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v. Graefes Archiv ftir Ophthalmologie~ Bd. 150, S. 661--664 (1950). Aus dem Physiologischen Institut der Universit/~t Wien (Vorstand: Prof. C. SC~rWA~z-W~DL) und aus der I. Universit&ts-Augenklinik Wien (Vorstand: Prof. A. PILLAT). Untersuchangen iiber die Aderhautdurchblutung bei experimenteller Erhiihung des intraocularen Druckes. Von H. BORNSCHEIN und A, Z~IAUEI~, Mit 1 Textabbildung. Die Ta~sache, dab eine vorfibergehende betri~chtliche Druckstei- gerung im Auge nicht zu einer Dauerschiidigung der Netzhaut ffihren muf3, sprieht fiir eine auch bei relativ hohem intraocularem Druck noch ausreiehende Ern~hrung der Netzhaut. W~hrend fiber die Zirkulati6ns- verh/s in den Netzhautgef/if~en zahlreiehe, vorwiegend dynamo- metrisehe Untersuehungen vorliegen (BAILLIART, DUKE ELDER,STR~I~F und Mo~NI]~ u. a.), ist fiber dig analogen Verh/~ltnisse in der Aderhaut nur wenig bekannt. HILL stellte im Tierexperiment lest, dab eine Stei- gerung des intraocularen" Druckes bis etwa auf die HShe des Carotis- blutdruckes notwendig ist, um die Blutung aus einer erSffneten Vortex- vent zu unterdrficken. SO~DERMA~N suchte die bei verschiedenem Binnendruck bestehende Durehblutung durch Bestimmung der aus einer erSffneten Vortexvene austretenden Blutmenge mittels der BANG- schen Papierme~hode zu erfassen. Er land schon bei relativ gering- gradiger Steigerung des intraocularen Druekes eine deutliche Abnahme der austretenden Blutmenge, wobei allerdings seine Ergebnisse wohl zum Tell methodisch bedingte grol~e Sehwankungen zeigten. Ziel vorliegender Untersuchungen war es daher, mittels unblutiger Methode bei direkter mikroskopischer Beobachtung der untersuehten Gef/~l~systeme denjenigen Grenzwert des intraoeularen Druekes zu bestimmen, bei welchem die Durchblutung, sich~bar gemacht durch intravenSse Farbstoffinjektion, sistiert. Von besonderem Interesse war dabei ein Vergleieh des Verhaltens yon Aderhaut- und 5Ietzhautgef/~i3en, zumal in frfiheren Untersuehungen mit/~hnlicher Methodik Unterschiede in der Reaktion auf versehiedene gef/~Bwirksame Pharmaca fes~gestellt werden konnten (ZwlAUEI~ und BORNSCHEI~). Methodik. Versuchstiere. Als solche wurden 15 albinotische Kaninchen (2--3 kg) inUrethan- narkose (1,5 g/kg) verwendet, wobei stets das linke Auge untersueht wurde (Vor- behandlung durch Instillation yon 1% iger Atropin]6sung). Bei 2 Versuchstieren wurde 3 Monate vor der Untersuchung eine Iridektomie durchgeftihrt. Bei jedem

Untersuchungen über die Aderhautdurchblutung bei experimenteller Erhöhung des intraocularen Druckes

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Page 1: Untersuchungen über die Aderhautdurchblutung bei experimenteller Erhöhung des intraocularen Druckes

v. Graefes Archiv ftir Ophthalmologie~ Bd. 150, S. 661--664 (1950).

Aus dem Physiologischen Institut der Universit/~t Wien (Vorstand: Prof. C. SC~rWA~z-W~DL) und

aus der I. Universit&ts-Augenklinik Wien (Vorstand: Prof. A. PILLAT).

Untersuchangen iiber die Aderhautdurchblutung bei experimenteller Erhiihung des intraocularen Druckes.

Von H. BORNSCHEIN und A, Z~IAUEI~,

Mit 1 Textabbildung.

