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Aus dem Zoologischen Institut der Universitat Miinster Direktor Prof. Dr. B. Rensch Unterschiedliches visuelles Lernvermogen von Ratten und Mausen Von WALTRAUT REETZ Mit 5 Abbildungen Eingegangen am 9. Januar 1956 I n h a I t : Einleirung S. 347. - Versuchstiere und Methode S. 347. - Versuchsergebnisse: 1. Vorversuche S. 349. - 2. Lernversuche mit optischen Merkmalen: a) Einzelaufgaben S. 350, b) Lerngeschwindigkeit und die Schwierigkeitsgrade der einzelnen Aufgaben S. 351, c) Mehrfach-Aufgaben S. 353, d) Gedachtnisleistungen S. 356. - 3. Transponiervermogen S. 357. - Besprechung der Ergebnisse S. 359. - Zusammenfassung S. 359. - Summary S. 360. - Literaturverzeichnis S. 360 Einleitung B. RmscEr stellte die Arbeitshypothese auf, dai3 bei verwandten Tier- arten ein grofieres Hirn mehr leisten konne als ein kleineres (1947, 1948 a, b, 1949, 1951 a, b, 1952, 1954 a, b und 1955). So hatte v. BOXBERGER (1952) die visuellen Lernleistungen weifler Ratten und weii3er Mause miteinander ver- glichen. Sie schickte ihre Versuchstiere durch Laufgange mit verschieden ge- musterten Klappturen, von denen jeweils die positive gangbar, die negative versperrt war. Beide Arten erlernten gleich viel, namlich hochstens 6 Muster- paare; nur lernten die Mause manche Aufgaben schneller, wahrend die Ratten sie langer behielten. Diese Obereinstimmung war etwas uberraschend, weil die Vorderhirne beider Arten doch recht verschieden grofi sind. Zudem ist nach SCH~JLZ (195 1) die komplizierteste Rindenpartie, der Holocortex-7-stratifica- tus, bei Ratten relativ groi3er als bei Mausen. Aber vielleicht waren die Ver- suche insofern nicht voll miteinander vergleichbar, als die Mause etwas scheuer bzw. vorsichtiger waren und die Ratten mehr ,,blindlings" liefen. Deshalb untersuchte ich das Lernvermogen unter Versuchsbedingungen, die fur beide Arten trotz ihres verschiedenen Verhaltens gleich waren, nahm nur farbige Tiere mit normal dunklen Augen und untersuchte zugleich das Transponiervermogen beider Arten. Meinem sehr verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. B. RENSCH, danke ich fur das aufschlufireiche Thema und fur seine Anregungen und Hinweise. Versuchstiere und Methode Insgesamt benutzte ich 43 domestizierte dunkelaugige Weibchen, nimlich fur Vorver- suche 6 Ratten und fur die Hauptversuche 22 graue oder schwarze Hausmause und 15 wild- fnrbcne oder gescheckte Wanderratten. Die Dressuren begannen kurz nach Eintritt der Ge- schlechtsreife, bei Mausen etwa 45, bei Ratten 61 bis 91 Tage nach der Geburt (vgl. HEIN- HOTH 1930). Von dieseni Zeitpunkt ab scheint die zentral-nervose Leistungsfahigkeit am groflten zu sein (STONE 1929 b, c, TRYON 1931, MAIER 1932, BIEL 1940). Die Tiere lebten meist zu zweit in Kafigen, deren Bodenflache fur Ratten 45x45, fur Mause 30X30cm betrug. Als Nahrung diente hauptsachlich ein Gemisch von Weizen, Hafer und Makrelen, aufierdem Grunfutter, Milch und Wasser. Schon eine Woche lang vor der Dressur nahm ich die Tiere miiglichst oft in die Hand. Dadurch und durch die spateren Dressurubungen wurden die Tiere vertraut, d. h. die ,kritische Distanz" (HEDIGER 1934) wurde immer kleiner. Das Sehvermogen der Ratten und Mause prufte ich mit Hilfe einer abgeanderten Lashleyschen Sprungapparatur (LASHLEY 1930 a) (Abb. 1). In einem schwarzen Schirm aus Hartfaserplatte waren in 50 ern Hohe zwei rechteckige Fenster mit den jeweiligen Muster-

Unterschiedliches visuelles Lernvermögen von Ratten und Mäusen

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Page 1: Unterschiedliches visuelles Lernvermögen von Ratten und Mäusen

Aus dem Zoologischen Institut der Universitat Miinster Direktor Prof. Dr. B. Rensch

Unterschiedliches visuelles Lernvermogen von Ratten und Mausen

Von WALTRAUT REETZ M i t 5 Abbildungen

Eingegangen am 9. Januar 1956 I n h a I t : Einleirung S. 347. - Versuchstiere und Methode S. 347. - Versuchsergebnisse:

1. Vorversuche S. 349. - 2. Lernversuche mit optischen Merkmalen: a) Einzelaufgaben S. 350, b) Lerngeschwindigkeit und die Schwierigkeitsgrade der einzelnen Aufgaben S. 351, c) Mehrfach-Aufgaben S. 353, d) Gedachtnisleistungen S. 356. - 3. Transponiervermogen S. 357. - Besprechung der Ergebnisse S. 359. - Zusammenfassung S. 359. - Summary S. 360. - Literaturverzeichnis S. 360

Einleitung B. RmscEr stellte die Arbeitshypothese auf, dai3 bei verwandten Tier-

arten ein grofieres Hirn mehr leisten konne als ein kleineres (1947, 1948 a, b, 1949, 1951 a, b, 1952, 1954 a, b und 1955). So hatte v. BOXBERGER (1952) die visuellen Lernleistungen weifler Ratten und weii3er Mause miteinander ver- glichen. Sie schickte ihre Versuchstiere durch Laufgange mit verschieden ge- musterten Klappturen, von denen jeweils die positive gangbar, die negative versperrt war. Beide Arten erlernten gleich viel, namlich hochstens 6 Muster- paare; nur lernten die Mause manche Aufgaben schneller, wahrend die Ratten sie langer behielten. Diese Obereinstimmung war etwas uberraschend, weil die Vorderhirne beider Arten doch recht verschieden grofi sind. Zudem ist nach SCH~JLZ (1 95 1) die komplizierteste Rindenpartie, der Holocortex-7-stratifica- tus, bei Ratten relativ groi3er als bei Mausen. Aber vielleicht waren die Ver- suche insofern nicht voll miteinander vergleichbar, als die Mause etwas scheuer bzw. vorsichtiger waren und die Ratten mehr ,,blindlings" liefen.

Deshalb untersuchte ich das Lernvermogen unter Versuchsbedingungen, die fur beide Arten trotz ihres verschiedenen Verhaltens gleich waren, nahm nur farbige Tiere mit normal dunklen Augen und untersuchte zugleich das Transponiervermogen beider Arten.

Meinem sehr verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. B. RENSCH, danke ich fur das aufschlufireiche Thema und fur seine Anregungen und Hinweise.

