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    Es scheint, als weite sich mit der Wiedereinfh-rung der Verfassten Studierendenschaft in Ba-den-Wrttemberg der Freiraum fr studentischeMitbestimmung an der Universitt wieder aus(Seiten 7 bis 10). Das wre zu hoffen, denn werstudiert, der muss sich schlielich eigene (Holz-)Wege durchs Gewirr von konomie und Bro-

    kratie schlagen (Seiten 5 bis 6) so zumindest dieIdee der Institution Universitt (Seiten 2 bis 4).

    Lichtet sich hier etwas?

    Sonderheft zur Wiedereinfhrung der

    Verfassten Studierendenschaft

    Matthaeus Merian, Theatrum Europaeum (1662). Kupferstich Komet ber Heidelberg.

    Wie solche Freirume in der Heidelberger Ver-gangenheit aussahen, erzhlt die Geschichte desCollegium Academicum (Seiten 11 bis 17). berden damals auch gewaltsam gefhrten Kampf umgesellschaftliche Vernderung berichten Seiten18 bis 21. Um aktuelle Mglichkeiten kulturellenEngagements in Heidelberg geht es auf Seite 22.

    In diesem Sinne: Mehr Licht!die Redaktion

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    Selbstbestimmung und FremdverwaltungZur Idee der Universitt als Institution

    I

    nmitten der dunklen Jahrhunderte entstand inEuropa das, was man bis heute die Universitt

    nennt. Das neue an dieser Einrichtung war nichtder hhere Unterricht, den sie anbot den gab esschon lange zuvor; das Spezifikum der Universittwar und ist ihre institutionalisierte Daseinsform. N-tig zu ihrer Grndung war die Einsicht in die Univer-salitt wissenschaftlicher Erkenntnissuche und Wis-sensvermittlung. ber alle fachlichen Dissonanzenhinweg wurde ein institutioneller Rahmen geschaf-fen, in dem der Dienst am amor sciendi(der Liebezum Wissen) als gemeinsame Aufgabe aller Univer-sittsangehrigen kodifizierte Gestalt gewann. Vor-aussetzung hierfr war die Anerkennung der wis-senschaftlichen Leistungen Andersdenkender und

    -glubiger sowie sozial und gesellschaftlich Unter-geordneter, das heit die Einsicht in die Gleichheitund Solidaritt der Wissenschaftler vor den Aufga-ben der Wissenschaft (Regg I 47).

    So kam es ab dem 12. Jahrhundert zuerst in Bolo-gna, dann in Oxford, Modena und Paris zur Grn-dung jener Institutionen, die ihren Zweck, nmlichdie Gemeinschaft der Lehrenden und Lernendenzu bilden, bereits im Namen trugen: die universita-tes magistrorum et scholarium.

    Diese lateinische Formel, die sich neben der Be-zeichnung studium generale durchgngig in den

    Grndungsurkunden der ersten Universitten fin-det und die in der Umgangssprache schnell zuschlicht universitas abgekrzt wurde, legt groenWert auf den menschlichen Aspekt der Universi-ttsgrndungen: zunchst und vor allem waren esgeistigeInst itutionen.

    So hatte die Universitt Heidelberg bspw. inden ersten Jahren nach ihrer Grndung 1386 nochberhaupt keine eigenen Gebude. Die Vorlesun-gen fanden in Klstern und Brgerhusern statt.Dies nderte sich erst, als Kurfrst Ruprecht II. imJahre 1390/91 die jdische Gemeinde aus Heidel-

    berg vertrieb, sich ihren Grundbesitz (zehn Husersowie vier Grten in der Altstadt) gewaltsam aneig-nete und diesen dann grozgig der Universittschenkte. Im Laufe der Jahrhunderte kamen noch

    zahlreiche weitere Immobilien fr Vorlesungen, Verwaltungsauf-gaben und zur Unterbringung der Studierenden und Lehrenden

    hinzu. Auch im Hinblick auf das leibliche Wohl ihrer Mitgliederwurde die Universitt Heidelberg durch zahlreiche universitts-eigene Grten und Weinberge (oberhalb der Alten Brcke) mitder Zeit immer autonomer. Ein eigenes Hospital diente zeitwei-se zur unabhngigen medizinischen Versorgung der Lehrendenund Lernenden.

    Universitates magistrorum et scholarium,Gemeinschaften der Lehrenden und LernendenDie Universitten waren zunchst Gemeinschaften von Perso-nen, denen man sich als Wissenschaftler oder Student freiwilliganschloss (sofern diese einen aufnahmen). Sie bildeten eineninstitutionellen Rahmen, der sich im Wesentlichen durch Unab-hngigkeit auszeichnete. Zwar bedurfte es zur Grndung einerUniversitt der Genehmigung durch die ppstliche oder kaiser-liche Autoritt, hierdurch wurden jedoch die Einflussmglich-keiten von lokalen Mchten und Machthabern wie Stdten oderFrstentmern weitestgehend eingeschrnkt. Universitten hat-ten eine eigene Rechtsordnung, Verwaltung und Gerichtsbarkeit.Der Heidelberger Karzer, das ehemalige Universittsgefngnis,bietet hierfr noch reichlich Anschauungsmaterial. Zeitwei-se durften Universitten sogar bei Kapitalverbrechen wie Mordber ihre Mitglieder zu Gericht sitzen.

    Seit dem Mittelalter sind Regelungen wie Studienordnungenein wesentlicher Bestandteil von Universitten: Sie sichern dieQualitt des Studiums, legen die zu erbringenden Leistungen zurErreichung eines akademischen Titels fest, verpfl ichten die Leh-renden, ein festgelegtes Pensum an Vorlesungen abzuhalten undvieles mehr. Die Verleihung akademischer Titel zhlt bis heutezur wichtigsten Aufgabe der Universitten. Neben den Pflichtenerhalten die Universittsangehrigen jedoch auch zahlreiche ge-sonderte Rechte und Privilegien wie gnstigeren Wohnraum (zuGrndungszeiten durften leerstehende Heidelberger Huser vonStudenten ohne Genehmigung der Eigentmer bezogen werden)und Steuererleichterungen (ursprnglich sogar Steuerfreiheit)

    [Wolgast 4].Die universitren Ordnungen bieten den Lehrenden aber vorallem auch finanzielle Sicherheiten (zunchst in Form von Pfrn-den), die sie unabhngig von einem Brotberuf machen und Vor-

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    aussetzung fr das Ideal der zweckfreien Forschungsind (siehe auch Seiten 6 & 7); den Lernenden ga-rantieren sie wiederum, dass der an einer bestimm-ten Universitt erworbene Magister- oder Doktorti-tel als Ausweis wissenschaftlicher Gelehrsamkeitauch an anderen Universitten seine Gltigkeit be-hlt.

    Civitas academica,die Akademische BrgerschaftDurch die Immatrikulation die Einschreibung indie Universittsmatrikel, das Verzeichnis der Mit-glieder einer Universitt tritt der Student bis heuteder civitas academica,der Akademischen Brger-schaft, bei. Diese stellt wie ein Staat einen eigenenRechtskreis dar und hat eine eigene Grundordnung.Diese kann selbstverstndlich vielerlei Gestalt an-

    nehmen. Die Selbstverwaltung der Universitt re-gelt zunchst nur ihr Verhltnis in Bezug auf einAuen; ber die Binnenstrukturen dieser Selbstver-waltung ist damit noch nichts gesagt.

    Whrend die ersten Universitten in Bologna undPadua Studentenuniversitten waren, in denen dieStudenten die Professoren als Angestellte mit Jah-resvertrgen beschftigten, setzten sich schon baldin Europa Universitts-Systeme durch, in denen dieLehrenden an der Spitze der Rangordnung stehenund ber grere Entscheidungsgewalt als die stu-dentische Gruppe verfgen. Da fr zahlreiche uni-versitre Entscheidungen im Sinne der Selbstver-waltung ein gehriges Ma an Erfahrung und vorallem Fachwissen vonnten ist, das die studenti-schen Mitglieder als Anfnger noch nicht habenknnen, hat dies durchaus vielerorts seine Berech-tigung; der gnzliche Ausschluss der Studierendenaus den Selbstverwaltungsgremien und der Entzugihres hochschulpolitischen Mandats, wie durch dasVerbot Verfasster Studentenschaften im Jahre 1977,stellt jedoch einen gewaltigen Eingriff in die insti-tutionelle Idee der Universitt, der ich erinnere universitas magistrorum et scholarium, dar.

    Die Selbstverwaltungsgremiender UniversittNach dem derzeitigen Landeshochschulgesetz(LHG) des Landes Baden-Wrttemberg bilden1. Der Vorstand (wahlweise als Prsident oder Rek-tor zu bezeichnen), 2. Der Senat und 3. Der Auf-sichtsrat (besser bekannt als Universittsrat) diezentralen Organe der einzelnen Hochschulen. Lan-ge Zeit war das Gremium des Senats der Garant vonso etwas wie demokratischen Strukturen innerhalb

    des Universitts-Staates; diese Zeiten sind aber seiteiner Novellierung des LHG, die den Einfluss desSenats drastisch beschnitt, weitestgehend pass.

    Die universitre Gemeinschaft unterteilt sich selbst in einzel-ne Fakultten, deren Vertreter im Senat durch Abstimmungspro-zesse ber die Belange der Universitt entscheiden. Fakulttensind Zusammenschlsse einzelner Fcher (in den Fakulttsrtensitzen alle Hochschullehrer). Zwar ist und bleibt es ein Manko,dass die studentischen Universittsmitglieder nur ein sehr ein-geschrnktes Mitbestimmungsrecht haben (4 von 39 Stimmen),dennoch ist und bleibt der Senat aber das wichtigste Organ derakademischen Selbstverwaltung. Der Rector magnificus, der er-habene Leiter der Universitt, wurde bis vor wenigen Jahren di-rekt vom Senat gewhlt; seine Aufgaben beschrnkten sich da-mals vornehmlich auf das reprsentative Hndeschtteln undUrkundenberreichen die tatschlich Entscheidungsgewalt lagunangetastet beim Senat.

    Die Entmachtung des SenatsNach dem Wortlaut des novellierten LHG 17-19 gehrt nichtmehr die Wahl, sondern nur noch die Besttigung der Wahl(19,1) des Rektors und seiner Prorektoren zu den Aufgaben desSenats. Die eigentliche Wahl hat bereits im Universittsrat statt-gefunden und wird dem Senat lediglich pro forma zur Absegnungvorgelegt. Der Universittsrat wird wiederum nicht von den Uni-versittsmitgliedern gewhlt, sondern vom Ministerium fr Kul-tus, Jugend und Sport Baden-Wrttemberg ernannt. Er bestehtaus sechs externen und fnf internen Mitgliedern. Die Externenkommen derzeit u.a. aus Unternehmen wie BASF SE, Aesculap

    AG, B. Braun Melsungen AG.Whrend bei den Aufgabenbeschreibungen des Vorstandes(Rektorats) im LHG die Rede von Aufstellung, Vollzug, Ver-

    Bei der Immatrikulation bekommt der Student Beanus (franz.bec jaune, Gelbschnabel) laut diesem Holzschnitt aus dem16. Jahrhundert die Hrner abgeschliffen, damit er seine Unge-hobeltheit ablegen mge depositio cornuum, lateinisch fr dasAblegen der Hrner.

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    teilung, Festsetzung und Entscheidung ist (16), taucht dasWort Entscheidung bei den Zustndigkeiten des Senats nur eineinziges Mal in Bezug auf die Nachwuchsfrderung auf, an-sonsten finden wir lediglich wiederholt Stellungnahmen, Be-schlussfassungen und Errterungen (19). Den quasidikta-torischen Vollmachten des Rektorats ber den Senat hat jngstder UniSPI EG EL (06/2012) einen lngeren Artikel mit dem TitelLUni, cest moi gewidmet.

    Ende der akademischen Selbstverwaltung im Na-men der Hochschulautonomie

    Ironischerweise geschah die Entmachtung des zentralen Selbst-verwaltungsgremiums der Universitt im Namen der Hoch-schulautonomie, fhrte jedoch genau zu deren Gegenteil. Ge-staltung und Organisation der Institution Universitt liegt nichtmehr lnger in den Hnden ihrer Wissenschaftler, die sich dem

    Ziel der universalen Erkenntnissuche und -vermittlung verpflich-tet haben und sich selbststndig eine bestmgliche Struktur ge-ben, sondern wird zunehmend von externen wirtschaftlichenund politischen Interessen geleitet. So entscheidet mittlerweileauch nicht mehr die universitre Gemeinschaft ber Annahmeoder Ablehnung eines bestimmten Studiengangs, sondern seitEinfhrung der Bachelor- und Masterstudiengnge lagert dieUniversitt diese ihr ureigenste Aufgabe an externe private Ak-kreditierungsfirmen aus (durch die Systemakkreditierung wur-de dies wieder etwas abgemildert).

