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io86 NLINISCHE WOCHENSCI-IRIFT. 12. J A H R G A N G . Nr. 28 r5. JULI i933 chemotherapeutischen Versuchsreihe ist offenbar darin zu erblicken, dab die therapeutischen Gaben nicht lange genug fortgesetzt und da13 -- gerade bei der subcutanen Einverlei- bung des Cardiazol-Chinin -- hierbei nicht alle im Unterhaut- zellgewebe verborgenen Keime erfaBt und abget6tet werden konnten. Selbst das im Grunde unbefriedigende Ergebnis der Tabelle 5 lehrt, wie ja in viel klarerer Weise die Tabelle 4, dab eine bactericide Wirkung dieses stark verdi'~nnt angewendeten Therapeuticums innerhalb der Blutbahn vorhanden ist. F~nde eine solche Wirkung in der Blutbahn nicht start, so h~tten alle Tiere der Tabelle 4 und 5 eingehen mfissen, und vor allem bei den gestorbenen Versuchstieren hS~tte der Tod viel frfiher eintreten mfissen. Die in das Blur eindringenden und sich hier vermehrenden Keime werder~ immer und immer wieder durch das Chinin abget6tet, solange noch das Chinin im Blut ent- halten ist. Gelingt im Blut und im Gewebe nicht binnen relativ kurzer Zeit die AbtStung aller Pneumokokken, dann l~I3t naturgemS.13 die Wirkung des Pr~parates nach, da es zu schnell ausgeschieden wird. Wird der Chininspiegel im ]31ut zu gering, dann erfolgt schlieBlich eine ungehemmte En• wicklung noch vermehrungsf~higer, selbst einzelner Pneumo- kokken, die zur Septicemic und damit zum Tode ffihrt (es sei nochmals ausdrficklich auf die hohe [Einzell-]Virulenz des yon uns benutzten Pneumokokkenstammes hingewiesen !). Auch diese Versuche mit Cardiazol-Chinin fiber die Chemo- therapie der Pneumokokkeninfektion lehren in aller Eindeutig- keit, dab wir yon Chininpr~paraten eine gfinstige Beeinflus- sung erwarten k6nnen, sofern wit uns immer fiber die Grenzen dies6r Therapie im klaren sind. In einer Hinsicht stimmen MSuseversuch und Pneumokokkeninfektion beim ~enschen fiberein, n~mlich hinsichtlich der I3eurteilung der Septik~tmie. Sind die Keime erst in das str6mende Blut gelangt und ver- m6gen sie sich hier zu vermehren, dann ist unseres Erachtens in vSlliger ~bereinstimmung mit den Irfiheren experimen- tellen Versuchen yon Yl. GUNDEL eine Chemotherapie wenig erfolgversprechend. Therapeutisch haben wir ffir die Pneumo- kokkensepticSmie als einzige erfolgversprechende Behand- lungsmethode nut die hochwertigen, typspezifischen Pneumo- kokkenheilsera. Die Pneumokokkenseptic~mie, als eine der gr6gten Gefahren menschlicher Pneumokokkenerkrankungen, k6nnen wit nicht nur heilen durch die hochwertigen Heilsera, sondern such verhindern. Dadurch, dab wir den erkrankten NIenschen die fertigen Schutzstoffe in gr6Beren Mengen zur Verffigung stellen, beugen wit dem Einbruch der Pneumo- kokken in die Blutbahn vor bzw. verm6gen eine Vermehrung der einzelnen in die Blutwege eingedrungenen Pneumokokken zu verhindern. Wit sind nicht der Auffassung, dab die Serum- therapie in gr6Berem Ausmal3 den Lungenprozel3 selbst, bei- spielsweise bei den Lappenpneumonien, beeinfluBt -- dies dfirfte aber sehr wohl durch die Chemotherapie der Fall sein. Und zu dieser Wirkung k~me dann noch die direkte bacteri- cide Wirkung des Chemotherapeuticums auf den Erreger. Es wird vielfach so hingestellt, als ob ein Eintreten ffir die Serotherapie als logische Folgerung zugleich eine Ablehnung chemotherapeutischer Magnahmen bedeute. Gegen diesen auch uns wiederholt gemachten Vorwurf m6chten wir uns verwahren. Im Gegenteil vertreten wir die Auffassung, dab Chemo- und Serotherapie bei der Behandlung menschlicher Pneumokokkenerkrankungen gleichwertige therapeutische Maf3nahmen darstellen, wenn es auch schwer ist, klinische Effekte und allgemeine ~r dieser Be- handlungsmethoden genauer gegeneinander abzutrennen. Wit Bind der Ansieht, daft /i~r die Chemotherapie, ebenso wie ],ar die Serumtherapie, die ]ri~hzeitige Anwendung ausreichender Mengen yon hochwertigen Prdiparaten das Haupter/ordernis ist. Die Versuche der vorliegenden Arbeit haben gezeigt, daB, entgegen der frfiheren Lehrmeinung, auch dem reinen Chinin- molekfil eine sehr betr~chtliche bactericide Wirkung gegen- tiber Pneumokokken zuzuschreiben ist, die sich nicht nur im iReagensglas, sondern auch im chemo-tberapeufischen Tierversuch nachweisen l~Bt. Inwieweit dem Cardiazol- Chinin ein besonderer Platz in den Behandlungsmethoden der Lungenentzfindungen des !V[enschen einzur~umen ist, das zu entscheiden ist Sache der behandelnden ~rzte und Kliniker. Unsere Versuche haben durchaus gfinstige Resultate gezeitigt, die nun der klinischen f2Tberprfifung bedfirfen. Zusammen/assung: Im Rahmen systematischer experi- menteller Untersuchungen mit dem Ziel eines Ausbaues der Chemotherapie menschlicher Pneum0kokkeninfektionenwurde das Cardiazol-Chinin einer vergleichenden Untersuchung auf seine therapeutische Eignung in vitro und in vivo unter- worfen. Es konnte gezeigt werden, dab -- entgegen der klassischen Auffassung yon der mangelhaften oder fehlenden "vVirkung des Chininmolekfils -- das Cardiazol-Chinin eine betrgchtliche bactericide Wirkung im Reagensglas gegenfiber hochvirulenten Pneumokokken aller Typen zu entfalten ver- mag. Diese im Grunde fiberraschend starke bactericide W'ir- kung konnte in Tierversuchen best~ttigt werden, sofern man sich der Grenzen dieser Methodik gerade bei der experimen- tellen Chemotherapie und unter Heranziehung der weil3en Maus als Tierversuchsobjekt bewul3t bleibt. Unsere gfinstigen Beobachtungen mit dem Cardiazol- Chinin lassen es wfinschenswert erscheinen, dieses PrXparat auch beim 2V[enschen auf seine Eignung als Chemotherapeuti- cum bei Pneumokokkeninfektionen, insbesondere bei den Lungenentzfindungen, vergleichend zu prfifen. Chemotherapie und Serumtherapie schlieBen sich nicht gegeneinander aus. J3eide Behandlungsmethoden sollten auch beim Menschen, vor allem bei der Lappenpneumonie, zusammen angewandt werden. Die Anwendungsbreite und die Wirkungsm6glichkeiten beider Behandlungsmethoden sind verschieden, wenn sich auch die therapeutischen Auf- gaben, sei es nun die Beeinflussung des Gesamtorganismus (Serum--* SepticXmie-Prophylaxe und -Therapie) oder die der Lokalerkrankung (Chemotherapie) zum Tell fiberschneiden und sich somit nicht scharf gegeneinander abgrenzen lassen. Sowohl bei chemotherapeutischen als such bei serothera- peutischen MaBnahmen ist ein Erfolg stets nut dann zu er- warren, wenn man nicht nut hochwertige PrSparate oder Sera verwendet, sondern diese immer auch in ausreichenden !V2engen sowie frtihzeitig und auf dem richfigen Wege dem erkrankten Organismus zuffihrt. UNTERSUCHUNGEN UBER DAS VERHALTEN DER ZIRKULIERENDEN BLUTMENGE UND DES MINUTENVOLUMENS BEIM MENSCHEN IM ZUSAMMENHANG MIT OPERA- TIVEN EINGRIFFEN. Von Dr. HERMANN SCHNEIDER und Dr. HANS POLANO. Aus der Chirurgischen Universit~itsklinik Freiburg i. Br. (Direktor: Prof. Dr. E. REHN). Operative Eingriffe und Narkose bedeuten ffir den Orga- nismus Belastungen, welche sich zungchst vor allem inner- halb des Blutkreislaufes auswirken. Die Leistungsf~thigkeit des I~reislaufs ist in vielen Fgllen ausschlaggebend ffir die ~berwindung der Folgen einer Verletzung oder eines opera- riven Eingriffs. Deshalb hat die Beobachtung des Pulses und des Blutdruckes seit langem in der Chirurgie eine Wichtige Rolle gespielt. Jedoch erwiesen sich die dabei gewonnenen Ergebnisse als unzureichend. Es hat sich gezeigt, dab die H6he des Blutdruckes nicht immer einen verlSl31ichen MaB- stab ffir den Zustand des Kreislaufes abgibt, und dab auBer- dem innerhalb der verschiedenen Abschnitte desselben wich- tige Vergnderungen sich abspielen k6nnen, ohne entsprechend im Verhalten des Pulses und des Blutdruckes in der Peripherie ihren Ausdruck zu linden. Andererseits ergibt such die Beob- achtung des Herzens mit Hilfe des Elektrokardiogramms im allgemeinen keinen Aufschlul3 fiber Einwirkungen chirur- gischer 5~aBnahmen auf Kreislaufvorg~nge. E. R~- und H. REISSI>'GER 1 haben zwar bei groBen Eingriffen am Brust- korb eintretende IReizleitungsst6rungen beim Menschen auf- decken k6nnen. Doch sind in solchen Fgllen wohl gewaltsame Vagusreize ausschlaggebend, welche nach den Untersuchungen

