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Naunyn-Sehmiedebergs Arch. Pharmak. u. exp. Path. 255, 344--352 (1966) Untersuehungen iiber Substanzen mit histaminaseliberierender Wirkung beim Meerschweinchen* W. S~IUTZLER, F. HAHN, 0. GOLDSCt~IIDT und G. SESEKE Pharmakologisches Institut der Universit~t FTeiburg/Br. (Direktor: Prof. Dr. F. HAm¢) Eingegangen am 2. Juli 1966 Summary. Prosecuting our investigations on the histaminase-liberating action on the guinea pig liver of heparin and protamine we studied the effects of several other related compounds by injecting into the portal vein and estimating the histaminase activity in the hepatic vein plasma. Besides heparin following polyanions are very effective histaminase-liberators: Pentosanpolysulphate, potyethylenesulphenate, degraded carrageenan, polyvinyl- sulphate and dextransulphate. There is no significant difference between the action of dextransulphate of low and heigh molecular weight, Agar which contains only few ester sulphate groups liberates clearly less histaminase. Non-sulphated dextrans, the non-polymerised dodeeylsulphate and sodium sulphate are in- effective. The histaminase-liber~ting action of the polycation elupein is comparable to sahnin. It is more effective than agar, bnt less than the other polyanions. Spermine and 1-arginine were ineffective. A weak but, significan~ release of histaminase was observed after intraportal injection of trypsin or EDTA and citrate, whereas calcium-EDTA was ineffective. Das Meerschweinchen ist neuerdings ffir die Histaminaseforschung sehr interessant geworden, well seine Leber betr~ehtliche Mengen Hist- aminase ins Blur abzugeben vermag. Das ist z. B. der Fall im akt,iv und passiv anaphylaktischen Schock (Sc~MVTZLE~ U. Mitarb., t966b; SC~MWZLE~ U. WrDE~, 1965) oder nach i.v. Injektion yon Heparin oder Protamin (H_AHNU. Mitarb., 1966). Die Histaminase wird aus dem vorhandenen Depot in der Leber freigesetzt (ScHMvTZLE~ U. Mitarb., 1966a), wobei Heparin und Protamin einen mehr als zehnfach st/~rkeren Anstieg der Histaminaseaktivit~t im Plasma he,ken kSnnen als der anaphylaktische Schoek. Der Freisetzungsmeehanismus ist noeh un- klar, besonders weil Stoffe mit so gegens/~tzliehem elektrochemisehen Charakter wie Heparin und Pro~amin den gleiehen Effek~ haben. Zun/~ehst aber ergibt sieh die Frage, ob es noeh weitere Substanzen mit histaminaseliberierender Wirkung gibt nnd yon welehen struk- turellen, physikalisehen und bioehemisehen Eigenschaften ihre Wirkung * Ausgeffihrt mit Unterstiitzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Untersuchungen über Substanzen mit histaminaseliberierender Wirkung beim Meerschweinchen

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Page 1: Untersuchungen über Substanzen mit histaminaseliberierender Wirkung beim Meerschweinchen

Naunyn-Sehmiedebergs Arch. Pharmak. u. exp. Path. 255, 344--352 (1966)

Untersuehungen iiber Substanzen mit histaminaseliberierender Wirkung

beim Meerschweinchen*

W. S~IUTZLER, F. HAHN, 0. GOLDSCt~IIDT und G. SESEKE

Pharmakologisches Institut der Universit~t FTeiburg/Br. (Direktor: Prof. Dr. F. HAm¢)

Eingegangen am 2. Juli 1966

Summary. Prosecuting our investigations on the histaminase-liberating action on the guinea pig liver of heparin and protamine we studied the effects of several other related compounds by injecting into the portal vein and estimating the histaminase activity in the hepatic vein plasma.

Besides heparin following polyanions are very effective histaminase-liberators: Pentosanpolysulphate, potyethylenesulphenate, degraded carrageenan, polyvinyl- sulphate and dextransulphate. There is no significant difference between the action of dextransulphate of low and heigh molecular weight, Agar which contains only few ester sulphate groups liberates clearly less histaminase. Non-sulphated dextrans, the non-polymerised dodeeylsulphate and sodium sulphate are in- effective.

