13
Untersuchungen zur Frage der Entstehung, Zirkulation und Funktion der Cerebrospinalfliissigkeit.*) Von V. Kafka, Assistenzarzt. (Aus der Staatsirrenanstalt Friedrichsberg-Hamburg [Direktor: Professor Dr. W6ygandt].) ( Eingegangen am 21. September 1912.) I. Tail. In den folgenden Zeilen soll fiber Versuche berichtet werden, die den Zweck hatten, mit verschiedenen neueren Untersuchungsmethoden einigen der vielen, noch ungelSsten Fragen fiber die Cerebrospinal- flfissigkeit, besonders jenen naeh ihrer Entstehung, Zirkulation und Funktion n~herzutreten. Nebenbei hofften wir, auf diesem Wage zu auch ffir die Klinik brauchbaren Resultaten zu gelangen. In dam ersten Teil soll nun fiber Versuche betreffend den l~bergang des Uranins in den Liquor cerebrospinalis beim Menschen und Tiere, ferner fiber Untersuchungen der menschlichen Cerebrospinalflfissigkeit in verschiedenen HShen und fiber Vergleichsergebnisse des Liquor cerebralis und spinalis berichtet warden, w~hrend in dam zweiten Teile der experimentell erzeugte Ubertritt von AntikSrpern in die Cerebro- spinalfliissigkeit behandelt und das Resfimee aller Versuche gezogen wird. 1. Das Uranin ist die Ammoniakverbindung des Fluoresceins, der Muttersubstanz des Eosinsl). Es ist ein gelbrotes Pulver, dessen LS- sungen Fluorescenz zeigen, diese ist noch in der Verdiinnung 1 : 2 000 000 bis 1 : 3000000 erke~nbar. Der Farbstoff besitzt einen ungemein hohen Grad yon Diffusibilitiit. Auf Grund dieser Eigenschaften ffihrte E hr- lich 1882 das Uranin in die Augenheilkunde ein, um damit intravital die FlfissigkeitsstrSmungen, besonders in der vorderen Kammer, dar- stellen zu kSnnen. Wenn auch sp~tere Versuche die Bedeutung der Ehrlichsehen Linie nicht best~tigen konnten (Wessely2), sind sie zur Kl~rung ophthalmologischer Fragen doch wertvoll gewesen und spielen jetzt in der Therapie noch eine Rolle. *) Nach einem auf der Jahresversammlung des Deutschen Vereins fiir Psychiatrie zu Kiel 1912 gehaltenen Vortrag.

Untersuchungen zur frage der entstehung, zirkulation und funktion der Cerebrospinalflüssigkeit

  • Upload
    v-kafka

  • View
    215

  • Download
    2

Embed Size (px)

Citation preview

Untersuchungen zur Frage der Entstehung, Zirkulation und Funktion der Cerebrospinalfliissigkeit.*)

Von V. Kafka, Assistenzarzt.

(Aus der Staatsirrenanstalt Friedrichsberg-Hamburg [Direktor: Professor Dr. W6ygandt].)

( Eingegangen am 21. September 1912.)

I. Tail.

In den folgenden Zeilen soll fiber Versuche berichtet werden, die den Zweck hatten, mit verschiedenen neueren Untersuchungsmethoden einigen der vielen, noch ungelSsten Fragen fiber die Cerebrospinal- flfissigkeit, besonders jenen naeh ihrer Entstehung, Zirkulation und Funktion n~herzutreten. Nebenbei hofften wir, auf diesem Wage zu auch ffir die Klinik brauchbaren Resultaten zu gelangen.

In dam ersten Teil soll nun fiber Versuche betreffend den l~bergang des Uranins in den Liquor cerebrospinalis beim Menschen und Tiere, ferner fiber Untersuchungen der menschlichen Cerebrospinalflfissigkeit in verschiedenen HShen und fiber Vergleichsergebnisse des Liquor cerebralis und spinalis berichtet warden, w~hrend in dam zweiten Teile der experimentell erzeugte Ubertr i t t von AntikSrpern in die Cerebro- spinalfliissigkeit behandelt und das Resfimee aller Versuche gezogen wird.

1. Das Uranin ist die Ammoniakverbindung des Fluoresceins, der

Muttersubstanz des Eosinsl). Es ist ein gelbrotes Pulver, dessen LS- sungen Fluorescenz zeigen, diese ist noch in der Verdiinnung 1 : 2 000 000 bis 1 : 3000000 erke~nbar. Der Farbstoff besitzt einen ungemein hohen Grad yon Diffusibilitiit. Auf Grund dieser Eigenschaften ffihrte E hr - l i ch 1882 das Uranin in die Augenheilkunde ein, um damit intravital die FlfissigkeitsstrSmungen, besonders in der vorderen Kammer, dar- stellen zu kSnnen. Wenn auch sp~tere Versuche die Bedeutung der E h r l i c h s e h e n Linie nicht best~tigen konnten (Wessely2), sind sie zur Kl~rung ophthalmologischer Fragen doch wertvoll gewesen und spielen jetzt in der Therapie noch eine Rolle.

*) Nach einem auf der Jahresversammlung des Deutschen Vereins fiir Psychiatrie zu Kiel 1912 gehaltenen Vortrag.