Versuchstiere und Methode Insgesamt benutzte ich 43 domestizierte dunkelaugige Weibchen, nimlich fur Vorver-

suche 6 Ratten und fur die Hauptversuche 22 graue oder schwarze Hausmause und 15 wild- fnrbcne oder gescheckte Wanderratten. Die Dressuren begannen kurz nach Eintritt der Ge- schlechtsreife, bei Mausen etwa 45, bei Ratten 61 bis 91 Tage nach d e r Geburt (vgl. HEIN- HOTH 1930). Von dieseni Zeitpunkt a b scheint die zentral-nervose Leistungsfahigkeit a m groflten zu sein (STONE 1929 b, c, TRYON 1931, MAIER 1932, BIEL 1940). Die Tiere lebten meist zu zweit in Kafigen, deren Bodenflache fur Ratten 4 5 x 4 5 , fur Mause 3 0 X 3 0 c m betrug. Als Nahrung diente hauptsachlich ein Gemisch von Weizen, Hafer und Makrelen, aufierdem Grunfutter, Milch und Wasser. Schon eine Woche lang vor d e r Dressur nahm ich die Tiere miiglichst oft in die Hand. Dadurch und durch die spateren Dressurubungen wurden die Tiere vertraut, d . h. die ,kritische Distanz" (HEDIGER 1934) wurde immer kleiner.

Das Sehvermogen der Ratten und Mause prufte ich mit Hilfe einer abgeanderten Lashleyschen Sprungapparatur (LASHLEY 1930 a) (Abb. 1). In einem schwarzen Schirm aus Hartfaserplatte waren in 50 ern Hohe zwei rechteckige Fenster mit den jeweiligen Muster-

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348 WALTRAUT REETZ

SP

0

h

Abb. 1 a, b. Versuchseinrichtung

tleckcln verschlosscn. Davor stand ein 50 em hohcr Sprungttand, fur Ratten in 18-20, fur Miuse i n 12-15 cm Entfernung. Wenn sich die Ticre vorbeugtcn, konntcn sic d ie Musrcr gcrade scharf sehcn; dcnn weific und farbige Ratten schen nach LASHLEY (1932) am besten in 7,5--8 em, Miuse nach cigenen Versuchen in ctwa 7 cni Abstand (vgl. auch v. BOXIIEIIGER 1952, W A U C H 1910).

h i d e Klappcn waren a n cinem Drahtbugel beweglich aufgehingt ; die positive iifinctc sich beim Anspringen, die negative war durch ein Glasgestell von hintcn vcrspcrrt. Uci rich- tiger Wahl landete das Versuchsticr sicher im hinter dcni Fenster angcbrachtcn Sprungkasten. Bei falscher Entscheidung prallte es von der geschlossencn Klappe a b und fie1 i n cin Fang- tuch. Das war ,,I.ohn" odcr ,,Strafe" gcnug. Futtcr gab es im Vcrsuch nicht.

Nach bcidcn Seiten war der Wahlplatz, den ich durch einen Schlitz oder in1 Spicgcl beobachtete, mit schwarzen Papicrwinden abgeschirmt. Die niit schwarzer und weilScr Lack- farbe bemalten Musterdeckel und die Sprungkisten wurden hiufig abgewaschen; a u k r d e m cr- schwcrte die weite Entfernung vom Sprungziel eine geruchliche Orientierung.

Die Wahlfcnster wurdcn im Vcrsuch mit einer 60-Watt-Birne beleuchtet. Ich bautc zwei genau gleiclie Apparaturen, deren MaRe der KGrpergroRe von Rat te und Maus (in Klammern) angepallt waren: Schirm 4 2 x 8 5 em (37X80), cin Fenster 1OX 13 em (5X6,5), Abstand zwischen den Fenqtern 3 cm (0,7), Sprungbrett 13 X 7 cni (5,5 X 3), Seitenwlnde 59,5?<85 ciii

(40x77) . Als Negativ-Muster diente jeweils das Zcichcn eincs Musterpaares, das das Vcrsuchstier

hei den ersten 10 Sprungen bevorzugt hatte. Alle wihlten anfangs scitenstetig. Dies gewohnte ich ihnen durch dressurgemillen Seitenwechsel a b (vgl. S. 349) und ging erst, wcnn sie keiiie Seite mehr bevorzugten, zu vorbestimmtem Seitenwechsel iibcr.

Bcim Anlernen l i d ich jedes Tier tiglich 20-40mal springen. Fie1 die Dressur aus, wenn eines besonders reizbar war, so war die Leistung danach keineswegs schlechtcr, solidern gcradezu vcrbessert. Ahnliches beobachteten MAIEK 1930 und ANDERSON 1940 an Ratten, RENSCH und ALTIWOGT 1953 an einem Indischen Elefanten (,,fruchtbare Pause" der P i d - agogen, ,,verarbeitendes Gcdichtnis" nach C H A N N I ~ 1925).

Ein Lernerfolg galt (nach der Formel f u r die mittlcre Abwcichung vom Durchschnitts- wert; HOSEMANN 1949, S. 30) als statistisch gesichert, wenn ein Tier an drei aufeinander folgenden Tagen von je 30 Versuchen mindestens 68% richtig gemacht hatte. Ich ging zur nachsten der Aufgaben uber, wenn an drei aufeinanderfolgenden Tagen der Prozentsatz richtiger Wahlen oberhalb von 68% auf annahernd gleicher Hohe blieb und das Tier in eineni Wiederholungstest (vgl. S. 353) gezeigt hatte, dafl es alles bisher Erlernte gleichzeitig beherrschte.

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Unterschiedliches visuelles Lernvermogen von Ratten und Mfusen 349

Versuchserge bnisse I. V o r v e r s u c h e

Zu Beginn der Versuche stand das Sprungbrett unmittelbar vor den offenen Fenstern, s o daIS die Tiere bequem in einen der Wahlkasten laufen konnten. Nach einigen Ubungen, I>ei denen ich lenkend half, schlug jedes Versuchstier sogleich die Richtung auf den Wahlort cin. Wenn ich danach die Sprungweite (S. 348) allmahlich v e r g r o h r t e , wandten sich die Tiere hiufig aus der Sprungrichtung oder bliebcn gehemmt auf dem Startbrett hocken und putj.ten sich im Ubersprung (TINBERGEN 1941). Die R a t t e n IieRen sich leicht mit der H a n d i n die Stellung zum Wahlfenster schicben. Spater stellten sic sich von selbst richtig ein, wenn man niir cinem Stock an den Trigers tab des Sitzbrettes klopfte, wobei Richtung und Hcftig- kcit des Schlages die Wahl nicht beeinflufiten. Die M f u s e waren scheuer als die Ratten. Sic scliicnen sich auf dern schmalen, deckungslosen Star tbret t unbehaglicher zu fiihlen und klam- nxrtcn sich, wenn ich sic i n die Sprungrichtung zu drchen versuchte, blitzschnell an der H a n d fcst. N u r wcnige liel3en sich auf diesc Weise leiten. Auch ein zum Star tbrct t herauffiihrcnder 1.aufsteg half ihnen nichts. SchlieRlich lieli ich sic zur Vorbereitung von mciner Handflfchc in ihrcn Kif ig springcn, was sie dann a u l die Versuchseinrichtung iibcrtrugen. Die moglichc Annahme. die Miuse seien vor eine zu schwierige Aufgabc gestellt worden, wird dadurch widerlegt, dali manche von ihnen, ebenso wie dic Katten, sofort und richtig reagierten. D a d a s Kiopfcn sic nieist stark erregte, beriihrte ich die Miuse, dic nicht springcn wollten, am Schwan;., ohne ihnen dadurch unerlaubte Hilfe / L I gehcn.

Die Tiere wurden durch Klopfen oder Ucriihrcn iinmer nur in Wihlstimmung ver- setzt und zu den Mustern gclcnkt. Wcnn sie wirklich wlihlten, strccktcn Ratten und Mliuse dcn Iiopf vor, bewesten ihn und den Ober- kijrper auf und ab und pendelten verglcichend ywischen l inks und rcchrs hin und her. Dabei waren sic \tets vollkomnien sich selbst iiber- l a s w i (Abb. 2 ) .

yen anfangs zu heftig, so cn Fensterrand oder die

Kiickwand dcs Wahlk.istens stieiien. Auch die Ratten von Russr L. (1932) sprangen aur wach- w i d e r iCntfernung imnier lioher und hcftiger.