Die Ta~sache, dab eine vorfibergehende betri~chtliche Druckstei- gerung im Auge nicht zu einer Dauerschiidigung der Netzhaut ffihren muf3, sprieht fiir eine auch bei relativ hohem intraocularem Druck noch ausreiehende Ern~hrung der Netzhaut. W~hrend fiber die Zirkulati6ns- verh/s in den Netzhautgef/if~en zahlreiehe, vorwiegend dynamo- metrisehe Untersuehungen vorliegen (BAILLIART, DUKE ELDER, STR~I~F und Mo~NI]~ u. a.), ist fiber dig analogen Verh/~ltnisse in der Aderhaut nur wenig bekannt. HILL stellte im Tierexperiment lest, dab eine Stei- gerung des intraocularen" Druckes bis etwa auf die HShe des Carotis- blutdruckes notwendig ist, um die Blutung aus einer erSffneten Vortex- ven t zu unterdrficken. SO~DERMA~N suchte die bei verschiedenem Binnendruck bestehende Durehblutung durch Bestimmung der aus einer erSffneten Vortexvene austretenden Blutmenge mittels der BANG- schen Papierme~hode zu erfassen. Er land schon bei relativ gering- gradiger Steigerung des intraocularen Druekes eine deutliche Abnahme der austretenden Blutmenge, wobei allerdings seine Ergebnisse wohl zum Tell methodisch bedingte grol~e Sehwankungen zeigten.

Ziel vorliegender Untersuchungen war es daher, mittels unblutiger Methode bei direkter mikroskopischer Beobachtung der untersuehten Gef/~l~systeme denjenigen Grenzwert des intraoeularen Druekes zu bestimmen, bei welchem die Durchblutung, sich~bar gemacht durch intravenSse Farbstoffinjektion, sistiert. Von besonderem Interesse war dabei ein Vergleieh des Verhaltens yon Aderhaut- und 5Ietzhautgef/~i3en, zumal in frfiheren Untersuehungen mit/~hnlicher Methodik Unterschiede in der Reaktion auf versehiedene gef/~Bwirksame Pharmaca fes~gestellt werden konnten (ZwlAUEI~ und BORNSCHEI~).

Methodik. Versuchstiere. Als solche wurden 15 albinotische Kaninchen (2--3 kg) inUrethan-

narkose (1,5 g/kg) verwendet, wobei stets das linke Auge untersueht wurde (Vor- behandlung durch Instillation yon 1% iger Atropin]6sung). Bei 2 Versuchstieren wurde 3 Monate vor der Untersuchung eine Iridektomie durchgeftihrt. Bei jedem

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662 H. BO~NSCH~r~ und A. Zw~UER:

Tier wurde nur ein Versueh durehgeffihrt, da mit irreversiblen Sch~digungen des untersuehten Auges gereehnet werden muBte.

Variation und KontrolIe des intraocularen Druckes. Durch das obere Drittel der Hornhaut wurde eine L~Egsche Kaniile in die Vorderkammer eingeffihrt und mittels Ringerl6sung mit einem Manometersystem in Verbindung gebr~cht. Dieses bestand im wesentliehen aus einem zur Grobeinstellung dienenden Queeksilber- manometer, das, um rasche Druek~nderungen erzielen zu k6nnen, fiber eine MARIO~WEsche Flasche mit PreBluft und Mikroventil beliebig eingestellt werden konnte, sowie einer F~A~:sehen Segmentkapsel zur genauen Regis~rierung des Druckes auf einem Photokymographion.

Beobachtungsinstrument. Es wurde ein Auflichtmikroskop mit Kontaktglas nach Art des yon LAMBERT angegebenen Instrumentes verwendet (Objektiv Zeil~ 3a~). Beziiglich seiner Einzelheiten wird auf eine frfihere VerSffentHehung ver- wiesen (Zw~vER und BO~NSeH~IN).

FarbstoNin#ktion. Hierzu wurde eine 2%ige MethylenblaulSsung (in iso- toniseher NaC1-LSsung) verwendet, da dieser Farbstoff infolge der hohen Reduk- tionsfahigkeit yon Netzhaut und Aderhaut zu keiner dauernden Anfarbung des Fundus ffihrt. Nach Injektion yon je 1 cm 3 dieser LSsung innerhalb yon 2--3 sec in die rechte Jugularvene wurde das Auftreten des Farbstoffes im Fundus kon- trolliert bzw. wurden die Zeitpunkte seines Auftauchens und Verschwindens sowie die Injektionsdauer gleichzeitig mit einer Zeitsehreibung auf dem Photokymo- graphion markiert.

