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6. NOVEMBER ~935 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. 14 . JAHRGANG. Nr. 45 1615 fiigt, dab es dazu aber nicht des Mikropolychromars bedfirfe, wenigstens nicht ffir einen Untersucher, der an die Untersuchung irischen und ungef~rbten Materials gewShnt ist, so glaube ich aui Grund meiner Erfahrungen sagen zu kOnnen, dal3 un- gef~rbte Quetsehpr/~parate eine siehere Unterscheidung yon Hirn- gewebe nnd Tumorgewebe nicht erm6glichen, wohl aber meine Methode. DaB die Methode SCHULZ-BRAUNS klarere histologische Bilder gibt als die optische F~trbung, wird nicht bestritten. Zur Herstellulig solcher PrXparate sind jedoch Minuten notwendig, w~h- rend durch das Mikropolychromar Serien yon PrXparaten innerhalb yon Minuten untersuchs werden k6nnen und somit die Diagnostlk w/~hrend der Operation noch wesentlich verkiirzt wird. KURZE WISSENSCHAFTLICHE MITTEILUNGEN. UBER VERANDERUNGEN DES BLUTZUCKERGEHALTES NACH ARTERIENABKLEMMUNG. 7oi1 H. HUNGERLAND. Bet Besprechung der Regulation der Adrenalinsekretion dutch den Sinus caroticus schreibt C. HEYMANS unter an- derem: ..... l'hypotension art@rielle stimule la s~cr~tion adrenalique tandisque l'hypertension l'inhibe." Nun beob- achtete ich nach Abklemmung der Carotiden wie anch nach Abklemmnng anderer groBer Arterien Anderungen der Harn- zusammensetzung, die den Ver~nderungen ~hneln, wie sie nach Adrenalininjektion gesehen werden. Eine Untersuchung des Verhaltens des Blutzuckers lag deshalb nahe. Solche Untersuchungen wurden yon THEL~N, NETER und BRAUCH angestellt. BRAUCH schlieBt aus den Versuchsergebnissen der eigenen wie jener der beiden anderen Forscher, dab weder im akuten noch im chronischen Versuch eine Beeinflussung des Blutzuckerspiegels dutch die pressoreceptorischen Nerven besteht. Ebenso Ianden EULER und LILJESTRAND nach Entlastnng des Sinus caroticus keine 2inderung des Blut- zuckers. Ich stellte meine Versuche an Hunden an, die nicht narkotisiert waren. Die Freilegung tier Gefi~Be geschah tags zuvor in Pernoctonnarkose, so dab am Versuchstag selbst die Abklemmung ohne Schwierigkeiten ausge~fihrt werden konnte. Da die yon mir beobachteten HarnverSnderungen sowohl nach Abklemmung der Carotis als auch anderer groger Arterien eintrat, untersuchte ich das Verhalten des Blut- zuckers sowohl nach Carotis- als auch nach FemoralisabMem- mung (Abklemmungsdauer 2 Stunden), das Ergebnis ist ein- deutig und soil durch die nachstehenden beiden Kurven dargestellt werden : Nach Arterienabklemmm~g erfotgt ein BIn~zuckeranstieg (im Mittel yon etwa 4 ~ %), der innerhalb der AbMemmungs- zeit wieder abklingt. /6g 750 /~'0 A ~11~ 7~ g5 / 2 3 r d ~ 72/o. Kurve L Hund F.: Bei ~ Abklemmung beider Carotiden. Bet + LSsen der Ab- klemmung. Auffallend ist, dab der Blutzncker- ~0 o\/\ I X_ GO g I 2 3 ~ 5 G 7,fM Kurve 2. Hund F. : Bei -~ AbkIemmung beider Art. femorales. Bei ~ LSse~ der AbkIemmung. anstieg nach Abklemmung der Art. fern. regelmgBig deutlich sp/~ter einsetzt als nach Carotidenabldemmnng. Auch bet den schon frflher beschriebenen Harnvergnderungen setzen diese nach Femoralisabklemmung meist spg• ein als nach Caro- tidenabMemmung. Die ansffihrliche Mitteilung erfolgt in Naunyn-Schmiedebergs Arch. (Aus der Universiti~ts-Kinder- klin~lc Freiburg i. Br. [Vorstand: Pro/. C. Noeggerath].) DER HYGIENIKER UND