    Auch die akademische Protestkultur hat brigens eine langeTradition: Als im Jahre 1209 die Stadtbehrden versuchten, Ein-griffe in die Universitt Oxford vorzunehmen, legten die Profes-soren so lange ihren Dienst nieder bis sie die zur Wissenschaftntigen Freiheiten von der Stadt wieder zugesprochen bekamen.

    von Janina Reibold

    Zwar ist die Universitt Bologna mit ziemlicherSicherheit die lteste Universitt Europas, das

    Grndungsjahr 1088 wurde aber zum 800jhri-gen Jubilum, das man gerne 1888 feiern wollte,erfunden.Die Geschichte zeigt, man sollte also nicht immergleich alles glauben, was aus Bologna kommt.

    Quellen fr diesen Artikel:

    Die allgemeinen historischen Informationen zur Grndung der

    Universitt stammen aus Walter Regg (Hrsg.), Geschichte der

    Universitt in Europa,4 Bd. (Mnchen 1993-2010), besondersBand I: Mittelalter.

    Die spezifischen Hintergrnde zur Universitt Heidelberg stammen

    aus Eike Wolgast, Die Universitt Heidelberg 1386-1986(Berlin,

    Heidelberg 1986) sowie Gerhard Merkel, Der universitre

    Grundbesitz in der Stadt bis Ende des 17. Jhs.In: Wissenschafts-

    atlas der Universitt Heidelberg, hrsg. v. Peter Meusburger

    (Knittlingen 2011), 45ff.

    Die Informationen zur Struktur der derzeitigen Hochschulpolitik

    habe ich direkt aus dem LHG und der Grundordnung der Uni

    Heidelberg entnommen:

    Die Grundordnung der Universitt Heidelberg,ab dem 1. Septem-

    ber 2009.

    Gesetz ber die Hochschulen in Baden Wrttemberg (Lan-

    deshochschulgesetz LHG), Stand: 2. Mrz 2009.

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    Herr Eyeryman HeideggerOder: die Verfhrungskunst der Holzwege

    H

    olz lautet ein alter Name fr Wald. Im Holzsind Wege, die meist verwachsen jh imUnbegangenen aufhren, erzhlt uns Hei-

    degger im Vorwort zu der Aufsatzsammlung, die er eben:Holzwege genannt hat. In gewissem Sinne lsst sich sagen,Heidegger sei es um eine Ehrenrettung des Holzwegs zutun gewesen, der sonst doch den bsen Zwilling des richti-gen (zielfhrenden) Weges abgeben muss.

    In diesem Sinne sei es mir erlaubt, mich zunchst aufeinen narrativen Holzweg zu begeben, indem ich folgen-de Anekdote vortrage: Es muss irgendwann im Sptherbst2003 gewesen sein; ausgerstet mit einem Notizblock, inden ich eine mich eher kryptisch anmutende Zahlen-und Buchstabenkombination eingetragen hatte, ging ichim Untergeschoss des Anglistischen Seminars die Regal-

    reihen voller eingestaubter Buchrcken ab. Man hatte unsin der Einfhrungsvorlesung zur englischen Literaturwis-senschaft einen Reader mit Auszgen aus Werken ausge-teilt, der uns einen berblick ber die Geschichte der eng-

    lischsprachigen Literatur verschaffen sollte, und der auerdem Reimschema des Sonetts vor allem den Eindruckeines verwachsenen Gestrpps verworrener Zeichen,

    Codes und Chiffren vermittelte. Die nachhaltigste Erfah-rungen dieser ersten Wochen Anglistikstudium war jeden-falls auer der Unzulnglichkeit des Schulenglischs einegewisse Hilflosigkeit angesichts von Shakespeare, Blakeoder T.S. Eliot. Ich ging also, skeptisch und guten Muteszugleich, die Regalreihen entlang, bis zu der Stelle, dendie in meinem Notizblock eingezeichnete lettrisch-nume-rische Schatzkarte bezeichnete. Ich schlug das Buch, eineAnthologie mittelalterlicher Literatur, auf und tatschlich:Da war, was ich gesucht hatte!

    Da war Everyman, ein englisches Sittenstck aus dem15. Jahrhundert (zum Glck in neuenglischer Transkripti-

    on), das in der Vorlesung erwhnt worden war und das ich aufs Geratewohl als Ziel meiner ersten eigenen Expedi-tion in das Unterholz der universitas litterarumausgewhlthatte. Und es wurde noch besser: ich las und verstand!

    Arnika, Augentrost, der / Trunk aus dem Brunnen mit dem / Sternwrfel drauf (Paul Celan)

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    Das lag im Nachhinein wohl vor allem daran, dass Every-manunter literarischen Aspekten eine eher biedere undanspruchslose Angelegenheit ist, als zeitgeschichtliches

    Dokument wohl weitaus interessanter denn als Kunstwerk.Und dennoch. Es war ein Anfang.

    Ein kurioser Anfang mittendrin und ein kurzer Weg, denich nicht weiterverfolgte. Ich ging noch auf unzhl igen an-deren, meist lngeren, Holzwegen durch die Jahre an derUniversitt. Nun fllt mir diese Episode ein, wo ich einenArtikel ber die Universitt schreiben soll, zu dem mirvage vorschwebte, es solle darum gehen, wie es ist, das zutun, was man an der Universitt eben tut. Die Idee des For-schens ist fr mich eng assoziiert mit der Vorstellung desHolzwegs. Das mchte zunchst paradox scheinen, dennForschung betreibt man doch mit Methode, d.h. indem

    man sich versichert, auf geradem Wege zum Forschungs-ziel zu sein? Aber vielleicht ist das nur eine trivialisierteund geglttete, im Ganzen eher knstliche Vorstellungvon der Methode der Forschung. Die Vorstellung, gewiss,auf der die Stipendienvergabe und die Einwerbung vonDrittmitteln basieren; wo Geld fr Forschung genauer:noch zu leistende Forschung fliet, da soll diese auch Re-sultate zeitigen und das Risiko einer Fehlinvestition mini-miert werden. Vielleicht ist im Gegenteil eher Ziellosigkeitdie genuine Methode der Forschung, wenn man darunterdie Bereitschaft versteht, mit Hegel gesprochen, der in-neren Entwicklung der Sache selbst zu folgen. Forschungbesteht nicht im Erzwingen von Resultaten; das Forschenhat weder etymologisch noch in der Sache etwas gemeinmit der Forschheit des Karrieristen, der Schule, Universi-tt, Beruf, etc. als Stadien einer vertikalen Bewegung zumEtabliertenstatus denkt. Talent zum Forschen haben viel-leicht diejenigen, auf die Holzwege schon immer eine str-kere Anziehungskraft ausbten als die Knigswege in dieVorstandsetagen. Dies wre brigens eine Definition desForschertums, die sich nicht nur auf den Bereich des Aka-demischen beschrnkte.

    Heidegger, um einen neuen Holzweg einzuschlagen, istunter diesem Gesichtspunkt eine interessante Figur: einPhilosoph, der eine gewisse vornehme Verschrobenheit

    pflegend in seiner Forschung dort unterwegs war, wohinihm nicht viele folgen konnten. Und der dann als Rek-tor der Universitt Freiburg auf einen ganz anderen, frviele seiner Schler und Bewunderer schmerzlichen Holz-weg geriet, als er in den dreiiger Jahren eine Affinitt zuNSDAP und Fhrerkult an den Tag legte. Der Philosophhatte einen radikalen Rollenwechsel vollzogen: Er hieltseine Antrittsrede als Rektor ber Die Selbstbehauptungder Deutschen Universitt und hoffte, im Zuge des natio-nalsozialistischen Umbruchs der deutschen Gesellschaftan einer Umstrukturierung und Neuorganisation dieserdeutschen Universitt tatkrftig mitzuwirken. Die Hoff-

    nung verflog bald was blieb, war der gescheiterte Ver-such eines Kurzschlusses zwischen Philosophie und Po-litik, wie Heideggers erfolgreichster Biograph Rdiger

    Safranski sich ausdrckt. In diesem Sinne hat man Hei-deggers Verhalten gewhnlich als Anbiederung der Phi-losophie an die Faktizitt der politischen Verhltnisse ge-deutet, was immerhin die ironische Wendung enthlt, dassman den Atheisten Heidegger fr eine neue Variante desalten Motivs von der Philosophie als Dienerin einer ber-geordneten Disziplin verantwortlich machte; nur dass siejetzt nicht mehr das Mgdlein der Theologie, sondern dasder Politik war.

    Die Universitt wre von innen d.h. aus der Perspekti-ve des Forschenden zu beschreiben als eine Art unend-liches epistemisches Biotop, in dem die Holzwege des For-

    schens eingeschlagen werden knnen. Das wrde ich demgelufigen Bild des Elfenbeinturms gegenberstellen, daseine gewisse Enge, Borniertheit, Fachidiotie suggeriert.Es ist die schwierige Mission des Ende 2012 gegrndetenCDBU (Council for the Defence of British Universities), frden Erhalt dieses Biotops zu kmpfen in einer ffentlich-keit, die von der Eigenart des Forschens wenig zu wissenund wenig Verstndnis fr es zu haben scheint. Very bri-tish Lords, Dames, Sirs und Baronessen zhlen zu seinenGrndungsmitgliedern weist man auf die weltweite At-traktivitt der britischen Universitten und auf ihre exzel-lenten Platzierungen in den diversen bekannten Rankingshin, um so fr akademische Bedingungen zu werben, diedoch nicht in die Welt der Rankings und Statistiken geh-ren, die verzeichnen, wie viele mglichst hochqualifizier-te graduatesdas Universittssystem jhrlich auf den Ar-beitsmarkt splt: Es ist nicht so, als wren akademischeWerte obsolet, heit es auf der Website des Rats, ... abernach all den Jahren ihrer Unterordnung unter andere Prio-ritten, kann es nicht mehr als selbstverstndlich gelten,dass jede gebildete Person versteht, welchen enormen ge-sellschaftlichen Wert es hat, Orte zu unterhalten, die al-lein der Suche nach Erkenntnis und deren Weitergabe andie kommende Generation gewidmet sind. In gewissemSinne geht es um eine Befreiung der Universitt aus der

    Kurzfristigkeit des konomischen Effizienzdenkens dieGrundsatzerklrung spricht von frei gefhrter intellek-tueller Aktivitt, von einer Entwicklung der Geisteskrf-te, einer Erweiterung des Wissens und des Intellektsund davon, den Hochschulabsolventen ein reicheres underfllteres Leben zu ermglichen. Alles durchaus keinneues aber wohl in weiten Teilen verlorengegangenes Gedankengut. Es bleibt, dem Rat Erfolg zu wnschen imKampf fr die Sache des Forschens. Und eine gewisseSkepsis, inwiefern sich fr den stillen Sirenengesang derHolzwege berhaupt ffentlich trommeln lsst.

    von Jakob Brssermann

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    ieses Jahr wird groe Hochdruckgebieteber die universitre Lndleschaft bringen.Vielleicht eine Cumulus macht noch keine

    Sintflut. Der sich in die Unipolitik einmischende Stu-dent wird legalisiert bzw. ist es schon qua Brger-recht; legalisiert wird nun eine sich in die Unipolitikeinmischende reprsentative Krperschaft: die Ver-fasste Studierendenschaft (VS).

    Verfasst heit gesetzlich anerkannt und miteinem politischen Mandat versehen, also mit der Er-laubnis (oh Grozgigkeit), in hochschulpolitischenThemen reprsentativ fr die StudierendenschaftPosition zu beziehen. Und zur Verfasstheit gehrtauch Finanzhoheit (die VS darf von den Studenteneinen Geldbeitrag erheben) und Satzungshoheit

    alles relativ wiederum zu gesetzlichen Bestimmun-gen und deren Interpretation durch das Rektorat(mehr dazu siehe: Gesetz zur Einfhrung der Ver-fassten Studierendenschaft Probleme).

