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(Aus dem Hygienischen lns~i~ug der Friedrich Wilhelm-Universitat Berlin. Stellv. Direktor: Prof. I)r. H. Zeifl.) Untersuchungen fiber die Aufnahme yon Staub dutch die itemwege. II. Mitteilung. ~ber die Anfnahme yon Braunsteinstaub. Yon 0. Ehrismann. Mit 6 Textabbildungen. I. Einleitung. In der vorangehenden Mitteilung 1 dieser Untersuehungsreihe wurden die grunds~tzlichen Gesichtspunkte sowie die methodischen Hilfsmittel erSrtert, die fiir die experimentelle Bearbeitung yon Fragen der Staub- gef~hrdung mal~gebend sind. Whhrend das allgemeine Interesse sich auf diesem Gebiet in den letzten Jahren vorwiegend den durch silicium- haltigon Staub drohenden Gesundheitssch/~den zuw~ndte, betonten wir die Bedeutung einor Untersuchung auoh des silicatfreien me~allischen Staubs und seiner Wirkungen. Diese liegt nieht nur in der Z~hl der tatss vorkommenden Gesundheitsst6rungen in mannigfachen ge- werbliehen Betriebon, sondern vor allem in den Besonderheiten, die das eigentfimlicfie toxikologisehe Verhalten der einzelnen Metallstaubarten fiir die Bpurteilung bietet. Bei quantitativen Versuchen fiber die Aufnahme von blei- und kupfer- hal~igem Staub dureh die A~emwege hatte sich gezeigt bzw. bestatigt, dab diese beiden Staubarten im Gegensatz zu Siliciumstaub nieht in der Lunge abgelagert, sondern relativ rasch {grol~entefls dureh Resorp- tion) wieder aus ihr entfernt werden. Dies bringt es mit sieh, dal~ einer- soits p~thologisehe Veranderungen der Atmungswege -- abgesehen etwa von 6rtliehen Reizerscheinungen bei hohen Staubkonzentrationen -- nicht beobaehtet werden, ws andererseits die naeh der Resor7)tion eintretenden Krankheitssymptomo im Vordergrund stehen. Mal~gebend ffir die ]3eurteilung der dutch Met~llstaub drohenden Sch~tden sind somit in erster Linie deren spezifische Organwirkungen. Bei den beiden bisher untersuchten Staubsorten zeigten diese im Tiorversuch mit Blei die charakteristischen Erseheinungen, w~ihrend Inhalation yon Kupfor- staub aueh fiber ]~ngere Zeit bin bei keiner der geprfiften Tierarten {Kaninehen, Meersehweinehen) pathologisehe Veranddrungen hervor- zurufen imstande war. 1 Ehrismann, 0.: Z. ttyg. 114~ 224 (1932).

Untersuchungen über die Aufnahme von Staub durch die Atemwege

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Page 1: Untersuchungen über die Aufnahme von Staub durch die Atemwege

(Aus dem Hygienischen lns~i~ug der Friedrich Wilhelm-Universitat Berlin. Stellv. Direktor: Prof. I)r. H. Zeifl.)

Untersuchungen fiber die A u f n a h m e yon Staub dutch die i t e m w e g e .

II. Mitteilung. ~ber die Anfnahme yon Braunsteinstaub.

Yon 0. Ehrismann.

Mit 6 Textabbildungen.

I. Einleitung. In der vorangehenden Mitteilung 1 dieser Untersuehungsreihe wurden

die grunds~tzlichen Gesichtspunkte sowie die methodischen Hilfsmittel erSrtert, die fiir die experimentelle Bearbeitung yon Fragen der Staub- gef~hrdung mal~gebend sind. Whhrend das allgemeine Interesse sich auf diesem Gebiet in den letzten Jahren vorwiegend den durch silicium- haltigon Staub drohenden Gesundheitssch/~den zuw~ndte, betonten wir die Bedeutung einor Untersuchung auoh des silicatfreien me~allischen Staubs und seiner Wirkungen. Diese liegt nieht nur in der Z~hl der tatss vorkommenden Gesundheitsst6rungen in mannigfachen ge- werbliehen Betriebon, sondern vor allem in den Besonderheiten, die das eigentfimlicfie toxikologisehe Verhalten der einzelnen Metallstaubarten fiir die Bpurteilung bietet.

Bei quantitativen Versuchen fiber die Aufnahme von blei- und kupfer- hal~igem Staub dureh die A~emwege hat te sich gezeigt bzw. bestatigt, dab diese beiden Staubarten im Gegensatz zu Siliciumstaub nieht in der Lunge abgelagert, sondern relativ rasch {grol~entefls dureh Resorp- tion) wieder aus ihr entfernt werden. Dies bringt es mit sieh, dal~ einer- soits p~thologisehe Veranderungen der Atmungswege - - abgesehen etwa von 6rtliehen Reizerscheinungen bei hohen Staubkonzentrationen - - nicht beobaehtet werden, ws andererseits die naeh der Resor7)tion eintretenden Krankheitssymptomo im Vordergrund stehen. Mal~gebend ffir die ]3eurteilung der dutch Met~llstaub drohenden Sch~tden sind somit in erster Linie deren spezifische Organwirkungen. Bei den beiden bisher untersuchten Staubsorten zeigten diese im Tiorversuch mit Blei die charakteristischen Erseheinungen, w~ihrend Inhalation yon Kupfor- staub aueh fiber ]~ngere Zeit bin bei keiner der geprfiften Tierarten {Kaninehen, Meersehweinehen) pathologisehe Veranddrungen hervor- zurufen imstande war.

1 Ehrismann, 0.: Z. ttyg. 114~ 224 (1932).

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Untersuehungen fiber die Aufnahme von Staub durch die Atemwege. ]I . 663

D i e genann ten Beobaeh tungen leg ten es nahe, noch bei e inem wei te ren Meta l l s t aub die physiologischen Bedingungen seiner Au/nahme dutch die Atemwege als Grundlage /iir die praktisch hygienische Beurleilung zu prt ifen. Grundss hande l t e es sich - - wie in den fr i iheren Unte r - suchungen - - dabe i in e rs te r Linie um folgendo F ragen , deren Bearbei - t ung in Angr i f f genommen werden mu•:

I . Welche Staubkonzentration in der E i n a t m u n g s l u f t t u f t i i b e r h a u p t Gesundhei t sschs he rvor ? und speziel l : L ieg t die sch~dliche Konzen- t r a t i on der Subs tanz bei Aufnahme durch die A temwege (infolge der gro•en Resorptionsfl i~ehe der Lunge) n iedr iger als bei e iner solchen d u t c h den M a g e n - D a r m k a n a l ? sowie:

2. K o m m t es zu e iner Ab lage rung des S t~ubs in de r Lunge u n d d a m i t zu einer Gefahr fiir diese (sei es d i rekt , sei es dureh E rhShung der Dispos i t ion fi ir andere E rk rankungen , z. B. P n e u m o n i e ) ?

Die wei tere Ana lyse de r spezifischen Organwi rkungen is t selbst- versti~ndlich Aufgabe des Pharmakologen .

Aus p r ak t i s chen Ges ich t spunk ten wiihl ten wi t fi ir die im fo lgenden zu schi ldernden Versuche einen manganha l t i gen S taub , den Braunstein, 5~10~.

