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LANDESVERFASSUNGSGERICHT SACHSEN-ANHALT Verkündet am: 26. Novembe r 201 4, Ju stizcmttsin.s pek : t:o;· in. S' chröter. l.Jrkunclsbeal nti n. rle .s I M NA M E N D E S VOLKES URTEIL indem Verfassu ngsbeschwerdeverja h ren LVG 10/13 Verfahrensbevollmächtigte: wegen einer Sonderabgabe nach dem Finanzausgleichsgesetz (Finanzausgleichsumlage). Das Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt hat durch seinen Präsidenten Schubert als Vorsitzenden sowie seine Richterinnen und Richter Bergmann, Dr. Zettel, Gemmer, Franz- kowiak, Prof. Dr. Kluth und Stoll auf die mündliche Verhandlung vom 21. Oktober 2014 für Recht erkannt: Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

URTEIL - Landesportal Sachsen-Anhalt

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Page 1: URTEIL - Landesportal Sachsen-Anhalt

LANDESVERFASSUNGSGERICHT

SACHSEN-ANHALT

Verkuumlndet am 26 November 201 4 Justizcmttsinspektomiddotin Schroumlter

lJrkunclsbealntin d~ Gesculffsstel~ rles LcuHlest ~tr_(aqs ~ tllfSgcricJH_

I M NA M E N D E S VOLKES

URTEIL indem

Verfassu ngsbeschwerdeverjahren

LVG 1013

Verfahrensbevollmaumlchtigte

wegen

einer Sonderabgabe nach dem Finanzausgleichsgesetz (Finanzausgleichsumlage)

Das Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt hat durch seinen Praumlsidenten Schubert als Vorsitzenden sowie seine Richterinnen und Richter Bergmann Dr Zettel Gemmer Franzshykowiak Prof Dr Kluth und Stoll auf die muumlndliche Verhandlung vom 21 Oktober 2014 fuumlr Recht erkannt

Die Verfassungsbeschwerde wird zuruumlckgewiesen

Gerichtskosten werden nicht erhoben

Auszligergerichtliche Kosten werden nicht erstattet

2shy

T a t b e s t a n d

Mit der kommunalen Verfassungsbeschwerde macht die Beschwerdefuumlhrerin geltend sect 12

Abs 3 des Gesetzes zur Abloumlsung des Finanzausgleichsgesetzes und zur Aumlnderung weiteshy

rer Gesetze vom 18122012 - FAG 2013- (GVBI S 641) verstoszlige gegen Art 2 Abs 3 i V

m Art 87 Abs 1 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt - LVerf - vom 16071992

(GVBI S 600)

Mit dem Finanzausgleichsgesetz Sachsen-Anhalt vom 01 072004 zog das Land die Komshy

munen deren Einnahmen den gesetzl ich normierten Finanzbedarf uumlberschritten erstmals zu

einer Finanzkraftumlage heran Die Bemessungsgrundlage der Umlage knuumlpfte allein an die

uumlberschieszligende Finanzkraft (Abundanz) an Hiergegen erhoben die Gemeinden Barleben

und Soumlssen Verfassungsbeschwerde zum Landesverfassungsgericht Mit Urteilen vom

13062006 wurde die Verfassungsshy

widrigkeit der seinerzeitigen Form der Umlage festgestellt

Der Gesetzgeber reagierte auf dieses Urteil indem er mit dem Zweiten Gesetz zur Aumlnderung

des Finanzausgleiches vom 20032007 eine Korrekturvorschrift einfuumlhrte Gegen das geaumlnshy

derte Gesetz erhob die Gemeinde ~rfolgreich erneut Verfassungsbeschwerde shy

Das Landesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 16022010 das geaumlnshy

derte Gesetz als nicht mit dem Bestimmtheitsgebot vereinbar angesehen so dass es nicht

geeignet sei als Korrekturvorschrift den mit dem vorangegangenen Urteil geruumlgten Systemshy

fehler der Finanzkraftumlage zu beseitigen

Da der Gesetzgeber keine einfache Moumlglichkeit sah den Vorgaben des Landesverfassungsshy

gerichts Rechnung zu tragen wurde durch Erlass des Innenministers vom 22042010 zushy

naumlchst auf die Erhebung der Umlage verzichtet und den Kommunen gestattet die fuumlr diese

Altj ahre gebildeten Ruumlckstellungen aufzuloumlsen ln dem Erlass wurde auch mitgeteilt dass

der Ausschuss des lnnern in seiner Sitzung vom 15042010 auch zu der Auffassung gelangt

sei gesetzgeberisch im Zusammenhang mit der Neuregelung des Finanzausshy

gleichsgesetzes zum 01012013 (fuumlr die Zukunft) taumltig werden zu wollen

Der Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD vom 1304201 1 fuumlr die Legislaturperiode

2011 bis 2016 sah vor das bestehende System des kommunalen Finanzausgleichs fuumlr das

Jahr 2012 fortzuschreiben fuumlr die Zeit danach jedoch auf der Grundlage eines unabhaumlngishy

gen Gutachtens bedarfsorientiert fortzuentwickeln Mit der Vergabe dieses Gutachtens war

auch der Auftrag verbunden eine verfassungskonforme Loumlsung zur Erhebung einer Umlage

- 3 shy

zur Angleichung der Finanzkraft zwischen armen und reichen Kommunen zu finden Das

am 23042012 veroumlffentlichte Gutachten empfahl (Ziffer 68) zur Vermeidung einer Nivellieshy

rung oder eines Rangplatztauschs eine Anlehnung an die Regelung in Baden-Wuumlrttemberg

Das dortige Finanzausgleichsgesetz sieht vor die Umlage nicht allein an der Houmlhe der

Abundanz sondern an der Houmlhe der Finanzkraft festzumachen Die beabsichtigte Finanzshy

kraftumlage wurde Mitte des Jahres 2012 unter anderem durch den Minister der Finanzen in

der Oumlffentlichkeit vorgestelit

Im weiteren Gesetzgebungsprozess orientierte sich der Gesetzesentwurf dem Vorschlag

des Gutachters folgend an einer Regelung in Baden-Wuumlrttemberg Es wurde als mit dem

Verfassungsauftrag aus Art 88 Abs 2 S 1 LVerf am Besten vereinbar angesehen an die

Finanzkraft und nicht allein an die Abundanz anzuknuumlpfen und einen gleitenden ziehshy

harmonikaartigen Ausgleich der Finanzausstattung der Kommunen zu schaffen Allerdings

entschied sich der Gesetzesentwurf fuumlr eine weitaus geringere Houmlhe der Umlage als in Bashy

den-Wuumlrttemberg und sah auch von einer gleitenden Anhebung der Umlagehoumlhe mit steishy

gender Steuerkraft ab Ein weiterer wesentlicher Unterschied der neuen Finanzkraftumlage

zur alten Finanzkraftumlage besteht darin dass die Mittel nicht dem Ausgleichsstock zuflieshy

szligen sondern unmittelbar im selben Verhaumlltnis wie die Schluumlsselzuweisungen auf die kreisshy

angehoumlrigen Kommunen verteilt werden Hierdurch soll verhindert werden dass sich durch

den Ausgleichsmechanismus die Gesamtbemessungsgrundlagen fuumlr die Kreisumlagen aumlnshy

dern Daruumlber hinaus wurde erneut eine Haumlrtefallklausel in den Gesetzentwurf aufgenomshy

men Hiermit sollte vor allem dem Umstand Rechnung getragen werden dass die Kommushy

nen nur begrenzt Zeit zur Bildung von Ruumlckstellungen hatten fuumlr den Fall dass keine ausshy

reichenden freien Mittel fuumlr die Umlage im laufenden Haushalt zur Verfuumlgung standen

Der Gesetzentwurf wurde nach geringfuumlgigen Aumlnderungen im Anhoumlrungsverfahren am

04092012 vom Kabinett beschlossen Am 18122012 wurde das Finanzausgleichsgesetz

vom Landtag beschlossen und trat zum 01 01 2013 in Kraft

Aufgrund der Revisionsklausel wurde das FAG 2013 durch Gesetz vom 18122013 fuumlr 2014

fortgeschrieben Dabei wurde auch die gesetzliche Umschreibung der Finanzkraftumlage

noch einmal angepasst ohne jedoch den Regelungsgehalt zu veraumlndern Die Befreiungsvorshy

schrift wurde dahingehend weiterentwickelt dass das Land nicht mehr zwingend in Vorleisshy

tung geht wenn der Befreiungsanspruch erst nach Festsetzung der Finanzkraftumlage durch

das Statistische Landesamt festgestellt wird Die derzeit guumlltige Regelung lautet

-4 shy

Finanzausgleichsgesetz (FAG 2013) vom 18122012 (GVBI S 641) in der Fassung vom

18122013 (GVBI S 552)

sect 12 Schluumlsselzuweisungen

(1) FDr die Erledigung der Aufgaben des eigenen Wirkungskreises erhalten die Gemeinden und Landshykreise SchlOssezuweisungen die sich fuumlr die Gemeinden in Abhaumlngigkeit von ihrer Steuerkraft geshymaumlszlig sect 14 und fuumlr die Landkreise in Abhaumlngigkeit von ihrer Umfagekraft gemaumlszlig sect 15 bemessen Aus dem fuumlr die Schluumlsselzuweisungen im Haushaltsjahr 2013 bereitgestellten Teil der Finanzausgleichsshymasse erhalten die kreisfreien Sttidte 233 444 041 Euro die Landkreise 160 242 079 Euro und die kreisangehoumlrigen Gemeinden 424 961 573 Euro Aus dem fuumlr die SchlOssezuweisungen im Hausshyhaltsjahr 2014 bereitgestellten Teil der Finanzausgleichsmasse erhalten die kreisfreien Staumldte 229 398 683 Euro die Landkreise 164 955 692 Euro und die kreisangehoumlrigen Gemeinden 394 669 321 Euro

(2) Schluumlsselzuweisungen werden geleistet wenn die Steuerkraftmesszahl oder die Umlagekraftshymesszahl hinter der Bedarfsmesszahl zurackbleibt Dieser Unterschiedsbetrag wird bei den kreisfreien Staumldten zu 70 v H ausgeglichen Landkreise erhalten im Haushaltsjahr 2013 einen Ausgleich von 80 v H und im Haushaltsjahr 2014 von 90 v H Bei den kreisangehoumlrigen Gemeinden erfolgt der Ausshygleich in einem mehrstufigen Verfahren ln einem ersten Schritt wird bei den Gemeinden deren Steushyerkraft je Einwohner 80 v H des Durchschnitts aller kreisangehoumlrigen Gemeinden unterschreitet die Differenz der eigenen Steuerkraft zu 80 v H der durchschnittlichen Steuerkraft zu 80 v H ausgeglishychen (SchlOssezuweisung A) ln einem zweiten Schritt erfolgt der Ausgleich zwischen der Bedarfsshymesszahl und der um die Schluumlsselzuweisung A erhoumlhten Steuerkraftmesszahl zu 70 v H (SchlOsshysezuweisung 8)

(3) Zur Milderung der Unterschiede in der Finanzkraft zahlen kreisangehoumlrige Gemeinden eine Umlashyge von 10 v H der Summe aus der Steuerkraftmesszahl fOr Gemeinden gemaumlszlig sect 14 und den SchlOssezuweisungen A und B Zur Verteilung der Umlage wird die Finanzmasse fOr die Schluumlsselshyzuweisungen B um die Umlagemasse nach Satz 1 erMht und anschlieszligend eine Neuberechnung entshysprechend Absatz 2 Satz 6 vorgenommen Ergeben sich nach den Berechnungen nach Satz 1 und 2 negative SchlOssezuweisungen sind diese in gleich groszligen Teilbetraumlgen zu den Terminen nach Abshysatz 5 an das Land abzufahren Die auf Grundlage dieses Absatzes ergehenden Verwaltungsakte sind sofort vollziehbar

(4) Soweit eine kreisangeh6rige Gemeinde wegen des Umlageverfahrens nach Absatz 3 Mittel aus dem Ausgleichsstock erhalten muumlsste wird sie von der Zahlung auf Antrag befreit Wird der Anspruch auf Befreiung erst nachtrtiglich festgestellt kann das Land mit Mitteln des Ausgleichsstocks in Vorleisshytung treten und auf eine Aumlnderung der Bescheide der Dbrigen Gemeinden und Landkreise fDr das jeshyweilige Haushaltsjahr verzichten Ist das Land in Vorleistung getreten erhaumllt es diese Betraumlge bei der naumlchsten DurchfOhrung des Umlageverfahrens durch einen Vorwegabzug aus der Umlagemasse ershystattet

(5) Die Auszahlung erfolgt in Raten zum 10 der Monate Februar April Juni August Oktober und Deshyzember eines jeden Jahres

sect 13 IBedarfsmesszahl

(1) Die Bedarfsmesszahl ergibt sich aus dem Produkt des Gesamtansatzes nach Absatz 2 und dem Grundbetrag nach Absatz 3

(2) Der Gesamtansatz wird fOr kreisfreie Staumldte kreisangeMrige Gemeinden und Landkreise wie folgt Igebildet

I1 Bei den kreisfreien Staumldten entspricht der Hauptansatz der Einwohnerzahl Der Nebenansatz U6 wird aus der jeweiligen Anzahl der Kinder bis sechs Jahre multipliziert mit dem Faktor 28 gebildet l Die Summe beider Ansaumltze bildet den Gesamtansatz

I

-5 shy

2 Bei den kreisangehoumlrigen Gemeinden wird als Hauptansatz der Wert bezeichnet der sich aus dem Produkt der Einwohnerzahl einer Gemeinde und der Hauptansatzstaffel einschlieszliglich des Zentralishytaumltszuschlages nach Satz 5 ergibt Die Hauptansatzstaffel betraumlgt bei Gemeinden bis 7 999 Einwohshyner 100 v H mit 8 000 bis 24 999 Einwohner 102 bis 112 v H und mit 25 000 bis 60 000 Einwohner 113 bis 130 v H Zwischenwerte werden bis zur zweiten Stefle nach dem Komma gerundet Bei Mitshygliedsgemeinden von Verwaltungsgemeinschaften und Verbandsgemeinden richtet sich die Hauptanshysatzstaffel der einzelnen Gemeinde nach der Gesamtsumme der Einwohner der ihnen jeweils zugehoumlshyrigen Gemeinden Gemeinden mit der Funktion eines Mittelzentrums erhalten einen Zentralitaumltszushyschag von 20 v H Der Nebenansatz U6 wird aus der jeweiligen Anzahl der Kinder bis sechs Jahre geuildet multipliziert mit dem Faktor 6 7 Die Summe derAnsaumltze bildet den Gesamtansatz

3 Bei den Landkreisen entspricht der Gesamtansatz der Einwohnerzahl

(3) Der Grundbetrag wird auf fuumlnf Stellen hinter dem Komma so festgesetzt dass die zur Verfuumlgung stehende Finanzmasse so weit wie rechnerisch moumlglich aufgebraucht wird

sect 14 Steuerkraftmesszahl fuumlr Gemeinden

(1) Die Ermittlung der Steuerkraftmesszahl fuumlr kreisfreie Staumldte und kreisangehoumlrige Gemeinden ershyfolgt jeweils gesondert

(2) Die Steuerkaftmesszahfen werden berechnet indem die Steuerkraftzahlen der Grundsteuer A und B der Gewerbesteuer der Gemeindeanteile an der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer zusamshymengezaumlhlt werden

(3) Die Steuerkraftzahl einer Gemeinde wird wie folgt ermittelt

1 Bei der Grundsteuer A und B wird das jeweilige Ist-Aufkommen im vorvergangenen Jahr durch den jeweiligen Hebesatz geteilt Die sich daraus ergebenden Ausgangsbetraumlge werden mit dem gewogeshynen Durchschnitt der Hebesaumltze der jeweiligen Steuerart multipliziert

2 Bei der Gewerbesteuer wird das Ist-Aufkommen im vorvergangenen Jahr durch den Hebesatz geshyteilt Der sich daraus ergebende Ausgangsbetrag wird mit dem gewogenen Durchschnitt der Hebesaumltshyze multipliziert Von dem Ergebnis wird die im vorvergangenen Jahr erhobene Gewerbesteuerumlage abgezogen

3 Steuerkraftzahlen der Gemeindeanteile an der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer sind die jeweiligen Ist-Aufkommen im vorvergangenen Jahr

(4) Fuumlr Gemeinden mit vertraglich vereinbarten unterschiedlichen Realsteuerhebesaumltzen in ihren Ortsteilen werden getrennt fuumlr jede Steuerart zunaumlchst die Ausgangsbetraumlge fuumlr jeden Ortsteil errechshynet und zur jeweiligen Gemeinde summiert (5) Teilen sich Gemeinden Gewerbesteueraufkommen kann aufgemeinsamen Antrag die Steuerkraft unter Beruumlcksichtigung des vertraglich vereinbarten Aufteilungsverhaumlltnisses berechnet werden

sect 15 Umlagekraftmesszahl fuumlr Landkreise

Die Umlagekraftmesszahl der Landkreise betraumlgt 40 v H von

1 den Steuerkraftmesszahlen der kreisangehoumlrigen Gemeinden gemaumlszlig sect 14 und

2 den SchlOssezuweisungen der kreisangehoumlrigen Gemeinden gemaumlszlig sect 3 Nr 4 Buchst b

-6shy

sect 17 Ausgleichsstock

(1) Aus dem Ausgleichsstock werden Bedarfszuweisungen zur Milderung oder zum Ausgleich auszligershygewoumlhnlicher Belastungen und Notlagen im Haushalt der Kommunen erbracht Als Notlage gilt insbeshysondere der Fall dass die Einnahmemoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren Ausgabeverpflichtungen nicht ausreichen Daneben dient er der Vermeidung besonderer Haumlrten bei der Durchfuumlhrung dieses Gesetzes Dem Ausgleichsstock werden im Haushaltsjahr 2013 Mittel in Houmlshyhe von 3 785 050 Euro und im Haushaltsjahr 2014 Mittel in Houmlhe von 3 273 180 Euro zur Aufstockung der SchlOssezuweisungen fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden entnommen Fuumlr die kreisfreien Staumldshyte und Landkreise erfolgt ein Ausgleich durch Mittel des Ausgleichsstocks soweit die Nettoausgaben nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in den Haushaltsjahren 2013 und 2014 die des Haushaltsjahshyres 2011 jeweils Obersteigen Dabei ist fuumlr die Haushaltsjahre 2013 und 2014 die bereits beruumlcksichshytigte Preis- und Bevoumllkerungsentwicklung bei der Bedarfsermittlung in Abzug zu bringen

(2) Leistungen aus dem Ausgleichsstock koumlnnen auf Antrag gewaumlhrt werden Sollen die Leistungen aus dem Ausgleichsstock dem Ausgleich von Haushaltsfehlbetraumlgen dienen ist dem Antrag ein von der Vertretungskoumlrperschaft beschlossenes Haushaltskonsolidierungskonzept beizufuumlgen

(3) Ein Rechtsanspruch auf Gewaumlhrung einer Leistung aus dem Ausgleichsstock besteht nicht Die Bewilligung von Leistungen kann mit Bedingungen und Auflagen verknuumlpft werden

sect 19 Kreisumlage

(1) Die Kreisumlage gernaszlig sect 67 Abs 2 der Landkreisordnung wird in der Haushaltssatzung in Vomshyhundertsaumltzen der einzelnen Umlagegrundlagen (Umlagesaumltze) bemessen Bei unterschiedlichen Umshylagesaumltzen soll der houmlchste Umlagesatz den niedrigsten um nicht mehr als ein Drittel uumlbersteigen

(2) Umlagegrundlagen sind die Steuerkraftzahlen der kreisangehoumlrigen Gemeinden nach sect 14 und die SchlOssezuweisungen nach sect 12 Ergibt sich eine negative Umlagegrundlage hat die kreisangehoumlrishyge Gemeinde einen Erstattungsanspruch

(3) Die Kreisumlage ist zum 20 eines jeden Monats faumlllig Umlageglfiubiger und Umlageschuldner k6nnen abweichende Ftllligkeitstermine vereinbaren

sect29 Obergangsvorschriften

(1) For die Ermittlung der Steuerkraftzahl der Gewerbesteuer fuumlr das Haushaltsjahr 2013 wird zushynaumlchst eine Berechnung gemfiszlig sect 14 Abs 3 Nr 2 vorgenommen Anschlieszligend erfolgt eine weitere Berechnung der Steuerkraftzahl auf der Basis von einem Drittel des Ist-Aufkommens des Haushaltsshyjahres 2009 und zwei Dritteln des Ist-Aufkommens des Haushaltsjahres 2010 und der jeweiligen Anshyteile der Gewerbesteuerumage Die Rechnungsergebnisse nach den Saumltzen 1 und 2 werden sumshymiert und anschlieszligend durch zwei geteilt Das Ergebnis der Berechnung nach Satz 3 bildet die Steushyerkraftzahl der Gewerbesteuer filr das Haushaltsjahr 2013

Die Beschwerdefuumlhrerin ist eine kreisangehoumlrige Gemeinde in Sachsen-Anhalt Auf der

Grundlage des sect 12 Abs 4 FAG 2013 setzte das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt

gegenuumlber der Beschwerdefuumlhrerin mit Bescheid vom 24042013 fuumlr das Haushaltsjahr

2013 die Schluumlsselzuweisung gemaumlszligsect 3 Nr 4 b FAG 2013 iVm sectsect 12-14 17 Abs 1 25

Abs 1 und 29 Abs 1 FAG 2013 fest Darin enthalten ist die Festsetzung einer Finanzkraftshy

umlage gemaumlszligsect 12 Abs 3 FAG 2013 in Houmlhe von 183526400 Euro Die Beschwerdefuumlhshy

rerin hat hiergegen mit Schreiben vom 08052013 Widerspruch eingelegt uumlber diesen Wishy

-7 shy

derspruch ist noch nicht entschieden worden Die Finanzkraftumlage ist entsprechend den

gesetzlichen Vorgaben auf der Grundlage einer Steuerkraftmesszahl in Houmlhe von

1835264400 Euro ermittelt worden Die Berechnung der Steuerkraftmesszahl erfolgte unter

Beruumlcksichtigung der Uumlbergangsvorschrift des sect 29 FAG 2013 auf der Grundlage der Geshy

werbesteuereinnahmen der Beschwerdefuumlhrerin des Jahres 2009 in Houmlhe von

1852090000 Euro und des Jahres 2010 in Houmlhe von 1806830000 Euro Die fuumlr die Beshy

rechnung der Finanzkraftumlage maszliggebliche Steuerkraftmesszahl ist aus dem Mittelwert

gem sect 29 FAG 2013 ermittelt worden

Die Beschwerdefuumlhrerin hat am 03122013 kommunale Verfassungsbeschwerde erhoben

Zur Begruumlndung ihrer Verfassungsbeschwerde macht die Beschwerdefuumlhrerin geltend

Ihre Gewerbesteuereinnahmen seien ruumlcklaumlufig Die Gewerbesteuereinnahmen betruumlgen im

Jahr 2008 1647940000 Euro im Jahr 2009 1852090000 Euro im Jahr 2010

1806830000 Euro im Jahr 201 1 537230000 Euro im Jahr 2012 639220000 Euro und

im Jahr 2013 voraussichtlich 379200000 Euro Die hohen Gewerbesteuereinnahmen der

Jahre 2009 und 2010 wuumlrden mit in die Berechnung der Steuerkraftmesszahl und damit in

die Berechnung der Finanzkraftumlage einflieszligen Nach der gleichen Systematik wuumlrden

diese Einnahmen ebenfalls zur Berechnung der Kreisumlage im Jahr 2013 herangezogen

Fuumlr das Haushaltsjahr 2013 stuumlnden der Beschwerdefuumlhrerin Steuereinnahmen in Houmlhe von

708080000 Euro zur Verfuumlgung Von diesen Steuereinnahmen seien folgende Umlagen

abzufuumlhren Gewerbesteuerumlage 55730000 Euro Kreisumlage 644908500 Euro und

Finanzkraftumlage 183530000 Euro Dies ergebe einen Fehlbedarf in Houmlhe von

196088500 Euro Sie bestreite nicht dass das Land Sachsen-Anhalt grundsaumltzlich berechshy

tigt sei eine Finanzkraftumlage zu erheben Verfassungsrechtlich unzulaumlssig sei hingegen

der mit der Einfuumlhrung der Finanzkraftumiage durch das FAG 2013 verbundene Ruumlckwirshy

kungseffekt Dieser Ruumlckwirkungseffekt fuumlhre dazu dass Steuereinnahmen die in abgeshy

schlossenen Zeitraumlumen erzielt und die fuumlr Pflichtaufgaben und Ausgaben der Daseinsvorshy

sorge verausgabt worden seien zum Anlass fuumlr eine kuumlnftige Umlage genommen wuumlrden

Dadurch wuumlrden die Grundsaumltze der Pianbarkeit und der Vorhersehbarkeit verletzt Die

Regelung enthalte indes eine echte Ruumlckwirkung und sei mit dem Rechtsstaatsprinzip als IBestandteil der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie und dem darin enthaltenen grundshy I saumltzlichen Verbot ruumlckwirkender Regelungen unvereinbar Gegenstand der Abschoumlpfung l

seien Steuereinnahmen aus dem Bereich der Realsteuern des Gemeindeanteils an der Einshy

kommensteuer und des Gemeindeanteils aus der Umsatzsteuer aus Vorvorjahreszeitraumlushy I men Den Versuchen diese Regelung in die Kategorie der unechten Ruumlckwirkung einzuordshy

l

nen sei nicht zu folgen Zweifellos sei es richtig dass der Anknuumlpfungspunkt fuumlr die Finanz-

l l I

-8shy

kraftumlage in der Vergangenheit angesiedelt sei und die daraus folgenden Schluumlsse erst in

der Zukunft wirken wuumlrden Die Finanzkraftumlage sei aber erst fuumlr einen Zeitpunkt nach lnshy

krafttreten des Gesetzes zu zahlen Dies sei ein Fall der echten Ruumlckwirkung Der Sachvershy

halt sei in der dogmatischen Einordnung genauso zu beurteilen als wuumlrde der Steuergeshy

setzgeber auf die Idee kommen fuumlr einen abgeschlossenen Besteuerungszeitraum den

Steuertarif nachtraumlglich zu aumlndern Dass die Zahlungswirkung erst in der Zukunft eintrete sei

einer nachtraumlglichen Veraumlnderung der Besteuerungsgrundlagen fuumlr bereits abgeschlossene

Besteuerungszeitraumlume immanent und kein geeignetes Abgrenzungskriterium zwischen

echter und unechter Ruumlckwirkung Entscheidend sei die Antwort auf die Frage ob der Beshy

troffene noch eine Reaktionsmoumlglichkeit habe oder ob eine solche Reaktionsmoumlglichkeit

nicht bestehe und er der Ruumlckwirkung bedingungslos ausgeliefert sei

Uumlbersect 12 Abs 4 S 1 FAG 2013 koumlnne die verfassungswidrige Ruumlckwirkung nicht geheilt

werden Die Feinsteuerungsmoumlglichkeit uumlber den Ausgleichsstock genuumlge nicht den verfasshy

sungsrechtlichen Vorgaben wonach wesentliche Fragen des kommunalen Finanzausgleishy

ches durch den Gesetzgeber und nicht durch die ausfuumlhrende Verwaltung zu regeln seien

Der Gesetzgeber habe zwar bei der Regelung der Rahmenbedingungen des Finanzausgleishy

ches einen weiten Gestaltungsspielraum allerdings muumlsse er diesen Gestaltungsspielraum

selbst nutzen und duumlrfe ihn nicht der ausfuumlhrenden Verwaltung uumlberlassen Im Uumlbrigen sei

die Haumlrtefallregelung zu unbestimmt da die Kriterien fuumlr ihre Anwendung nicht feststaumlnden

und sie nicht zielfuumlhrend seien

Daruumlber hinaus fuumlhre die Finanzkraftumlage zu einer verfassungswidrigen Schattenwirshy

kung Die Beschwerdefuumlhrerin sei eine kreisangehoumlrige Gemeinde im Burgenlandkreis Aufshy

grund der Tatsache dass die Finanzkraftumlage bei der Steuerkraft abgezogen und somit

die Bemessungsgrundlagen fuumlr die Kreisumlage vermindert werde verliere der Burgenlandshy

kreis fuumlr das Haushaltsjahr 2013 Kreisumlagen in Houmlhe von 22879600 Euro und fuumlr das

Jahr 2014 Kreisumlagen in Houmlhe von 43500100 Euro Der Landkreis sei nicht abundant

Dies fuumlhre zu einer mittelbaren Schattenwirkung sowohl bei dem betroffenenmiddot Landkreis als

auch bei den nicht abundanten kreisangehoumlrigen Gemeinden des Landkreises Der in Mithaft

genommene Landkreis muumlsse die Kreisumlage anheben um diese Ausfaumllle zu kompensieshy

ren Er muumlsse entweder die Kreisumlage anheben oder auf eine sonst moumlgliche Senkung

der Kreisumlage verzichten so dass zweierlei Effekte eintreten wuumlrden Zunaumlchst verringere

sich bei ihr der Entlastungseffekt durch die Mitberuumlcksichtigung der Finanzkraftumlage bei

der Kreisumlage und es wuumlrden nunmehr auch uumlber diese mittelbare Schattenwirkung

Nachbarstaumldte und Gemeinden im Landkreis herangezogen die sich auch nicht annaumlhernd

in der Naumlhe einer Abundanz befaumlnden Nach der Rechtsprechung des Landesverfassungsshy

-9shy

gerichts fuumlhre diese Schattenwirkung zu einer Verletzung der Finanzhoheit der Landkreise