Untersuchungen Über das Verhalten der Zirkulierenden Blutmenge und des Minutenvolumens Beim Menschen im Zusammenhang mit Operativen Eingriffen

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i o86 N L I N I S C H E W O C H E N S C I - I R I F T . 12. J A H R G A N G . Nr. 28 r5. JULI i933

chemotherapeutischen Versuchsreihe ist offenbar darin zu erblicken, dab die therapeutischen Gaben nicht lange genug fortgesetzt und da13 - - gerade bei der subcutanen Einverlei- bung des Cardiazol-Chinin - - hierbei nicht alle im Unterhaut- zellgewebe verborgenen Keime erfaBt und abget6tet werden konnten. Selbst das im Grunde unbefriedigende Ergebnis der Tabelle 5 lehrt, wie ja in viel klarerer Weise die Tabelle 4, dab eine bactericide Wirkung dieses stark verdi'~nnt angewendeten Therapeuticums innerhalb der Blutbahn vorhanden ist. F~nde eine solche Wirkung in der Blutbahn nicht start, so h~tten alle Tiere der Tabelle 4 und 5 eingehen mfissen, und vor allem bei den gestorbenen Versuchstieren hS~tte der Tod viel frfiher eintreten mfissen. Die in das Blur eindringenden und sich hier vermehrenden Keime werder~ immer und immer wieder durch das Chinin abget6tet, solange noch das Chinin im Blut ent- halten ist. Gelingt im Blut und im Gewebe nicht binnen relativ kurzer Zeit die AbtStung aller Pneumokokken, dann l~I3t naturgemS.13 die Wirkung des Pr~parates nach, da es zu schnell ausgeschieden wird. Wird der Chininspiegel im ]31ut zu gering, dann erfolgt schlieBlich eine ungehemmte En• wicklung noch vermehrungsf~higer, selbst einzelner Pneumo- kokken, die zur Septicemic und damit zum Tode ffihrt (es sei nochmals ausdrficklich auf die hohe [Einzell-]Virulenz des yon uns benutzten Pneumokokkenstammes hingewiesen !).

Auch diese Versuche mit Cardiazol-Chinin fiber die Chemo- therapie der Pneumokokkeninfektion lehren in aller Eindeutig- keit, dab wir yon Chininpr~paraten eine gfinstige Beeinflus- sung erwarten k6nnen, sofern wit uns immer fiber die Grenzen dies6r Therapie im klaren sind. In einer Hinsicht stimmen MSuseversuch und Pneumokokkeninfektion beim ~enschen fiberein, n~mlich hinsichtlich der I3eurteilung der Septik~tmie. Sind die Keime erst in das str6mende Blut gelangt und ver- m6gen sie sich hier zu vermehren, dann ist unseres Erachtens in vSlliger ~bereins t immung mit den Irfiheren experimen- tellen Versuchen yon Yl. GUNDEL eine Chemotherapie wenig erfolgversprechend. Therapeutisch haben wir ffir die Pneumo- kokkensepticSmie als einzige erfolgversprechende Behand- lungsmethode nu t die hochwertigen, typspezifischen Pneumo- kokkenheilsera. Die Pneumokokkenseptic~mie, als eine der gr6gten Gefahren menschlicher Pneumokokkenerkrankungen, k6nnen wit nicht nur heilen durch die hochwertigen Heilsera, sondern such verhindern. Dadurch, dab wir den erkrankten NIenschen die fertigen Schutzstoffe in gr6Beren Mengen zur Verffigung stellen, beugen wit dem Einbruch der Pneumo- kokken in die Blutbahn vor bzw. verm6gen eine Vermehrung der einzelnen in die Blutwege eingedrungenen Pneumokokken zu verhindern. Wit sind nicht der Auffassung, dab die Serum- therapie in gr6Berem Ausmal3 den Lungenprozel3 selbst, bei- spielsweise bei den Lappenpneumonien, beeinfluBt - - dies dfirfte aber sehr wohl durch die Chemotherapie der Fall sein. Und zu dieser Wirkung k~me dann noch die direkte bacteri- cide Wirkung des Chemotherapeuticums auf den Erreger. Es wird vielfach so hingestellt, als ob ein Eintreten ffir die Serotherapie als logische Folgerung zugleich eine Ablehnung chemotherapeutischer Magnahmen bedeute. Gegen diesen auch uns wiederholt gemachten Vorwurf m6chten wir uns verwahren. Im Gegenteil vertreten wir die Auffassung, dab Chemo- und Serotherapie bei der Behandlung menschlicher Pneumokokkenerkrankungen gleichwertige therapeutische Maf3nahmen darstellen, wenn es auch schwer ist, klinische Effekte und allgemeine ~r dieser Be- handlungsmethoden genauer gegeneinander abzutrennen. Wit Bind der Ansieht, daft /i~r die Chemotherapie, ebenso wie ],ar die Serumtherapie, die ]ri~hzeitige Anwendung ausreichender Mengen yon hochwertigen Prdiparaten das Haupter/ordernis ist. Die Versuche der vorliegenden Arbeit haben gezeigt, daB, entgegen der frfiheren Lehrmeinung, auch dem reinen Chinin- molekfil eine sehr betr~chtliche bactericide Wirkung gegen- tiber Pneumokokken zuzuschreiben ist, die sich nicht nur im iReagensglas, sondern auch im chemo-tberapeufischen Tierversuch nachweisen l~Bt. Inwieweit dem Cardiazol- Chinin ein besonderer Platz in den Behandlungsmethoden der Lungenentzfindungen des !V[enschen einzur~umen ist, das zu entscheiden ist Sache der behandelnden ~rzte und Kliniker.

Unsere Versuche haben durchaus gfinstige Resultate gezeitigt, die nun der klinischen f2Tberprfifung bedfirfen.

Zusammen/assung: Im Rahmen systematischer experi- menteller Untersuchungen mit dem Ziel eines Ausbaues der Chemotherapie menschlicher Pneum0kokkeninfektionen wurde das Cardiazol-Chinin einer vergleichenden Untersuchung auf seine therapeutische Eignung in vitro und in vivo unter- worfen. Es konnte gezeigt werden, dab - - entgegen der klassischen Auffassung yon der mangelhaften oder fehlenden "vVirkung des Chininmolekfils - - das Cardiazol-Chinin eine betrgchtliche bactericide Wirkung im Reagensglas gegenfiber hochvirulenten Pneumokokken aller Typen zu entfalten ver- mag. Diese im Grunde fiberraschend starke bactericide W'ir- kung konnte in Tierversuchen best~ttigt werden, sofern man sich der Grenzen dieser Methodik gerade bei der experimen- tellen Chemotherapie und unter Heranziehung der weil3en Maus als Tierversuchsobjekt bewul3t bleibt.

Unsere gfinstigen Beobachtungen mit dem Cardiazol- Chinin lassen es wfinschenswert erscheinen, dieses PrXparat auch beim 2V[enschen auf seine Eignung als Chemotherapeuti- cum bei Pneumokokkeninfektionen, insbesondere bei den Lungenentzfindungen, vergleichend zu prfifen.

Chemotherapie und Serumtherapie schlieBen sich nicht gegeneinander aus. J3eide Behandlungsmethoden sollten auch beim Menschen, vor allem bei der Lappenpneumonie, zusammen angewandt werden. Die Anwendungsbreite und die Wirkungsm6glichkeiten beider Behandlungsmethoden sind verschieden, wenn sich auch die therapeutischen Auf- gaben, sei es nun die Beeinflussung des Gesamtorganismus (Serum--* SepticXmie-Prophylaxe und -Therapie) oder die der Lokalerkrankung (Chemotherapie) zum Tell fiberschneiden und sich somit nicht scharf gegeneinander abgrenzen lassen. Sowohl bei chemotherapeutischen als such bei serothera- peutischen MaBnahmen ist ein Erfolg stets nu t dann zu er- warren, wenn man nicht nu t hochwertige PrSparate oder Sera verwendet, sondern diese immer auch in ausreichenden !V2engen sowie frtihzeitig und auf dem richfigen Wege dem erkrankten Organismus zuffihrt.