Ober Gesundhei t ssch~den durch Brauns t e in wurde in den l e tz ten J a h r e n mehf fach ber ichte t . Die zunehmende indus t r ie l le Verwer tung b r ach t e ein gehi~uftes Auf t r e t en von Erkrankungsf i i l l en m i t sich. Zu- sammens te ] lungen der Ge[ahrenquellen f inden sich bei H. Langeclcer 1 u n d F. W. Bickert 2. Die in Deu t sch land b e o b a c h t e t e n Fi~lle be t ra fen - - en t sp rechend der e rwei te r ten VerwendungsmSgl ichke i t des Brauns te ins abgesehen yon den seit l angem bekann ten E r k r a n k u n g e n der Braun- s te inmi i l le r (in Thi i r ingen 8) vor al lem die Ver lade r von b rauns te in - ha l t i gem Mater ia l (Tr immer) , (L. Schwarz, E. W. ~Baader 4) sowie A r b e i t e r in E l emen te f ab r iken (E. W. Baader5); Vergi f tungen a m Manganofen , A. Meyer 6) un4 be im elektr isehen Lichtschweil~en (Mangand~mpfe , E. Beint]cerV). U b e r Manganverg i f tungen im A us l a nd ber ich ten neuer- dings z .B. V. Dhers s (Frankre ich) , M. Cannavan, S. Cobb und Ch. Drinlcer 9 (Amerika) , F. W. Freise lo (Brasilien).

1 Langecker, H.: Handbueh der experimentellen Pharmakologie, Bd. 3, Teil 12, S. 1287. 1934. ~ 2 Bickert, F. W.: Arch. Gewerbepath. 4, 674 (1933). - - 3 Vgl. z.B.R.Fischer: We yls KandbuEh dEr HygiEne, Bd. 7, 2, S. 850. 1 9 2 1 . - Brezina, E.: Zbl. Hyg. 25, 671 (1931). - -Hi lper t , P.: Sammlung yon Vergiftungsf~tllen, CI u. A 35. 1930. - - 4 Schwarz, L.: Sammlung yon Vergiftungsf~llen, B 28. 1932 u. Zbl. Ge- werbehyg. 1926, Nr 11. --: Schwarz, L. u. I. Pagels: Arch. f. Hyg. 92, 77 (1923). - - Baader, E. W.: Zbl. Gewerbehyg. 19, 1 (1932). - - ~ Baader, E. W.: Arch. Gewerbe- path. 4, 101 (1932). - - 8 Meyer, A.: Sammlung yon Vergiftungsf~llen A 34. 1930. - - 7 Beintker, E.: Zbl. GewerbEhyg. 1932, 207f. ~ 8 Dhers, V.: Med. du tray. 1934, 63 u. 147. ~ ~ Cannavan, ~1., S. Cobb u. Ch. Drinker: Ref. Arch. Neur. u. Psyctfiatr. 32, 500 (1934). - - 10 Freise, F. W.: Arch. Gewerbepath. 4, 1 (1932) behandelt die VcrhMtnisse in brasilianischen Manganbetrieben, wobei ES oft schwierig ist, zu ent- scheiden, welehe Krankheitserscheinungen auf Mangan, welehe auf andere Momente zurfickzufiihren sind.

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Die fiir dig hygienische Beurboilung erfordorlichon Daten lassen sich aus der Li teratur nicht immer mi t Sicherheit entnehmon. So heiBt es z. B. fiber die Staubkonzentration bei Baader 1, dab in den Mischr/~umen der Elementefabriken ,,schon s siehtbare Staubwolken yon Braunstein und Graphi t" anzutreffen waren. F . W . Freise (a. a. O.) finder 55,5 mg Staub im Kubikmeter , bei gleichzeitigem Vorhanden- sofia yon RuB sogar 180 mg/cbm.

Die TeilchengrSfle (ebenda) war bei Kunstbraunstein geringer als boi Naturbraunstein und betrug hier etwa 10 # (s. dazu Freise a. a. 0, S. 9 Anm.).

Versehieden ist auch die ehemischo Zusammensetzung des ver- arbeiteten Materials. In den yon Baader untersuchten Elementefabriken wurde ein Gemisch aus 50 Gewichtsteilen kaukasischem Braunstein, 20 Gewichtsteilen Kunstbraunstein, 25 Teilen Graphit und 5 Teilen RuB verwandt. Aber nicht nur der Gehalt an relativ unseh/idliehen ]3eimengungen wie Kohlenstoff oder Eisen muB in der Praxis beachtet werden, sondern gegebenenfalls aueh derjenige an nieht indifferenten Stoffen. So erw/ihnt z. B. t~. W. Freise das Vorkommen yon t i tanoxyd- haltigen Manganerzen. Der Silieiumgehalt 2 vieler Manganerze ist be- kannt . Ftir dig Klfi.rung der spezifisehen Manganstaubwirkungen ist es daher zungchst yon Bedeutung, mit chemisch reinem iVIaterial zu arbeiten.

Hierffir kommen praktisch versehiedene Verbindungen des 2/[angans in Frage. In den Manganerzen finden sieh: die Oxyde Pyrolusit (Mn02), Manganit (Mn20 a -~ It20), Psilomelan (Mangandioxyd, nebst K, Ca oder anderen Basen), Braunit (Mn2Oa) I-Iausmannit (Mns04) , Mangan- schaum (mit weehselndem Gehalt an Mn und Mn02 sowie K, Ca, Ba) und das Carbonat Manganspat (MnCOa). Von diesen MinerMien kommen einige (win Pyrolusit, Manganit und Psilomelan) in Deutschland (Thii- ringen, Erzgebirge, Westfalen) natfirlich vor; aueh die Einfuhr (aus Rullland, Siidamerika, Schweden) war zeitweise bedeutend. SehlieBlich ist aueh noch auf kiinstlich gewonnene Verbindungen - - win die Mangan- farben - - Rtieksicht zu nehmen.

Die Eigentfimliehkeit des klinischen Erkranlcungsbilcles des Manta . nismus stellt die hygienisehe Beurteilung und damit die experimentelle Bearbeitung vor besonders schwierige Aufgaben. Bezfiglich der Gesamt- heir der Symptome sei auf die zusammenfassende Darstellung yon H. Langeclcer verwiesen.

Fiia" unsero spezielle Aufgabe ist einmal daran zu erinnern, dab es sich bei den Manganvergi/tunyen der Praxis vor allem um chronische Erlcranlcungen handelt, die erst nach lang dauernder Exposition in Er- scheinung treten. Die kurzfristigste Erkrankung nach Baader ffihrte

1 Baader: Arch. Gewerbepath. 4, 105 (1932). - - 2 Nicht gewaschene Exporterze enthielten nacb, Bickert z. B. neben 50% Mn 8% Si.

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bei einem Braunsteinmiiller allerdings sehon nach 1/4j~hriger umnlter- brochener Arbeit zu den ersten leiehten Synlptomen. Im allgemeinen dauert das Leiden jedoch viel 15nger und beginnt oft erst nach z .B. 2 Jahren der Besch/iftigung mit braunsteinhaltigem Material. - - Ebenso zeigen sich im Tierversuch gfinstigenfalls nacll einigen (8--12) Wochen die ersten Erseheinungen. Aus diesem Grund dehnten wir die im fol- genden beschriebenen Inhalationsversuche an Tieren zum Tell bis fiber 3 Jahre bin aus.

Aber nicht nur die Dauer der Manganvergiftung, sondern auch die Art der Symptolne ersehwert ihre experimentelle Bearbeitung. Beim Mensehen werden vor allem Paralysis agitans-artige Ver/inderungen beobachtet. Nun ist aber die Org~nisation des Zentralnervensystems unserer fiblichen Versuchstiere yon derjenigen des Menschen so ver- schieden, dal3 ausgesprochene typisehe Vergiftungsbilder der genannten Art bei ihnen gar nieht bzw. nur andeutungsweise zur Beobachtung gelangen. Noch am ehesten diirften sich Affen fiir das toxikologische Studium dieser Form yon Manganvergiftung eignen (vgl. Mellal) , viel. leicht such Katzen (L. Schwarz und I. Pagels), wghrend z .B. Kanin- chert - - entgegen Angaben der Liter~tur (vgl. unten) - - fiir diesen speziellen Zweck sich nicht als geeignet erwiesen.