Ergebnisse. I n 10 Versuchen wurde zun~chst die Gefs der Chorioidea

bei s tufenweiser Ste igerung des in t r aoeu la ren Druckes beobach te t . W~hrend vor Er re ichen eines Druckes yon 60 m m t t g im a l lgemeinen keine Ver~nderung nachweisbar war, begann zwischen 60---80 ram t t g s te ts eine mehr oder minde r deut l iche Pu l sa t ion der Chor ioidealar ter ien . I n 2 Versuchen mi t gleichzei t iger Beobach tung yon Chorioideal- und l%etinalgef~l~en im gleichen Gesichtsfeld konn te fes tgestel l t werden, dab die Pu l sa t ion in den Ar t e r i en be ider Sys teme gleichzeit ig einsetzte , jedoch bei den Re t i na l a r t e r i en wesent l ich s t a rke r ausgepr~gt war. Bei E rhShung des Druckes fiber 80 m m H g k a m es zu einer deu t l i chen Diffe- renzierung des ar te r ie l len und des venSsen Antei les an der Gef~l~zeich-

h u n g der Chorioidea, i ndem die Ar t e r i en vereng t und stel lenweise wie eingeschnfir t , die Venen hingegen ges t au t erschienen. Sch]ie•lich t r a t bei Er re ichen eines b e s t i m m t e n Druckes (100--110 m m Hg) ein schlag- ar t iges Abblassen des l%ndus ein, wobei die nun ebenfal ls verschm~ler ten Venen unscharfe Begrenzung zeigten. Gleichzei t ig ve r schwand die Pu l sa t ion in s~mtl ichen Chor io idea lar te r ien , w~hrend sie im papi l len- nahen Abschn i t t der in den be iden oben erw~hnten Versuchen beob- a e h t e t e n l~e t in~lar te r ien noch bis zu e inem u m einige m m H g hSheren A u g e n d r u c k bes tehen blieb. Bei allm~thliehem Senken des Druckes t r a t s te ts bei Er re iehen eines b e s t i m m t e n W e r t e s (in den einzelnen Versuchen zwischen 62 und 87 m m Hg) eine ausgepr~gte r eak t ive H y p e r - ~mie m i t e iner Zunahme des Gef~tl~durchmessers yon e twa 20% ein.

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Untersuchungen fiber die Aderhautdurehblu~ung. 663

Die Zeitverh~ltnisse des Auftretens von intraven6s injiziertem Methylenblau in den Chorioidealgef~gen wurden in s/~mtlichen 15 Ver- suchen untersucht. Bei einem dem normalen Augendruck ann~hernd entsprechendea Wert (20--30 mm Hg) erschien der Farbstoff stets nach 4 - -5 sec und verschwand nach 9--11 sec. Bei niedrigen Druckwerten (0--10 m m Hg) begann die F~rbung ebenfalls nach 4- -5 sec, war sehr intensiv und hielt meist etwas l~nger an (bis 11--13 sec naeh Beginn der Injektion), vermutlich info]ge voriibergehender Anf~rbung der Gefi~gw~nde durch den starker k0nzentrierten Farbstoff. Bei stufen- weiser kiinstlicher ErhShung des intraocularen Druckes verspgtete sich das Auftreten des Farbstof- fes in den Chorioidealgef~- ken in zunehmendem Make. Diese Erscheinung war mit- unter schon bei Uberschrei- ten eines Druckes yon 40 mm Hg angedeutet, stets abet bei 60--70 m m Hg nachweisbar. W~hrend bei normalem und erniedrigtem Augendruck der Farbstoff in Arterien und Venen prak- tisch gleichzeitig erschien,

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Inj'd~tion A b b : 1. j e k t i o n ~ron j e 1 c m 3 1 V [ e t h y l e n b l a u l S s u n g ( 2 % i g ) i n J u g u l a r v e n e b e i v e r s o h i e d e u e m i n t r a o c u l a r e m

D r u c k ( V e r s u c h s t i e r A K 9 ) .

