befunden yon Ned, der jeden Einflul~ der Lumbalpunkt ion auf den spiiteren Zellgehalt des Liquors leugnete. Kranke, die schon einen pathologischen Ausgangs- liquor, insbesondere eine Zellvermehrung aufwiesen, zeigten postpunk- tionelle Pleocytosen bei Wiederhohmgsptmktionen ungleich seltener als Gesunde. Fiir Ka/kas Annahme, dab Luft, Hautklfimpchen oder ~hn- liches in den Liquorraum gelangen miillten, damit irgendwelche Ver- finderungen des Liquors nach der Lumbalpunktion auftreten, liellen sich

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424 Werner Scheid:

keine Anhaltspunkte finden. In diesem Zusammenhang sei bemerkt, daB wir stets mit einwandfreien Nadeln arbeiteten, die insbesondere mit exakt eingepaBtem Mandrin versehen waren. Ein Einbringen yon Ge- websteilen in den Spinalkanal koImte also mit hinreichender Sicherheit vermieden werden. Auch war bei unseren Normalf~llen mit postpunk- tioneller Pleocytose kein Anhalt daffir gegeben, dab es bei der Erst- punktion in den Liquorraum geblutet hatte. Umgekehrt machte sich keineswegs eine besondere Neigtmg zur postpunktionellen Pleocytose in jenen Fi~llen geltend, bei denen mit hoher Wahrscheinlichkeit anl~Blich der Erstpunktion Blur in den spinalen Subarachnoidalraum iibergetreten war. Welche Momente fiir das Auftreten einer Zellvermehrung im An- schluB an die Lumbalpunktion maBgebend sind, l~Bt sich heute noch nScht eindeutig entscheiden. Ohne Zweifel haben wir in dieser Pleocytose den Ausdruck einer, meningealen Reaktion zu sehen, zu der also vor a]lem der ,,Liquorgestmde" neigt. In diesem Zusammenhang verweisen wir erneut auf die Beobaehtung, dab auch die klinischen Folgeerschei- nungen der Lumbalpunktion gerade dann h~ufig auftreten und besonders ausgesprochen sind, wenn ein Normalliquor gewonnen wurde. Im Gegen- satz zu den ausgesprochen pathologischen Zellwerten, wie sie im Gefolge der Lumbalpunktion nicht selten festgestellt wurden, /anden wit an 18 gesunden Versuchspersonen bei der Repunktion niemals Eiweifl- erh6hungen, die pathologische Werte erreichten. Die in den Grenzen der Norm sich haltenden Schwankungen des GesamteiweiBes waren in keinem dieser l~lle als Punktionsfo]ge aufzufassen. Auch die Reaktionen nach Nonne-Apelt und Pandy, sowie die Kolloidreaktionen blieben nach der ersten Lumbalptmktion stets vSllig norma!. Bei Kranken mit Eiweifl- vermehrung im Erstliquor machte sich gelegentlich ein Riickgang des Eiweifl- werts bemerkbar, wenn in kurzem IntervaU nachpunktiert wurde. Es ist somit eher zu befiirchten, dab ein anf~nglich hinsichtlich der EiweiB- reaktionen schwer pathologischer Liquorbefund durch die Lumbalpunk- tion abgeschw~cht wird. Unsere an 18 Normalf/~llen gewonnene Test- stellung, dab EiweiBvermehrungeu nach Lumbalpunktion nicht auftreten, land neben einer iiberwiegenden Mehrzahl yon Best~tigungen ganz ver- einzelte Ausnahmen bei Wiederholungspunktionen, die bei einer groflen Zahl von Kranken vorgenommen warden. In 2 F~llen war mit erheblicher Wahrseheinlichkeit eine sparer, auftretende EiweiBvermehrung bis zu 40, bzw. 60 rag-% und ein leicht pathologischer Ausfall der Goldsolreaktion als Pun~tionsfolge anzusehen. Bet Fall mit den hSheren EiweiBwerten zeigte auch positive Globulinreaktionen. Das Intervall zwischen den Punktionen hatte 5 bzw. 4 Tage betragen. Bei einer dritten Beobachtung, die eine anfangs liquornormale Schizophrene betraf, hatte es bei der Erstpunktion in den Liquorraum geblutet. Der 6 Tage sparer gewonnene Liquor war leicht xanthochrom und zeigte neben erheblicher Pleocytose eine EiweiBvermehrung auf den 10fachen Ausgangswert, sowie positive