    Das ist neu gegenber den bisherigen Formen stu-dentischer Reprsentation an baden-wrttembergi-schen Hochschulen. Der AStA hatte kein politischesMandat, keine Finanzhoheit usw. Er durfte sich nurzu kulturellen, sportlichen Dingen uern einErbe der CDU-gefhrten Landesregierung , lstesich regelmig ob dieser Machtlosigkeit zu Se-mesterbeginn auf, und bertrug seine Finanzen derFachschaftskonferenz. Deren Reprsentation gilt

    den Fachschaften, also nur auf Umwegen der ganzen Studieren-denschaft. Sie hat bisher die Rolle des mundtot gemachten AstAsbernommen (siehe www.fsk.uni-heidelberg.de/fachschaftskon-

    ferenz.html).Den neuen gesetzlichen Rahmen hat die rot-grne Landesre-

    gierung im Juni letzten Jahres gezimmert (siehe Gesetzestextauf der letzten Seite), im November erging dann der Aufruf desRektorats an alle Heidelberger Studenten, Satzungsvorschl-ge fr die Einfhrung der Verfassten Studierendenschaft zu er-stellen. Der dafr vorgesehene Prozess sieht folgendermaen aus(siehe Grafik, und unter www.uni-heidelberg.de/einrichtungen/studium/vs/) wir befinden uns jetzt in der dritten Phase. Biszum 1. Februar, 12 Uhr!, mssen die Satzungsvorschlge einge-gangen sein. Sie werden dann im Rektorat auf Gesetzmigkeitgeprft und Mitte Mai der Studierendenschaft zur Wahl gestellt.

    Die Verfasste Studierendenschaft

    FinanzhoheitKritiker von Verfassten Studierendenschaften sehen dieGefahr der Geldverschwendung, und sie knnen sich da-bei auf Beispiele an anderen Hochschulen berufen (10Euro betrgt der Beitrag im BRD-Durchschnitt; die VSwird ber ein Budget von ca. 300 000 Euro verfgen kn-nen). Das Landesgesetz soll dem einen Riegel vorschie-ben, indem die VS zur Einsetzung eines Beauftragten fr

    Finanzen verpflichtet wird, der kein Student ist und dieBefhigung fr den gehobenen Verwaltungsdienst habenmuss.

    Relative SatzungshohheitDie Satzung muss vom Rektorat genehmigt werden. Manwill also keine berraschungen erleben. Eine rechtlicheKlausel, die angesichts der sonstigen Bestimmungen desGesetzes obsolet wirkt; denn es gibt eine Rechtsaufsichtdurch das Wissenschaftsministerium, und jede Satzungist nach den Kriterien der Rahmengesetze von jedem Mit-glied der Krperschaft, also jedem Studenten anfechtbar.

    Das Rektorat fhrt die Prfung also hchstens als verln-gerter Arm der Landesregierung aus. Kann so jedoch denKonstituierungsprozess blockieren. Letztlich wird abernur hervorgehoben, wer Herr im Hause sein soll.

    Kein allgemeinpolitisches Mandat:Die Bestimmung des politischen Mandats weckt Kritikerhben wie drben. Die einen befrchten, dass ein wieauch immer definiertes Mandat das Persnlichkeitsrechteinzelner Zwangsmitglieder, also der Studenten beein-trchtige, die nicht am Meinungsbildungsprozess der VSteilnehmen. Die eigentlichen Befrworter eines Mandatskritisieren am Gesetz zur VS, dass es auf hochschulpoli-

    tische Fragen beschrnkt, also nicht allgemein sei. Sie se-hen darin ein Einfalltor fr Klagen gegen die VS, sobaldsie sich zu Themen uere, deren Relevanz hochschulpo-litisch und allgemeinpolitisch sei; befrchtet wird, dassdurch politisch motivierte Klagen die Arbeit der VS ge-lhmt werden knne.

    DoppelstrukturenViele der Aufgaben, denen die VS sich widmen mchte(Bafg-Beratung u..), wurden in der Zeit ihrer dauerli-chen Abstinenz vom Studentenwerk bernommen. Hiermuss verhandelt werden, was die VS bernimmt oder

    nicht. Doppelstrukturen bedeuten meist doppelte Kosten,was zu vermeiden ist. Die Herausforderung lautet: Mitein-ander sprechen eh kloa.

    Zur Wiedereinfhrung

    Die VS darf sich in einen Studierendenrat (StuRa) oder in einStudierendenparlament (StuPa) figurieren. StuRa oder StuPa bil-den ein Legislativorgan und bestimmen ein Exekutivorgan (sieheGrafiken auf S. 8). Ihre Aufgaben bestehen in hochschulpoliti-schem Engagement, in der Schaffung von sozialen, kulturellenServiceangeboten fr die Studenten (mehr dazu siehe: Aufgabender VS).

    Gesetz zur Einfhrung der Verfassten Studierendenschaft Probleme

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    Das StuPa-Modell

    Allgemeiner Studentenausschuss (AStA)

    Vorsitz/ Vorstand Finanzreferenten Fachreferenten

    whlt

    Studentenparlament (StuPa)

    whlen

    Studenten

    Das StuRa-Modell

    Vorsitz/ Vorstand Finanzreferenten Fachreferenten

    whlt

    zentraler Studentenrat

    entsendet Delegierte

    Studentenrat einer Fakultt A, B, C ...

    whlen

    Studenten

    StuPa: Ein Modell, das vor allem in den westlichenBundeslndern Praxis ist. Von allen Studenten wirdein Parlament gewhlt. Jeder hat das aktive und daspassive Wahlrecht. Die Gre des Parlaments wirdvon der Satzung festgelegt. Die Parlamentsmitglie-der wiederum whlen Finanz- und Fachreferenten(siehe Aufgaben der VS) sowie einen Vorstand. Re-

    ferenten und der Vorstand bilden den AllgemeinenStudentenausschuss (AstA), das Exekutivorgan.

    StuRa: Wird besonders in st lichen Bundeslndernumgesetzt. Die Studenten whlen in ihren Institu-ten/Fakultten jeweils einen Fach-/Fakulttsrat.Jeder hat das aktive und das passive Wahlrecht.Dieser Rat entsendet Delegierte in den zentralenStudentenrat. Dessen Gre wird durch die Sat-zung festgelegt. Der zentrale Studentenrat whltFinanz- und Fachreferenten (siehe Aufgaben derVS) sowie einen Vorstand. Zentraler Rat, Referen-

    ten und Vorstand bilden den StuRa. Legislativ- undExekutivorgan sind hier nicht getrennt.

    Modelle einer VS

    Initiativen zu VS-Satzungen mssen sich an Vorgaben halten, die der Tradition der VS in anderen Bun-deslndern entstammen und besonders bestimmte Reprsentationsverhltnisse empfehlen.

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    D ie Studentenvertretung (nach welchem Mo-dell auch immer) wird zu einer eigenstndi-gen, rechtsfhigen Krperschaft innerhalbder Universitt, kann also bspw. selbst Vertrge ab-schlieen (z.B. ntig fr eigenstndige Verhandlun-gen ber Semestertickets). Die VS hat ein politischesMandat, darf sich also stellvertretend fr die Studen-

    ten zu hochschul- und bildungspolitischen Themenuern (nicht jedoch zu allgemeinpolitischen). Sieorganisiert fr die Studenten Servicestellen (bzgl.

    J eder Student darf einen Satzungsentwurf imDezernat 1, Universittsverwaltung (d.i. dasRektorat) einreichen.StuRa: Die Initiative der FSK zusammen mit der

    Grnen Hochschulgruppe hat bisher das grte En-gagement zur ffentlichkeitsarbeit gezeigt und umeine breite Untersttzung bei den Fachschaften ge-worben. Sie wollen ein StuRa-Modell, das bestehen-de Strukturen studentischer Selbstorganisation be-rcksichtigt. Das heit, die Rolle der Fachschaften,die bisher die FSK gebildet haben, bleibt wichtig.Sie entsenden Vertreter in den StuRa. Daraus kon-stituiert sich die Hlfte des Rats. Die andere Hlftewird aus (politischen) Listen gebildet, die sich allenStudenten zur Wahl stellen (wie AstA-Wahl). DerStuRa whlt Referenten und einen Vorsitzendenund entscheidet ber die Verwendung finanziellerMittel. Auerdem soll es vom StuRa unabhngigeReferate geben (fr behindertengerechtes Studie-ren bspw.), die von den betroffenen Studenten ge-

    whlt werden. Die StuRa-Referate, der StuRa-Vorsitzende unddie unabhngigen Referate stellen die Referate-Konferenz (oderAstA), die das Exekutivorgan bildet (siehe Grafik).

    StuPa: Jusos, die Liberale Hochschulgruppe, Ring Christlich-

    Demokratischer Studenten, Linke.SDS und die Fachschaft Jurafavorisieren ein parlamentarisches Modell, ergnzt um eine FSK.Letztere soll jedoch gegenber dem Parlament ein geringeresGewicht haben. Die FSK wird durch die Fachschaftsrte gestellt.Die Besetzung des Parlament geschieht durch eine allgemeineWahl. FSK und StuPa bestimmen Referate (etwa Finanzreferatund andere Sachreferate). Ein eigenes Exekutivorgan soll nichteingerichtet werden, sondern wre im StuPa identisch mit demLegislativorgan. Es soll die Mglichkeit zu Studentenvollver-sammlungen geben.

    Sowohl in der FSK des parlamentarischen Modells als auch inder Hlfte des StuRas, die durch Fachrte besetzt wird, ist einegestaffelt proportionale Stimmenverteilung anhand der Zahl derin ein Fach immatrikulierten Studenten vorgesehen (etwa so: bis500 Studenten = 2 Sitze, 500-1500 Studenten = 3 Sitze, mehr als1500 Studenten = 4 Sitze).

    Alle Satzungsvorschlge sind einsehbar unter:http://vsuni.liquid.fsk.uni-heidelberg.de

    sozialer, rechtlicher, finanzieller Belange), betreibt ffentlich-keitsarbeit fr ihre Themen, organisiert kulturelle Veranstaltun-gen. Fr ihre Arbeit kann die VS einen Semesterbeitrag von allenStudenten verlangen (in der BRD im Schnitt 10 Euro). Sie besitztdie Finanzhoheit, kann also selbst bestimmen, was mit den Mit-teln geschieht. Das baden-wrttembergische Gesetz gibt jedoch(neben der blichen Rechenschaftspflicht) vor, dass ein unabhn-

    giger Buchhalter als Haushaltsbeauftragter angestellt wird, umdas Finanzgebaren der VS zu kontrollieren. (Siehe auch Gesetzes-text auf der letzten Seite.)

    Das StuRa-Modell der FSK und der Grnen Hochschulgruppe

    Studentenrat einer Fakultt A, B, C ...

    Studenten eines Fachs Studenten

    whlen

    whlen

    (politische) Listen

    entsendet Delegierte

    entsenden Delegierte

    zentraler Studentenrat

    VorsitzReferate

    Referate-Konferenz

    = Exekutivorgan

    Unabhngige Referate

    betroffene Studenten

    whlen

    bestimmt

    bestimmt

    kontrolliert

    stellen stellen

    Aufgaben der VS

    Initiativen

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    B eiden Initiativen ist das Problem der Mobi-lisierung, also viele Studenten zur Teilnah-me zu motivieren, gemein. Das macht sicheinerseits bemerkbar in geringer Wahlbeteiligung,

    worunter die Schlagkraft in Verhandlungen mit derUniverwaltung leidet. Andererseits sind die Fach-schaften schwach besetzt. Vielen wird nicht zuge-traut, berhaupt Personal zur Besetzung des Fachratsund schlielich der Fachschaftskonferenz zu stellen.Pragmatische Konsequenz ist, den Fachschaften nurentsprechend der durch sie reprsentierten Zahl vonStudenten Teilnahme an der FSK zu gewhren. Klei-nen Fachschaften wird empfohlen, sich mit anderenzusammenzuschlieen.

    Ob aus den Initiativen eine tatschliche Autorittder Studenten zur Gestaltung ihrer Universitt er-

    wchst, ist nicht entschieden, wenn sich zum kom-menden Wintersemester ein StuRa oder StuPa ge-bildet hat, wenn also in den Fakultten Fachrteund allgemein irgendwelche politischen Listen ge-whlt wurden.

    Ausschlaggebend wird das Engagement aller Stu-denten sein. Das Rektorat hat sich bis zum Novem-ber letzten Jahres, also bis zum Aufruf, Satzungs-vorschlge einzureichen, geweigert, alle Studenten,etwa per Rundmail, ber die Einfhrung der VS zuinformieren, geschweige denn zur Mitarbeit auf-zurufen. Ein umfassendes Engagement seitens derStudenten ist anscheinend nicht erwnscht.

    Entsprechend wird es ein Kampf werden, auchmehr Gewicht in den wichtigen Gremien der Uni-versittsverwaltung, besonders im Senat, zu errei-chen. In der Entscheidung darber ist die Unilei-tung unabhngig, das Landeshochschulgesetz wirdan dieser Stelle nicht gendert. Rektor Eitel feiertesich whrend der Podiumsdiskussion mit Wissen-schaftsministerin Theresia Bauer und Ministerpr-sident Winfried Kretschmann (27.12.2012) fr dieEinsicht, dass bis dato gepflegte Anbiederungenan Managementideologien und konomisierungs-phantasien einer Universitt nicht entsprechen kn-

    nen. Dennoch wird er mit groem Eifer die Mitglied-schaft von Wirtschaftsvertretern im Universittsratverteidigen (siehe S. 3).