The histaminase-liber~ting action of the polycation elupein is comparable to sahnin. I t is more effective than agar, bnt less than the other polyanions. Spermine and 1-arginine were ineffective.

A weak but, significan~ release of histaminase was observed after intraportal injection of trypsin or EDTA and citrate, whereas calcium-EDTA was ineffective.

Das Meerschweinchen ist neuerdings ffir die Histaminaseforschung sehr interessant geworden, well seine Leber betr~ehtliche Mengen Hist- aminase ins Blur abzugeben vermag. Das ist z. B. der Fall im akt, iv und passiv anaphylaktischen Schock (Sc~MVTZLE~ U. Mitarb., t966b; SC~MWZLE~ U. WrDE~, 1965) oder nach i.v. Injekt ion yon Hepar in oder Pro tamin (H_AHN U. Mitarb., 1966). Die Histaminase wird aus dem vorhandenen Depot in der Leber freigesetzt (ScHMvTZLE~ U. Mitarb., 1966a), wobei Heparin und Protamin einen mehr als zehnfach st/~rkeren Anstieg der Histaminaseaktivi t~t im Plasma h e , k e n kSnnen als der anaphylaktische Schoek. Der Freisetzungsmeehanismus ist noeh un- klar, besonders weil Stoffe mi t so gegens/~tzliehem elektrochemisehen Charakter wie Hepar in und Pro~amin den gleiehen Effek~ haben.

Zun/~ehst aber ergibt sieh die Frage, ob es noeh weitere Substanzen mi t histaminaseliberierender Wirkung gibt nnd yon welehen struk- turellen, physikalisehen und bioehemisehen Eigenschaften ihre Wirkung

* Ausgeffihrt mit Unterstiitzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

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Substanzen mit histaminaseliberierender Wirkung 345

abh~ngt. Eine solehe Substunz, die Mlerdings nur sehr schwaeh wirkt, ist das Anaphylatoxin (GI~TZ u. Mitarb., 1964). Als vermutlieh ba- sisches Peptid oder Proteid mit amino-endst~ndigem Arginin (STEG~- ~ A ~ u. Mitarb., 1964) kSnnte seine Wirkung auf einer chemisehen Ver- wandtsehaft mi t Pro tamin beruhen. Wir haben nun die Wirkung wei- terer polyanioniseher und polykationiseher Substanzen untersueht, woriiber im folgenden beriehtet werden soll.

Es handelt sieh einmal um Sulfatester versehiedener Polysaecharide (nieder- und hoehmolekulares Dextranstflfat, Pentosanpolysulfat, de- gradiertes Carrageenan, Agar) und eines polymerisierten Alkohols (Poly- vinylsulfat), ferner um einen polymeren sulfonierten Kohlenwasserstoff (Poly/ithylensultbnat). Zum Vergleieh dienten zwei nieht sulfatierte Dextrane, ein nieht polymerisierter FettMkoholsulfatester (Dodeeyl- sulfat) und Natriumsulfat . Die Wirkung dieser Stoffe wurde mit der Heparinwirkung vergliehen, wozu wit die ErgebD_isse unserer t}iiheren Untersuehnngen (HAm~ u. Mitarb., 1966) unter Umreehnung der inter- nationalen I-Ieparineinheiten in Gewichtseinheiten heranzogen.

Weiterhin wurden zum Vergleich mit dem fr/iher untersuehten Pro- taminsulfat , ,Novo", das ein Salminsutfat darstellt, jetzt aueh das Clupeinsulfat sowie das nieht polymerisierte Polyamin Spermin-4-ItC1 geprfift, ferner 1-Arginin als I tauptbestandtef l der Protamine und der basisehe Farbstoff Toluidinblau.

Da ~:h- den Meehanismus der Histaminaseffeisetzung an isolier~en Leberzellen studieren wollten, priiften wir sehliel31ich noeh die Wirkung yon Stoffen, die zu deren Gewhmung, d. h. zur Lyse der intereellulgren Kit tsubstanzen eingesetzt werden. Wit w'~hlten hierzu Trypsin (YounG. N]~, 1954) sowie Caleium-Chelatbildner wie Dinat r ium-EDTA und Tri- natr iumeitra t (Ah'DV, RSO~ -, 1953). Zur Kontrolle diente Dinatrium- CMeium-EDTA.