Die Versuchsticre l i e l h sich ini allge- tiicincn nnch jedcm Sprung ohne Widerstand .ius dcm W,ihlkasten nehmen und auf den Startpl.it;l tragen. Vielc Ratten waren in1 Laufe tier Dressuren so zahni gcworden, dali sic niir .iuf halbeni Weg entgegenkamen und an1 vor- dercn k i n d dcs Kastcns darauf wartctcn, ab- scholt zu werden.

a

b

Abb. 2. a) Maus, b) Rat te bci der Wahl

N a c h ungefihr 6 Uhungstagcn - bei den Miusen hlufig et\vas splircr - wurdcn die I,'enstcr bei den crstcn 3-4 Spriingen halb, danach g a i n init w e i h Klappen vcrhingt , d i e bcidc zu ijffncn waren. So sollten sich die Tiere an den Beriihrungsreiz gewijhnen, o h n e ihr Zicl, dcn anschlielienden Kastcn, zu verlieren. Ixbhaftc Tiere schliipften sofort unter den1 Hindernis hindurch in den dahinter licgenden Kasten. Andcre zoserten, hiipften vorsichtig ' i i i den Fensterrahmen und bliehen vor den Kastentiiren hocken. Durch die Bcriihrung mit dcn Klappen wurden sie noch mehr ansercgt, ihre Umgebung zu beschnuppern. lhre Ncu- sierdc und die durch d e n Sprung entfachte Erregung schicnen starker als die FrelSlust ZU scin (,,vorwaltendes Interesse" na& CLAPARBDE 1909, vgl. KATZ 1948, S. 178); deshalb brauchtc idi sic nicht mit I'utter zu locken und keine mit Hunger und Futterangebot wcchselnde Erre- sung, wie sie v. BOXIII :RGEK (1953) Leschrieb, zu bcfiirchten. HERTI:R (1953) gelang cs, einen IseI auch ohne Lockfutter 7u dressieren.

Nach 20-40 Spriingen ersetz.te ich die weiRen Klappen durch die Musterkarten fur die crstc Aufgabe.

Die Bevorzugung einer Seite bei Wahlversuchen mit Tieren ist i n der Litcratur wieder- holt beschrieben worden (Zusammenfassung bei LUDWIG 1932). Bei dressurgcmal3em Seitcn- wechsel (vgl. S. 348) versperrte ich die bevorzugte Seire solange durch das negative Merkmal, his das Tier selbstfndig zur zugiinglichen Nachbaroffnung iiberwechsclte (vgl. LASHLEY 1930 c). Das st indige Anprallen an die geschlosscne Klappc lenkte die Ticrc nieist nicht auf das

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WALTRAUT REI.TZ

geoffnete Fenster, sondern fuhrte zu richtungslosen Sprungen an die Laiiipc oder auf den Rand der Abschirmung. Deshalb half ich ihnen, indem ich das Startbrett zum Positiv-Muster hiniiber drehte und dieses etwas offnete; of t muRte ich zunachst eine vorspringende Zwischen- wand zwischen den Fenstern anbringen. Den Ratten konnte ich, nachdern sie die erste Starr- heit uberwunden hatten, mit einem Stock die positive Klappe ,,zcigen", indem ich ein Stock- chen vor dem zu wihlenden Fensster auff i l l ig hin und her bewegte oder auch wohl auf den €:ensterrahmen klopfte. Bald gen3ugte es, da13 der Stock vor einem Fenster erschien, und das Verschieben des Sprungbrettes wurde iiberflussig. Die Mause hingegen IieRen sich nichts ,,zeigen I'.

Kattcn und Miuse sprangen oft vor die Zwischenwand zwischen beiden Fenstern (,,Mit- telwahlen"), ehe sie sich f u r eines entschieden. Zuerst konnten sich die leichten Miuse dort festkrallen und die Klappen abtasten, was ich spater durch eine glatte Metalleinrahmung der Fenster verhinderte.

Seitenstctigkeit und Mittelwahlen traten nicht nur zu Beginn der Dressuren auf, son- dern auch dann, wenn die Tiere erregt oder iiberfordert waren oder ein friiher erlerntes Musterpaar wcitgehend vergessen hatten (vgl. auch KOEHLER 1943 und Schiiler, M o w - ( .OMI :RY 1952, AI.TEVO(:T 1953, RENSCH und ALTEVOCT 1953).

Bei diesen Ubungcn waren die Ratten gefiigiger als Mause, die leichter erregbar, hastiger und schwerer zu beeinflussen waren. Ahnliche Unterschiede zwischen grol3en und kleinen Formen beschrieben AI.TEVO(;T (1951) fur Hiihnerrassen, RENSCH und HARnE (1952 a) fur Miuserassen, R E N S C I ~ (1954) fur Fische.

350

2. L e r n v e r s u c h e m i t o p t i s c h e n M e r k m a l e n a) Eiozelaufgaben

Die ersten drei der 8 Musterpaare (Abb. 3 ) stimmten vollig, zwei weitere weitgehend mit den von BOXRERGER verwendeten uberein. Negativ wurde jeweils das Muster, welches das Versuchstier spontan bevorzugt hatte. Die Mustergroflen entsprachen den verschiedenen Augengroflen von Ratten und Mausen (Groflenangabe der Zeichen fur Ratten jeweils vorangestellt) (vgl. Abb. 3): 1. ,,Q u a d r a t - K r e u z.." Schwarzes Quadrat : Seitenlange 5 bzw. 3 em - Schwar7es Kreuz: Arm 2X1,2 bzw. 1,2X0,7cm, positiv fur 10 Ratten und 10 Miuse. 2. ,,S c h w a r z p u n k t - W e i 13 p u n k t." Schwarze Kreisfliche auf weiRem Grund: 2 r 5 bzw. 3 em, positiv fur 8 Ratten und 5 Mause - WeiBe Kreisfliche auf scfiwarzem CIrund: Mal3e wie oben, positiv fur 2 Ratten und 5 Miuse.

7

Abb. 3 . Die S Musterpaare

3. , , W e 1 1 e - B a I k e n " . Waagerechter schwarzer Balken: 4X0,6 bzw. 2,1X0,4 em, positiv fur 9 Ratten und 2 Mause - Waagerechce Wellenlinie: Von gleidier Breite und LCnge, positiv fur 1 Ratte und 8 Miuse. 4. Graustufen im Helligkeitsverhaltnis 1 : 4 bei kiinstlichem Licht. XuRerer @ 5 bzw. 3 em, innerer @ 2,5 bzw. 1,5 cm. Dunkelring positiv fur 10 Ratten und 8 Miuse, Hellring positiv fur 1 Maus. 5. Senkrechte schwarze Balken: je 4 X 0,9 bzw. 2,s X 0,6 em; Ab- stand 0,7 bzw. 0,5, positiv fur 4 Ratten und 1 Maus - Schwarzes gleichseitiges Dreieck: Seiten- Iange 4,2 bzw. 2,5 em, schwarze Kreisfliche (vgl. S. 354): @ 1,6 bzw. 1 em, positiv f i r 5 Ratten und 7 Mause.

6. Senk- rechte grobe schwarze und w e i h Streifen: 0,9 cm breit, positiv fur 5 Ratten und 6 MCuse - Waa- gerechte feine schwarze und weiBe Streifen: 0,4 cm breit, positiv fur 3 Ratten und 1 Maus. 7. S c h a c h b r e t t - S c h r a g p u n k t." GroBe der zwei schwarzen und zwei weiBen Schachfelder: 3,2X3,2 bzw. 1,6X1,6 em, positiv fur 4 Ratten

, ,H e 1 1 r i n g - D u n k e 1 r i n g."