V. Kafka: Untersuchungen zur Frage der Entstehung~ Zirkulation usw. 193

Wenn nun auch von augen~rztlicher Seite bei mit Fluorescein Be- handelten hier und da aus anderen Griinden eine Lumbalpunkt ion vor- genommen worden ist, so wurde der Befund im Liquor cerebrospinalis doch wenig beachtet*). Und doch muBte man annehmen, dab solche Untersuchungen fiir das Studium der Liquorverh~ltnisse yon grol3em Werte sein kSnnten. Ha t t en doch Untersuchungen beim Tiere er- geben, da~ das Fluorescein in kfirzester Zeit und in ziemlicher Stiirke (1 : 2000--1 : 10000) im Blute und in der Lymphe, im Urin nach 1 Stunde in der St~rke 1 : 400--1 : 100 und zu gleicher Zeit in der Galle (1 : 5 0 0 - - 1 : 3 0 0 ) zu finden war, w~hrend es in das Kammer- wasser nur in einer Sti~rke von 1 : 1 000 000 und in den Speichel und in die Tr~nenfliissigkeit gar nicht fiberging. In unseren Versuchen mui3ten wir uns also in erster Linie folgende Fragen stellen: 1. wieviel Zeit braucht das Uranin, um in die Spinalflfissigkeit iiberzutreten; 2. in welcher St~rke geht es fiber; 3. zeigen sich im Ubergange Differenzen zwischen Fi~llen mit erkrankten, speziell paralytisch affizierten, und ge- sunden Meningen ? Ferner w~re die Beobachtung von Interesse, ob Mittel, welche die Sekretion des Plexus chorioideus anregen (Pilocarpin) oder solche, die den Liquordruck und die Abflu~menge erhShen (Stau- ung) aueh einen st~rkeren Uraniniibertri t t hervorrufen. - - I m Tierver- such aber konnte wohl auf Grund anatomischer Untersuehungen ein Einblick in die Wege genommen werden, die der subcutan oder per os eingefiihrte Farbstoff einschli~gt, um in die Spinalfliissigkeit zu getangen.

In unseren k l i n i s c h e n Versuehen gingen wir folgendermai~en vor. Wir verabreiehten den Kranken 5- -8 g Uranin in schwarzem Kaffee. Wir schicken voraus, da~ sieh niemals iible Nachwirkungen irgendwelcher Art zeigten. Die Gelbf~rbung der Hau t und Schleim- haut t ra t meist nach ca. 10 bis 20 bis 30 Minuten auf, in 3 F~lien erst nach 1 Stunde; es liel3 sieh keine Regelm~{3igkeit in der Lokalisa- tion des ersten Auftretens der Gelbf~rbung und ihrem Fortschreiten beobachten, doch war der HShepunkt, der bei verschiedenen Kranken nieht gleich war und meist in einer rotgelben Verf~rbung der ~uBeren Hau t sich zeigte, fast immer ca. eine halbe Stunde nach dem ersten Auftreten erreicht. Dann begann das Abklingen der Verf~rbung, das im ganzen 24--36 Stunden anhielt. Auch der Urin f~rbte sich schon naeh kurzer Zeit gelb; hier dauerte die Gelbf~rbung meist den ganzen n~chsten Tag an. Speichel, Tr~nenfliissigkeit und Fliissigkeit der vor- deren Augenkammer (soweit diese letztere zu beurteilen war) erschienen ungef~rbt.

*) R o t k y (Zeitschr. f. klin. Med. 75, 5 u. 6) hat mit Salus bei 3 Fallen nach Einnahme von 3 g Uranin Gelbfi~rbung des Liquors auftreten sehen. Da aber weder Diagnose noch St~rke der Gelbfarbung genau angegeben ist, kommt die Beobachtung yon unserem Gesichtspunkt ~us nicht in Betracht.

194 V. Kafka: Untersuchungen zur Frage der Entstehung~

Bei diesen Patienten wurde nun versehieden lange Zeit naeh der Ein- gabe (2--14 Stunden) die Lumbalpunktion gemaeht; in 2 Fallen wurde sie 2mal, naeh 4 und 8 Stunden, ausgefiihrt. In der ersten Zeit wurde nur die Stiirke der Gelbfiirbung oder Fluoreseenz registriert, spSter wurde an der Hand einer Reihe yon absteigenden Verdiinnungen des Uranins mit Wasser die Sts des im jeweiligen Liquor vort:andenen Uraningehaltes zahlenms geseh~tzt. Sts blutige Cerebrospinal- fliissigkeit wurde ausgesehaltet, ganz geringe Blutbeimengung hinderte nicht, da uns Versuehe ergaben, dab die durch die roten BlutkSrperehen erzeugte Gelbfiirbung nach Abzentrifugieren derselben schwand und nut das im Liquor wirklieh gelSste Uranin zuriickblieb (die wei6en Liquor- zellen hielten den Farbstoff nicht fest, wie wir durch Zentrifugieren klarer zellhaltiger Liquores erkennen konnten). Leichte Blutbeimengung fand sich nur in 2 Fgllen in einigen Portionen. In 2 wurde nach der Uranineingabe 0,2 Pilocarpin subcutan injiziert, in 2 weiteren F~tllen wurde, wenn der Druck auf fast 0 herabgesunken war, dureh venSse Halsstauung weiterer Liquor genommen und untersucht.

