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Universität Basel/Weiterbildungsveranstaltung Recht aktuell – Tagungsthema: „Revisionen im Gesellschaftsrecht“ Freitag, 24. Oktober 2008, Basel Schutzrechte der Aktionäre nach dem zu revidierenden Aktienrecht unter besonderer Berücksichtigung der Klagerechte von Peter V. Kunz Prof. Dr. iur., Fürsprecher, LL.M. (Georgetown University) Ordentlicher Professor für Wirtschaftsrecht Direktor am Institut für Wirtschaftsrecht sowie Leiter des Departements für Wirtschaftsrecht an der Universität Bern [email protected]

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Universität Basel/WeiterbildungsveranstaltungRecht aktuell – Tagungsthema: „Revisionen im Gesellschaftsrecht“Freitag, 24. Oktober 2008, Basel

Schutzrechte der Aktionäre nach dem zu revidierenden Aktienrecht

unter besonderer Berücksichtigung der Klagerechte

von

Peter V. Kunz

Prof. Dr. iur., Fürsprecher, LL.M. (Georgetown University)Ordentlicher Professor für WirtschaftsrechtDirektor am Institut für Wirtschaftsrecht sowie Leiter des Departements für Wirtschaftsrecht an der Universität Bern

[email protected]

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Inhalt

I. Vorbemerkungen

II. Übersicht zu den Schutzrechten

III. Übersicht zu den Aktionärsklagerechten

IV. Schlussbemerkungen

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Vorbemerkungen

1. Zielsetzungen

Überblick statt Detaildarstellung

Fokus = Schutz der Eigen- bzw. Risikokapitalgeber, d.h. im Wesentlichen: Aktionärsschutz bzw. Minderheitenschutz

nein: Aktienrecht allgemein (z.B. die Neuerungen bei der GV oder bei der Kapitalstruktur) – vgl. Dr. B. Tanner/Prof. P. Böckli

sog. De lege ferenda-Diskussion re „Corporate Governance“

merke: nebst Aktienrecht sind weitere Rechtsgebiete betroffen (z.B. Rechnungslegungsrecht, Handelsregisterrecht, Firmenrecht)

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Vorbemerkungen

2. Entwicklung der Revision

Vorentwurf/Begleitbericht: 2. Dezember 2005

Vernehmlassung: 2005/2006

Botschaft/Entwurf: 21. Dezember 2007

Rechtskommission StR: 26. August 2008

Fazit: Aktionärsrechte immer im Zentrum..!

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Vorbemerkungen

3. Ausgewählte „heisse Eisen“ – (meist) nicht zu behandeln…

Rechnungslegung (v.a. bei KMU)

Regelung von sog. Dispoaktien

Vinkulierung: mehr oder weniger bzw. „wusch und weg“..?

Haftungslimitierung für Revisionsstellen

Abschaffung der Organ- und Depotvertretung

Kompetenz bei Vergütungen von VR/GL

jährliche Wiederwahlen in VR

und: Schwellenwerte bei Minderheitsrechten…

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Vorbemerkungen

4. Generelle aktienrechtliche Schutz-Zielsetzungen

Interessenvielfalt = AG + Gesellschaftsgläubiger + Aktionäre

OR 1883/OR 1936/OR 1991 – OR 20xx… >> Aktionärsrechte..!

ökonomisches Motiv = „no protection – no money“…

Grundfrage: „Wieviel ist zu viel“?!? „AG v. Aktionär“?

Kritik: sog. Mehrheitenschutz vernachlässigt…

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Vorbemerkungen

5. Literaturhinweise (PVK) – vgl. Webpage IWR

Aktienrechtsrevision 20xx – Betrachtungen eines unabhängigen Experten, Powerpointpräsentation in der Rechtskommission StR

Zehn bemerkenswerte Auffälligkeiten bei den Revisionen der letzten Jahre im schweizerischen Gesellschaftsrecht, SJZ 104 (2008) tbd

Geplante Neuerungen bei einigen Generalien der aktuellen Aktienrechtsrevision (…), GesKR 2008, tbd

Status quo der „grossen Aktienrechtsrevision“ (…), in: Entwicklungen im Gesellschaftsrecht III (Bern 2008) 125 ff.

Aufbruchstimmung im Schweizer Wirtschaftsrecht – Die Rechtssetzung als zentrale Herausforderung für die Rechtsanwendung, Jusletter vom 18. Februar 2008

Permanenter Umbruch im Gesellschaftsrecht – Eine Übersicht zu den legislativen Sturmböen seit 1991, SJZ 102 (2006) 145 ff.