    Angesichts dieses Zynismus (was die ffentlich-keit kritisiert, benennt man einfach um sagt stattkonomisierung nun Innovation) ist die Begegnungauf Augenhhe den Studenten nur mglich, wennsie eines strker ausnutzt: ihre Anzahl. Leider istdie Resonanz auf die neue VS unter uns Studentengering gewesen. Jene, die sich schon bisher in der

    FS K engagiert haben, bleiben mit ihrer Satzungsinitiative allein.Ob sie deswegen nur alten Wein in neue Schluche gieen, hngtdavon ab, ob der Kreis der Interessierten grer wird. Ansonstendroht die Konkurrenz etablierter Klientele: Auf der einen Seite

    die bisher schon gremien-aktiven Fachschaftler, auf der ande-ren die politischen Hochschulgruppler (was durch die FachschaftJura wohl nicht relativiert wird Statistik, nicht Polemik). Ent-sprechend ihrer spezifischen Gruppendynamiken wird die zu-knftige studentische Demokratie aussehen, nmlich eher znf-tig.

    Nebenbei: liquid democrazysiehe wiki.piratenpartei.de/Liquid_Democracy

    beschreibt letztlich den Versuch, ein alternatives Kommunika-tionsmodell zu den verkncherten Strukturen der Parteiendemo-kratie zu etablieren. Erlaubt sei die Frage, ob das in einem Sys-tem, das nicht durch Parteien geprgt ist, Not tut also bspw. ineiner Universitt. Ist das Angestrebte dann nicht stinknormaleKommunikation in einem dem Interessenwandel ausgesetztenBereich menschlichen Zusammenlebens?

    Auf vsuni.liquid.fsk.uni-heidelberg.de stellen die Initiativenihre VS-Satzungsvorschlge vor und sie begreifen diese Platt-form als Ausdruck einer liquid democrazy. Wobei jedoch derGroteil der Diskussion in persnlichen Gesprchen zwischenMenschen stattfindet, die ein gleiches Modell vertreten wollen.Man knnte sie Parteien nennen oder Interessengruppen jenseitsvon Gut und Bse, ohne die Notwendigkeit, ihre Ttigkeit odergar die der Studentenschaft insgesamt in irgendeine Worthlsezu gieen und der ihr entflieenden Kommunikationsformen-trunkenheit auszuliefern.

    Nun kann man den Initianten nicht vorwerfen, dass die Dis-kussion nicht mehr Teilnehmer hat jeder kann sich doch aufder Plattform einbringen. Aber war die Mobilisierung fr The-men, die nicht den Geldbeutel betreffen, jemals ohne Arschtritte

    oder lapidar gesagt: ohne Informationskampagnen mglich?Liquid-Plattformen, Facebook oder sonstige online-Netzwerk-Stammtische/-Laufstege eignen sich jedoch nicht zur Motivie-rung sie verbinden nur ohnehin Motivierte. Der Feind einer kre-

    ativen Gestaltung der Universitt ist die Lethargie, sie hlt dieStudenten von den Informationsveranstaltungen fern. Und lsstdie Engagierten sich in Parteien zurckziehen. Die Angst vormAbgehngtwerden, die so viele in Leistungsstress versetzt, zumissachten, also gesellschaftliche Verantwortung vorauszuset-zen, wo curriculare Klaustrophobie herrscht, heit in die demo-kratische Liquidittsfalle tappen.

    Wir hoffen, dass die zuknftige VS sich durch den Willen zueiner offenen Streitkultur und durch eine verantwortungsbe-wusste Informationspolitik auszeichnen wird.

    Kommentar

    von Leonard Keidel

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    Vom Collegium Academicum zum CarolinumWie aus einem studentischen Freiraum die Universittsverwaltung wurde

    I n der Heidelberger Altstadt haben viele Gebude einelange und faszinierende Geschichte zu erzhlen. Sowar das Haus der Zentralen Universittsverwaltung,wo sich der Student heute mit Formularen und Fristen he-rumschlagen muss, lange Jahre der zentrale Ort des stu-dentischen Lebens: Hier wohnten, diskutierten, musizier-ten Generationen von Studenten; hier spielten sie Theater,

    planten ihre politischen Aktionen bis sie mit Gewalt ausdem Collegium Academicum vertrieben wurden. MichaelBuselmeier beschreibt die Jahre des Umbruchs in Der Un-tergang von Heidelberg mit folgenden Worten:

    Die liberalen Freirume vor allem in der Universitt, dieuns 1968 beinahe kampflos zugefallen waren, wurden nunZug um Zug unter Knppelschlgen und Drohungen wie-der kassiert. Strafprozesse und Rckzugsgefechte. Warenviele Studenten der Revolte von 68 noch psychisch eini-germaen stabil und wissenschaftlich umfassend ausge-bildet, also befhigt, in finsteren Zeiten fr sich produktivzu bleiben, so hatten die Nachfolgenden kaum etwas mit-

    gebracht oder im Lauf ihres Studiums sich angeeignet, amSchreibtisch erarbeitet, worauf sie sich htten beziehenknnen: einen sozialistischen Standpunkt; Bildungsbesitzund daran geknpfte Sinn- und Wahrheitsfragen; Poesie.

    Zur Geschichte des GebudesSeminarstrae 2Selbstbestimmung und Fremdverwaltung sind und blei-ben krasse Gegenstze. Es erscheint daher nur konse-quent, um das eine verschwinden zu machen, es durch dasandere zu ersetzen. So geschehen im Fall des Collegium

    Academicum in der Seminarstrae 2, unweit der Univer-sittsbibliothek. In dem Gebude des jesuitischen Semi-narium Carolinum (erbaut um 1750) sitzt seit dem Jahr1980 die Zentrale Universittsverwaltung. Der Schrif tzugCarolinum, erst 1998 ber dem Eingang angebracht, solldie Erinnerung an das Collegium Academicum endgltigberschreiben. Auch die Homepage der Universitt bri-gens verliert zur langen Geschichte des Collegium keinWort.

    Dabei lohnt es sich, in Erinnerung zu rufen, wie ge-schichtstrchtig diese Mauern sind. Zuerst diente dasGebude den Jesuiten als Lehr- und Wohnhaus fr ihre

    Studenten, bis Lazaristen dort einzogen. Spter als katho-lisches Gymnasium sowie als Wohnhaus fr HeidelbergerProfessoren, ehe dort im Jahr 1826 eine Irrenanstalt ein-gerichtet wurde. Sechzehn Jahre spter begann man, das

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    Gebude als Teil des Universittsklinikums zu nut-zen. Ab 1881 schlielich gingen Soldaten in der dorteingerichten Kaserne und dem Kreiswehrersatzamtein und aus.

    Das erste deutsche College

    Nach dem Zweiten Weltkrieg aber, die Wohnungs-not fr die Studenten ist gro, stellen die US-Ameri-kaner das barocke Gebude der Universitt Heidel-berg zur Verfgung fr ein politisches Experimentmit bis zu 200 Studenten. Die Geschichte des ers-ten deutschen Colleges nimmt seinen Anfang: ImCollegium Academicum sollen die jungen Mnner,zum groen Teil ehemalige Soldaten, Demokratiekennenlernen und selbst praktizieren.

    Die Universitten, eifrig dabei, sich zu erneuernund angesichts der Trmmer, die das Dritte Reich

    auch an den Hochschulen hinterlassen hatte, stim-men dem amerikanischen Angebot gerne zu. DemEntnazifizierungswillen und dem Enthusiasmusdes Jahres 1945 attestiert der Heidelberger Profes-sor Karl Jaspers freilich schon ein Jahr spter einendeutlichen Abbruch. Zwar diskutiert der Philosophmit Studenten noch in einer Veranstaltung des Col-legium Academicum Zur Idee der deutschen Uni-versitt, verlsst aber wenig spter, vom nachlas-senden Aufarbeitungswillen enttuscht, Heidelbergin Richtung Schweiz.

    Der erste Leiter des Collegium, Joachim G.Boeckh, setzt sich dennoch, und als einer der we-nigen, engagiert fr eine Politische Gewissenser-forschung ein. Er benennt das Problem mit klarenWorten: Welch ein unheimliches und gespensti-sches Spiel, wie jeder sich freizusprechen versucht;dabei verrt ihn seine Sprache, einerlei, ob er Par-teigenosse war oder nicht. Und er fordert: Auchunsere Sprache mu wieder wahr werden. Wir wol-len nicht mehr sagen: wie hat man uns getuscht!Sondern: wie haben wir uns tuschen lassen! Nureigene Aufrichtigkeit und Klarheit, z.B. hinsichtlichder zentralen Begriffe Demokratie und Sozialis-mus knnten helfen, den Faschimus endgltig zu

    berwinden: Wir wollen unsere Gedanken in Ord-nung bringen.

    Die studentische Selbstverwaltung luft dabeinicht ohne Widersprche ab, denn natrlich sindauch die Bewohner des Collegium Academicumdurch den Nationalsozialismus geprgt, viele hat-ten im Krieg fr das Dritte Reich gekmpft. Boeckhbringt das Paradoxe am Konzept von Erziehung zurFreiheit in der Formel auf den Punkt: Fhrung zurSelbsterziehung und Selbstverwaltung. Das Ver-hltnis von Selbstbestimmung und Anleitung bleibtdabei auch in der Praxis stets problematisch. Die

    weiteren Ziele des Hauses sind Anleitung zur rich-tigen Arbeit, die Hilfe, damit die Kollegiaten einrichtiges Verhltnis zur Wissenschaft bekommen

    und die Schaffung von Mglichkeiten, mit der deutschen undeuropischen berlieferung bekannt zu werden.

    Hier wird das Ideal einer kritischen Studentenschaft formuliert.Das gemeinsame Wohnen und Aushandeln der Interessen wirdzum Muster der neu aufzubauenden Demokratie in Deutschland.Die gnstige Unterbringung in den anfangs sehr spar tanisch ein-gerichten Zimmern und der rege Austausch ber die Fachgren-

    zen hinweg sollen es ermglichen, ein Studium zu betreiben, daszu Mndigkeit und kritischer Reflexion verhilft freilich aberauch zu einer fhrenden Funktion innerhalb der Gesellschaft. Esentsteht ein Freiraum fr selbstorganisierte studentische Veran-staltungen wie Lesungen und Diskussionen, Arbeitskreise undVortragsreihen, und fr Debatten ber von der Universittsobrig-keit ungern gesehene Themen wie das Dritte Reich.

    Die Selbstverwaltung des Hauses ist konzeptuell eine Misch-form von direkter und reprsentativer Demokratie. Eine auchmit Bewohnern besetzte Aufnahmekommission entscheidet berNeuaufnahmen. Der Konvent des Collegium Academicum stellteine Vollversammlung der Kollegiaten dar, das hchste Organ

    der Willensbildung. Mit der Wahl einer eigenen Regierung undanderer Vertreter ben sie direkte Demokratie aus mit der Kon-sequenz, dass die Studenten immer weniger Selbstbestimmungabgeben wollen. Der Leiter Boeckh hat zunehmend weniger zuleiten und legt im Jahr 1949 die Fhrung ganz nieder.

    Das Studium Generale beginnt sich zu etablieren in Form vonOffiziellen Abendveranstaltungen (Vortrge von Hochschul-lehrern, Politikern oder Knstlern), Offenen Abenden (Eigen-initiativen der Kollegiaten), Politischen Wochenberichten (Dis-kussionsbungen) und Arbeitsgemeinschaften, es bilden sichpolitische, literarische und philosophische Arbeitsgemeinschaf-ten.

    Die 50er ffnung gegenber der Universitt

    Walther Peter Fuchs schreibt im Jahr 1950 zum Ziel des Colle-gium Academicum: Erziehung der Kollegiaten zur Selbstver-waltung. Die Erziehungsaufgabe der Universitt darf sich heutenicht im Wissenschaftlichen allein erschpfen. Unsere deutscheSituation verlangt eine ganz spezifische politische Erziehung derStudenten: zur Demokratie. Und auch Friedrich Schwarz weistdem Collegium eine gesamtgesellschaftliche Bedeutung zu. Erfragt im Bericht zum Jahr 1952: Wre es nicht unsere Aufgabe,nachdem wir uns bisher fast ausschlielich mit unseren internen

    Problemen beschftigt haben, nunmehr in das Gesamte der Uni-versitt hineinzuwirken?