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[iefd'~f~Pbung F ~ r b u n g ~ler C h o r i o i d e a ] g e f ~ i B e n a c h I n -

bestand bei hSheren Druckwerten (70--80 mm Hg) stets ein merklicher zeitlicher Unterschied in der Fgrbung yon arteriellem und venSsem Gefi~kanteil. Diese Differenz betrug bei 90 mm Hg bis zu 2 sec, wobei der Farbstoff in den Arterign eine stark pulsierende BlutstrSmung er- kennen lieB. Die Entf~rbung gesch~h bei diesen hohen Druckwerten sehr verzSgert. I m arteriellen Teil war der Farbstoff in je einem Ver- such bei 120, 115, l l0 , 107, 105 mm Hg und in den iibrigen Versuchen bei 100 mm Hg noch deutlich nachweisbar, im venSsen Anteil nicht oder nur angedeutet. In der Abbfldung sind die Ergebnisse eines Farb- stoffversuches als Beispiel graphisch dargestellt. Die synchrone Beob- achtung yon Chorioideal- und l~etinalgefiiken wg.hrend und nach Farb- stoffinjektion (3 Versuche) zeigte in allen F~llen bei 100 mm Hg noch eine deutliche F~rbung der Chorioidealarterien, w~hrend die l~etinal- arterie ungef~rbt blieb. Bei etw~s niedrigerem Druck (84, 88, 78 mm Hg) erschienen zwar beide Gef~ftgebiete gef/~rbt, doch war der Farbstoff ~us den Chorioidealgef/s um 1--3 sec friiher verschwunden als aus den Retinalgef~l~en.

Die Ergebnisse sprechen dafiir, dab bei hohen intraocularem Druck (100--120 mm ttg) noch immer eine allerdings st~rk reduzierte Durch- strSmung der ChorioidealgefaI~e stattfindet, w~hrend die orientierenden

v . G r a e f e s A r c h i v f f i r O p h t h a l m o l o g i e . B d . 1 5 0 . 43

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662, H. BO~SCH~L~r und A. ZWlaITER: Aderhautdurchblutung.

Vergleichsuntersuchungen ein abweichendes Verhalten der l~etinal- gefgl~e zeigen. Die Ursache hierfiir diirfte in der Verschiedenheit des Capillardurchmessers sowie in dem auch sonst grundlegend verschie- denen anatomischen Aufbau der beiden GefgBsysteme zu suehen sein.

Zusammen/assung. Bei 15 Albinokaninehen (2--3 kg) in Urethannarkose wurde der

Einflul~ stufenweiser experimenteller ~nderung des intraocularen Druckes auf die mittels LA~B~Tschem Kontaktglasmikroskop beob- achteten Chorioidealgefs untersucht, ferner wurden die Zeitpunkte des Aui~retens undVerschwindens yon intravenSs injiziertem Methylen- blau in den Chorioidealgef~l~en bei experimentell variiertem Augendruck registriert. In 3 Versuchen wurde parallel hierzu das Verhal ten der Retinalgefitl~e im gleichen Gesichtsfeld des Mikroskops beobachtet. Bei den Chorioidealgefiil]en war eine Verspi~tung im Auftreten des Farb- stoffes mitunter schon bei Uberschreiten eines Druckes yon 40 mm Hg, stets aber bei 60~70 m m Hg nachweisbar, ferner trat bei hSheren I)i.uck~ werten eine merkliehe zeitiiche Differenz in der Fgrbung yon Arterien und Venen sowie eine stark pulsierende BlutstrSmung in Erscheinung. Anderseits konnte auch bei sehr hohen Druckwerten (100--120 mm Hg} ein Eintreten yon Farbstoff in die Chorioidealgefiil~e mit Sicherheit naehgewiesen werden, die Entfgrbung erfolgte stark verzSgert. Das in mehrfacher Hinsicht abweiehende Verhalten der l%etinalgefgl3e diirfte mit anatomischen und funktionellen Unterschieden beider Gefiil~systeme in Zusammenhang stehen.

Literatur. BAILLIART: La circulation retini~nne. Paris: Masson & Co. 1923. - - Dv~.

ELDEn, W. ST.: Brit. J. Ophthalm. 10, 522 (1926).--HILL, H.: Lancet 1929, 359. - - LAMBERT, R. K. : Arch. 'of Ophthalm. 12, 868 (1934).- SONDER~A~, t~. : Arch. Augenheflk. 105, 698 (1932). - - S~EIFF U. MO~I~R: Der retinale Blut- druck. Wien: Springer 1946. - - Zw~uE~, A., u. H. BO~SCHEIN: Graefes Arch. 149, 407 (1949).

Dr. H. BOR~SCH~I~, Physiolog. Inst. d. Univ. Wien IX, Schwarzspanierstr. 17.