Neben der Erkrankung des Zentralnervensystems fiel von jeher die groBe H~ufigkeit an Pneumonie bei den Braunsteinarbeitern auf. So berichten R. _Fischer ~ und Brezina (a. a. O.) aus der ~lteren Literatur fiber tSdliche Lungenentziindungen z.B. in einer Braunsteinmfihle nach 1--6monutiger Besch~ftigung. W. Schopper a beschreibt zwei Pneumonie- fi~lle aus einem Braunsteinbergwerk, bei denen allerdings neben der Lungenentziindung chronische Pneumokoniose mit Bindegewebsver- mehrung und Enlphysem sowie reichliche Rul]ablagerung vorhanden waren. A. Bubarew 4 teilt 37 Pneumonieerkrankungen bei 70 mit der Verladung yon manganhaltigem Material besch~ftigten Arbeitern mit. Entsprechendes ergibt sich aus der yon F. Bickert (a. a. O.) gebrachten Statistik. Wiihrend es sich bei den yon F. Freise beobachteten Fallen yon chronischem Lungenemphysem nach Inhalation yon mangan- haltigem Quarzstaub wohl um eine Siliciumwirkung handelt, betont E. W. Baader (a. a. O.) neben der H/~ufigkeit besonders die Schwere der Lungenentzfindung bei Braunsteinarbeitern; er erinnert zum Ver- gleich an die Giftwirkung der freiorl Kiesels~ure auf das Lungenparen- chym und betont, dal~ die durch Staubeinwirkung chronisch gereizte Respirationsschleimhaut ffir die Resorption des Mangangifts andero Verh/~ltnisse zeigen kSnne als die normale. - - Nachdem es im Tierversueh, z. ]3. bei Kaninchen und Meerschweinchen, relativ leicht gelingt, durch

x Mella: Trans. amcr. neur. Assoc. 1923, 49. - - ~ Fischer, tr Weyls Handbuch, a. a. O. - - 3 Schopper, W.: Arch. f. Hyg. 1[)4, 175 (1930). - - 4 Bubarew, A. (russ.): Zit. Zbl. Hyg. 26, 50 (1932).

Zeitschr. f. Hygiene . Bd. 117. 43a

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666 o. Ehrismann:

Staub Inhalationspneumonien hervorzurufen (vgl. auch Mitteilung I), sehien es geboten, dieser Frage mit Manganstaubversuchen besonders naehzugehen, da hier aueh Versuche mit negativem Ausfall einen Rfiek- sehlug auf h6here Organismen wie den Mensehen zulassen und daher fiir die Deutung der gewerbliehen Statistik nieht ohne Weft sein dfirften.

Als Friihsymptom, dessen Bedeutung sich gleiehfalls experimentell bearbeiten l/s ist sehlieBlieh noeh die yon L. Schwarz und I. Pagels (a. a. O.) besehriebene Ver/s des Blutbildes (zuerst Steigerung, darauf Abnahme der Erythroeytenzahl und des H/imoglobingehalts des Bluts) wiehtig, die von V. Dhers (a. a. O.) aueh am Menschen beob- aehtet wurden.

II. Methodik. Zur Bearbeitung der im vorangehenden kurz angegebenen Fragen,

war es vor allem notwendig, die Versuehstiere fiber l~ngere Zeit hin Lu/t mit konstantem Staubgehalt einatmen zu lassen. Wie in der ersten Mitteilung bedienten wir uns hierzu der dort (S. 237f,) besehriebenen Versuehsanordnung. Die tats~ehliehe Staubkonzentration wurde in der Mehrzahl der Versuehe, jedenfalls aber naeh jeder Anderung der Apparateinstellung, dureh quantitativ-ehemisehe Mangananalysen kon- trolliert.

Die t/~gliehe Dauer der Inhalation betrug (wenn bei den einzelnen Versuchen nieht besonders angegeben) wie frfiher je 4 Stunden.

Ffir die Auswahl des Staubmaterials, war, wie oben ausgeffihrt, der Gesiehtspunkt maggebend, eine reine Manganstaubwirkung zu erhalten. Wir verwandten pulverisierten Braunstein (MnO~). Wie aus der Abb. 1 hervorgeht, zeigen die einzelnen Staubteilehen keine besonders spitzen Ecken oder Kanten, so da6 ehemiseh indifferente lokale Reizwirkungen nieht zu beffirehten waren.

Die Teilchengr6Be geht aus dem Diagramm (Abb. 2) hervor. Die Mehrzahl der Teilehen besag einen Durehmesser unter 5/~, so d a 6 - - rein meehaniseh - - ein Eindringen in die Bronehiolen m6glieh war.

Da es sich darum handelte, die Besonderheiten der Aufnahme yon Mangan dureh die Atemwege kennenzulernen, mu6ten Vergleiehs- versuehe mit Ver/iitterung desselben Materials angestellt werden. Hierzu vermischten wir eine abgewogene Menge Braunstein mit einem Teil des Futters und achteten darauf, da6 dieser m6glichst vollst/indig auf- genommen wurde. In einer Versuchsreihe mit Kaninchen wurde mit der Schlundsonde geffittert. Eine genauere quantitative Dosierung l/~gt sich bei lang dauernden Versuchen mit den beiden genannten Anwendungsarten nieht erzielen und dfirfte ffir praktisch hygienische Verh/~ltnisse auch nicht erforderlich sein.

Beil/~ufig sei erw/ihnt, dab wit auch versuchten, durch sterile An- legung eines Braunsteindepots im Unterhautbindegewebe eine Mangan-

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vergiftung zu erzielen. Dies gelang jedoeh bei Kaninehen, (lie 1--2 g (d. h. 0,5--1,0 g pro Kilo K6rpergewicht) erhielten, nicht, (ltL (let Braun- stein zum gr61~ten Teil alsb~ld ohne besondere Reaktion des umliegenden

:r �9 . ~ ~ ~.

: : f . , v ~kbb. 1. B r a u n s t e i n (MnOo.)-Staub. Vcrg i '613erung 450nml .

Gewebes wieder nach auBen abgestoBen wur(le. I)iese Versuchc zcigen einmal, welche geringe lokalreizende Wirkung dem Braunstein zukam, und sodann die grof~e Fghigkeit des Organismus % sich des unerwfinschten Stoffes zu entledigen. ~ ! I i

Von Tierarten kamen in dervorliegenden Arbeit aa Katzen und Kaninchen zur Verwendung, ersterc ea vor allem deshalb, weil bei ihnen ein leichteres la - /~ k ~ \ 1 Ansprechen des Zentra]nervensystems auf das (~iift zu erwarten war. a 1 z 3 q 5 sf

Alfl). '2. l ; r a u n s t e i n (Mn()~ ~- Die quantitativ chemische Bestimmung des Man- Sttmb: Tcih'hengriilae. gans erfolgte colorimetrisch durch Oxydation zu Permanganat und Vergleich der erhaltenen roten Farbc mit einer Per- manganatstandardl6sung, die ihrerseits mit Oxalsgure auf ihren Titer hin jedesmal kontrolliert wurdeL Zur Oxydation verwandten wit bei Untersuchung des Staubmateria]s auf den Probefiltern, das in ver(liinn- ter Salpetersgure gel6st wurde, Bleiperoxy(1. Waren in der Analyse noch andere Salze vorhanden (Chloride !) wie bei der Mang~muntcrsuehung (let

1 Treadwell." Quantitative Analyse, S. 106f. Leipzig 1923.

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Org~ne, so erwies sich KaliumjodaL (KJO~) ~ls Oxydut ionsmit te l geeigneter (nach H. Willa,rd und L. Greathousel).