,,D r e i e c k - 2 w e i s t r i c h."

,,G r o b r a s t e r - F e i n r a s t e r . "

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Untcrschiedliches visuclles Lernvermogen vnn Ratten und Mausen 35 1

und 3 Miusc - Zwci schwarze Kreisflachen: 8 2 bzw. 1 em, in einem weinen Quadrat : Kantcnl ingc 6,4 bzw. 3,2 em, positiv fur 2 Ratten. 8. ,,W i n k e I - T u p f e n." Schwarzer Winkel: AuBere Schcnkellange 6 bzw. 3,s em, Brcirc 1,2 bzw. 0,5 em, posiriv fur 2 Ratten - Unregclniasig verteilte schwarze Punkre, positiv fur 2 Ratten.

Farbdressuren unterlief3 ich, weil uber das Farbensehen von Muriden noch keine Klarheit besteht und die Farbtuchtigkeit zumindest gering ist (WAUGH 1910, HOPKINS 1927 a, b, MUNN 1932, 1950, WALLS 1934, 1942, MALTON und BORNEMEYER 1938, GRANIT 1947).

Nachdem die Tiere den Zusammenhang zwischen Zeichen und offenem bzw. geschlossenem Fenster erfai3t hatten, begannen sie meist bald sicher zu wfhlen, und zwar 15 Ratten nach durchschnittlich 94, 15 Mause nach 170 Spriingen. Die 7 Mause M 1, M 4, M 9, M 10, M 14, M 15 und M 19, die bei Aufgabe 1 und 2 selbst nach uber 1000 Sprungubungen und trotz standiger Hilfe keinen Lernerfolg zeigten, blieben bei diesem Leistungsvergleich unbe-- achtet. Die Ratten dagegen lernten alle.

Wenn sie die erste Aufgabe beherrschten, folgten die Tiere dem Seiten- wechsel der Musterkarten im allgemeinen ohne Hilfe; nur einige brauch- ten beim Anlernen neuer Zeichenpaare gelegentlich einen Hinweis (vgl. Tab. 1). Die Haltung der Tiere lief3 bereits erkennen, ob sie ihre Aufgabe konnten; sie wahlten rascher und meist ohne besondere Aufforderung. Neigte sich eines zunfchst einmal sprungbereit zur falschen Seite, so zog es den Oberkorper augenblicklich zuruck und wandte sich dann entschlossen der richtigen zu. Vor einem neuen Merkmalspaar verhielten sich alle deutlich anders als zuvor: Nach- dem sie sich zum Sprung vorgebeugt hatten, stutzten sie plotzlich, putzten sich im Ubersprung oder wandten sich ab.

b) Lerngeschwindigkeit und die Scbwieripkeitsgrade der einzeloen Aufgaben

Die 10 Ratten und 10 Mause erlernten ihre Aufgaben sehr verschieden schnell (Tab. 1). Anscheinend waren dabei angeborene Unterschiede in der Begabung und im Temperament entscheidend. Meist waren es die Zartesten und Lebhaftesten, die am schnellsten und besten lernten. Ahnliche Beziehungen zwischen LebhaRigkeit und Lernfahigkeit fanden HERTER (1 929) bei Fischen, V. BOXBERGER (1953) bei Ratten und Mausen und OMWAKE (1953) bei Ratten in Irrgartenversuchen. Wie aus Tab. 1 hervorgeht, waren sowohl fur Ratten als auch fur Mause Aufgabe 1, 3, 5 und 7 schwerer als 2, 4, 6 und 8 . Reine Form- merkmale wie in den Aufgaben 1, 3 und 5 erlernten Ratten und Mause lang- samer als solche, die zusatzlich verschieden hell war'en. Allerdings ist dabei zu bedenken, daf3 bei der I . Aufgabe allen Tieren die Versuchsanordnung noch ziemlich fremd war (vgl. RENSCH und ALTVOGT 1953). Im iibrigen stimmen meine Beobachtungen mit den Feststellungen von MAIEK (1939) an Ratten uberein. Besonders Mause waren bei Mustern mit Hell-Dunkel-Unterschieden sprungfreudiger als sonst. Auch bei Fischen ist nachHERTm (1929) die Schwarz- Weif3-Dressur leichter als die Formdressur.

7 von den 8 Au fgaben erlernten die Ratten durchschnittlich rascher als die Miiuse; dabei waren die Unterschiede bei schwierigen Reizniustern groi3er als bei leichten. Aufg. 5 bildet wegen der Beeinflussung durch Aufg. 1 infolge Ahnlichkeit ihrer Teilkomponenten eine Ausna'hme (vgl. S. 354). N u r die Graustufenunterscheidung (Aufg. 4) erfaf3ten die Mause schneller.

Abb. 4 veranschaulicht den Lernverlauf bei leichten und schweren Auf- gaben bis zur Hochstleistung und macht die allgemeine Oberlegenheit der Rat- ten deutlich, die urn so grof3er ist, als alle untauglichen Mause schon nach den Vorversuchen ausgeschieden waren (S. 349). Die Tiere lernten im allgemeinen durch Versuch und Irrtum mit allmahlich vermehrten positiven Entscheidungen.

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352 WALTRAUT REETZ

Tab. 1. Anzahl der Sprunge bis zum Lernerfolg (6S0 /0 Posiriv-Entscheidungen) jedts Ver- suchstieres. Bei Doppelzahlen nennt die obere: Wahlversuche mit Hilfestellung, die untere: Selbstandige Wahlen. Klammern bedeuten, d a 8 ein Tier die Aufgabe erlernte, obwohl es nicht alle fruheren zugleich beherrschte. - = nicht erlcrnt oder gesrorben. B = Braune,

G = Gescheckte Ratte. Aufzeichnung der Aufgaben in Lernrcihenfolge

Ratte

G 5

B 5

G 6

B 6

B 7

G 7

B 8

B 9

B 10

G 1 0

I 150 ' 211 50

60

60

60

00

70

;;>15n

80

60

00

30,- 50-

291

;;;>4:30

270

20

50

8 0

"10

3 6 0

300

9 0 , 120

;;>240 ~ 141

60 ' 80

6 4 60

90 90

30 6 0

50 30

2 0 5 1 187

1 1 1 28 1

Maus M 2 3 5 7 3 109 2 2 3 .i 7 i 0

M2

M 3

M.5

M h

M7

MU

M 11

M 12

M 1 3

M 16 --

5 0

80

60

30,, 92 6 2

60

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;!>155

74

102

60

41 1

3 3 3

3:i 4

80

275

354

I70

50

240

390

120

180

312

190

261

50

324

M=31:I 249 105 228 200 110

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Unterschiedliches visuelles LernvcrmGgen von Ratten und Mausen 353

%Richtigwahlen loo T

1. Quadrat- Kreuz -

2. Schwarzpunkt-WeiApunkt

Tage

Richtigwahlen toor

.!' 50 *,

6. Grobraster- Feinraster I . . ! . .

i 2 3 4 5 6 7 8 9 i o n 1 2 1 3 1 4 1 5 1 6 1 7 1 40 Tage 90.

80.- _.-.-.-. /---,.%. ,.-_._-- 70'- ./- .__.'

/ ,*--..'

7. Schachbrett- Schragpunkt 60- /.-.,' 5 0 .

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 1 6 1 5 1 6 1 7 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 n 12 13 1 4 1 5 1 6 1 7

~~

7o ,.-I.

