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v. Graefes Archiv fiir Ophthalmologie, Bd. 156, S. 653--655 (1955), Aus dem Physiologisch-Chemischen Institut (Direktor: Prof. Dr. Dr. KLENK) und der Augenklinik (Direktor: Prof. Dr. vo~ ttO~E) der Universit/~t KSln. tiber quantitative Bestimmung der Hyalurons~ure im GlaskSrper yon Rindern und Kiilbern. Von M. (]LEES und K. ~0STEN. Nachdem Untersuchungen des Fliel]verm6gens an Rinder- und Kalbs- g]ask6rpern ein grunds/~tzlich verschiedenartiges Verhalten beider Alters- gruppen, n/~mlich bei den Ka]bsglaskSrpern eine strukturviscose F]fissig- keit, bei den Ringerglask6rpern einen plastischen K6rper yore Bingham- Typ ergeben hatten (GLEES), lag der Gedanke nahe, e~nen quantitativen Zusammenhang mit dem Hyalurons/~uregeha]t des GlaskSrpers zu suchen. Denn diese besitzt ihrem chemischen Aufbau nach Eigen- schaften, die mit dem oben erwi~tmten physikalischen Verhalten des GlaskSrpers in Einklang zu bringen w~tren. Ihr Vorkommen im Glas- kSrper wie auch in anderen Teilen des Org~nismus ist seit 1/~ngerem bekannt. Wie die Chondroitinschwefe]si~ure ist sie vor allem ein Be- standteil der Kittsubstanz, in die die mesenchymalen Gewebe, die Kol- ]agenfasern, eingelagert sind. Die chemische Verwandtschaft der Glas- kSrperfibrillen mit Kollagenfibrilien konnte jfingst N]~cK~L nachweisen~ aus deren Untersuchungen in Ubereinstimmung mit unseren Ergebnissen abet auch weiter hervorgeht, dal3 mindestens die Hauptmenge der Hyalurons/s des Glask6rpers nicht an die Fibril]en gebunden ist, wobei nack unserer Auffassung der gebundene Antefl yore Alter abh~ngt. Die Hyalurons/hlre ist das Polymerisationsprodukt eines Disaccharids aus Glucurons~ure und N-Acetyl-D-Glacosamin. Die Disaccharideinheiten shad durch fl-glucosidische 1,3-Bindungen zusammengehalten. Sie gehSrt mit Chondroitin- schwefelsi~ure, Mucoitinschwefels~ure und tIeparin zur Gruppe der Mucopoly- saccharide, mit denen sie gemeinsam ein I-Iexos~min (Glucosamin) in acetylierter Form enth~lt, yon denen sie sich jedoch durch ihre Schwefelfreiheit unterscheidet. Nach Untersuchung yon K. M~YE~ und J. W. PAL~ER enth~lt die Hyaluronsiiure etwa 39% Hexosamin. Man kann also, wenn, wie im GlaskSrper, keine schwefelhaltigen Mucopolysaccharide vorhanden sind, durch Nachweis des Hexosamins indirekt die HyaluronsKure quantitativ bestimmen. Dieser Weg wurde beschritten: Reagenzien. 1. 2 n ItCI p. a. 2. 4nNa0H p.a,. 3. Methylrotl6sung als Indicator. 4. Glucosaminhydrochlorid (Scg~c~RDT, Mtinchen).

Über quantitative Bestimmung der Hyaluronsäure im Glaskörper von Rindern und Kälbern

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Page 1: Über quantitative Bestimmung der Hyaluronsäure im Glaskörper von Rindern und Kälbern

v. Graefes Archiv fiir Ophthalmologie, Bd. 156, S. 653--655 (1955),

Aus dem Physiologisch-Chemischen Institut (Direktor: Prof. Dr. Dr. KLENK) und der Augenklinik (Direktor: Prof. Dr. vo~ ttO~E) der Universit/~t KSln.

tiber quantitative Bestimmung der Hyalurons~ure im GlaskSrper yon Rindern und Kiilbern.

Von M. (]LEES und K. ~0STEN.