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l~ber Liquorver/~nderungen nach der Lumbalpunktion. 425

Globulinreaktionen und rechtsgelagerte KoUoidzacken. Die 3 ]etzt- genaImten l~lle stehen 102 anderen Beobachtungen gegenfiber, bei denen keine ErhShung des EiweiBgehaltes durch die Erstpunktion anzunehmen war. Somit ist kaum mit einer Beeinflussung der EiweiBreaktionen se]bst durch eine nur wenige Tage zurfickliegende Lumbalpmlktion zu rechnen. Auch wenn bei der ersten Lumbalpunktion zun~chst blutiger Liquor abflieBt und der Liquor erst nachtr~glich klar wird, also efiae artefizielle, punktionsbedingte Blutung an~tmehmen ist, braucht kaum mit der M6g- lichkeit gerechnet zu werden, dab eia n~ch wenigen Tagen erneut er- hobener Befund dutch die vorausgegangene Punktion hinsichtlich der EiweiBreaktionen beeintri~chtigt ist.

Nissls und Sch6n/elds Warnung ist also, was die EiweiBreaktionen an- geht, nut sehr besehr~nkt gfiltig. ]nsbesondere stehen unsere Fest- stelhmgen fiber den Ausfall der Globulinreaktionen im Gegensatz zu denen Sch6n/elds, der h~ufig Phase I nach der Lumbalpunktion positiv ausfallen sah. Sch6n/eld punktierte durchweg in gr6Beren Intervallen, was bei der Zusammensetzung seines Materials eher den Schlu~ zu- l~Bt, daB der KranJ~heitsprozeB und nicht die frfihere Lumbalpunktion den sparer sts Ausfall der Nonne-Apeltschen Reaktion hervor- gerufen hat.

Wir fanden in unserem Material eine sichere Beeinflussung der EiweiB- reaktionen im Sinne einer deutlichen EiweiBerh6hung stets begleitet yon einer deutlichen Pleocytose. Daraus mfiBte gefolgert werden, daB ein st~rkerer Ausfall der EiweiBreaktionen in einem nach kurzem Intervall gewonnenen Liquor dann mcht als Punktionsfolge aufzufassen ist, wenn eine Zellvermehrtmg feh]t. Auch dfirften vor allem sehwaeh ausgepr~gte rechts gelagerte Kolloidzacken nach unseren Erfahrungen den Yerdacht nahelegen, daB eine begleitende EiweiBvermehrung eine Folge der voraus- gegangenen Lumbalpunktion ist. Bei der Seltemheit postpunktioneller EiweiBvermehrungen mfissen jedoch noch weitere Erfahrungen ge- sammelt werden, um die Giiltigkeit dieser Folgerungen zu prfifen. Eine anders nicht erkls Xanthochromie bei der Nachpunktion muB als Hinweis dafiir gelten, dab auch die fibrigen Liquorver~nderungen als Punktionsfolgen aufzufassen sind. - - ~ber die Bauer postpunktioneller Liquorver~nderungen ls sieh sehwer ein Bfld gewinnen. Leider konnte der Liquor unserer gesunden u nicht zum Teil in gr6Beren Intervallen untersucht werden. Bei den Kranken der anderen Gruppen muBte um so mehr mit prozeBbedingten Liquorver~nderungen gereehnet werden, je gr6Ber die Zwischenr~ume zwischen den Lumbalpunktionen waren. Also war an ihnen fiber diese Frage nicht zuverl~ssige Aus- kunft zu gewinnen. ~bersehen wir das gesamte Material, so dfirfte noch nach 7--10 Tagen mit einer isolierten postpunktionellen Pleocytose zu rechnen sein. ~'all 104 lehrt, daB noch nach 6 Tagen ausnahmsweise ganz erhebliehe postpunktionelle Ver/inderungen naehweisbar sein k6rmen.