I I I . Inhalationsversuche. 1. Versuche mit Kaninchen.

a) Anlage der Versuche.

Die Versuche mi t Kaninchen wurden in zwei Gruppen durchgeffihrt : die eine Reihe der Tiere k~m t~glich fiir 4 Stunden in den S taub tu rm zur Inha la t ion des Braunsteins, die andere Serie wurde mi~ M~ng~n geffitter~, d~ es - - wie erw/ihnt - - zum Vergleich no~wendig war, etw~ige Frf ihsymptome, bei der zum Versuch benutz ten Tierart rechtzeit ig zu erkennen. Ha l tung und Fi i t terung waren im fibrigen bei beiden Tier- gruppen die gleiche.

Die S taubkonzent ra t ion der Eina~mungsluf~ be~rug in diesem Vet- such etwa 10--20 mg/cbm, d . h . sie wgre bei indifferentem St~ub nach K. B. Lehmann als , ,unerfreulich", jedoch noch kaum als gesundheit.lich , ,bcdenklich" zu bezeiehnen gewesen. Zweifellos sind die Arbeiter in der Praxis - - allerdings nur vorfibergehend - - auch viel hSheren Konzen- tr~tionen ~usgesetzt. Da es sich aber hier zun/ichst da rum handelte, zu untersuchen, ob dutch rel~tiv geringe Staubaufn~hme durch die Lunge ]eichter Vergif~ungserseheinungen ausgetSst wfirden, als dureh vielleicht gr61]ere auf dem Weg des Magen-Darmkanals resorbierte, w/ihlten wir die angegebene niedrige Staubkonzentra t ion. - - Die Schwan- kungen derselben hielten sich innerhalb der gen~nnten Gr613enordnung (vgl. hierzu die in der ersten Arbeit angegebenen mit der gleichen Appa- r a tu r erh~ltenen Wer te bei ~nderen St~ubarten).

Zu den Vergleichsversuchen mit Manganff i t terung verabreichten wir bei der Mehrzahl der Versuche gepulverten Braunstein (MnO2) mit der Sehlundsonde, bei zwei Tieren ~uch das w~sserlSsliehe Mangan- chloriir, bei dem raschere Resorpt ion und dami~ friiheres Einsetzen yon Vergi f tungssymptomen mSglich erschien. (Die L6slichkeit des Braunste inpr~parats war recht gering und erfolgte in verdiinnter Salz- s~iure, deren Konzen t ra t ion etw~ derjenigen im Magens~ft entsprach, nur bei Erhi tzen vollst/indig.) Eine l~bersicht fiber die verabreichten Mengen geben folgende Z~hlen:

~'ittterung yon Mangandioxyd bzw. Manganchlori~r mit der Schlundsonde. 1. Nr. 226:3,0 kg K(irpergew.: 33real wSchentl. 3 g ]~'fnO 2 = insges. 99 g MnOu 2. ,, 227: 2,95kg ,, 29mal ,, 3g ,, = ,, 87g ,, 3. ,, 228: 3,15kg ,, 25mal ,, 2g ,, = ,, 50g ,,

x Willard, H. H. and L. H. Greathouse: J. amcr. chem. Soc. 39, 2366 (1917); dazu C. W. Lindow and W. H. Peterson: J. of biol. Chem. 75, 169 (1927) u. Official a. tentative methods of analysis of the association of official agricultur chemists, S. 42. Washington 1925,

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4. Nr. 229:3,25 kg KSrpergcw.: 23real wSchentl. 2 g ]~'In02 = insges. 46 g MnO 2 5. , , 230:3,55 kg ,, 15real , , 1 g ,, =: ,, 15 g ,, 6. ,, .286: 2,50kg ,, 7mul ,, 5g ,, ~ ,, 35g ,, 7. ,, 287: 2,90kg ,, 3mal ,, 5g ,, = ,, I 5g ,, 8. ,, 285: 3,40kg ,, lmal ,, 3g MnCI 2 ,, 3gMnC]~ 9. ,, 284:2,45 kg ,, hnal ,, 3 g ,, ~ ,, 3 g ,,

We i t e r e K a n i n e h e n erhie l ten Br~uns te in fiber lis Zei t - - bis fiber 1/.~ J a h r - - t / iglich mi t dem F u t t e r vc rmisch t in grSl~eren, n~tur- gem/~B n ich t genau fes t s te l lbaren Mengen.

D~ die Ergebnisse bei allcn T ie rg ruppen im Pr inz ip die gleichen waren, kSnnen sie gemeinsam er6r te r t werden.

b) Ergebnisse der chemischen Analyse .

Die chemische Ana lyse der Organe unserer Versuchst iere h a t t e e inmal die Aufg~be, zu e rmi t te ln , ob f ibe rhaup t M~ngan yon den Kan inchen au fgenommen wurde, d . h . der Mangangeha l t der Organe grSBer war ~ls der jenige normale r Tiere; sod,~nn soll te - - en t sp rechend der e ingangs e rSr te r ten F r a g e - - fes tgeste l l t werden, inwiewei t es nach I n h a l a t i o n yon ]3raunsteinst~ub zu einer Anre icherung desselben in der Lunge k o m m t .

Als Methode d iente uns die color imetr ische Mang~nbes t immung nach Oxydu t ion mi t K u l i u m j o d a t (vgl. H. Willard und L. H. Greathouse sowie C. W. L indow und W . H . Peterson a. a. 0 .) . D~ n ieh t b e k a n n t war, in weleher F o r m d~s M~ng~n nach seiner Aufn~hme in den K 6 r p e r vorl iegt , mul~ten die Org~ne zuers t in t ibl icher Weise vol l s tgndig ver- asch t werden.

Der normale M~ngangeh~l t t ier ischer Organe ist sehr gering, n~ch G. Bertrand und H. N a k a m u r a 1 0 , 1 0 m g je Ki lo F r i schgewich t bzw. 1,48 rag je Ki lo Asche. Auch in eigenen Versuchen fanden wir bei Norma.l t ieren, die un t e r den gleiehen Ern / th rungsbed ingungen wie die Mangank~ninchen geh~lten wurden, ~hnliche Wer te .

ida es sich in dieser A r b e i t n i ch t d a t u m hande ln konnte , die Ver- te i lung des M~ngans im Tie rkSrper im einzelnen zu s tudieren, beschr/ ink- ten wi t uns bei den Versuchst ieren auf S t ichproben . S i t zeigten in al len un te r such ten F/~llen, dull bei den Tieren des Inha l~ t ionsversuchs , die 1/~ J a h r lang t/~glich der S t aub lu f t expon ie r t waren, der M~ng~ngehal t de r Organe hSher lug, als in der Norm, z. B. 0 ,05--0 ,1 mg Mn in 15- -20 g Leber (Frischgewich~); 0 , 0 3 m g Mn in 1 0 g Muskeln (ebenso); 0,1 m g in 7,5 g Nie rensubs tanz (ebenso) usf. En t sp rechendes erg~ben An~- lysen bei den mi t der Schlundsonde gef i i t t e r ten Tieren (Nr. 1 - - 4 de r obigen Tabelle) , wodureh gezeigt war, da/3 bei de r gew/ihlten Versuchs- ~nordnung Mangan tatsdchlich resorbiert wird, wenn es such zu einer bezonderen Anreicherung in den Organen nicht kommt.