Nachdem Untersuchungen des Fliel]verm6gens an Rinder- und Kalbs- g]ask6rpern ein grunds/~tzlich verschiedenartiges Verhalten beider Alters- gruppen, n/~mlich bei den Ka]bsglaskSrpern eine strukturviscose F]fissig- keit, bei den Ringerglask6rpern einen plastischen K6rper yore Bingham- Typ ergeben hat ten (GLEES), lag der Gedanke nahe, e~nen quantitativen Zusammenhang mit dem Hyalurons/~uregeha]t des GlaskSrpers zu suchen. Denn diese besitzt ihrem chemischen Aufbau nach Eigen- schaften, die mit dem oben erwi~tmten physikalischen Verhalten des GlaskSrpers in Einklang zu bringen w~tren. Ihr Vorkommen im Glas- kSrper wie auch in anderen Teilen des Org~nismus ist seit 1/~ngerem bekannt. Wie die Chondroitinschwefe]si~ure ist sie vor allem ein Be- standteil der Kit tsubstanz, in die die mesenchymalen Gewebe, die Kol- ]agenfasern, eingelagert sind. Die chemische Verwandtschaft der Glas- kSrperfibrillen mit Kollagenfibrilien konnte jfingst N]~cK~L nachweisen~ aus deren Untersuchungen in Ubereinstimmung mit unseren Ergebnissen abet auch weiter hervorgeht, dal3 mindestens die Hauptmenge der Hyalurons/s des Glask6rpers nicht an die Fibril]en gebunden ist, wobei nack unserer Auffassung der gebundene Antefl yore Alter abh~ngt.

Die Hyalurons/hlre ist das Polymerisationsprodukt eines Disaccharids aus Glucurons~ure und N-Acetyl-D-Glacosamin. Die Disaccharideinheiten shad durch fl-glucosidische 1,3-Bindungen zusammengehalten. Sie gehSrt mit Chondroitin- schwefelsi~ure, Mucoitinschwefels~ure und tIeparin zur Gruppe der Mucopoly- saccharide, mit denen sie gemeinsam ein I-Iexos~min (Glucosamin) in acetylierter Form enth~lt, yon denen sie sich jedoch durch ihre Schwefelfreiheit unterscheidet.

Nach Untersuchung yon K. M~YE~ und J. W. PAL~ER enth~lt die Hyaluronsiiure etwa 39% Hexosamin. Man kann also, wenn, wie im GlaskSrper, keine schwefelhaltigen Mucopolysaccharide vorhanden sind, durch Nachweis des Hexosamins indirekt die HyaluronsKure quanti tat iv bestimmen. Dieser Weg wurde beschritten:

Reagenzien. 1. 2 n ItCI p. a. 2. 4 n N a 0 H p.a,. 3. Methylrotl6sung als Indicator. 4. Glucosaminhydrochlorid (Scg~c~RDT, Mtinchen).

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654 M. GLEES und K. JOSTEN:

5. p-Dimethylaminobenzaldehydi6sung (EttRLIC~[S Reagenz). 1,6 g eines reinen, umkristall isierten Priip~rates werden in 30 cm ~ konzentr ier ter HC1 gel6st und 30 cm s 96%iger Alkohol zugegeben. Die LSsung ha t eine sehwach-gelbe F~rbe.

6. Acetylaeetonl6sung : 0,75 ml reines Aeetylaceton wird in 25 ml 1,25 n NasCOs p . a . gel6st . Diese LSsung wird t~glich frisch angesetzt.

Methode.

Die Glask6rper (jeweils 20 Augen) ffisch get6teter K/ilber und Rinder wurden ge t rennt fiber Trockeneis und im Vakuum der Gefriertroeknung unterwoffen, im MSrser rein zerrieben und nochmals mi t der Troekenpistole bis zur Gewichts- konstanz nachgetroeknet . Die Bestimrnung des Hexosamins erfolgt dann nach der yon G. BLIx modifizierten Methode yon ELso~ und MOrGAn.

1. Hydrolyse. Man gibt zu einer abgewogenen Substanzmenge (etwa 10 rag) 5 ems 2 n ttC1. Dieses Gemiseh wird 14 Std lang auf 1000 erhi tzt und dann - - wenn n6tig naeh Fil t rat ion - - auf 10 era 3 aufgef/illt.

2. X~eutralisation. Von dieser L6sung werden 5 em 3 unter Verwendung yon Methylrot als Indicator sorgfaltig gegen 4 n NaOH titriert . Der gleiche Betrag der hierbei efforderlichen Lauge wird den/ ibr igen 5 em 8 L6sung zugesetzt und diese L6sung auf 8 em 8 aufgeffillt. Dabei schadet eine ~)berneutralisation, sofern sie ein PH yon 7 - -8 n ieht fibersteigt, dem bier verwendeten Acetylaceton nieht.

3. Acetyllerung. Von dieser neutralisierten L6sung werden 2 em 3 in ein So- mogyi-l%Shrchen (mit Deckel) gebracht, 2 em~ der Aeetylucetonl6sung hinzugeffigt und im Wasserbad 20 rain auf 960 C erhitzt.

d. Kondensation und photometrische ]~estimmung. Diese L6sung wird unter Wasser auf Raumtempera tu r abgekiihlt und mi t 20 cm ~ 96%igem Alkohol ver- setzt. Nach gutem Mischen werden 2 cm ~ E~RLIC~S Re~genz zugegeben, 45 min abgewarte t und dann im Stufenphotometer bei Fil ter S 53 abgelesen,

Nach ]3estimmung des Faktors mi t Glueosaminhydroehlorid naeh der Formel

mg Glueosaminhydrochlorid �9 d /~ ~ E kann die Berechnung des zu analysierenden

E ._~ Hexosamins nach der Formel mg Glucosamin ~ d ~ erfolgen. (E ~ Ext inkt ion,

zV ~ Faktor , d ~ Cfivettendicke.)