UNTERSUCHUNGEN UBER DAS VERHALTEN DER ZIRKULIERENDEN BLUTMENGE UND DES

MINUTENVOLUMENS BEIM MENSCHEN IM ZUSAMMENHANG MIT OPERA-

TIVEN EINGRIFFEN. Von

D r . HERMANN SCHNEIDER u n d D r . HANS POLANO. Aus der Chirurgischen Universit~itsklinik Freiburg i. Br.

(Direktor: Prof. Dr. E. REHN).

Operative Eingriffe und Narkose bedeuten ffir den Orga- nismus Belastungen, welche sich zungchst vor allem inner- halb des Blutkreislaufes auswirken. Die Leistungsf~thigkeit des I~reislaufs ist in vielen Fgllen ausschlaggebend ffir die ~berwindung der Folgen einer Verletzung oder eines opera- riven Eingriffs. Deshalb hat die Beobachtung des Pulses und des Blutdruckes seit langem in der Chirurgie eine Wichtige Rolle gespielt. Jedoch erwiesen sich die dabei gewonnenen Ergebnisse als unzureichend. Es hat sich gezeigt, dab die H6he des Blutdruckes nicht immer einen verlSl31ichen MaB- stab ffir den Zustand des Kreislaufes abgibt, und dab auBer- dem innerhalb der verschiedenen Abschnitte desselben wich- tige Vergnderungen sich abspielen k6nnen, ohne entsprechend im Verhalten des Pulses und des Blutdruckes in der Peripherie ihren Ausdruck zu linden. Andererseits ergibt such die Beob- achtung des Herzens mit Hilfe des Elektrokardiogramms im allgemeinen keinen Aufschlul3 fiber Einwirkungen chirur- gischer 5~aBnahmen auf Kreislaufvorg~nge. E. R ~ - und H. REISSI>'GER 1 haben zwar bei groBen Eingriffen am Brust- korb eintretende IReizleitungsst6rungen beim Menschen auf- decken k6nnen. Doch sind in solchen Fgllen wohl gewaltsame Vagusreize ausschlaggebend, welche nach den Untersuchungen

I5. JULI i933 K L I N I S C H E W O C H E N S C H

yon H. REIN 2 zu Verengerungen der Coronargefgl3e und dami t zu Reiz le i tungss t6rungen ffihren k6nnen. Narkose und Opera- t ion dagegen haben im al lgemeinen keinen EinfluB auf das Herz selbst, welcher in ~ n d e r u n g e n des E lek t roka rd iog ramms

�9 beobach te t werden k6nnte . So gewghr t weder die Beobach- t u n g des Pulses noch die B e s t i m m u n g des g l ek t roka rd io - g r amms ausre ichenden Einb l ick in die Kreislaufvorg~tnge, die un te r der Auswirkung chirurgischer Eingriffe vor sich gehen. Desha lb haben H. R~ISSlNGER und H. SCHNEIDER 3 frfiher Be- s t immunge l l der z i rkul ierenden B lu tmenge am Menschen aus- geffihrt, u m auf diese Weise die ta t sgchl ichen Vergnderungen in der Le i s tung des Gesamtkreis laufs un te r der Wi rkung ope ra t ive r Eingriffe zu erfassen. Ganz al lgemein ergab sich dabei die Erfahrung, dab un te r solchen Ums t~nden ats Ur- sache ffir ein m6gliches Versagen des Kreislaufes eine Ver- minde rung der z i rknl ierenden B lu tmenge zu beff irchten ist. Wiewei t eine solche ta tsgchl ich e int r i t t , hgng t ab v o m All- gemeinzus tand und yon der Leis tungsfghigkei t des betreffen- den Kranken , yon der A r t und Daue r der ]getgubung sowie von der Ar t und dem Ausmal3 des opera t iven Eingriffes selbst. Vor kurzem haben W. EwIG und L. KLOTZ * diese Ergebnisse auf Grl lnd ihrer Unte rsuch l lngen im wesent t ichen bestgt ig t . Allerdings fanden sie bei leichtell Narkosen und bei gfinstigen Fgl len eine geringe Vermehru l lg der z i rkul ierenden Blu t - menge als Ausdruck einer erfo!gten Anpassung des Kreislaufes an geforder te Mehrleis tung. Dieses Verha l ten h a t l lach Dar legungen yon H. SCHNEIDER ~ Ahnl ichkei t n i t dem Frfih- s t ad ium des t r aumat i schen Shocks, wie es yon H. FlSCI~R ~ und yon S. J . TI~ANXI~AUSZI~V beschr ieben wurde.

N a c h d e m auf Grund dieser Un te r suchungen fests tand, dab die Gefahr chirurgischer Eingriffe ffir den Kreis tauf insgesamt in einer dl lrch sie ve ru r sach ten Verminderung der zirkulieren- den BIu tmenge zu suchen ist, konnte H. POLANO s vor kurzem fiber das Verha l ten des Minu tenvo lumens l ln ter dem Eillflul3 chirurgischer MaBllahmen be im Menschen berichten. E r f a n d bei Athe rna rkosen eine Ste igerung des Minu tenvo lumens l lm bis zu ioo % des Ausgangswer tes und eine ghnliche Ste igerung gelegent l ich auch nach Operat ionen. U m Kla rhe i t zu be- k o m m e n fiber die Bez iehungen zwischen dem Verha l ten des Minu tenvo lumens und der z i rkul ierenden Blutmel lge war. es daher notwendig, bei einer Anzahl yon Fgl len diese beiden Gr6Ben gleichzei t ig zu bes t immen. {3ber solche Unte r suchun- gen m6ch ten wir bier berichten.

Wir benutzteil zur Bestimmung der zirkulierenden Blutmenge wie fr~her I:~I~ISSINGagR und SCHNEIDER, die yon ITIALDANE an- gegebene Methode, wobei das CO nach VAN SLYKE bestimmt wurde. Wegell der 3/Iethodik zur Bestimmung des Miilutenvolumens nach BROEMSER verweiseil wit auf die frt~heren Ausf/ihrungen you POLANO, welche in gleicher Weise fiir die hier untersuchtell Falle Geltung haben. Es wird dabei aus 2 Sphygmogrammeil uild dell daraus meBbaren \u (Systolen-, Diastolen- und Pulsdauer, Wellengeschwindigkeit) sowie d e n nach Riva-Rocci gemessenen Blutdruck das zirkulatorische Schlagvolumen errechnet.

Diese veil uns angewandten Methoden glaubt I~. K. SCHMIDT 9, als fflr die Bearbeitung chirurgischer Probleme ungeeignet ab- lehnen zu m~ssen, da ein Einexerzieren der Kranken und die Ent- nahme gr613erer Blutmengeil dazu notwendig sei. Wir k6nnen uns dieser Auffassullg nicht anschlieBen. Die Durchfflhrung der Unter- suchung, die Analysen und Berechnnngen sind zwar m/ihsam, be- deuten aber in keiner Weise eine BeIastung ff~r die Kranken, dellen auch nicht mehr als 5 ccm Blur entnommen werden mug. XYas ins- besondere die CO-Methode angeht, so haben wir dabei niemals einen Nachteil far die Kranken beobaehtet. SCH/JRMEYER und FRANKEN 10, ]~WIG und KLOTZ, E. FRANK-AuERBACH-STANNER II, habeil das gleiche berichtet. Wir benutzten durchschnittlich 15 ~ c.cm CO, welches dem Sauerstoff innerhalb eines geschlossenen Atmungssystems zugesetzt wurde.