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Vorbemerkungen

6. Aufbau des Referats

Überblick zu den Schutzrechten (und weiteren Rechten)

ausgewählter Überblick zu den Aktionärsklagerechten

und eine Bitte:

Q&A..!

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Übersicht zu den Schutzrechten

1. Corporate Governance als erste Leitlinie der Revision

internationale Bezüge sowie…

… nationale Bezüge – Tendenz von der Selbstregulierung (z.B. SCBP oder RLCG SIX) zur Regulierung

allgemeiner Ausbau der sog. Corporate Governance:

“Die Corporate Governance wird verbessert: Die Vorlage stärkt insbesondere die Stellung der Aktionärinnen und Aktionäre als Eigentümerinnen und Eigentümer der Gesellschaft. Die Informationsrechte werden klarer geregelt. Bei Privatgesellschaften wird ein schriftliches Auskunftsrecht geschaffen. Die Schwellenwerte für die Ausübung verschiedener Aktionärsrechte werden gesenkt (…)” (Botschaft: BBl 2007 1591)

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Übersicht zu den Schutzrechten

1. Corporate Governance als erste Leitlinie der Revision

allgemeiner Ausbau der sog. Corporate Governance:

“Die Stärkung der Aktionärsrechte durch Schaffung zwingender, prozessual durchsetzbarer Rechtsansprüche ist in erster Linie Sache des Gesetzgebers. Der Entwurf enthält deshalb verschiedene Vorschläge zur Stärkung der Aktionärsrechte” (Botschaft: BBl 2007 1607)

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Übersicht zu den Schutzrechten

2. Übrige Leitlinien (Exkurs)

Flexibilisierung der Kapitalstruktur (z.B. Kapitalband)Referat Prof. P. Böckli

Neuordnung der Generalversammlung (z.B. Internet-GV)Referat Dr. B. Tanner

Totalrevision des Rechnungslegungsrechts, und zwar nicht nur für AG, sondern rechtsformunabhängig

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Übersicht zu den Schutzrechten

3. Informationsrechte/allg.

Auskunft + Einsicht (OR 697) = GV-Orientierung

neu = jederzeitiges schriftliches Auskunftsrecht – Schranken:• Privat-AG, nicht Publikums-AG• Notwendigkeit zur Ausübung der Aktionärsrechte• vorbehalten sind Geschäftsgeheimnisse und AG-Interessen• Auskünfte = Auflage an nächster GV bzw. Publikation• Art. 697 Abs. 2/Abs. 3 E OR (z.B. VR-Frist = 90 Tage)

neu = Auskunft re Vergütung oberstes Management• OR 663b bis (1. Januar 2007) = Publikums-AG• legitimes Bedürfnis auf Vertraulichkeit – trotzdem• Höhe der Entschädigungen muss VR bekannt geben• Art. 697quinquies E OR (z.B. VR-Frist = 45 Tage)

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Übersicht zu den Schutzrechten

4. Informationsrechte/Spezialfall: sog. „Sonderuntersuchung“

Erfahrungen bisher: nutzloses Instrument…

zentrale Neuerung = Senkung der Schwellenwerte

Differenzierung bei Ablehnung durch GV gemäss Art. 697b E OR

Publikums-AG:• 0,5% des AK oder der Stimmen• Aktien mit Nennwert von CHF 1 Mio.• nein: sog. Börsenwert..!

Privat-AG:• 5% des AK oder der Stimmen• Aktien mit Nennwert von CHF 250‘000.--

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Übersicht zu den Schutzrechten

5. Minderheitsrechte: Senkung der Schwellenwerte

Motiv der Schwellenwerte = Abwehr gegen Querulantentum

Instrumentarium des sog. Mehrheitenschutzes…

sog. Minderheitenrechte de lege ferenda – Senkung:

• Sonderprüfung/Sonderuntersuchung: Art. 697b Abs. 1 E OR• Einberufung einer GV: Art. 699 Abs. 3 E OR• Traktandierung bei einer GV: Art. 699a Abs. 1 E OR• Auflösungsklage: Art. 736 Abs. 1 Ziff. 4 E OR

Kritik: Börsenwert in VE OR, aber nicht mehr in E OR..!

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Übersicht zu den Schutzrechten

6. System – und weitere Schutz- bzw. Aktionärsrechte

sog. vermögensmässige Rechte (Dividende, Bezugsrechte etc.)

sog. nicht vermögensmässige Rechte = Mitwirkungs- + Schutzrechte

Mitwirkungsrechte = Rechte re GV (Einladung, Traktandierung etc.)