60 . , 60 4 Hellring-Dunkelring .,. ,, 8. Winkel -Tupfen

M ,.' 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 I 4 1 5 1 6 1 7 1 2 3 4 5 6 7 8 9 1 0 1 1 1 2 1 3 1 4 1 5 1 6 1 7

Tage Tage

Abb. 4 . Lernkurven 7u den Aufgaben 1-8. ---- Durchschnittsleistung von 10 Miusen, ___ Durchschnittsleistung von 10 Ratten

Bei den beiden leichtesten Aufgaben wahlten jedoch mehrere Ratten und Mause nach einigen Zufallswahlen plotzlich in hohen Prozentsatzen richtig (Abb. 4, Aufg. 2 und 6): Bei Schwarzpunkt-Weii3punkt verbesserten sich im Durchschnitt 8 Ratten von 55,4 auf 89,2 70, 6 Mause von 63,3 auf 93,2 p; bei Grobraster- Feinraster 4 Ratten von 57 auf 86 c/c und 3 Mause von 50 auf 85 %. Ahnlich verliefen auch die Kurven zu Aufgabe 8 von allerdings nur 4 Ratten und 2 Mau- sen (Tab. 1). Diese im ganzen so auffallende Ahnlichkeit der Lernkurven lehrt, dafi die zugehorigen physiologischen bzw. psychologischen Vorgange beiRatten und Mausen einander weitgehend entsprechen, dai3 es also gerechtfertigt ist, die beiden verschiedenen Arten (bzw. Gattungen) miteinander zu vergleichen.

Bei den visuellen Dressuren von RENSCH und ALTEVOGT (1953) mit z. T. entsprechenden Mustern am Indischen Elefanten verliefen die Lernkurven bei leichten und schweren Aufgaben in ahnlicher Weise verschieden. Das Zeichen- paar Dreieck-Zweistrich fie1 vielen meiner Versuchstiere auffallend schwer, und die Hochstleistungen lagen niedriger als bei allen anderen Aufgaben. Die Ver- mutung, dai3 die Aufgaben Quadrat-Kreuz und Dreieck-Zweistrich sich gegen- seitig beeinflufiten, bestatigte sich bei den Wiederholungstests (S. 354).

c ) Mehrfaehaufgaben

Vor Beginn jeder neuen Aufgabe wurden die bisher erlernten mit je 10 Sprungen wiederholt. Je naher man an die Grenze der Aufnahmefahigkeit heranruckte, um so mehr Ubungstage mit je 10 Spriingen fur jede Aufgabe waren notig, urn bei allen Aufgaben die ursprungliche Leistungshohe zu er- reichen. Wenn die Prozentsatze bei einer Aufgabe besonders niedrig waren,

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. . . . . . . . . . . . . . . .

Rat t en . . Mause

Tab. 3. Ergebnisse der Mehrfach-Tests fur 6 , 7 und 8 Musterpaare. Anxahl der Ratten bzw. Miiuse, die in 50 Versuchen im Durchschnitt zu -t 5% richtig

A 1 A 2 A 3 A 4 1 A 5 A 6 1 A 7 1 A 8

10 10 10 6 > 3 I I: 6 1 1 10 1 0 Y a

-

- 1

2

3

4

5

6

7

8

Mehrfach- Gruppe

Versuchstiere

Quadra t - Kreuz Weiflpunkt- Scbwarzpunkt Welle- Balken Dunkelring- Hellring Dreieck- Zweistridi Grobraster- Feinraster Scbachbrett- Smragpunkt Winkel- Tupfen

wihl ten

6 - fach 5 R + " I - 85

94

82

75

85

99

-

-

SM + 91, - 86

96

80

79

75

96

-

-

7 - fach 4 R t '; ( 8 - 91

Y8

87

85

82

99

82

-

LM t 9 u - 84

84

72

84

90

LOO

84

-

- 1 - fach

3 R + ''0 ' -

90

96

91

82

92

99

92

97

einem MehFfachtest endete usw. In jedem dieser Mehrfachtests erschien jedes Aufgabenmuster 50 mal. 6-, 7- und 8-fach-Tests wurden je auf 5 Tage verteilt. Die Ergebnisse sind in Tabelle 3 zusammengefafit.

5 Ratten und 4 Mause be- herrschten beim S e c h s f a c h - T e s t alle Zeichenpaare gleich- zeitig an allen funf aufeinander- folgenden Tagen etwa gleich gut (Tab. 3 , Spalte 1 u. 2).

7 A u f g a b e n n e b e n - e i n a n d e r beherrschten4Rat- ten, aber nur eine Maus (Spalte 3 u. 4). Bei den Aufgaben 1-4 wahlten die Ratten sogar siche- rer als im 6-fach-Test: Sie ge- wannen von Versuch zu Ver- such mehr Obung (vgl. Box- BERGER 1952) und arbeiteten

Page 9: Unterschiedliches visuelles Lernvermögen von Ratten und Mäusen

Unterschiedliches visuellea Lernvcrmogcn von Ratten und Mausen 355

YO

93

82

81

(64)

98

84

immer aufmerksamer (vgl. MAIER 1930 fur Ratten, RENSCH und ALTEVOGY 1953 fur den Indischen Elefanten).

Die Mause losten schon im 6-fach-Test einige Aufgaben an manchen Tagen sehr schlecht. Solche Leistungsschwankungen, Unaufmerksamkeit und vermin - Jerte Springlust zeigten Lei allen Versuchstieren die Grenze des Aufnahme- vermogens an.

8 A u f g a b e n z u g 1 e i c h bewaltigten nur noch 3 Ratten mit statistisch sicheren Werten bei allen Aufgaben (Spalte 5). Auch die letzte Maus versagte jetzt n i t nur 38 + % bei der 3. Aufgabe.

Bei einigen der ausgeschiedenen Versuchstiere konnte ich die Anzahl der gleichzeitig beherrschten Merkmale erhohen, indem ich nicht die ubliche Reihen- folge einhielt, sondern jeweils mit eiiiem besonders einfachen Muster fortfuhr (Tab. 4). Ratte 10, die im 7-fach-Test beim Dreieck gegen Zweistrich versagt hatte, lernte nun ohne Schwierigkeiten noch Winkel gegen Tupfen hinzu und erkannte jetzt bei einer Tab. 4. Prozentsitze richtiger Entscheidungen einer Ratte 8-fach-Kontro11e Signal- und einer Maus in Mehrfachwahlen niit einer Auswalil paare. Maus 6 scheiterte lcichtcr Aufgilben ( t i je 50). Statistisdi nicht gesichcrte

Werte in Klaiiimern

Y2

06

76

;o

(36)

100

04

im 6-fach-Test ebenfalls bei Aufgabe 5. Deiinoch lernte sie als 7. Muster- paar Schachbrett-Schrag- punkt hinzu und erkannte Jann bei der 7fachen Wiederholung sechs Zei- chenpaare gleichzeitig. Da- nach erlernte sie als 8. Aufgabe auch noch Winkel - Tupfen, be- herrschte aber im 8-fach- Test nur noch funf (Tab.4).