1 Bertrand, G. u. H. 2Vakamura: Ann. Inst. Pasteur 54, 421 (1935); weitere Angaben vgl. bei H. Langecker : a. a. O.

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670 O. Ehrismann:

Dies gilt insbesondere aueh fiir den Mangangehalt der Lungen bei den Inhalationstieren, der durchschnittlich zu etwa 0,1 mg Mn - - je 10 g Frischgewicht - - gefunden wurde, also auch nicht h6her lag wie bei den anderen Organen. Nur in einem Fall, bei dem die gesamte Trachea nebst beiden Lungen zusammen verascht wurde, fanden wir mehr Mangan, ns 1,375 mg (in 12 g Frisehgewicht). Es ist sehr wahrseheinlieh, dab es sieh hierbei um grSbere Manganteilehen in den obersten Atem- wegen gehandelt hat. Im fibrigen wurde in diesen Versuehen sorgf~ltig darauf geaehtet, dab tatss nur die Lungen zur Untersuchung kamen.

c) Uber das Vergi/tungsbild bei den Mangankaninchen.

Das K6rpergewicht der Kaninchen, das regelm~13ig kontrolliert wurde, zeigte geringe Schwankungen; in keinem Fall t ra t Abmagerung ein. Als Beispiel seien folgende Zahlen in Kilo angegeben, wobei ]edesmal zuerst das Gewicht zu Beginn des Versuehs, danach in Klammern dasjenige naeh Beendigung desselben angegeben wird. Bei Kaninchen, die x/4 Jahr lang Braunsteinstaub hahaliert hatten, fanden wir z. B. 3,0 (3,15); 2,55 (2,50); 2,50 (2,20); 2,40 (2,17); bei den mit Schlundsonde geffitterten Tieren der oben angegebenen Tabelle Nr. 1 : 2,35 (3,0) ; Nr. 2 : 2,60 (2,95) ; Nr. 3 : 2 , 5 5 (3,15); ~r . 4 : 2 , 6 2 (3,25); Nr. 5 :3 ,1 2 (3,55); Nr. 6 : 2 , 6 0 (2,50); Nr. 7 : 3 , 0 0 (2,90); Nr. 8 : 3 , 1 0 (3,4); •r. 9 : 2 , 4 0 (2,54).

Unter den Friihsymptomen, auf die in erster Linie zu achten war, sind vor allem Anderungen des Zentralnervensystems sowie des Blutbildes Z U IleD_D~ell.

Far das Studium der ersteren sind Kaninchen nicht besonders g u t geeignet. Trotzdem berichten F. H. Levy und L. Tis/enbach ~ bei den mit Braunstein geffitterten Kaninchen fiber Krampfanfi~lle mit Opisthotonus, Zittern der vorderen Extremiti~ten, krampfhaftes Schreien, allgemeine Starre, besonders der Beugemuskeln und Liihmungen, sowie tiber ent- sprechende pathologisch-histologisehe Ver~nderungen besonders im Corpus striatnm, der Hirnrinde, dem Ammonshorn, und den vorderen Vierhiigeln. Allerdings t raten solche StSrungen keineswegs bei allen Tieren ein.

Wir selbst konnten ein derartig ausgepr~g~es Krankheitsbild bei keinem einzigen Kaninchen beobachten. Nur einmal kam es nach etwa 8w6chiger Braunsteinffitterung zur Li~hmung der hinteren Extremitii ten (Nachschleppen), wie dies auch A. M. Gri~nstein und ~Y. Popowa be- sehreiben 2

Das genaue Studium des Blutbildes schien uns nach den Beobach- tungen yon L. Schwarz und I. Pagds (a. a. O. an Katzen) und der klinisehen Mitteilung yon Dher8 (a. a. 0.) besonders aus dem Grund wichtig, da fort- laufende Blutuntersuchungen mSglieherweise als diagnostisches Frah- symptom Verwendung linden kSnnen.

1 Levy, 2'. H. u. L. Tie/enbach: Z. Neur. 71, 303 (1921). - - ~ Gri~nstein, A. M. u. N. Popowa: Arch. f. Psychiatr. 87, 742 (1929).

Page 10: Untersuchungen über die Aufnahme von Staub durch die Atemwege

Untersuehungen fiber die Aufnahme yon Staub durch die Atemwege. II. 671

Bei Katzen kommt es nach L. Schwara nach voriibcrgehcnder Zunahme der Erythrocyten- und Hiimoglobinwerte zu fortschreitender An/imie der Tmre, bei Verfiitterung yon reinem Mangansuperoxyd bzw. Pyrolusit (weniger leicht durch Thiiringer Braunstein).

~ z '

~e ~oe/mz/elen Zm~ Ceden r me~inelee dzw. m~zinele,7 We~'te be'/Cormal/re~r az 2tbb. 3. E r y t h r o c y t e n g c h a l t des B l u r t s yon mifl B r a u n s t c i n behande l t en Kan inchen .

Auch bei unseren Kaninchen trat nach Inhalation bzw. Verfiitterung yon Braunstein Abnahme der Gesamterythrocytenzahl sowie des Hdimo- globingehalts ein (vgl. Abb. 3 und 5), die die Schwankungen bei den unter den gleichen Ernghrungsbedingungen gehaltenen Normaltieren (vgl. Abb. 4

.9

~ J 1. 2

- ? - J \ N..~

i 3 ~ $ $ 7. g ,~ la 111Z 13 lg 1,5. 18. 12 lg IS Zg i~. gZ. g3. Z f g,~. 26.. 2Za

_&bb. 4. g r y e b r o e y t e n g c h a l t des Blu tes yon N o r m a l - J C a n i n e h c n .

und 6) bedeutend iibertraf. Der Beginn der Erythrocytenzah]abnahmo kann schon relativ friihzeitig, d. h. nach 4---5w6chiger Manganbehand- lung einsetzen (vgl. Kaninchen Nr. 4, 5 und 6 der Kurven), oft werden die niedersten Werto jedoch auch spgter - - z. B. nach 1/4 Jahr - - beob- achtot (Kaninchen Nr. 1, 2 und 3 der wicdergegebenen Kurven). In solchem Fall liegt der Erythrocytengehalt vor dem Beginn der Abnahme sogar manchmal besonders h o c h - z. B. bei Kaninchen Nr. 1 bei bis 6,0 Mill. gegeniibor 4,5 Mill. vor der Behandlung - - , iibertraf aber nicht die obere Grenze, die wir auch bei Normaltieren fanden (auf den Kurven als horizontaler Strich angegoben), so dab es often bleiben mul~, ob es dutch die geringen zu Begitm der Behandlung aufgenommenen Mangan- werto zu einer Steigerung der Blutbildung kommt oder nicht. Sicher

Page 11: Untersuchungen über die Aufnahme von Staub durch die Atemwege

672 O. Ehrismann:

ist die geschilderte Abnahme, die ihrerseits freilieh nie so hochgradig war, dab die Tiere etwa im angmisehen Stadium zugrunde gingen. Viel- mehr kam es in allen beobachteten Fiillen - - ~rotz fortgesetzter Mangan- behandlung - - unter gewissen Schwankungen der Werte regelmggig wieder zu einem Ansbieg derselben. Die Abnahme des Hgmoglobingehal~s erreiehte oft spi~ter ihr Maximum Ms diejenige der Erythroeyten und %

70 i ~ c.~, f ' ~--

....

1 2 3 ~ 5 6 l 2. ~ IR 1l lZ 13 1~. 15 1s 1I lg l~ 20 2I 22 2~ 2g 2~ 2B2ZI

Abb. 5. l=I&moglobingehalt 4es Blares yon mit Braunstein behandelten ti:&ninchen.