Methodik Verwandt wurden Meerschweinchen beiderlei Geschlechts im Gewicht yon

250--400 g. Alle Substanzen wurden an der Leber in situ getestet. Sie wurden hierzu in physiologiseher KochsalzlSsung gel6st und in einem Volumen yon 1,0 ml/kg in die V. portae des naxkotisierten Tieres (Pentobarbital-Na 30 mg/kg i.p.) injiziert. 2 rain sp~ter wurde Blur aus der V. hepatica entnommen. Die Einzelheiten der Versuchsteehnik und die Bestimmung des Histaminasegehaltes im Plasma sind ausfiihrlieh bei Sem~uTzL~a u./~Iitaxb. (1966b) besehrieben. Wie dort wh'd die Aktivitgt der Plasmahistaminase in internationalen mE/ml Plasma angegeben. Dies entspricht dem Umsatz yon 1 m~Mol Histamin/min.

l~iit einigen Substanzen wurden aueh i.v. In]ektionen in die V. jugularis (unter Lokalanaesthesie mit Novocain) und tIistaminasebestimmungen im axteriellen Blutplasma vorgenommen. Wegen der bekannten Toxicit~t einiger der geprfiften Stoffe (z. B. Dextransulfat 10 und Polyathylensulfonat) wax abet hier die Ge- winnung ausreiehender Blutmengen sehr sehwierig, so d~g wir unsere Aussagen im wesentliehen auf die Versuche mit intraportalen Injektionen stfitzen.

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Eigenschaften und Herkunft der geprfiften Substanzen: 1. Heparin-Na (,,¥etren") kristallisiert mit 140 IE/mg (Promonta, Hamburg). 2. Pentosanpolysulfat-Na (,,SP 54") Mw ca. 2000, Schwefelgehalt 14°/0 (Bene-

Chemie, Miinchen). 3. Dextransulfat-Na 10 (Schwefelgehalt 16°/0) und Dextransulfat-Na 500

(Schwefelgehalt 17%). Sie waren dutch Sulfatierung hergestellt aus Dextran 10, Mw 9400 bzw. Dextran 500, Mw 500000 (Knoll AG, Ludwigshafen).

4. Dextran 10, die Muttersubstanz des Dextransulfates 10, Mw 9400 und Dex- tran 9-Oma-1, l~w 292000, das wit zu Anaphylatoxinbereitung verwenden (Knoll AG, Ludwigshafen).

5. Degradiertes Carrageenan. Gemiseh verschiedener Polysaccharidschwel%I- sareester aus Eueheuma Spinosum, Schwefelgehalt ca. 13°/o (wir verdanken es Herrn Dr. W. AND]~SON, Dept. of Phamacy, University of Strathclyde, Glasgow).

6. Agar (DAB 6). Gemiseh verschiedener Polysaceharide and Polysaecharid- schwefels$ureester (endstandig mit Sehwefels~ure veresterte C~laktane, vgl. PLO~TZ u. FR~UDENBE~G, 1951), Sehwefelgehalt ca. 1%. Der Agar wurde heiB gelSs~ mid kSrperwarm injiziert.

7. Polyvinylsutfat-K. Schwefelgehal$ 200/0. ]~ol.gew. unbekannt (nach DIAL~ u. K~B~R, 1956, zwischen 4000 und 90000).

8. Polyathylensulfonat-Na, Sehwefelgehalt 240/0, Mw ca. 8000 (Farbwerke Hoeehst AG, Frankfurt/Main).

9. Dodecylsalfat-Na, Sehwefelgehal$ ca. 12°/o, Mw 257 (Serva, Heidelberg). 10. Natriumsulfat anhydr. (Merck, Darmstadt). 1t. Clupeinsulfat, Mw ca. 4400 (Fluka, Schweiz). 12. Spermin-4-HC1, Mw 348 (Fluka, Schweiz). 13. 1-Arginin, ~eie Base, Mw t74 (Sehuehardt, Miinchen). 14. Tolnidinblau 0, Mw 306 (Merck, Darmstadt). 15. Trypsin krist. (Serva, Heidelberg). 16. Tri-lNatrium-Citrat (Erg. B. 6, Merck, Darmst~lb). 17. Di-Natrium-EDTA (Titrip]ex III , Merck, Dal~nstadt). 18. Di-Natrium-Calcium-EDTA (Caleium-Titriplex, Merck, Damstadt).