Es ist se lbs tvers tgndl ich n ich t m6glich und auch nie unsere Absicht gewesen, e twa nach grogen Opera t ionen bei den be- ~creffenden Kra l lken for t laufend die zirkul ierende B lu tmenge und das Minu tenvo lumen zu bes t immen llnd yon den dabei gewonnenen Ergebnissen ffir j eden Fal l die erforderIiche Be-

h a n d l u l l g m i t JZreislaufmitteln abh~ngig zu machen. Not - wendig ist es dagegen, durch wissenschaft l iche Unte r suchun- gen n i t e inwandfre ien Methoden festzustellen, in welcher R i c h t u n g und in welchem Allsmal3e der Kreis lauf du tch die

R I F T . i2. J A H R G A N G , N r . 28 1087

Narkose und durch den opera t iven-Eingr i f f gesetzm~Big eine Belas tung erf~hrt . Aus dem dabei gewonnenen Einb l ick in die Kre is laufvorggnge ergeben sich al lgemein die Gesichts- punkte , welche bei der Auswahl der Be tgubung, be i dem Plan d e s Eingriffes und bei pos topera t iven MaBnahmen aller Ar t ausschlaggebend sein mfissen. So gewinnt die E r f a h r u n g des Chirurgen dnrch wissenschaft l iche Un te r suchungen eine wich- t ige Unters t f i tzung. Die yon K. H. SCHMIDT benu tz te Me- thode der Bes t immung des Ampl i tudenf requenzprodnk tes n a g in manchen Fgl len eine Bes tg t igung des kl inischen Bildes bringen, sie ist aber n icht geeignet, die tats~ichlicher~ Kreis- laufvorggnge aufzudecken und eine Erk lg rung des kl inischen Bildes zu bringen. LILJESTRAND und ZANDER 12 haben zwar bei einigen besonderen Fgl len yon Kranken ein gleichsinniges Verha l ten des Ampl i tudenf requenzproduk tes und des Mi- nu tenvo lumens beobachte t . Doch haben inzwischen K. HARTL *a und F. BONSMANN, H. t2LECKEN 11 und BAUNANN sowie G. SCI~0X~WALn 11 an einer gr6Beren Anzahl von Fgl len fest- gestellt , dab die B e s t i m m u n g des Ampl i tude l l f requenzpro- duktes n icht geeignet ist , die Methoden zur Bes t immung des Minu tenvo lumens zu ersetzen, da oft eine voHstgndige Gegen- sgtzlichkei~ selbst der Richtu l lg der Ausschlgge der beiden Wer t e gefunden wird. W i r k6nnen diese Fes ts te l lung durch eigene Un te r suchungen bestgt igen. An sich wurde fiber die ]3rauchbarkei t des Oszi l losphygmometers nach PAcI~o~,- zur Or ien t ie rung fiber den Kreis la l l fzustand fibrigens auch aus unserer Kl in ik frt iher ber ich te t (TH. FOI~L und E. SCI~NEIDgR15), ohne dab allerdings daraus Rtickschlfisse auf die zirkul ierende Nlu tmenge oder auf das Minu tenvo lumen gemach t wurden.

{3ber das Verha l ten der zirkulierendell B lu tmenge und des Minutenvolumens im Verlauf opera t iver Eingriffe un te r r i ch te t die Tabel le i . Was zun~chst die zirkul ierende B lu tmenge be- tr iff t , so fanden wir bei den Opera t ionen in ~ the rna rkose ghn- lich wie frfiher R~ISSINOXl~ ulld SCt~NEIDER un te r 14 Fgl len 2ma l eine Steigerung, llnd zwar u m 3o% bei e inem grogen Bauchbruch , um 5 % bei einer Cholecys tektomie . E w m und KLOTZ haben bei 23 Fgl len in Athernarkose i 2 m a l eine Zu- nahme llnd I I mal eine A b n a h m e gefullden. Dabe i ist jedoch

�9 zu berficksichtigen, dab die Un te r suchung unserer Fglle regel- mgBig io Minuten nach El lde der Opera t ion v o r g e n o m m e n wurde, w~hrend sich d ie Zahlen bei E w l a nlld KLOTZ auf einen Zei tpul lk t yon 3 ~ Minuten bis mehrere S tunden nach der je- weiligen Opera t ion beziehen. Wie BLOCH 16, TABANELL117, H. NIEI)EX und H. SCI~NXlD~R ~s gezeigt haben, ha t ja die Athernarkose an sich frfihzeitig eine E rh6hung der E r y t h r o - cy tenzah l und eine Ausschf i t tung yon jugendl ichen E r y t h r o - cy ten in die B l u t b a h n zur Folge. W e n n gleichzei t ig die zir- kul ierende B lu tmenge erniedr igt gefunden wird, so ist das ein Zeichen daffir, dab bei e rh6h tem Blu tbedar f der Organe dfe Regula t ionse inr ich tungen des Kreislaufs in der Narkose ge- s tSrt sind. Nach Besei t igung des Narkosegi i tes t r i t t in gfin- st igen F~tllen rasch eine Erho lung und eine Anpassung des Kreislaufs ein, welche in einer le ichten Ste igerung der z i> kul ierenden B lu tmenge zum Ansdrl lck k o m m e n kann. Nach den j e t z t insgesamt vor l iegenden Befunden l~Bt sich zu- sammenfassend feststel ten: Bei leichtell Athe rna rkosen kann in giinstigen F~llen eine gewisse Vermehrung der zirkulieren- den B lu tmenge gefunden werden. In der Mehrzahl der Fglle aber erfolgt eine Verminderung, welche his zu 5 ~ und 6o % des Ausgangswertes be t ragen kann. DaB der opera t ive Eingr i f f selbst im Sinne einer Verminder l lng der z i rkul ierenden Blu t - menge wirken kann, haben tiEISSlNGER und SCHNEIDER klinisch und exper imente l l nachgewiesen. Bei den in unserer Tabel le aufgezeichneten ~ n d e r u n g e n k o m m t der tEinfluB der Narkose lllld der opera t iven Eillgriffe gemeinsam zum Aus- druck.

W e n n es uns da rum zu tun gewesen w~re, jeweils absolute \ u ffir die zirkulierende B lu tmenge festzustellen, so h~ t ten wir neben der CO-Methode auch eine Fa rbs to f fme thode zur t3est immung der P la smamenge bel lutzen mfissell. Darauf konn ien wir jedoch verzichten, da es bei unsere r Frages te l lung nur darallf ankommt , bei Allwei ldung der gleichen Methode Schwankungen der z i rkul ierenden Bl i l tmenge aufzudecken. Auf die Frage, wie es m6glich ist, dab innerhalb kurzer Zeit

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so erhebliche Unterschiede in der zirkulierenden Blutmenge gefunden werden, k6nnen wir hier nicht eingehen. Wir ver- weisen auf unsere t3etrachtungen in fr*iheren Arbeiten und auf die Ausffihruilgen yon H. REIN .9 zu diesem Problem. Nach REIN sind 3 M6glichkeiten in Betracht zu ziehen: Speicherung in echten Depotorganen, Speicherung durch Kapazitgtsgnderungen des Strombettes im Nebenschlui~ und im HauptschluB. Bei unseren klinischen Untersuchungen hat sich jedenfalls ergeben, dal3 die zirkulierende Blutmenge unter dem Einflul3 yon Narkose uild Operation erheblich absinken kann, was eine Verminderung der Leistung des Gesamtkreis- laufes bedeutet.

l)ber das Verhalten der zirkulierenden Blutmenge bei 6rt- licher Bet/~ubung und bei Rfickenmarksbet~ubungen liegen yon allen Untersuchern gleichlautende Befunde vor. REIS- SINGER and SCI~NEIDER haben bei solchen F~llen nach Opera- tionen wiederholt eine Zunahme der zirkulierenden Blutmenge beobachtet. H. FRANKEN 2~, bei dessen FAllen eine Operation nicht vorgenommen wurde, land die Blutmenge jeweils unver- Andert oder gering vermindert. Nach Operationen haben EWlG und KLOTZ teils eine Vermehrung, teils eine Verminde- rung festgestellt. Aus diesen Befunden geht insgesamt hervor, dab in solchen FAllen offenbar nicht die Bet~ubung, sondern die Art des operativen Eingriffes ausschlaggebend ist. Wir werden sparer darauf noch einzugehen haben.

Betrachten wir das Verhalten des Minutenvolumens bei den hier untersuchten F~llen, so ergibt sich, dab teils eine betr~chtliche Erh6bung, tells eine ebenso auffallende Ver- minderung zu erkennen ist. Aus den frfiheren Untersuchungen yon POLANO geht hervor, dab die _~thernarkose all sich, d. h. ohne Mitwirkung operativer Eingriffe das Minutenvolumen erh6ht, w~hrend die 1Riickenmarksbet~ubung keinen Einflug ausfibt. Auch nach Operationen Iand sich bei einer Anzahl yon F~llen eine Erh6hung des Minutenvolumens um 9--68 % des Ansgangswertes. Die damals yon POLANO untersuchten Kranken befanden sich, wie bereits dort vermerkt, s/~mtlich in gutem Allgemein- und ErnShrungszustand, es wurde kli- nisch bei ihnen weder w~hrend der Operation noch im weiteren Verlauf eine Kreislaufst6rung beobachtet. Von den je tz t gemeinsam untersuchten F~llen dagegen verliefen einige un- gfinstig und zeigten, wie aus den Aufzeichnungen der Tabelle hervorgeht, klinisch erhebliche Kreislaufst6rungen. Es ist bemerkenswert, dab gerade in diesen F~llen das Minuten- volumen vermindert gefunden wurde.