Dabei gehe es um das Prinzip auf die konkrete Houmlhe und das Ausmaszlig der Beeintraumlchtigung

komme es nicht an

Die Beschwerdefuumlhrerin beantragt

sect 12 Abs 3 des Gesetzes zur Abloumlsung des Finanzausgleichsgesetzes und zur

Aumlnderung weiterer Gesetze vom 18122012 (GVBL S 641) wegen Unvereinbarshy

keit mit Art 2 Abs 3 i V m Art 87 Abs 1 der Verfassung des Landes Sachsenshy

Anhalt fuumlr nichtig hilfsweise fuumlr verfassungswidrig zu erklaumlren

Mit Schriftsatz vom 11032014 hat die Landesregierung zu der Verfassungsbeschwerde

Stellung genommen Sie haumllt die Verfassungsbeschwerde fuumlr unbegruumlndet und ervridert auf

das Vorbringen der Beschwerdefuumlhrerin im Einzelnen

Es liege kein Fall einer unzulaumlssigen Ruumlckwirkung vor Ein Fall grundsaumltzlich unzulaumlssiger

echter Ruumlckwirkung liege nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vor

wenn eine Norm nachtraumlglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt aumlndernd eingreife Dies

sei insbesondere der Fall wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem

Zeitpunkt ihrer Verkuumlndung fuumlr bereits abgeschlossene Tatbestaumlnde gelten solle Dies treffe

hier nicht zu Die jetzige Situation sei die gleiche wie sie der -Entscheidung

zugrunde gelegen habe naumlmlich so wie die erstmalige Einfuumlhrung der Umlage zu beurteilen

sei wenn sie in den Jahren nach lnkrafttreten des Gesetzes erhoben werde und ihr die geshy

setzlich definierte und normierte Finanzkraft der Jahre vor lnkrafttreten des Gesetzes

zugrunde gelegt werde diese Finanzkraft aber nicht durch eine Erhebung in Echtzeit ermitshy

telt werde sondern unter Ruumlckgriff auf statistische Werte aus der Zelt vor lnkrafttreten des

Gesetzes in der --Entscheidung vom 13062006 habe das Landesverfassungsgeshy

richt eine echte Ruumlckwirkung der Ersteinfuumlhrung der Finanzkraftumlage verneint Es liege

auch keine unechte Ruumlckwirkung vor denn es seien keine Vertrauenstatbestaumlnde aufgrund

einer fruumlheren Regelung ersichtlich welche bereits haumltten ins Werk gesetzt sein koumlnnen weil

die Finanzkraftumlage erstmals in das Finanzausgleichsgesetz eingefuumlgt worden sei Dafuumlr

sei es unerheblich dass der Gesetzgeber fuumlr die Berechnung auf Grundsaumltze Bezug nehme

die fuumlr einen anderen Sachverhalt (allgemeine Zuweisungen jetzt Schluumlsselzuweisungen)

gelten wuumlrden und die er dort mit Wirkung fuumlr die Zukunft geaumlndert habe Der Saumlchsische

Verfassungsgerichtshof sei in seinem Urteil vom 26082010 hinsichtlich der Verfassungsshy

maumlszligigkeit der Einfuumlhrung einer Finanzkraftumlage unter Berechnung der Umlage aus den

Haushaltsdaten der Vergangenheit zu Recht davon ausgegangen dass darin weder ein Fall

von echter noch von unechter Ruumlckwirkung liege Mit der Berechnung der Umlage anhand

- 10 shy

der Steuereinnahmen vergangener Zeitraumlume gehe kein unzulaumlssiger Zugriff auf in der Vershy

gangenheit ihren Anfang nehmende oder gar beendete Lebenssachverhalte einher Den Anshy

knuumlpfungspunkt fuumlr die Erhebung der Finanzkraftumlage und damit den fuumlr eine Pruumlfung am

Vertrauensschutzprinzip maszliggeblichen Lebenssachverhalt bilde allein ein Uumlberschuss der

gemeindlichen Steuerkraft im aktuellen Haushaltsjahr Eine mit dem Vertrauensschutzprinzip

moumlglicherweise in Konflikt geratende Ruumlckwirkung laumlge allein dann vor wenn mit der Umlashy

ge eine uumlberschieszligende Finanzkraft vergangener Zeitraumlume abgeschoumlpft werden sollte also

gerade hierin die innere Rechtfertigung fuumlr die Belastung der Gemeinden zu erblicken waumlre

Diese Ausfuumlhrungen zum Saumlchsischen Finazausgleichsgesetz seien auch auf das FAG 2013

uumlbertragbar Fuumlr einen gesetzgabarischen Willen mit der Umlage eine uumlberschieszligende Fishy

nanzkraft vergangener Zeitraumlume abschoumlpfen zu wollen gebe es in den Gesetzesmaterialien

des FAG 2013 keine Anhaltspunkte Daruumlber hinaus schlieszlige sich die Landesregierung der

weiteren Argumentation des Saumlchsischen Verfassungsgerichtshofs an wonach gegen die

grundsaumltzliche Tauglichkeit des Maszligstabes zur Bemessung der Umlage keine Bedenken beshy

stuumlnden Hinter ihm stehe die Erwartung dass sich die Haushaltszahlen im aktuellen Jahr in

etwa im Rahmen der bekannten Daten entwickeln wuumlrden Wenn auch zeitlich verzoumlgert

wuumlrden die Annahmen immer wieder an die tatsaumlchlichen Haushaltsdaten angepasst Die

damit notwendig verbundenen Unschaumlrfen seien hinzunehmen Bei einer alternativ denkbashy

ren zunaumlchst vorlaumlufigen Ermittlung der Umlageschuld verbunden mit einem endguumlltigen

Festsetzungsverfahren bei Vorliegen der relevanten Haushaltsdaten waumlre eine verlaumlssliche

Finanz- Ausgaben- und Haushaltswirtschaft der Gemeinden praktisch kaum zu leisten Aus

dem Vertrauensschutzprinzip ergebe sich weder die Verpflichtung des Gesetzgebers Invesshy

titionen der Gemeinden zur Erzielung von Gewerbesteuern zu beruumlcksichtigen noch die

Notwendigkeit wegen fehlender zeitlicher Moumlglichkeiten fuumlr die Umlageschuld Vorsorge zu

treffen oder besondere Uumlbergangsregelungen zu schaffen Das Vertrauensschutzprinzip steshy

he Aumlnderungen des Systems des Finanzausgieichs nicht grundsaumltziich entgegen Es verianshy

ge lediglich eine Ruumlcksichtnahme auf gemeindliche Entscheidungen die in schutzwuumlrdigem

Vertrauen auf eine bestimmte Entwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen getroffen

worden seien Die Schutzwuumlrdigkeit folge dabei aus einem durch den Gesetzgeber geschafshy

fenen Vertrauenstatbestand Fuumlr eine Schutzwuumlrdigkeit der Hoffnung der Beschwerdefuumlhreshy

rin uumlber ihr Gewerbesteueraufkommen auch zukuumlnftig allein zu verfuumlgen sei nichts ersichtshy

lich Aus dem nach dem Soumlssen II Urteil erklaumlrten Verzicht eine Finanzkraftumlage fuumlr die

Vergangenheit zu erheben haumltten die Kommunen nicht schlieszligen koumlnnen dass dies auch

fuumlr die Zukunft gelten werde

Dass sowohl Zuweisungen des Landes als auch zu erhebende Umlagen nicht an das laushy

fende Steueraufkommen des aktuellen Jahres anknuumlpfen koumlnnen sei systemimmanent weil

- II shy

verlaumlssliche Finanzdaten immer erst mit zeitlicher Verzoumlgerung feststaumlnden Insoweit koumlnne

fuumlr die Finanzkraftumlage nichts anderes gelten als zB fuumlr die Kreisumlage Der Gesetzgeshy

ber sei daher daran gebunden das einmal gewaumlhlte System auch auf die Finanzkraftumlage

anzuwenden Eine theoretische Alternative waumlre ein Finanzausgteichssystem das zunaumlchst

mit Schaumltzwerten fuumlr das laufende Jahr arbeite die fortlaufend an die tatsaumlchlichen Daten

angepasst wuumlrden Letztlich muumlsste dann zum Abschluss eine Spitzabrechnung durchgeshy

fuumlhrt werden Es bestehe jedoch Einigkeit daruumlber dass dies zum einen vom Verwaitungsshy

aufwand her nicht zu bewaumlltigen waumlre zum anderen der Nachteil in Gestalt der Planungsunshy

sicherheit bei den Kommunen den Vorteil der etwas groumlszligeren Gerechtigkeit weit uumlberwiegen

wuumlrde Daher sei allen Finanzausgleichssystemen der Bundeslaumlnder gemeinsam dass fuumlr

das laufende Jahr Zahlen verwendet wuumlrden die mittels prognostischer Annahmen aus den

Werten vergangener Jahre abgeleitet wuumlrden Die Anknuumlpfung an die Daten des vorverganshy

genen Jahres liege der Berechnung des Finanzausgleichs insgesamt zu Grunde nicht nur

der Berechnung der Finanzkraftumlage Durch den Uumlbergang vom kameralen zum doppishy

schen Buchungsstil der inzwischen bei fast allen Kommunen abgeschlossen sei habe sich

im Uumlbrigen das Problem der zeitlichen Verschiebung zwischen Abundanz und Zahlung der

Umlage weitgehend erledigt

Den berechtigten Interessen der zahlungspflichtigen Kommunen dabei nicht uumlberfordert zu

werden trage die Befreiungsvorschrift hinreichend Rechnung Dass im Rahmen der Pruumlfung

der Befreiungen den Antragstellern wie der Beschwerdefuumlhrerin zugemutet werde eigene

Ruumlcklagen zum Zweck der Zahlung der Finanzkraftumlage einzusetzen sei derzeit Gegensshy

tand einer verwaltungsgerichtlichen Uumlberpruumlfung Ob das Gebot des Haushaltsausgleichs

Vorrang vor anderen Verwendungsabsichten der Ruumlcklagen habe sei eine fachgerichtlich zu

beantwortende Frage Fuumlr die jetzige Gesetzesfassung einer Befreiungsklausel wuumlrden die

aUgemeinen Bestimmtheitsanforderungen gelten Diesen werde sect 12 Abs 4 i V m sect 17

FAG 2013 zweifelsohne gerecht Soweit die Kernnorm der Gewaumlhrung von Leistungen aus

dem Ausgleichsstock naumlmlich der in sect 17 Abs 1 S 2 FAG geregelte Fall dass die Einnahshy

memoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren Ausgabeverpflichtungen

nicht ausreichten in Bezug genommen werde sei aufgrund einer langjaumlhrigen Klaumlrung durch

Behoumlrdenpraxis und die Rechtsprechung der Gerichte an der Bestimmtheit nicht zu zweifeln

Dass daruumlber hinaus die weiter gefassten Anwendungsfaumllle des sect 17 FAG von der Verweishy

sung erfasst wuumlrden belaste die Beschwerdefuumlhrerin nicht

Die jetzige Regelung der Finanzkraftabgabe greife nicht unzulaumlssig in die Finanzhoheit der

Landkreise ein Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumlage unterscheide sich im Hinshy

blick auf die Ebenentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren Finanzkraftumlage Bei der fruumlshy

- 12 shy

heren Regelung sei die Finanzkraftumlage dem Ausgleichsstock zugeflossen so dass sie

den Landkreisen als Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage verloren gegangen sei

Demgegenuumlber werde durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die

Kreisumlage insgesamt nicht geschmaumllert Es koumlnnte nur darum gehen inwieweit minimale

Verlagerungen der Bemessungsgrundlage von den finanzstarken zu den finanzschwaumlcheren

Landkreisen mit der Landesverfassung vereinbar seien Die Finanzkraftumlage fuumlhre innershy

halb eines Landkreises zu einer verminderten Umlagekraft der abundanten Gemeinden ershy

houmlhe aber die Umlagekraft der Empfaumlnger der Umlage Innerhalb eines Landkreises komshy

pensierten sich diese Gewinne und Verluste bei Bemessungsgrundlage weitgehend Aus

diesen Gruumlnden habe es der Landesgesetzgeber fuumlr kontraproduktiv gehalien diesen ershy

wuumlnschten Effekt durch einen nachgelagerten Spitzausgleich unter den Landkreisen zu beshy

seitigen Im Rahmen der Erarbeitung des Gesetzentwurfes habe auch eine Finanzkraftumlashy

ge zwischen den Landkreisen lange zur Diskussion gestanden Diese Loumlsung sei allerdings

verworfen worden Eine Stoumlrung der Belastungsgerechtigkeit auf Gemeindeebene und eine

Schattenwirkung auf Kreisebene zu vermeiden waumlre nur durch eine Kombination der derzeishy

tigen Regelung mit einem nachgelagerten Spitzausgleich auf der Landkreisebene moumlglich

Die Ausfuumlhrungen der Beschwerdefuumlhrerin uumlber die mittelbare Schattenwirkung gingen an

der Lebenswirklichkeit vorbei Bei einem Blick auf die Kreishaushalte werde angesichts der

starken Schwankungen in vielen Haushaltsbereichen schnell klar dass eine Verlagerung von

wenigen Tausend Euro bei der Bemessungsgrundlage der Kreisumlage eine voumlllig uninteshy

ressante Groumlszlige sei Ein Einfluss der Finanzkraftumlage auf die Kreisumlagefestsetzung sei

nicht ersichtlich Die finanzschwache Nachbargemeinde profitiere direkt von der Finanzkraftshy

umlage Die von der Beschwerdefuumlhrerin beschriebene mittelbare Schattenwirkung treffe

die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal Wenn im Zusammenshy

hang mit dem Finanzausgieich von armen und reichen Kommunen die Rede sei beziehe r

sich das uumlblicherweise auf die Moumlglichkeit zur Erzielung von Steuereinnahmen Es spiele

aber bei genauerer Betrachtung daruumlber hinaus eine Rolle ob diese Kommunen in einem

Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft laumlgen Der Landkreis mit niedriger Umlashy Igekraft werde in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlage erheben waumlhrend der

reiche Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlrigen Kommunen

I uumlblicherweise nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muumlsse Oe facto verfuumlgten also

die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verblieben Die nicht abunshy i danten Kommunen in dem reichen Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten l eventuell dadurch (minimal) belastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoshy l

ben werde um den Verlust des Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzshy

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- 13shy

kraftumlage zu kompensieren ln dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saldo von

der Finanzkraftumlage profitierten erhoumlhe sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass

der Kreisumlagesatz (geringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Der Landtag hat sich nicht geaumluszligert

E n t s c h e i d u n g s g r uuml n d e

Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist zulaumlssig (1 ) jedoch nicht begruumlndet (2 )

1 Das Landesverfassungsgericht ist zur Entscheidung uumlber die kommunale Verfassungs~

beschwerde berufen (vgl dazu im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen LVerfG Urt v

31051994- LVG 293 - LVerfGE 2 227 245 f Urt v 31051994- LVG 194 - LVerfGE

2 273 289f Urt v 31051994- LVG 494- LVerfGE 2 323 334 f) Soweit eine Verletshy

zung des durch Art 2 Abs 3 und 87 LVerf garantierten Selbstverwaltungsrechts behauptet

wird handelt es sich um eine kommunale Verfassungsbeschwerde im Sinne des Art 75 Nr

7 LVerf und dersectsect 2 Nr 8 51 des Landesverfassungsgerichtsgesetzes in der Fassung vom

24092009- LVerfGG- (GVBI S 474) Diese Bestimmungen berechtigen die Kommunen

gegen Eingriffe in ihr Selbstverwaltungsrecht durch ein Landesgesetz das Landesverfasshy

sungsgericht anzurufen

Nach sect 51 Abs 1 LVerfGG koumlnnen Kommunen die Verfassungsbeschwerde mit der Behaupshy

tung erheben durch ein Landesgesetz in ihrem Recht auf Selbstverwaltung nach Art 2 Abs

3 und Art 87 LVerf verletzt zu sein Gemaumlszlig sect 57 Abs 2 LVerf gelten die sectsect 48 bis 50

LVerfGG entsprechend Nach sect 49 L VerfGG (hinsichtlich der Verfassungsbeschwerde gegen

ein Gesetz deckungsgleich mit sect 92 BVerfGG) sind in der Begruumlndung der Verfassungsbeshy

schwerde welche nach sect 16 Abs 1 S 2 LVerfGG erforderlich ist das Recht das verletzt

sein soll und die Gesetzesvorschrift durch die sich die Beschwerdefuumlhrerin unmittelbar vershy

letzt sieht zu bezeichnen Die Zulaumlssigkelt einer kommunalen Verfassungsbeschwerde geshy

gen ein Gesetz setzt voraus dass die Beschwerdefuumlhrerin selbst gegenwaumlrtig und unmittelshy

bar durch die angegriffenen Rechtsnormen in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt ist Die

angegriffenen Normen beschraumlnken unmittelbar und gegenwaumlrtig das Selbstverwaltungsshy

recht der Beschwerdefuumlhrerin ohne dass ein weiterer angreifbarer Umsetzungsakt notwenshy

dig wird Insoweit wird auch auf die Gruumlnde des Urteils des Gerichts vom 16022010- LVG

908- (LVerfGE 21 361 mwN) verwiesen

- 14shy

Die Verfassungsbeschwerde ist formgerecht und innerhalb der Jahresfrist der sectsect 51 Abs 2

48 LVerfGG erhoben worden

2 Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist nicht begruumlndetsect 12 Abs 3 FAG 2013 steht

im Einklang mit der in den Artt 2 Abs 3 87 und 88 L Verf naumlher ausgeformten Garantie der

kommunalen Selbstverwaltung

21 Bedenken gegen die formelle Rechtmaumlszligigkeit des FAG 2013 bestehen nicht Der Geshy

setzgeber hat keine Vorgaben des Gesetzgebungsverfahrens verletzt insbesondere traf ihn

keine Begruumlndungspflicht dafuumlr weshalb er eine Umlagenhoumlhe von 10 insect 12 Abs 3 FAG

2013 gewaumlhlt hat Aus den Vorschriften der Landesverfassung die das Gesetzgebungsvershy

fahren regeln (Artt 77 ff LVerf) ergibt sich keine Pflicht zur Begruumlndung von Gesetzen durch

den Landtag Nach sect 23 Abs 2 S 2 der Geschaumlftsordnung des Landtages von Sachsenshy

Anhalt muumlssen Gesetzesentwuumlrfe schriftlich begruumlndet sein Eine uumlber diese allgemeine Beshy

gruumlndungsnotwendigkeit hinausgehende Pflicht zur genauen Erlaumluterung des sect 12 Abs 3

FAG 2013 besteht nicht Eine besondere Darlegungslast des Gesetzgebers ergibt sich auch

nicht aus der speziellen Gesetzesmaterie des kommunalen Finanzausgleichs Der Gesetzshy

geber ist nicht gehalten die Gruumlnde fuumlr die Festlegung konkreter Betraumlge oder Verteilungsshy

kriterien im Einzelnen darzulegen Das Landesverfassungsgericht uumlberpruumlft das Finanzausshy

gleichsgesetz daher als Ergebnis eines Gesetzgebungsprozesses und nicht nur auf welshy

chem Weg der Gesetzgeber zu diesem Ergebnis gelangt ist (LVerfG Urt v 09102012shy

LVG 5710 - LVerfGE 23 315 333f) Der generellen Annahme einer in das Einzelne geshy

henden Begruumlndung bei jeder Gesetzgebung stehen im Uumlbrigen praktische Erwaumlgungen

entgegen So waumlre eine Abstimmung uumlber die Begruumlndung erforderlich um feststellen zu

koumlnnen ob die Mehrheit der Abgeordneten des Landtages diese Begruumlndung traumlgt

22 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt auch materiell-rechtlich nicht gegen die Landesshy

verfassung

221 Pruumlfungsmaszligstab ist die Selbstverwaltungsgarantie der Artt 2 Abs 3 87 und 88 L Verf

Seide Bestimmungen konkretisieren fuumlr das Land Sachsen-Anhalt die in Art 28 GG enthalshy

tene bundesverfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und haben

nach Zweck und Entstehungsgeschichte jedenfalls denselben Mindestgehalt wie Art 28 Abs

1 S 2 und 3 sowie Abs 2 GG Zum Selbstverwaltungsrecht der Kommunen gehoumlrt nach geshy

festigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG Beschl v 151 01985 shy

2 BvR 1808 1809 181082- BVerfGE 71 25 36 mwN) die Finanzhoheit der Kommunen

Sie umschlieszligt die eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft Die Verfasshy

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- 15 shy

sung des Landes Sachsen-Anhalt enthaumllt mit Art 87 Abs 3 einerseits und Art 88 anderershy

seits zwei selbstaumlndige Ausformungen der finanziellen Absicherung der Kommunen kraft deshy

rer das Land zum einen Bestimmungen uumlber die Deckung der Kosten treffen muss die den

Kommunen durch die Zuweisung von Pflichtaufgaben zur Erfuumlllung in eigener Verantwortung

und durch die Uumlbertragung von staatlichen Aufgaben zur Erfuumlllung nach Weisung entstehen

Zum anderen hat das Land dafuumlr zu sorgen dass die Kommunen uumlber Finanzmittel verfuumlshy

gen die zur angemessenen Erfuumlllung ihrer Aufgaben ausreichend sind Dabei ist die untershy

schiedliche Finanzkraft der Kommunen auf Grund eines Gesetzes angemessen auszugleishy

chen (Art 88 Abs 2 LVeri)

Als landesverfassungsrechtliche Garantie eines aufgabengerechten Finanzausgleichs weist

Art 88 LVerf dabei einen engen Bezug zu den bundesverfassungsrechtlichen Bestimmunshy

gen uumlber den Finanzausgleich auf welcher die Gemeinden unmittelbar einschlieszligt So steht

den Gemeinden ein bundesgesetzlich zu bestimmender Anteil an der Einkommen- und Umshy

satzsteuer (Art 106 Abs 5 5a GG) zu ferner die Ertragshoheit uumlber die Grund- und Gewershy

besteuer an deren Aufkommen aber Bund und Laumlnder durch eine Umlage beteiligt werden

sowie die Ertragshoheit uumlber die oumlrtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern sofern diese

nicht nach Maszliggabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbaumlnden zusteht (Art 1 06

Abs 6 GG) Wie der kommunale Finanzausgleich konkret ausgestaltet wird unterliegt der

Entscheidung des Landesgesetzgebers Ihm steht dabei angesichts desmiddot lneinandergreifens

von landesrechtliehen und grundgesetzliehen Finanzausgleichsvorschriften durch welche

den Gemeinden unmittelbar Steuerertraumlge zugewiesen werden sowie der Einbindung des

kommunalen Finanzausgleichs in die gesamte Haushaltswirtschaft und -planung des Landes

ein weiter Gestaltungsspielraum zu (LVerfG Urt v 16022010 aaO 361 374 mwN)

222 Im Rahmen dieses Gestaitungsspielraums hat der Landesgesetzgeber einen intershy

kommunalen horizontalen Finanzausgleich geschaffen der verfassungsrechtlich nicht zu beshy

anstanden ist

2221 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip unter dem Geshy

sichtpunkt des Verbots der echten Ruumlckwirkung soweit Steuereinnahmen aus dem Bereich

der Realsteuern des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer und des Gemeindeanteils

aus der Umsatzsteuer aus Vorvorjahreszeitraumlumen fuumlr die Berechnung der Finanzkraftumlashy

ge herangezogen werden

22211 Das Rechtsstaatsprinzip gehoumlrt zu den Vorschriften des Grundgesetzes und der

Landesverfassung die das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mit zu bestimshy

- 16 shy

men geeignet sind Es gehoumlrt damit auch zum Pruumlfungsmaszligstab der kommunalen Verfasshy

sungsbeschwerde Mit der Idee des Rechtsstaats ist der Gedanke der Dauerhaftigkeit und

Unverbruumlchlichkeil von Recht eng verbunden Der Rechtsgrundsatz der Rechtssicherheit

verlangt objektiv ein Mindestmaszlig an Kontinuitaumlt des Rechts vor allem fuumlr die Modalitaumlten

seiner Aumlnderung um die Verlaumlsslichkeit der Rechtsordnung zu erhalten Rechtssicherheit

bedeutet subjektiv in erster Linie Vertrauensschutz Es gibt aber kein schutzwuumlrdiges Vershy

trauen in den Fortbestand einer guumlnstigen Rechtslage Verfassungsrechtlich problematisch

sind Regeln die ruumlckwirkend belasten weil sie auf vergangene Sachverhalte Bezug nehshy

men

2 2212 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das grundsaumltzliche Verbot der echten

Ruumlckwirkung Eine echte Ruumlckwirkung liegt naumlmlich erst dann vor wenn (1) ein Gesetz

nachtraumlglich aumlndernd in abgewickelte der Vergangenheit angehoumlrende Tatbestaumlnde einshy

greift wenn also der von der Ruumlckwirkung betroffene Tatbestand in der Vergangenheit nicht

nur begonnen hat sondern bereits abgeschlossen war und (2) die tatbestandliehe Ruumlckanshy

knuumlpfung auch zu abgeschlossenen Rechtsfolgen vor der Verkuumlndung der gesetzlichen Reshy

gelung gefuumlhrt hat d h dass die Rechtsfolgen des neuen Gesetzes fuumlr einen vor der Vershy

kuumlndung liegenden Zeitpunkt auftreten sollen und nicht erst fuumlr die Zeit ab Verkuumlndung der

Norm (vgl Urt des LVerfG v 16022010 aaO 376 mwN) sect 12 Abs 3 FAG 2013 knuumlpft

bei der Bemessung der Finanzkraftumlage nachsect 29 FAG 2013 zwar an in der Vergangenshy

heit bereits abgeschlossene Tatbestaumlnde (Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren 2009

und 2010) an die Finanzkraftumlage wird erstmalig aber nach dem lnkrafttreten des FAG

2013 fuumlr die aktuelle Finanzkraft des Jahres 2013 erhoben die lediglich aus den Steuereinshy

nahmen der Jahre 2009 und 2010 ermittelt wird

222 i 3 Unabhaumlngig davon ob man das Anknuumlpfen bei der Berechnung der Finanzkraftumshy

lage an Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren vor der erstmaligen Erhebung der Umlashy

ge (in Sachsen-Anhalt an die Jahre 2009 bis 2012) als eine unechte Ruumlckwirkung bezeichnet

(so LVerfG MV Urt v 26012012 - 3310 - RdNr 107 juris) oder wie der Verfassungsgeshy J

richtshof des Freistaates Sachsen (Urt v 26082010- Vf 129-VIII-09 - RdNr 101 juris) I annimmt dass in dem Ruumlckgriff auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltnissen der Vorjahre

keine Ruumlckwirkung gegeben sei weil die Finanzkraftumlage die aktuelle Steuerkraft und die

der Vorjahre abschoumlpfen will kann das Anknuumlpfen an die vorvergangenen Jahre bei der Beshyf

rechnung der Finanzkraftumlage nicht als verfassungswidrig angesehen werden

IDabei ist zum einen zu beruumlcksichtigen dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfasshy 1

sungsgerichts im Beschluss vom 14051986 (2 Bvl 283 Absatz-Nr 92 juris) davon auszushy

- 17 shy

gehen ist dass eine Einordnung unter den Oberbegriff Ruumlckwirkung im weitesten Sinne

keinerlei verfassungsrechtliche Maszligstaumlbe aufzuzeigen vermag

Zum anderen besteht unter den Landesverfassungsgerichten Einigkeit daruumlber dass die Beshy

rechnung der Umlage anhand der Steuereinnahmen der vorvergangenen Jahre - unabhaumlnshy

gig davon ob man darin eine unechte Ruumlckwirkung sieht oder nicht- im Rahmen des Vershy

haumlltnismaumlszligigkeitsgrundsatzes unter dem Blickwinkel der Sachgerechtigkeit des gewaumlhlten

Maszligstabs und unter dem Gesichtpunkt des Vertrauensschutzes bewertet werden muss (vgl

SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO RdNrn 102 105 LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 106) Danach kann der Gesetzgeber auch dann wenn die Gesetzesaumlnderung

an sich verfassungsrechtlich zulaumlssig ist im Hinblick auf den Grundsatz der Verhaumlltnismaumlshy

szligigkeit verpflichtet sein eine angemessene Uumlbergangsregelung zu treffen Der Nachpruumlfung

durch das Landesverfassungsgericht unterliegt insoweit allerdings nur ob der Gesetzgeber

bei einer Gesamtabwaumlgung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der

Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gruumlnde unter Beruumlcksichtigung aller Umstaumlnde die

Grenze der Zumutbarkeit uumlberschritten hat (so auch LVerfG MV Urt v 26012012 aaO

RdNr 106 mwN)

Gegen die grundsaumltzliche Tauglichkeit des Maszligstabs bestehen keine Bedenken Hinter ihm

steht die Erwartung dass sich die Haushaltszahlen im aktuellen Jahr in etwa im Rahmen der

bekannten Daten entwickeln werden

Im Rahmen der gebotenen Abwaumlgung ist zu beruumlcksichtigen dass der Landesgesetzgeber

bereits 1999 und 2007 die Einfuumlhrung eines interkommunalen Finanzausgleichs fuumlr verfasshy

sungsrechtlich dringend geboten gehalten und 2010 nur deshalb zunaumlchst auf die Erhebung

der Umiage verzichtet hat weii er keine einfache Moumlglichkeit gesehen hatte die Vorgaben

des Landesverfassungsgerichts aus dem Urteil vom 16022010 umzusetzen Bereits in dem

am 13042011 geschlossenen Koalitionsvertrag haben die regierungsbildenden Koalitionaumlra

festgeschrieben dass das bestehende System des kommunalen Finanzausgleichs fuumlr das