Ergebnisse Die Tab. i zeigt im Vergleich zu t tepar in (Vetren) die Substanzen,

die sieh bei intra.portaler Injekt ion als ~ k s a m e Histaminaseliberatoren an der Meerschweinchenleber erwiesen haben. Bei den meisten Stoffen wurden verschiedene Dosen gepriift, wobei sich in allen F~llen eine Dosisabh~ngigkeit der Wirkung ergab. Mit Ausnahme des Clupein- sulfates handelt es sich um Makroanionen. Auf Gewichtseinheit bezogen, besitzen Pent, osa, npolysulfat und Poly£thylensulfonat eine dem I-Ieparin vergleichbare Wirksamkeit . Schw£cher ~ k s a m sind Carrageenan, das aHerdings nur in einer Dosis gepriift wurde und Polyvinylsuffat. Noch etwas schw~cher seheinen, wenigstens in den niederen Dosen, Dextran- suffat i0 and 500 zu sein. Bemerkenswert ist, dab sich die Dosis-Wir- kungsbeziehungen dieser beiden Dextransulfate nicht wesentlich unter- scheiden. Alle diese Stoffe zeigen bereits bei einer Dosis yon 0,05 mg/kg einen deutliehen Effekt, wenn man vom Carrageenan absieht, das bei dieser Dosis nicht geprilft wurde (Normalwerte und Kontrollversuehe

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348 W. SCHMUTZLEt¢, F. IIAIng, O. GOLDSCttlVIIDT und G. S]~SEKE:

mit NaCl-Injektion siehe Tab. 2). Erst in weitem Abs~and folg~ der Agar, der in der einzigen gepriiften Dosis von 10 mg/kg nur eine Vgirkung auf- wies, die andere Polyanionen sehon bei 0,2--0,5 mg/kg erreiehten oder iiberschritten.

Niedriger als beim Agar, abet deutlich hSher Ms bei den fibrigen Makroanionen is~ die Schwellendosis (2 mg/kg) des Clupeinsulfates. Seine Wirkung entspricht weitgehend derjenigen des frfiher untersuehten Protaminsulfates ,,Novo" (Salminsulfat, vgl. t tAn~ u. Mitarb., 1966).

Tabelle 2. Histaminaseal~tivit~it im Lebervenenl)lasma nach Injektion verschieclener Substanzen in die V. portae. Versuchszahl in Klamme~'r~

Histarainase Tes~substanz Dosis (mg/kg) (mE/ml Plasma)

Spermin-te~rahydrochlorid 10 0,007 ± 0,005 (3) Dodecylsulfat-N~ 10 0,000 ~ 0,000 (2) Dextran 10 10 0,067 ~= 0,040 (4) Dextrin 9-Oma-1 10 0,000 ~= 0,000 (2)

10 0,032 ~= 0,021 (4) Natriumsulfat 50 0,058 ± 0,030 (4) L-Arginin 10 0,047 ± 0,021 (3) Toluidinblau 0 10 0,062 ~ 0,012 (3) Tri-Na-Citra$ 50 0,458 ± 0,084 (3) Di-Na-EDTA 50 1,734 ! 0,633 (5) Di-Na-Ca-EDTA 50 0,150 i 0,080 (5) Trypsin l0 1,044 =~ 0,255 (3)

Kon~rol]en keine Injektion -- 0,043 ~= 0,037 (4) 0,9% NaC1 1,0 mt/kg 0,039 =~ 0,020 (6)

In Tab. 2 sind alle iibrigen Stoffe aufgefiihrt. Unwirksam waren das kleinmolekulare Polykation Spermin, Dodeeylsulfat, die beiden nieht sulfatierten Dextrane, Natriumsulfat, 1-Arginin und Toluidinblau. Eine schwaehe, aber deutliehe histaminaseliberierende Wirkung hat te Citra~ und etwas st/~rker EDTA. Caleium-EDTA war dagegen unwirksam. Die Wirkung des Trypsins ist zwar deut.lich, in Itinbtiek auf die hohe Dosis aber nut als sehr sehwaeh anzusehen.