    In den Fnziger Jahren hat sich das Konzept der Selbstverwal-tung eingespielt. Hellmuth Daul warnt bereits 1955: Zwar sei eswichtig, die Spielregeln parlamentarischer Demokratie durch-zuprobieren, es bestnde aber die Gefahr, den Spielcharakterzu vergessen, das spielerische Engagement zu tierischem Ernstzu steigern und so einen Zweck zu setzen, wo gar keiner ist: ichmeine den Selbstzweck des Apparats. Die Kollegiaten erwei-tern so langsam ihre Einflusssphre auf die Belange der gesam-ten Universitt und auf allgemeine gesellschaft liche Fragen. Dieantifaschistische Herkunft tritt dabei mehr und mehr in den Hin-

    tergrund.Im Jahr 1957 schreibt das Statut des Collegium in dieser Kon-sequenz das Ziel fest, dem Studenten zu helfen, sich zu einem

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    weltoffenen, selbststndig denkenden und verantwortlich han-delnden Menschen zu bilden. Als neue Mitte des CollegiumAcademicum wird nun der Kontakt zur Deutschen Demokra-tischen Republik gesucht, was zu einem regen Austausch undeiner intensiven Marxrezeption fhrt bis der Kontakt nach demMauerbau im Jahr 1961 abbricht.

    Die 60er Ostkontakte, 1968, Politisierung

    Im Jahr 1960 schreibt Manfred Kamper ber die Ostkontakte:Wir wollen eine nderung erreichen in der Art, wie die Stu-denten der mitteldeuschen Hochschule sich mit dem Marxismusidentifizieren. [] Whrend der ruhigen und ohne Ausflle in bil-lige Agitation gefhrten Auseinandersetzung war zu beobach-ten, dass unsere Gste, der Agitationsformeln entblt, gezwun-gen wurden, ber ihre Grundlagen zu reflektieren und neu ihrNachdenken zu formulieren.

    berhaupt sucht das Collegium Academicum mehr und mehr

    die ffentlichkeit. An der Zeitschrift forum academicum arbei-ten vor allem Kollegiaten mit, ebenso sind sie stark in der studen-

    tischen Selbstverwaltung, im AStA, vertreten. Nichtnur bei der Auseinandersetzung mit den Heidelber-ger Burschenschaften haben Kollegiaten eine lei-tende Funktion innerhalb der Studentenschaft inne.Das Image des Collegium Academicum als linkesZentrum nimmt von diesen Entwicklungen seinenAusgang.

    Das hauseigene Theater im Gewlbe wird der-weil zu einer der besten deutschen Studentenbh-nen. Auch auf Gastspielreisen etabliert es sich alsavantgardistisches Theater mit Stcken wie Sart-res Tote ohne Begrbnis oder Ionescos Der neueMieter. Dieter Henrich, Leiter des Collegium Aca-demicum, schreibt schon 1956 ber das Theater imGewlbe: ber den weiten Hof im offenen Ge-viert des barocken Gebudes, durch eine Tre untervielen in einem hallenden Flur, eine steile Keller-treppe hinab fhrt der Weg zur Studiobhne desCollegium Academicum. [] Hier soll, fr Darsteller

    und Zuschauer in gleicher Weise, die Wirklichkeitunserer Welt im Spiele sichtbar werden. Der Blicksoll sich ffnen fr die groen Realitten des Le-bens, die in der bequemen Alltglichkeit auch desStudierens verstellt und vergessen sind.

    In den Sechziger Jahren beginnt die Universi-tt, verstrkt nach dem Gebude zu schielen. ErsteVerlegungsdiskussionen um das Collegium Acade-micum beginnen. In seiner Rede zum 20jhrigenBestehen (1965) fordert Friedrich Weber neues En-gagement: Das etwas matt gewordene Interesseder Universitt wird sich nur dann wieder beleben,wenn Sie selbst zu diesem Hause und seinen Mg-lichkeiten stehen und etwas Besonderes aus ihmmachen, das wieder die Aufmerksamkeit auf sichzieht. Nur wer sich selbst engagiert, kann erwarten,dass andere sich fr ihn engagieren. In dieser Kon-sequenz bilden die Kollegiaten im gleichen Jahrden Arbeitskreis fr Hochschulfragen.

    Wrenddessen beginnt im Collegium, von derUniversitt Heidelberg kaum untersttzt, ein leben-diger Austausch mit der Prager Universitt, der bisins Jahr 1968, dem Prager Frhling, anhlt und erstdurch die in Osteuropa zunehmenden Repressionenund die Zuspitzung der Studentenunruhen in Hei-

    delberg endet. Im Jahr 1964 heit es dazu im Berichtvon Hans-Peter Lemmel: Hier in Prag kamen echteDiskussionen zustande, in erstaunlicher Offenheitund Breite, ohne Wiederholungen bekannter Pro-pagandareden. berall sprten wir ein ernsthaftesund ehrliches Bemhen, nach den Jahren der Iso-lierung und des Dogmatimus des Persnlichkeits-kultes wieder ein wirkliches Gesprch untereinan-der und mit anderen, also auch mit dem Westen, zufhren.

    Das Collegium Academicum war bei den 1968ausbrechenden Studentenprotesten keineswegs die

    treibende Kraft. Erst nach mehreren Polizeiaktio-nen (Anfang 1969 strmt die Polizei z.B. den AStAund verhaftet 12 Studenten, darunter vier Kollegi-aten), politisiert sich das Collegium auf Betreibeneinzelner Kollegiaten hin: Das CA hat nur eineUAH, FB 50

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    Existenzberechtigung, wenn es aktiv am Kampfder engagierten Studentenschaft teilnimmt, heites auf einem Flugblatt. Man it, liebt und schlftim Haus, wenns hoch kommt, beteiligt man sichnoch an formalen Debatten der hauseigenen Spiel-zeugdemokratie. Der Gedanke aber, eine Demo-

    kratie auch fr die Uni zu erkmpfen oder den Wis-senschaftsbetrieb kritisch zu gestalten, liegt derMehrheit der Hausbewohner fern. Das CA mussein Zentrum der Kritischen Studierendenschaftwerden!!

    Der Bericht des Jahres 1970 reflektiert die ange-stoenen Vernderungen: erhhte Bereitschaft,sich zu bilden und zu informieren, sowie zur Kr itikan bestehenden Mistnden beizutragen; sie be-zieht sich auch nicht so sehr auf die Meinung, ge-sellschaftspolitische Avantgarde der Universitt zusein, sondern vielmehr auf den Horizont, in dem sol-che Aktivitt und Kritik sich entfaltet.

    Die Folge sind innere Reformen des Collegium,die der Spannung zwischen der Einbindung in dieStudentenbewegung und dem Beharren auf Auto-nomie und Sonderstellung des Hauses Rechnung zutragen versuchen. Es steht nun das Training eineskritischen sozialen und politischen Bewusstseinsund nicht mehr die individuelle Persnlichkeitsbil-dung im Vordergrund (H.P. Vosberg). Im Jahr 1971ist das Ziel, ein kritisches Bewusstsein von Wis-senschaft und Gesellschaft erarbeiten und wirksamzu machen, schlielich im Statut verankert.

    Auch fordert bereits im Jahr 1969 ein Flugblatt

    die sofortige offizielle Zulassung von Frauen als Be-wohnerinnen des Collegium: Diese Initiative hatder CA-Leiter Adelmann brokratisch abgewrgt,indem er vor dem Aufnahmetermin diesen Md-chen hflich mitteilte, da das CA ein Wohnheimfr penisbegabte ist. Sptestens zu Anfang desnchsten Semesters wird eine neue Satzung, in derexplizit die Aufnahme von Mdchen gesichert ist,verabschiedet. Adelmann aber, und einige ihm h-rige legalistische Scheier glauben, eine fortschritt-liche Lsung noch 1 Semester verhindern zu kn-nen. Jedoch die Praxis hat lngst die puritanische

    Geschlechtertrennung abgeschafft. Schon langewohnen dauerhaft Frauen im CA. Die viktoriani-sche Moral der Adelmnner ist lngst massenhaftund erfolgreich durchbrochen.

    Die 70er Zuspitzung der Konflikte

    Das Haus ffnet sich zunehmend fr studentische Gruppen, dieverschiedensten Arbeitskreise und Veranstaltungen machen dasCollegium Academicum zum Zentrum des studentischen Aus-tausches. Die Arbeit des Collegium, es sympathisiert offen mit

    dem Sozialismus, wird zunehmend schwieriger. Schon 1972 wirdeine Vorlesung des Studium Generale zum Thema Geschichteder deutschen Arbeiterbewegung vom CDU-gefhren Kultus-ministerium verboten. 1973 will die Universitt zwei Arbeitskrei-se ber Drogen und Homosexualitt untersagen. Der Jahresbe-richt spricht von einem Akt der Zensur.

    Im Jahr 1974 sorgt die nchtliche Festnahme von Hilmi Kara-boran fr groes Aufsehen. Die Zeitung Asta-Info vom 27. No-vember beschreibt die Polizeiaktion: Gestern morgen, um 6.00Uhr, brachen etwa 20 abenteuerlich verkleidete Gestalten ins CAein. Spter stellten sie sich a ls Zivilpolizisten heraus. Sie brachendie Eingangstr auf und strmten zielbewut das Zimmer einestrkischen Doktoranden. Ohne diesem Gelegenheit zu geben,sich anzukleiden, schleiften sie ihn nur mit Hemd und Unter-wsche bekleidet nach unten und verfrachteten ihn sofort inein Auto. Daraufhin besetzten etwa 100 uniformierte Polizisten

    teilweise mit Maschinenpistolen bewaffnet das CA. Der Zim-merinhalt des verhafteten Trken wurde wahllos in Plastiksckegestopft, und wie sich herausstellte, spter auf der Polizeiwacheauf einen Haufen geleert.

    Ein Flugblatt der Kollegiaten wehrt sich im Dezember gegen diePolizeimanahmen: Der systematische Ausbau von Notstands-praktiken des Staatsapparats wird mehr oder weniger dankbarvon der Presse begrt, die Bedrohungen der freiheitlich-demo-kratischen Grundordnung durch anarchistische Gewaltverbre-

    cher wird als bewiesenes Faktum hingestellt und weiter aufge-bauscht. Die Presse deckt damit das Vorgehen der Polizei undJustiz voll ab. Unsere Proteste fallen als ohnmchtiges Gepiepseuntern Tisch. Gleichzeitig wird damit auch fr die Zukunft derWeg geebnet, unter dem Schlagwort Baader-Meinhof verstrktmit Polizeistaatmethoden gegen Linke vorzugehen.

    Die Lage fr das Collegium spitzt sich zu. Ab 1975 steht derKampf um den Erhalt des Collegium zunehmend im Vordergrund,der Versuch, das Haus trotz der Drohung seiner Schlieung le-bendig zu erhalten. Die Auseinandersetzung um das CollegiumAcademicum steht dabei aber auch in Zusammenhang mit demProtest gegen die rasante Kommerzialisierung der Altstadt in

    den 70er Jahren, der Vertreibung alteingesessener Bewohner zu-gunsten von Spekulationsobjekten und Kaufhusern. Kollegiatenengagieren sich zum Beispiel aber auch bei den Protesten gegenden Bau eines Atomkraftwerkes in Wyhl.

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    Rektor Niederlnder gibt politische Motive fr die Umwid-mung des Collegium-Gebudes zur Verwaltung nie zu, sprichtlieber von konomischen und technischen Grnden. Er will zudiesem Zeitpunkt schon seit Jahren das Collegium auflsen unddas reprsentive Gebude dem akademischen Betrieb einverlei-ben. Im Jahr 1975 bringt er den Beschluss zur Auflsung des Col-legium Academicum schlielich durch die Gremien. Alle juristi-sche Beschwerden der Studenten gegen die drohende Schlieungbleiben ohne Erfolg.

    Das Image des Collegium als linksradikale Keimzelle hattesich nach dem Anschlag der Roten Armee Fraktion in Heidelberg(1972) bereits verfestigt. In dieser Stimmungslage fllt es den Be-hrden leicht, gegen eine vermeintliche Brutsttte des Terrorsvorzugehen. Im Februar argumentieren die Kollegiaten: Poli-tisch unbequem ist das CA der Universitt aber nur, weil die CA-ler nicht isoliert nebeneinander wohnen, sondern Studium, Woh-nen und die Diskussion ber Inhalt und Zweck der Ausbildungverbinden. Dies pat offensichtlich nicht mehr in eine formierteUniversitt, die Akademiker hervorbringt, die nicht nach demZweck und den Auswirkungen ihrer Wissenschaft fragen.