, p ' "r', I :; ',,

,,. ,;i..r,, %4 "d

"b

war m~nchmal ~uch weniger ausgepr~gt, ~ber sonst als Indicator fiir die Vergnderungen des Blurs unter Manganbehandlung ebensogut braueh- bar (vgl. Abb. 5).

Bei den mit Brauns te in inha la t ion behandelten Tieren t ra t die Blut- vergnderung weder zu einem friiheren Zeitpunkt ein, noch erreichte sie

%

~76 I

50

/% /X

L ' _ _

I l 2. ? ~ ~f 6 ~ ~ ,~ lg. 11, 1~ lJ. lq. 15. Zr 7Z l,f. 1B, 2a 22. 2~ 2~( 25. 2G 27.1

A b b . 6. t t t i m o g l o b t n g e h a l t des B l u t e s y o n NormM-Kan inc / aen .

stgrkere AusmaBe als nach Ver/i~tterung, was fiir die praktische Beurtei- lung der Manganvergiftung nach Einatmung nicht ohne Bedeutung soin diirfte.

Neben dem roten wurde aueh das weifle Blu tb i ld eingehend verfolgt. Dies zeigt bekanntlieh bei Kaninehen gewisse Besonderheiten 1 hinsieht- lieh seiner Zusammense~zung. Die Mehrzahl der polymorphkernigen Leukoeyten enghglt feine ~eidophile Granula, pseudoeosinophile Leuko- cyten n~ch Ehrl ich, daneben finder man basophile und eehte eosinophile Leukocyten sowie Lymphocyten.

t VgI. E. Haam, in E. Ja//d: Anatomie und Pathologie der Spontanerkrankungen der kleinen Laboratoriumstiere, S. 161f. Berlin 1931.

Page 12: Untersuchungen über die Aufnahme von Staub durch die Atemwege

Untcrsuchungen fiber die Aufnahme yon Staub durch die Atemwege. II. 673

Da die Angaben der Literatur fiber den Gehalt des Kaninchenbluts an den einzelnen Leukocytenformen z. T. sehr auseinandergehen, unter- suchten wit auch das Blutbild normaler Kaninchen, die unter den gleichen Ern~hrungsbedingungen gehalten wurden, wie die Mangantiere. Die auf diese Weise erhaltenen Mittelwerte aus einer grSBeren Anzahl yon Einzelblutbfldern gibt Tabelle 1. Sie zeigt, dab Unterschiede zwiselien den Normal- und Mangankaninchen hinsichtlich des weiBen Blutbildes nicht bestehen. Das gleiche lehrt die Verfolgung der Blutbflder ~ und desselben Tieres im Verlauf der Manganbehandlung, woffir Tabelle 2 als Beispiel angefiihrt sei. Schwankungen der Werte, wie die hier angegebenen, linden sich aueh bei unbehandelten Tieren.

Tabelle 1. Differentialblutbilder yon Kaninchen: Leukocyten-Mittelwerte.

ittei I IKlo,no/P oudo !Eo ino Ba o Nr. Vor- wcr t I Go- Lyre- L y r e .- eosino- phi le philo Mono gangs-

Leuko. Leuko- e y t c n Son- au s cy t en Leuko- c y t e n e y t e n s~iges

b e h a n d l u n g Blur- samt-zahl cytenPh~ phi le ~ " Iformen, b i ldern c y t e n

% % % % ~163 % %

Normales 26 8 570 6,4 4 6 , 0 41,8 0,9 2,0 0,2 0,4 Kontrolltier

,, 16 10 300 7,3 4 6 , 0 42,0 1,5 2,6 0,1 0,5 Mangantier 27 10 400 8,0 4 9 , 0 38,0 0,8 1,7 1,9 0,6

,, 25 10 600 7,0 5 0 , 0 38,0 0,9 2,2 1,2 0,7 ,, 27 8 130 5,4 50,1 39,5 1,4 2,5 0,3 0,.7 ,, 19 8 620 6,4 5 5 , 2 34,0 1,4 2,3 0,6 0,8 ,, 16 7 000 6,8 52,2 37,7 1,2 1,2 0,3 0,6 ,, 15 9 700 5,7 50,0 40,4 1,4 1,4 0,4 0,7

Fiir die Praxis zeigen diese Beobachtungen, dab das weifle Blutbild fiir die Frfihdiagnose der Manganvergiftung nicht in Betracht kommt, wohl aber das rote, insbesondere dann, wenn Erythrocyten und Hdmo- globinwerte is l~ingere Zeit hin ver/olgt werden kSnnen. Die Unterschiede bei verschiedenen Tierarten sind, wenn man z .B. die Katzenversuehe yon Schwa~ und Paffels mit den geschilderten an Kaninehen vergleicht, nur quantitativ.

S tSrungen yon seiten des Magen-Darmkanals traten bei unseren Kaninchen nur vereinzelt auf, und dann in gleicher Weise bei Normal- und Versuchstieren, moist w~ihrend des Fut~erwechsels im Herbst. Man kann daher sag~ da~ dem Mangandioxyd bei dieser Tierart weder nach Inhalation noch nach Aufnahme p e r os eine Wirkung auf den Darm- kanal zukommt.

Von besonderem Interesse war, infolge des bereits erwahnten Vor- kommens yon Pneumonien, die Untersuchung der Lungen nach Inhalation des Braunsteinstaubs. Wider Erwarten entwickelte sich bei keinem der Tier~ eine Lungenentzfindung, obwohl gerade Kaninehen zu Pneumonie nach Inhalation auch indifferenten Staubs recht gut disponiert sind.

Zei tschr . f. Hygiene . Bd. 117. 44

Page 13: Untersuchungen über die Aufnahme von Staub durch die Atemwege

67~ O. Ehrismaam:

Dies legt die A n n a h m e nahe, dal3 die bei Brauns~einarbei~em beobach te t en Pneumonien ebenfalls n ich t allein dureh Mangan hervorgerufen sein di i r f ten; viel le icht hande l t es sieh v ie lmehr nur um eine E rhShung der Disposi t ion durch die S taube in~ tmung als solche - - eine Ansicht , die j a

Tabclle 2. D i f f e r e n t i a l b l u t b i l d e i n e s K a n i n e h e n s w / i h r e n 4 d e r M a n g a n b e h a n d l u n g : L e u k o c y t e n .

Datum

5.3.35 6.3.35 7.3.35

12.3. 35 27.3.35

3: 4. 35 11.4. 35 24. 4. 35 ,2 .5 .35

9.5.35 14. 5. 35 22. 5. 35

6.6. 35 13. 6. 35 18.6. 35 23. 6. 35

2.7.35 11.7. 35 18. 7.35 25. 7.35

3. 8.35 16.8. 35 21.8.35 28. 8. 35

7.9.35 13. 9. 35 20.9. 35

I [ Pseudo- Grofie I Kleine eosino-

Gesamt-[Lympho-lLympho-[ phile zahl cyten cyten LeukO-cyten

% % %

11 400 9 900

10 600 10 100 10 600 11 700 10 300 I 9 200

11 700 13 400 I 12 600 ] I0 400 7 200 7 500 6 700 7 900 I 9 300 9 500 7 900

11 900 10 400 l l 000 14 200 10 900 13 500 11 200 10 100

8 8 8 9 7 6 5 8 4 5 3 7 6 7 6 6 7 8 8 9 8 8 7

6

40 28 44 36 50 47 50 47 48 42 47 49 50 52 49 53 52 55 48 53 51 45 51 49 69 61 57

47 58 42 49 36 41 40 37 42 50 46 40 42 37 42 43

43 37 37 49 40 47 27 23 31

I Eosino- I Baso- . phile [ phile Mono-

Leuko- Lcuko- cyten cyten eytcn .