Die Resultate der Versuehsreihe sind in Tabelle 1 enthalten*). Wir haben im ganzen 16 Fiille auf diese Weise bearbeitet, da eine Anzahl von F/illen wegen des obengenannten Grundes, MiBlingens der Punk- tion u. a. ausgeschaltet werden muBte. In der Tabelle ist in der 3. Rubrik die Menge des eingefiihrten Uranins angegeben, in der 4. linden wir, nach weleher Zeit (in Minuten) die ersten Zeiehen des Gelbwerdens auf- traten, in der 5. nach wieviel Stunden die Lumbalpunktion vorgenommen wurde, und in der 6. ist die Fgrbung des Liquor bzw. die kolorimetrisehe Zahl notiert. Wir ersehen aus der Tabelle, daft der Liquor nach 2--4 Stunden meist farblos ist oder leichte Ftuorescenz zeigt, dab er aber nach 8 bis 12 bis 14 Stunden sich deutlich fs ja stark gelb werden kann. Dieses Verhalten ist nur bei Paralysen deutlieh; die Fglle yon Dementia praecox, Epilepsie und Lues cerebri und Arteriosklerose zeigen naeh 2--4 Stunden Farblosigkeit oder Spur Fluoreseenz und auch naeh 8--9 Stunden nur deutliehe Fluoreseenz, kaum Gelbfgxbung (Fall 4) (in Fall 1 ist aus schon erSrterten Griinden nur der zentrifugierte Liquor maBgebend). Wenn nun aueh manche Paralysen (10. Fall) in ihrem diesbeziiglichen Verhalten nicht wesentlieh von dem der Nicht- paralysen abweiehen, so scheint dies im Vergleich zu den anderen (6) eine Ausnahme zu sein, und wir kSnnen zusammenfassend sagen, indem wir die anfangs gestellten Fragen beriicksichtigen und uns zur Angabe der Fiirbungen, soweit mSglich, der kolorimetrisehen Skala bedienen:

*) RShrchen, die den Uraniniibergang in die Lumbalfliissigkeit darstellten, waren der Ausstellung anl~tBlich der Versammlung des Deutschen Vereins fiir Nervenheilkunde Hamburg 1912 beigegeben.

Zirkulation und Funktion der Cerebrospinalflilssigkeit. 195

Tabelle I. Uraniniibertritt beim Mensehen.

I~ ~ I Ersche Liquor Nr. Krankheit "F* ~ hung Bemerkung

I~'~'1 naeh entnommen nach Aussehen ]

1. I Dementia praecox 8.01

Dementia praeeox ~ 8.0

231 Dementia praeeox ! 8.01 4. Arterioskler. li8.0 5. Lues cerebri 18.0 6. Paralyse 6.0J 7. Paralyse 8.0 ~ 8. Paralyse 8.0 I

Paralyse 8.0 Paralyse 8.0

11. Epilepsie 5.0

12. Paralyse 6.0

13. Paralyse 8.0 I i

14. Dementia praecox 8.0]

15. Paralyse i8.0,

16. ~ Dementia praeeox 8.0

9. 10.

25 m 9 St.

10 m 1. 4 St. I 2. 8Uz St.

32 m 8 St. 14 St. 30 m schwach gelb

22 m ] 8 St. i fluoresc. 20 m 12 St. deutlich gelb

"~ 12 St. I sehr stark gelb 15 m !1. 4 St. stark gelb

] 2. 8 1/2 St. naeh Zentrif. stark gelb

gelblich I nach Zentrif. klar I Blutbeimengung

farblos Klar, farblos leiehtfluoresc. leichtfluoresc.

Blutbeimengung

15 m 14 St. 27 m 8 St.

30 m 81/2 St.

20 TM 8 St.

30 m 21/z St.

1 St. 21/z St.

1 St. 21/2 St.

I 1 St. 21/2 St.

deutlich gelb fluoresc.

1 2,0UO.O00

1 750.0O0

Spur Fluoresc.

kaum fluoresc.

1 2.000200

farblos

Teil der Eingabe erbrochen

Stauungsliquor gleich

Stauungsliquor gleich

nach Pilocarpin 0.2 Druck kolL

gesteig. naeh Pilocarpin 0.2 Druck ko]l.

gesteig.

1. D e r O b e r t r i t t d e s U r a n i n s In d ie C e r e b r o s p i n a l f l i i s s i g - k e i t s c h e i n t be i P a r a l y s e n n a c h 2 S t u n d e n z u b e g i n n e n , be i N i c h t p a r a l y s e n z u g l e i c h e r Z e i t o d e r sp i s

2. Wi t f i n d e n d ie C e r e b r o s p i n a l f l i i s s i g k e i t d e r N i c h t - p a r a l y s e n n a c h 2 S t u n d e n f a r b l o s o d e r k a u m r e e l ] b a r f l u - o r e s c e n t , j e n e d e r P a r a l y s e n z e i g t z u d i e s e r Z e i t m e i s t e i n e n U r a n i n g e h a l t y o n 1 : 2 0 0 0 0 0 0 u n d m e h r . N a c h c a . 8 S t u n d e n i s t d e r F a r b s t o f f g e h a l t de s L i q u o r s d e r N i c h t p a r a l y t i k e r a u f 1 : 2 0 0 0 0 0 0 ( u n d w e n i g e r ) g e s t i e g e n , j e n e r d e r P a r a l y - t i k e r a u f 1 : 750000 u n d k a n n n a c h 12--14 S t u n d e n 1 : 250000 e r r e i c h e n , w / ~ h r e n d d i e S p i n a l f l i i s s i g k e i t d e r N i c h t p a r a - l y t i k e r a u c h n a c h d i e s e r Z e i t d i e n a c h 2 - - 4 S t u n d e n e r - r e i c h t e M e n g e n i c h t o d e r n u t u m e i n G e r i n g e s i i b e r s c h r e i t e t .