Di e Zusammenstellung der ~iir die zirkulierende ]glutmenge und Ifir das Minutenvolumen gefundenen Werte ergibt Iol- gendes :

I. Die ~thernarkose bewirkt eine geringe Verminderung der zirkulierenden ]31utmellge bei gleichzeitigem Ansteigen des Minutenvolumens. Es wird in solchen F~llen das geringere Angebot an rasch umlaufendem Blur dutch eine Vermehrung der Herzarbeit ausgeglichen.

2. 13rtliche BetAubung und RfickenmarksbetAubung haben an sich keinen wesentlichen Einflul3 auf die zirkulierende Blutmenge .nnd auf das Minntenvolumen.

3. 13ei lange dauernden Narkosen and unter dem EinfluB grol3er Eingriffe auch bei 6rtlicher BetAubung kann gleich- zeitig ein Absinken der zirkulierenden Blutmenge und eine Verminderung des Ninutenvolumeils eintreten. In solchen FAllen sind klinisch deutliche Zeichen einer IZreislaufst6rung erkennbar.

Ni t groBer Klarheit sieht man aus dieser Zusammenstel- lung, dab die lange dauernde Narkose und groBe operative Eingriffe in der Richtung auI eine Verminderung der zirku- lierenden ]31utmenge wirken. So lange das Herz dazu imstande ist, wird diese ungiinstige Erscheinung dutch eine Vermehrung des Minutenv01umens ausgeglichen. Sinkt die umlaufende Blutmenge starker ab, so dab dadurch eine anhaltende schlechtere Ffillung des Herzens bedingt wird, oder leidet das tIerz auf andere Weise, so erfolgt schlieBlich eine Verminderung des Minutenvohmens. Es sind das diejenigen FAlle, bei wel- chen klinisch pl6tzlich ein Versagen des Kreislaufs, d. h. ein echter Operationshock beobachtet wird. Wie unsere Tabelle zeigt, gibt es auch hier l~lberggnge vom Stadium der

K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . i2. J A H R G A N G . Nr . 28 ~5. JULI ~933

v611igen oder teilweisen Anpassung his zum Versagen des Kreislaufs.

Wichtig ist es, hier darauf hinzuweisen, dab ganz allgemein gesprochen der KrAftezustand des einzelnen Menschen in diesem Zusammenhang eine bedeutende 1Rolle spielt. Das ist der Grund, weshalb gerade auch unsere Klinik sich seit Jahren bemtiht, einerseits die erkennbaren Zeichen der Operations- gefAhrdung zu ergrtinden und andererseits die Wirkung der chirurgischen MaBnahmen auf den kranken Menschen festzu- stellen. Zur ErlAuterung dieses Gedankens verweisen wir hier nur auf die 3 letzten F~lle unserer Tabelle:

Die Krankheit war bei allen ein Rectumcarcinom. Es wurde jeweils in der gleichen R/ickenmarksbet~ubung die gleiche Radikal- operation yon demsetben Operateur vorgenommen. Bei dem 2oj~hr. Burschen, der sich in gutem Allgemein- und KrMtezustand befalld, waren nach der Operation die zirkulierende Blutmenge und das Minutenvolumen leicht erh6ht, der Verlauf war ungest6rt. Der 38j~hr. Mann erlitt eille geringe Yerminderung der zirkulierendert Blutmenge und eine stArkere des Niillutenvolumens. Nach der Operation waren deutliche Kreislaufst6rungen klinisch zu beob-

achten, welche aber schlieBlich iXberwunden wurden. Bei der 47j~hr. Frau hatten die klinischen Untersuchungen vor der Opera- tion eine leichte Arterioskterose, eine starke Adipositas, eine herab- gesetzte Alkalireserve im Blllt llnd eine leichte St6rung der Leber- fullktion ergeben. Trotzdem mugte mit Riicksicht allI das Hallpt- leiden die Operation gewagt werden, wozu die Rt~ckellmarks- betAubung aus den oben allgegebenen Granden als giinstig er- sehien. Es kam bei der Frau im Laufe der Operation bei tier L0sung des hoehsitzenden Carcinoms zll einem Shockzustand, in welchem die zirkulierende Blutmenge ulld das Minutenvolumen trotz sofort angewandter Kreislallfmittel stark vermindert gefllnden wurden, llnd aus welchem sie sich nieht wieder erholte.

Zu der Bezeichnung Operationsshock m6chten wir im Zusammenhang mit diesen Untersuchungen betonen, dab dieser Ausdruck nur gebraucht werden darf ffir diejenigen FXlle yon Versagen des Kreislaufes, welche w/~hrend einer Operation oder unmittelbar im Anschlug daran pl6tzlich auftreten, and deren Ursache aIiein alas Operationstrauma ist, verstArkt dutch den EinflnB der Narkose. Wie E. I~EI~N~ vor kurzem ausffihrlich dargelegt hat, ist es abwegig und ver- wirrend, alle m6glichen ZwischenfAlle, welche sich in den Tagen nach einer Operation einstellen k6nilen, als Operations- shock oder als postoperativen Shock zu bezeichnen. Fiir den echten Shock ist zu fordern: ,,Das Gewaltsame der Ent- stehung, das Urpl6tzliche des Auftretens, der unmittelbare Zusammenhang mit dem Trauma und das Drohende des geschaffenen K6rperzustandes" (E. REHN). Wir k6nneil K. H. SC~IMII)T nicht beipflichten in der Auffassung, dal3 ,,jede gr6Bere Operation den sog. Operationsshock, einen kollaps- artigen Zustand" hinterlasse. Entweder erleidet der Meilsch durch den Eingriff einen Shock mit den oben ausgeffihrten Merkmalen, oder sein Kreislauf ist den an ihn gestellten An- Iorderungen so welt gewachsen, dab ein Versagen w/~hrend der Operation nicht eintritt. Ein chronisches Darniederliegen des allgemeinen Kr~ftezustandes eines Menschen als Shock zu be- zeichnen, wfirde nicht allein dem Sinne des Wortes wider- sprechen, sondern vor allem ist auch der echte Shockzustand mit der starken Verminderung der zirkulierenden Blutmenge und des Minutenvolumens in einem ~u lebensbedrohend, dab nut eine rasche {3berwindung dieses Zustandes oder ein gAnzliches Versagen des I~reislaufes m6glich sind. Es ist uns wohl bekannt, dab sich an Operationen oft ein fiber Tage oder Wochen andauerr~der Zustand anschliel3t, in welchem die all- gemeinen KrAfte und auch die LeistungsfAhigkeit des Kreis- laufes geschwS~cht sind. Das Alter der Kranken, SchS, digungen an wiehtigen Organen dutch die Folgen der Narkose oder des Eingriffs, Infektionen u. a. m. spielen hier eine wichtige Rolle. Ist schlieBlich in solchen FAllen der IKreislauf den an ihn ge- stellten Anforderungen nicht mehr gewachsen, so dab es zu einem Versagen kommt, so bezeichnen wir dieses Ereignis als Kollaps, nicht abet als Shock.

Das gilt sinngemAB i n gleicher Weise ffir die Bezeichnungen kompensierter und dekompensierter postoperativer Shock. lgs ist sehr interessant und wichtig, dab EwlG und KLOTZ bei einer AnzahI yon Kranken in den Tagen nach der Operation eine Erh6hung der zirkulierenden Blutmenge als Ausdruck der

15. J U L I 1933 K L I N I S C H E W O C t t E N S C H R I F T . 12. J A H R G A N G . N r . 28 lO8 9

A n p a s s u n g des Kre i s laufs a n be sonde re A n f o r d e r u n g e n ge- f u n d e n h a b e n . Diese ]3efunde e n t s p r e c h e n d e n e n WOLL- HEIMS =1, der be i K r a n k e n m i t ch ron i sche r Kre is lauf insuf f i - zienz Fgl le m i t P h s d e k o m p e n s a t i o n u n d a n d e r e m i t Minus- d e k o m p e n s a t i o n u n t e r s c h e i d e n konn t e . Als Shock da r f abe r e in so lcher ch ro n i s che r Z u s t a n d n i e h t b e z e i c h n e t werden .

T a t s g c h l i c h g ib t es zu B e g i n n des e c h t e n Shockes ein kurzes S t a d i u m , in we lchem der B t u t d r u c k n o c h n i c h t ge- sunken , v ie l le ich t sogar auf fa l l end h o c h u n d a u c h die z i rku- l ie rende B l u t m e n g e n i c h t v e r m i n d e r t ist. De r Ch i ru rg H. FISCHER, we l chem wi t die e rs te ausff ihr l iche D a r s t e l l u n g des Shockes v e r d a n k e n , h a t d a r a u f be re i t s h ingewiesen , u n d

Tabelle I. u d e r z i r k u l i e r e n d e n B l u t m e n g e n n d d e s i M i n u t e n v o l u m e n s .