Z. f. d. g . N e u t . u. P s y c h . 163. 28

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426 Werner Scheid:

Bei ihrem Ausmal3 dfirfte damit zu rechnen sein, dab sie sich erst rtach einer weiteren Reihe von Tagen zltrfickgebildet haben. ])us von Nissl geforderte Intervall von 10 Tagen ist ffir diese /tuBerst seltenem post- punktionellen Liquorver/~nderungen zweifellos zu niedrig angesetzt.

Die bekannten unangenehmen Folgebeschwerden sahen auch wir bei einem grol~en Teil der Lumbalpunktierten. Durchweg liel~en wir 24 Stun- den Bet t ruhe in flacher Rfickenlage wahren. Auf eine ErhShung des Fu{3ertdes wurde stets, auf eine medikament6se Behandlung wurde in den meisten F/~llen verzichtet. Am Tag nach der Lumbalpunkt ion ver- suchte der Kranke aufzustehen. Bei st/trkeren Beschwerden wttrde weitere Bet t ruhe angeschlossen. Die Zusammensetzung tmseres Materials bringt es mit sieh, dub in verh/~ltnism/~l]ig wenigen F/tllen zuverl/s Auskunft fiber die subjektiven Symptome zu erhalten war. Jedenfalls warden unangenehme Folgesymptome am h~ufigsten yon den Normal- f/tHen der Gruppe 1 und den Epileptikern der Gruppe 3 geklagt, was nicht allein auf die Zusammensetzung des Materials zuriickzuffihren ist. Es handelte sieh vor ahem um Kopfsehmerzen, die in den Nacken lokalisiert warden urtd oft in die Schulter oder in die St imgegend ausstrahlten, um Sehwindelgeffihl, allgemeines Unbehagen, ~belkeit , Erbrechen u. a. m. Lokale Beschwerden, also Rficke~tschmerzen, warden gelegentlieh seho11 unmittelbar nach dem Eingriff angegeben. Die fibrigen Symptome stellten sich erst nach eirmm beschwerdearmen Interval l von einigert Stunden ein. Nissl und Schoenborn betonten sehon im Jahre 1904 und 1906, dub die unangenehmen Nachwirkungen der Lumbalpunkt ion erst 6 - -8 Stunden nach dem Eingriff auftreten. Bei den Gesunden der Gruppe 1 warden besonders heftige Beschwerden nach der Ers tpunkt ion in folgenden F/s angegeben: 2, 11 und 13. V611ig beschwerdefrei blieben nach der ersten Punkt ion die Beobachtungen 4, 5 und 12. Bei den iibrigen Untersuchten der Gruppe 1 waren die Besehwerden nut gering und uncharakteristisch, zum Teil waren auch die Angaben nicht hinreichend zuverl/~ssig. Vergleichen wir St~rke der postpunktionellen Beschwerden und Zellzahl bei der Repunktion, so firtden sich st~rkere t ' leocytosen zumal bei jenen Punkt ie r ten , die unter heftigen Folge- erscheinungen der Ers tpunkt ion zu leiden hat ten. Umgekehrt war der Zweitliquor auch hinsichtlieh der Zellzahl bei den v611ig Beschwerde- freien normal geblieben. Zahlreiche Beobaehtungen fiber ein gleiches Verhalten kSnrtten aus den Gruppen 2- -6 angefiihrt werden. Ein 1)ar- allelismus zwischen klinischen Folgeerscheinungen trod Liquorver/~nde- rungen naeh Lumbalpunkt ion ist also recht wahrscheinlich. Hierzu wfirde die Beobachtung passen, dab die F/~lle mit pathologisehem Ausgangs- liquor auffallend geringe postpunktionelle Beschwerden und kaum eirtmal postpunktiormlle Pleoeytose zeigten. DuB klinische Folgeerscheinungen und Liquorver/inderungen nicht gesetzm/tl3ig parallel gehen, mul3 jedoch ausdrficklich betont werden. In den Gruppen 2- -6 l~Bt sich aul3er vielen