196 V. Kafka: Untersuchungen zur Frage der Entstehung~

3. Die e rhShte P e r m e a b i l i t ~ t der p a r a l y t i s c h a f f i z i e r t e n M e n i n g e n s che in t sich also auch aus d iesen Versuchen zu ergeben. Ob sich freilich diese Ergebnisse bei den nicht immer so deut- lich hervortretenden Differenzen differentialdiagnostisch werden ver- werten lassen, mfissen weitere Untersuchungen an einem gr51~eren Material yon Lues cerebri und Tabesfis womSglich auch mit sero- logischen, cytologischen und chemischen Paralleluntersuchungen er- geben.

Jene Fis in denen Pilocarpininjektionen gegeben worden waren, wiesen erhShten Liquordruck und vermehrte Ausflul~menge auf, ohne da$ der Uraningehalt gegeniiber den anderen Fi~llen ver~ndert war, eine Beobachtung, die wir auch beim Vergleich des mit Stauung ge- wonnenen und des ohne Stauung erhaltenen Liquors machen konnten und mit der wir uns im nKchsten Absehnitt noch werden auseinander- setzen mfissen.

Die T i e r v e r s u c h e haben wir bis jetzt an FrSsehen und Kaninehen vorgenommen. Den letzteren injizierten wir moist eine UraninlSsung 1 : 5 4--40 ccm subeutan. Die Tiere ertrugen die Injektion selbst der grS~eren Mengen ohne StSrung. Nach 10--12 Minuten war schon Gelbf~rbung der Conjunctiven zu beobachten, naeh ca. 15 Minuten zeigten sich die Sehleimhi~ute deutlich gelb und bald konnte man auch beim Streichen des Fells die starke Gelbfiirbung der Haut erkennen. Bei grSI~eren injizierten Mengen und l~ngerer Dauer der Beobachtung wurde die vordere Augenkammer deutlich gelbgriin. Die Tiere wurden naeh bestimmter Zeit getStet, seziert und das Zentralnervensystem mikroskopisch und makroskopisch untersueht. In den ersten FKllen war nun die mikroskopische Betrachtung daran gescheitert, da$ wir Teile des Zentralnervensystems zur sp~teren Bearbeitung in Alkohol, Miiller, und Gliabeize eingelegt hatten und das Uranin nach ganz kurzer Zeit in das Medium fiberging. Selbst Gefrierschnitte erschienen bald ungef~rbt und auch Rasiermesserschnitte, die in Glycerin aufgelegt waren, verloren, abgesehen yon ganz stark tingierten Schnitten, ihre F~rbung am n~chsten Tage. Die einzige MSglichkeit bot die sofortige Betrachtung von in Glycerin aufgelegten Rasiermesserschnitten des frischen Materials. Aus diesen Griinden durften wir auch eine ins Detail gehende mikroskopische Untersuehung nicht erhoffen und muSten uns mit der MSglichkeit der Beantwortung einiger Fragen begnfigen.

Die makroskopische Besichtigung (Tabelle II) ergab, da$ naeh einer Stunde eine deutliche Gelbfi~rbung der AuSenflKche der Dura zu er- kennen war, w~hrend die weichen H~ute noch ungefKrbt erschienen. Diese, wie auch das Ventrikelependym und jenes des Zentralkanals zeigten sich erst bei einer nach 8 Stunden erfolgenden Sektion schwach gelblich, der Plexus chorideus jedoch s t a r k gelb. Die Gehirn- und

Zirkulation und Funktion der Cerebrospinalflttssigkeit. 197

m

~ o ~

.... ~ ~ o

.~,-- , . ~ ~ ~..~ ~ , ~ . ~,J~ ,..~ ~ , L~

�9 ~ , ~ ~ ~ - ~ | ;~ ~ . ~ . ~ ~ .~ | o ~0 -~- ~ ~

~ . ~ ' ~ ~ .~ . .~ ~ * ~ . ~ ~

C.~ ~ ~-,,.~ ~ ' ~ ~. '~ . ~ . o ~ ~ . . ~ ~ o . ~ . ~

~..~ ~ . . ~ , ~ .~ ~ ~ .~_ ~'~ ~ ~ ~'~ ~ ~

,..i M ~ 4

i ~ I ~ ~

a0

198 V. Kafka: Untersuchungen zur Frage der Entstehung~

I~fiekenmarksubstanz blieb weig, nur an jenen Stellen, wo viele Ge- fgl3e zusammentraten, leieht gelblieh.

Im mikroskopisehen Bride zeigte der Plexus chorioideus deutliche Gelbf/irbung, die aueh das Bindegewebe und besonders die Sekret- kugeln betraf, wghrend das Plexusepithel fas t 'b raun gefiirbt war, so dal3 der Farbstoff darin stark angehiiuft, wie gestaut erschien. Am Ventrikelependym konnten wir an den Priiparaten yore Kaninehen nichts derartiges erkennen, das Ependym vom Zentralkanal dagegen war in einem Fall leieht gelblich, und es zeigten sieh zwisehen den Ependymzellen hier und da in den Kanal fibertretende gelbe Schollen. Bei den Tieren, bei denen Pilocarpin injiziert worden war, zeigte sieh starke Vermehrung der Sekretkugeln ohne stgrkere Gelbfiirbung.