Nr. Name, Alter

I VV'a., 45 Jahre,

2 Bi., 24 Jahre,

3 He., 53 Jahre,

4 Sch., 20 Jahre, 9

5 K., 3 ~ Jahre,

6 We., 30 Jahre,

7 Ba., 32 Jahre,

8 t tu. , 22 Jahre,

9 W i , 24 Jahre,

IO Ba.

28 Jahre, 9 I I Schm.,

27 Jahre,

I 2 T . ,

35 Jahre,

13 E., 59 Jahre,

14 FI., 36 Jahre, 8

15 G., 29 Jahre,

16 Ro., 42 Jahre,

Le , 45 Jahre,

18 Ri., 48 Jahre,

19 St., 24 Jahre,

L a , 20 Jahre,

Fi., 38 Jahre,

. 17

2 0

21

22 lV~.,

47 Jahre, ?

Krankheit, Operation

GroBer Bauchbruch. Laparotomie. Cuffs-

plast ik ausOberschenkel : Perigastri t ische Ver- wachsungen. Pseudoul- eus. Laparotomie. Ver-

wachsungen gel6st GroBer Bauchbruch.

Cutisplastik aus der Umgebung

Akute Appendicitis. Appendektomie

Chron. Cholecystitis. Cholecystektomie

Nierenphthise. Nephrektomie

Nierenphthise. Nephrektomie

Ellenbogenfraktur. Blutige Einstel lung

Cholelithiasis. Cholecystektomie

Chron. Appendicitis. Appendektomie

Ulcus pepticum. Bill- ro th I. Beseitigung einer frflheren Gastroentero-

anastomose Ulcus pepticum, nach

friiherer Finndscher Operation. Bil l roth I I

Rectnmcarcinom. Sacralexstirpation

Nierenphthise. Nephrektomie

Narbenhernie nach appendicit isehem

Abscel3. Fascienplast ik Alte FuBverletznng.

Amputa t ion nach P I R O G O F F

Schlecht geheilte Unter- schenkelfraktur. Tibia-

spanplast ik

Schlecht geheilte Unter- schenkelfraktur. Blutige

Einstel lung 24 Stunden alte Unter- schenkelfraktur. Blutige

Reposit ion

Rectumcarcinom. Sacralexst irpat ion Rectumcarcinom. Sacralexst irpation

Rectumcarcinom. Sacralexst irpation

Bet~ubung. Dauer in Minuten

Kther-Sauerstoff, 90

Kthertropf- narkose, 4 ~

Kthertropf- narkose, 9o

I Zirkuliere.nde Blutmenge i in ecnl

vorher nachher { %

2856

3921

_~thertropf- narkose, 45 ~-thertropf- narkose, 45

666o

3783

3798

Athertropf- 5916 narkose, 45 -~thertropf- 3945 narkose, 6o

Sauerstoff-Ather, 5Ol 4 45

Sauerstoff--X~ther, 5899 6o

Athertropf- 4395 narkose, 3 ~

Lachgas-Sauer- 2364 stoff-Ather,

15o

Athertropf- narkose, 15 ~

Athertropf- narkose, 60 24thertropf- narkose, 45

Ortliche Bet~u- bung mit No-

vocain Lumbalanlis the- sie mi t Tropa-

cocain, 30 Lumbalangsthe-

sie mi t Tropa- cocain, 60

Desgl., 5 ~

Desgl., 4 ~

3321

3498

4580

5346

5925

2605

2667

5981

4000

4121

6613

Spinocain, 4 ~

Spinocain, 60

Minutenvolumen in Liter

Spinocain, 60

vorher

3739 + 3 ~ 3,9

3604 -- 8 5,06

5167 --25

3062 --18 4,9

3919 + 5 6,7

4479 --24 --

2786 --29 --

4202 --20 5,I8

445 ~ --24 8,5

3848 --12 --

1872 --21

2753 --17 6,io

2660 --23 --

290o i--36

5303 o 4,42

5346 -- i

5125 + 9

3185 +19 9,6

4892 17 9,4

516o +27 4,9

3562 --13 5,7

3173 --52 5,36

nachher

Bemerkungen

7,2 + 42

5,o -- 41

3,46 -- 43

5,28 +25,8

8,2 --14,6

3,4 I-- 64

5,34 9

2,95 48

1,57 65

Operation stOrungslos. Ffeilverlauf gla t t

Heilverlauf g la t t

Sehr fette Frau. Postop. Bronchitis. Heilung per

secundam Heilverlauf gla t t

Zu Beginn Atemsti l ls tand infolge ~3berdosierung. Er- hol t sich auf Coramin.

] )ann Verlauf gla t t Heilverlauf gla t t

t te i lverlauf g la t t

Skil~iufer

Trotz ruhiger Narkose dauernd leicht cyanotisch.

Verlauf g la t t Verlauf g la t t

Verlauf gla t t

Gegen Ende Kollaps mi t Atemsti l ls tand du t ch Cor- amin behoben. Weiterer

Verlauf gla t t VerlauI gla t t

Verlauf gla t t

Verlauf gla t t

Ha t Gasbrandinfekt ion durchgemacht . Ver laufnach

Operation g la t t Seit 12 Wochen zu Hause bettl~gerig. Bei der Opera- t ion s ta rk erregt. Verlauf

g la t t Starke, fette Frau. Ver-

lauf gla t t

Nach der Operation schwa- cher, kleiner Puls, ]~rholt sich rasch. Verlauf g l a t t .

Krikftiger Spor tsmann u g la t t

Nach der Operation mehr- fach Kollaps. Schliel31ich

geheilt Beim Herunterholen des Sigma IKollaps. Vorflber- gehend gebessert. Nach der Operat ion erneut KolIaps, aus welcbem sich die Pat . t ro tz aller Gegenmag- nahmen nicht erholt . Ge- s torben 12 Stunden naeh

der Operation

1090 ~5. JULI ~933 K L I N I S C H E W O C H E N S C I K R I F T . I2. J A H R G A N G . Nr. 28

T a b e l l e 2.

Nr.

I 2

4

8 9

12

I5 18

19 2O 21 22

Fall der Tabelle i

Name

W a . . . . . . . . Bi . . . . . . . . Sch . . . . . . . .

H u . . . . . . . . W i . . . . . . . . Z . . . . . . . . .

Ri . . . . . . . . St . . . . . . . . L a . . . . . . . . Fi . . . . . . . .

Blutdruek in cm H~.O I (I Einheit = 2 e m) [

vor der Ope-inaeh der Ope-] ration ration 1

65/12~ i 95/155 95/I5 ~

IIO/I7O 5o/n5

12o/16o 9o/125 95/15 ~

135/195 9o/13 ~ 75/13o 9o/I15 85/112

Pulszahl Systolendauer in Sekunden Schlagvolumen in ccm 3{inutenvolumen in 1

i vor nae . . . . ioae .. . .

Operation Operation Operation Operation

11o/i8o ~oo/i6o I15/16o 9o/16o

lOO/i6o x2o/I85 9o/15o

125/17 ~ IlO/19o 95/178 8o/I4o 9o/145

125/195

59

I I -

72 80

120

71 69

I i O

97 61 64 72

9 ~ I35 I 2 0 102 94

114 120 90

I24 85

IOO

84 120

0,36 o,3I 0,25 o,18 O, 19 0 , 2 2 0,26 0,22 0,22 0,19 O,19 o , 2 0

0,27 o,15 0,27 0,23 o,2I o,18 0,20 0,20

0,29 0,09

65,8 65,6 57,0 50,7 42,8 81,3 93,0 67,9 64,5 76,1 71, 8 43,9 85,8 28,8 61,3 58,4 86,2 65,8 98,8 4o,o 79,6 53,4 94,I 35,6 74,5 I3,1

3,9 5,06 4,9 6,7 5,I8 8,5 6 , 1 0

4,24 9,6 9,4 4,9 5,7 5,36

5,9 6,85 9,8 6,99 7,2 5,o 3,46 5,28 8,2

3,4 5,34 2,95 1,57

THANNI-tAUSER hat die beiden Stufen des Shockes noch klarer herausgearbeitet. Danach geht dem Erlahmen des Kreislaufes ein durch das Trauma bedingter vor/ibergehellder Zustand erh6hter Allspannnng voraus. Die Bezeichnung Shock aber ist vom Chirurgen geprttgt als Ausdruck eines pl6tzlich ein- tretenden, lebensbedrohenden Zusammenbruchs, u n d e s ist nicht ang~ngig, aus theoretischen Erw~gungen heraus das ge- schlossene 14rankheitsbild zu zerst6ren. Denn Ilicht die An- passung des Kreislaufes an geforderte Mehrleistung is~ fiir den- jenigen, der solehe F~lle erlebt, das Wesentliche des Shockes, sondern das urpl6tzliche Versagen unter der ~rucht eines Traumas.

