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1 Universität zu Köln Humanwissenschaftliche Fakultät Lehrstuhl „Erziehungshilfe und Soziale Arbeit“ Prof Dr. Philipp Walkenhorst http://www.hf.uni-koeln.de/30070 Enquetekommission des Landtags NRW Nichtöffentliche Anhörung am 02.10.2009 „Kurzexpertise zum pädagogischen Gestaltungsbedarf in den Jugendstrafvollzugsanstalten NRW“ Landtag Düsseldorf, 16.09.2009

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Universität zu KölnHumanwissenschaftliche Fakultät

Lehrstuhl „Erziehungshilfe und Soziale Arbeit“Prof Dr. Philipp Walkenhorst

http://www.hf.uni-koeln.de/30070

Enquetekommission des Landtags NRWNichtöffentliche Anhörung am 02.10.2009

„Kurzexpertise zum pädagogischen Gestaltungsbedarf in den

Jugendstrafvollzugsanstalten NRW“

Landtag Düsseldorf, 16.09.2009

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Übersicht:

1. Allgemeines

2. Jugendstrafvollzug in NRW

3. Handlungsempfehlungen

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1. Allgemeines I Verhängung der Jugendstrafe nach § 17 Abs. 2 JGG Jugendstrafrecht als Täterstrafrecht (§ 2 JGG) Ambivalente Tradition des Jugendvollzuges Gestaltungsgrundsätze: Angleichung, Gegenwirkung,

Integration Herausforderungen durch

Pathologien der Inhaftierten Pathologien des Systems Pathologien der Mitarbeiterschaft Unterversorgung, Langweile und wenig bewusst gestaltete

Zeit geringer öffentlicher Rückhalt Diktat der knappen Finanzen Zukunft der Inhaftierten

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1. Allgemeines II Hauptprobleme

Konzentration negativer Modelle Grundstruktur der Punitivität deutlich höheres Gewaltniveau tendenziell geringes Anregungsniveau Tendenz zur Passivierung Fehlen unmittelbarer Ansprechpartner Geringe Flexibilität der Abläufe Zu geringe Angleichung an normalen Alltag Tendenz zur Abschottung des Vollzuges

Ressourcen Räumliche Präsenz der jungen Menschen Prinzipielle Lernangebotsbreite (Schule, Ausbildung) Anstaltsleitereffekte Vorhandensein großen Engagements bei Profis und

Ehrenamtlichen

„Lernen ermöglichen“ als Ziel!

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2. Jugendvollzug in NRW I 2.1 Rechtstatsächliche Befunde

ca. 10% „eigentliche“ Jugendliche unter 18 Jahre Z. Zt. 1643 Plätze im geschlossenen und offenen Jugendvollzug Geschlossener Vollzug in Heinsberg, Siegburg, Iserlohn und Herford Offener Vollzug in Hövelhof (einzige offene Jugendanstalt, 232 Pl.),

in Iserlohn (offene Abteilung mit 19 Pl. und Übergangshaus, 25 Pl.) und Heinsberg (24 Pl.)

Zuweisung nach Wohnortnähe oder Angebotseignung I.d.R. Verbüßung kurzer Haftstrafen (bei 45% d. weibl. U. 25% d.

männl. Inhaftierten max. 1 Jahr) Letzte Stichtagszählung (31.7.09): 1342 männl. u. 51 weibl.

Inhaftierte Erhebliche Defizite in schulischer u. beruflicher Bildung 2008: 538 Drogenabhängige = 31% der Jugendgefangenen Unklar: die Zahl tatsächlich im Vollzug Konsumierender

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2. Jugendvollzug in NRW II

Keine Zahlen zu psychischen Störungen und Lernbehinderungen Belegungszahlen 7.09 (90% als Vollbelegung gewertet): - Heinsberg: B.fähigkeit: 218 / tats. Belegung: 192 - Herford: 350 / 305 - Iserlohn: 248 / 216 - Siegburg: 540 / 483 > 1 356 / 1 196 (geschl. Vollzug)

- Heinsberg: 24 / 11 - Iserlohn: 19 / 9 - Hövelhof: 232 / 213 (offener Vollzug)

- Iserlohn: 25 / 7 (Übergangshaus) 600 Ausbildungsplätze für berufliche Bildung Erstes Quartal 2009: schul. Maßnahmen: 294 TN; berufl. Bildung:

522 TN; „sonstige“ Tätigkeiten: 85 TN; Arbeitstherapien: 103 TN Jedoch: unbeschäftigt: 486 Inhaftierte

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2. Jugendvollzug in NRW III 2007: insgesamt 1884 männl. Inhaftierte in Maßnahmen beruflicher