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Uber Liquorver/inderungen nach der Lumbalpunktion. 427

Besti~tigungen diese und jene Ausnahme fiir den so h~ufigen l%rallelismus der Erscheinungen linden. So wurden bei Fall 19 ms postpunktioneLle Beschwerden (Kopfschmerzen, ~belkeit) verzeichnet, ohne dab am Tage nach der Erstpunktion der Liquor zellreicher gefunden wurde. Auch Beobachtung 88 muB den wenigen Ausnahmen zugerechnet werden. Hier handelte es sich um eine in ihren Angaben durchaus zuverl/tssige Kranke, die allerdings in ihrem Leben h/~ufig unter Kopfweh gelitten hatte und auch am Tage nach der Erstpunktion fiber intensivste Kopf- schmerzen klagte. Der am folgenden Tage erneut entnommene Liquor erwies sich als unver/~ndert. Trotz dieser Ausnahmen mull abet nach unseren Erfahrungen eine enge Beziehung zwischen klinischen Folge- erscheinungen d e r Lumbalpunktion und postpunktioneller P]eoeytose angenommen werden.

Bei unseren Untersuchungen besch~ftigte uns weiterhin die Frage, welchen EinfluB die Zweitpunktion und eventuell sp/tter vorgenommene Lumbalpunktionen auf das subjektive Befinden des Lumbalpunktierten ausiiben. Es w~tre zun~chst zu erwarten, dab die unangenehmen Nachwir- kungen der Erstpunktion dutch den erneuten Eingriff versti~rkt werden oder erst bei der zweiten Punktion ausgel6st werden. Tats/ichlich berichtet Nissl in seiner bekannten Arbeit fiber ,,die Bedeutung der Lumbal- punktion ffir die Psychiatrie" fiber eine hierher geh6rige Beobachtung. Ein Arzt, der sich im Abstand yon 7 Tagen nochmals punktieren lied - - wie allgemein bekarmt ist, war IVissl selbst die Versuchsperson --, war naeh dem ersten Eingriff v611ig beschwerdefrei geblieben. Im AnsehluD an die Zweitpunktion traten jedoch die fiblichen tmangenehmen Er- scheinungen mit besonderer Heftigkeit auf. Nissl sah aber diese Beob- achtung als grol]e Ausnahme vom durchschrdttlichen Yerhalten an. Bei u~seren Untersuchungen haben wir nur in einem Fall erstmalig nach der zweiten Lumbalpunktion stSrende Folgesymptome beobachtet, ni~mlich bei der gesunden M. N., die als Fall 12 aufgeffihrt ist. Nach der Erst- punktion ffihlte sie sich vSllig beschwerdefrei, sowohl w&hrend der fiblichen 24stfindigen Bettruhe wie auch nach dem Aufstehen. 6 Stunden nach den] zweiten Eingriff wurde erstma]ig fiber Kopfschmerzen geklagt, die bis zum n~chsten Abend anhielten. Als am Tage darauf erneut Liquor entnommen wurde, traten keinerlei Folgesymptome mehr attf. Diese Beobachtung lehrt, dab tats/ichlieh erst die zweite Lumbalpun~ktion erstmalig yon Beschwerden gefolgt sein kann. Bemerkenswert war bei diesem Fall, dab die dritte Liquorentnahme beschwerdelos fiberstanden wurde wie die erste. Abgesehen yon dieser einzigen Beobachtung haben wires aber nJemals gesehen, dab erst die Zweitpunktion postpunktionelle Symptome ausl6st. Ja, sogar eiae Versti~rkung bestehender Nach- wirkungen dutch die erneute Liquorentnahme konnten wir in keinem FaLl verzeichnen. H6chstens Rfickenschmerzen, die ja in der Reihe der postpunJ~tionellen Symptome eine ohne weiteres verst/indliche Sonder-