Schutzrechte = Rechte gegen Verwaltungsmacht/Mehrheitsmacht

• Informationsrechte – inkl. Sonderprüfung/Sonderuntersuchung• diverse Aktionärsklagen:

Anfechtung + Verantwortlichkeit + Auflösung + Rückerstattung

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Übersicht zu den Aktionärsklagerechten

1. Allgemeines zu den Klagen der Aktionäre

Funktion 1: Klagen dienen Vollzug des Minderheitenschutzesz.B. OR 706 re Mehrheitsmacht oder OR 754 re Verwaltungsmacht

Funktion 2: Klagen sind Symbole des Minderheitenschutzessog. Einzelklage – z.B. Nichtigkeitsklagesog. Gruppenklagen – z.B. Auflösungsklage

Änderungen bei Klagen: Rückerstattungsklage + Auflösungsklage

sinnvolle, aber unterlassene Änderungen bei Klagen…

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Übersicht zu den Aktionärsklagerechten

2. Rückforderungsklage

Gläubigerklage: ja (VE OR) – nunmehr: nein (E OR)

Aktionärsklage als Einzelklage = de lege lata + de lege ferenda

konzeptionelles Problem: „actio pro socio“…

Verbesserungen für Aktionäre (Art. 678 E OR)• nicht nur VR, auch GL-Mitglieder passivlegitimiert• Rückerstattung unabhängig von gutem oder bösem Glauben• keine Rückerstattung bei Entreicherung eines Gutgläubigen

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Übersicht zu den Aktionärsklagerechten

3. Auflösungsklage

Alternativen: Auflösung oder „andere sachgemässe Lösung“

Potential = sog. indirektes Austrittsrecht für Aktionäre (Rückkauf!)

Regelungsvorschlag de lege ferenda geht in diese Richtung:• Botschaft: BBl 2007 1610• Verbesserungen für „Austritt“

- Senkung bzw. Neufassung des Schwellenwertes:Halbierung (5% statt 10%) oder CHF 1 Mio. NennwertArt. 736 Abs. 1 Ziff. 4 E OR

- eigene Aktien: Rückkauf bis 20% (statt 10%)Art. 659 Abs. 3 E OR

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Übersicht zu den Aktionärsklagerechten

4. Verbesserungsmöglichkeiten bei Klagen

sog. Abberufungsklage gegen VR-Mitglieder

ev. generelle Anfechtungsklage gegen VR-Beschlüsse

Anfechtungsklage: statt kassatorische eher reformatorische Wirkung

unverständlich: Frist fehlt bei Informationsklage:

• Art. 697 Abs. 4 OR bzw. Art. 697ter E OR• Folge = Rechtsunsicherheit

- PVK-Vorschlag: 2 Monatsfrist (analog OR 706)- BGE 4C.234/2002//4C.246/2001 vom 4. Juni 2003: Erw. 3.2- Botschaft: BBl 2007 1672 FN 143 („innert nützlicher Frist“)

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Übersicht zu den Aktionärsklagerechten

5. Kritik an der aktuellen Gerichtspraxis

Streitwertberechnungen bei einzelnen Klagen:

Gesamtschaden bzw. Gesamtinteresse = Prävention

sog. Business Judgment Rule

richterliche Zurückhaltung bei gewissen Aktionärsklagen: Verantwortlichkeitsklage + Anfechtungsklage + etc.

Überprüfung der Praxis notwendig – unbesehen der Revision…

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Schlussbemerkungen

1. Generelles zur „grossen“ OR-Revision

• Notwendigkeit kaum zu bestreiten• Grundprinzipien „stehen“ – v.a. Corporate Governance• Details verständlicherweise „offen“• Fortgang der Beratungen unsicher: „20xx“...?

2. Schutzrechte der Aktionäre

• Tendenz eines Ausbaus geht in Ordnung…• … aber es ist eine Frage des Masses!• sog. Mehrheitenschutz wurde etwas „vergessen“

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Schlussbemerkungen

3. Aktionärsklagerechte

• positive Änderungsvorschläge

• Rückforderungsklage:Detailanpassungen werden konzeptionelles Problem nicht lösen

• Auflösungsklage:Potential für „indirektes Austrittsrecht“ erhöht

• neue Klage(n) zu evaluieren:Abberufungsklage gegen VR-Mitglieder

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Besten Dank für IhreAufmerksamkeit..!

Peter V. Kunz

Universität BernInstitut für WirtschaftsrechtSchanzeneckstrasse 1CH-3001 BernTel.: 031 / 631 55 88

[email protected]