Bei den FrSschen gingen wir in iihnlicher Weise vor. Sic erhielten 2 eem 20proz. Uranin subeutan. Bei der naeh 11/2 Stunden vorgenom- menen Sektion fand sieh die Dura aul3en gelb, sonst alles ungef~rbt. Interessant war hier der Befund, dag sieh gelbliche Sehollen innerhalb des Ventrikelependyms zeigten, die anseheinend zwisehen den Zellen in den Hohlraum traten.

Wie oben gesagt, liegen sieh feinere Details nieht feststellen; dazu war unsere Methodik nieht ausgebildet genug. Immerhin konnte man aus der makro- und mikroskopischen Besiehtigung folgendes sehliegen:

Das Uranin tr i t t erst naeh mehr als 2 Stunden und naeh Eingabe grSl3erer Mengen in die Cerebrospinalfliissigkeit fiber, und zwar in erster Linie auf dem Wege des Plexus ehorioideus (Beweis: die starke An- h~iufung yon Uranin daselbst). Viel geringer seheint der t3bergang dutch das Ventrikelependym, sowie dutch jenes des Zentralkanals, wenn hier fiberhaupt ein soleher erfolgt. Es macht den Eindruck, als wiirde der Farbstoff im Plexus chorioideus, besonders in dessen Epithel, angehS, uft und zurfiekgehalten, um allmiihlieh und in sehwaeher Kon- zentration in den Liquor iiberzugehen. Pitoearpin rief, iihnlieh wie in den klinisehen Versuehen, nur eine Verstiirkung der Sekretion, abet keine Vergnderung der Gelbfiirbung hervor.

Wit e r s e h e n a lso aus d e n k l i n i s e h e n u n d d e n T i e r v e r - s u e h e n , da g de r U b e r g a n g in die L u m b a l f l f i s s i g k e i t be i t m r m a l e n M e n i n g e n n o e h e t w a s g e r i n g e r i s t als j e n e r in das K a m m e r w a s s e r , u n d dal3 er e r s t n a e h 1 / ingere r Z e i t e r - f o l g t , w g h r e n d de r U r a n i n g e h a l t im B l u t u n d in d e r L y m p h e s e h o n n a e h w e n i g e n M i n u t e n 2 0 0 - - 1 0 0 0 m a l s t / i r k e r i s t . T r o t z s e i n e r s t a r k e n D i f f u s i b i l i t g t g e h t a l so das U r a n i n a u c h in k e i n e r g rS l3e ren Menge in d e n n o r m a l e n L i q u o r f iber als a n d e r e S to f f e . S o w o h l die l a n g e D a u e r bis z u m i ] b e r t r i t t e , wie a u e h die g e r i n g e S t i i r k e d e s s e l b e n im V e r g l e i c h z u m B l u t e u n d z u r L y m p h e s p r e c h e n da f f i r , d a b d e r L i q u o r e i n e m

Zirkulation und Funktion der Cerebrospinalfltissigkeit. 199

e c h t e n S e k r e t e zu m i n d e s t s eh r n a h e s t e h t , e i n e A n u a b m e , die a u e h d u r c h die P i l o e a r p i n v e r s u c h e g e s t i i t z t w i r d und die am Sehlusse der Arbeit noch eingehender wird erf r ter t werden mfissen.

2.

Die morphologischen, chemisehen und biologischen Ergebnisse des durch die Lumbalpunktion, wie sie gewfhnlieh geiibt wird, gewonnenen Liquors werden als die Reaktionen der Cerebrospinalflfissigkeit zu diagnostischen Zweeken verwendet. Versehiedene Autoren haben nun die Frage erhoben, ob die so erzielten Resultate als Mal~stab ffir die Eigenart des Gesamtliquors dienen kfnnen. Wis z. B. N o n n e der Meinung ist, dal~ das Ergebnis der lumbalen Liquoruntersuchung uns fiber den pathologischen Zustand des gesamten Liquors informiert, hat O. F i scher3) 4) durch Vergleieh der Zellformel des Liquors und der Infiltration der Meningen zu beweisen versucht, dal~ 1. die Pleo- eytose bei der gewfhnliehen Lumbalpunktion der Infiltration der Meningen der untersten Rfickenmarksabschnitte quantitativ und qualitativ entspreche; 2. der Zellgehalt in differeuten Hfhen versehie- den und abhi~ngig v o n d e r jeweiligen Infiltration ist. Aueh W a l t e r 4) kam zu i~hnliehen Resultaten.

Dem Eiweil~gehalte des Liquors in versehiedenen Hfhen wandte W a l t e r 5) seine Aufmerksamkeit zu, indem er die Lumbalflfissigkeit verschiedener Portionen bei Entnahme grolter Mengen naeh Iqissl und N o n n e - A p e l t untersuchte. W a l t e r fand nur in 5 von 24 Fallen Differenzen im Eiweil~gehalte der ersten und letzten Portion; in diesen Fi~llen war der Eiweil~gehalt in den ersten Portionen immer grfl~er und die Differenz bet~ug nut in einem Falle 1/10 o/00, sonst immer 1/20o his 1/100O/o 0. N e u u n d H e r r m a n n ~ ) uutersuehten versehiedene Portionen unter Anwendung von Halsstauung; hiervon soll spi~ter die Rede sein.

Das biologische Verhalten der Cerebrospinalflfissigkeit in versehie- denen Hfhen seheint meines Wissens noch nicht untersucht worden zu sein.