28*

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428 Werner Scheid:

stellung einnehmen, traten gelegentlich erneut auf. Die iiblichen, heute immer noch nicht sicher erkl~rbaren Punktionsfolgen wurden jedoch dureh die sp/itere Lumbalpunktion iiberhaupt nieht beeirdluDt oder sogar gebessert. Diese letzte Beobachtung hat theoretische und praktische Bedeutung. Sie ermSglichte es uns, den Kramken mit gutem Gewissen zur Erduldung des sp/~teren Eingriffes zu bewegen, der selbst praktisch sehmerztos durchzuffihren war, da wir stets in Lokalan/~sthesie arbeiteten.

einigen F/~llen schwa~den die unangenehmen Folgeerscheintmgen der ersten Lumbalpur~ktion unmittelbar naeh der zweiten Lumbalpunktion. Als Beispiele k6nnen die F/ille 39, 54, 59, 75 und 78 angefiihrt werden, die mit hinreichender Zuverl/~ssigkeit fiir unsere l~ragestelhmg verwertet werden diiffen. Bei Beobachtung 54 etwa, die eine jugendliche Epi- leptikerin ohne psychische Ver~nderungen betrifft, hatten sich im An- schlul~ an die erste Lumbalpunktion nach einem besehwerdefreien Inter- vall yon 5 Stunden heftige Kopfschmerzen trod anhaltendes Erbrechen eingestellt. Die Kranke muSte vor dem zweiten Eingriff noch f]ach liegend gefahren werden, da jedes Aufrichten schwerste ~belkeit, Nackenschmerzen und Erbrechen provozierte. Kurz nach der zweiten Lumbalpunktion konnte sie sieh aufsetzen. Aus naheliegenden Griinden gestatteten wir ausnahmsweise schon nach einigen Stunden das Aufstehen, das ohne alle Beschwerden mSglich war. Auch stellten sich in den n/~chsten Tagen keine neuen/qachwirkungen ein. Derartige iiberzeugende Besse- rtmgen haben wir wiederholt beobaehtet. Wir fanden eine entsprechende Mitteilung iibrigens auch bei Jacobaeus und Frumerie. In den meisten F/~llen wurde aber das Befinden nach der Erstpunktion durch den sp/~teren Eingriff iiberhaupt nicht beehdluBt. Bei den yon uas gew/~hlten Inter- vallen bestanden vor der zweiten Liquorentnahme durchweg noeh leichte Kopfschmerzen, die dana noch in den n/~chsten Tagen weiterhin ab- nahmen. DaB etwa das Verschwinden der noch bestehenden Folgen der ersten Punktion durch den erneuten Eingriff verzSgert wurde, brauchten wir eberdalls in kei~em Fall anztmehmen, wenn auch selbstredend es unmSglich ist zu sagen, in welcher Zeit die Beschwerden ohue den erneuten Eingriff vSllig abgeklungen w/~ren.

Aus tmseren Beobaehtungen folgt, dal3 die erneute Lumbalpunlction, die diag~ostiseh indiziert ist, bei schmerzloser Durch/iihrung dem KranIcen unbedenlclich zugemutet werden ]cann, da eine Zunahme der postpunlctionellen Beschwerden nicht zu erwarten ist. Dariiber hinaus kann sogar mit einiger Wahrscheinlichkeit damit gereehnet werden, dab unangenehme Folge- erseheinungen der vorausgegangenen Punktion giinstig beeiaflultt werden. Wir k6nnen aber wohl nicht soweit gehen, eine zweite Lumbalpunktion zur Bek~tmpfung st/irkerer postpunktioneller Beschwerden anzurat~n.