t3ei frtiheren Untersuchungen haben R1EISSINGER und SCHNZlDER sowie auch EWlO und KLOTZ vor allem nach Operationen in 6rtlicher Bei~iubung, abet auch gelegentlich nach Narkosen eine gewisse Vermehrung der zirkulierenden Blutmenge gefunden. Unter den hier mitgeteilten F&llen be- linden sich e!nige mit ~hnlichem Verhalten, bet denen mit einer Ansnahme gIeichzeitig auch das Minutenvotumen erh6ht gefunden wurde. Wir sehen darin eine Besttitigung der Auf- fassung, dab der K6rper unter gewissen Bedingungen imstande ist, die geforderte Mehrleistung durch Erh6hung der zirku- lierenden Blutmenge and des Minutenvolumens aufzubringen. In solchen Fgllen verhglt sich der leistuilgsf&hige Kreislauf /ihnlich wie bet •165 bet ~uBerer-W~irmeeinwirkung und im Fieber ( ] ~ P P I N G E R , W O L L H E I M ) . Ausgeruhte Menschen sind daher weniger der Gefahr eines Shockes ausgesetzt als solche, die eine groSe Anstrengung gerade hinter sich haben. Und F~ille mit eiller bereits vor der Operation hohen zirku- lierenden t31utmenge, set es nun infolge ether k6rperlichen An- strengung (F&lle 8, 19 der Tabelle i) oder im Sinne einer Plusdekompensation nach WOLLH~I~ (Fttlle 3, 6, 9, I4, 22 der Tabelle I) erleiden eher eine Verminderung der zirkulieren- den Blutmeilge, als ausgeruhte 3/2enschen in gutem Allgemein- zustand.

Zur Erggnzung des Berichtes tiber unsere Untersuchungen haben wit in einer zweiten Tabelle eine Anzahl der Werte zu- sammengestellt, welche bet der Bestimmung des Minuten- volumens nach ]~ROEMSER gewonnen wurden. Wir sehen daraus, dab der systolische Blutdruck bet gtinstig verlaufenen F~illen nur wenig ver&ndert, zweimal sogar ]eicht erh6ht ge- funden wurde. Bet den tibrigen Fgllell erfolgte eine Senkung, welche bet den ungtinstigen sehr betrgchtlich war. C~N'NON~ hat tiber Untersuchungen verschiedener Autoren berichtet, die auf Grund klinischer Beobachtungen aus der H6he des im Shock gemessenen systolischen Blutdruckes Rfickschltisse auf die Prognose solcher F&lle ziehen wollten. Allgemein gtiltige Zahlen konllten dabei jedoch nicht gefunden werden. Vor allem aber weist CANNON darauf hin, dab das Verhalten des Blutdruckes ftir wissenschaftliche Betrachtungen keinen genti- genden Aufschlug fiber das Geschehen innerhalb des Kreis- laufes gibt; denn ein Absinken des t31utdruckes kann ursgch- lich zusammenh~ngen mit St6rungen der Herzarbeit, mit einem besonderen Zustand der VasomotorenzentreI1 und schlieBlich mit der Gr6Be der zirkulierenden Blutmenge.

Auch das Verhalten der Pulsamplitude ist in diesem Zu- sammenhang mehrfach untersucht worden. So hat McKEs- soN ~a die Regel aufgestellt, dab die Amplitude mindestens die H~ilfte des diastolischen Druckes betragen solle, set sie unter 2o mm Hg, so bestehe Gefahr. CANS-ON zeigt jedoch auf Grund eigener und anderer Autoren Beobachtungen, dab ein bedroh- licher Shockzustand oft schon besteht, wghrend die Bedin- gungen dieser Regel noch nicht erftillt stud. Er hglt die An- nahme, dab man aus dem Verhalten des Blutdruckes oder der Amplitude allein den Shockzustand ablesen k6nne, ftir irre- fiihrend, fdbrigens spielt bet der Berectlnuilg des Minuten- volumens nach BROEMSEI~ die Amplitude neben anderen Gr613en eine wichtige Rolle und wird darchaus nicht vernach- l~ssigt. Aus der Tabelle ist zu erkennen, dab sie bet den un- gtinstigen F~llen zum Teil erheblich vermindert gefunden wurde. Dagegen ergab das Amplitudenfrequenzprodukt gerade bet 2 besonders ungtinstigen Fgllen (Nr. 12, 22) gute Werte (355o--393 ~ bzw. 315o--33oo).

Im fibrigen ergibt sich die klinisch bekannte Festste.llung, dab die geforderte Mehrleistung des Kreislaufes zungchst in einer Erh6hung der Pulszahl zum Ausdruck kommt. Davon haben wir nut eine Ausnahme gesehen (Fall 19) bet einem Fall, in welehem das Minutenvolumen stark herabgesetzt war.

Das Schlagvolumen wird unter der Wirkung der Narkose oder grol3er Eingriffe erh6ht, bet ungtinstigen F~illen findet sich stat t dessen eine zum TeiI starke Verminderung. 1)ber das Verhalten der Systolendatler hat POL~NO bereits frtiher be- merkt, dab auch bet starker Erh6hung der Pulszahl die abso- lute Systolendauer sich nicht wesentlich ~indert. Wit haben das bet diesen Untersuhhungen best~tigt gefunden. Nut bet 2 ungtinstigen F~llen erfolgte eine sehr auffallende Verkfir- zung der Systolendauer, zweifellos ein deutlicher Hinweis auf eine ganz erhebliche St6rung der Herzarbeit.

Zusctmmen/ctssung: Es wurden Untersuchungen fiber dell EhlfluB der Athernarkose, der 6rtlichen Betgubung und operativer Eingriffe auf das Verhalten der zirkulierenden Blutmenge und des Minutenvolumens bet Menschen durch- geftihrt. Die Bestimmungen geschahen nach HALD.aNE- VAN SLYKE bzw. nach t3ROEMSZR. Die Berechnung des Amplitudenfrequenzproduktes ist nicht geeignet, diese yon uns angewandten Methoden bei wissenschaftlichen Frage- stellungen zu ersetzen. Denn wie aus dell Untersuchungen anderer Autoren mad aus eigenen I3eobaehtungen hervorgeht, verhalten sich Minutellvolumen and Amplitudenfrequenz- produkt nicht gesetzmXGig gleichsinnig. Vielmehr ergibt das Amplitudenfrequenzprodukt oft Ausschl~tge nach der falschen Richtullg. Llnter dem EinfluB der Athernarkose und opera- river Eingriffe erfolgt in gtiilstigell Fgllen eine Steigerung des Minutenvolumens, w~ihrend die zirkulierende Blutmenge gering vermehrt, unver~ndert oder bereits etwas vermindert gefunden wird. Bet st~rkerer Belastung des Kreislaufes nimmt das Minutenvolumen ab, ulld bet schweren Kreislaufst6rungen zeigen sich sowohl das Minutenvolumen als auch die zirku- lierende Blutmenge stark verminderL Entsprechend den Verhgltnissen beim traumatischen Shock ist allein ffir solche

15. JULI ~933 K L I N I S C t t E V V O C H E N S C H

F~lle, bet welchen das Versagen des Kreis laufes u n m i t t e l b a r auf die Auswi rkung des ope ra t iven EingAffs zuri ickzufi ihren ist, die Beze ichnung Opera t ionsshock berecht ig t . Aus den hier mi tge t e i l t en B e o b a c h t u n g e n sind fJrbergSmge yon e inem Zus t and der A n p a s s u n g des Kreis laufes bis zu se inem Versagen zu e rkennen . Die Beze ichnung pos tope ra t i ve r Shock ffir Zwi- schenf~lle in den Tagen nach einer Opera t ion oder ftir den oft lange Zeit h indu rch a n h a l t e n d e n Zus t and einer he r ab g es e t z t en Leistungsf~Lhigkeit des Kreis laufes e n t s p r i c h t n i ch t d e m chi rurg ischen Begriff des Shockes und is t i rreft ihrend. Vie lmehr h a n d e l t es sich hier jeweils um einen Kollaps, wie er sich auch bet Pneumonien , bei Ur~mien, bet Verg i f tungen und bet an d e rn K r a n k h e i t s z u s t ~ n d e n einstel len kann.