Wir haben nun in der {Jberlegung, dal~ solche Untersuchungen wieh- tig ffir die Beantwortung der Frage nach der Entstehung und Zirku- lation der Cerebrospinalfltissigkeit sind, ghnliehe Versuche unter- nommen. Wir entnahmen grfl~ere Liquormengen in einzelnen Por- tionen und untersuchten einige derselben auf Zellgehalt, Globulinver- mehrung ( N o n n e - A p e l t ) , W a s s e r m a n n s c h e Reaktion und Gehalt an hammelblutlfsenden Normalamboceptoren. Ferner wurde in fast allen Fallen, wenn der Druek fast 0 war, venfse Halsstauung gemacht und der Liquor wieder un~ersucht. Die Resultate unserer Versuche sind in Tabelle I I I enthalten. In der 4. Rubrik dieser Tabelle linden wir die

200 V. Kafka: Untersuchungen zur Frage der Entstehung,

GrSl3e der untersuchten Portionen angefiihrt, w~hrend in der n~chsten Rubrik jene Menge notiert ist, die vor Entnahme dieser Portion ab- getaufen war; in dan nKehsten Rubriken folgen die Reaktionsresultate; in der letzten Rubrik ist angegeben, welche Portion mit Halsstauung entnommen war und ob die Stauung in bezug auf DruekerhShung usw. Erfolg hatte (-4-und 0); um Raum zu ersparen, sind in der Rubrik ,,Wassermann" bei starker positiven F/s die weiteren Kreuze durch Striche unter- t - gekennzeichnet; K heil3t Kuppe, i inkomplett.

Wir finden deutliche Unterschiede im Zellgehalt in Fall 3 und 7, also in Fiillen, wo iiberhaupt eine st~rkere Pleocytose sich findet. Die Globulinvermehrung zeigt eine deutliche Differenz nur im Fall 3 (Stau- ung ohne Erfolg), aber im Gegensatz zu W a l t e r ist die s p ~ t e r e Pcr- tion die starker getriibte. Die Differenz in Fall 5 ist zu gering, um ver- wertet werden zu kSnnen. Die W a s s e r m a n n s c h e Reaktion zeigt, mit steigenden und fallenden Liquormengen vorgenommen, in Fall 1 und 2 Differenzen, die wohl innerhalb der Fehlerquellen der Methode liegen. Der Gehalt an hammelblutlSsenden Normalamboeeptoren war in allen untersuehten F~llen gleich. Durch venSse Halsstauung konnten wir, iihnlieh wie S tu r sbe rgT) , nur in 5 von 8 F~llen DruckerhShung er- zeugen, der mit Stauung entnommene Liquor war dem staufreien, wie die Tabelle zeigt, vollkommen gleich (da wir Fall 3, wo die Stauung keinen Erfolg hatte, nieht mitreehnen k5nnen).

Da wir Portionen untersucht haben, die voneinander durch Ab- flul3mengen von 15--45 cem getrennt waren, k5nnen wir annehmen, in unseren Versuchen den Liquor yon geniigend getrennten Teilen des spinalen Subarachnoidealraumes getroffen zu haben und k5nnen schlie- Ben, dal3 woh l die Z e l l m e n g e in v e r s c h i e d e n e n H S h e n v e r - s c h i e d e n s e in k a n n (O. F i s c h e r ) , dal3 a b e r die G l o b u l i n v e r - m e h r u n g (und d e r E i w e i l ] g e h a l t , s o w e i t die P h a s e I f i i r i h n e in I n d i k a t o r ist) n u r s e l t e n u n d g e r i n g e S c h w a n k u n g e n z e i g t u n d in s e r o l o g i s c h e r B e z i e h u n g D i f f e r e n e n z s o v i e l wie ga r n i c h t zu e n t d e e k e n s ind . Dal3 der unter Anwendung von Stauung entnommene Liquor dam staufreien gleicht bis auf Fall 3 (siehe oben), steht im Gegensatz zu Untersuchungen von N e u u n d H e r r m a n n , die bei Entnahme gr513erer Mengen unter Stauung (60 bis 75 ccm) Differenzen im Eiweil3- und Zeltgehalt zugunsten der ersten Portion fanden. Es macht jedenfalls den Eindruck, als wiirde dutch die Stauung die Liquorneubildung auch in jenen F~llen, in denen die Stauung deutlichen Erfolg hatte, nicht angeregt, sondern nur durch die erweiterten Gef~13e weiterer Liquor ausgeprel3t. Dies letztere wiirde wahrscheinlich maehen, dal3 wir in unseren Stauungsversuchen auch Gehirnliquor ins Glas bekommen haben, ein Faktum, das W a l t e r fiir die gewShnliche Entnahme durch Lumbalpunktion bestreitet.

Zirkulation und Funktion der Cerebrospinalflttssigkeit. 201

Tabelle III . Untersuehung des Liquors in versehiedenen lIiihen,

Insges.] entnom-!

Nr. Krankheit men in : Wassermann Haemolysin B e m e r k u n g

Portion.]

1.

2.

8.

9.

Paralyse 61 X

Paralyse 17.75 ~ 5.5 2.0 1.0

Paralyse 53 VI] 6.0 7.0 4.0 5.0

Paralyse 22 IIi 6.0

111 7.0] i

Paralyse 87 viii I 5.5 VI 2.5

VII 4.0 VIII 4.5

Paralyse 44.25 I 3.5 VIII VI 5 0

VII 12.0 I VIII 3.0 I

Paralyse 25 VI I 5.0

V 3.9.5

VI 0.2.5!