% % %

0 1 1 0 0 0 0 1 1 0 1 1 1 0 2 0 1 0 1 0 1 0 0 0 1 0 1 1 2 0 1 0 0 0 0 0 2 0 0 0 0 0 1 0 1 0

? o o

/.Ybcr- gangs -

S0nstigcs %

1 0 0 1 1 0 2 0 0 0 1 1 0 1 1 2 1 0 0 0 1 1 1 0

1 0

1 Erythrocytenzahl und Hgmoglobingehalt bei diesem Kaninchen, s i e h e Abb. 3 und Abb. 5 Nr. 1. Tro~z deutlicher Ver~nderung ]ener Werte keine StSrungen im weil3en Blutbild.

(vgl. oben) auch bereits Baader diskut ier t , wenn er yon einer chronischer~ Re izung der Resp i ra t ionssch le imhaut durch die S taube inwirkung spricht ,

Aber auch pneumokoniotische Verdinderungen nach A r t der bei Silieium- s taub hervorgerufenen konn ten mi t te ls Mangans taub inha la t ion nicht erzeugt werden. F i i r die D e u t u n g dieser Tats~ehe k o m m e n zwei Momen te in Bet rach t . E inmM di i r f ten - - wofiir die For schungen der l e tz ten J a h r e ja ganz al lgemein spreehen - - die typ ischen Sil icoseknStchen viel weniger auf eine mechunische ~ls v ie lmehr rein chemische E inwi rkung eben des Sfliciums zuri ickzuffihren sein, die dem Mangan fehlt , und s o d a n n

Page 14: Untersuchungen über die Aufnahme von Staub durch die Atemwege

Untersuehmlgen tiber die Aufnahme yon Staub dureh die Atemwege. II. 675

scheint der KSrper bezfiglich der Metalle fiber ganz andere Resorptions- meehanismen zu verffigen als beztiglieh des Siliciums (oder dor Kohle): Trotz der schweren Wasserl6slichkeit des verwandten Manganperoxyds kam es ja auch wit erw/~hnt - - in Analogie zu den Verh/iltnissen bei Blei und Kupfer - - zu keiner wesentliehen ehemisch nachweisbaren Anreicherung von Manganstaub in der Lunge.

2. Versuehe mit Katzen.

Bei den Versuehen mi t Katzen kam es vor allem darauf an, die an Kaninehen gewonnenen Ergebnisse an einer anderen Tierart zu erg/~nzen, und den Vcrsuch m691ichst lange auszudehnen.

Zur Inhalat ion yon Manganperoxydstaub verwandten wir vier junge Katzen eines Wurfs, von denen drei fiber 21/2 Jahre, eine fiber 1 J ah r lang im Versuch standen. Die t/igliehe Inhalationsdauer betrug 4 Stunden. In dem genannten Zeitraum kamen die Tiere zur Inhalat ion: im November und Dezember 1932 je 13real; im Jahre 1933 monatlieh im Mittel je 15,5mal, im Jahre 1934 ebenso je 14,2mal, im Januar bis Juni 1935 je 15,5mal; das sind vom November 1932 bis Juni 1935 = 474 Versuchs- rage in 32 Monaten.

Die Staubkonzentrat ion w/s wir zuerst so wie in den frfiher bei Kaninchen beschriebenen Versuehen zu etwa 10 mg/ebm. Nachdem schwerere krankhafte Erscheinungen etwa von seiten des Zentralnerven- systems nieht eintraten, gingen wir in1 Frfihjahr 1933 mit der Konzentra- tion etwas in die HShe. Ab Frfihjahr 1934 erhielten die Tiere wesentlieh grSl3ere Manganmengen einzuatmen, maximal bis 150 mg/cbm, was etwa den von Freise (a. a. O.) in der Praxis beobachteten hohen Staubkonzen- trat ionen entspricht.

Bei zwei der genannten Versuchstiere wurden chemisehe Organanalysen in der oben ~ angegebenen Weise durchgeffihrt. Auch hier bei den Katzen ergab sich wie bei den Kaninehen ein gegen die Norm erh6hter Mangan- gehalt; andererseits konnten auch hior gr61~ere Mangandepots nirgends nachgewiesen werden. W~hrend man bei nicht behandelten Tioren der GrSi~enordnung nach bis 0,1 mg in 100 g friseher Organmasse finden kann, betrugen die Manganmengen bei den Versuchskatzen durchschnittlich 0,05-=-0,1 mg in 10 g; nur im Inhal t des Dickdarms, der ja nicht nur verschlucktes, sondern auch wieder ausgeschiedenes Metall enth/~lt, lagen die Werte h6her. Die Beobachtungen stimlnen also mit den naeh anderen Applikationsarten gewonnenen Ergebnissen der Li teratur (vgl. z . B . H. Langecker, a. a. 0.) fiberein.

Auffallend war auch hier der relativ geringe Mangangehalt der Lungen (z. B. 0,12 rag/10 g), der wohl nur durch die grol]e Resorptionsf/ihigkeit dieses Organs selbst fiir den an sich so schwer 16slichen Braunstein gedeutet worden kann.

44*

Page 15: Untersuchungen über die Aufnahme von Staub durch die Atemwege

676 O. Ehrismann:

Die Beobachtungen der toxischen Erscheinungen kSnnen kurz zu- sammengefaBt werden, da sie mit den oben fiir Kaninchen besehriebenen vSIlig fibereinstimmen.

Den Verlauf der KSrpergewichte gibt attszugsweise die nachstehende Tabelle. Aus ihr ersieht man, dab sowohl der Anstieg des KSrpergewiehts bei den noeh recht jungen Tieren, wie auch der sps Verlauf als

KSrpergewichte der Katzen. Geb. Frfih ahr 1932.

Im Inhalationsver uch seit 23. 11.32.

Nr. 1 Nr. 2 Nr. 3 ] Nr. 4

17. 11.32 1 ,30 1 ,35 1 ,25 1,32 15. 12.32 1 ,50 1 ,60 1 ,40 1,50 20. 2.33 1 ,90 2,40 1 ,70 2,40

3. 4.32 2,98 3 , 3 8 2 ,29 3,07 20. 6.33 2,20 3,50 12,30 3,20

3. 10.33 t 3,63 I 2,30 3,35 22. 2.34 3,70 I 2,90 3,60 31.10.34 4,30 ] 3,25 3,60 14.12.34 4,65 I 3,10 3,70 15. 1.35 4,70 ] 3,00 3,95 18. 2.35 4,68 I 3,10 4,25 18. 3.35 3,85 I 3,35 4,10 5. 5.35 3,75 2,75 3,50 5. 7.35 t 3,~0 3,~7

durchaus normal zu bezeichnen ist. Trotz gewisser Schwankungen kam es in keinem Fall zu ausge- sprochenem Gewiehtsverlust und Abmagerung.

I m Sommer 1933 sowie im Sommer 1934 wurde bei s/imt- lichen Tieren Durctffall beobachtet ; jedoch erholten sie sich wieder und zeigten weiterhin keine krankhaf- ten Erscheinungen yon seiten des Magen-Darmkanals.

Auch Blutbild und Zentralner- vensystem reagierten bei den Katzen in gleicher Weise wie oben ffir die Kaninehen beschrieben. An Pneu- monie erkrankten die Tiere nicht. Ebensowenig konnten t r o t z der

aul3orordentlich langen Versuchsdauer bei der pathologisch-histologisehen Untersuchung pneumokoniotische Ver~nderungen gefunden werden.