L i t e r a t u r : ~ H. REISSINGER, Mitt. Grenzgeb. ivied, u. Chir. 4o, 5o4 (1927). -- ~ H. REIN, Verh. dtsch. Ges. inn. Med. I93I. - - 3 H. REISSlNCER U. H. SCHNEIDER, Dtsch. Z. Chir. 217, 3o3 (I929). _ 4 V%r. E w m u. L. 1KLoTZ, Dtsch. Z. Chir. 235, 681 (1932) - - Klin. Wschr. I932, 932. - - 5 H. SCHNEIDER, iKlin. Wschr. 1932, 1129. - -

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U N T E R S U C H U N G E N U B E R ALLERGISCHE KRANKHEITEN*.

II. Zur exper imente l len Er fo r schung der al lergischen Krankheiten.

Won

FRIEDR. ERHARD HAAG. Aus dem Hygienisehen Institut der Medizinischen Akademie in Dtisseldorf

(Prof. Dr. P. MANTEUFEL).

T ie rversuche fiber die Bee inf lussung des a n a p h y l a k t i s c h e n Shocks d u t c h 5~uBere Ums t~nde , dureh t he r apeu t i s che !V[al3- n a h m e n oder du rch chi rurgische Eingr i f fe werden i m m e r gewisse A n h a l t s p u n k t e far das Vers t~ndnis und ftir die ]3e- h a n d l n n g al lergischer K r a n k h e i t e n geben, w e n n auch die Schlfisse nur m i t groBer Vors ich t gezogen werden d~rfen. Manche Forscher , so COCA 4, ]~NDtgRS 6, FRIEDBERGER 7, P~ONDON122 und W. STORM VAN LEEUWEN 27, s t ehen sogar auf dem S t a n d p u n k t , dab die exper imen te l l e A n a p h y l a x i e des Tieres und die Id iosynkras ie (Allergie, Atopie) des Men- schen n i c h t wesensgle ich seien u n d dab A n a p h y l a x i e und Hauta l l e rg ie zwei vone inande r vSllig versch iedene Erschei - nungen dars te l len. Auf Grund andere r Arbei ten , vor al lem auch auf Grund der yon F. I-IERTt~R 14, WICIIELttAUSEN, MANTEUFEL n n d PREUN~R 22 im hiesigen I n s t i t u t durchgeff lhr- ten, noch n i ch t ve r6 f fen t l i ch ten Arbe i t en is t wohl eine der- a r t ig schar te T r e n n u n g n i ch t gerech t fe r t ig t , g u m m i n d e s t e n g ib t es so viele gleichl~.ufige Ersche inungen , dab eine gegen- seit ige S t i i tzung der Ergebn i sse und der E r k e n n t n i s s e m6g- Iich ist.

Die unregelm~Bigen Ergebnisse groBer T ie rversuchsre ihen zwangen uns, den jene Unregelm~13igkeiten verursac l ienden Einflf issen IIachzugehen. Unabl~ss ig r i ch t e t en wir nnse r A u g e n m e r k auf die Verbesse rung des 1Viodellversuchs. Zu- gleich e rgaben sich aus diesen A n a p h y l a x i e v e r s u c h e n wich- tige E r k e n n t n i s s e ffir die Allergieforschung, well sich ve t -

* Die Arbeit wurde mit Mitteln durchgeffihrt, die das Reichsministerium des Innern dem Hygienisehen Institut, Dtisseldorf, far die Erferschung der allergischen Krank- heiten zur Verffigung gestellt hat.

R I F T . 12. J A H R G A N G . N r . 28 I O 9 I

schiedene am t i r a n k e n g emach t e B e o b a c h t u n g e n du rch den Tie rversuch bes tg t igen und s ichern liel3en.

A. Die Sensibilisierung gelingt zero so leichter, ]e mehr die Antigenmenge in kleine Einzelmengen zerteilt wird.

AIs ich im Sommer i93 ~ Meerschweinchen gegen Gr~ser- pollen* sensibi l is ierte und ihnen 2 W o ch en spg te r das gleiche An t igen in t rakard ia l e inspri tz te , konn te ich keine anaphy lak - t i sche Reak t ion erzeugen. Als die Pol len m i t besondere r Aus- dauer und n n t e r genauer mikroskopischer l~berprf i fung m i t Bergkrys ta l l z e r t r t t m m e r t wurden , war das Ergebn i s n i c h t besser. I ch hal f mir d a n n auf fo lgendeWeise . Meerschweinchen wurden mi t Tuberkelbac i l len infiziert , sie b e k a m e n dann, sobald sie tube rku l inempf ind l i ch waren, Po l lenauszug zu- gleich mi t Tuberkul in injiziert . Dies wurde nach einigen Tagen w i e d e r h o l t Die wenigen die La tenzze i t f lber lebenden Tiere zeigten tats~ichlich bet der Re in jek t ion des Pol len- auszugs einen deut l ichen, tells t6dl ichen a n a p h y l a k t i s c h e n Anfa l l , wXhrend die n ich t tuberku l6sen , sons t ebenso vor- b e h a n d e l t e n VergIeichst iere keine E r sche inungen ba t t en . Dieses Ver fah ren war zu kostspielig, well tier grSBte Tell der Tiere (95 yon i24 Meerschweinchen) vor Beend igung des anaphy lak t i s chen Versuches zugrunde ging. Auch bet Ver- w en d u n g eines im hiesigen I n s t i t u t geha l t enen Ca lmet te - s t a m m e s war das Ergebn is n i ch t vim besser.

Wei te re Versuche, das An t igen e inzudicken oder lediglich das Globulin zu verwenden , f f ihr ten n i ch t gum Erfolge. E r s t als ich mein AugenI~aerk auf die Sensibi l is ierung r i ch t e t e und versch iedene F o r m e n der V o r b e h a n d l u n g un te r such te , wurde es m6glich, m i t Gr5serpol len e inen t6dl ichen a n a p h y l a k t i s c h e n Anfal l auszul6sen. Die Ergebn i sse dieser U n t e r s u c h u n g zeigt die Tabel le i .

T a b e l l e i. 4 Gruppen mit je IO lVieerschweinchen wurden mit Kn~ulgras-

pollenauszug vorbehandelt. Die Vorhehandlung erfolgte bet je 5 Tieren subcutan, bet je 5 Tieren intraperitoneal; das Ergebnis zeigte keine Unterschiede.

Tiergruppc

I II III IV

Art der VorI~ehandIung, 21. X.--3. XI. 193o

Einzelbehandiung w~h- rend 2Wochen

eem

T~glich o, I Alle 2 Tage o,I

4maI je o, 5 4maI je I,o

Gesamtmenge in 14 Tagen

ecm

1,4 O,7 2,0 4,O

Auswertung der Ergeb- nisse beigqinstiger Luft-

druckbewegung

2,8 2,0 0,5 0,4

Urn Durchschnittswerte unmittMbar miteinander vergleichbar zu machen, ist die Auswertung des Erfolges n6tig. Die St~rke des Anfalls muB in gahlen ausgedrflckt werden. Im vorliegenden Falle und auch in den sp~tteren Auswertungen (Tahellen 2, 4, 5) wurde gesetzt: o = keine anaphylaktischen ]~rscheinungen nach der intrakardialen Einspritzung des Antigens, I = flflchtige Er- seheiliungen, das Tier flbersteht die mehr oder weniger starken klonischen Kr~tmpfe sitzend oder legt sieh ohne eindeutige llr~mpfe fflr kfirzere Zeit, 2 = schwere anaphylaktische ]Erscheinungen, die Kr~mlYfe sind stark, das Tier bleibt nur knapp am Leben. 3 = das Tier stirbt im schweren Anfall, bet der Sektion sind die Lungen stark gebl~tht.

Die Tabelle I zeigt, dab die Art der Vorbehandlung yon gr6Bter Bedeutung ist, w~hrend die zur Sensibilisierung ver- wendete Antigenmenge nicht ins Gewicht f~llt. Die t~gliche Vorbehandlung mit kleinen IVfellgen gibt mit Sicherheit einen schweren, meist t6dlichen Anfall (Gruppe I), w~hrend die 3fache Ant%enmenge in anderer Anwendung (Gruppe IV) entweder gar keine oder nur ganz schwache anaphylaktische Ersche inungen verursach t . Auch bet der V e r w e n d u n g andere r Ant igene h a t sich uns dieses Ver fah ren bew~hr t ; demnaeh gelingt die Sensibilisierung u m so leichter, ]e mehr die Antigenmenge in kleine Einzelmengen zerteilt wird.

YV~hrend es CocA ~ nicht gelang, beim Meerschweincheli mit Pollen einen anaphylaktischen Anfall auszulOsen und man deshalb auf die oft unsichere is, yon DALE im Jahre I913 beschriebene Ver- suchsanordnung angewiesen war (Uteruskontraktioli), hat M . E .

* Die Gr~iserpollen stellte uns die wissenschaftliche Abteilung der I. G. Farben- industrie, Werk ElberfeId, bereitwilligst zur VerfiJgung.