Pentosanpolysulfat, Carrageenan, Dextransulfat 10 und Poly/~thylen- sulfonat erwiesen sieh aneh bei i.v. In]ektion am intakten Meersehwein- ehen als tIistaminaseliberatoren (Tab. 3). Sic zeigen hier keine wesen~- lichen Wirknngsuntersehiede, haben allerdings einen deutlieh schw&- eheren Effekt als Heparin.

Bespreehung der Ergebnisse Die umfangreiehe Gruppe yon Stoffen, die aus der Meerschweinchen-

leber Histaminase freisetzen k6nnen, I/iBt, sieh am besten unter dem Begriff , ,Histaminase-Liberatoren" zusammenfassen. Wie wit am Bei-

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350 W. Sem~UTZLER, F. H~N, O. GOLDSCttMIDT trod G. SESEKE:

spiel des Heparins feststellen konnten, bewirken sie schon bei einmaliger, genfigend hoher Dosierung innerhalb yon 2 rain eine vollst£ndige Ent- speicherung der Leber an histaminabbauendem Enzym, das auf Grund seiner Substrat- und Inhibitorspezifi~t zu den earbonylreagensempfind- lichen Aminoxydasen gehSrt (S0~MCTZLW~ U. Mitarb., 1966a)1.

Als wirksamste ttistaminase-Liberatoren haben sich in unseren Ver- suchen die polyanionischen Stoffe erwiesen. Einzig der Agar fi~llt dutch seine schwache Wirkung aus dem Rahmen. Da er nur einen geringen Gehalt an Schwefels~ureestern aufweist und die nicht sulfatierten Dex- trane vSllig wirkungslos sind, so scheint der Sulf~tierungsgrad fiir die Histaminase-Liberation ma~gebend zu sein. Er ist, bei den wirksamen Stoffen ziemlich gleich.

Aus den Wirkungen yon Poly~hylensulfonat und Polyvinytsulfat l~Bt sich schliel~en, dab beim Heparin sowohl die N- als auch die 0-Sulfat- gruppen, d .h . alle anionisehen Schwefels~urereste, zu seiner Wirkung beitragen kSnnen (vgl. Chemie des Heparins bei B~IMACOMBE U. WE]3BE~, 1964).

Wenn auch, wie aus der Unwirksamkei~ yon Dodecylsulfat hervor- geht, die Polymerstruktur erforderlich ist, spielt doch das Molekular- gewicht in dem Bereich, in dem sich die wirksamen Stoffe bewegen (2000 bei Pentosanpolysulfat bis 500000 bei Dextransulfat 500), often- bar keine entscheidende Rolle. Beachtenswert ist besonders die nahezu gleichstarke Wirkung yon Dextransulfat 10 und 500, deren Molekular. gewichte um das ca. 50fache differieren.

Zwischen der Histaminase-Liberation und den gerinnungshemmen- den Wirkungen der Makroanionen bestehen wahrscheinlich keine Be- ziehungen, da naeh Pentosanpolysulfa* und Carrageenan in den an- gewandten Dosen bei grober Prfifung keine GerinnungsverzSgerung des Blutes beobachte?~ wurde.

Die Wirkung des degradierten Carrageenans verdient deshalb Interesse, weil diese Substanz nach AI~DE~SO~" U. WATT (1959) und A~-DE:~SOI~ u. SO,AN (1963) giinstige therapeutische Effekte beim Histaminuleus des Meerschweinchenmagens ausiibt. Sie stehen mit der Histaminaseliberation in engem Zusammenhang, wie noch an anderer Ste]le gezeigt wird (A~DERSON, SOH_aN U. Se~UTZLER, im Vor- bereitung).

Fiir die (etwa gleichstarke) Wirkung der polykationischen Protamine Clupein uncl Salmin seheint die Polypeptidstruktur erforderlich zu sein, da sich ihr Hauptbaustein Arginin als unwirksam erwies. Dafiir sprieht auch die Unwirksamkeit des nicht polymeren Polykations Spermin. Untersuchungen mit Histonen verschiedenen Arginingehaltes mul~ten vorerst wegen ihrer ungenfigenden LSslichkeit zurfickgestellt werden.