Analysenergebnisse.

Tabelle 1. Glaskgrper yore Kalb.

9,70 0,19 0,379

Trockensubstanz in %

Hexosamin ] tIyaluronshure I

1,37 ~ 3,562 1,26 ] 3,276

Tabelle 2. Glask6rper vom Rind.

Nr. Einwaage Extinktion Faktor d mg Hexosamin I Hyalurons~ure

2 10,90 0,4-2 0,379 2,40 ! 6,24

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(~ber quantitative Bestimmung der Hyaluronsi~ure. 655

Darans ergibt sich, dal~ der GlaskSrper des Rindes ann~hernd doppelt so viel Hy~luronsiiure enthiilt wie der des Kalbes.

Vergleiche mit den einschl~gigen Ergebnissen anderer Untersucher sind k a u m mSglich. Eine getrennte Bes t immung an Kalbs- und Rinder- glaskSrpern ist unseres Wissens bisher nicht durchgefiihrt worden. Die angewandten Methoden weichen voneinander ab, und die festgestellten Werte sind verschiedenartig bezogen. Vor allem sind quant i ta t ive Be- s t immungen sehr selten durchgefiihrt worded. :Angebracht ist am ehesten ein Vergleich mi t den Befunden yon 1V[EXv~R, SMYTH und GAL- LARD, die als Durchschnit tswerte 160 ? Hexosamin/g .GlaskSrper er- mitre]ten, was etwa 3,5% Hya]urons~ure in der Glask5rpertrocken- substanz entspricht. Auffallend ist die grol~e, zwischen 125,7 bis 206,5 gelegene SchwankungsbreRe der einzelnen, yon MEYER, SMITH nnd G~LA~DO gefundenen Werte. Sie finder im t t inbl ick unserer Ergebnisse wohl am besten ihre Erkli~rung darin, da$ wahllos GlaskSrper verschie- dener Altersstufen untersucht wurden, eine Vermutung, die auch yon SODHOFS und SCHWEER ausgesprochen wird. Diese fanden n~mlich auch bei ihren soeben verSffentlichten Untersuehungen einen auffallend groBen Streuungsbereich des Glucosamins yon 81,5--341,0 y/cm s.

Ein Vergleich mi t anderen Ergebnissen ist abet insofern fiberflfissig, als unsere Befunde eindeutig zeigen, da$ der Rindsglask5rper etwa doppelt so viel Hyaluronsi~ure enth~lt wie der des Kalbes. I t ieraus diirfte ersichtlich sein, da$ der Gehalt an Hyaluronsgure und der ge- bundene Anteil derselben die mit dem Alter einhergehende Xnderung der rheologischen Eigenschaften des GlaskSrpers bedingen.

Literatur. BLIX, G. : The determination of Hexosamines according to ELSO~ and )50~GA~.

Acta chem. scand (Copenh.) 2, 467 (1948). - - ELSON, L. A., and W. F. MORG~: A colorimetric method for the determination of Glucosamine and Chondrosamine. Biochemic. J. 27, 1824 (1933). - - GLEES, )5. : ~ber rheologische Eigenschaften des GlaskSrpers. Ber. dtsch, ophthalm. Ges. 58, 122 (1953). - - )SEYER, K., and J. W. PALMER: The Polysaccharides of the vitreous humour. J. of Biol. Chem. 107, 629 (1934). - - On Glycoproteins. II. The Polysaccharides of vitreous humour and of umbilical cord. J. of Biol. Chem. 114, 689 (1936). - - MEYE~, K., E. )5. S~YTH and E. G~-~LA~])O : On the nature of the ocular fluids. II. The hexosamine contents. Amer. J. Ophthalm. (III) 217 1083 (1938). - - :NECK]~L, I. : Chemische Untcrsuchun- gen fiber die elektronenmikroskopisch Sichtbaren GlaskSrperfibrillen. Z. Natur- forsch. 8b, 236 (1953). - - Si~D]~OFF, H., u. G. Scn~v~,E~: Stndien fiber das Glucos~ amin des GlaskSrpers. I. )sitteilung. Die Glucosaminbestimmung im Rinder- glaskSrper. Arch. f. Ophthalm. 1~6, 427 (1955).

Professor Dr. reed. )5. GLEES, KSin, Univ.-Augenklinik.