Insgesamt waren also wieder die Ratten uber- legen. In Mehrfacbauf- gaben beherrschten fi Rat- ten und fi Mause sechs, 5 Rat t en und eine Maus

-

- 1

2

3

4

5

6

7

8

Aufgaben

Quadrat- Kreuz Schwarzpunkt- Weif lpunkt Welle- Balken Hellring- Dunkelr ing Dreieck- Zweistrich Grobraster- Feinraster Schachbrett- Schragpun k t Winkel- Tupfen

~ ~

Maus 6 - fnch -

(.lo)

9 1

86

Y 2

i 0

100

80

-

sieben, 3 Rat t en und keine Maus acht Musterpaare gleichzeitig. Die Frage, ob die Tiere sich das Musterpaar als Ganzes oder nur die posi-

tiven oder nur die negativen Zeichen merkten, war nicht leicht zu cntscheiden. Das Pendeln zwischen den Mustern, das bei Mehrfach-Aufgaben mit ihren stan- dig wechselnden Anordnungen besonders auffallig war, erweckte den Eindruck, als richteten sie sich nach b e i d e n. Zur Probe bot ich 11 Ratten und 5 Mausen jc 30mal ein schwarzes Quadrat als negatives oder ein schwarzes Kreuz als positives Muster neben einer rein weii3en Klappe. Dabei bevorzugten Ratten bei durchschnittlich 94 % der Sprunge das Positiv-Merkmal und wahlten seiten- stetig, sooft das negative Zeichen erschien. Mause dagegen entschieden sich fur das Kreuz nur zu 72 "/c richtig und sprangen zu 74 "/r die weiae Klappe an, wenn das Quadrat geboten wurde, dessen negative Bedeutung sie also anschei- nend auch einzeln erkannten.

Zwei negative Merkmale nebeneinander veranlat3ten 6 sprungbereite Rat- ten zu anhaltenden Suchbewegungen. Sie sprangen jedoch ziigig die linke oder die rechte Klappe an, wenn ich ihnen zwei gleiche positive Muster bot. Durch standiges Wechseln der positiven neben einem immer gleichbleibenden nega-

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356 WALTRAUT REETZ

tiven Merkmal IieGen sich die Versuchstiere ebensowenig verwirren, wie durdi ein gleichbleibendes positives neben standig veranderten negativen Mustern. Sie hatten sich danach nicht nur die Reziehung zwischen je zwei Mustern, sondern auch jedes einzelne samt seiner Bedeutung eingepragt (vgl. auch S . 359).

BOXRERGER (1952) nahm an, daf3 ihre Ratten und Mause nur die negativen Muster erlernt hiittcn. I'"m.Ds (1932a, 1935) Ratten richteten sich nach der positiven von zwei Fi uren, die sic muhelos auch aus einer Reihe von funf gleichzeitig gebotenen Merkmalen herausgnden konnten. Bei den optischen Dressuren von Rowmy und BOLLES (1935) wihlte eine Maus ebenfalls weitcrhin richtig, wenn das bekannte Zeichen in anderer Nachbarschaft geboten wurde. Nach MAleR (1939) sollen sich Ratten hauptsachlich nach dem positiven Reiz, aber auch je nach der Art der Figuren nach beiden richten konnen. Die Kenntnis jedes der beiden Zeichen aus 2-fa&-Wahlversuchen fanden aunerdem HERTER (1939) beim Mauswiesel und bei Zwergwelsen (1949), SEITZ (1951) beim Schaf, RENSCH und ALTEVOGT (1953, 1955) bei einem Indischen Elefanten und ALTEVOCT (1953) bei Amseln.

d) Gediichtnisleistungeo

Bei diesen nach verschieden langen dressurfreien Zeiten durchgefuhrten Versuchen war das negative Fenster nicht versperrt und daher eine Nachdressur ausgeschlossen. Zunachst bot ich 7 Ratten und 7 Mausen, die von den je 10 zu den Hauptversuchen verwendeten Tieren noch lebten, die leichte Aufgabe Schwarzpunkt-MeiGpunkt dreimal nach je 10 Tagen, zweimal nach je 14 Tagen und weiterhin alle 30 Tage so lange, bis sie alles vergessen hatten, d. h. zu weni- ger als 70 74 richtig wahlten oder zu alt geworden waren. Jedes Merkmalspaar sahen sie an den Kontrolltagen nur 10ma1, damit sie nicht nachlernen konnten.

%Richtigwahlen ':I 80 .o- - :;;;*;:--:\;,. . . , . . . . . . . . . . 1 . 9 . . . . . . . . . . . . .-a . . . . . . . . . . . . . .

- -0 - - * - _ _

* - _ _ 70

60

50 i

10 20 30 LL 58 188 218 248 278 308 338 Kontroll tage

Abb. 5. Vergessenskurven yon 7 (am Ende 2) Ratten ( ) und 7 Miusen (- -- -). Aufgabe: Schwarzpunkc-WeiRpunkt

Wie Abb. 5 zeigt, unterschritten die Mause nach 218 Tagen 70% richtige Wahlen, wahrend die Ratten zur selben Zeit noch zu 87% und auch nach 278 Tagen no& zu mehr als 68% richtig wahlten. Nach 308 Tagen waren nur noch 3, nach 338 Tagen nur 2 Ratten iibriggeblieben, die im Durchschnitt 70% erzielten; alle anderen waren tot oder zu schwach.

Insgesamt war das Gedachtnis der Ratten wesentlich besser als das der Mause; die Leistungen einzelner Tiere waren aber sehr verschieden. Einige Rat- ten blieben zeitlebens oberhalb von 68 + %. Ratte 5 z. B. konnte nach 278 Tagen vor Altersschwache kaum noch springen und das Fenster aufstogen, entschied sich aber dennoch zu 90% richtig.

Dagegen behielten v. BOXBERGERS (1 952) 6 Ratten dieselbe Aufgabe durch- schnittlich nur etwa 51 Tage, die Mause etwa 30 Tage lang. Dies ist offenbar auf die abweichende Versuchsmethode zuruckzufiihren. Vielleicht pragen die Tiere sich bei der Lashleyschen Sprungmethode die Merkmale starker ein, weil sie sie langer betrachten miissen, und vergessen sie deshalb nicht so schnell.

Zwei Monate nach Beginn der Gedachtnisversuche mit Aufgabe 2 prufie ich in einer zweiten Reihe von Vergessenstests neben der ersten in Abstanden von einem Monat, wieviel die 5 Ratten und 5 Mause, die den Mehrfach- Wahlversuch gemacht hatten, von allen andern Aufgaben behalten hatten

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Unterschiedliches visuelles Lernvermagen von Rat ten und Miusen 357

(Vielfach-Vergessenstests). Bei schwierigen Aufgaben waren die ersten Sprungr haufig falsch; jedoch stieg die Zahl der richtigen Wahlen im Laufe der Ver- suche (vgl. auch DINSMOOR 1952), wahrscheinlich weil den Tieren die Losung allmahlich wieder einfiel. An manchen Kontrolltagen erkannten die Tiere ein- zelne Aufgaben nicht (50 bis 60 + %I), bei der nachsten Prufung plotzlich wieder mit 90 oder gar 100 + %.

Alle Tiere vergaflen von Versuch zu Versuch mehr Musterpaare, ini all- gemeinen die schwersten zuerst. Die Mause hatten schon bei der ersten Kontrolk zwei von 6 Zeichenpaarcn vergessen. Die Ratten beherrschten zur gleichen Zeit noch alle, sanken aber sofort auf sechs, dann auf funf, drei, zwei und eins ab. Bei der besten Ratte hafkete am besten Grobraster gegen Feinraster mit 80 + ?Z nach 459 Tagen, bei der besten Maus die Graustufenunterscheidung mit 70 + 9% nach 195 Tagen. Meine Tiere behielten die leichtesten Aufgaben am langsten, wahrcnd bei FIELDS (1936) anscheinend die zuletzt erlernten am langsten haf- teten.

Die Einzeldaten aller Vergessenstests jedes Versuchstieres wurden im Zoolog. Institut der Universitat Munster hinterlegt. In Tab. 5 sind die Best- leistungen der drei besten Ratten und Mause zusammengestellt.