SPORTARZT ANTYLLOS. Von Prof. Dr. WILHELM HABERLIN:, Dtisseldorf*. Im Mat des n~chsten Jahres werden es 2 5 Jahre, dab die groBe Hygiene-Ausstellung zu Dresden ihre Pforten 6ffnete und reichste Anregung ffir die so mannigfaltigen Gebiete der Gesundheitspflege schuf. Was uns Forschern der Geschichte der Medizin diese Aus- stellung so besonders interessant und wertvoll machte, war abet der Umstand, dab KARL.SUDnOFF damals zum erstenmal und doch in sch6nster Vollendung in seiner geschichtlichen Hygiene-Aus- siellung einen fJberblick fiber die Geschichte der Gesundheits- ffirsorge gab, der flberhaupt erst den Begriff einer ,,GescMehte der Hygiene" schuf, eine Grundlage, auf der kfinftige Generationen weiterbauen sollten. Mir aber erscheint es als eine hochwill- kommene Gelegenheit, da mir der ehrenvolle Auftrag ward, am heutigen Tage die 3. SudhoM-Vorlesung zu halten, auf SUI)HOF~S Verdienste um die Ausgestaltung der Geschichtsforschung auch der Hygiene dankbarst hinzuweisen ulid zu dieser Forschung einen Beitrag dadurch zu liefern, dab ich heute der hygienischen An- sichten eines berfihmten Arztes des Altertums ausff~hrlicher gedenke, als es in den Lehrbiichern der Geschiehte der Medizin zu geschehen pflegt. Ich will also heute yon den hygienischeli Kapiteln aus dem Werk des AN~u sprechen, jenes r6mischen Arztes, voi1 dem wir nur wissen, dab er um 14~ nach Christi Geburt, also vor GALE~ und naeh dem groBeli Arzt ARCHICENES, gelebt hat. Nach seinen Werken geh6rte er der pneumatischen Sehule an. Sein wiehtigstes \u ist unstreitig seine Chirurgie, die ,,Xet@ovogo~gsva". Sie Dritte Sudhoff-Vorlesung, gehaltenam 3I. August I935 auf der Tagung der Deutsehen Gesellschaft far Geschiehteder Medizin,Naturwissenschaft und Teehnik zu Bamberg. soil uns heute nicht beschgftigen, nur erw~hnen wilt ich seine bis heute noch nicht vergessenen Darlegungen fiber die Operation des Aneurysma, der ]Fisteln, fiber die Tracheotomie, den Starstich, den AderlaB und so fort. Wohl aber wollen wir unter Zugrundelegung der neuen Oribasiusausgabe yon JOI~ANNES RAEDER im Corpus Medicorum Graecorum das zweite Werk des ANTYLLOS, die ,,Bo~#~#a~a", d.h. also, ,,die Heilfaktoren" nach den hygieni- schen Darbietungen unseres Autors durchforschen. Wit linden solche im ersten ]3uch, das yon den ~uBeren tteilfaktoren handelt, im dritten, das fiber Di/~t und Lebensweise munches zu sagen hat, vor allem aber in dem ffir uns wichtigsten Buch, dem vierten, das uns yon dem Wert der Lelbesi~bungen ffir die Gesundheit des Menschen spricht. Zun~chst wollen wir einmal h6ren, was uns ANTYLLOS fiber die Wohnungshyg~ene zu sagen hat. Ist doch diese Frage und ihre richtige Beantwortung eine der wichtigsten zum Wohlbefinden des Menschen. Unser Autor geht vonder Frage aus : In welcher Gegend wohnt der Mensch am gesi~ndesten? Er betont: die hochgelegenen 0rtliehkeiten sind die gesfindesten, wet1 die Luft dort nicht stagniert, sondern yon allen Seiten herbeistrSmt und st~ndig dutch Winde hin- und hergejagtwird. Sehrvielweil3 er vomEinfluBder Windeaufdie Gesundheit des Menschen zu sagen. Er unterscheidet atlgemeine Winde, ,:on denener den Nordwind ftir den gesfindesten h/~lt, und iokale Winde, die gesund sind, wenn sie aus gesunden L~ndern kommen, und ungesund stud, wenn sie aus krankheitsbringenden L~ndern her wehen. Die yore Meer her kommenden V~Tindesind be-