Jahr 2012 fortgeschrieben werden solL lnfolge dieser Absicht sollte ein Gutachter auch eine

verfassungskonforme Loumlsung zur Erhebung einer Umlage zur Angleichung der Finanzkraft

zwischen armen und reichen Kommunen finden Bei dieser Sachlage kann nicht davon

ausgegangen werden dass die Kommunen vor der Wiedereinfuumlhrung der Finanzkraftumlage

im Jahre 2013 darauf vertrauen durften von einer solchen Abgabe verschont zu bleiben

Das Landesverfassungsgericht hat sowohl bereits in seinem Urteil vom 13062006 als auch

in seinem Urteil vom 16022010 ausgefuumlhrt dass eine interkommunale Finanzkraftumlage

- 18shy

grundsaumltzlich mit der Landesverfassung vereinbar ist nur nicht deren konkrete Ausgestalshy

tung durch das jeweilige FAG

Ferner ist zu beruumlcksichtigen dass ein allgemeiner Vertrauensschutz auf den Fortbestand

der bisherigen Strukturen des Finanzausgleichs grundsaumltzlich nicht besteht was auch einen

Schutz des Vertrauens auf die Nichteinfuumlhrung neuer finanzausgleichsrechtlicher Instrumenshy

te ausschlieszligt Die Garantie der Selbstverwaltung verleiht den Gemeinden keinen verfasshy

sungsrechtlichen Anspruch auf Beibehaltung einer einmal erreichten Struktur des Finanzshy

ausgleichs Vielmehr steht es dem Gesetzgeber frei veraumlnderte Rahmenbedingungen neue

Erkenntnisse und gewandelte Praumlferenzvorstellungen bei der jaumlhrlichen Regelung des komshy

munalen Finanzausgleichs zu beruumlcksichtigen (so auch LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 109 mwN SaumlchsVerfGH Urt v 28082010 aaO RdNL 1 05)

Etwas anderes folgt auch nicht daraus dass es den betroffenen Gemeinden im Jahre 2013

tatsaumlchlich nicht mehr moumlglich war fuumlr die vorvergangenen Jahre im Hinblick auf die Finanzshy

ausgleichsumlage Dispositionen zu treffen indem sie ihr Ausgabeverhalten geaumlndert oder

die Hebesaumltze insbesondere fuumlr die Gewerbesteuer an der Umlage ausgerichtet haumltten Der

Umstand dass bei der Berechnung der Umlagenhoumlhe auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltshy

nissen der vorvergangenen Vorjahre zuruumlckgegriffen wird aumlndert nichts daran dass die Reshy

gelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht die Steuerkraft der abgeschlossenen Vorjahre sonshy

dern die jeweils aktuelle Steuerkraft im Auge hat

Dass sowohl Zuweisungen des Landes als auch zu erhebende Umlagen nicht an das laushy

fende Steueraufkommen des aktuellen Jahres anknuumlpfen koumlnnen ist systemimmanent weil

verlaumlssliche Finanzdaten immer erst mit zeitlicher Verzoumlgerung feststehen Die damit notshy

wendig verbundenen Unschaumlrfen sind hinzunehmen insoweit kann fuumlr die Finanzkraftumiashy

ge nichts anderes gelten als z B fuumlr die Kreisumlage Der Gesetzgeber ist daher daran geshy

bunden das einmal gewaumlhlte System auch auf die Finanzkraftumlage anzuwenden (so

schon LVerfG Urt v 13062006 aaO S 475)

Eine theoretische Alternative waumlre zwar ein Finanzausgleichssystem das zunaumlchst mit

Schaumltzwerten fuumlr das laufende Jahr arbeitet die fortlaufend an die tatsaumlchlichen Daten anshy

gepasst werden Letztlich muumlsste dann zum Abschluss eine Spitzabrechnung durchgefuumlhrt

werden Eine verlaumlssliche Finanz- Ausgaben- und Haushaltswirtschaft der Gemeinden waumlre

damit allerdings praktisch kaum zu leisten (so auch SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO

RdNr 103 unter Hinweis auf BVerfG Urt v 24061986- 2 BvF 1 5 683 184 und 1 285

- BVerfGE 72 330 400)

19 shy

22214 Im Uumlbrigen ermoumlglichtsect 12 Abs 4 FAG 2013 in der zweijaumlhrigen Uumlbergangszeit in

der Steuereinnahmen aus der Zeit vor lnkrafttreten des Gesetzes in die Berechnung der Fishy

nanzkraft einflieszligen fuumlr den Fall dass die fuumlr die spaumltere Zahlung der Finanzkraftumlage

benoumltigten Betraumlge nicht sofort einer Ruumlckstellung zugefuumlhrt wurden eine Befreiung von der

Verpflichtung zur Zahlung der Finanzkraftumlage wenn es in einem nachfolgenden Jahr zu

einem Einbruch des Gewerbesteueraufkommens kommt die Kommune nicht uumlber ausreishy

chende Ruumlcklagen bzw freie liquide Mittel verfuumlgt und sie die Verpflichtung zur Abfuumlhrung

der Finanzkraftumlage vor Probleme stellt sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 verstoumlszligt

nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz Kernelement des Rechtsstaatsprinzips ist dass alshy

le materiellen Rechtsnormen mit Regelungsanspruch dem Rechtsunterworfenen gegenuumlber

diesem die Moumlglichkeit einraumlumen sein Verhalten auf die Rechtsnorm einzurichten Schon

nach allgemeinen rechtsstaatliehen Regeln verlangt der Bestimmtheitsgrundsatz gesetzliche

Tatbestaumlnde so praumlzise zu formulieren dass ein Normadressat sein Handeln kalkulieren

kann weil die Folgen der Regelung fuumlr ihn voraussehbar und berechenbar sind Dies bedeushy

tet zwar nicht dass die Norm uumlberhaupt keine Auslegungsprobleme aufwerfen darf Dem

Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genuumlgt wenn diese mit herkoumlmmlichen juristischen

Methoden bewaumlltigt werden koumlnnen Es muss auch verlangt werden dass der Gesetzgeber

wenigstens seinen Grundgedanken das Ziel seines gesetzgeberischen Wollens deutlich

macht Allen Bestimmtheitsanforderungen ist gemeinsam dass der Grad der Bestimmtheit

von den jeweiligen sachlichen Eigenarten des Regelungsgegenstandes abhaumlngt Stets sind

Rechtsvorschriften so genau zu fassen wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden leshy

benssachverhalte und mit Ruumlcksicht auf den Normzweck moumlglich ist (vgl Urt des l VerfG v

16022010 aaO 381 mwN)

sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 haumllt diesen Anforderungen stand Bei der Regelung

handelt es sich nicht um eine Ermessensvorschrift sondern um eine gebundene Entscheishy

dung mit unbestimmten Rechtsbegriffen auf der Tatbestandsebene Die in sect 17 Abs 1 FAG

2013 verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe auszligergewoumlhnliche Belastungen Notlage

und besondere Haumlrte lassen sich durch Auslegung soweit konkretisieren dass sie selbst

dem Bestimmtheitsgebot des Art 103 Abs 2 GG genuumlgen wuumlrden Den Begriff Notlage deshy

finiert sect 17 Abs 1 S 2 FAG 2013 indem es dort heiszligt Als Notlage gilt insbesondere der

Fall dass die Einnahmemoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren

Ausgabeverpflichtungen nicht ausreichen Der Begriff der auszligergewoumlhnlichen Belastung

ist ein im Steuer- und Sozialrecht (vgl zB sect 33 des Einkommensteuergesetzes - EStG shy

oder im Sozialrecht zB sect 27 Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung- SchwbAV)

verwendeter Begriff der durch den Bundesgesetzgeber und die Rechtsprechung hinreichend

- 20 shy

konkretisiert ist Eine auszligergewoumlhnliche Belastung ist dadurch gekennzeichnet dass einem

Pflichtigen immer dann wenn er zwangslaumlufig groumlszligere Aufwendungen als die uumlberwiegende

Mehrzahl der Pflichtigen gleicher Einkommensverhaumlltnisse und gleicher Vermoumlgensverhaumlltshy

nisse erbringen muss der Teibull der Aufwendungen ermaumlszligigt wird der die dem Pflichtigen

zurnutbare Belastung uumlbersteigt (sect 33 Abs 1 EStG) Aufwendungen erwachsen dem Pflichtishy

gen nur zwangslaumlufig wenn er sich ihnen aus rechtlichen tatsaumlchlichen oder sittlichen

Gruumlnden nicht entziehen kann Das ist der Fall wenn die Gruumlnde der Zwangslaumlufigkeit derart

von auszligen auf die Entschlieszligung des Pflichtigen einwirken dass er ihnen nicht ausweichen

kann er also tatsaumlchlich keine Entscheidungsfreiheit hat bestimmte Aufwendungen vorzushy

nehmen oder zu unterlassen Liegt eine maszliggeblich vom menschlichen Willen beeinflusste

Situation vor so handelt es sich dagegen um keine Zwangslage in diesem Sinne von sect 33

Abs 1 EStG (vgl BFH Urt v 17072014- VI R 4213- RdNr 13- juris) Auch der Begriff

der besonderen Haumlrte ist ein im Verwaltungs- und Sozialrecht insbesondere bei Billigkeitsshy

entscheidungen haumlufig verwendeter unbestimmter Rechtsbegriff der eine hinreichende Konshy

kretisierung durch die fachgerichtliche Rechtsprechung erfahren hat Der Begriff der besonshy

deren Haumlrte ist ein durch die Fachgerichte voll uumlberpruumlfbarer Rechtsbegriff (vgl BVerwG

Urt v 29031979- 2 C 1677 - Buchholz 2384 sect 46 SG Nr S 52) Durch Bestimmungen

die diesen Begriff verwenden sollen unzumutbare Belastungen vermieden werden Der Geshy

setzgeber fuumlhrt regelmaumlszligig eine Haumlrtevorschrift ein um von den Regelvorschriften nicht ershy

fassten Ausnahmefaumlllen und Grenzsituationen Rechnung tragen zu koumlnnen (vgl BVerwG

Urt v 11021977-6 C 10574- RdNr 28- juris)

Ob bei Anwendung der Befreiungsregelung dessect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 durch

die Exekutive den abundanten Gemeinden angesichts ihrer hohen Gewerbesteuershy

einnahmen in der Vergangenheit abverlangt werden kann ROcklagen aus vergangenen Jahshy

ren einzusetzen oder Kassenkredite aufzunehmen betrifft die Rechtsanwendung und ist von

der Fachgerichtsbarkeit zu klaumlren

2222 Soweit die Beschwerdefuumlhrerin unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Landesshy

verfassungsgerichts im Urteil vom 16022010 geltend macht die Finanzkraftumlage sei

deshalb verfassungswidrig weil sie auf der Landkreisebene bei nicht abundanten Landkreishy

sen durch die Heranziehung einer abundanten Gemeinde zur Finanzkraftumlage eine Schatshy

tenwirkung herbeifuumlhre die dazu fuumlhre dass im Ergebnis dieser Schattenwirkung die Fi-middot

nanzkraftumlage den nicht abundanten Landkreis treffe vermag sie damit die Verfassungsshy

widrigkeit von sect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht zu begruumlnden weil dieser Entscheidung ein anshy

ders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag

- 21 shy

ln sect 16 Abs 2 FAG 2007 war vorgesehen dass ab dem 01 01 2008 eine Kuumlrzung der Beshy

messungsgrundlage der Kreisumlage um die Finanzkraftumlage vorzunehmen war Der Geshy

setzgeber des FAG 2007 hatte dadurch eine Kuumlrzung der Steuerkraftmesszahl um die abzushy

fuumlhrende Finanzkraftumlage als Berechnungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage vorgenommen

Damit konnte fuumlr das Finanzausgleichsmodell das dem FAG 2007 zugrunde lag die Kreisshy

umlagebelastung fuumlr die von der Finanzkraftumlage belasteten Gemeinden spuumlrbar verrinshy

gert werden Um den Eingriff in das Kreisumlagegefuumlge des betroffenen Landkreises abzushy

mildern hatte der Gesetzgeber den Abzug der Finanzkraftumlage zugleich bei der Ermittlung

der Umlagekraftmesszahl der Landkreise (sect 9 FAG 2007) zu beruumlcksichtigen Damit verminshy

derte sich nicht nur die Steuerkraftmesszahl als Bemessungsgrundlage der Kre isumlage

sondern auch als Bemessungsgrundlage fuumlr die Houmlhe der allgemeinen Zuwendungen fuumlr die

Landkreise Dies fuumlhrte dazu dass die Landkreise mit abundanten Gemeinden die wegen

einer houmlheren Umlagekraft an sich weniger allgemeine Zuweisungen erhielten mehr erhielshy

ten Da das Land den Betrag der allgemeinen Zuweisungen an die Landkreise allerdings unshy

veraumlndertmiddot belassen hatte fuumlhrte dies aber dazu dass die anderen Landkreise ohne abunshy

dante Gemeinden weniger allgemeine Zuweisungen erhielten Nur diese Regelung des sect 16

Abs 2 FAG 2007 hat das Landesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 16022010 als eishy

nen verfassungswidrigen Eingriff des Landesgesetzgebers in die Finanzhoheit der Landkreishy

se angesehen Auch die weiteren Ausfuumlhrungen des Landesverfassungsgerichts im Urteil

vom 16022010 beziehen sich auf die beanstandete Regelung dessect 16 Abs 2 FAG 2007

Mit sect 12 FAG 2013 hat der Gesetzgeber ein neues Modell fuumlr die Erhebung der Finanzshy

kraftumlage eingefuumlhrt Dieses Modell stellt sich wie folgt dar Der Gesetzgeber hat das Moshy

dell der sog Abundanzumlage (sect 19a FAG 2005 FAG 2007) bei der eine normierte Steuershy

kraft mit einem normierten Bedarf verglichen wird und fuumlr den Fall dass die Steuerkraft den

Bedarf uumlbersteigt (Abundanz) die Moumlglichkeit eines Zugriffs auf einen gewissen Prozentsatz

des abundanten Teils besteht aufgegeben und nunmehr den Finanzausgleich unter den

steuerstarken und steuerschwachen kreisangehoumlrigen Gemeinden nach einem anderen Moshy

dell vorgenommen das nicht nur die beschriebene uumlberschieszligende Steuerkraft fuumlr die Beshy

rechnung der Umlage heranzieht sondern in Anlehnung an eine entsprechende Regelung in

Baden-Wuumlrttemberg eine breitere Bemessungsgrundlage waumlhlt

Gemaumlszlig sect 12 Abs 2 S 4 und 5 FAG 2013 wird nunmehr fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden

ein Ausgleichsverfahren als Rechenschritt bei der Ermittlung der endguumlltigen Schluumlsselshy

zuweisung durchgefuumlhrt Dabei wird die Schluumlsselzuweisung A mit beruumlcksichtigt Bei der

Schluumlsselzuweisung A wird nach sect 12 Abs 2 S 5 FAG 2013 allen kreisangehoumlrigen Geshy

meinden deren Steuerkraft je Einwohner 80 vH des Durchschnitts aller Gemeinden untershy

- 22shy

schreitet die Differenz der eigenen Steuerkraft zu 80 vH der durchschnittlichen Steuerkraft

zu 80 vH ausgeglichen Diese Schluumlsselzuweisung bewirkt eine dem Finanzausgleich der

Regelungen des FAG 2005 und des FAG 2007 noch unbekannte Verlagerung unter allen

Zuweisungsempfaumlngern also allen nicht abundanten Gemeinden zugunsten der steuershy

schwachen Gemeinden und zurasten der mehr steuerstarken Gemeinden Die abundanten

Gemeinden die keine Zuweisungsempfaumlnger sind werden hierdurch noch nicht belagttet Ihshy

re Belastung erfolgt erst durch die Regelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 Danach zahlen alie

kreisangehoumlrigen Gemeinden also sowohl die Zuweisungsempfaumlnger als auch die abundanshy

ten Gemeinden eine Umlage von 10 vH der Summe aus der Steuerkraftmesszahl fuumlr Geshy

meinden gemaumlszligsect 14 FAG 2013 und den Schluumlsselzuweisungen A und B also ihrer gesamshy

ten Finanzkraft Uumlber sect 14 Abs 3 Nr 2 FAG 2013 geraten ua die Gewerbeshy

steuereinnahmen der abundanten Gemeinden in Houmlhe von 10 vH in diesen Finanzkraftumshy

lagetopf Dieser Umlagetopf erhoumlht gem sect 12 Abs 3 S 2 FAG 2013 die Finanzmasse fuumlr die

Schluumlsselzuweisung B

Diese veraumlnderte Schluumlsselzuweisung B wird dann nach der Regelung des sect 12 Abs 2 S 6

FAG auf die Schluumlsselzuweisungsempfaumlnger umgelegt Gemaumlszlig sect 19 Abs 2 FAG flieszligt die

zuletzt genannte Schluumlsselzuweisung an die kreisangehoumlrigen Gemeinden zwar in die Kreisshy

umlagenberechnung ein Da sich die Bemessung der Kreisumlage aus der Steuerkraft und

den Schluumlsselzuweisungen fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden zusammensetzt wird die

Finanzkraftumlage somit auch zum Abzugsposten bei der Bemessungsgrundlage der Kreisshy

umlage Diese Einbeziehung der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Finanzkraftshy

umlage in die Kreisumlagenberechnung stellt indes keinen Eingriff in die ebenfalls verfasshy

sungsrechtlich geschuumltzte Finanzhoheit der Landkreise dar

Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumiage unterscheidet sich im Hinblick auf die Ebeshy

nentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren vom Landesverfassungsgericht beanstandeten

Finanzkraftumlage Letztere floss dem Ausgleichsstock zu so dass sie den Landkreisen als

Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgesamt verloren ging Demgegenuumlber wird

durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgeshy

samt nicht geschmaumllert

Das Landesverfassungsgericht hat weder heute noch hatte es im Urteil vom 16022010 Beshy

denken dagegen dass uumlber die vorgelagerten Regelungen zur Bestimmung der Steuerkraftshy

messzahl und zur Festlegung der Schluumlsselzuweisungen der Gemeinden zugleich die Beshy

messungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage festgelegt wird Dass jede Aumlnderung der Finanzshy

ausstattung der kreisangehoumlrigen Gemeinden zwangslaumlufig auch zu Verlagerungen bei der

- 23shy

Finanzausstattung der Landkreise fuumlhrt verstoumlszligt als solches nicht gegen die Landesverfasshy

sung Dies gilt auch fuumlr die neu eingefuumlhrte Vorabverteilung der Schluumlsselmasse A zugunsshy

ten der finanzschwachen Kommunen Sie fuumlhrt zu keinen Veraumlnderungen bei der Gesamtshy

summe der Umlagekraftmesszahlen der Landkreise hat aber Verschiebungen zwischen den

einzelnen Landkreisen zur Folge Die jetzige gesetzliche Regelung stellt sicher dass die jeshy

weiligen Gesamtsummen der beiden Komponenten der Finanzausstattung der Landkreise

durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnderung erfahren Der Gesamtbemessungsgrundiashy

ge fuumlr die Kreisumlage werden durch die Verschiebungen zwischen den Kommunen keine

Betraumlge entzogen Da es keine abundanten Landkreise gibt ergeben sich auch keine Ausshy

wirkungen auf die Gesamthoumlhe der Schluumlsselzuweisungen die die Landkreise vom Land ershy

halten

Waumlhrend die Gesamtausstattung der Landkreise durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnshy

derung erfaumlhrt ergeben sich - dies raumlumt die Landesregierung selber ein - allerdings gerinshy

ge Verlagerungseffekte zwischen den einzelnen Landkreisen Diese Verlagerungseffekte

sind indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

Den Anspruch auf angemessene Finanzausstattung der Landkreise darf der Gesetzgeber

einschraumlnken soweit andere Interessen von Verfassungsrang dies rechtfertigen Nicht nur

der horizontale gemeindliche sondern auch der uumlbergemeindliche Finanzausgleich ist von

dem Grundsatz der interkommunalen Solidaritaumlt gepraumlgt (LVerfG Urt v 13062006-705shy

LVerfGE 17 410 429 NdsStGH NdsVBL 2001 184 188) Der Gedanke der interkommushy

nalen Solidaritaumlt umfasst - wie die Kreisumlage zeigt - auch die ausgleichenden Finanzshy

stroumlme zwischen der Gemeinde- und Kreisebene (vgL auch SaumlchsVerfG Urt v 29012010

- Vf 25-VIII-09 - RdNr 119 - juris unter Hinweis auf BVerfG Beschl v 07021991

- 2 BvL 2484 - BVerfGE 83 363 391f LVerfG MV Urt v 26012012- 1810 - RdNr

81) Haumltte der Gesetzgeber eine Verschiebung von finanzstarken zu finanzschwachen Landshy

kreisen mit einer eigenstaumlndigen Ausgleichsregelung herbeigefuumlhrt waumlre dies durch Art 88

ALs 2 S 1 LVerf gedeckt Nichts anderes gilt wenn derselbe Effekt mittelbar durch die vershy

fassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung zum Finanzkraftausgleich der Gemeinshy

den erreicht wird Der Ebene des einzelnen Landkreises steht dem Vertust an Bemessungsshy

grundlage durch die negative Schluumlsselzuweisung der abundanten Gemeinden (sofern keine

Befreiungen erteilt wurden) jeweils ein Gewinn an Bemessungsgrundlage durch die Erhoumlshy

hung der Schluumlsselzuweisung der uumlbrigen Gemeinden gegenuumlber Je nachdem welcher Efshy

fekt uumlberwiegt erhoumlhen oder vermindern sich die Einnahmen der jeweiligen Landkreise aus

der Kreisumlage durch die Finanzkraftumlage geringfuumlgig Diese Aumlnderung bei dem Aufshy

kommen an Kreisumlage ist aber nicht gleichzusetzen mit der Aumlnderung der Finanzkraft der

- 24shy

Landkreise Da es keine abundanten Landkreise gibt bekommen saumlmtliche Landkreise

Schluumlsselzuweisungen vom Land Der nicht bereits durch die Kreisumlage ausgeglichene

Finanzbedarf der Landkreise wird im Jahr 2013 zu 80 in den Folgejahren zu 90 ausgeshy

glichen Dieser Mechanismus bewirkt dass auch der noch nicht kompensierte Verlust an

Bemessungsgrundlage durch abundante Gemeinden zu 90 (bzw 2013 zu 80 ) ausgeshy

glichen wird Oie verbleibenden Differenzbetraumlge sind wirtschaftlich unbedeutend und vershy

fassungsrechtlich hinzunehmen (vgl auch LVerfG MV Urt v 2601 2012 - 3310 - RdNr

79- juris)

2223 Eine verfassungswidrige Schattenwirkung fuumlr weitere benachbarte kreisangehoumlrige

und nicht abundante Gemeinden laumlsst sich ebenfalls nicht feststellen Die finanzschwache

Nachbargemeinde profitiert direkt von der Finanzkraftumlage Die von der Beschwerdefuumlhreshy

rin beschriebene mittelbare Schattenwirkung durch die Moumlglichkeit einer Erhoumlhung der

Kreisumlage betrifft die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal und

muss daruumlber hinaus auch differenziert betrachtet werden Es besteht ein Unterschied ob

eine solche Kommune in einem Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft liegt Der

Landkreis mit niedriger Umlagekraft wird in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlashy

ge erheben waumlhrend der Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlshy

rigen Kommunen nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muss De facto verfuumlgen alshy

so die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verbleiben Die Finanzkraftshy

umlage mildert diesen Effekt unter Umstaumlnden geringfuumlgig ab Die nicht abundanten Komshy

munen in dem Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten eventuell dadurch beshy

lastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoben wuumlrde um den Verlust des

Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzkraftumlage zu kompensieren ln

dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saido von der Finanzkraftumlage profitiershy

ten erhoumlht sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass der Kreisumlagesatz sogar (geshy

ringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Daruumlber hinaus besteht eine Solidaritaumltsverpflichtung der Kreise gegenuumlber den kreisangeshy

houmlrigen Gemeinden die diese vor einer unangemessenen Erhoumlhung der Kreisumlage

schuumltzt (vgl Faber in HennekePuumlnderWaldhoff Recht der Kommunalfinanzen 2006 sect 34

RdNr 50)

3 Die Kostenentscheidung beruht auf sect 32 LVerfGG Gerichtskosten werden nicht erhoben

(Absatz 1) Gruumlnde fuumlr die Anordnung der Erstattung der notwendigen Auslagen der erfolglos

gebliebenen Beschwerdefuumlhrerin sind nicht ersichtlich (Abs 2 und 3)

- 25 shy

Dr Zettel GemmerSchubert Bergmann

Prof Or Kluth StallFranzkowiak

Page 2: URTEIL - Landesportal Sachsen-Anhalt

2shy

T a t b e s t a n d

Mit der kommunalen Verfassungsbeschwerde macht die Beschwerdefuumlhrerin geltend sect 12

Abs 3 des Gesetzes zur Abloumlsung des Finanzausgleichsgesetzes und zur Aumlnderung weiteshy

rer Gesetze vom 18122012 - FAG 2013- (GVBI S 641) verstoszlige gegen Art 2 Abs 3 i V

m Art 87 Abs 1 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt - LVerf - vom 16071992

(GVBI S 600)

Mit dem Finanzausgleichsgesetz Sachsen-Anhalt vom 01 072004 zog das Land die Komshy

munen deren Einnahmen den gesetzl ich normierten Finanzbedarf uumlberschritten erstmals zu

einer Finanzkraftumlage heran Die Bemessungsgrundlage der Umlage knuumlpfte allein an die

uumlberschieszligende Finanzkraft (Abundanz) an Hiergegen erhoben die Gemeinden Barleben

und Soumlssen Verfassungsbeschwerde zum Landesverfassungsgericht Mit Urteilen vom

13062006 wurde die Verfassungsshy

widrigkeit der seinerzeitigen Form der Umlage festgestellt

Der Gesetzgeber reagierte auf dieses Urteil indem er mit dem Zweiten Gesetz zur Aumlnderung

des Finanzausgleiches vom 20032007 eine Korrekturvorschrift einfuumlhrte Gegen das geaumlnshy

derte Gesetz erhob die Gemeinde ~rfolgreich erneut Verfassungsbeschwerde shy

Das Landesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 16022010 das geaumlnshy

derte Gesetz als nicht mit dem Bestimmtheitsgebot vereinbar angesehen so dass es nicht

geeignet sei als Korrekturvorschrift den mit dem vorangegangenen Urteil geruumlgten Systemshy

fehler der Finanzkraftumlage zu beseitigen

Da der Gesetzgeber keine einfache Moumlglichkeit sah den Vorgaben des Landesverfassungsshy

gerichts Rechnung zu tragen wurde durch Erlass des Innenministers vom 22042010 zushy

naumlchst auf die Erhebung der Umlage verzichtet und den Kommunen gestattet die fuumlr diese

Altj ahre gebildeten Ruumlckstellungen aufzuloumlsen ln dem Erlass wurde auch mitgeteilt dass

der Ausschuss des lnnern in seiner Sitzung vom 15042010 auch zu der Auffassung gelangt

sei gesetzgeberisch im Zusammenhang mit der Neuregelung des Finanzausshy

gleichsgesetzes zum 01012013 (fuumlr die Zukunft) taumltig werden zu wollen

Der Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD vom 1304201 1 fuumlr die Legislaturperiode

2011 bis 2016 sah vor das bestehende System des kommunalen Finanzausgleichs fuumlr das

Jahr 2012 fortzuschreiben fuumlr die Zeit danach jedoch auf der Grundlage eines unabhaumlngishy

gen Gutachtens bedarfsorientiert fortzuentwickeln Mit der Vergabe dieses Gutachtens war

auch der Auftrag verbunden eine verfassungskonforme Loumlsung zur Erhebung einer Umlage

- 3 shy

zur Angleichung der Finanzkraft zwischen armen und reichen Kommunen zu finden Das

am 23042012 veroumlffentlichte Gutachten empfahl (Ziffer 68) zur Vermeidung einer Nivellieshy

rung oder eines Rangplatztauschs eine Anlehnung an die Regelung in Baden-Wuumlrttemberg

Das dortige Finanzausgleichsgesetz sieht vor die Umlage nicht allein an der Houmlhe der

Abundanz sondern an der Houmlhe der Finanzkraft festzumachen Die beabsichtigte Finanzshy

kraftumlage wurde Mitte des Jahres 2012 unter anderem durch den Minister der Finanzen in

der Oumlffentlichkeit vorgestelit

Im weiteren Gesetzgebungsprozess orientierte sich der Gesetzesentwurf dem Vorschlag

des Gutachters folgend an einer Regelung in Baden-Wuumlrttemberg Es wurde als mit dem

Verfassungsauftrag aus Art 88 Abs 2 S 1 LVerf am Besten vereinbar angesehen an die

Finanzkraft und nicht allein an die Abundanz anzuknuumlpfen und einen gleitenden ziehshy

harmonikaartigen Ausgleich der Finanzausstattung der Kommunen zu schaffen Allerdings

entschied sich der Gesetzesentwurf fuumlr eine weitaus geringere Houmlhe der Umlage als in Bashy

den-Wuumlrttemberg und sah auch von einer gleitenden Anhebung der Umlagehoumlhe mit steishy

gender Steuerkraft ab Ein weiterer wesentlicher Unterschied der neuen Finanzkraftumlage

zur alten Finanzkraftumlage besteht darin dass die Mittel nicht dem Ausgleichsstock zuflieshy

szligen sondern unmittelbar im selben Verhaumlltnis wie die Schluumlsselzuweisungen auf die kreisshy

angehoumlrigen Kommunen verteilt werden Hierdurch soll verhindert werden dass sich durch

den Ausgleichsmechanismus die Gesamtbemessungsgrundlagen fuumlr die Kreisumlagen aumlnshy

dern Daruumlber hinaus wurde erneut eine Haumlrtefallklausel in den Gesetzentwurf aufgenomshy

men Hiermit sollte vor allem dem Umstand Rechnung getragen werden dass die Kommushy

nen nur begrenzt Zeit zur Bildung von Ruumlckstellungen hatten fuumlr den Fall dass keine ausshy

reichenden freien Mittel fuumlr die Umlage im laufenden Haushalt zur Verfuumlgung standen