Dai3 die Tiere sich bei den Kontrollversuchen selbst nachdressiert hatten, ist kaum anzunehmen; denn von 6 Ratten, die bei Vorversuchen die Aufgabe Quadrat-Kreuz erlernt hatten, erreichten zwei noch nach 8 vollig dressurfreien

Tab. li. Bestleistungen der jeweils besten Rat te und Maus bei jedem Vielfach-Ver- gessenstest. I n Klammern das jeweils

zweitbeste und drittbeste Tier

Mehrfah- G r u p p e

8 - f a d 1 0 - fach 5 - fach 4 - fach 3 - fadl 2 - fa& 1 - fach

Dressurfi Rat ten

:I 3

91. 131 163, SO)

I54 (1 30, 106) 308 (257, 124) 337 (288) 4.50 (429, 111)

ie Tage M i u s e

- ~

._

103 ( 5 2 , 31) 103 (61) 164 (83, 67) 19.5 (1 1.4, 128)

Monaten 1 O O f % und cine 90+ 7%. Ahn- lich hohe Prozentsatze fur mehrere Zeichen erzielten auch FIELDS (1936) Ratten nach achtmonatiger Dressurpause.

3. T r a n s p o n i e r v e r m o g e n 5 Ratten und 5 Mause erlernten

3 Musterpaare: Drei Punkte gegen einen Punkt, grobe gegen feine waagerechte Strci- fen und Kreuz gcgen Quadrat. Diese Nor- malzeichen ( N ) wurden auf verschiedene Weise in Transpositionszeichen (T) umge- staltet (Tab. 6). Auf jede gut eingepragte Nornialzeichen-Dressur folgten fur jede Umformung 50 Transpositionsversuche, die auf 5 Tage verteilt zwischen Nachdressuren mit dem Normalzeichen eingeschoben wur- den, etwa nach folgendem Schema: NTNN- NTNNTNTNNNTNT USW. Jedes Tier

/ f . 1 t * r p x y c l ~ ~ l ~ g ~ ~ , lid I 1 11e1t i

Tub. 6. Ergebnisse der Transposi- tionsversuche. A R bzw. AM = An- zahl der Rat ten bzw. Miuse, die in je 50 Versuchen mit iiber 68 + " / o wahlten. + O i o = Durchschnitt ihrer positiven Wahlen, N : Normal-

zeichen, T = Transposition

+ I:;, 96

Y O

0 5

Y 2

-~

8Y

99

Y h

68

90

7 1

-

05

8 6

5 1 97 ___.

5 80

2 i7

1 68

1 71.

-

I t

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358 W A I T K A U T I<I.ETZ

machte taglich 30 Spriinge, wovon pro Tag 10 Transpositionen zu losen waren. Nach Abschlufl der ersten Aufgabe lernten sie unverziiglich die nachste, die da- nach ebenfalls umgeformt und auf dieselbe Weise geboten wurde usw. Bei den Transpositionen waren beide Fenster offen. Die zwischengefiigten Normalwahlen bei geschlossener Negativ-Klappe hielten dieTiere zur Aufnierksamkeit an. Durch plotzliches Stutzen gaben sic haufig zu erkennen, daii sic die Veranderung be- mcrkten; sic neigten sich deutlich zu beiden Fenstern, ehe sie sich entschieden.

Die erste Aufgabe D r e i p u n k t g e g e n E i n p u n k t lijsten Ratten und Mause nach Veranderung des positiven Dreipunkt-Musters kauni schlechter als zuvor (Tab. 6, T I a, b). Als dem negativen Einpunkt ein weiterer Punk: hinzugefugt wurde ( T I c), wahlten die Ratten noch ebensogut, 4 Miuse jedocli nur noch zu 77% richtig und cine weniger als 68%. Trugen schliclalich beide Karten gleich vie1 Punkte in verschiedener Anordnung, so erkannte keine der Rat t en d as u rs p ru n g l iche Posit i v -M e r k m a1 w i ed er , ob w o h 1 d i es u n v e rii n d e r t geblieben war. Einc Maus sprang zu 74% das richtige Fenster an.

Ob die Versuchstiere eine Abstraktion ,,vie1 schwarz" gegen ,,wenis schwarz" gebildet hatten, sollte die Transposition I e klsren, bei welcher der negative eine Punkt den gleichen Flacheninhalt hatte wie die positiven drei P u n k t e zusamnien. 3 Ratten wurden seitenstetig, doch wiihlten zwci statistisch sicher das positive Muster. Dagegen waren die MLiuse deutlich verwirrt, an- scheinend weil sie sich mehr nach Helligkeits- als nach Formunterschieden ge- richtet hatten (vgl. auch S. 351).

Bei I I a wurde das positive G r o b r a s t e r von der Horizontalen in die Vertikale gedrcht, was die Entscheidungcn der 5 Ratten kauni becinflufltc (96 + 7 6 ) . Die M ~ U W reagierten nicht so einheitlich: Zwei erkannten die ver- Bnderte Aufgabe nicht wieder. Auf3erdeni stellte sich heraus, dnf3 sich die drei anderen Mause im Gegensatz zu den Ratten nicht das gesamte Raster, sondern nur den unteren waagerechtcn Balken gemerkt hatten; dieser Balken allein ge-- niigte, um positive Entscheidungen zu erzielen. Deshalb sind 3uch Versuche zu der Frage, ob die Tiere eine Abstraktion ,,grob" gegen ,,fein" vorgeiiommen hatten, nicht verwertbar. Bei weiteren Versuchen mit einem noch grijberen Raster neben dem normalen groben, wshlten Ratten wie MLiuse rclativ.

Wenn Q u a d r a t und K r e u z beide um 45O gedreht waren (T IIIn) , wahlten alle Ratten und Mause zu einem hohcn Prozentsatz richtig. Auch LASH- I .EYS Ratten ( 1 9 3 8 ~ ) lieisen sich durch eine Drehung der Buchstaben X und H um 90' nicht storen, wohl aber, wenn Dreieck und Kreuz um 45Ogedreht waren.

Als weif3e Strichfiguren auf schwarzem Grund ( T I11 b) erkannten je 2 Rat- ten und Mause Quadrat und Kreuz allmahlich wieder. Ihre Leistungen stiegen bis zum letzten Versuchstag bei den Ratten durchschnittlich auf 90 + 2, Lei den Mausen auf etwa 80 + '/r ; Tab. 6 nennt den Durchschnitt aller Tage.

Wenn die normalen Muster verkleinert wurden (T IIIc) , versagten Ratten und Mausel). Dagegen konnten die Ratten von FIELDS ( 1 9 3 2 4 und LASHLEY (1938 c) diese Aufgabe meistern.

Bot ich die Muster statt schwarz auf weifiem, jetzt weif3 auf schwarzeni Grund (T I I Id) , so erkannten 3 Ratten sie, im Gegensatz zu 2 Ratten von L.ASHLEY (1938c), sofort fast ebensogut wie fruher. Von meinen Mausen sprang nur eine zu 68 74 richtig. ROWLEY und BOLLES (1935) erreichten bei 10 Msusen positive Ergebnisse.

Die Strichfigur auf weiaem Grund (T I I Ie ) deuteten 2 Ratten und eine Maus richtig (entsprechende Resultate bei LASHLEY 1938c; vgl. auch LASHLEY 1930 und MUNN 1930). Fur das optische Auflosungsvermogen des Mauseauges

') Die Zeichen harten dieselbe GroRe wie bei v. BOXBERGERS Versuchen (Kreuz: Balken -__

1,2X0,5 bzw. 1,OXO,2 c m ; Quadrat 1,s bzw. 0,7 cm).