Über Veränderungen des Blutzuckergehaltes Nach Arterienabklemmung

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Page 1: Über Veränderungen des Blutzuckergehaltes Nach Arterienabklemmung

6. NOVEMBER ~935 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 14 . J A H R G A N G . Nr . 45 1615

fiigt, dab es dazu aber nicht des Mikropolychromars bedfirfe, wenigstens nicht ffir einen Untersucher, der an die Untersuchung irischen und ungef~rbten Materials gewShnt ist, so glaube ich aui Grund meiner Erfahrungen sagen zu kOnnen, dal3 un- gef~rbte Quetsehpr/~parate eine siehere Unterscheidung yon Hirn- gewebe nnd Tumorgewebe nicht erm6glichen, wohl aber meine

Methode. DaB die Methode SCHULZ-BRAUNS klarere histologische Bilder gibt als die optische F~trbung, wird nicht bestritten. Zur Herstellulig solcher PrXparate sind jedoch Minuten notwendig, w~h- rend durch das Mikropolychromar Serien yon PrXparaten innerhalb yon Minuten untersuchs werden k6nnen und somit die Diagnostlk w/~hrend der Operation noch wesentlich verkiirzt wird.

K U R Z E W I S S E N S C H A F T L I C H E M I T T E I L U N G E N .

UBER VERANDERUNGEN DES BLUTZUCKERGEHALTES NACH ARTERIENABKLEMMUNG.

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H . H U N G E R L A N D .

Bet Besp rechung der Regula t ion der Adrena l insekre t ion d u t c h den Sinus carot icus schre ib t C. HEYMANS un te r an- de rem: . . . . . l ' hypo t ens ion art@rielle s t imule la s~cr~tion adrena l ique t and i sque l ' hype r t ens ion l ' i nh ibe . " N u n beob- a ch t e t e ich n a c h A b k l e m m u n g der Caro t iden wie anch nach A b k l e m m n n g andere r groBer Ar te r ien Ande rungen der H a r n - zusammense tzung , die den Ver~nde rungen ~hneln, wie sie n a c h Adrena l in in j ek t ion gesehen werden. Eine U n t e r s u c h u n g des Verha l t ens des Blu tzuckers lag desha lb nahe . Solche U n t e r s u c h u n g e n wurden yon THEL~N, NETER u n d BRAUCH angestel l t . BRAUCH schlieBt aus den Versuchsergebnissen der e igenen wie jener der be iden ande ren Forscher , dab weder im aku ten noch im chron ischen Versuch eine Beeinf lussung des Blu tzuckerspiegels d u t c h die p ressorecep tor i schen N e rv en bes teh t . Ebenso Ianden EULER und LILJESTRAND nach E n t l a s t n n g des Sinus carot icus keine 2inderung des Blu t - zuckers.

I ch s te l l te me ine Versuche an H u n d e n an, die n i c h t na rko t i s i e r t waren . Die Fre i legung tier Gefi~Be geschah tags zuvor in Pe rnoc tonna rkose , so dab am Versuchs tag se lbs t die A b k l e m m u n g ohne Schwier igkei ten ausge~fihrt we rden konnte . Da die yon mi r b e o b a c h t e t e n H a r n v e r S n d e r u n g e n sowohl nach A b k l e m m u n g der Carotis als auch andere r groger Ar te r i en e in t ra t , u n t e r s u c h t e ich das Verha l t en des Blut - zuckers sowohl nach Carot is- als auch nach Femora l i s abMem-

mung (Abk lemmungsdaue r 2 S tunden) , das Ergebn is is t ein- deut ig und soil durch die n a c h s t e h e n d e n be iden K u r v e n darges te l l t werden :

N a c h Ar te r ienabklemmm~g erfotgt ein BIn~zuckeranst ieg (im Mit te l yon e twa 4 ~ %), der inne rha lb der A b M e m m u n g s - zeit wieder abkl ingt .

/6g

750

/~'0 A

~11~

7~

g5 / 2 3 r d ~ 72/o.

Kurve L Hund F.: Bei ~ Abklemmung beider Carotiden. Bet + LSsen der Ab-

klemmung.

Auffa l lend ist, dab der Blu tzncker -

~0

o \ / \ I X _

GO g I 2 3 ~ 5 G 7,fM

Kurve 2. Hund F. : Bei -~ AbkIemmung beider Art. femorales. Bei ~ LSse~ der

AbkIemmung.

ans t ieg n a c h A b k l e m m u n g der Art . fern. regelmgBig deut l ich sp/~ter e inse tz t als n a c h Ca ro t i d en ab l d emmn n g . Auch bet den schon frflher beschr i ebenen H a r n v e r g n d e r u n g e n se tzen diese nach F e m o r a l i s a b k l e m m u n g meis t spg• ein als n a c h Caro- t i d e n a b M e m m u n g . Die ansffihrl iche Mit te i lung erfolgt in N a u n y n - S c h m i e d e b e r g s Arch. ( A u s der Universiti~ts-Kinder- klin~lc Freiburg i. Br. [Vorstand: Pro/. C. Noeggerath].)