Epilepsie 37.5 VIi I 3.8 I V 3.5

VI 12.0

Dementia i42.2 VII I 3.0 /

praecox] I V1 3.4 [ VII 12.0

Portion ~ I Phasel ~ d

ccm nach i

26.25 5"31 I 4.9~ 0

VI 6.5 IX 4.0 42.0 ]

i X I 15.0 46.0 3 0

V 14.75 VI 16.75

,[ + + + i 37.0 ~ + + Vi + +

Vii 44.0 I viii 48.0 141

i l

bis 0.4 0 bis 0.4 0; 0.6 K ; 0.8 bis 0.4 0; 0 . 6 + ; 1 .0+

bis 0.4 0; 0.6 + ; 1.0 +

) . 2+ ; 0.1 + ; 0.05 K; 0.025i

) .2+; 0 .1+; 0.05+; 0.025+

0.1 + ; 0 .05+; 0.025+

0 . 1 + ; 0 .05+; 0.025+

0.2 + ; 0.1 + ; 0.05 i

OpalescJ

Opalesc. I Spur

starker

15.0

4 26.0 3., 28.5 32.5 4

!

, 4

2~.251 3 29.25 I

41.25 3.:2

21.50 2

24.75 0.2 + ;

22.0 25.5

26.8 30.2

0 . 2 + ; 0 . 1 + ; 0.05i

bis 0.025

bis 0.0'25

+ 0

+ + 0.2 +; O.lO + + 0 . 2 + ; 0.1 0

0.1 0

2 1 2

1

/8 i

0 0 0 0 0 0

0 0 0 0 0 0

+II : + + +

I + I I : Spur

V I I + v i i i : Spur

I + I I : Spur

VII + V I I I : Spur

I + I I : +

vii: +

mit Stautmg +

mit Stauung +

mit Stauung + mit Stautmg +

mit Stauung 0 mit Stauung 0

mit Stauung + mit Stauung +

mit Stauung + mit Stautmg +

mit Stauung 0

i

i

mit Stauung +

mit Stauung 0

Um uns nun auf jeden Fall fiber die biologische Beschaffenheit des cerebralen Liquors gegeniiber dem spinalen zu orientieren, haben wir in einer zweiten Untersuchungsreihe bei einer Anzahl yon FKllen kurze Zeit nach dem Tode die Lumbalpunktion gemacht und bei der Sektion den Ventrikelliquor mit der Pipette entnommen und beide auf Wasse r- m a n nsche Reaktion und Normalh~Lmolysingehalt untersucht. Diese Versuehe waren yon Interesse im Hinblick auf die Untersuchungen yon SchmorlS) , der Paralleluntersuehungen yon Liquor cerebrospinalis und Ventrikelflfissigkeit gemaeht hatte. Er fand bei Ikterus den Gallen-

Z. f. d. g. Neur. u. Psych. O. XIII. 1 4

202 V. Kafka: Untersuchungen zur Frage der Entstehung~

farbstoff, bei Paralyse die die No n ne - A p e l tsche Reaktion gebenden Stoffe nur im Liquor spinalis, nicht in der Ventrikelfliissigkeit. Die HemmungskSrper, die den positiven Ausfall der Was s e r m a n n schen Reaktion bedingen, fand er in 5 F~llen yon Paralyse in der Spinal- fliissigkeit, nieht aber im Liquor ventriculorum. Aus diesen Befunden zieht nun S e h m o r l die schwerwiegenden Schltisse, dab dem Plexus chorioideus und dem Ventrikelepithel die Eigentiimlichkeit zukomme, den t_~bergang gewisser im Blute gelSster Stoffe zuriickzuhalten, und dab wahrscheinlich eine freie Kommunikat ion zwischen den Hirnven- trikeln und den Subarachnoidealr~umen n i e h t besteht. Er schloB dies auch aus den Beobachtungen, da[3 das oben Gesagte nur fiir intakte Plexus und Ventrikelepithel gelte, dab aber, wenn sieh an diesen Ge- bilden Ver~nderungen finden, die in Rede stehenden Substanzen in die Ventrikelfliissigkeit iibertreten und hier sogar in st~rkerer Konzentra- tion gefunden werden kSnnen als im Liquor cerebrospinalis.

Die S e h m o r l s c h e n Untersuehungen nehmen also ein Fehlen der Kommunikat ion zwischen den spinalen und cerebralen Subarachnoideal- r~umen einerseits und dem Ventrikelsystem andererseits, ein Ver- schlossensein des Foramen Mage nd i an, so dab also nur der Ventrikel- liquor vom Plexus und dem Ventrikelependym produziert werden wiirde, der subarachnoideale Liquor jedoeh v o n d e r Auskleidung dieser R~ume, und dab eine Zirkulation nur innerhalb dieser R~ume statt- f~nde. Nur bei Erkrankungen der Gebilde und Auskleidungen der Ventrikel wfirde die Anzahl der pathologischen Substanzen im Ven- trikelliquor jener im spinalen Liquor gleichkommen oder sie sogar iibertreffen. Urn nun bei den Paralysen zu bleiben, so ist doch bekannt- lich die Granulation des Ventrikelependyms eines der konstantesten Symptome; B a i r d 9) n immt auch an, dab von den Granulationen der pathologisehe Liquor sezerniert wird; und doch will S c h m o r l in 6 Para- lysef~llen, die doch sieher in der groBen Mehrzahl Ependymgranula- tionen hatten, keine HemmungskSrper im Liquor gefunden haben. Gegen die Annahme des Verschlusses des Foramen M a g e n d i t ra t in derselben Sitzung, in der S c h m o r l sprach, auch M a r c h a n d auf, ebenso Die t r ic h; auch die meisten anderen Autoren sprechen sich heute gegen diese Annahme aus. Es wiirde zu weit fiihren, hier alle Griinde zu er- 5rtern, die dafiir ins Treffen gefiihrt wurden. Sie sollen am Schlusse der Arbeit erw~hnt werden. Zu unserem engeren Thema sei noch hinzugefiigt, dab einzelne Autoren in einigen F~llen den dureh Ope- ration entfernten Ventrikelliquor dem spinalen gleich fanden.