    Verzweifelt versuchen die Studenten, gegen die Schlieung an-

    zugehen. 18 Kollegiaten treten im Oktober 1976 fr mehrere Tagein den Hungerstreik. Aber auch Demonstrationen und ein groesFest am 1. Mai 1977 knnen die Rumung des zunehmend reno-vierungsbedrftigen Hauses am 6. Mrz 1978 nicht verhindern.

    Die Studierendenvertretungen in Baden-Wrttem-berg sind da bereits ein Jahr abgeschafft, das Endedes Studium Generale wird eingeleitet.

    Die Rhein-Neckar-Zeitung jubiliert am Tag nachder Rumung: Am Montag morgen war es gegen6 Uhr soweit: Einsatzkrfte des Sonder-Einsatzkom-mandos (SEK), eine baden-wrttembergische Spe-zialtruppe der Polizei, drang in das CA durch diehinteren Tren ein, eine Hundertschaft der uni-

    formierten Landespolizei folgte. Da die Polizei sichzwischen den Hausbesetzern im Erd- und im zwei-ten Obergescho befand, kam es zu einer schnellenRumung die etwa 200 Personen, die das Haus be-setzt hielten, zogen ab und versammelten sich zu-nchst im Hof. Weitere vier Hundertschaften derPolizei, die aus Tbingen, Gppingen, Stuttgartund Freiburg sowie Mannheim zusammengezogenwaren, sicherten das umliegende Gebiet und riegel-ten es ab. So war spontanen Reaktionen der ehema-ligen CA-Bewohner von vornherein ein Riegel vor-geschoben. Schon im Hof formierten sie sich und

    zogen im engen Block durch die Seminarstrae lie-dersingend ab.

    Rumung des Collegium Academicum am 6. Mrz 1978.

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    Am Montag morgen war es gegen 6 Uhr soweit: Einsatzkrfte des Sonder-Ein-satzkommandos (SEK), eine baden-wrttembergische Spezialtruppe der Polizei,drang in das CA durch die hinteren Tren ein, eine Hundertschaft der uniformi-erten Landespolizei folgte. Da die Polizei sich zwischen den Hausbesetzernim Erd- und im zweiten Obergescho befand, kam es zu einer schnellen Ru-mung die etwa 200 Personen, die das Haus besetzt hielten, zogen ab undversammelten sich zunchst im Hof. Weitere vier Hundertschaften der Polizei,

    die aus Tbingen, Gppingen, Stuttgart und Freiburg sowie Mannheim zusam-mengezogen waren, sicherten das umliegende Gebiet und riegelten es ab. Sowar spontanen Reaktionen der ehemaligen CA-Bewohner von vornherein einRiegel vorgeschoben. Schon im Hof formierten sie sich und zogen im engenBlock durch die Seminarstrae liedersingend ab. (Rhein-Neckar-Zeitung)

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    Neue Freirume?

    Zu hoffen bleibt, dass die studentischen Freirume, diesich mit Einfhrung einer Verfassten Studierendenschaftwieder auszudehnen scheinen, auch bald dazu fhren,dass nicht nur geistige, sondern auch bauliche Freirumeentstehen, wie whrend des Bildungsstreikes gefordert. Es

    fehlt nach wie vor ein zentrales Gebude in der Altstadt,das von Studenten selbstverwaltet dazu genutzt werdenknnte, eine studentische Kultur der Selbstbestimmungund kritischen Reflexion ungestrt zu entwickeln.

    Im Kleinen gelingt das bereits in dem Nachfolger desCollegium Academicum in der Plck 93, einem Verein zurFrderung des kritischen Forschens und studentischenWohnens. Das Haus mit elf Zimmern bietet, auch durch diegnstigen Mieten, Freirume fr alternative Organisati-onsformen und kritische Wissenschaft und Forschung. Esfhrt die Ziele des Collegium, politisches Engagment undPersnlichkeitsbildung, weiter.

    Im Carolinum dagegen werden seit nunmehr 35 Jah-ren die Studenten verwaltet, ohne dass sie dort oder an-derswo einen Raum htten, sich im Sinne des CollegiumAcademicum zu entwickeln. Man kann nur hoffen, dassauf die aktuelle Studentenschaft nicht zutrifft, was Micha-el Buselmeier in der Untergang von Heidelberg ber dieStudentengeneration nach 1968 schreibt:

    Sie flohen, angeekelt von dem sinnleeren Wissen-schaftsapparat, in die Stallwrme ihrer Wohngemein-schaften und Therapiegruppen. Da sie nie wirklich in-nerlich und subjektiv gewesen waren, wuten sie mit sichnichts anzufangen. Sie dachten an ihre Eltern, denen sie

    nicht hnlich werden wollten, und ahnten doch, da ihnenkaum eine andere Chance blieb.

    von Gregor Babelotzky

    Quellen

    Mitteilungsbltter der Vereinigung Ehemaliger Mitglieder des Collegium

    Academicum der Univer sitt Heidelberg (1945-1978/79).

    Gerd Steffens, Collegium Academicum 1945-1978 Zur Lebensgeschichte

    eines ungeliebten Kindes der Alma mater Heidelbergensis, in: Karin Bu-selmeier u.a. (Hrsg.), Auch eine Geschichte der Universitt Heidelberg

    (Mannheim 1985).

    Michael Buselmeier, Der Untergang von Heidelberg (Frankfurt am Main

    1981).

    Mit Dank fr die freundliche Untersttzung des Universittsarchivs Heidel-

    berg.

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    Natrlich kann geschossen werden.Die RAF in Heidelberg eine fast vergessene Geschichte

    A ltstadtseite des Neckars, die SchlierbacherLandstrae am Morgen des 15. September1981. Bewacht von zwei Sicherheitsfahrzeu-gen fhrt ein gepanzerter Mercedes unter der AltenBrcke zgig den leichten Anstieg hinauf. Die Insas-

    sen der Limousine sind der amerikanische 4-Ster-ne-General Frederik Kroesen und seine Frau. DerWeltkriegsveteran ist Dienstherr ber die 200.000 inDeutschland stationierten amerikanischen Soldaten.Die Ampel am Karlstor schaltet auf Rot, der Wagenkommt zum Stehen. Nun geht alles ganz schnell.Aus dem Dickicht des Heiligenberges abgeschossen,eine pfeilgerade Rauchsule zischend hinter sichherziehend, schlgt das Projektil einer Panzerfaustin die Limousine des Generals ein. Das Geschossverfehlt den Innenraum knapp, schlgt durch dasHeck des Autos und explodiert auf der Strae. Fast

    zeitgleich prasseln Salven aus Maschinenpistolenauf das Auto nieder. Der General reagiert sofort.Whrend die Sicherheitskrfte das Feuer in entge-gengesetzter Richtung erwidern, schreit Kroesen

    seinen Fahrer an, er solle losfahren, sofort! Eine zweite Raketezischt am Wagen vorbei und fliegt in den Neckar. Das Gaspedaldurchgetreten, rast der Mercedes Richtung Schlierbach. Dem Ge-neral gelingt die Flucht, der Beschuss der Terroristen kommt zumErliegen, ihr Plan ist gescheitert.1

    Was surreal anmutet, ist wirklich passiert. In einer Stadt, in derheute asiatische Touristengruppen und LINDA-Initiative dasBild prgen, konspirierten Terroristen in Privatwohnungen undHinterzimmern. Sie planten Attentate und fhrten sie auf bru-talste Weise aus; eine Tatsache, die fr die heutige deutsche Ge-neration unvorstellbar scheint. Der Raketenanschlag auf Frede-rik Kroesen fllt in die sog. Zweite Generation der RA F, die ihreHochphase whrend der 70er-Jahre hatte. Der folgenschwersteZwischenfall in Heidelberg ereignete sich am 24. Mai 1972 imStadtteil Rohrbach. Whrend der Mai Offensive 72 wurden vordem Sttzpunkt der US-Armee zwei Autobomben zur Detonationgebracht. Die US-Soldaten Clyde R. Bonner, Ronald A. Woodward

    und Charles L. Peck wurden bei dem Anschlag gettet, fnf wei-tere wurden verletzt. Insgesamt belief sich die Zahl der Todesop-fer der Offensive auf vier, 54 weitere Menschen wurden verletzt.In Folge dieser Aktionen wird die grte Polizeifahndungsakti-

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    on der Geschichte der Bundesrepublik gestartet, anihr waren mehr als 130.000 Polizisten beteiligt.2Mitden Geschehnissen im Mai 1972 erreichte die RAFeine neue Dimension terroristischer Aktivitt, dieerst durch die Kaltbltigkeit der Geiselnahme vonStockholm bertroffen wurde.

    Terrorismus als Therapie

    Um in Deutschland inhaftiere RAF-Genossen frei-zupressen, strmten sechs RAF-Mitglieder am 24.April 1974 die deutsche Botschaft in Stockholm. Einentscheidender Teil dieser Geschichte beginnt imFrhjahr 1970 an der psychiatrischen Klinik derUniversitt Heidelberg. Damals arbeitete dort derPsychiater Dr. Wolfgang Huber. Sein therapeuti-scher Ansatz war einfach: Nicht seine Patienten wa-

    ren krank, sondern die kapitalistische Gesellschaftum sie herum. Eine Schlussfolgerung, die zur Kon-sequenz hatte, dass es unmglich war, die Krankenzu heilen, bevor nicht das gesamte System geheiltwrde. Diese Vernderung sollte von Grund auf ge-schehen. Aus der Krankheit eine Waffe machen,lautete die Order. Zu diesem Zweck grndete Hu-ber das Sozialistische Patientenkollektiv, kurzSPK. Fnf seiner Kollegen an der Universitts-Ner-venklinik beteiligten sich an Hubers Experimen-ten; der Zuspruch von Patientenseite war enorm.Innerhalb krzester Zeit schlossen sich 500 Pati-enten dem Kollektiv an. Eine wilde Mischung ausStudenten, Schizophrenen, Paranoikern, Manisch-Depressiven und Neurotikern traf hier aufeinander.

    Es gab keine individuellen Krankheitsbilder, nur eine Ursache:das System. Folgerichtig wurde jegliche hierarchische Ordnungabgeschafft. In ihrer Praxis in der Rohrbacher Strae 12 dis-kutierten rzte, Pfleger und Patienten in Arbeitskreisen berThemen von Marxismus bis Sexualitt. Bei diesen Diskus-sionsrunden sollte die Krankheit des Systems analysiert werden,damit dann in bester therapeutischer Absicht gegen diese vorge-

    gangen werden konnte. Als Heilmittel wurden praktische bun-gen an die Patienten herangetragen: Waffenkunde oder Her-stellung von Sprengstoffen, Sprengkrpern sowie Zndern ausReiseweckern und Funkgerten. Zitat Dr. Huber: Verscharrenwir ein fr alle Mal die lppische Hoffnung auf Gesundheit! Er-kennen wir unser wirkliches Interesse: Umwlzung aller beste-henden Verhltnisse! Am 21. Februar 1970 wird er von Klinik-direktor Prof. von Baeyer fristlos entlassen. Sein Assistenzarztwre der Aufgabe nicht gerecht geworden und htte aus seinenPatienten ein antitherapeutisches Aggressionskollektiv ge-macht, so die Begrndung. Bei einer Groaktion der Polizei am21. Juli 1971 gegen die neuen Praxisrume der SPK wurden in

    Heidelberger Wohnungen Gewehre, Pistolen, Munition, Spreng-stoffe geflschte Personalausweise und Kfz-Papiere gefunden.Elf Personen wurden festgenommen, darunter auch ihr Rdels-fhrer Dr. Wolfgang Huber.3

    Siegfried Haag Der RAF-Anwalt

    Der Einschnitt war fr viele Ehemalige des Kollektivs jedochnicht weiter schlimm: Gesinnungsgenossen befanden sich wort-wrtlich nur ein paar Tren weiter die RA F. Eine sehr wichtigeGestalt war der Anwalt Siegfried Haag. Er unterhielt im damali-gen Heidelberg eine eigene Rechtskanzlei. Nach Verhaftung derRAF-Fhrungsriege der Ersten Generation bernahm Haag

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    Kampf gegen Isolations- und Vernichtungshaft, dener mit 35 anderen politischen Gefangenen 8 Wo-chen lang durch einen Hungerstreik fhrte, ermor-det, ermordet durch Fortsetzung der Vernichtungs-haft und langsames Verhungernlassen. HolgerMeins wird in diesem zitierten Flugblatt aus Hei-delberg vom 18. November 1974 in einem Atemzug

    mit im Feuergefecht gestorbenen RAF-Terroristengenannt.9Whrend es in Heidelberg nach dem Todzu Demonstrationen von RAF-Sympathisanten kam,die den Tod Holger Meins geschlossen als Mordbezeichneten, stie diese Argumentation beimnormalen Brger auf Unverstndnis. Flugschrif-ten der Demonstrierenden wurden abgelehnt; aufSpruchbnder mit dem Titel Holger Meins wurdeermordet sollen die Zuschauer schimpfend ge-antwortet haben: Wenn der richtig gegessen ht-te, wr das nicht passiert.10Tatschlich sollen andiesem Tag laut Heidelberger Tageblatt nur 500 Ju-

    gendliche auf den Straen in Heidelberg demonst-riert haben,11in ganz Berlin nur 800.12Meins wurdevon einer kleinen, radikalen Minderheit zum Mr-tyrer stilisiert.