Der Gesetzentwurf wurde nach geringfuumlgigen Aumlnderungen im Anhoumlrungsverfahren am

04092012 vom Kabinett beschlossen Am 18122012 wurde das Finanzausgleichsgesetz

vom Landtag beschlossen und trat zum 01 01 2013 in Kraft

Aufgrund der Revisionsklausel wurde das FAG 2013 durch Gesetz vom 18122013 fuumlr 2014

fortgeschrieben Dabei wurde auch die gesetzliche Umschreibung der Finanzkraftumlage

noch einmal angepasst ohne jedoch den Regelungsgehalt zu veraumlndern Die Befreiungsvorshy

schrift wurde dahingehend weiterentwickelt dass das Land nicht mehr zwingend in Vorleisshy

tung geht wenn der Befreiungsanspruch erst nach Festsetzung der Finanzkraftumlage durch

das Statistische Landesamt festgestellt wird Die derzeit guumlltige Regelung lautet

-4 shy

Finanzausgleichsgesetz (FAG 2013) vom 18122012 (GVBI S 641) in der Fassung vom

18122013 (GVBI S 552)

sect 12 Schluumlsselzuweisungen

(1) FDr die Erledigung der Aufgaben des eigenen Wirkungskreises erhalten die Gemeinden und Landshykreise SchlOssezuweisungen die sich fuumlr die Gemeinden in Abhaumlngigkeit von ihrer Steuerkraft geshymaumlszlig sect 14 und fuumlr die Landkreise in Abhaumlngigkeit von ihrer Umfagekraft gemaumlszlig sect 15 bemessen Aus dem fuumlr die Schluumlsselzuweisungen im Haushaltsjahr 2013 bereitgestellten Teil der Finanzausgleichsshymasse erhalten die kreisfreien Sttidte 233 444 041 Euro die Landkreise 160 242 079 Euro und die kreisangehoumlrigen Gemeinden 424 961 573 Euro Aus dem fuumlr die SchlOssezuweisungen im Hausshyhaltsjahr 2014 bereitgestellten Teil der Finanzausgleichsmasse erhalten die kreisfreien Staumldte 229 398 683 Euro die Landkreise 164 955 692 Euro und die kreisangehoumlrigen Gemeinden 394 669 321 Euro

(2) Schluumlsselzuweisungen werden geleistet wenn die Steuerkraftmesszahl oder die Umlagekraftshymesszahl hinter der Bedarfsmesszahl zurackbleibt Dieser Unterschiedsbetrag wird bei den kreisfreien Staumldten zu 70 v H ausgeglichen Landkreise erhalten im Haushaltsjahr 2013 einen Ausgleich von 80 v H und im Haushaltsjahr 2014 von 90 v H Bei den kreisangehoumlrigen Gemeinden erfolgt der Ausshygleich in einem mehrstufigen Verfahren ln einem ersten Schritt wird bei den Gemeinden deren Steushyerkraft je Einwohner 80 v H des Durchschnitts aller kreisangehoumlrigen Gemeinden unterschreitet die Differenz der eigenen Steuerkraft zu 80 v H der durchschnittlichen Steuerkraft zu 80 v H ausgeglishychen (SchlOssezuweisung A) ln einem zweiten Schritt erfolgt der Ausgleich zwischen der Bedarfsshymesszahl und der um die Schluumlsselzuweisung A erhoumlhten Steuerkraftmesszahl zu 70 v H (SchlOsshysezuweisung 8)

(3) Zur Milderung der Unterschiede in der Finanzkraft zahlen kreisangehoumlrige Gemeinden eine Umlashyge von 10 v H der Summe aus der Steuerkraftmesszahl fOr Gemeinden gemaumlszlig sect 14 und den SchlOssezuweisungen A und B Zur Verteilung der Umlage wird die Finanzmasse fOr die Schluumlsselshyzuweisungen B um die Umlagemasse nach Satz 1 erMht und anschlieszligend eine Neuberechnung entshysprechend Absatz 2 Satz 6 vorgenommen Ergeben sich nach den Berechnungen nach Satz 1 und 2 negative SchlOssezuweisungen sind diese in gleich groszligen Teilbetraumlgen zu den Terminen nach Abshysatz 5 an das Land abzufahren Die auf Grundlage dieses Absatzes ergehenden Verwaltungsakte sind sofort vollziehbar

(4) Soweit eine kreisangeh6rige Gemeinde wegen des Umlageverfahrens nach Absatz 3 Mittel aus dem Ausgleichsstock erhalten muumlsste wird sie von der Zahlung auf Antrag befreit Wird der Anspruch auf Befreiung erst nachtrtiglich festgestellt kann das Land mit Mitteln des Ausgleichsstocks in Vorleisshytung treten und auf eine Aumlnderung der Bescheide der Dbrigen Gemeinden und Landkreise fDr das jeshyweilige Haushaltsjahr verzichten Ist das Land in Vorleistung getreten erhaumllt es diese Betraumlge bei der naumlchsten DurchfOhrung des Umlageverfahrens durch einen Vorwegabzug aus der Umlagemasse ershystattet

(5) Die Auszahlung erfolgt in Raten zum 10 der Monate Februar April Juni August Oktober und Deshyzember eines jeden Jahres

sect 13 IBedarfsmesszahl

(1) Die Bedarfsmesszahl ergibt sich aus dem Produkt des Gesamtansatzes nach Absatz 2 und dem Grundbetrag nach Absatz 3

(2) Der Gesamtansatz wird fOr kreisfreie Staumldte kreisangeMrige Gemeinden und Landkreise wie folgt Igebildet

I1 Bei den kreisfreien Staumldten entspricht der Hauptansatz der Einwohnerzahl Der Nebenansatz U6 wird aus der jeweiligen Anzahl der Kinder bis sechs Jahre multipliziert mit dem Faktor 28 gebildet l Die Summe beider Ansaumltze bildet den Gesamtansatz

I

-5 shy

2 Bei den kreisangehoumlrigen Gemeinden wird als Hauptansatz der Wert bezeichnet der sich aus dem Produkt der Einwohnerzahl einer Gemeinde und der Hauptansatzstaffel einschlieszliglich des Zentralishytaumltszuschlages nach Satz 5 ergibt Die Hauptansatzstaffel betraumlgt bei Gemeinden bis 7 999 Einwohshyner 100 v H mit 8 000 bis 24 999 Einwohner 102 bis 112 v H und mit 25 000 bis 60 000 Einwohner 113 bis 130 v H Zwischenwerte werden bis zur zweiten Stefle nach dem Komma gerundet Bei Mitshygliedsgemeinden von Verwaltungsgemeinschaften und Verbandsgemeinden richtet sich die Hauptanshysatzstaffel der einzelnen Gemeinde nach der Gesamtsumme der Einwohner der ihnen jeweils zugehoumlshyrigen Gemeinden Gemeinden mit der Funktion eines Mittelzentrums erhalten einen Zentralitaumltszushyschag von 20 v H Der Nebenansatz U6 wird aus der jeweiligen Anzahl der Kinder bis sechs Jahre geuildet multipliziert mit dem Faktor 6 7 Die Summe derAnsaumltze bildet den Gesamtansatz

3 Bei den Landkreisen entspricht der Gesamtansatz der Einwohnerzahl

(3) Der Grundbetrag wird auf fuumlnf Stellen hinter dem Komma so festgesetzt dass die zur Verfuumlgung stehende Finanzmasse so weit wie rechnerisch moumlglich aufgebraucht wird

sect 14 Steuerkraftmesszahl fuumlr Gemeinden

(1) Die Ermittlung der Steuerkraftmesszahl fuumlr kreisfreie Staumldte und kreisangehoumlrige Gemeinden ershyfolgt jeweils gesondert

(2) Die Steuerkaftmesszahfen werden berechnet indem die Steuerkraftzahlen der Grundsteuer A und B der Gewerbesteuer der Gemeindeanteile an der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer zusamshymengezaumlhlt werden

(3) Die Steuerkraftzahl einer Gemeinde wird wie folgt ermittelt

1 Bei der Grundsteuer A und B wird das jeweilige Ist-Aufkommen im vorvergangenen Jahr durch den jeweiligen Hebesatz geteilt Die sich daraus ergebenden Ausgangsbetraumlge werden mit dem gewogeshynen Durchschnitt der Hebesaumltze der jeweiligen Steuerart multipliziert

2 Bei der Gewerbesteuer wird das Ist-Aufkommen im vorvergangenen Jahr durch den Hebesatz geshyteilt Der sich daraus ergebende Ausgangsbetrag wird mit dem gewogenen Durchschnitt der Hebesaumltshyze multipliziert Von dem Ergebnis wird die im vorvergangenen Jahr erhobene Gewerbesteuerumlage abgezogen

3 Steuerkraftzahlen der Gemeindeanteile an der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer sind die jeweiligen Ist-Aufkommen im vorvergangenen Jahr

(4) Fuumlr Gemeinden mit vertraglich vereinbarten unterschiedlichen Realsteuerhebesaumltzen in ihren Ortsteilen werden getrennt fuumlr jede Steuerart zunaumlchst die Ausgangsbetraumlge fuumlr jeden Ortsteil errechshynet und zur jeweiligen Gemeinde summiert (5) Teilen sich Gemeinden Gewerbesteueraufkommen kann aufgemeinsamen Antrag die Steuerkraft unter Beruumlcksichtigung des vertraglich vereinbarten Aufteilungsverhaumlltnisses berechnet werden

sect 15 Umlagekraftmesszahl fuumlr Landkreise

Die Umlagekraftmesszahl der Landkreise betraumlgt 40 v H von

1 den Steuerkraftmesszahlen der kreisangehoumlrigen Gemeinden gemaumlszlig sect 14 und

2 den SchlOssezuweisungen der kreisangehoumlrigen Gemeinden gemaumlszlig sect 3 Nr 4 Buchst b

-6shy

sect 17 Ausgleichsstock

(1) Aus dem Ausgleichsstock werden Bedarfszuweisungen zur Milderung oder zum Ausgleich auszligershygewoumlhnlicher Belastungen und Notlagen im Haushalt der Kommunen erbracht Als Notlage gilt insbeshysondere der Fall dass die Einnahmemoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren Ausgabeverpflichtungen nicht ausreichen Daneben dient er der Vermeidung besonderer Haumlrten bei der Durchfuumlhrung dieses Gesetzes Dem Ausgleichsstock werden im Haushaltsjahr 2013 Mittel in Houmlshyhe von 3 785 050 Euro und im Haushaltsjahr 2014 Mittel in Houmlhe von 3 273 180 Euro zur Aufstockung der SchlOssezuweisungen fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden entnommen Fuumlr die kreisfreien Staumldshyte und Landkreise erfolgt ein Ausgleich durch Mittel des Ausgleichsstocks soweit die Nettoausgaben nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in den Haushaltsjahren 2013 und 2014 die des Haushaltsjahshyres 2011 jeweils Obersteigen Dabei ist fuumlr die Haushaltsjahre 2013 und 2014 die bereits beruumlcksichshytigte Preis- und Bevoumllkerungsentwicklung bei der Bedarfsermittlung in Abzug zu bringen

(2) Leistungen aus dem Ausgleichsstock koumlnnen auf Antrag gewaumlhrt werden Sollen die Leistungen aus dem Ausgleichsstock dem Ausgleich von Haushaltsfehlbetraumlgen dienen ist dem Antrag ein von der Vertretungskoumlrperschaft beschlossenes Haushaltskonsolidierungskonzept beizufuumlgen

(3) Ein Rechtsanspruch auf Gewaumlhrung einer Leistung aus dem Ausgleichsstock besteht nicht Die Bewilligung von Leistungen kann mit Bedingungen und Auflagen verknuumlpft werden

sect 19 Kreisumlage

(1) Die Kreisumlage gernaszlig sect 67 Abs 2 der Landkreisordnung wird in der Haushaltssatzung in Vomshyhundertsaumltzen der einzelnen Umlagegrundlagen (Umlagesaumltze) bemessen Bei unterschiedlichen Umshylagesaumltzen soll der houmlchste Umlagesatz den niedrigsten um nicht mehr als ein Drittel uumlbersteigen

(2) Umlagegrundlagen sind die Steuerkraftzahlen der kreisangehoumlrigen Gemeinden nach sect 14 und die SchlOssezuweisungen nach sect 12 Ergibt sich eine negative Umlagegrundlage hat die kreisangehoumlrishyge Gemeinde einen Erstattungsanspruch

(3) Die Kreisumlage ist zum 20 eines jeden Monats faumlllig Umlageglfiubiger und Umlageschuldner k6nnen abweichende Ftllligkeitstermine vereinbaren

sect29 Obergangsvorschriften

(1) For die Ermittlung der Steuerkraftzahl der Gewerbesteuer fuumlr das Haushaltsjahr 2013 wird zushynaumlchst eine Berechnung gemfiszlig sect 14 Abs 3 Nr 2 vorgenommen Anschlieszligend erfolgt eine weitere Berechnung der Steuerkraftzahl auf der Basis von einem Drittel des Ist-Aufkommens des Haushaltsshyjahres 2009 und zwei Dritteln des Ist-Aufkommens des Haushaltsjahres 2010 und der jeweiligen Anshyteile der Gewerbesteuerumage Die Rechnungsergebnisse nach den Saumltzen 1 und 2 werden sumshymiert und anschlieszligend durch zwei geteilt Das Ergebnis der Berechnung nach Satz 3 bildet die Steushyerkraftzahl der Gewerbesteuer filr das Haushaltsjahr 2013

Die Beschwerdefuumlhrerin ist eine kreisangehoumlrige Gemeinde in Sachsen-Anhalt Auf der

Grundlage des sect 12 Abs 4 FAG 2013 setzte das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt

gegenuumlber der Beschwerdefuumlhrerin mit Bescheid vom 24042013 fuumlr das Haushaltsjahr

2013 die Schluumlsselzuweisung gemaumlszligsect 3 Nr 4 b FAG 2013 iVm sectsect 12-14 17 Abs 1 25

Abs 1 und 29 Abs 1 FAG 2013 fest Darin enthalten ist die Festsetzung einer Finanzkraftshy

umlage gemaumlszligsect 12 Abs 3 FAG 2013 in Houmlhe von 183526400 Euro Die Beschwerdefuumlhshy

rerin hat hiergegen mit Schreiben vom 08052013 Widerspruch eingelegt uumlber diesen Wishy

-7 shy

derspruch ist noch nicht entschieden worden Die Finanzkraftumlage ist entsprechend den

gesetzlichen Vorgaben auf der Grundlage einer Steuerkraftmesszahl in Houmlhe von

1835264400 Euro ermittelt worden Die Berechnung der Steuerkraftmesszahl erfolgte unter

Beruumlcksichtigung der Uumlbergangsvorschrift des sect 29 FAG 2013 auf der Grundlage der Geshy

werbesteuereinnahmen der Beschwerdefuumlhrerin des Jahres 2009 in Houmlhe von

1852090000 Euro und des Jahres 2010 in Houmlhe von 1806830000 Euro Die fuumlr die Beshy

rechnung der Finanzkraftumlage maszliggebliche Steuerkraftmesszahl ist aus dem Mittelwert

gem sect 29 FAG 2013 ermittelt worden

Die Beschwerdefuumlhrerin hat am 03122013 kommunale Verfassungsbeschwerde erhoben

Zur Begruumlndung ihrer Verfassungsbeschwerde macht die Beschwerdefuumlhrerin geltend

Ihre Gewerbesteuereinnahmen seien ruumlcklaumlufig Die Gewerbesteuereinnahmen betruumlgen im

Jahr 2008 1647940000 Euro im Jahr 2009 1852090000 Euro im Jahr 2010

1806830000 Euro im Jahr 201 1 537230000 Euro im Jahr 2012 639220000 Euro und

im Jahr 2013 voraussichtlich 379200000 Euro Die hohen Gewerbesteuereinnahmen der

Jahre 2009 und 2010 wuumlrden mit in die Berechnung der Steuerkraftmesszahl und damit in

die Berechnung der Finanzkraftumlage einflieszligen Nach der gleichen Systematik wuumlrden

diese Einnahmen ebenfalls zur Berechnung der Kreisumlage im Jahr 2013 herangezogen

Fuumlr das Haushaltsjahr 2013 stuumlnden der Beschwerdefuumlhrerin Steuereinnahmen in Houmlhe von

708080000 Euro zur Verfuumlgung Von diesen Steuereinnahmen seien folgende Umlagen

abzufuumlhren Gewerbesteuerumlage 55730000 Euro Kreisumlage 644908500 Euro und

Finanzkraftumlage 183530000 Euro Dies ergebe einen Fehlbedarf in Houmlhe von

196088500 Euro Sie bestreite nicht dass das Land Sachsen-Anhalt grundsaumltzlich berechshy

tigt sei eine Finanzkraftumlage zu erheben Verfassungsrechtlich unzulaumlssig sei hingegen

der mit der Einfuumlhrung der Finanzkraftumiage durch das FAG 2013 verbundene Ruumlckwirshy

kungseffekt Dieser Ruumlckwirkungseffekt fuumlhre dazu dass Steuereinnahmen die in abgeshy

schlossenen Zeitraumlumen erzielt und die fuumlr Pflichtaufgaben und Ausgaben der Daseinsvorshy

sorge verausgabt worden seien zum Anlass fuumlr eine kuumlnftige Umlage genommen wuumlrden

Dadurch wuumlrden die Grundsaumltze der Pianbarkeit und der Vorhersehbarkeit verletzt Die

Regelung enthalte indes eine echte Ruumlckwirkung und sei mit dem Rechtsstaatsprinzip als IBestandteil der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie und dem darin enthaltenen grundshy I saumltzlichen Verbot ruumlckwirkender Regelungen unvereinbar Gegenstand der Abschoumlpfung l

seien Steuereinnahmen aus dem Bereich der Realsteuern des Gemeindeanteils an der Einshy

kommensteuer und des Gemeindeanteils aus der Umsatzsteuer aus Vorvorjahreszeitraumlushy I men Den Versuchen diese Regelung in die Kategorie der unechten Ruumlckwirkung einzuordshy

l

nen sei nicht zu folgen Zweifellos sei es richtig dass der Anknuumlpfungspunkt fuumlr die Finanz-

l l I

-8shy

kraftumlage in der Vergangenheit angesiedelt sei und die daraus folgenden Schluumlsse erst in

der Zukunft wirken wuumlrden Die Finanzkraftumlage sei aber erst fuumlr einen Zeitpunkt nach lnshy

krafttreten des Gesetzes zu zahlen Dies sei ein Fall der echten Ruumlckwirkung Der Sachvershy

halt sei in der dogmatischen Einordnung genauso zu beurteilen als wuumlrde der Steuergeshy

setzgeber auf die Idee kommen fuumlr einen abgeschlossenen Besteuerungszeitraum den

Steuertarif nachtraumlglich zu aumlndern Dass die Zahlungswirkung erst in der Zukunft eintrete sei

einer nachtraumlglichen Veraumlnderung der Besteuerungsgrundlagen fuumlr bereits abgeschlossene

Besteuerungszeitraumlume immanent und kein geeignetes Abgrenzungskriterium zwischen

echter und unechter Ruumlckwirkung Entscheidend sei die Antwort auf die Frage ob der Beshy

troffene noch eine Reaktionsmoumlglichkeit habe oder ob eine solche Reaktionsmoumlglichkeit

nicht bestehe und er der Ruumlckwirkung bedingungslos ausgeliefert sei

Uumlbersect 12 Abs 4 S 1 FAG 2013 koumlnne die verfassungswidrige Ruumlckwirkung nicht geheilt

werden Die Feinsteuerungsmoumlglichkeit uumlber den Ausgleichsstock genuumlge nicht den verfasshy

sungsrechtlichen Vorgaben wonach wesentliche Fragen des kommunalen Finanzausgleishy

ches durch den Gesetzgeber und nicht durch die ausfuumlhrende Verwaltung zu regeln seien

Der Gesetzgeber habe zwar bei der Regelung der Rahmenbedingungen des Finanzausgleishy

ches einen weiten Gestaltungsspielraum allerdings muumlsse er diesen Gestaltungsspielraum

selbst nutzen und duumlrfe ihn nicht der ausfuumlhrenden Verwaltung uumlberlassen Im Uumlbrigen sei

die Haumlrtefallregelung zu unbestimmt da die Kriterien fuumlr ihre Anwendung nicht feststaumlnden

und sie nicht zielfuumlhrend seien

Daruumlber hinaus fuumlhre die Finanzkraftumlage zu einer verfassungswidrigen Schattenwirshy

kung Die Beschwerdefuumlhrerin sei eine kreisangehoumlrige Gemeinde im Burgenlandkreis Aufshy

grund der Tatsache dass die Finanzkraftumlage bei der Steuerkraft abgezogen und somit

die Bemessungsgrundlagen fuumlr die Kreisumlage vermindert werde verliere der Burgenlandshy

kreis fuumlr das Haushaltsjahr 2013 Kreisumlagen in Houmlhe von 22879600 Euro und fuumlr das

Jahr 2014 Kreisumlagen in Houmlhe von 43500100 Euro Der Landkreis sei nicht abundant

Dies fuumlhre zu einer mittelbaren Schattenwirkung sowohl bei dem betroffenenmiddot Landkreis als

auch bei den nicht abundanten kreisangehoumlrigen Gemeinden des Landkreises Der in Mithaft

genommene Landkreis muumlsse die Kreisumlage anheben um diese Ausfaumllle zu kompensieshy

ren Er muumlsse entweder die Kreisumlage anheben oder auf eine sonst moumlgliche Senkung

der Kreisumlage verzichten so dass zweierlei Effekte eintreten wuumlrden Zunaumlchst verringere

sich bei ihr der Entlastungseffekt durch die Mitberuumlcksichtigung der Finanzkraftumlage bei

der Kreisumlage und es wuumlrden nunmehr auch uumlber diese mittelbare Schattenwirkung

Nachbarstaumldte und Gemeinden im Landkreis herangezogen die sich auch nicht annaumlhernd

in der Naumlhe einer Abundanz befaumlnden Nach der Rechtsprechung des Landesverfassungsshy

-9shy

gerichts fuumlhre diese Schattenwirkung zu einer Verletzung der Finanzhoheit der Landkreise

Dabei gehe es um das Prinzip auf die konkrete Houmlhe und das Ausmaszlig der Beeintraumlchtigung

komme es nicht an

Die Beschwerdefuumlhrerin beantragt

sect 12 Abs 3 des Gesetzes zur Abloumlsung des Finanzausgleichsgesetzes und zur

Aumlnderung weiterer Gesetze vom 18122012 (GVBL S 641) wegen Unvereinbarshy

keit mit Art 2 Abs 3 i V m Art 87 Abs 1 der Verfassung des Landes Sachsenshy

Anhalt fuumlr nichtig hilfsweise fuumlr verfassungswidrig zu erklaumlren

Mit Schriftsatz vom 11032014 hat die Landesregierung zu der Verfassungsbeschwerde

Stellung genommen Sie haumllt die Verfassungsbeschwerde fuumlr unbegruumlndet und ervridert auf

das Vorbringen der Beschwerdefuumlhrerin im Einzelnen

Es liege kein Fall einer unzulaumlssigen Ruumlckwirkung vor Ein Fall grundsaumltzlich unzulaumlssiger

echter Ruumlckwirkung liege nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vor

wenn eine Norm nachtraumlglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt aumlndernd eingreife Dies

sei insbesondere der Fall wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem

Zeitpunkt ihrer Verkuumlndung fuumlr bereits abgeschlossene Tatbestaumlnde gelten solle Dies treffe

hier nicht zu Die jetzige Situation sei die gleiche wie sie der -Entscheidung

zugrunde gelegen habe naumlmlich so wie die erstmalige Einfuumlhrung der Umlage zu beurteilen

sei wenn sie in den Jahren nach lnkrafttreten des Gesetzes erhoben werde und ihr die geshy

setzlich definierte und normierte Finanzkraft der Jahre vor lnkrafttreten des Gesetzes

zugrunde gelegt werde diese Finanzkraft aber nicht durch eine Erhebung in Echtzeit ermitshy

telt werde sondern unter Ruumlckgriff auf statistische Werte aus der Zelt vor lnkrafttreten des

Gesetzes in der --Entscheidung vom 13062006 habe das Landesverfassungsgeshy

richt eine echte Ruumlckwirkung der Ersteinfuumlhrung der Finanzkraftumlage verneint Es liege

auch keine unechte Ruumlckwirkung vor denn es seien keine Vertrauenstatbestaumlnde aufgrund

einer fruumlheren Regelung ersichtlich welche bereits haumltten ins Werk gesetzt sein koumlnnen weil

die Finanzkraftumlage erstmals in das Finanzausgleichsgesetz eingefuumlgt worden sei Dafuumlr

sei es unerheblich dass der Gesetzgeber fuumlr die Berechnung auf Grundsaumltze Bezug nehme

die fuumlr einen anderen Sachverhalt (allgemeine Zuweisungen jetzt Schluumlsselzuweisungen)

gelten wuumlrden und die er dort mit Wirkung fuumlr die Zukunft geaumlndert habe Der Saumlchsische

Verfassungsgerichtshof sei in seinem Urteil vom 26082010 hinsichtlich der Verfassungsshy

maumlszligigkeit der Einfuumlhrung einer Finanzkraftumlage unter Berechnung der Umlage aus den

Haushaltsdaten der Vergangenheit zu Recht davon ausgegangen dass darin weder ein Fall

von echter noch von unechter Ruumlckwirkung liege Mit der Berechnung der Umlage anhand

- 10 shy

der Steuereinnahmen vergangener Zeitraumlume gehe kein unzulaumlssiger Zugriff auf in der Vershy

gangenheit ihren Anfang nehmende oder gar beendete Lebenssachverhalte einher Den Anshy

knuumlpfungspunkt fuumlr die Erhebung der Finanzkraftumlage und damit den fuumlr eine Pruumlfung am

Vertrauensschutzprinzip maszliggeblichen Lebenssachverhalt bilde allein ein Uumlberschuss der

gemeindlichen Steuerkraft im aktuellen Haushaltsjahr Eine mit dem Vertrauensschutzprinzip

moumlglicherweise in Konflikt geratende Ruumlckwirkung laumlge allein dann vor wenn mit der Umlashy

ge eine uumlberschieszligende Finanzkraft vergangener Zeitraumlume abgeschoumlpft werden sollte also

gerade hierin die innere Rechtfertigung fuumlr die Belastung der Gemeinden zu erblicken waumlre

Diese Ausfuumlhrungen zum Saumlchsischen Finazausgleichsgesetz seien auch auf das FAG 2013

uumlbertragbar Fuumlr einen gesetzgabarischen Willen mit der Umlage eine uumlberschieszligende Fishy

nanzkraft vergangener Zeitraumlume abschoumlpfen zu wollen gebe es in den Gesetzesmaterialien

des FAG 2013 keine Anhaltspunkte Daruumlber hinaus schlieszlige sich die Landesregierung der

weiteren Argumentation des Saumlchsischen Verfassungsgerichtshofs an wonach gegen die

grundsaumltzliche Tauglichkeit des Maszligstabes zur Bemessung der Umlage keine Bedenken beshy

stuumlnden Hinter ihm stehe die Erwartung dass sich die Haushaltszahlen im aktuellen Jahr in

etwa im Rahmen der bekannten Daten entwickeln wuumlrden Wenn auch zeitlich verzoumlgert

wuumlrden die Annahmen immer wieder an die tatsaumlchlichen Haushaltsdaten angepasst Die

damit notwendig verbundenen Unschaumlrfen seien hinzunehmen Bei einer alternativ denkbashy

ren zunaumlchst vorlaumlufigen Ermittlung der Umlageschuld verbunden mit einem endguumlltigen

Festsetzungsverfahren bei Vorliegen der relevanten Haushaltsdaten waumlre eine verlaumlssliche

Finanz- Ausgaben- und Haushaltswirtschaft der Gemeinden praktisch kaum zu leisten Aus

dem Vertrauensschutzprinzip ergebe sich weder die Verpflichtung des Gesetzgebers Invesshy

titionen der Gemeinden zur Erzielung von Gewerbesteuern zu beruumlcksichtigen noch die

Notwendigkeit wegen fehlender zeitlicher Moumlglichkeiten fuumlr die Umlageschuld Vorsorge zu

treffen oder besondere Uumlbergangsregelungen zu schaffen Das Vertrauensschutzprinzip steshy

he Aumlnderungen des Systems des Finanzausgieichs nicht grundsaumltziich entgegen Es verianshy

ge lediglich eine Ruumlcksichtnahme auf gemeindliche Entscheidungen die in schutzwuumlrdigem

Vertrauen auf eine bestimmte Entwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen getroffen

worden seien Die Schutzwuumlrdigkeit folge dabei aus einem durch den Gesetzgeber geschafshy

fenen Vertrauenstatbestand Fuumlr eine Schutzwuumlrdigkeit der Hoffnung der Beschwerdefuumlhreshy

rin uumlber ihr Gewerbesteueraufkommen auch zukuumlnftig allein zu verfuumlgen sei nichts ersichtshy

lich Aus dem nach dem Soumlssen II Urteil erklaumlrten Verzicht eine Finanzkraftumlage fuumlr die

Vergangenheit zu erheben haumltten die Kommunen nicht schlieszligen koumlnnen dass dies auch

fuumlr die Zukunft gelten werde

Dass sowohl Zuweisungen des Landes als auch zu erhebende Umlagen nicht an das laushy

fende Steueraufkommen des aktuellen Jahres anknuumlpfen koumlnnen sei systemimmanent weil