Bildung Bandbreite und Umfang des Freizeitangebotes groß, jedoch: wie viel

kommt beim einzelnen Gefangenen an? Personalrelationen (DÜNKEL & GENG 2007) - Heinsberg: 1,6 Gef. pro Personalstelle, 93,7 Gef. pro Psychologen,

51,1 Gef. pro Sozialarbeiter - Siegburg: 1,1 / 63,8 / 26,1 - Iserlohn: 1,7 / 83,7 / 32,6 - Herford: 1,6 / 72,8 / 36,4 - Hövelhof: 1,9 / 209,0 / 46,4 Qualifikation des Personals: - AVD als noch typischer Zweitberuf mit entspr. Motivation - Ausbildung an der JVS und an den Stammanstalten - Problem der Leistungsmotivation Ehrenamtliche Betreuung und zivilgesellschaftliches Engagement

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2. Jugendvollzug in NRW IV

2.2 Das Jugendstrafvollzugsgesetz NRW

Gut: der Förderbegriff Gut: die Anforderung an das Personal Gut: das Bekenntnis zum Wohngruppenvollzug Revisionsbedürftig: § 112 Abs. 5 als „Kann“-Bestimmung

Wegweisend: § 55 (Freizeitgestaltung)

Gut: Bekenntnis zum Offenen Vollzug (§ 16, 21 Abs. 1)

Gut: der Nachsorge-Ansatz

Jedoch: Umsetzung muss befördert werden!

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3. Handlungsempfehlungen I

Ziel und Fluchtpunkt: Leben in Freiheit weitgehend ohne Straftaten

Themenbereiche: Justizministerium Personal, Aus- und Fortbildung Anstalten Vollzug in freien Formen Kooperationen und Vernetzung, Schnittstellen

Vorschläge / Justizministerium: Überarbeitung verschiedener Dienstvorschriften und Verfügungen Nachdenken über die Rolle der Sicherheit Zukünftige fachpädagogische Qualifizierung der Leitungsebenen Anstaltsleitungen als Doppelspitzen? Bessere Dokumentation und Abrufbarkeit aktueller Daten

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3. Handlungsempfehlungen II

Vorschläge Personal, Aus- und Fortbildung: Eigenständige jugendpädagogische Ausbildung des AVD

Reduzierung des Einflusses von „Subkulturen der Praxis“

Verzahnung theoretischer Ausbildung (JVS) und Ausbildungsleitern in den Anstalten

Einstellung geeigneter DozentInnen für den Jugendvollzug (JVS)

Regelmäßige, jährliche Fortbildung des Personals

Verpflichtende Supervision und Praxisbegleitung auch für den AVD

Einstellung von Erzieherinnen / BA´s auf AVD-Ebene

Gut: die Bereicherung durch 12 Dipl.Päd´s

Motivierung Studierender durch Unkostenerstattung

JVA Iserlohn als „Akademische Lehranstalt“: ein Modellversuch

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3. Handlungsempfehlungen III

Vorschläge Anstalten: Anpassung der Baulichkeiten an Wohngruppenansatz Überprüfung der Sicherungsmaßnahmen

(„Übersicherung“) Verkleinerung statt Erweiterung der Jugendanstalten Drastische Reduzierung der Rate Beschäftigungsloser Reduktion der Gewaltproblematik durch Lernangebote Alphabetisierung Deutsch für Ausländer Wohngruppengröße und Betreuungsschlüssel Optimierung der Nachsorge für Gefährdete Einrichtung eines „Innovationsbeauftragten“

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3. Handlungsempfehlungen IV Vorschläge Vollzug in freien Formen:

Verstärkte Nutzung und Projektunterstützung Überdenken der Auslastungsmentalität geschlossener Anstalten

Vorschläge Kooperation, Schnittstellen: Erprobung neuer Formen aufsuchender Eltern- und

Angehörigenarbeit Etablierung regelmäßigen ressortübergreifenden

Erfahrungsaustausches Einrichtung von „Öffentlichkeitsbeauftragten“ als Netzwerker Abordnung qualifizierter Justizmitarbeiter in die Lehre Ermöglichung des (heilpäd.) Referendariats in Schulabteilungen der

Jugendanstalten Stimulierung der Gründung gemeinnütziger Vereine zur

Unterstützung der jugendvollzuglichen Arbeit Gewinnung jüngeren zivilgesellschaftlichen Engagements