1 Das Enzym hat nach der Systematik der Commission on Enzymes of the International Union of Biochemistry die Nummer 1.4.3.6.

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Substanzen mit his~aminaseliberierender Wirkung 35t

Zu beachten ist allerdings, dal~ fiir die Meerschweinchenleberhistaminase auch Spermin als Substrat in Fr~ge kommt (Scm~U~ZLE~ u. Mitarb., 1966a). Um aus- zuschlie~en, da~ eine Histaminaseausschiittung durch Spermin eventuell dadurch m~skiert wird, dab dieser Staff den I-Iistaminabbau in vitro kompetetiv hemmte, wurden in einigen Versuehen 10 mg Spermin/kg und 2 mg Clupein/kg gemischt int.raportal injiziert. Dabei kam es aber wie naeh Clupein allein zu einer naeh- weisbaren I-Iistaminasevermehrung im Plasma. Die fehlende Wirkung yon To]uidin- blau kann dagegen nur mit Vorbehalt wiedergegeben werden, da dieser basische Farbstoff die Ak~ivit~t der Histaminase hemmt (ZELLV, g, 1963; eigene Ver- suche).

Die histaminaseliberierende Wirkung von Trypsin und Calcium- Chelatbfldnern schlic[3t yon vornherein die M6glichkeit aus, mit den bisher entwickelten Methoden zur Gewinnung isolierter Leberzelten den Mechanismus der ttistaminaseliberat4on an diesem Modell zu unter- suchen. Ob darfiber hinaus der Effek~ dieser Stoffe zum Verst~ndnis des Enzymliberationsmechanismus beitragen kann, mfissen weitere Unter- suchungen kl/~ren.

Die makromolekulare Struktur der wirksamsten tIistaminaselibera- ~oren, die relative Unabh~ngigkeit ihrer Wh'kung yon der Molekfi]gr6Be, und die hohe Geschwindigkeit der Freisetzungsreaktion legen die Ver- mutung nahe, dab sie sich an der Oberfl~ehe der cellul£ren Histaminase- speieher in der Leber abspie]t, sofern diese Speicher nicht fiber besondere Mechanismen zur raschen Aufnahme m&kromolekularer Substanzen ver- ffigen wie z. B. die Kupfferschen Sternzellen.

Die Tatsaehe, dal3 sowohl anionische als auch kationisehe Stoffc Histaminase freisetzen, k6nnte vermuten lassen, dal~ die Histaminase durch basische Gruppen an cetlul/ire Strukturen geknfipft ist. Sie kSnnte dann sowohl dureh Bfldung yon Polyanion-Enzym-Komplexen als auch durch Verdr~tngung mittels basiseher Stoffe yon den eellul£ren Haftste]len losgel6st werden. Andererseits ist aber zur Zeit eine enzyma- tisehe Abspaltung der Histaminase aus dem Gewebe durch proteolytische oder esterolytisehe Enzyme nicht auszusehlieBen. Die Wirkung des Trypsins, die Tatsache, dab Hepar in und t)rotamin im Meersehweinchen- serum Fibrinolysin aktivieren (OL~sE~, 1959, 1960) und dal3 auch im Meerschweinchenp]asma nach Heparininjektion Clearing Factor Lipase auftr i t t (M:cw~s u. h~itarb., 1955), l~.l]~ diese MSglichkeit diskutabel er- seheinen.

Hepar in besitzt naeh H ~ s s o ~ u. ~¢Iitarb. (pers. Mitteilung) aueh bei anderen Species - - einschlie~lieh Mensch - - einen histaminase-(diamin- oxydase-)liberierenden Effekt, der allerdings nach unseren neueren Ver- suchen wesenttich schw£cher is~ und aul~erdem langsamer einsetzt als beim Meerschweinehen. Ob dies auch ffir die anderen bier geprfiften Stoffe zutrifft, is~ noch nieht un~ersucht, aber als wahrscheinlieh an- zuse l len . ,

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Page 9: Untersuchungen über Substanzen mit histaminaseliberierender Wirkung beim Meerschweinchen

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