Die Ergebnisse mit unserem Material sind in Tabelle IV nieder- gelegt. Der Normalh~molysingehalt ist in den untersuchten F~llen gleieh; Differenzen im Ausfall der Was se r m a n n schen Reaktion linden sich in Fall 3 und 11. Fall 2 scheidet aus, weft hier der SpinaUiquor

Zirkulation und Funktion der Cerebrospinalfltissigkeit. 203

einige Tage friiher untersucht worden war. Die Differenz in Fall 11 ist sehr gering, deutlich nur in Fall 3. Hierzu kommt noch ein Fall der letzten Zeit mit folgendem Befund/: Spinalliquor bei 0,2 q--k-4-, Ven- trikelliquor bis 1,0. Andererseits muB hier ein im II. Tell ausfiihrlich zu erSrternder Versuch angefiihrt werden: ein mit roten Hammelblut- kSrperchen finmunisierter Hund wies im Spinalliquor den gleichen Amboceptortiter auf, wie im zu gleicher Zeit entnommenen Ventrikel- liquor.

Tabelle IV. Paralleluntersuchungen des Spinal- und Yentrikelliquors.

Wassermann-Reaktion tIaemolysinreaktion

Nr. Krankheit Spinalliquor Ventrikelliquor Spinal- Ventrikel- Bemerkungen liquor liquor

1 Paralysis prog. -- + -]- +

3 4 5 6 7 8 9

10

11

12 13

Dem. senilis Tumor cerebri

bei 02 + + +

bei 0,2+++++++ + +

bis 1,0 0 bis 1,0 0

bei 0,5 + + + + + + + + +

+ + + (o,~)

bis 1,0 0 bis 1,0 0

bis 1,0 0

bei 0,2 + + + + + + +

bis 1,0 0 bis 1,0 0

bei 0,5 + + + + + + + + +

+ + + (0,2)

bis 1,0 0 bis 1,0 0

+ + +

+ + +

+ + +

m

Spinalliquor fr/iher unter-

sucht

Ventrikelliquor Spur schwiichor abet noch nioht

+ +

Wir fanden also unter 14 F/fllen (Fall 2 ausgeschaltet) nur 2mal Differenzen. Ob diese darauf zurfickzufiihren sind, dab der Ventrikel- liquor erst bei der Sektion entnommen wurde, bleibe dahingestellt, bis diesbeziigliche Untersuchungen vorgenommen sind. Jedenfalls scheint auch den S c h m o r l s c h e n Befunden dieser Fehler anzuhaften, der ja fiir die EiweiBbestimmungen besonders ins Gewicht f/illt.

Unsere F/file zeigen also, daft die S c h m o r l s c h e n Untersuchungen und die daraus gezogenen Schliisse wohl nur zum Teil Anspruch auf Giiltigkeit erheben kSnnen und dal] die E i n h e i t l i c h k e i $ des Ge- s a m t l i q u o r s in s e r o l o g i s c h e r H i n s i c h t w a h r s c h e i n l i c h e r ist. Das letzte Wort m/issen bier jedenfalls Vergleichsuntersuchungen des

Spinal- und des bei Operationen resp. Ventrikelpunktion entnommenen Liquors reden. Auch fiir den Verschlu$ des Foramen Magendii mad die

14"

204 V. Kafka: Untersuchungen zur Frage der Entstehung~ Zirkulation usw.

daraus gezogenen Konsequenzen fiir die Zirkulation des Liquors sprechen unsere Versuche n i c h t . ~ b e r die theoretischen Vorstellungen, die sich aus den Resul ta ten ergeben, wird im Anschlusse an noch nicht abgeschlossene Beobachtungen in der Zusammenfassung am Schlusse des I I . Teiles die Reihe sein.

Literaturverzeichnis. 1. P. Ehr l i ch , Berl. klin. Wochenschr. 8, 21. 1882. 2. K. Wesse ly , Ergebnisse d. Physiol. 4, II, 565. 1905. 3. O. F ischer , Jahrbiicher d. Psych. u. Neurol. 25. 1906. 4. - - Monatsschr. f. Psych. u. Neurol. 25, 512. 1910. 5. Wa l t e r , Monatsschr. f. Psych. u. Ncurol. 28, 80. 1910. 6. Neu u. H e r r m a n n , Monatsschr. f. Psych. u. Neurol. 24, 251. 1908. 7. S tu r sbe rg , Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk. 42, 325. 1911. 8. Schmor l , Centralbl. f.[allgem. Pathol. u. pathol. Anat. 21, 459. 1910. 9. Ba i rd , The Journ. of mental science 56, 89. 1910.