Auf Grund unserer Beobachtungen kSnnen wir zu einer auch heute noch vertretenen Theorie iiber die Entstehung der postpunktionellen Beschwerden Stellung nehmen. Baruch hat auf Grund eines nieht roll

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~ber Liquorver~nderungen nach der Lumbalpunktion. 429

iiberzeugenden l%rbstoffexperimentes, auf das hier nicht n~her ein- gegangen werden so]], die Yermutung geKuBert, dab nach der Lumbal- punktion eine grSBere Menge Liquor dureh das bei dem Eingriff gesetzte ])uraloch in das umgebende Gewebe abflieBe. Dieser Liquorverlust sei erheblich grSBer als der durch die iibliehe Lumbalpunktion selbst erzeugte und bedinge die unangenehmen Fo]geerscheinungen der Lumbalpunktion. Haug hat gewichtige EinwKnde gegen die Theorie yon der ,,Liquor- drainage" erhoben. Strecker priifte den Baruchschen Versueh experimen- tell naeh und kam zu dem Ergebnis, dab zwar ,,bei offenem Stichloch die MSgliehkeit einer Liquordrainage" besteht, dab aber die Folge- beschwerden naeh der Lumbalpunktion nieht der Stichlochdrainage zur Last zu legen seien. Wenn nun tatsi~chlich das Nachsickern gr5Berer Liquormengen fiir das Auftreten der bekannten Nachwirkungen a]]ein entscheidend wi~re, so miiBte die zweite Lumbalpunktion, bei der ein erneutes Stichloch gesetzt wird, auf die Beschwerden verst~rkend ein- wirken. Unsere Beobachtungen lehren aber, dab dies tats~chlich nicht der Fall ist. Wenn wir h~ufig die unangenehmen Folgeerseheinungen im AnsehluB an die zweite Lumbalpunktion plStzlich abklingen sehen, hiiu/ig auch dem zweiten Eingriff jeden EinfluB auf den Yerlauf der post-" punktioneUen Symptome absprechen miissen, so sind diese Erfahrungen mit der Annahme unvereinbar, dab in den postpunktionellen Symptomen eine direkte Fo]ge der Liquordrainage zu sehen ist. Damit wird natfirlich nicht bestritten, dab es eine solche Stichlochdrainage tatsi~ehlich gibt. Auch die weitere Annahme, dab die lokale Verletzung der Meningen die Beschwerden auslSst, kann nach unseren klinischen Erfahrungen als unwahrseheinlieh gelten. Es ist nach den klinischen und serologischen Befunden anzunehmen, dab die Lumbalpunktion hi~ufig einen meningealen Reizzustand auslSst, den leichtesten Grad einer aseptischen Meningitis. Fraglich ist aber vor allem, welcher Faktor den Reiz zu dieser Reaktion der Meningen bildet. An dieser Stelle kSnnte allerdings ein dureh Liquor- drainage bedingter Liquorverlust von Bedeutung sein. In jedem Fall muB nach unseren klinischen Beobachtungen angenommen werden, dab auf den unbekannten Reiz hin die Meningen zun~chst sehr stark reagieren, bei einer erneuten Einwirkung jedoch sehr viel schwi~eher. Die iiberzeugenden schlagartigen Besserungen naeh der Zweitpunktion lassen daran denken, dab es auf Grund einer iibersehieBenden Liquornachbildung (Ingvar) nach der ersten Lumbalpunktion zum Druckanstieg im Liquorsystem ge- kommen war und dab ein Ausgleich der entstandenen Gleichgewiehts- stSrung durch die l~achpunktion gefSrdert wird. Diese Auffassung wiirde vollends gegen die Annahme einer Stichlochdrainage sprechen.