    Besetzung der deutschen Botschaftin Stockholm

    Unter den Heidelberger Demonstranten werdenauch viele ehemalige Patienten des SPK zu findengewesen sein. Zwei von ihnen, Lutz Taufer und Ul-rich Wessel, wurden nach dem Verbot der SPK vomAnwalt Haag fr die RAF angeworben ihr Auf-trag sollte sie nach Schweden fhren. Am 24. Ap-ril 1977 besetzte das Kommando Holger Meinsdie deutsche Botschaft in Stockholm. Ihr Ziel wardie Freipressung von 26 Gesinnungsgenossen ausdeutschen Gefngnissen; miteingeschlossen dieerste Riege der RAF: Andreas Baader, Ulrike Mein-hof, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe. Von densieben Kidnappern waren drei ehemalige SPK-Patienten Wolfgang Hubers. Die damalige Bundes-

    regierung unter Helmut Schmidt beschloss, keine

    im Jahr 1972 als einer von 15 Wahlverteidigern. Erhatte das Mandat fr Andreas Baader inne. Von An-fang an sympathisierte Haag mit den Terroristenund versuchte schon frh, ber seine Kanzlei neueKmpfer fr den Untergrund zu gewinnen. Fr dieinhaftierten RAF-Kmpfer bestanden besonde-re Haftbedingungen. Sie besaen den Status von

    Kriegsgefangen, zudem trug man im GefngnisSorge, sie von den anderen Gefangenen abzuschot-ten. Sich des Gehrs bewusst, schallte es dann inFlugschriften aus der JVA Stuttgart heraus: GE-GEN SONDERBEHANDLUNG, GEGEN DIEVERNICHTUNGSHAFT.4 Geschlossen tratenalle inhaftierten RAF-Mitglieder in den Hunger-streik. Nachdem man in der Folgezeit den Streikdes fteren ausgesetzt hatte, spitzte sich die Lagebei einem erneuten Hungerstreik im September1974 zu. Ich denke, wir werden den Hungerstreikdieses Mal nicht abbrechen, das heit, es werden

    Typen dabei kaputt gehen. Der Zusammenbruchheit dann nur, da die Typen als Fighter erledigtsind, denn sicher luft das im Zusammenhang mitAktionen drauen viel hrter als das letzte Mal.5

    Zu dieser Zeit befanden sich 44 Gefangene derRAF im Hungerstreik.6Am 8. November 1974 starbeiner von ihnen nach 8wchigem Hungerstreik,sein Name war Holger Meins. Dieser bekam knappzwei Stunden vor seinem Tod einen mysterisen Be-such vom besagten Heidelberger Anwalt. Sein Zu-stand soll sich daraufhin auf fr die Beamten derJustizvollzugsanstalt unerklrliche Weise rapideverschlechtert haben. Er starb noch vor Eintreffendes Arztes.7Whrend des Hungerstreiks der RAF-Hftlinge fungierte Haag als Kurier zwischen denGefngnissen. Viele RAF-Mitglieder berichteten,dass er sie unter Druck setzte, die Hungerstreiksfortzusetzen, und bedenkenlos jede AnweisungBaaders ausfhrte.8

    Der Fall Holger Meins

    In vlliger Umkehr der Tatsachen war die Sicht der

    RAF auf den Fall Holger Meins klar: Er wurde im

    1 Timm Herre: Granatenbeschuss am Karlstor, in: Mannheimer Morgen, vom 12.09.2011

    (Quelle: http://www.morgenweb.de/region/mannheimer-morgen/heidelberg/granaten-

    beschuss-am-karlstor-1.332540).

    2 Jan-Hendrik Schulz: Zur Geschichte der Roten Armee Fraktion (RAF) und ihrer Kon-

    tex te: Eine Chronik , in: Zeitgeschichte-online (Quelle: ht tp://www.ze itgeschichteonline.

    de/md=RAF-Chronik), S . 13-14.

    3 Leo Sievers: Stockholm 24.4.75, Der Sturm auf die Botschaft, in: Stern, 12/1976 (Quel-

    le: Universittsarchiv Heidelberg ZA-IIa 172,2).

    4 Hungerstreikerklrung: Wer seine Lage erkannt hat Wie soll der aufzuhalten sein?,

    RAF-Rundschreiben vom 13.09.1974 (Quelle: Universittsarchiv Heidelberg ZA-IIa 21).

    5 Ein Radio und vierzehn Zeitungen, Bender legt Dokumentation ber Haftbedingun-

    gen in Stuttgart vor Rege Kontakte untereinander, in: Rhein-Neckar-Zeitung vom

    17.11.1947 (Quelle : Universi ttsarch iv Heide lberg ZA- IIa 21).

    6 Hungerstreik gegen Isolationshaft, RAF-Flyer vom 8.11.1974 (Quelle: Universitt sar-

    chiv Heidelberg ZA-IIa 21).

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    Verhandlungen mit den Terroristen einzugehen.Weil nicht auf ihrer Forderungen eingegangen wur-de, tteten die RAF-Mannen zwei Geiseln, zuerstden Militrattach Oberstleutnant Andreas vonMirbach und danach Wirtschaftsattach Heinz Hil-legaart. Bei der anschl ieenden Erstrmung durchdie Polizei wurde der Terrorist Ulrich Wessel durch

    eine RAF-eigene falsch gezndete Bombe gettet.Alle Geiseln und Terroristen erlitten Verbrennun-gen durch die Explosion. Der RAF-Mann SiegfriedHausner starb zehn Tage spter an seinen Verbren-nungen in der JVA Stuttgart.13

    Die Abschaffung der Verfassten Studierenden-schaft ist ein Relikt dieser Zeit. Das Misstrauen ge-genber jedweden organisierten Studentengrup-pen war zumindest in Baden-Wrttemberg undBayern so gro, dass dieser Schritt gegen eine de-mokratische Selbstverwaltung der Studenten an derUniversitt beschlossen wurde. Zu positiven Vern-

    derungen kam es durch die RAF nicht. Durch dasAusma ihrer Gewaltanwendung war sie vielmehrmitverantwortlich fr das Scheitern der 68er-Bewe-gung in Deutschland.

    von Sebastian Rusch

    7 Besuch des Anwalts kurz vor dem Tod, in: Stuttgarter Zeitung vom 14.12.1974 (Quelle:

    Universit tsarchiv Heidelberg ZA-IIa 21).

    8 Wikipedia: Siegfried Haag (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Siegfr ied_Haag).

    9 Komitees gegen Folter an politischen Gefangenen der BRD: Wer seine Lage erkannt

    hat Wie soll er aufzuhalten sein, RAF-Flugblatt , Heidelberg, den 18.11.1974 (Quelle:

    Universit tsarchiv Heidelberg ZA-IIa 21).

    10 Wenig Verstndnis bei Bevlkerung, in: Rhein-Neckar-Zeitung vom 12.11.1974 (Quelle:

    Universittsarchiv Heidelberg ZA-IIa 21).

    11 Nach dem Tod von Holger Meins: 500 Jugendliche demonstrier ten, Kundgebung in

    Heidelberg / Wnde mit Parolen besprht , in: Heidelberger Tageblatt vom 12.11.1974

    (Quelle: Universit tsarchiv Heidelberg ZA-IIa 21).

    12 Bundesanwal t untersucht Todesursache von Holger Meins, in: Die Welt vom 11.11.1974

    (Quelle: Universit tsarchiv Heidelberg ZA-IIa 21).

    13 Wikipedia: Geiselnahme von Stockholm (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Geiselnah-

    me_von_Stockholm).

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    22/2422

    UNiMUT Zeitschrift [an] der Uni Heidelberg

    Ausgabe 1/2013. Nr. 218 vom 14. Januar 2013. Re-

    daktion: Gregor Babelotzky, Jakob Brssermann,

    Leonard Keidel, Janina Reibold, Sebastian Rusch.

    Auflage 3000. Unidruckerei. Fr namentlich gekenn-

    zeichnete Beitrge ist der/die VerfasserIn verant-

    wortlich. Untersttzt von der FachSchaftsKonferenz,

    Albert-berle-Str. 3-5, 69117 Heidelberg. e-mail:

    [email protected].

    Alle Ausgaben auch unter: www.uni-heidelberg.de/

    unimut

    Bilder : S. 5 aus: Meller Marcovicz, Digne: Martin Hei-

    degger. Photos 23. September 1966/ 17.+18. Juni

    1968 (Frankfurt 1985), S. 57. S. 15 Mitteilungsblatt1978-79, S. 34. S. 16 Mitteilungsblatt 1978-79, S. 66 &

    S. 34. S. 21 http://www.secoursrouge.org/archives/raf

    Impresu

    TermineMittwoch, 16. Januar, 20.00 Uhr, Filmabend mit Diskus-

    sion: Was ist Europa? Dokumentarische Filme ber diedeutsch-franzsische Annherung aus den Jahren 1946bis 1957, Karlstorkino.

    Donnerstag, 17. Januar, 20.00 Uhr, Medizin in der NS-Dik-

    tatur. Gesprch Wolfgang Uwe Eckart und Jrg Trger,DAI.

    Montag, 21. Januar, 19.30 Uhr, Schafft Reichtum Glck?Vortrag von Prof. Dr. Joachim Weimann, Neue Univer-sitt, Aula.

    Donnerstag, 24. Januar, 18.00 Uhr, Odysseus, Penelopeund He-Man. Kritische Theorie zu Subjektkonstitutionund Geschlecht. Vortrag von Barbara Umrath, Institutfr Bildungswissenschaft, Hrsaal 005, Akademiestr. 3.

    Donnerstag, 24. Januar, 18.00 Uhr, Treffen der AG Verfass-te Studierendenschaft, Zentrales Fachschaften-Bro,

    Albert-berle-Strae 3-5.

    Donnerstag, 24. Januar, 21.00 Uhr, Soli-Party der Kriti-schen Initiative, Hll.

    Samstag, 26. Januar, 18.00 Uhr, Dr. Martin Luther King, Jr.Der unbequeme Held und sein Vermchtnis. Gedenk-feier, Providenzkirche, Hauptstrae 90a.

    Donnerstag, 31. Januar, 16.30 Uhr, Georg Bchner: Lenz.Lesung. Stadtbcherei.

    Donnerstag, 31. Januar, 18.00 Uhr, Treffen der AG VerfassteStudierendenschaft, Zentrales Fachschaften-Bro, Al-

    bert-berle-Strae 3-5.

    Sonntag, 3. Februar, 18.00 Uhr, Aus der Neuen Welt Sinfoniekonzert. Antonn Dvork: Sinfonie Nr. 9 ine-moll. George Gershwin: Rhapsody in Blue. HeitorVilla-Lobos: Bachianas Brasileiras Nr. 9. Orchester derUniversitt Heidelberg, Neue Universitt, Aula.

    Sonntag, 3. Februar, 17.00 Uhr, Mein Glck. Erinnerungen.Werner Spies und Felicitas von Lovenberg im Gesprch,DAI.

    Donnerstag, 07. Februar, 20.00 Uhr, Das dritte Reich eineWagner-Oper von Hitler. Ein Gesprch ber die Wag-ner-Sozialisation Hitlers. Prof. Dr. Dr. h.c. Dieter Borch-meyer und Dr. Manfred Osten im Gesprch, DAI.

    Sonntag, 10. Februar, 18.00 Uhr, Great is the Lord Eng-lische Chormusik. Benjamin Britten: Rejoice in theLamb und Te Deum in C. Edward Elgar: Great is theLord sowie Motetten und Madrigale des 17. Jahrhun-derts. Groer Chor der Universitt, Neue Universitt,Aula.

    Freitag, 22. Februar, 20.00 Uhr, Uta Kbernick. Auch nichtschlimmer: Uta singt Rabenlieder, Kulturfenster.

    Donnerstag, 28. Februar, 20.00 Uhr, Jumping Man. berdie Tcken und Wonnen des lterwerdens, Lesung vonOded Netivi, DAI.