- II shy

verlaumlssliche Finanzdaten immer erst mit zeitlicher Verzoumlgerung feststaumlnden Insoweit koumlnne

fuumlr die Finanzkraftumlage nichts anderes gelten als zB fuumlr die Kreisumlage Der Gesetzgeshy

ber sei daher daran gebunden das einmal gewaumlhlte System auch auf die Finanzkraftumlage

anzuwenden Eine theoretische Alternative waumlre ein Finanzausgteichssystem das zunaumlchst

mit Schaumltzwerten fuumlr das laufende Jahr arbeite die fortlaufend an die tatsaumlchlichen Daten

angepasst wuumlrden Letztlich muumlsste dann zum Abschluss eine Spitzabrechnung durchgeshy

fuumlhrt werden Es bestehe jedoch Einigkeit daruumlber dass dies zum einen vom Verwaitungsshy

aufwand her nicht zu bewaumlltigen waumlre zum anderen der Nachteil in Gestalt der Planungsunshy

sicherheit bei den Kommunen den Vorteil der etwas groumlszligeren Gerechtigkeit weit uumlberwiegen

wuumlrde Daher sei allen Finanzausgleichssystemen der Bundeslaumlnder gemeinsam dass fuumlr

das laufende Jahr Zahlen verwendet wuumlrden die mittels prognostischer Annahmen aus den

Werten vergangener Jahre abgeleitet wuumlrden Die Anknuumlpfung an die Daten des vorverganshy

genen Jahres liege der Berechnung des Finanzausgleichs insgesamt zu Grunde nicht nur

der Berechnung der Finanzkraftumlage Durch den Uumlbergang vom kameralen zum doppishy

schen Buchungsstil der inzwischen bei fast allen Kommunen abgeschlossen sei habe sich

im Uumlbrigen das Problem der zeitlichen Verschiebung zwischen Abundanz und Zahlung der

Umlage weitgehend erledigt

Den berechtigten Interessen der zahlungspflichtigen Kommunen dabei nicht uumlberfordert zu

werden trage die Befreiungsvorschrift hinreichend Rechnung Dass im Rahmen der Pruumlfung

der Befreiungen den Antragstellern wie der Beschwerdefuumlhrerin zugemutet werde eigene

Ruumlcklagen zum Zweck der Zahlung der Finanzkraftumlage einzusetzen sei derzeit Gegensshy

tand einer verwaltungsgerichtlichen Uumlberpruumlfung Ob das Gebot des Haushaltsausgleichs

Vorrang vor anderen Verwendungsabsichten der Ruumlcklagen habe sei eine fachgerichtlich zu

beantwortende Frage Fuumlr die jetzige Gesetzesfassung einer Befreiungsklausel wuumlrden die

aUgemeinen Bestimmtheitsanforderungen gelten Diesen werde sect 12 Abs 4 i V m sect 17

FAG 2013 zweifelsohne gerecht Soweit die Kernnorm der Gewaumlhrung von Leistungen aus

dem Ausgleichsstock naumlmlich der in sect 17 Abs 1 S 2 FAG geregelte Fall dass die Einnahshy

memoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren Ausgabeverpflichtungen

nicht ausreichten in Bezug genommen werde sei aufgrund einer langjaumlhrigen Klaumlrung durch

Behoumlrdenpraxis und die Rechtsprechung der Gerichte an der Bestimmtheit nicht zu zweifeln

Dass daruumlber hinaus die weiter gefassten Anwendungsfaumllle des sect 17 FAG von der Verweishy

sung erfasst wuumlrden belaste die Beschwerdefuumlhrerin nicht

Die jetzige Regelung der Finanzkraftabgabe greife nicht unzulaumlssig in die Finanzhoheit der

Landkreise ein Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumlage unterscheide sich im Hinshy

blick auf die Ebenentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren Finanzkraftumlage Bei der fruumlshy

- 12 shy

heren Regelung sei die Finanzkraftumlage dem Ausgleichsstock zugeflossen so dass sie

den Landkreisen als Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage verloren gegangen sei

Demgegenuumlber werde durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die

Kreisumlage insgesamt nicht geschmaumllert Es koumlnnte nur darum gehen inwieweit minimale

Verlagerungen der Bemessungsgrundlage von den finanzstarken zu den finanzschwaumlcheren

Landkreisen mit der Landesverfassung vereinbar seien Die Finanzkraftumlage fuumlhre innershy

halb eines Landkreises zu einer verminderten Umlagekraft der abundanten Gemeinden ershy

houmlhe aber die Umlagekraft der Empfaumlnger der Umlage Innerhalb eines Landkreises komshy

pensierten sich diese Gewinne und Verluste bei Bemessungsgrundlage weitgehend Aus

diesen Gruumlnden habe es der Landesgesetzgeber fuumlr kontraproduktiv gehalien diesen ershy

wuumlnschten Effekt durch einen nachgelagerten Spitzausgleich unter den Landkreisen zu beshy

seitigen Im Rahmen der Erarbeitung des Gesetzentwurfes habe auch eine Finanzkraftumlashy

ge zwischen den Landkreisen lange zur Diskussion gestanden Diese Loumlsung sei allerdings

verworfen worden Eine Stoumlrung der Belastungsgerechtigkeit auf Gemeindeebene und eine

Schattenwirkung auf Kreisebene zu vermeiden waumlre nur durch eine Kombination der derzeishy

tigen Regelung mit einem nachgelagerten Spitzausgleich auf der Landkreisebene moumlglich

Die Ausfuumlhrungen der Beschwerdefuumlhrerin uumlber die mittelbare Schattenwirkung gingen an

der Lebenswirklichkeit vorbei Bei einem Blick auf die Kreishaushalte werde angesichts der

starken Schwankungen in vielen Haushaltsbereichen schnell klar dass eine Verlagerung von

wenigen Tausend Euro bei der Bemessungsgrundlage der Kreisumlage eine voumlllig uninteshy

ressante Groumlszlige sei Ein Einfluss der Finanzkraftumlage auf die Kreisumlagefestsetzung sei

nicht ersichtlich Die finanzschwache Nachbargemeinde profitiere direkt von der Finanzkraftshy

umlage Die von der Beschwerdefuumlhrerin beschriebene mittelbare Schattenwirkung treffe

die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal Wenn im Zusammenshy

hang mit dem Finanzausgieich von armen und reichen Kommunen die Rede sei beziehe r

sich das uumlblicherweise auf die Moumlglichkeit zur Erzielung von Steuereinnahmen Es spiele

aber bei genauerer Betrachtung daruumlber hinaus eine Rolle ob diese Kommunen in einem

Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft laumlgen Der Landkreis mit niedriger Umlashy Igekraft werde in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlage erheben waumlhrend der

reiche Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlrigen Kommunen

I uumlblicherweise nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muumlsse Oe facto verfuumlgten also

die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verblieben Die nicht abunshy i danten Kommunen in dem reichen Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten l eventuell dadurch (minimal) belastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoshy l

ben werde um den Verlust des Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzshy

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r ~

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- 13shy

kraftumlage zu kompensieren ln dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saldo von

der Finanzkraftumlage profitierten erhoumlhe sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass

der Kreisumlagesatz (geringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Der Landtag hat sich nicht geaumluszligert

E n t s c h e i d u n g s g r uuml n d e

Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist zulaumlssig (1 ) jedoch nicht begruumlndet (2 )

1 Das Landesverfassungsgericht ist zur Entscheidung uumlber die kommunale Verfassungs~

beschwerde berufen (vgl dazu im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen LVerfG Urt v

31051994- LVG 293 - LVerfGE 2 227 245 f Urt v 31051994- LVG 194 - LVerfGE

2 273 289f Urt v 31051994- LVG 494- LVerfGE 2 323 334 f) Soweit eine Verletshy

zung des durch Art 2 Abs 3 und 87 LVerf garantierten Selbstverwaltungsrechts behauptet

wird handelt es sich um eine kommunale Verfassungsbeschwerde im Sinne des Art 75 Nr

7 LVerf und dersectsect 2 Nr 8 51 des Landesverfassungsgerichtsgesetzes in der Fassung vom

24092009- LVerfGG- (GVBI S 474) Diese Bestimmungen berechtigen die Kommunen

gegen Eingriffe in ihr Selbstverwaltungsrecht durch ein Landesgesetz das Landesverfasshy

sungsgericht anzurufen

Nach sect 51 Abs 1 LVerfGG koumlnnen Kommunen die Verfassungsbeschwerde mit der Behaupshy

tung erheben durch ein Landesgesetz in ihrem Recht auf Selbstverwaltung nach Art 2 Abs

3 und Art 87 LVerf verletzt zu sein Gemaumlszlig sect 57 Abs 2 LVerf gelten die sectsect 48 bis 50

LVerfGG entsprechend Nach sect 49 L VerfGG (hinsichtlich der Verfassungsbeschwerde gegen

ein Gesetz deckungsgleich mit sect 92 BVerfGG) sind in der Begruumlndung der Verfassungsbeshy

schwerde welche nach sect 16 Abs 1 S 2 LVerfGG erforderlich ist das Recht das verletzt

sein soll und die Gesetzesvorschrift durch die sich die Beschwerdefuumlhrerin unmittelbar vershy

letzt sieht zu bezeichnen Die Zulaumlssigkelt einer kommunalen Verfassungsbeschwerde geshy

gen ein Gesetz setzt voraus dass die Beschwerdefuumlhrerin selbst gegenwaumlrtig und unmittelshy

bar durch die angegriffenen Rechtsnormen in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt ist Die

angegriffenen Normen beschraumlnken unmittelbar und gegenwaumlrtig das Selbstverwaltungsshy

recht der Beschwerdefuumlhrerin ohne dass ein weiterer angreifbarer Umsetzungsakt notwenshy

dig wird Insoweit wird auch auf die Gruumlnde des Urteils des Gerichts vom 16022010- LVG

908- (LVerfGE 21 361 mwN) verwiesen

- 14shy

Die Verfassungsbeschwerde ist formgerecht und innerhalb der Jahresfrist der sectsect 51 Abs 2

48 LVerfGG erhoben worden

2 Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist nicht begruumlndetsect 12 Abs 3 FAG 2013 steht

im Einklang mit der in den Artt 2 Abs 3 87 und 88 L Verf naumlher ausgeformten Garantie der

kommunalen Selbstverwaltung

21 Bedenken gegen die formelle Rechtmaumlszligigkeit des FAG 2013 bestehen nicht Der Geshy

setzgeber hat keine Vorgaben des Gesetzgebungsverfahrens verletzt insbesondere traf ihn

keine Begruumlndungspflicht dafuumlr weshalb er eine Umlagenhoumlhe von 10 insect 12 Abs 3 FAG

2013 gewaumlhlt hat Aus den Vorschriften der Landesverfassung die das Gesetzgebungsvershy

fahren regeln (Artt 77 ff LVerf) ergibt sich keine Pflicht zur Begruumlndung von Gesetzen durch

den Landtag Nach sect 23 Abs 2 S 2 der Geschaumlftsordnung des Landtages von Sachsenshy

Anhalt muumlssen Gesetzesentwuumlrfe schriftlich begruumlndet sein Eine uumlber diese allgemeine Beshy

gruumlndungsnotwendigkeit hinausgehende Pflicht zur genauen Erlaumluterung des sect 12 Abs 3

FAG 2013 besteht nicht Eine besondere Darlegungslast des Gesetzgebers ergibt sich auch

nicht aus der speziellen Gesetzesmaterie des kommunalen Finanzausgleichs Der Gesetzshy

geber ist nicht gehalten die Gruumlnde fuumlr die Festlegung konkreter Betraumlge oder Verteilungsshy

kriterien im Einzelnen darzulegen Das Landesverfassungsgericht uumlberpruumlft das Finanzausshy

gleichsgesetz daher als Ergebnis eines Gesetzgebungsprozesses und nicht nur auf welshy

chem Weg der Gesetzgeber zu diesem Ergebnis gelangt ist (LVerfG Urt v 09102012shy

LVG 5710 - LVerfGE 23 315 333f) Der generellen Annahme einer in das Einzelne geshy

henden Begruumlndung bei jeder Gesetzgebung stehen im Uumlbrigen praktische Erwaumlgungen

entgegen So waumlre eine Abstimmung uumlber die Begruumlndung erforderlich um feststellen zu

koumlnnen ob die Mehrheit der Abgeordneten des Landtages diese Begruumlndung traumlgt

22 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt auch materiell-rechtlich nicht gegen die Landesshy

verfassung

221 Pruumlfungsmaszligstab ist die Selbstverwaltungsgarantie der Artt 2 Abs 3 87 und 88 L Verf

Seide Bestimmungen konkretisieren fuumlr das Land Sachsen-Anhalt die in Art 28 GG enthalshy

tene bundesverfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und haben

nach Zweck und Entstehungsgeschichte jedenfalls denselben Mindestgehalt wie Art 28 Abs

1 S 2 und 3 sowie Abs 2 GG Zum Selbstverwaltungsrecht der Kommunen gehoumlrt nach geshy

festigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG Beschl v 151 01985 shy

2 BvR 1808 1809 181082- BVerfGE 71 25 36 mwN) die Finanzhoheit der Kommunen

Sie umschlieszligt die eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft Die Verfasshy

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- 15 shy

sung des Landes Sachsen-Anhalt enthaumllt mit Art 87 Abs 3 einerseits und Art 88 anderershy

seits zwei selbstaumlndige Ausformungen der finanziellen Absicherung der Kommunen kraft deshy

rer das Land zum einen Bestimmungen uumlber die Deckung der Kosten treffen muss die den

Kommunen durch die Zuweisung von Pflichtaufgaben zur Erfuumlllung in eigener Verantwortung

und durch die Uumlbertragung von staatlichen Aufgaben zur Erfuumlllung nach Weisung entstehen

Zum anderen hat das Land dafuumlr zu sorgen dass die Kommunen uumlber Finanzmittel verfuumlshy

gen die zur angemessenen Erfuumlllung ihrer Aufgaben ausreichend sind Dabei ist die untershy

schiedliche Finanzkraft der Kommunen auf Grund eines Gesetzes angemessen auszugleishy

chen (Art 88 Abs 2 LVeri)

Als landesverfassungsrechtliche Garantie eines aufgabengerechten Finanzausgleichs weist

Art 88 LVerf dabei einen engen Bezug zu den bundesverfassungsrechtlichen Bestimmunshy

gen uumlber den Finanzausgleich auf welcher die Gemeinden unmittelbar einschlieszligt So steht

den Gemeinden ein bundesgesetzlich zu bestimmender Anteil an der Einkommen- und Umshy

satzsteuer (Art 106 Abs 5 5a GG) zu ferner die Ertragshoheit uumlber die Grund- und Gewershy

besteuer an deren Aufkommen aber Bund und Laumlnder durch eine Umlage beteiligt werden

sowie die Ertragshoheit uumlber die oumlrtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern sofern diese

nicht nach Maszliggabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbaumlnden zusteht (Art 1 06

Abs 6 GG) Wie der kommunale Finanzausgleich konkret ausgestaltet wird unterliegt der

Entscheidung des Landesgesetzgebers Ihm steht dabei angesichts desmiddot lneinandergreifens

von landesrechtliehen und grundgesetzliehen Finanzausgleichsvorschriften durch welche

den Gemeinden unmittelbar Steuerertraumlge zugewiesen werden sowie der Einbindung des

kommunalen Finanzausgleichs in die gesamte Haushaltswirtschaft und -planung des Landes

ein weiter Gestaltungsspielraum zu (LVerfG Urt v 16022010 aaO 361 374 mwN)

222 Im Rahmen dieses Gestaitungsspielraums hat der Landesgesetzgeber einen intershy

kommunalen horizontalen Finanzausgleich geschaffen der verfassungsrechtlich nicht zu beshy

anstanden ist

2221 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip unter dem Geshy

sichtpunkt des Verbots der echten Ruumlckwirkung soweit Steuereinnahmen aus dem Bereich

der Realsteuern des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer und des Gemeindeanteils

aus der Umsatzsteuer aus Vorvorjahreszeitraumlumen fuumlr die Berechnung der Finanzkraftumlashy

ge herangezogen werden

22211 Das Rechtsstaatsprinzip gehoumlrt zu den Vorschriften des Grundgesetzes und der

Landesverfassung die das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mit zu bestimshy

- 16 shy

men geeignet sind Es gehoumlrt damit auch zum Pruumlfungsmaszligstab der kommunalen Verfasshy

sungsbeschwerde Mit der Idee des Rechtsstaats ist der Gedanke der Dauerhaftigkeit und

Unverbruumlchlichkeil von Recht eng verbunden Der Rechtsgrundsatz der Rechtssicherheit

verlangt objektiv ein Mindestmaszlig an Kontinuitaumlt des Rechts vor allem fuumlr die Modalitaumlten

seiner Aumlnderung um die Verlaumlsslichkeit der Rechtsordnung zu erhalten Rechtssicherheit

bedeutet subjektiv in erster Linie Vertrauensschutz Es gibt aber kein schutzwuumlrdiges Vershy

trauen in den Fortbestand einer guumlnstigen Rechtslage Verfassungsrechtlich problematisch

sind Regeln die ruumlckwirkend belasten weil sie auf vergangene Sachverhalte Bezug nehshy

men

2 2212 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das grundsaumltzliche Verbot der echten

Ruumlckwirkung Eine echte Ruumlckwirkung liegt naumlmlich erst dann vor wenn (1) ein Gesetz

nachtraumlglich aumlndernd in abgewickelte der Vergangenheit angehoumlrende Tatbestaumlnde einshy

greift wenn also der von der Ruumlckwirkung betroffene Tatbestand in der Vergangenheit nicht

nur begonnen hat sondern bereits abgeschlossen war und (2) die tatbestandliehe Ruumlckanshy

knuumlpfung auch zu abgeschlossenen Rechtsfolgen vor der Verkuumlndung der gesetzlichen Reshy

gelung gefuumlhrt hat d h dass die Rechtsfolgen des neuen Gesetzes fuumlr einen vor der Vershy

kuumlndung liegenden Zeitpunkt auftreten sollen und nicht erst fuumlr die Zeit ab Verkuumlndung der

Norm (vgl Urt des LVerfG v 16022010 aaO 376 mwN) sect 12 Abs 3 FAG 2013 knuumlpft

bei der Bemessung der Finanzkraftumlage nachsect 29 FAG 2013 zwar an in der Vergangenshy

heit bereits abgeschlossene Tatbestaumlnde (Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren 2009

und 2010) an die Finanzkraftumlage wird erstmalig aber nach dem lnkrafttreten des FAG

2013 fuumlr die aktuelle Finanzkraft des Jahres 2013 erhoben die lediglich aus den Steuereinshy

nahmen der Jahre 2009 und 2010 ermittelt wird

222 i 3 Unabhaumlngig davon ob man das Anknuumlpfen bei der Berechnung der Finanzkraftumshy

lage an Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren vor der erstmaligen Erhebung der Umlashy

ge (in Sachsen-Anhalt an die Jahre 2009 bis 2012) als eine unechte Ruumlckwirkung bezeichnet

(so LVerfG MV Urt v 26012012 - 3310 - RdNr 107 juris) oder wie der Verfassungsgeshy J

richtshof des Freistaates Sachsen (Urt v 26082010- Vf 129-VIII-09 - RdNr 101 juris) I annimmt dass in dem Ruumlckgriff auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltnissen der Vorjahre

keine Ruumlckwirkung gegeben sei weil die Finanzkraftumlage die aktuelle Steuerkraft und die

der Vorjahre abschoumlpfen will kann das Anknuumlpfen an die vorvergangenen Jahre bei der Beshyf

rechnung der Finanzkraftumlage nicht als verfassungswidrig angesehen werden

IDabei ist zum einen zu beruumlcksichtigen dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfasshy 1

sungsgerichts im Beschluss vom 14051986 (2 Bvl 283 Absatz-Nr 92 juris) davon auszushy

- 17 shy

gehen ist dass eine Einordnung unter den Oberbegriff Ruumlckwirkung im weitesten Sinne

keinerlei verfassungsrechtliche Maszligstaumlbe aufzuzeigen vermag

Zum anderen besteht unter den Landesverfassungsgerichten Einigkeit daruumlber dass die Beshy

rechnung der Umlage anhand der Steuereinnahmen der vorvergangenen Jahre - unabhaumlnshy

gig davon ob man darin eine unechte Ruumlckwirkung sieht oder nicht- im Rahmen des Vershy

haumlltnismaumlszligigkeitsgrundsatzes unter dem Blickwinkel der Sachgerechtigkeit des gewaumlhlten

Maszligstabs und unter dem Gesichtpunkt des Vertrauensschutzes bewertet werden muss (vgl

SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO RdNrn 102 105 LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 106) Danach kann der Gesetzgeber auch dann wenn die Gesetzesaumlnderung

an sich verfassungsrechtlich zulaumlssig ist im Hinblick auf den Grundsatz der Verhaumlltnismaumlshy

szligigkeit verpflichtet sein eine angemessene Uumlbergangsregelung zu treffen Der Nachpruumlfung

durch das Landesverfassungsgericht unterliegt insoweit allerdings nur ob der Gesetzgeber

bei einer Gesamtabwaumlgung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der

Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gruumlnde unter Beruumlcksichtigung aller Umstaumlnde die

Grenze der Zumutbarkeit uumlberschritten hat (so auch LVerfG MV Urt v 26012012 aaO

RdNr 106 mwN)

Gegen die grundsaumltzliche Tauglichkeit des Maszligstabs bestehen keine Bedenken Hinter ihm

steht die Erwartung dass sich die Haushaltszahlen im aktuellen Jahr in etwa im Rahmen der

bekannten Daten entwickeln werden

Im Rahmen der gebotenen Abwaumlgung ist zu beruumlcksichtigen dass der Landesgesetzgeber

bereits 1999 und 2007 die Einfuumlhrung eines interkommunalen Finanzausgleichs fuumlr verfasshy

sungsrechtlich dringend geboten gehalten und 2010 nur deshalb zunaumlchst auf die Erhebung

der Umiage verzichtet hat weii er keine einfache Moumlglichkeit gesehen hatte die Vorgaben

des Landesverfassungsgerichts aus dem Urteil vom 16022010 umzusetzen Bereits in dem

am 13042011 geschlossenen Koalitionsvertrag haben die regierungsbildenden Koalitionaumlra

festgeschrieben dass das bestehende System des kommunalen Finanzausgleichs fuumlr das

Jahr 2012 fortgeschrieben werden solL lnfolge dieser Absicht sollte ein Gutachter auch eine

verfassungskonforme Loumlsung zur Erhebung einer Umlage zur Angleichung der Finanzkraft

zwischen armen und reichen Kommunen finden Bei dieser Sachlage kann nicht davon

ausgegangen werden dass die Kommunen vor der Wiedereinfuumlhrung der Finanzkraftumlage

im Jahre 2013 darauf vertrauen durften von einer solchen Abgabe verschont zu bleiben

Das Landesverfassungsgericht hat sowohl bereits in seinem Urteil vom 13062006 als auch

in seinem Urteil vom 16022010 ausgefuumlhrt dass eine interkommunale Finanzkraftumlage

- 18shy

grundsaumltzlich mit der Landesverfassung vereinbar ist nur nicht deren konkrete Ausgestalshy

tung durch das jeweilige FAG

Ferner ist zu beruumlcksichtigen dass ein allgemeiner Vertrauensschutz auf den Fortbestand

der bisherigen Strukturen des Finanzausgleichs grundsaumltzlich nicht besteht was auch einen

Schutz des Vertrauens auf die Nichteinfuumlhrung neuer finanzausgleichsrechtlicher Instrumenshy

te ausschlieszligt Die Garantie der Selbstverwaltung verleiht den Gemeinden keinen verfasshy

sungsrechtlichen Anspruch auf Beibehaltung einer einmal erreichten Struktur des Finanzshy

ausgleichs Vielmehr steht es dem Gesetzgeber frei veraumlnderte Rahmenbedingungen neue

Erkenntnisse und gewandelte Praumlferenzvorstellungen bei der jaumlhrlichen Regelung des komshy

munalen Finanzausgleichs zu beruumlcksichtigen (so auch LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 109 mwN SaumlchsVerfGH Urt v 28082010 aaO RdNL 1 05)

Etwas anderes folgt auch nicht daraus dass es den betroffenen Gemeinden im Jahre 2013

tatsaumlchlich nicht mehr moumlglich war fuumlr die vorvergangenen Jahre im Hinblick auf die Finanzshy

ausgleichsumlage Dispositionen zu treffen indem sie ihr Ausgabeverhalten geaumlndert oder

die Hebesaumltze insbesondere fuumlr die Gewerbesteuer an der Umlage ausgerichtet haumltten Der

Umstand dass bei der Berechnung der Umlagenhoumlhe auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltshy

nissen der vorvergangenen Vorjahre zuruumlckgegriffen wird aumlndert nichts daran dass die Reshy

gelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht die Steuerkraft der abgeschlossenen Vorjahre sonshy

dern die jeweils aktuelle Steuerkraft im Auge hat

Dass sowohl Zuweisungen des Landes als auch zu erhebende Umlagen nicht an das laushy

fende Steueraufkommen des aktuellen Jahres anknuumlpfen koumlnnen ist systemimmanent weil

verlaumlssliche Finanzdaten immer erst mit zeitlicher Verzoumlgerung feststehen Die damit notshy

wendig verbundenen Unschaumlrfen sind hinzunehmen insoweit kann fuumlr die Finanzkraftumiashy

ge nichts anderes gelten als z B fuumlr die Kreisumlage Der Gesetzgeber ist daher daran geshy

bunden das einmal gewaumlhlte System auch auf die Finanzkraftumlage anzuwenden (so

schon LVerfG Urt v 13062006 aaO S 475)

Eine theoretische Alternative waumlre zwar ein Finanzausgleichssystem das zunaumlchst mit

Schaumltzwerten fuumlr das laufende Jahr arbeitet die fortlaufend an die tatsaumlchlichen Daten anshy

gepasst werden Letztlich muumlsste dann zum Abschluss eine Spitzabrechnung durchgefuumlhrt

werden Eine verlaumlssliche Finanz- Ausgaben- und Haushaltswirtschaft der Gemeinden waumlre

damit allerdings praktisch kaum zu leisten (so auch SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO

RdNr 103 unter Hinweis auf BVerfG Urt v 24061986- 2 BvF 1 5 683 184 und 1 285

- BVerfGE 72 330 400)

19 shy

22214 Im Uumlbrigen ermoumlglichtsect 12 Abs 4 FAG 2013 in der zweijaumlhrigen Uumlbergangszeit in

der Steuereinnahmen aus der Zeit vor lnkrafttreten des Gesetzes in die Berechnung der Fishy

nanzkraft einflieszligen fuumlr den Fall dass die fuumlr die spaumltere Zahlung der Finanzkraftumlage

benoumltigten Betraumlge nicht sofort einer Ruumlckstellung zugefuumlhrt wurden eine Befreiung von der

Verpflichtung zur Zahlung der Finanzkraftumlage wenn es in einem nachfolgenden Jahr zu

einem Einbruch des Gewerbesteueraufkommens kommt die Kommune nicht uumlber ausreishy

chende Ruumlcklagen bzw freie liquide Mittel verfuumlgt und sie die Verpflichtung zur Abfuumlhrung

der Finanzkraftumlage vor Probleme stellt sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 verstoumlszligt

nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz Kernelement des Rechtsstaatsprinzips ist dass alshy

le materiellen Rechtsnormen mit Regelungsanspruch dem Rechtsunterworfenen gegenuumlber

diesem die Moumlglichkeit einraumlumen sein Verhalten auf die Rechtsnorm einzurichten Schon

nach allgemeinen rechtsstaatliehen Regeln verlangt der Bestimmtheitsgrundsatz gesetzliche

Tatbestaumlnde so praumlzise zu formulieren dass ein Normadressat sein Handeln kalkulieren

kann weil die Folgen der Regelung fuumlr ihn voraussehbar und berechenbar sind Dies bedeushy

tet zwar nicht dass die Norm uumlberhaupt keine Auslegungsprobleme aufwerfen darf Dem

Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genuumlgt wenn diese mit herkoumlmmlichen juristischen

Methoden bewaumlltigt werden koumlnnen Es muss auch verlangt werden dass der Gesetzgeber

wenigstens seinen Grundgedanken das Ziel seines gesetzgeberischen Wollens deutlich

macht Allen Bestimmtheitsanforderungen ist gemeinsam dass der Grad der Bestimmtheit

von den jeweiligen sachlichen Eigenarten des Regelungsgegenstandes abhaumlngt Stets sind

Rechtsvorschriften so genau zu fassen wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden leshy

benssachverhalte und mit Ruumlcksicht auf den Normzweck moumlglich ist (vgl Urt des l VerfG v

16022010 aaO 381 mwN)

sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 haumllt diesen Anforderungen stand Bei der Regelung

handelt es sich nicht um eine Ermessensvorschrift sondern um eine gebundene Entscheishy

dung mit unbestimmten Rechtsbegriffen auf der Tatbestandsebene Die in sect 17 Abs 1 FAG

2013 verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe auszligergewoumlhnliche Belastungen Notlage

und besondere Haumlrte lassen sich durch Auslegung soweit konkretisieren dass sie selbst

dem Bestimmtheitsgebot des Art 103 Abs 2 GG genuumlgen wuumlrden Den Begriff Notlage deshy

finiert sect 17 Abs 1 S 2 FAG 2013 indem es dort heiszligt Als Notlage gilt insbesondere der

Fall dass die Einnahmemoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren

Ausgabeverpflichtungen nicht ausreichen Der Begriff der auszligergewoumlhnlichen Belastung

ist ein im Steuer- und Sozialrecht (vgl zB sect 33 des Einkommensteuergesetzes - EStG shy

oder im Sozialrecht zB sect 27 Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung- SchwbAV)

verwendeter Begriff der durch den Bundesgesetzgeber und die Rechtsprechung hinreichend