Zusammenfassung. Es wurde untersueht, ob im Gefolge der Lumbalpunktion Liquor-

ver/~nderungen auftreten. Fernerhin wurde der Frage nachgegangen,

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430 Werner Scheid:

welchen EinfluB die Wiederholungsptmktion auf die postpunktioltellelt Besehwerden aus/ibt. An 106 Erwaehsenelt versehiedensten Alters wurdelt in Abstfiltdelt VOlt 1 Tag his zu wenigen Woehelt zwei ultd mehr Lumbal- punktionen durehgefiihrt. 18 naeh streltgsten Gesiehtspunkten aus- gew/~hlte gesunde ~Versuehspersonen zeigten h/~ufig eine rein lympho- eyt/~re Pleoeytose im AnsehluB an die Ers tpunkt ion. Es wurdelt Werte fiber 70/3 Zellelt erreieht. Kranke mit pathologisehem Ausgaltgsliquor, zumal mit einer schon bestehenden Pleoeytose, zeigten geringere Neigung zur postpunktioneilen Zellvermehrung.

Der Liquorzueker, die Globulinreaktionelt ltach Nonne-Apelt und Pandy, der GesamteiweiBwert und die Kolloidreaktionelt warelt bei den ltormalen Versuchspersonelt niemals dutch eine vorausgegangene Lumbal- punkt ion beeinfluBt. Fand sieh bei Kral tken anfangs pathologiseher Ge- samteiweiBwert, pathologisehe Globulin- und Kolloidreaktion, so er- wieselt sieh sp~tter die pathologisehelt Befunde gelegelttlieh dann als deutlieh abgesehw~Leht, wenn ilt kfirzestem In te rva l l naehpunkt ie r t wurde. In nut vereiltzelten F/~llen muBten bei der Repunkt ion gefultdelte EiweiB- vermehrung und pathologisehe Globulin- und Kolloidreaktionen urs/~ehlieh �9 auf die frfihere Lumbalpunkt ion zuriiekgeffihrt werden. Dieser EinfluB konnte bei 3 Krankel t wahrseheirdieh gemacht werdelt. I l t einem dieser F/~lle - - es handelte sieh um eine Sehizophrene mi t normalem Ausgaltgs- liquor - - war es bei der Ers tpunkt ion zu einer Blutung in den Liquorraum gekommen. Der 6 Tage spi~ter' gewonnelte Liquor war leieht xantho- ehrom und in jeder Weise pathologiseh ver/~ndert. I m fibrigelt waren selbst dann, welm eine ,,blutige" Punktiol t vorausgegangelt war, niemals EiweiBvermehrung oder pathologisehe Globulin- ultd Kolloidreaktioltelt als Punktionsfolge aufzufasselt. Nicht einmal eine sti~rkere Neigung zur postpunktioltellen Pleocytose war zu beobaehten, welm eine artefizielle Blutung in den Liquorraum bei der Ers tpunkt ion mi t Wahrseheinliehkeit stattgefultden hat te .

Nur in einem Fall t ra ten die hs Folgeerseheinultgen der Lumbal- punkt ion erstmalig ltaeh der zweiten Liquorgewinnung auf. Persolten, die r~ach der erstelt Lumbalpunkt iol t besehwerdefrei waren, blieben es im tibrigen auch nach den weiteren Punktionen. Hat te l t sieh mehr oder weniger heftige Beschwerdelt im AltschluB an die Ers tpunk t ion ein- gestellt, so wurde ihr Abklingen niemals durch die zweite Punkt ion gest6rt. I n mehreren F/~llelt schwanderL sogar vorher besteheltde Nach- wirkultgen der Erstpunkt iol t unmit te lbar nach dem zweitelt Eingriff. I)iese Beobachtungen spreehen dagegen, dab ein durch Stichloch- drainage bedingter Liquorverlust unmit te lbar die bekannten Punktions- beschwerden auslSst.

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