    Schreib oc a.Wir suchen immer Autoren, die etwas zu sagen haben, sei es ber The-men der Gesellschaft und Politik, lokal und in aller Welt, ber das Stu-dieren in Heidelberg oder ber Hochschulpolitik. Aber auch l iterarischeBeitrge, Artikel und Rezensionen ber Literatur, Kunst, Philosophie,Film, Musik und Theater sind wil lkommen. Gerne nehmen wir auch Bei-trge von Arbeitskreisen und studentischen Gruppen an. Meldet euchper Mail oder kommt einfach zu unseren Treffen.

    Offene Redaktionssitzungen im Orange (Ingrimstrae 26a):Montag, 21. Januar, 18 UhrMontag, 11. Mrz, 18 Uhr

    Montag, 8. April, 18 Uhr

    [email protected] www.uni-heidelberg.de/unimut

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    23/2423

    Brgerlich in der Gesinnung, durchgestylt im Layout, liberal in derOrthographie: So kennen und lieben wir ihn!

    M itten in Heidelberg, im Stadtteil Bergheim,liegt ein 7450 m groes Areal, das der-zeit fr weniger Gesprchsstoff sorgt, alses tatschlich tun sollte: die ehemalige Feuerwache.

    Sptestens seit dem Auszug des Theaters imHerbst letzten Jahres steht die Frage im Raum, wiedie Rumlichkeiten in Zukunft genutzt werden.Neben den blichen politischen berlegungen ul-tramoderner und vorher nie dagewesener Kinokom-plex, gigantisches Einkaufszentrum oder vielleichtauch eine schicke Wellness-Oase entwickelte sichdabei in mehreren Workshops und auf Initiative desBeauftragten fr Kreativwirtschaft, Frank Zum-bruch, die fr Heidelberger Verhltnisse fast schonunwirklich anmutende Idee, das Areal als Kultur-und Kreativwirtschaftszentrum zu nutzen. Nach

    diesem Konzept soll der zukunftstrchtigen Bran-che der Kreativwirtschaft nun endlich auch in Hei-delberg Raum und Zukunft gegeben werden.

    Durch gnstige Mieten und den Austausch mit anderen Kre-ativen soll das Zentrum ein attraktives Angebot besonders auchfr Existenzgrnder aus der Kultur- und Kreativwirtschaft dar-stellen, heit es auf der Homepage der Kreativwirtschaft Heidel-

    berg. Das klingt erfrischend und wohltuend gut.Nun gilt es, die Stadt mit einem wirklich tragfhigen Konzept

    vom Nutzen und Bedarf eines solchen Kreativzentrums zu ber-zeugen. Aus diesem Grund wurde kurzerhand von Januar bisEnde Mrz diesen Jahres eine Art Testphase ins Leben gerufen.Whrend dieser Zeit knnen die Rumlichkeiten von Akteurender kreativen Szene und Branche Heidelbergs als Bro, Atelieroder Proberaum zwischengemietet und mit Leben gefllt werden.Mehrere Kreative, wie die Maler Peter Robert Keil und Alexan-der Ginter, das Kunstprojekt Willi Bender, die Bildhauerin ConyWelcker, die Fotografin Sabine Arndt, der Schlagzeuger MartinHomann sowie Kreativ-Unternehmen wie das Modelabel eva-

    wave, die Musik-/Medienproduktionsfirma und Bookingagen-tur Onkel Lina, die Veranstaltungsagentur Man & Machine, dieSchlagzeugschule Pro Drum oder das Netzwerk fr kollaborati-

    ve Stadtentwicklung Space Bondinghaben sich bereits in der ehemaligenFeuerwache eingerichtet und sorgenfr erste Aufbruchstimmung. Dabeispielt der Gedanke der Vernetzungund gegenseitigen Inspiration bereitsin dieser Phase eine groe Rolle. Nichtzuletzt auch, was die weitere Vorge-hensweise und Umsetzung des Kon-zepts eines Kreativzentrums betrifft.Geplant ist, dass ab dem 17. Mrz auchffentliche Infoveranstaltungen, Work-shops oder Diskussionsrunden zu die-sem Thema stattfinden, zu denen alleinteressierten und engagierten Brge-rInnen herzlich willkommen sind.

    von Patrick Bischler | Onkel Lina

    Die ehemalige Feuerwache in Heidelberg

    Aufbruch oder Abriss?

    Eine Minute fr den ruprecht.

    Falls es jemand nicht mitbekommen hat: zum Fnfundzwanzig-jhrigen feierten die Kollegen vom ruprechtim November sichund die brgerliche Ausgewogenheit ihres Blattes mit einer Ju-bilumsausgabe.

    Und da eine groe Tradition bekanntlich verpflichtet, lud manzu dem feierlichen Anlass einige Granden vergangener Tagestilgerecht zu einer Posiumsdiskussion oder wars eher einSympodium? Und so feuchtfrhlich, dass man am nchsten Tagzum Korrekturlesen der berschriften doch ein wenig zu verka-tert war? Aber wo kmen wir hin, wenn man als Belohnung fr

    fnfundzwanzig Jahre Ausgewogenheit nicht wenigstens ein-mal fnfe grade sein lassen drfte. Stchen!von Jakob Brssermann

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    24/24

    Alter Wortlaut desLandeshochschulgesetzesvom 1. Januar 2005

    65

    Mitwirkung der Studierenden

    (1) Die Studierenden wirken in der Hochschule vorbehaltlich des 65 a mit

    1. in fachlichen Angelegenheiten im Fakulttsrat und in der Fachschaft

    sowie in den Studienkommissionen, 2. in hochschulpolitischen Ange-

    legenheiten im Senat und 3. bei Aufgaben nach Absatz 2 und nach 2

    Abs. 3 im AStA und bei Aufgaben nach 2 Abs. 3 und 25 Abs. 4 in

    der Fachschaft und im Fachschaftsrat. Die Amtszeit der Studierenden in

    Gremien wird in der Grundordnung festgelegt. Der AStA bernimmt

    zugleich die fakulttsbergreifenden Aufgaben des Fachschaftsrats, wenn

    die Grundordnung die Bildung eines Fachschaftsrats nicht vorsieht.

    (2) ber Aufgaben nach 2 Abs. 3 beschliet der AStA. Er nimmt zugleich

    die fakulttsbergreifenden Studienangelegenheiten der Studierenden

    wahr und frdert die berregionale und internationale studentische

    Zusammenarbeit. Ihm gehren als stimmberechtigte Mitglieder diestudentischen Senatsmitglieder kraft Amtes sowie mindestens vier und

    hchstens zwlf weitere Studierendenvertreter an. Das Nhere regelt

    die Grundordnung.

    (3) Die Beschlsse des Ausschusses sind den Mitgliedern des Fachschafts-

    rats unverzglich zuzuleiten. Sie werden vom Vorstand vollzogen.

    (4) Beschlsse und Wahlen in Vollversammlungen sowie Urabstimmungen

    sind unzulssig.

    (5) Der Vorstandsvorsitzende fhr t die Aufsicht ber den AStA und den

    Fachschaftsrat. Die Aufsicht ber die Fachschaft fhrt der Dekan. Er hat

    insbesondere rechtswidrige Beschlsse zu beanstanden und rechtswidri-

    ge Handlungen zu unterbinden.

    Neues Gesetz zur Einfhrung einerVerfassten Studierendenschaftvom 10. Juli 2012

    65

    Studierendenschaft

    (1) Die immatrikulier ten Studierenden (Studierende) einer Hochschule

    bilden die Verfasste Studierendenschaft (Studierendenschaft). Sie ist

    eine rechtsfhige Krperschaft des ffentlichen Rechts und als solche

    eine Gliedkrperschaft der Hochschule.

    (2) Die Studierendenschaft verwaltet ihre Angelegenheiten im Rahmen der

    gesetzlichen Bestimmungen selbst. Sie hat unbeschadet der Zustndig-

    keit der Hochschule und des Studentenwerks die folgenden Aufgaben:

    1. die Wahrnehmung der hochschulpolitischen, fachlichen und fachber-

    greifenden sowie der sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Belange

    der Studierenden,

    2. die Mitwirkung an den Aufgaben der Hochschulen nach den 2 bis 7,

    3. die Frderung der politischen Bildung und des staatsbr gerlichen

    Verantwortungsbewusstseins der Studierenden, 4. die Frderung der Gleichstellung und den Abbau von Benachteiligun-

    gen innerhalb der Studierendenschaft,

    5. die Frderung der sportlichen Aktivi tten der Studierenden,

    6. die Pflege der berregionalen und internationalen Studierendenbezie-

    hungen.

    (3) Zur Erfllung ihrer Aufgaben ermglicht die Studierendenschaft den

    Meinungsaustausch in der Gruppe der Studierenden und kann insbe-

    sondere auch zu solchen Fragen Stellung beziehen, die sich mit der

    gesellschaftlichen Aufgabenstellung der Hochschule, ihrem Beitrag zur

    nachhaltigen Entwicklung sowie mit der Anwendung der wissenschaftli-

    chen Erkenntnisse und der Abschtzung ihrer Folgen fr die Gesellschaft

    und die Natur beschftigen.(4) Im Rahmen der Erfllung ihrer Aufgaben nimmt die Studierendenschaft

    ein politisches Mandat wahr. Sie wahrt nach den ver fassungsrechtlichen

    Grundstzen die weltanschauliche, religise und parteipolitische Neut-

    ralitt.

    (5) Beabsichtigt die Studierendenschaft, nicht nur vorbergehend konkrete

    Aufgaben oder Angebote innerhalb ihrer Zustndigkeit wahrzuneh-

    men, die bereits von dem fr die Hochschule zustndigen Studenten-

    werk wahrgenommen werden, bedarf die Studierendenschaft fr die

    Wahrnehmung der Aufgaben des Einvernehmens des Studentenwerks.

    Beabsichtigt,die Studierendenschaft, nicht nur vorbergehend die

    konkrete Wahrnehmung von Aufgaben und Angeboten innerhalb ihrer

    Zustndigkeit, die auch in den Aufgabenbereich des Studentenwerks

    nach 2 StWG fallen und von diesem derzeit nicht wahrgenommen

    werden, erfolgt die Aufgabenwahrnehmung im Benehmen mit dem zu-

    stndigen Studentenwerk. Beabsichtigt die Studierendenschaft, nicht nur

    vorbergehend Sportaktivitten anzubieten, die fr sie mit erheblichen

    finanziellen Kosten verbunden sind, erfolgt dies im Einvernehmen mit

    der Hochschule.

    (6) Die Organe der Studierendenschaft haben das Recht, im Rahmen ihrer

    Aufgaben Antrge an die zustndigen Kollegialorgane der Hochschule

    zu stellen; diese sind verpflichtet, sich mit den Antrgen zu befassen.

    Die Studierendenschaft kann nach Magabe ihrer Organisationssatzung

    jeweils einen Ver treter oder e ine Ver treterin benennen, der bezie -

    hungsweise die an allen Sitzungen des Senats und des Fakulttsrats mit

    beratender Stimme teilnehmen kann.

    65a

    (5) Die Hochschule stellt der Studierendenschaft Rume unentgeltlich zur

    Verfgung. Fr die Erfllung ihrer Aufgaben erhebt die Studierenden-

    schaft nach Magabe einer Beitragsordnung angemessene Beitrge von

    den Studierenden. In der Beitragsordnung sind die Beitragspflicht, die

    Beitragshhe und die Flligkeit der Beitrge zu regeln; die Beitragsord-

    nung wird als Satzung erlassen. Bei der Festsetzung der Beitragshhe

    sind die sozialen Belange der Studierenden zu bercksichtigen. Die

    Beitrge werden von der Hochschule unentgeltlich eingezogen.

    (6) Die Organe der Studierendenschaft haben das Recht, im Rahmen ihrer

    Aufgaben Antrge an die zustndigen Kollegialorgane der Hochschule

    zu stellen; diese sind verpflichtet, sich mit den Antrgen zu befassen.

    Die Studierendenschaft kann nach Magabe ihrer Organisationssatzung

    jewei ls einen Ver treter oder eine Ver treterin benennen, der bezie -

    hungsweise die an allen Sitzungen des Senats und des Fakulttsrats

    (7) Die Mitglieder in den Organen der Studierendenschaft ben ihre T-

    tigke it ehrenamtlich aus . Das legislati ve Organ kann eine angemessene

    Aufwandsentschdigung festsetzen. Fr die Ttigkeit in den Organen

    der Studierendenschaft gelten 9 Absatz 7 Satz 2 und 34 Absatz 4

    entsprechend.

    R.I.P.