- 20 shy

konkretisiert ist Eine auszligergewoumlhnliche Belastung ist dadurch gekennzeichnet dass einem

Pflichtigen immer dann wenn er zwangslaumlufig groumlszligere Aufwendungen als die uumlberwiegende

Mehrzahl der Pflichtigen gleicher Einkommensverhaumlltnisse und gleicher Vermoumlgensverhaumlltshy

nisse erbringen muss der Teibull der Aufwendungen ermaumlszligigt wird der die dem Pflichtigen

zurnutbare Belastung uumlbersteigt (sect 33 Abs 1 EStG) Aufwendungen erwachsen dem Pflichtishy

gen nur zwangslaumlufig wenn er sich ihnen aus rechtlichen tatsaumlchlichen oder sittlichen

Gruumlnden nicht entziehen kann Das ist der Fall wenn die Gruumlnde der Zwangslaumlufigkeit derart

von auszligen auf die Entschlieszligung des Pflichtigen einwirken dass er ihnen nicht ausweichen

kann er also tatsaumlchlich keine Entscheidungsfreiheit hat bestimmte Aufwendungen vorzushy

nehmen oder zu unterlassen Liegt eine maszliggeblich vom menschlichen Willen beeinflusste

Situation vor so handelt es sich dagegen um keine Zwangslage in diesem Sinne von sect 33

Abs 1 EStG (vgl BFH Urt v 17072014- VI R 4213- RdNr 13- juris) Auch der Begriff

der besonderen Haumlrte ist ein im Verwaltungs- und Sozialrecht insbesondere bei Billigkeitsshy

entscheidungen haumlufig verwendeter unbestimmter Rechtsbegriff der eine hinreichende Konshy

kretisierung durch die fachgerichtliche Rechtsprechung erfahren hat Der Begriff der besonshy

deren Haumlrte ist ein durch die Fachgerichte voll uumlberpruumlfbarer Rechtsbegriff (vgl BVerwG

Urt v 29031979- 2 C 1677 - Buchholz 2384 sect 46 SG Nr S 52) Durch Bestimmungen

die diesen Begriff verwenden sollen unzumutbare Belastungen vermieden werden Der Geshy

setzgeber fuumlhrt regelmaumlszligig eine Haumlrtevorschrift ein um von den Regelvorschriften nicht ershy

fassten Ausnahmefaumlllen und Grenzsituationen Rechnung tragen zu koumlnnen (vgl BVerwG

Urt v 11021977-6 C 10574- RdNr 28- juris)

Ob bei Anwendung der Befreiungsregelung dessect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 durch

die Exekutive den abundanten Gemeinden angesichts ihrer hohen Gewerbesteuershy

einnahmen in der Vergangenheit abverlangt werden kann ROcklagen aus vergangenen Jahshy

ren einzusetzen oder Kassenkredite aufzunehmen betrifft die Rechtsanwendung und ist von

der Fachgerichtsbarkeit zu klaumlren

2222 Soweit die Beschwerdefuumlhrerin unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Landesshy

verfassungsgerichts im Urteil vom 16022010 geltend macht die Finanzkraftumlage sei

deshalb verfassungswidrig weil sie auf der Landkreisebene bei nicht abundanten Landkreishy

sen durch die Heranziehung einer abundanten Gemeinde zur Finanzkraftumlage eine Schatshy

tenwirkung herbeifuumlhre die dazu fuumlhre dass im Ergebnis dieser Schattenwirkung die Fi-middot

nanzkraftumlage den nicht abundanten Landkreis treffe vermag sie damit die Verfassungsshy

widrigkeit von sect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht zu begruumlnden weil dieser Entscheidung ein anshy

ders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag

- 21 shy

ln sect 16 Abs 2 FAG 2007 war vorgesehen dass ab dem 01 01 2008 eine Kuumlrzung der Beshy

messungsgrundlage der Kreisumlage um die Finanzkraftumlage vorzunehmen war Der Geshy

setzgeber des FAG 2007 hatte dadurch eine Kuumlrzung der Steuerkraftmesszahl um die abzushy

fuumlhrende Finanzkraftumlage als Berechnungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage vorgenommen

Damit konnte fuumlr das Finanzausgleichsmodell das dem FAG 2007 zugrunde lag die Kreisshy

umlagebelastung fuumlr die von der Finanzkraftumlage belasteten Gemeinden spuumlrbar verrinshy

gert werden Um den Eingriff in das Kreisumlagegefuumlge des betroffenen Landkreises abzushy

mildern hatte der Gesetzgeber den Abzug der Finanzkraftumlage zugleich bei der Ermittlung

der Umlagekraftmesszahl der Landkreise (sect 9 FAG 2007) zu beruumlcksichtigen Damit verminshy

derte sich nicht nur die Steuerkraftmesszahl als Bemessungsgrundlage der Kre isumlage

sondern auch als Bemessungsgrundlage fuumlr die Houmlhe der allgemeinen Zuwendungen fuumlr die

Landkreise Dies fuumlhrte dazu dass die Landkreise mit abundanten Gemeinden die wegen

einer houmlheren Umlagekraft an sich weniger allgemeine Zuweisungen erhielten mehr erhielshy

ten Da das Land den Betrag der allgemeinen Zuweisungen an die Landkreise allerdings unshy

veraumlndertmiddot belassen hatte fuumlhrte dies aber dazu dass die anderen Landkreise ohne abunshy

dante Gemeinden weniger allgemeine Zuweisungen erhielten Nur diese Regelung des sect 16

Abs 2 FAG 2007 hat das Landesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 16022010 als eishy

nen verfassungswidrigen Eingriff des Landesgesetzgebers in die Finanzhoheit der Landkreishy

se angesehen Auch die weiteren Ausfuumlhrungen des Landesverfassungsgerichts im Urteil

vom 16022010 beziehen sich auf die beanstandete Regelung dessect 16 Abs 2 FAG 2007

Mit sect 12 FAG 2013 hat der Gesetzgeber ein neues Modell fuumlr die Erhebung der Finanzshy

kraftumlage eingefuumlhrt Dieses Modell stellt sich wie folgt dar Der Gesetzgeber hat das Moshy

dell der sog Abundanzumlage (sect 19a FAG 2005 FAG 2007) bei der eine normierte Steuershy

kraft mit einem normierten Bedarf verglichen wird und fuumlr den Fall dass die Steuerkraft den

Bedarf uumlbersteigt (Abundanz) die Moumlglichkeit eines Zugriffs auf einen gewissen Prozentsatz

des abundanten Teils besteht aufgegeben und nunmehr den Finanzausgleich unter den

steuerstarken und steuerschwachen kreisangehoumlrigen Gemeinden nach einem anderen Moshy

dell vorgenommen das nicht nur die beschriebene uumlberschieszligende Steuerkraft fuumlr die Beshy

rechnung der Umlage heranzieht sondern in Anlehnung an eine entsprechende Regelung in

Baden-Wuumlrttemberg eine breitere Bemessungsgrundlage waumlhlt

Gemaumlszlig sect 12 Abs 2 S 4 und 5 FAG 2013 wird nunmehr fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden

ein Ausgleichsverfahren als Rechenschritt bei der Ermittlung der endguumlltigen Schluumlsselshy

zuweisung durchgefuumlhrt Dabei wird die Schluumlsselzuweisung A mit beruumlcksichtigt Bei der

Schluumlsselzuweisung A wird nach sect 12 Abs 2 S 5 FAG 2013 allen kreisangehoumlrigen Geshy

meinden deren Steuerkraft je Einwohner 80 vH des Durchschnitts aller Gemeinden untershy

- 22shy

schreitet die Differenz der eigenen Steuerkraft zu 80 vH der durchschnittlichen Steuerkraft

zu 80 vH ausgeglichen Diese Schluumlsselzuweisung bewirkt eine dem Finanzausgleich der

Regelungen des FAG 2005 und des FAG 2007 noch unbekannte Verlagerung unter allen

Zuweisungsempfaumlngern also allen nicht abundanten Gemeinden zugunsten der steuershy

schwachen Gemeinden und zurasten der mehr steuerstarken Gemeinden Die abundanten

Gemeinden die keine Zuweisungsempfaumlnger sind werden hierdurch noch nicht belagttet Ihshy

re Belastung erfolgt erst durch die Regelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 Danach zahlen alie

kreisangehoumlrigen Gemeinden also sowohl die Zuweisungsempfaumlnger als auch die abundanshy

ten Gemeinden eine Umlage von 10 vH der Summe aus der Steuerkraftmesszahl fuumlr Geshy

meinden gemaumlszligsect 14 FAG 2013 und den Schluumlsselzuweisungen A und B also ihrer gesamshy

ten Finanzkraft Uumlber sect 14 Abs 3 Nr 2 FAG 2013 geraten ua die Gewerbeshy

steuereinnahmen der abundanten Gemeinden in Houmlhe von 10 vH in diesen Finanzkraftumshy

lagetopf Dieser Umlagetopf erhoumlht gem sect 12 Abs 3 S 2 FAG 2013 die Finanzmasse fuumlr die

Schluumlsselzuweisung B

Diese veraumlnderte Schluumlsselzuweisung B wird dann nach der Regelung des sect 12 Abs 2 S 6

FAG auf die Schluumlsselzuweisungsempfaumlnger umgelegt Gemaumlszlig sect 19 Abs 2 FAG flieszligt die

zuletzt genannte Schluumlsselzuweisung an die kreisangehoumlrigen Gemeinden zwar in die Kreisshy

umlagenberechnung ein Da sich die Bemessung der Kreisumlage aus der Steuerkraft und

den Schluumlsselzuweisungen fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden zusammensetzt wird die

Finanzkraftumlage somit auch zum Abzugsposten bei der Bemessungsgrundlage der Kreisshy

umlage Diese Einbeziehung der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Finanzkraftshy

umlage in die Kreisumlagenberechnung stellt indes keinen Eingriff in die ebenfalls verfasshy

sungsrechtlich geschuumltzte Finanzhoheit der Landkreise dar

Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumiage unterscheidet sich im Hinblick auf die Ebeshy

nentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren vom Landesverfassungsgericht beanstandeten

Finanzkraftumlage Letztere floss dem Ausgleichsstock zu so dass sie den Landkreisen als

Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgesamt verloren ging Demgegenuumlber wird

durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgeshy

samt nicht geschmaumllert

Das Landesverfassungsgericht hat weder heute noch hatte es im Urteil vom 16022010 Beshy

denken dagegen dass uumlber die vorgelagerten Regelungen zur Bestimmung der Steuerkraftshy

messzahl und zur Festlegung der Schluumlsselzuweisungen der Gemeinden zugleich die Beshy

messungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage festgelegt wird Dass jede Aumlnderung der Finanzshy

ausstattung der kreisangehoumlrigen Gemeinden zwangslaumlufig auch zu Verlagerungen bei der

- 23shy

Finanzausstattung der Landkreise fuumlhrt verstoumlszligt als solches nicht gegen die Landesverfasshy

sung Dies gilt auch fuumlr die neu eingefuumlhrte Vorabverteilung der Schluumlsselmasse A zugunsshy

ten der finanzschwachen Kommunen Sie fuumlhrt zu keinen Veraumlnderungen bei der Gesamtshy

summe der Umlagekraftmesszahlen der Landkreise hat aber Verschiebungen zwischen den

einzelnen Landkreisen zur Folge Die jetzige gesetzliche Regelung stellt sicher dass die jeshy

weiligen Gesamtsummen der beiden Komponenten der Finanzausstattung der Landkreise

durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnderung erfahren Der Gesamtbemessungsgrundiashy

ge fuumlr die Kreisumlage werden durch die Verschiebungen zwischen den Kommunen keine

Betraumlge entzogen Da es keine abundanten Landkreise gibt ergeben sich auch keine Ausshy

wirkungen auf die Gesamthoumlhe der Schluumlsselzuweisungen die die Landkreise vom Land ershy

halten

Waumlhrend die Gesamtausstattung der Landkreise durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnshy

derung erfaumlhrt ergeben sich - dies raumlumt die Landesregierung selber ein - allerdings gerinshy

ge Verlagerungseffekte zwischen den einzelnen Landkreisen Diese Verlagerungseffekte

sind indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

Den Anspruch auf angemessene Finanzausstattung der Landkreise darf der Gesetzgeber

einschraumlnken soweit andere Interessen von Verfassungsrang dies rechtfertigen Nicht nur

der horizontale gemeindliche sondern auch der uumlbergemeindliche Finanzausgleich ist von

dem Grundsatz der interkommunalen Solidaritaumlt gepraumlgt (LVerfG Urt v 13062006-705shy

LVerfGE 17 410 429 NdsStGH NdsVBL 2001 184 188) Der Gedanke der interkommushy

nalen Solidaritaumlt umfasst - wie die Kreisumlage zeigt - auch die ausgleichenden Finanzshy

stroumlme zwischen der Gemeinde- und Kreisebene (vgL auch SaumlchsVerfG Urt v 29012010

- Vf 25-VIII-09 - RdNr 119 - juris unter Hinweis auf BVerfG Beschl v 07021991

- 2 BvL 2484 - BVerfGE 83 363 391f LVerfG MV Urt v 26012012- 1810 - RdNr

81) Haumltte der Gesetzgeber eine Verschiebung von finanzstarken zu finanzschwachen Landshy

kreisen mit einer eigenstaumlndigen Ausgleichsregelung herbeigefuumlhrt waumlre dies durch Art 88

ALs 2 S 1 LVerf gedeckt Nichts anderes gilt wenn derselbe Effekt mittelbar durch die vershy

fassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung zum Finanzkraftausgleich der Gemeinshy

den erreicht wird Der Ebene des einzelnen Landkreises steht dem Vertust an Bemessungsshy

grundlage durch die negative Schluumlsselzuweisung der abundanten Gemeinden (sofern keine

Befreiungen erteilt wurden) jeweils ein Gewinn an Bemessungsgrundlage durch die Erhoumlshy

hung der Schluumlsselzuweisung der uumlbrigen Gemeinden gegenuumlber Je nachdem welcher Efshy

fekt uumlberwiegt erhoumlhen oder vermindern sich die Einnahmen der jeweiligen Landkreise aus

der Kreisumlage durch die Finanzkraftumlage geringfuumlgig Diese Aumlnderung bei dem Aufshy

kommen an Kreisumlage ist aber nicht gleichzusetzen mit der Aumlnderung der Finanzkraft der

- 24shy

Landkreise Da es keine abundanten Landkreise gibt bekommen saumlmtliche Landkreise

Schluumlsselzuweisungen vom Land Der nicht bereits durch die Kreisumlage ausgeglichene

Finanzbedarf der Landkreise wird im Jahr 2013 zu 80 in den Folgejahren zu 90 ausgeshy

glichen Dieser Mechanismus bewirkt dass auch der noch nicht kompensierte Verlust an

Bemessungsgrundlage durch abundante Gemeinden zu 90 (bzw 2013 zu 80 ) ausgeshy

glichen wird Oie verbleibenden Differenzbetraumlge sind wirtschaftlich unbedeutend und vershy

fassungsrechtlich hinzunehmen (vgl auch LVerfG MV Urt v 2601 2012 - 3310 - RdNr

79- juris)

2223 Eine verfassungswidrige Schattenwirkung fuumlr weitere benachbarte kreisangehoumlrige

und nicht abundante Gemeinden laumlsst sich ebenfalls nicht feststellen Die finanzschwache

Nachbargemeinde profitiert direkt von der Finanzkraftumlage Die von der Beschwerdefuumlhreshy

rin beschriebene mittelbare Schattenwirkung durch die Moumlglichkeit einer Erhoumlhung der

Kreisumlage betrifft die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal und

muss daruumlber hinaus auch differenziert betrachtet werden Es besteht ein Unterschied ob

eine solche Kommune in einem Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft liegt Der

Landkreis mit niedriger Umlagekraft wird in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlashy

ge erheben waumlhrend der Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlshy

rigen Kommunen nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muss De facto verfuumlgen alshy

so die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verbleiben Die Finanzkraftshy

umlage mildert diesen Effekt unter Umstaumlnden geringfuumlgig ab Die nicht abundanten Komshy

munen in dem Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten eventuell dadurch beshy

lastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoben wuumlrde um den Verlust des

Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzkraftumlage zu kompensieren ln

dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saido von der Finanzkraftumlage profitiershy

ten erhoumlht sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass der Kreisumlagesatz sogar (geshy

ringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Daruumlber hinaus besteht eine Solidaritaumltsverpflichtung der Kreise gegenuumlber den kreisangeshy

houmlrigen Gemeinden die diese vor einer unangemessenen Erhoumlhung der Kreisumlage

schuumltzt (vgl Faber in HennekePuumlnderWaldhoff Recht der Kommunalfinanzen 2006 sect 34

RdNr 50)

3 Die Kostenentscheidung beruht auf sect 32 LVerfGG Gerichtskosten werden nicht erhoben

(Absatz 1) Gruumlnde fuumlr die Anordnung der Erstattung der notwendigen Auslagen der erfolglos

gebliebenen Beschwerdefuumlhrerin sind nicht ersichtlich (Abs 2 und 3)

- 25 shy

Dr Zettel GemmerSchubert Bergmann

Prof Or Kluth StallFranzkowiak

Page 3: URTEIL - Landesportal Sachsen-Anhalt

- 3 shy

zur Angleichung der Finanzkraft zwischen armen und reichen Kommunen zu finden Das

am 23042012 veroumlffentlichte Gutachten empfahl (Ziffer 68) zur Vermeidung einer Nivellieshy

rung oder eines Rangplatztauschs eine Anlehnung an die Regelung in Baden-Wuumlrttemberg

Das dortige Finanzausgleichsgesetz sieht vor die Umlage nicht allein an der Houmlhe der

Abundanz sondern an der Houmlhe der Finanzkraft festzumachen Die beabsichtigte Finanzshy

kraftumlage wurde Mitte des Jahres 2012 unter anderem durch den Minister der Finanzen in

der Oumlffentlichkeit vorgestelit

Im weiteren Gesetzgebungsprozess orientierte sich der Gesetzesentwurf dem Vorschlag

des Gutachters folgend an einer Regelung in Baden-Wuumlrttemberg Es wurde als mit dem

Verfassungsauftrag aus Art 88 Abs 2 S 1 LVerf am Besten vereinbar angesehen an die

Finanzkraft und nicht allein an die Abundanz anzuknuumlpfen und einen gleitenden ziehshy

harmonikaartigen Ausgleich der Finanzausstattung der Kommunen zu schaffen Allerdings

entschied sich der Gesetzesentwurf fuumlr eine weitaus geringere Houmlhe der Umlage als in Bashy

den-Wuumlrttemberg und sah auch von einer gleitenden Anhebung der Umlagehoumlhe mit steishy

gender Steuerkraft ab Ein weiterer wesentlicher Unterschied der neuen Finanzkraftumlage

zur alten Finanzkraftumlage besteht darin dass die Mittel nicht dem Ausgleichsstock zuflieshy

szligen sondern unmittelbar im selben Verhaumlltnis wie die Schluumlsselzuweisungen auf die kreisshy

angehoumlrigen Kommunen verteilt werden Hierdurch soll verhindert werden dass sich durch

den Ausgleichsmechanismus die Gesamtbemessungsgrundlagen fuumlr die Kreisumlagen aumlnshy

dern Daruumlber hinaus wurde erneut eine Haumlrtefallklausel in den Gesetzentwurf aufgenomshy

men Hiermit sollte vor allem dem Umstand Rechnung getragen werden dass die Kommushy

nen nur begrenzt Zeit zur Bildung von Ruumlckstellungen hatten fuumlr den Fall dass keine ausshy

reichenden freien Mittel fuumlr die Umlage im laufenden Haushalt zur Verfuumlgung standen

Der Gesetzentwurf wurde nach geringfuumlgigen Aumlnderungen im Anhoumlrungsverfahren am

04092012 vom Kabinett beschlossen Am 18122012 wurde das Finanzausgleichsgesetz

vom Landtag beschlossen und trat zum 01 01 2013 in Kraft

Aufgrund der Revisionsklausel wurde das FAG 2013 durch Gesetz vom 18122013 fuumlr 2014

fortgeschrieben Dabei wurde auch die gesetzliche Umschreibung der Finanzkraftumlage

noch einmal angepasst ohne jedoch den Regelungsgehalt zu veraumlndern Die Befreiungsvorshy

schrift wurde dahingehend weiterentwickelt dass das Land nicht mehr zwingend in Vorleisshy

tung geht wenn der Befreiungsanspruch erst nach Festsetzung der Finanzkraftumlage durch

das Statistische Landesamt festgestellt wird Die derzeit guumlltige Regelung lautet

-4 shy

Finanzausgleichsgesetz (FAG 2013) vom 18122012 (GVBI S 641) in der Fassung vom

18122013 (GVBI S 552)

sect 12 Schluumlsselzuweisungen

(1) FDr die Erledigung der Aufgaben des eigenen Wirkungskreises erhalten die Gemeinden und Landshykreise SchlOssezuweisungen die sich fuumlr die Gemeinden in Abhaumlngigkeit von ihrer Steuerkraft geshymaumlszlig sect 14 und fuumlr die Landkreise in Abhaumlngigkeit von ihrer Umfagekraft gemaumlszlig sect 15 bemessen Aus dem fuumlr die Schluumlsselzuweisungen im Haushaltsjahr 2013 bereitgestellten Teil der Finanzausgleichsshymasse erhalten die kreisfreien Sttidte 233 444 041 Euro die Landkreise 160 242 079 Euro und die kreisangehoumlrigen Gemeinden 424 961 573 Euro Aus dem fuumlr die SchlOssezuweisungen im Hausshyhaltsjahr 2014 bereitgestellten Teil der Finanzausgleichsmasse erhalten die kreisfreien Staumldte 229 398 683 Euro die Landkreise 164 955 692 Euro und die kreisangehoumlrigen Gemeinden 394 669 321 Euro

(2) Schluumlsselzuweisungen werden geleistet wenn die Steuerkraftmesszahl oder die Umlagekraftshymesszahl hinter der Bedarfsmesszahl zurackbleibt Dieser Unterschiedsbetrag wird bei den kreisfreien Staumldten zu 70 v H ausgeglichen Landkreise erhalten im Haushaltsjahr 2013 einen Ausgleich von 80 v H und im Haushaltsjahr 2014 von 90 v H Bei den kreisangehoumlrigen Gemeinden erfolgt der Ausshygleich in einem mehrstufigen Verfahren ln einem ersten Schritt wird bei den Gemeinden deren Steushyerkraft je Einwohner 80 v H des Durchschnitts aller kreisangehoumlrigen Gemeinden unterschreitet die Differenz der eigenen Steuerkraft zu 80 v H der durchschnittlichen Steuerkraft zu 80 v H ausgeglishychen (SchlOssezuweisung A) ln einem zweiten Schritt erfolgt der Ausgleich zwischen der Bedarfsshymesszahl und der um die Schluumlsselzuweisung A erhoumlhten Steuerkraftmesszahl zu 70 v H (SchlOsshysezuweisung 8)

(3) Zur Milderung der Unterschiede in der Finanzkraft zahlen kreisangehoumlrige Gemeinden eine Umlashyge von 10 v H der Summe aus der Steuerkraftmesszahl fOr Gemeinden gemaumlszlig sect 14 und den SchlOssezuweisungen A und B Zur Verteilung der Umlage wird die Finanzmasse fOr die Schluumlsselshyzuweisungen B um die Umlagemasse nach Satz 1 erMht und anschlieszligend eine Neuberechnung entshysprechend Absatz 2 Satz 6 vorgenommen Ergeben sich nach den Berechnungen nach Satz 1 und 2 negative SchlOssezuweisungen sind diese in gleich groszligen Teilbetraumlgen zu den Terminen nach Abshysatz 5 an das Land abzufahren Die auf Grundlage dieses Absatzes ergehenden Verwaltungsakte sind sofort vollziehbar

(4) Soweit eine kreisangeh6rige Gemeinde wegen des Umlageverfahrens nach Absatz 3 Mittel aus dem Ausgleichsstock erhalten muumlsste wird sie von der Zahlung auf Antrag befreit Wird der Anspruch auf Befreiung erst nachtrtiglich festgestellt kann das Land mit Mitteln des Ausgleichsstocks in Vorleisshytung treten und auf eine Aumlnderung der Bescheide der Dbrigen Gemeinden und Landkreise fDr das jeshyweilige Haushaltsjahr verzichten Ist das Land in Vorleistung getreten erhaumllt es diese Betraumlge bei der naumlchsten DurchfOhrung des Umlageverfahrens durch einen Vorwegabzug aus der Umlagemasse ershystattet

(5) Die Auszahlung erfolgt in Raten zum 10 der Monate Februar April Juni August Oktober und Deshyzember eines jeden Jahres

sect 13 IBedarfsmesszahl

(1) Die Bedarfsmesszahl ergibt sich aus dem Produkt des Gesamtansatzes nach Absatz 2 und dem Grundbetrag nach Absatz 3

(2) Der Gesamtansatz wird fOr kreisfreie Staumldte kreisangeMrige Gemeinden und Landkreise wie folgt Igebildet

I1 Bei den kreisfreien Staumldten entspricht der Hauptansatz der Einwohnerzahl Der Nebenansatz U6 wird aus der jeweiligen Anzahl der Kinder bis sechs Jahre multipliziert mit dem Faktor 28 gebildet l Die Summe beider Ansaumltze bildet den Gesamtansatz

I

-5 shy

2 Bei den kreisangehoumlrigen Gemeinden wird als Hauptansatz der Wert bezeichnet der sich aus dem Produkt der Einwohnerzahl einer Gemeinde und der Hauptansatzstaffel einschlieszliglich des Zentralishytaumltszuschlages nach Satz 5 ergibt Die Hauptansatzstaffel betraumlgt bei Gemeinden bis 7 999 Einwohshyner 100 v H mit 8 000 bis 24 999 Einwohner 102 bis 112 v H und mit 25 000 bis 60 000 Einwohner 113 bis 130 v H Zwischenwerte werden bis zur zweiten Stefle nach dem Komma gerundet Bei Mitshygliedsgemeinden von Verwaltungsgemeinschaften und Verbandsgemeinden richtet sich die Hauptanshysatzstaffel der einzelnen Gemeinde nach der Gesamtsumme der Einwohner der ihnen jeweils zugehoumlshyrigen Gemeinden Gemeinden mit der Funktion eines Mittelzentrums erhalten einen Zentralitaumltszushyschag von 20 v H Der Nebenansatz U6 wird aus der jeweiligen Anzahl der Kinder bis sechs Jahre geuildet multipliziert mit dem Faktor 6 7 Die Summe derAnsaumltze bildet den Gesamtansatz

3 Bei den Landkreisen entspricht der Gesamtansatz der Einwohnerzahl

(3) Der Grundbetrag wird auf fuumlnf Stellen hinter dem Komma so festgesetzt dass die zur Verfuumlgung stehende Finanzmasse so weit wie rechnerisch moumlglich aufgebraucht wird

sect 14 Steuerkraftmesszahl fuumlr Gemeinden

(1) Die Ermittlung der Steuerkraftmesszahl fuumlr kreisfreie Staumldte und kreisangehoumlrige Gemeinden ershyfolgt jeweils gesondert

(2) Die Steuerkaftmesszahfen werden berechnet indem die Steuerkraftzahlen der Grundsteuer A und B der Gewerbesteuer der Gemeindeanteile an der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer zusamshymengezaumlhlt werden

(3) Die Steuerkraftzahl einer Gemeinde wird wie folgt ermittelt

1 Bei der Grundsteuer A und B wird das jeweilige Ist-Aufkommen im vorvergangenen Jahr durch den jeweiligen Hebesatz geteilt Die sich daraus ergebenden Ausgangsbetraumlge werden mit dem gewogeshynen Durchschnitt der Hebesaumltze der jeweiligen Steuerart multipliziert

2 Bei der Gewerbesteuer wird das Ist-Aufkommen im vorvergangenen Jahr durch den Hebesatz geshyteilt Der sich daraus ergebende Ausgangsbetrag wird mit dem gewogenen Durchschnitt der Hebesaumltshyze multipliziert Von dem Ergebnis wird die im vorvergangenen Jahr erhobene Gewerbesteuerumlage abgezogen

3 Steuerkraftzahlen der Gemeindeanteile an der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer sind die jeweiligen Ist-Aufkommen im vorvergangenen Jahr

(4) Fuumlr Gemeinden mit vertraglich vereinbarten unterschiedlichen Realsteuerhebesaumltzen in ihren Ortsteilen werden getrennt fuumlr jede Steuerart zunaumlchst die Ausgangsbetraumlge fuumlr jeden Ortsteil errechshynet und zur jeweiligen Gemeinde summiert (5) Teilen sich Gemeinden Gewerbesteueraufkommen kann aufgemeinsamen Antrag die Steuerkraft unter Beruumlcksichtigung des vertraglich vereinbarten Aufteilungsverhaumlltnisses berechnet werden

sect 15 Umlagekraftmesszahl fuumlr Landkreise

Die Umlagekraftmesszahl der Landkreise betraumlgt 40 v H von

1 den Steuerkraftmesszahlen der kreisangehoumlrigen Gemeinden gemaumlszlig sect 14 und

2 den SchlOssezuweisungen der kreisangehoumlrigen Gemeinden gemaumlszlig sect 3 Nr 4 Buchst b