Page 13: Unterschiedliches visuelles Lernvermögen von Ratten und Mäusen

Unterschicdliches visuelles Lcrnvcrm6jien von R;rrren und M i u s c n 359

waren die Umrifllinien der Figuren zunachst vielleicht zu dunn. Deshalb ver- breiterte ich sie und wiederholte die Versuche, ohne dafi die Leistungen sich besserten; dieselbe Maus erreichte jetzt nur 68 -k %.

Bei T 111 f versagten Ratten und Mause. Tni letzten Versuch (T 111 g) be-- vorzugten 3 Ratten das verwandelte Negativ-Zeichen (Halbseitenquadrat). Setzte man jedoch das positive Normal-Kreuz daneben, so entschieden sie sich zu 100% f u r das Kreuz. 2 Ratten waren seitenstetig; sobald aber ein Nornial- Quadrat neben dem Totenkreuz hing, wahlten sie letzteres zu iiiehr als 90 % . 3 M5use verhielten sich ebenso; eine lief3 sich iiur durch d a s negative Normal- Quadrat, nicht durch das Normal-Kreuz lenken. Dies ist eine weitere Stiitzi, fur dic Vermutung, dafl sich die Versuchstiere sowohl das negative a l s auch dac positive Muster einpragen konnen (vgl. S. 355).

A U C ~ die Tuanspositiomau fgaben losten also m e h y Rattcn a l s ~ ~ l ~ i i i s c , w0h. i sic durchschnittlich besserc Leistungen erzielten als diese.

Resprechung der Ergelmisse In allcn Versuchen waren die Ratten den Mausen zienilich eindeutig i i h r -

legen: in der I,eriigeschwiiidigkeit, Auffassungsgabe, den (;edachtnisleistung~!i LI n d nu ch i ni Tr a i i s pos it i ons ve r m iic en. Nur die Ge diich t 11 i sl ei s t u n gcn s t i m men mit v. B ~ X I I I ' R G I ~ K S (1 952) Ergebnissen iiberein. D i e ~ ~ r a u s t u f e ~ i i ~ n t e r s c ~ i e i ~ ~ i ~ ~ i ~ erlernten meine Msuse schneller als die Ratten, wshrend bei v. BOXHI-RGI~~I: Kntten die ersten drei, Miiuse die letzten drei Aufgaben schneller liisten. In M el1 r f ach w a h I en be her r sch ten v . B 0x13 EK G ER s Rat ten u n d Miiu sc gl ei ch v id, niinilich 6 Aufgaben nebeneinander, wiihrend bei mir 3 Ratten bis ZLI S , eine Maus siebm und f u n f 6 hlusterpaare erkannten. Die Hauptursachedieser Unter- schiede siiid wohl die verschiedenen Versuchsmethoden: In der von v. BoxnEI<c;i.i<

-WAW o ~ - A p p a r a t u r , e i iieni Lau f g an g,. mi t F u t ter k am ni cr 11 am Ilnde, licfen die Ratten sehr hastig zum Ziel, die Mause wesentlich lang- sanier. Diese hatten deshalb mehr Zeit Zuni Fixiercn der Muster und wiihlten daruni sicherer als Ratten. AMSKI, zeigte 1952, dai3 Ratten um so rascher lerncn, je Linger sie die Muster when durfeii. In der L ~ s ~ ~ ~ i u s c h e n Sprungapparatur (S. 348) muflten Rntten und MGuse in gleicher Weise von einem festen Piinkt a u s w,ihlen, und beide wurden nicht belohnt, so daf3 auch verschieden starker Hunger nicht s t o r m konnte.

Ferner benutzte ich iiur farbige Tiere mit normal pigmentierten Augcn, weil diese ein besseres Auflosungsvermogen haben als rote (LASHLEY 1930c, MWNN 1950). Auch dadurch lieflen sich die Leistungen beider Gruppen steigern.

Die Uberlegenheit der Ratten stutzt die Ausgangshypothese, daf3 ein absolut grofleres Hirn mit einer relativ grof3eren siebenschichtigen Rinde hohere Leistungen ermoglicht als ein kleines.

Man koniite vielleicht einwenden, dai3 die Mause nur deshalb weniger und schlechter lernten als die Ratten, weil ihr Sehvermogen geringer sei. Dem ist aber entgegenzuhalten, dafl einzelne die Aufgaben fast ebenso schnell und gut erlernten wie diese und eine sogar sieben Aufgaben zugleich beherrschte.

Zusam menfassung 1. Durch Dressuren im abgewandelten LAsHLEYschen Sprungapparat

wurde das visuelle Lernvermogen von Ratten und Mausen untersucht. Wahrend der Dressurubungen verhielten sich Ratten ruhiger und bestandiger als Mause.

2. Von 17 Mausen schieden 7 schon in den Vorversuchen als untauglich aus, von den Ratten keine.

3. Die positive bzw. negative Bedeutung der Muster erkannten Ratten bei 7 von 8 Aufgaben im Durchschnitt schneller, d. h. nach weniger Sprungen als die Mause. N u r eine Graustufenunterscheidung erfafiten Mause schneller. Der

24.

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360 WALTRAUT REETZ

Lernverlauf war je nach der Schwierigkeit der Aufgabe verschieden, aber bei Ratten und Mauser, im ganzen ahnlich.

4. Bei Mehrfach-Tests erkannten funf Mause 6, nur eine noch 7 Aufgaben wieder. Von den Ratten dagegen beherrschten funf 7 Aufgaben nebeneinander und drei sogar 8.

5. Ratten wie Mause pragten sich anscheinend sowohl die positiven als auch die negativen Merkmale ein.

6. Ratten konnten auch Einzel- und Mehrfach-Aufgaben langer behalten als Mause. Schwierige Aufgaben wurden am schnellsten wieder vergessen.

7. Verschiedene Abwandlungen ihrer Dressur-Muster erkannten die Rat- ten auch durchschnittlich besser als die Mause.

8. Die Unterschiede in den Leistungen grofler und kleiner Muriden be- statigen eine Hypothese von RENSCH, nach welcher zentral-nervose Fahigkeiten von der absoluten Grofle des Gehirns abhangig sind.

Summary 1. T h e visual learning ability of rats and mice was tested in learning

experiments conducted by means of Lashley’s apparatus (Lashley’scher Sprung- apparat). During these experiments, rats showed more constant and undistur- bed behaviour than did mice.

2. Of 17 mice, 7 had to be eliminated during preliminary tests while all rats could be used for the experiments.

3 . O n the average, rhe pos’itive or negative significance of two distinct visual patterns was recognized in 7 of 8 tests by rats, more quickly, e. g. after less jumps, than by mice. The only thing mice learned more easily was to make a distinction between various shades of grey. On the whole, the process of learning was much the same in rats and in mice though, of course, i t varied according to the difficulty of the problem in question.

4. In a series of multiple tests, 5 mice were able to remember 6 , 1 even 7 problems at a time, while 5 rats were able to remember 7 and 3 even 8 problems at a time.

5. Both rats and mice apparently remembered negative sign properties as well as positive ones.

6. Rats remembered single as well as multiple tests for a longer period of time than did mice. The most difficult problems were soonest forgotten.

7. Rats were, on the average, more capable of recognizing intrinsically identical patterns in spite of slight variations.

8. The differences in the learning absility of small muridae seem to con- firm R e n s c h’ hypothesis that central nervous abilities are dependent from the absolute size of the brains.

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Page 15: Unterschiedliches visuelles Lernvermögen von Ratten und Mäusen

Untcrschicdliches visucllcs Lernverniogcn von Rattcn und Mausen 361

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