DER HYGIENIKER UND SPORTARZT ANTYLLOS. Von

Prof. Dr. WILHELM HABERLIN:, Dtisseldorf*.

Im Mat des n~chsten Jahres werden es 2 5 Jahre, dab die groBe Hygiene-Ausstellung zu Dresden ihre Pforten 6ffnete und reichste Anregung ffir die so mannigfaltigen Gebiete der Gesundheitspflege schuf. Was uns Forschern der Geschichte der Medizin diese Aus- stellung so besonders interessant und wertvoll machte, war abet der Umstand, dab KARL. SUDnOFF damals zum erstenmal und doch in sch6nster Vollendung in seiner geschichtlichen Hygiene-Aus- siellung einen fJberblick fiber die Geschichte der Gesundheits- ffirsorge gab, der flberhaupt erst den Begriff einer ,,GescMehte der Hygiene" schuf, eine Grundlage, auf der kfinftige Generationen weiterbauen sollten. Mir aber erscheint es als eine hochwill- kommene Gelegenheit, da mir der ehrenvolle Auftrag ward, am heutigen Tage die 3. SudhoM-Vorlesung zu halten, auf SUI)HOF~S Verdienste um die Ausgestaltung der Geschichtsforschung auch der Hygiene dankbarst hinzuweisen ulid zu dieser Forschung einen Beitrag dadurch zu liefern, dab ich heute der hygienischen An- sichten eines berfihmten Arztes des Altertums ausff~hrlicher gedenke, als es in den Lehrbiichern der Geschiehte der Medizin zu geschehen pflegt. Ich will also heute yon den hygienischeli Kapiteln aus dem Werk des AN~u sprechen, jenes r6mischen Arztes, voi1 dem wir nur wissen, dab er um 14 ~ nach Christi Geburt, also vor GALE~ und naeh dem groBeli Arzt ARCHICENES, gelebt hat. Nach seinen Werken geh6rte er der pneumatischen Sehule an. Sein wiehtigstes \u ist unstreitig seine Chirurgie, die ,,Xet@ovogo~gsva". Sie

Dritte Sudhoff-Vorlesung, gehalten am 3I. August I935 auf der Tagung der Deutsehen Gesellschaft far Geschiehte der Medizin, Naturwissenschaft und Teehnik zu Bamberg.

soil uns heute nicht beschgftigen, nur erw~hnen wilt ich seine bis heute noch nicht vergessenen Darlegungen fiber die Operation des Aneurysma, der ]Fisteln, fiber die Tracheotomie, den Starstich, den AderlaB und so fort. Wohl aber wollen wir unter Zugrundelegung der neuen Oribasiusausgabe yon JOI~ANNES RAEDER im Corpus Medicorum Graecorum das zweite Werk des ANTYLLOS, die ,,Bo~#~#a~a", d . h . also, ,,die Heilfaktoren" nach den hygieni- schen Darbietungen unseres Autors durchforschen. Wit linden solche im ersten ]3uch, das yon den ~uBeren tteilfaktoren handelt, im dritten, das fiber Di/~t und Lebensweise munches zu sagen hat, vor allem aber in dem ffir uns wichtigsten Buch, dem vierten, das uns yon dem Wert der Lelbesi~bungen ffir die Gesundheit des Menschen spricht.

Zun~chst wollen wir einmal h6ren, was uns ANTYLLOS fiber die Wohnungshyg~ene zu sagen hat. Ist doch diese Frage und ihre richtige Beantwortung eine der wichtigsten zum Wohlbefinden des Menschen. Unser Autor geht vonder Frage aus : In welcher Gegend wohnt der Mensch am gesi~ndesten? Er betont: die hochgelegenen 0rtliehkeiten sind die gesfindesten, wet1 die Luft dort nicht stagniert, sondern yon allen Seiten herbeistrSmt und st~ndig dutch Winde hin- und hergejagtwird. Sehrvielweil3 er vomEinf luBder Windeaufdie Gesundheit des Menschen zu sagen. Er unterscheidet atlgemeine Winde, ,:on d en en e r den Nordwind ftir den gesfindesten h/~lt, und iokale Winde, die gesund sind, wenn sie aus gesunden L~ndern kommen, und ungesund stud, wenn sie aus krankheitsbringenden L~ndern her wehen. Die yore Meer her kommenden V~Tinde sind be-