-6shy

sect 17 Ausgleichsstock

(1) Aus dem Ausgleichsstock werden Bedarfszuweisungen zur Milderung oder zum Ausgleich auszligershygewoumlhnlicher Belastungen und Notlagen im Haushalt der Kommunen erbracht Als Notlage gilt insbeshysondere der Fall dass die Einnahmemoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren Ausgabeverpflichtungen nicht ausreichen Daneben dient er der Vermeidung besonderer Haumlrten bei der Durchfuumlhrung dieses Gesetzes Dem Ausgleichsstock werden im Haushaltsjahr 2013 Mittel in Houmlshyhe von 3 785 050 Euro und im Haushaltsjahr 2014 Mittel in Houmlhe von 3 273 180 Euro zur Aufstockung der SchlOssezuweisungen fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden entnommen Fuumlr die kreisfreien Staumldshyte und Landkreise erfolgt ein Ausgleich durch Mittel des Ausgleichsstocks soweit die Nettoausgaben nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in den Haushaltsjahren 2013 und 2014 die des Haushaltsjahshyres 2011 jeweils Obersteigen Dabei ist fuumlr die Haushaltsjahre 2013 und 2014 die bereits beruumlcksichshytigte Preis- und Bevoumllkerungsentwicklung bei der Bedarfsermittlung in Abzug zu bringen

(2) Leistungen aus dem Ausgleichsstock koumlnnen auf Antrag gewaumlhrt werden Sollen die Leistungen aus dem Ausgleichsstock dem Ausgleich von Haushaltsfehlbetraumlgen dienen ist dem Antrag ein von der Vertretungskoumlrperschaft beschlossenes Haushaltskonsolidierungskonzept beizufuumlgen

(3) Ein Rechtsanspruch auf Gewaumlhrung einer Leistung aus dem Ausgleichsstock besteht nicht Die Bewilligung von Leistungen kann mit Bedingungen und Auflagen verknuumlpft werden

sect 19 Kreisumlage

(1) Die Kreisumlage gernaszlig sect 67 Abs 2 der Landkreisordnung wird in der Haushaltssatzung in Vomshyhundertsaumltzen der einzelnen Umlagegrundlagen (Umlagesaumltze) bemessen Bei unterschiedlichen Umshylagesaumltzen soll der houmlchste Umlagesatz den niedrigsten um nicht mehr als ein Drittel uumlbersteigen

(2) Umlagegrundlagen sind die Steuerkraftzahlen der kreisangehoumlrigen Gemeinden nach sect 14 und die SchlOssezuweisungen nach sect 12 Ergibt sich eine negative Umlagegrundlage hat die kreisangehoumlrishyge Gemeinde einen Erstattungsanspruch

(3) Die Kreisumlage ist zum 20 eines jeden Monats faumlllig Umlageglfiubiger und Umlageschuldner k6nnen abweichende Ftllligkeitstermine vereinbaren

sect29 Obergangsvorschriften

(1) For die Ermittlung der Steuerkraftzahl der Gewerbesteuer fuumlr das Haushaltsjahr 2013 wird zushynaumlchst eine Berechnung gemfiszlig sect 14 Abs 3 Nr 2 vorgenommen Anschlieszligend erfolgt eine weitere Berechnung der Steuerkraftzahl auf der Basis von einem Drittel des Ist-Aufkommens des Haushaltsshyjahres 2009 und zwei Dritteln des Ist-Aufkommens des Haushaltsjahres 2010 und der jeweiligen Anshyteile der Gewerbesteuerumage Die Rechnungsergebnisse nach den Saumltzen 1 und 2 werden sumshymiert und anschlieszligend durch zwei geteilt Das Ergebnis der Berechnung nach Satz 3 bildet die Steushyerkraftzahl der Gewerbesteuer filr das Haushaltsjahr 2013

Die Beschwerdefuumlhrerin ist eine kreisangehoumlrige Gemeinde in Sachsen-Anhalt Auf der

Grundlage des sect 12 Abs 4 FAG 2013 setzte das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt

gegenuumlber der Beschwerdefuumlhrerin mit Bescheid vom 24042013 fuumlr das Haushaltsjahr

2013 die Schluumlsselzuweisung gemaumlszligsect 3 Nr 4 b FAG 2013 iVm sectsect 12-14 17 Abs 1 25

Abs 1 und 29 Abs 1 FAG 2013 fest Darin enthalten ist die Festsetzung einer Finanzkraftshy

umlage gemaumlszligsect 12 Abs 3 FAG 2013 in Houmlhe von 183526400 Euro Die Beschwerdefuumlhshy

rerin hat hiergegen mit Schreiben vom 08052013 Widerspruch eingelegt uumlber diesen Wishy

-7 shy

derspruch ist noch nicht entschieden worden Die Finanzkraftumlage ist entsprechend den

gesetzlichen Vorgaben auf der Grundlage einer Steuerkraftmesszahl in Houmlhe von

1835264400 Euro ermittelt worden Die Berechnung der Steuerkraftmesszahl erfolgte unter

Beruumlcksichtigung der Uumlbergangsvorschrift des sect 29 FAG 2013 auf der Grundlage der Geshy

werbesteuereinnahmen der Beschwerdefuumlhrerin des Jahres 2009 in Houmlhe von

1852090000 Euro und des Jahres 2010 in Houmlhe von 1806830000 Euro Die fuumlr die Beshy

rechnung der Finanzkraftumlage maszliggebliche Steuerkraftmesszahl ist aus dem Mittelwert

gem sect 29 FAG 2013 ermittelt worden

Die Beschwerdefuumlhrerin hat am 03122013 kommunale Verfassungsbeschwerde erhoben

Zur Begruumlndung ihrer Verfassungsbeschwerde macht die Beschwerdefuumlhrerin geltend

Ihre Gewerbesteuereinnahmen seien ruumlcklaumlufig Die Gewerbesteuereinnahmen betruumlgen im

Jahr 2008 1647940000 Euro im Jahr 2009 1852090000 Euro im Jahr 2010

1806830000 Euro im Jahr 201 1 537230000 Euro im Jahr 2012 639220000 Euro und

im Jahr 2013 voraussichtlich 379200000 Euro Die hohen Gewerbesteuereinnahmen der

Jahre 2009 und 2010 wuumlrden mit in die Berechnung der Steuerkraftmesszahl und damit in

die Berechnung der Finanzkraftumlage einflieszligen Nach der gleichen Systematik wuumlrden

diese Einnahmen ebenfalls zur Berechnung der Kreisumlage im Jahr 2013 herangezogen

Fuumlr das Haushaltsjahr 2013 stuumlnden der Beschwerdefuumlhrerin Steuereinnahmen in Houmlhe von

708080000 Euro zur Verfuumlgung Von diesen Steuereinnahmen seien folgende Umlagen

abzufuumlhren Gewerbesteuerumlage 55730000 Euro Kreisumlage 644908500 Euro und

Finanzkraftumlage 183530000 Euro Dies ergebe einen Fehlbedarf in Houmlhe von

196088500 Euro Sie bestreite nicht dass das Land Sachsen-Anhalt grundsaumltzlich berechshy

tigt sei eine Finanzkraftumlage zu erheben Verfassungsrechtlich unzulaumlssig sei hingegen

der mit der Einfuumlhrung der Finanzkraftumiage durch das FAG 2013 verbundene Ruumlckwirshy

kungseffekt Dieser Ruumlckwirkungseffekt fuumlhre dazu dass Steuereinnahmen die in abgeshy

schlossenen Zeitraumlumen erzielt und die fuumlr Pflichtaufgaben und Ausgaben der Daseinsvorshy

sorge verausgabt worden seien zum Anlass fuumlr eine kuumlnftige Umlage genommen wuumlrden

Dadurch wuumlrden die Grundsaumltze der Pianbarkeit und der Vorhersehbarkeit verletzt Die

Regelung enthalte indes eine echte Ruumlckwirkung und sei mit dem Rechtsstaatsprinzip als IBestandteil der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie und dem darin enthaltenen grundshy I saumltzlichen Verbot ruumlckwirkender Regelungen unvereinbar Gegenstand der Abschoumlpfung l

seien Steuereinnahmen aus dem Bereich der Realsteuern des Gemeindeanteils an der Einshy

kommensteuer und des Gemeindeanteils aus der Umsatzsteuer aus Vorvorjahreszeitraumlushy I men Den Versuchen diese Regelung in die Kategorie der unechten Ruumlckwirkung einzuordshy

l

nen sei nicht zu folgen Zweifellos sei es richtig dass der Anknuumlpfungspunkt fuumlr die Finanz-

l l I

-8shy

kraftumlage in der Vergangenheit angesiedelt sei und die daraus folgenden Schluumlsse erst in

der Zukunft wirken wuumlrden Die Finanzkraftumlage sei aber erst fuumlr einen Zeitpunkt nach lnshy

krafttreten des Gesetzes zu zahlen Dies sei ein Fall der echten Ruumlckwirkung Der Sachvershy

halt sei in der dogmatischen Einordnung genauso zu beurteilen als wuumlrde der Steuergeshy

setzgeber auf die Idee kommen fuumlr einen abgeschlossenen Besteuerungszeitraum den

Steuertarif nachtraumlglich zu aumlndern Dass die Zahlungswirkung erst in der Zukunft eintrete sei

einer nachtraumlglichen Veraumlnderung der Besteuerungsgrundlagen fuumlr bereits abgeschlossene

Besteuerungszeitraumlume immanent und kein geeignetes Abgrenzungskriterium zwischen

echter und unechter Ruumlckwirkung Entscheidend sei die Antwort auf die Frage ob der Beshy

troffene noch eine Reaktionsmoumlglichkeit habe oder ob eine solche Reaktionsmoumlglichkeit

nicht bestehe und er der Ruumlckwirkung bedingungslos ausgeliefert sei

Uumlbersect 12 Abs 4 S 1 FAG 2013 koumlnne die verfassungswidrige Ruumlckwirkung nicht geheilt

werden Die Feinsteuerungsmoumlglichkeit uumlber den Ausgleichsstock genuumlge nicht den verfasshy

sungsrechtlichen Vorgaben wonach wesentliche Fragen des kommunalen Finanzausgleishy

ches durch den Gesetzgeber und nicht durch die ausfuumlhrende Verwaltung zu regeln seien

Der Gesetzgeber habe zwar bei der Regelung der Rahmenbedingungen des Finanzausgleishy

ches einen weiten Gestaltungsspielraum allerdings muumlsse er diesen Gestaltungsspielraum

selbst nutzen und duumlrfe ihn nicht der ausfuumlhrenden Verwaltung uumlberlassen Im Uumlbrigen sei

die Haumlrtefallregelung zu unbestimmt da die Kriterien fuumlr ihre Anwendung nicht feststaumlnden

und sie nicht zielfuumlhrend seien

Daruumlber hinaus fuumlhre die Finanzkraftumlage zu einer verfassungswidrigen Schattenwirshy

kung Die Beschwerdefuumlhrerin sei eine kreisangehoumlrige Gemeinde im Burgenlandkreis Aufshy

grund der Tatsache dass die Finanzkraftumlage bei der Steuerkraft abgezogen und somit

die Bemessungsgrundlagen fuumlr die Kreisumlage vermindert werde verliere der Burgenlandshy

kreis fuumlr das Haushaltsjahr 2013 Kreisumlagen in Houmlhe von 22879600 Euro und fuumlr das

Jahr 2014 Kreisumlagen in Houmlhe von 43500100 Euro Der Landkreis sei nicht abundant

Dies fuumlhre zu einer mittelbaren Schattenwirkung sowohl bei dem betroffenenmiddot Landkreis als

auch bei den nicht abundanten kreisangehoumlrigen Gemeinden des Landkreises Der in Mithaft

genommene Landkreis muumlsse die Kreisumlage anheben um diese Ausfaumllle zu kompensieshy

ren Er muumlsse entweder die Kreisumlage anheben oder auf eine sonst moumlgliche Senkung

der Kreisumlage verzichten so dass zweierlei Effekte eintreten wuumlrden Zunaumlchst verringere

sich bei ihr der Entlastungseffekt durch die Mitberuumlcksichtigung der Finanzkraftumlage bei

der Kreisumlage und es wuumlrden nunmehr auch uumlber diese mittelbare Schattenwirkung

Nachbarstaumldte und Gemeinden im Landkreis herangezogen die sich auch nicht annaumlhernd

in der Naumlhe einer Abundanz befaumlnden Nach der Rechtsprechung des Landesverfassungsshy

-9shy

gerichts fuumlhre diese Schattenwirkung zu einer Verletzung der Finanzhoheit der Landkreise

Dabei gehe es um das Prinzip auf die konkrete Houmlhe und das Ausmaszlig der Beeintraumlchtigung

komme es nicht an

Die Beschwerdefuumlhrerin beantragt

sect 12 Abs 3 des Gesetzes zur Abloumlsung des Finanzausgleichsgesetzes und zur

Aumlnderung weiterer Gesetze vom 18122012 (GVBL S 641) wegen Unvereinbarshy

keit mit Art 2 Abs 3 i V m Art 87 Abs 1 der Verfassung des Landes Sachsenshy

Anhalt fuumlr nichtig hilfsweise fuumlr verfassungswidrig zu erklaumlren

Mit Schriftsatz vom 11032014 hat die Landesregierung zu der Verfassungsbeschwerde

Stellung genommen Sie haumllt die Verfassungsbeschwerde fuumlr unbegruumlndet und ervridert auf

das Vorbringen der Beschwerdefuumlhrerin im Einzelnen

Es liege kein Fall einer unzulaumlssigen Ruumlckwirkung vor Ein Fall grundsaumltzlich unzulaumlssiger

echter Ruumlckwirkung liege nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vor

wenn eine Norm nachtraumlglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt aumlndernd eingreife Dies

sei insbesondere der Fall wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem

Zeitpunkt ihrer Verkuumlndung fuumlr bereits abgeschlossene Tatbestaumlnde gelten solle Dies treffe

hier nicht zu Die jetzige Situation sei die gleiche wie sie der -Entscheidung

zugrunde gelegen habe naumlmlich so wie die erstmalige Einfuumlhrung der Umlage zu beurteilen

sei wenn sie in den Jahren nach lnkrafttreten des Gesetzes erhoben werde und ihr die geshy

setzlich definierte und normierte Finanzkraft der Jahre vor lnkrafttreten des Gesetzes

zugrunde gelegt werde diese Finanzkraft aber nicht durch eine Erhebung in Echtzeit ermitshy

telt werde sondern unter Ruumlckgriff auf statistische Werte aus der Zelt vor lnkrafttreten des

Gesetzes in der --Entscheidung vom 13062006 habe das Landesverfassungsgeshy

richt eine echte Ruumlckwirkung der Ersteinfuumlhrung der Finanzkraftumlage verneint Es liege

auch keine unechte Ruumlckwirkung vor denn es seien keine Vertrauenstatbestaumlnde aufgrund

einer fruumlheren Regelung ersichtlich welche bereits haumltten ins Werk gesetzt sein koumlnnen weil

die Finanzkraftumlage erstmals in das Finanzausgleichsgesetz eingefuumlgt worden sei Dafuumlr

sei es unerheblich dass der Gesetzgeber fuumlr die Berechnung auf Grundsaumltze Bezug nehme

die fuumlr einen anderen Sachverhalt (allgemeine Zuweisungen jetzt Schluumlsselzuweisungen)

gelten wuumlrden und die er dort mit Wirkung fuumlr die Zukunft geaumlndert habe Der Saumlchsische

Verfassungsgerichtshof sei in seinem Urteil vom 26082010 hinsichtlich der Verfassungsshy

maumlszligigkeit der Einfuumlhrung einer Finanzkraftumlage unter Berechnung der Umlage aus den

Haushaltsdaten der Vergangenheit zu Recht davon ausgegangen dass darin weder ein Fall

von echter noch von unechter Ruumlckwirkung liege Mit der Berechnung der Umlage anhand

- 10 shy

der Steuereinnahmen vergangener Zeitraumlume gehe kein unzulaumlssiger Zugriff auf in der Vershy

gangenheit ihren Anfang nehmende oder gar beendete Lebenssachverhalte einher Den Anshy

knuumlpfungspunkt fuumlr die Erhebung der Finanzkraftumlage und damit den fuumlr eine Pruumlfung am

Vertrauensschutzprinzip maszliggeblichen Lebenssachverhalt bilde allein ein Uumlberschuss der

gemeindlichen Steuerkraft im aktuellen Haushaltsjahr Eine mit dem Vertrauensschutzprinzip

moumlglicherweise in Konflikt geratende Ruumlckwirkung laumlge allein dann vor wenn mit der Umlashy

ge eine uumlberschieszligende Finanzkraft vergangener Zeitraumlume abgeschoumlpft werden sollte also

gerade hierin die innere Rechtfertigung fuumlr die Belastung der Gemeinden zu erblicken waumlre

Diese Ausfuumlhrungen zum Saumlchsischen Finazausgleichsgesetz seien auch auf das FAG 2013

uumlbertragbar Fuumlr einen gesetzgabarischen Willen mit der Umlage eine uumlberschieszligende Fishy

nanzkraft vergangener Zeitraumlume abschoumlpfen zu wollen gebe es in den Gesetzesmaterialien

des FAG 2013 keine Anhaltspunkte Daruumlber hinaus schlieszlige sich die Landesregierung der

weiteren Argumentation des Saumlchsischen Verfassungsgerichtshofs an wonach gegen die

grundsaumltzliche Tauglichkeit des Maszligstabes zur Bemessung der Umlage keine Bedenken beshy

stuumlnden Hinter ihm stehe die Erwartung dass sich die Haushaltszahlen im aktuellen Jahr in

etwa im Rahmen der bekannten Daten entwickeln wuumlrden Wenn auch zeitlich verzoumlgert

wuumlrden die Annahmen immer wieder an die tatsaumlchlichen Haushaltsdaten angepasst Die

damit notwendig verbundenen Unschaumlrfen seien hinzunehmen Bei einer alternativ denkbashy

ren zunaumlchst vorlaumlufigen Ermittlung der Umlageschuld verbunden mit einem endguumlltigen

Festsetzungsverfahren bei Vorliegen der relevanten Haushaltsdaten waumlre eine verlaumlssliche

Finanz- Ausgaben- und Haushaltswirtschaft der Gemeinden praktisch kaum zu leisten Aus

dem Vertrauensschutzprinzip ergebe sich weder die Verpflichtung des Gesetzgebers Invesshy

titionen der Gemeinden zur Erzielung von Gewerbesteuern zu beruumlcksichtigen noch die

Notwendigkeit wegen fehlender zeitlicher Moumlglichkeiten fuumlr die Umlageschuld Vorsorge zu

treffen oder besondere Uumlbergangsregelungen zu schaffen Das Vertrauensschutzprinzip steshy

he Aumlnderungen des Systems des Finanzausgieichs nicht grundsaumltziich entgegen Es verianshy

ge lediglich eine Ruumlcksichtnahme auf gemeindliche Entscheidungen die in schutzwuumlrdigem

Vertrauen auf eine bestimmte Entwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen getroffen

worden seien Die Schutzwuumlrdigkeit folge dabei aus einem durch den Gesetzgeber geschafshy

fenen Vertrauenstatbestand Fuumlr eine Schutzwuumlrdigkeit der Hoffnung der Beschwerdefuumlhreshy

rin uumlber ihr Gewerbesteueraufkommen auch zukuumlnftig allein zu verfuumlgen sei nichts ersichtshy

lich Aus dem nach dem Soumlssen II Urteil erklaumlrten Verzicht eine Finanzkraftumlage fuumlr die

Vergangenheit zu erheben haumltten die Kommunen nicht schlieszligen koumlnnen dass dies auch

fuumlr die Zukunft gelten werde

Dass sowohl Zuweisungen des Landes als auch zu erhebende Umlagen nicht an das laushy

fende Steueraufkommen des aktuellen Jahres anknuumlpfen koumlnnen sei systemimmanent weil

- II shy

verlaumlssliche Finanzdaten immer erst mit zeitlicher Verzoumlgerung feststaumlnden Insoweit koumlnne

fuumlr die Finanzkraftumlage nichts anderes gelten als zB fuumlr die Kreisumlage Der Gesetzgeshy

ber sei daher daran gebunden das einmal gewaumlhlte System auch auf die Finanzkraftumlage

anzuwenden Eine theoretische Alternative waumlre ein Finanzausgteichssystem das zunaumlchst

mit Schaumltzwerten fuumlr das laufende Jahr arbeite die fortlaufend an die tatsaumlchlichen Daten

angepasst wuumlrden Letztlich muumlsste dann zum Abschluss eine Spitzabrechnung durchgeshy

fuumlhrt werden Es bestehe jedoch Einigkeit daruumlber dass dies zum einen vom Verwaitungsshy

aufwand her nicht zu bewaumlltigen waumlre zum anderen der Nachteil in Gestalt der Planungsunshy

sicherheit bei den Kommunen den Vorteil der etwas groumlszligeren Gerechtigkeit weit uumlberwiegen

wuumlrde Daher sei allen Finanzausgleichssystemen der Bundeslaumlnder gemeinsam dass fuumlr

das laufende Jahr Zahlen verwendet wuumlrden die mittels prognostischer Annahmen aus den

Werten vergangener Jahre abgeleitet wuumlrden Die Anknuumlpfung an die Daten des vorverganshy

genen Jahres liege der Berechnung des Finanzausgleichs insgesamt zu Grunde nicht nur

der Berechnung der Finanzkraftumlage Durch den Uumlbergang vom kameralen zum doppishy

schen Buchungsstil der inzwischen bei fast allen Kommunen abgeschlossen sei habe sich

im Uumlbrigen das Problem der zeitlichen Verschiebung zwischen Abundanz und Zahlung der

Umlage weitgehend erledigt

Den berechtigten Interessen der zahlungspflichtigen Kommunen dabei nicht uumlberfordert zu

werden trage die Befreiungsvorschrift hinreichend Rechnung Dass im Rahmen der Pruumlfung

der Befreiungen den Antragstellern wie der Beschwerdefuumlhrerin zugemutet werde eigene

Ruumlcklagen zum Zweck der Zahlung der Finanzkraftumlage einzusetzen sei derzeit Gegensshy

tand einer verwaltungsgerichtlichen Uumlberpruumlfung Ob das Gebot des Haushaltsausgleichs

Vorrang vor anderen Verwendungsabsichten der Ruumlcklagen habe sei eine fachgerichtlich zu

beantwortende Frage Fuumlr die jetzige Gesetzesfassung einer Befreiungsklausel wuumlrden die

aUgemeinen Bestimmtheitsanforderungen gelten Diesen werde sect 12 Abs 4 i V m sect 17

FAG 2013 zweifelsohne gerecht Soweit die Kernnorm der Gewaumlhrung von Leistungen aus

dem Ausgleichsstock naumlmlich der in sect 17 Abs 1 S 2 FAG geregelte Fall dass die Einnahshy

memoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren Ausgabeverpflichtungen

nicht ausreichten in Bezug genommen werde sei aufgrund einer langjaumlhrigen Klaumlrung durch

Behoumlrdenpraxis und die Rechtsprechung der Gerichte an der Bestimmtheit nicht zu zweifeln

Dass daruumlber hinaus die weiter gefassten Anwendungsfaumllle des sect 17 FAG von der Verweishy

sung erfasst wuumlrden belaste die Beschwerdefuumlhrerin nicht

Die jetzige Regelung der Finanzkraftabgabe greife nicht unzulaumlssig in die Finanzhoheit der

Landkreise ein Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumlage unterscheide sich im Hinshy

blick auf die Ebenentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren Finanzkraftumlage Bei der fruumlshy

- 12 shy

heren Regelung sei die Finanzkraftumlage dem Ausgleichsstock zugeflossen so dass sie

den Landkreisen als Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage verloren gegangen sei

Demgegenuumlber werde durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die

Kreisumlage insgesamt nicht geschmaumllert Es koumlnnte nur darum gehen inwieweit minimale

Verlagerungen der Bemessungsgrundlage von den finanzstarken zu den finanzschwaumlcheren

Landkreisen mit der Landesverfassung vereinbar seien Die Finanzkraftumlage fuumlhre innershy

halb eines Landkreises zu einer verminderten Umlagekraft der abundanten Gemeinden ershy

houmlhe aber die Umlagekraft der Empfaumlnger der Umlage Innerhalb eines Landkreises komshy

pensierten sich diese Gewinne und Verluste bei Bemessungsgrundlage weitgehend Aus

diesen Gruumlnden habe es der Landesgesetzgeber fuumlr kontraproduktiv gehalien diesen ershy

wuumlnschten Effekt durch einen nachgelagerten Spitzausgleich unter den Landkreisen zu beshy

seitigen Im Rahmen der Erarbeitung des Gesetzentwurfes habe auch eine Finanzkraftumlashy

ge zwischen den Landkreisen lange zur Diskussion gestanden Diese Loumlsung sei allerdings

verworfen worden Eine Stoumlrung der Belastungsgerechtigkeit auf Gemeindeebene und eine

Schattenwirkung auf Kreisebene zu vermeiden waumlre nur durch eine Kombination der derzeishy

tigen Regelung mit einem nachgelagerten Spitzausgleich auf der Landkreisebene moumlglich

Die Ausfuumlhrungen der Beschwerdefuumlhrerin uumlber die mittelbare Schattenwirkung gingen an

der Lebenswirklichkeit vorbei Bei einem Blick auf die Kreishaushalte werde angesichts der

starken Schwankungen in vielen Haushaltsbereichen schnell klar dass eine Verlagerung von

wenigen Tausend Euro bei der Bemessungsgrundlage der Kreisumlage eine voumlllig uninteshy

ressante Groumlszlige sei Ein Einfluss der Finanzkraftumlage auf die Kreisumlagefestsetzung sei

nicht ersichtlich Die finanzschwache Nachbargemeinde profitiere direkt von der Finanzkraftshy

umlage Die von der Beschwerdefuumlhrerin beschriebene mittelbare Schattenwirkung treffe

die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal Wenn im Zusammenshy

hang mit dem Finanzausgieich von armen und reichen Kommunen die Rede sei beziehe r

sich das uumlblicherweise auf die Moumlglichkeit zur Erzielung von Steuereinnahmen Es spiele

aber bei genauerer Betrachtung daruumlber hinaus eine Rolle ob diese Kommunen in einem

Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft laumlgen Der Landkreis mit niedriger Umlashy Igekraft werde in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlage erheben waumlhrend der

reiche Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlrigen Kommunen

I uumlblicherweise nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muumlsse Oe facto verfuumlgten also

die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verblieben Die nicht abunshy i danten Kommunen in dem reichen Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten l eventuell dadurch (minimal) belastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoshy l

ben werde um den Verlust des Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzshy

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- 13shy

kraftumlage zu kompensieren ln dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saldo von

der Finanzkraftumlage profitierten erhoumlhe sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass

der Kreisumlagesatz (geringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Der Landtag hat sich nicht geaumluszligert

E n t s c h e i d u n g s g r uuml n d e

Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist zulaumlssig (1 ) jedoch nicht begruumlndet (2 )

1 Das Landesverfassungsgericht ist zur Entscheidung uumlber die kommunale Verfassungs~

beschwerde berufen (vgl dazu im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen LVerfG Urt v

31051994- LVG 293 - LVerfGE 2 227 245 f Urt v 31051994- LVG 194 - LVerfGE

2 273 289f Urt v 31051994- LVG 494- LVerfGE 2 323 334 f) Soweit eine Verletshy

zung des durch Art 2 Abs 3 und 87 LVerf garantierten Selbstverwaltungsrechts behauptet

wird handelt es sich um eine kommunale Verfassungsbeschwerde im Sinne des Art 75 Nr

7 LVerf und dersectsect 2 Nr 8 51 des Landesverfassungsgerichtsgesetzes in der Fassung vom

24092009- LVerfGG- (GVBI S 474) Diese Bestimmungen berechtigen die Kommunen

gegen Eingriffe in ihr Selbstverwaltungsrecht durch ein Landesgesetz das Landesverfasshy

sungsgericht anzurufen

Nach sect 51 Abs 1 LVerfGG koumlnnen Kommunen die Verfassungsbeschwerde mit der Behaupshy

tung erheben durch ein Landesgesetz in ihrem Recht auf Selbstverwaltung nach Art 2 Abs

3 und Art 87 LVerf verletzt zu sein Gemaumlszlig sect 57 Abs 2 LVerf gelten die sectsect 48 bis 50

LVerfGG entsprechend Nach sect 49 L VerfGG (hinsichtlich der Verfassungsbeschwerde gegen

ein Gesetz deckungsgleich mit sect 92 BVerfGG) sind in der Begruumlndung der Verfassungsbeshy

schwerde welche nach sect 16 Abs 1 S 2 LVerfGG erforderlich ist das Recht das verletzt

sein soll und die Gesetzesvorschrift durch die sich die Beschwerdefuumlhrerin unmittelbar vershy

letzt sieht zu bezeichnen Die Zulaumlssigkelt einer kommunalen Verfassungsbeschwerde geshy

gen ein Gesetz setzt voraus dass die Beschwerdefuumlhrerin selbst gegenwaumlrtig und unmittelshy

bar durch die angegriffenen Rechtsnormen in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt ist Die

angegriffenen Normen beschraumlnken unmittelbar und gegenwaumlrtig das Selbstverwaltungsshy

recht der Beschwerdefuumlhrerin ohne dass ein weiterer angreifbarer Umsetzungsakt notwenshy

dig wird Insoweit wird auch auf die Gruumlnde des Urteils des Gerichts vom 16022010- LVG

908- (LVerfGE 21 361 mwN) verwiesen

- 14shy

Die Verfassungsbeschwerde ist formgerecht und innerhalb der Jahresfrist der sectsect 51 Abs 2

48 LVerfGG erhoben worden

2 Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist nicht begruumlndetsect 12 Abs 3 FAG 2013 steht

im Einklang mit der in den Artt 2 Abs 3 87 und 88 L Verf naumlher ausgeformten Garantie der

kommunalen Selbstverwaltung

21 Bedenken gegen die formelle Rechtmaumlszligigkeit des FAG 2013 bestehen nicht Der Geshy

setzgeber hat keine Vorgaben des Gesetzgebungsverfahrens verletzt insbesondere traf ihn

keine Begruumlndungspflicht dafuumlr weshalb er eine Umlagenhoumlhe von 10 insect 12 Abs 3 FAG