Auffallend war, dab die weiblichen Tiere trotz Zusammenseins mib den M/~nnchen in den ersten 2 Jahren nicht konzipierten. I m Herbs~ 1934 gebar Katze Nr. 4 drei Junge, die im Verlauf der ersten Lebenstage starben, im Friihjahr 1934 nochmals 3 Junge, yon denen eines sofort, die beiden anderen nach 6 bzw. 8 Wochen starben.

Gleichzeitig mit den der Inhalat ion exponierten Tieren wurde eine andere Katze ebensolange (einige weitere fiber kiirzero Zeit) mit Braun- stein gefiittert. Die Beobaehtungen an denselben deeken sieh mi t den yon L. Schwarz und Pagels (a. a. O.) beschr iebenen. Insgesamt zeigen diese vergleiehenden Untersuchungen, daft zwischen der Wirksamkei$ des Braunsteins nach Inhalation und des per os au/ffenommenen kein Unter- schied besteht. Bei den der Einatmung ausgesetzten Katzen traten die Ver. gi/tungserscheinungen weder /riiher noch stdirker ein ; auch kam es in keinem Fall zu einer erhebliehen Ablagerung des Mangans in der Lunge.

Ergebnisse. Versuchen wir nun die in der Einleitung genannten Fragestellungen

zu beantworten. Eine absolute Grenze ffir die gerade eben schi~dliche

Page 16: Untersuchungen über die Aufnahme von Staub durch die Atemwege

Untersuchungen fiber die Aufnahme yon Staub durch die Atemwege. II. 677

Menge Manganstaub in der Einatmungsluft wird sich iiberhaupt nicht angeben lassen, da es nur bei chroniseher Inhalation zu Vergiftung kommt und sich die hierfiir notwendigen Staubmengen weder in der Praxis des t/igliehen Lebens, noch im Tierversuch genau genug feststellen lassen. Dagegen zeigen unsere Versuche eindeutig, dab die Vergiflung durch Inhalation nlcht anders verldu/t als dutch Au/nahme per os; insbesondere kann keine Besehleunigung oder Verstgrkung der Symptome durch jene erzielt werden. Dies wird darauf zuriickzuffihren sein, dab zur Entwick- lung der pathologisehen Prozesse, z. B. im Gehirn oder den blutbildenden Organen notwendigerweise eine bestimmte Zeit verstreichen mu$, w/ihrend der Zu- und AbfluB des Giftes am Ort seiner Wirkung in dersetben Weise vor sieh geht, gleichgfiltig ob die prim/ire Aufnahmo in den K6rper durch die Atemwego oder den Magen-Darmkanal erfolgt war. Diese Inkubationszeit wird anseheinend dureh die Inhalation trotz der bei ihr gr61leren Resorptionsfl/iche nicht verkiirzt. Die Dinge liegen hier also etwas anders als z. B. beim Blei, bei dem sich die Symptome nach Aufnahme grSgerer Giftmengen z. B. durch Inhalation, wenigstens im Tierversuch, auch entsprechend rascher einstellen bzw. das ganzo Vergiftungsbild st/irker ausgepr/igt ist (z. B. durch des Hinzutreten zentralnerv6ser Erscheinungen naeh Inhalation hoher Bleidosen zu den auch schon bei geringen alsbald auftretenden Blutver/inderungen beim Mecr- sehweinehen).

F~r die praktisehe Beurteilung der bei Manganstaubarbeitern beob- achteten Pneumonien dfirf te unser Befund yon Bedeut~mg sei, dab es im Tierversuch nicht gelang, dutch reines Manyanperoxyd Lungenentziin- dungen hervorzuru/en. Dies spricht daftir, dab die Krankheitsf/ille der Literatur /itiologiseh zum Tell anders als bisher zu deuten sein diirften. So sei etwa an die Mit.teilung E. Schoppers (a. a. O.) erinnert, dessen Arbeiter Brauneisensteinstaub mit h6chstens 20%igem Mangangehalt eingeatmet hatten. Demgem/ig beobachtete er hochgradige Einlage- rungen yon Fremdk6rpermaterial, die zu indurierenden Lungenprozessen gefiihrt hatten, d . h . zu Ver/inderungen, wie s i e - wenigstens beim Tier - - nicht hervorgerufen werden konnten. Schopper betont mit Recht, dab es sehwer zu entscheiden sei, ob hier tatss eine Giftwirkung des graunsteins in Frage kam. Die Rolle des Mangans kann demnaeh nur entweder eine unterstiitzende, die Pneumoniedisposition begiinstigende sein; oder aber die Resorption des Mangans aus dem Mischstaub der von den Arbeitern eingeatmet wurde, erfolgte wesentlich langsamer als die von reinem Manganperoxyd, so dab ein liingerer Kontakt mit dem Lungengewebe stattfindet und auf diese Weise Wirkungen erzeugt werden, die sich mit reinem Braunsteinstaub nicht erzielen lassen.

Die Unfi~higkeit reinen Manganperoxydstaubs, typische Pneumo- coniosen im Tierversuch zu erzeugen, teilt das Mangan mit anderen Metallen - - etwa dem Blei und Kupfer. Von Bedeutung hierfiir ist

Page 17: Untersuchungen über die Aufnahme von Staub durch die Atemwege

678 O. Ehrismann.

die oben mitgeteilte Tatsache, da9 es zu einer st~rkeren chemisch nach- weisbaren Anreieherung yon Mangan in der Lunge nieht kommt. Die (ira iibrigen verschieden grol~e) Sehwierigkeit der Resorption yon Silicium- verbindungen dureh die Lungenobeffl~che diirfte ja - - neben deren chemischer ~Tirkung - - eine notwendige Voraussetzung fiir das Zustande- kommen typischer chronischer Lungenver~nderungen sein - - eine Vor- aussetzung, die eben beim Mangan und anderen Metallen nicht erfiillt ist.

Von den anderen nach Inhalat ion yon Braunsteinstaub beobachteten Wirkungen sei sehlie~lich noehmals an die Ver~nderungen des roten Btutbildes erinnert (Abnahme des Erythroeyten- und H~moglobingehalts, vielleicht nach vorhergehender Steigerung), die auch in der Praxis wert- voll sein diifften, besonders wenn Beihenuntersuchungen bei den einzelnen ge/~ihrdeten Arbeitern vorgenommen werden.

Zusammenfassung.

1. Bei Kaninchen und Katzen wurde die Aufnahme yon Braunstein- (Mangandioxyd-)Staub durch die Atemwege in lang dauernden Versuehen gepriift.

2. Die chemischen Organanalysen der Versuchstiere zeigten, dab Mangan auf diese Weise resorbiert werden kann. Jedoch kommt es zu keiner wesentlichen Anreicherung des M~ngans im Tierk6rper. Ins- besondere wird der Braunstein nicht in den Lungen zuriickgehalten.

3. Das Vergfftungsbild bei den beiden Tierarten unterseheidet sieh in manchen Einzelheiten yon dem des Menschen. Wghrend Symptome yon seiten des Zentralnervensystems ganz in den Hintergrund treten, weist das rote Blutbild charakteristische Vers auf.

4. Pneumonien lieBen sich dureh Inhalat ion yon reinem Mangandioxyd im Tierversuch nicht hervorrufen.

5. Ebensowenig wurden pneumokoniotische Vers - - e twa in AnMogie zu der S i l i c o s e l u n g e - beobachtet.

6. Toxische Ver~nderungen - - z. B. am Blutbild - - t reten bei Inhala- tion weder fr/iher noeh starker auf wie bei Aufnahme yon Brannstein dureh den Magen-Darmkanal.

7. Die Bedeutung der gewonnenen Beobachtungen fiir die Verh~lt- nisse der Praxis wird er6rtert.