2013 gewaumlhlt hat Aus den Vorschriften der Landesverfassung die das Gesetzgebungsvershy

fahren regeln (Artt 77 ff LVerf) ergibt sich keine Pflicht zur Begruumlndung von Gesetzen durch

den Landtag Nach sect 23 Abs 2 S 2 der Geschaumlftsordnung des Landtages von Sachsenshy

Anhalt muumlssen Gesetzesentwuumlrfe schriftlich begruumlndet sein Eine uumlber diese allgemeine Beshy

gruumlndungsnotwendigkeit hinausgehende Pflicht zur genauen Erlaumluterung des sect 12 Abs 3

FAG 2013 besteht nicht Eine besondere Darlegungslast des Gesetzgebers ergibt sich auch

nicht aus der speziellen Gesetzesmaterie des kommunalen Finanzausgleichs Der Gesetzshy

geber ist nicht gehalten die Gruumlnde fuumlr die Festlegung konkreter Betraumlge oder Verteilungsshy

kriterien im Einzelnen darzulegen Das Landesverfassungsgericht uumlberpruumlft das Finanzausshy

gleichsgesetz daher als Ergebnis eines Gesetzgebungsprozesses und nicht nur auf welshy

chem Weg der Gesetzgeber zu diesem Ergebnis gelangt ist (LVerfG Urt v 09102012shy

LVG 5710 - LVerfGE 23 315 333f) Der generellen Annahme einer in das Einzelne geshy

henden Begruumlndung bei jeder Gesetzgebung stehen im Uumlbrigen praktische Erwaumlgungen

entgegen So waumlre eine Abstimmung uumlber die Begruumlndung erforderlich um feststellen zu

koumlnnen ob die Mehrheit der Abgeordneten des Landtages diese Begruumlndung traumlgt

22 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt auch materiell-rechtlich nicht gegen die Landesshy

verfassung

221 Pruumlfungsmaszligstab ist die Selbstverwaltungsgarantie der Artt 2 Abs 3 87 und 88 L Verf

Seide Bestimmungen konkretisieren fuumlr das Land Sachsen-Anhalt die in Art 28 GG enthalshy

tene bundesverfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und haben

nach Zweck und Entstehungsgeschichte jedenfalls denselben Mindestgehalt wie Art 28 Abs

1 S 2 und 3 sowie Abs 2 GG Zum Selbstverwaltungsrecht der Kommunen gehoumlrt nach geshy

festigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG Beschl v 151 01985 shy

2 BvR 1808 1809 181082- BVerfGE 71 25 36 mwN) die Finanzhoheit der Kommunen

Sie umschlieszligt die eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft Die Verfasshy

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- 15 shy

sung des Landes Sachsen-Anhalt enthaumllt mit Art 87 Abs 3 einerseits und Art 88 anderershy

seits zwei selbstaumlndige Ausformungen der finanziellen Absicherung der Kommunen kraft deshy

rer das Land zum einen Bestimmungen uumlber die Deckung der Kosten treffen muss die den

Kommunen durch die Zuweisung von Pflichtaufgaben zur Erfuumlllung in eigener Verantwortung

und durch die Uumlbertragung von staatlichen Aufgaben zur Erfuumlllung nach Weisung entstehen

Zum anderen hat das Land dafuumlr zu sorgen dass die Kommunen uumlber Finanzmittel verfuumlshy

gen die zur angemessenen Erfuumlllung ihrer Aufgaben ausreichend sind Dabei ist die untershy

schiedliche Finanzkraft der Kommunen auf Grund eines Gesetzes angemessen auszugleishy

chen (Art 88 Abs 2 LVeri)

Als landesverfassungsrechtliche Garantie eines aufgabengerechten Finanzausgleichs weist

Art 88 LVerf dabei einen engen Bezug zu den bundesverfassungsrechtlichen Bestimmunshy

gen uumlber den Finanzausgleich auf welcher die Gemeinden unmittelbar einschlieszligt So steht

den Gemeinden ein bundesgesetzlich zu bestimmender Anteil an der Einkommen- und Umshy

satzsteuer (Art 106 Abs 5 5a GG) zu ferner die Ertragshoheit uumlber die Grund- und Gewershy

besteuer an deren Aufkommen aber Bund und Laumlnder durch eine Umlage beteiligt werden

sowie die Ertragshoheit uumlber die oumlrtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern sofern diese

nicht nach Maszliggabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbaumlnden zusteht (Art 1 06

Abs 6 GG) Wie der kommunale Finanzausgleich konkret ausgestaltet wird unterliegt der

Entscheidung des Landesgesetzgebers Ihm steht dabei angesichts desmiddot lneinandergreifens

von landesrechtliehen und grundgesetzliehen Finanzausgleichsvorschriften durch welche

den Gemeinden unmittelbar Steuerertraumlge zugewiesen werden sowie der Einbindung des

kommunalen Finanzausgleichs in die gesamte Haushaltswirtschaft und -planung des Landes

ein weiter Gestaltungsspielraum zu (LVerfG Urt v 16022010 aaO 361 374 mwN)

222 Im Rahmen dieses Gestaitungsspielraums hat der Landesgesetzgeber einen intershy

kommunalen horizontalen Finanzausgleich geschaffen der verfassungsrechtlich nicht zu beshy

anstanden ist

2221 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip unter dem Geshy

sichtpunkt des Verbots der echten Ruumlckwirkung soweit Steuereinnahmen aus dem Bereich

der Realsteuern des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer und des Gemeindeanteils

aus der Umsatzsteuer aus Vorvorjahreszeitraumlumen fuumlr die Berechnung der Finanzkraftumlashy

ge herangezogen werden

22211 Das Rechtsstaatsprinzip gehoumlrt zu den Vorschriften des Grundgesetzes und der

Landesverfassung die das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mit zu bestimshy

- 16 shy

men geeignet sind Es gehoumlrt damit auch zum Pruumlfungsmaszligstab der kommunalen Verfasshy

sungsbeschwerde Mit der Idee des Rechtsstaats ist der Gedanke der Dauerhaftigkeit und

Unverbruumlchlichkeil von Recht eng verbunden Der Rechtsgrundsatz der Rechtssicherheit

verlangt objektiv ein Mindestmaszlig an Kontinuitaumlt des Rechts vor allem fuumlr die Modalitaumlten

seiner Aumlnderung um die Verlaumlsslichkeit der Rechtsordnung zu erhalten Rechtssicherheit

bedeutet subjektiv in erster Linie Vertrauensschutz Es gibt aber kein schutzwuumlrdiges Vershy

trauen in den Fortbestand einer guumlnstigen Rechtslage Verfassungsrechtlich problematisch

sind Regeln die ruumlckwirkend belasten weil sie auf vergangene Sachverhalte Bezug nehshy

men

2 2212 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das grundsaumltzliche Verbot der echten

Ruumlckwirkung Eine echte Ruumlckwirkung liegt naumlmlich erst dann vor wenn (1) ein Gesetz

nachtraumlglich aumlndernd in abgewickelte der Vergangenheit angehoumlrende Tatbestaumlnde einshy

greift wenn also der von der Ruumlckwirkung betroffene Tatbestand in der Vergangenheit nicht

nur begonnen hat sondern bereits abgeschlossen war und (2) die tatbestandliehe Ruumlckanshy

knuumlpfung auch zu abgeschlossenen Rechtsfolgen vor der Verkuumlndung der gesetzlichen Reshy

gelung gefuumlhrt hat d h dass die Rechtsfolgen des neuen Gesetzes fuumlr einen vor der Vershy

kuumlndung liegenden Zeitpunkt auftreten sollen und nicht erst fuumlr die Zeit ab Verkuumlndung der

Norm (vgl Urt des LVerfG v 16022010 aaO 376 mwN) sect 12 Abs 3 FAG 2013 knuumlpft

bei der Bemessung der Finanzkraftumlage nachsect 29 FAG 2013 zwar an in der Vergangenshy

heit bereits abgeschlossene Tatbestaumlnde (Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren 2009

und 2010) an die Finanzkraftumlage wird erstmalig aber nach dem lnkrafttreten des FAG

2013 fuumlr die aktuelle Finanzkraft des Jahres 2013 erhoben die lediglich aus den Steuereinshy

nahmen der Jahre 2009 und 2010 ermittelt wird

222 i 3 Unabhaumlngig davon ob man das Anknuumlpfen bei der Berechnung der Finanzkraftumshy

lage an Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren vor der erstmaligen Erhebung der Umlashy

ge (in Sachsen-Anhalt an die Jahre 2009 bis 2012) als eine unechte Ruumlckwirkung bezeichnet

(so LVerfG MV Urt v 26012012 - 3310 - RdNr 107 juris) oder wie der Verfassungsgeshy J

richtshof des Freistaates Sachsen (Urt v 26082010- Vf 129-VIII-09 - RdNr 101 juris) I annimmt dass in dem Ruumlckgriff auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltnissen der Vorjahre

keine Ruumlckwirkung gegeben sei weil die Finanzkraftumlage die aktuelle Steuerkraft und die

der Vorjahre abschoumlpfen will kann das Anknuumlpfen an die vorvergangenen Jahre bei der Beshyf

rechnung der Finanzkraftumlage nicht als verfassungswidrig angesehen werden

IDabei ist zum einen zu beruumlcksichtigen dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfasshy 1

sungsgerichts im Beschluss vom 14051986 (2 Bvl 283 Absatz-Nr 92 juris) davon auszushy

- 17 shy

gehen ist dass eine Einordnung unter den Oberbegriff Ruumlckwirkung im weitesten Sinne

keinerlei verfassungsrechtliche Maszligstaumlbe aufzuzeigen vermag

Zum anderen besteht unter den Landesverfassungsgerichten Einigkeit daruumlber dass die Beshy

rechnung der Umlage anhand der Steuereinnahmen der vorvergangenen Jahre - unabhaumlnshy

gig davon ob man darin eine unechte Ruumlckwirkung sieht oder nicht- im Rahmen des Vershy

haumlltnismaumlszligigkeitsgrundsatzes unter dem Blickwinkel der Sachgerechtigkeit des gewaumlhlten

Maszligstabs und unter dem Gesichtpunkt des Vertrauensschutzes bewertet werden muss (vgl

SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO RdNrn 102 105 LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 106) Danach kann der Gesetzgeber auch dann wenn die Gesetzesaumlnderung

an sich verfassungsrechtlich zulaumlssig ist im Hinblick auf den Grundsatz der Verhaumlltnismaumlshy

szligigkeit verpflichtet sein eine angemessene Uumlbergangsregelung zu treffen Der Nachpruumlfung

durch das Landesverfassungsgericht unterliegt insoweit allerdings nur ob der Gesetzgeber

bei einer Gesamtabwaumlgung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der

Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gruumlnde unter Beruumlcksichtigung aller Umstaumlnde die

Grenze der Zumutbarkeit uumlberschritten hat (so auch LVerfG MV Urt v 26012012 aaO

RdNr 106 mwN)

Gegen die grundsaumltzliche Tauglichkeit des Maszligstabs bestehen keine Bedenken Hinter ihm

steht die Erwartung dass sich die Haushaltszahlen im aktuellen Jahr in etwa im Rahmen der

bekannten Daten entwickeln werden

Im Rahmen der gebotenen Abwaumlgung ist zu beruumlcksichtigen dass der Landesgesetzgeber

bereits 1999 und 2007 die Einfuumlhrung eines interkommunalen Finanzausgleichs fuumlr verfasshy

sungsrechtlich dringend geboten gehalten und 2010 nur deshalb zunaumlchst auf die Erhebung

der Umiage verzichtet hat weii er keine einfache Moumlglichkeit gesehen hatte die Vorgaben

des Landesverfassungsgerichts aus dem Urteil vom 16022010 umzusetzen Bereits in dem

am 13042011 geschlossenen Koalitionsvertrag haben die regierungsbildenden Koalitionaumlra

festgeschrieben dass das bestehende System des kommunalen Finanzausgleichs fuumlr das

Jahr 2012 fortgeschrieben werden solL lnfolge dieser Absicht sollte ein Gutachter auch eine

verfassungskonforme Loumlsung zur Erhebung einer Umlage zur Angleichung der Finanzkraft

zwischen armen und reichen Kommunen finden Bei dieser Sachlage kann nicht davon

ausgegangen werden dass die Kommunen vor der Wiedereinfuumlhrung der Finanzkraftumlage

im Jahre 2013 darauf vertrauen durften von einer solchen Abgabe verschont zu bleiben

Das Landesverfassungsgericht hat sowohl bereits in seinem Urteil vom 13062006 als auch

in seinem Urteil vom 16022010 ausgefuumlhrt dass eine interkommunale Finanzkraftumlage

- 18shy

grundsaumltzlich mit der Landesverfassung vereinbar ist nur nicht deren konkrete Ausgestalshy

tung durch das jeweilige FAG

Ferner ist zu beruumlcksichtigen dass ein allgemeiner Vertrauensschutz auf den Fortbestand

der bisherigen Strukturen des Finanzausgleichs grundsaumltzlich nicht besteht was auch einen

Schutz des Vertrauens auf die Nichteinfuumlhrung neuer finanzausgleichsrechtlicher Instrumenshy

te ausschlieszligt Die Garantie der Selbstverwaltung verleiht den Gemeinden keinen verfasshy

sungsrechtlichen Anspruch auf Beibehaltung einer einmal erreichten Struktur des Finanzshy

ausgleichs Vielmehr steht es dem Gesetzgeber frei veraumlnderte Rahmenbedingungen neue

Erkenntnisse und gewandelte Praumlferenzvorstellungen bei der jaumlhrlichen Regelung des komshy

munalen Finanzausgleichs zu beruumlcksichtigen (so auch LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 109 mwN SaumlchsVerfGH Urt v 28082010 aaO RdNL 1 05)

Etwas anderes folgt auch nicht daraus dass es den betroffenen Gemeinden im Jahre 2013

tatsaumlchlich nicht mehr moumlglich war fuumlr die vorvergangenen Jahre im Hinblick auf die Finanzshy

ausgleichsumlage Dispositionen zu treffen indem sie ihr Ausgabeverhalten geaumlndert oder

die Hebesaumltze insbesondere fuumlr die Gewerbesteuer an der Umlage ausgerichtet haumltten Der

Umstand dass bei der Berechnung der Umlagenhoumlhe auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltshy

nissen der vorvergangenen Vorjahre zuruumlckgegriffen wird aumlndert nichts daran dass die Reshy

gelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht die Steuerkraft der abgeschlossenen Vorjahre sonshy

dern die jeweils aktuelle Steuerkraft im Auge hat

Dass sowohl Zuweisungen des Landes als auch zu erhebende Umlagen nicht an das laushy

fende Steueraufkommen des aktuellen Jahres anknuumlpfen koumlnnen ist systemimmanent weil

verlaumlssliche Finanzdaten immer erst mit zeitlicher Verzoumlgerung feststehen Die damit notshy

wendig verbundenen Unschaumlrfen sind hinzunehmen insoweit kann fuumlr die Finanzkraftumiashy

ge nichts anderes gelten als z B fuumlr die Kreisumlage Der Gesetzgeber ist daher daran geshy

bunden das einmal gewaumlhlte System auch auf die Finanzkraftumlage anzuwenden (so

schon LVerfG Urt v 13062006 aaO S 475)

Eine theoretische Alternative waumlre zwar ein Finanzausgleichssystem das zunaumlchst mit

Schaumltzwerten fuumlr das laufende Jahr arbeitet die fortlaufend an die tatsaumlchlichen Daten anshy

gepasst werden Letztlich muumlsste dann zum Abschluss eine Spitzabrechnung durchgefuumlhrt

werden Eine verlaumlssliche Finanz- Ausgaben- und Haushaltswirtschaft der Gemeinden waumlre

damit allerdings praktisch kaum zu leisten (so auch SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO

RdNr 103 unter Hinweis auf BVerfG Urt v 24061986- 2 BvF 1 5 683 184 und 1 285

- BVerfGE 72 330 400)

19 shy

22214 Im Uumlbrigen ermoumlglichtsect 12 Abs 4 FAG 2013 in der zweijaumlhrigen Uumlbergangszeit in

der Steuereinnahmen aus der Zeit vor lnkrafttreten des Gesetzes in die Berechnung der Fishy

nanzkraft einflieszligen fuumlr den Fall dass die fuumlr die spaumltere Zahlung der Finanzkraftumlage

benoumltigten Betraumlge nicht sofort einer Ruumlckstellung zugefuumlhrt wurden eine Befreiung von der

Verpflichtung zur Zahlung der Finanzkraftumlage wenn es in einem nachfolgenden Jahr zu

einem Einbruch des Gewerbesteueraufkommens kommt die Kommune nicht uumlber ausreishy

chende Ruumlcklagen bzw freie liquide Mittel verfuumlgt und sie die Verpflichtung zur Abfuumlhrung

der Finanzkraftumlage vor Probleme stellt sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 verstoumlszligt

nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz Kernelement des Rechtsstaatsprinzips ist dass alshy

le materiellen Rechtsnormen mit Regelungsanspruch dem Rechtsunterworfenen gegenuumlber

diesem die Moumlglichkeit einraumlumen sein Verhalten auf die Rechtsnorm einzurichten Schon

nach allgemeinen rechtsstaatliehen Regeln verlangt der Bestimmtheitsgrundsatz gesetzliche

Tatbestaumlnde so praumlzise zu formulieren dass ein Normadressat sein Handeln kalkulieren

kann weil die Folgen der Regelung fuumlr ihn voraussehbar und berechenbar sind Dies bedeushy

tet zwar nicht dass die Norm uumlberhaupt keine Auslegungsprobleme aufwerfen darf Dem

Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genuumlgt wenn diese mit herkoumlmmlichen juristischen

Methoden bewaumlltigt werden koumlnnen Es muss auch verlangt werden dass der Gesetzgeber

wenigstens seinen Grundgedanken das Ziel seines gesetzgeberischen Wollens deutlich

macht Allen Bestimmtheitsanforderungen ist gemeinsam dass der Grad der Bestimmtheit

von den jeweiligen sachlichen Eigenarten des Regelungsgegenstandes abhaumlngt Stets sind

Rechtsvorschriften so genau zu fassen wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden leshy

benssachverhalte und mit Ruumlcksicht auf den Normzweck moumlglich ist (vgl Urt des l VerfG v

16022010 aaO 381 mwN)

sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 haumllt diesen Anforderungen stand Bei der Regelung

handelt es sich nicht um eine Ermessensvorschrift sondern um eine gebundene Entscheishy

dung mit unbestimmten Rechtsbegriffen auf der Tatbestandsebene Die in sect 17 Abs 1 FAG

2013 verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe auszligergewoumlhnliche Belastungen Notlage

und besondere Haumlrte lassen sich durch Auslegung soweit konkretisieren dass sie selbst

dem Bestimmtheitsgebot des Art 103 Abs 2 GG genuumlgen wuumlrden Den Begriff Notlage deshy

finiert sect 17 Abs 1 S 2 FAG 2013 indem es dort heiszligt Als Notlage gilt insbesondere der

Fall dass die Einnahmemoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren

Ausgabeverpflichtungen nicht ausreichen Der Begriff der auszligergewoumlhnlichen Belastung

ist ein im Steuer- und Sozialrecht (vgl zB sect 33 des Einkommensteuergesetzes - EStG shy

oder im Sozialrecht zB sect 27 Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung- SchwbAV)

verwendeter Begriff der durch den Bundesgesetzgeber und die Rechtsprechung hinreichend

- 20 shy

konkretisiert ist Eine auszligergewoumlhnliche Belastung ist dadurch gekennzeichnet dass einem

Pflichtigen immer dann wenn er zwangslaumlufig groumlszligere Aufwendungen als die uumlberwiegende

Mehrzahl der Pflichtigen gleicher Einkommensverhaumlltnisse und gleicher Vermoumlgensverhaumlltshy

nisse erbringen muss der Teibull der Aufwendungen ermaumlszligigt wird der die dem Pflichtigen

zurnutbare Belastung uumlbersteigt (sect 33 Abs 1 EStG) Aufwendungen erwachsen dem Pflichtishy

gen nur zwangslaumlufig wenn er sich ihnen aus rechtlichen tatsaumlchlichen oder sittlichen

Gruumlnden nicht entziehen kann Das ist der Fall wenn die Gruumlnde der Zwangslaumlufigkeit derart

von auszligen auf die Entschlieszligung des Pflichtigen einwirken dass er ihnen nicht ausweichen

kann er also tatsaumlchlich keine Entscheidungsfreiheit hat bestimmte Aufwendungen vorzushy

nehmen oder zu unterlassen Liegt eine maszliggeblich vom menschlichen Willen beeinflusste

Situation vor so handelt es sich dagegen um keine Zwangslage in diesem Sinne von sect 33

Abs 1 EStG (vgl BFH Urt v 17072014- VI R 4213- RdNr 13- juris) Auch der Begriff

der besonderen Haumlrte ist ein im Verwaltungs- und Sozialrecht insbesondere bei Billigkeitsshy

entscheidungen haumlufig verwendeter unbestimmter Rechtsbegriff der eine hinreichende Konshy

kretisierung durch die fachgerichtliche Rechtsprechung erfahren hat Der Begriff der besonshy

deren Haumlrte ist ein durch die Fachgerichte voll uumlberpruumlfbarer Rechtsbegriff (vgl BVerwG

Urt v 29031979- 2 C 1677 - Buchholz 2384 sect 46 SG Nr S 52) Durch Bestimmungen

die diesen Begriff verwenden sollen unzumutbare Belastungen vermieden werden Der Geshy

setzgeber fuumlhrt regelmaumlszligig eine Haumlrtevorschrift ein um von den Regelvorschriften nicht ershy

fassten Ausnahmefaumlllen und Grenzsituationen Rechnung tragen zu koumlnnen (vgl BVerwG

Urt v 11021977-6 C 10574- RdNr 28- juris)

Ob bei Anwendung der Befreiungsregelung dessect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 durch

die Exekutive den abundanten Gemeinden angesichts ihrer hohen Gewerbesteuershy

einnahmen in der Vergangenheit abverlangt werden kann ROcklagen aus vergangenen Jahshy

ren einzusetzen oder Kassenkredite aufzunehmen betrifft die Rechtsanwendung und ist von

der Fachgerichtsbarkeit zu klaumlren

2222 Soweit die Beschwerdefuumlhrerin unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Landesshy

verfassungsgerichts im Urteil vom 16022010 geltend macht die Finanzkraftumlage sei

deshalb verfassungswidrig weil sie auf der Landkreisebene bei nicht abundanten Landkreishy

sen durch die Heranziehung einer abundanten Gemeinde zur Finanzkraftumlage eine Schatshy

tenwirkung herbeifuumlhre die dazu fuumlhre dass im Ergebnis dieser Schattenwirkung die Fi-middot

nanzkraftumlage den nicht abundanten Landkreis treffe vermag sie damit die Verfassungsshy

widrigkeit von sect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht zu begruumlnden weil dieser Entscheidung ein anshy

ders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag

- 21 shy

ln sect 16 Abs 2 FAG 2007 war vorgesehen dass ab dem 01 01 2008 eine Kuumlrzung der Beshy

messungsgrundlage der Kreisumlage um die Finanzkraftumlage vorzunehmen war Der Geshy

setzgeber des FAG 2007 hatte dadurch eine Kuumlrzung der Steuerkraftmesszahl um die abzushy

fuumlhrende Finanzkraftumlage als Berechnungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage vorgenommen

Damit konnte fuumlr das Finanzausgleichsmodell das dem FAG 2007 zugrunde lag die Kreisshy

umlagebelastung fuumlr die von der Finanzkraftumlage belasteten Gemeinden spuumlrbar verrinshy

gert werden Um den Eingriff in das Kreisumlagegefuumlge des betroffenen Landkreises abzushy

mildern hatte der Gesetzgeber den Abzug der Finanzkraftumlage zugleich bei der Ermittlung

der Umlagekraftmesszahl der Landkreise (sect 9 FAG 2007) zu beruumlcksichtigen Damit verminshy

derte sich nicht nur die Steuerkraftmesszahl als Bemessungsgrundlage der Kre isumlage

sondern auch als Bemessungsgrundlage fuumlr die Houmlhe der allgemeinen Zuwendungen fuumlr die

Landkreise Dies fuumlhrte dazu dass die Landkreise mit abundanten Gemeinden die wegen

einer houmlheren Umlagekraft an sich weniger allgemeine Zuweisungen erhielten mehr erhielshy

ten Da das Land den Betrag der allgemeinen Zuweisungen an die Landkreise allerdings unshy

veraumlndertmiddot belassen hatte fuumlhrte dies aber dazu dass die anderen Landkreise ohne abunshy

dante Gemeinden weniger allgemeine Zuweisungen erhielten Nur diese Regelung des sect 16

Abs 2 FAG 2007 hat das Landesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 16022010 als eishy

nen verfassungswidrigen Eingriff des Landesgesetzgebers in die Finanzhoheit der Landkreishy

se angesehen Auch die weiteren Ausfuumlhrungen des Landesverfassungsgerichts im Urteil

vom 16022010 beziehen sich auf die beanstandete Regelung dessect 16 Abs 2 FAG 2007

Mit sect 12 FAG 2013 hat der Gesetzgeber ein neues Modell fuumlr die Erhebung der Finanzshy

kraftumlage eingefuumlhrt Dieses Modell stellt sich wie folgt dar Der Gesetzgeber hat das Moshy

dell der sog Abundanzumlage (sect 19a FAG 2005 FAG 2007) bei der eine normierte Steuershy

kraft mit einem normierten Bedarf verglichen wird und fuumlr den Fall dass die Steuerkraft den

Bedarf uumlbersteigt (Abundanz) die Moumlglichkeit eines Zugriffs auf einen gewissen Prozentsatz

des abundanten Teils besteht aufgegeben und nunmehr den Finanzausgleich unter den

steuerstarken und steuerschwachen kreisangehoumlrigen Gemeinden nach einem anderen Moshy

dell vorgenommen das nicht nur die beschriebene uumlberschieszligende Steuerkraft fuumlr die Beshy

rechnung der Umlage heranzieht sondern in Anlehnung an eine entsprechende Regelung in

Baden-Wuumlrttemberg eine breitere Bemessungsgrundlage waumlhlt

Gemaumlszlig sect 12 Abs 2 S 4 und 5 FAG 2013 wird nunmehr fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden

ein Ausgleichsverfahren als Rechenschritt bei der Ermittlung der endguumlltigen Schluumlsselshy

zuweisung durchgefuumlhrt Dabei wird die Schluumlsselzuweisung A mit beruumlcksichtigt Bei der

Schluumlsselzuweisung A wird nach sect 12 Abs 2 S 5 FAG 2013 allen kreisangehoumlrigen Geshy

meinden deren Steuerkraft je Einwohner 80 vH des Durchschnitts aller Gemeinden untershy

- 22shy

schreitet die Differenz der eigenen Steuerkraft zu 80 vH der durchschnittlichen Steuerkraft

zu 80 vH ausgeglichen Diese Schluumlsselzuweisung bewirkt eine dem Finanzausgleich der

Regelungen des FAG 2005 und des FAG 2007 noch unbekannte Verlagerung unter allen

Zuweisungsempfaumlngern also allen nicht abundanten Gemeinden zugunsten der steuershy

schwachen Gemeinden und zurasten der mehr steuerstarken Gemeinden Die abundanten

Gemeinden die keine Zuweisungsempfaumlnger sind werden hierdurch noch nicht belagttet Ihshy

re Belastung erfolgt erst durch die Regelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 Danach zahlen alie

kreisangehoumlrigen Gemeinden also sowohl die Zuweisungsempfaumlnger als auch die abundanshy

ten Gemeinden eine Umlage von 10 vH der Summe aus der Steuerkraftmesszahl fuumlr Geshy

meinden gemaumlszligsect 14 FAG 2013 und den Schluumlsselzuweisungen A und B also ihrer gesamshy

ten Finanzkraft Uumlber sect 14 Abs 3 Nr 2 FAG 2013 geraten ua die Gewerbeshy

steuereinnahmen der abundanten Gemeinden in Houmlhe von 10 vH in diesen Finanzkraftumshy

lagetopf Dieser Umlagetopf erhoumlht gem sect 12 Abs 3 S 2 FAG 2013 die Finanzmasse fuumlr die

Schluumlsselzuweisung B

Diese veraumlnderte Schluumlsselzuweisung B wird dann nach der Regelung des sect 12 Abs 2 S 6

FAG auf die Schluumlsselzuweisungsempfaumlnger umgelegt Gemaumlszlig sect 19 Abs 2 FAG flieszligt die

zuletzt genannte Schluumlsselzuweisung an die kreisangehoumlrigen Gemeinden zwar in die Kreisshy

umlagenberechnung ein Da sich die Bemessung der Kreisumlage aus der Steuerkraft und

den Schluumlsselzuweisungen fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden zusammensetzt wird die

Finanzkraftumlage somit auch zum Abzugsposten bei der Bemessungsgrundlage der Kreisshy

umlage Diese Einbeziehung der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Finanzkraftshy

umlage in die Kreisumlagenberechnung stellt indes keinen Eingriff in die ebenfalls verfasshy

sungsrechtlich geschuumltzte Finanzhoheit der Landkreise dar

Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumiage unterscheidet sich im Hinblick auf die Ebeshy

nentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren vom Landesverfassungsgericht beanstandeten

Finanzkraftumlage Letztere floss dem Ausgleichsstock zu so dass sie den Landkreisen als

Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgesamt verloren ging Demgegenuumlber wird

durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgeshy

samt nicht geschmaumllert

Das Landesverfassungsgericht hat weder heute noch hatte es im Urteil vom 16022010 Beshy

denken dagegen dass uumlber die vorgelagerten Regelungen zur Bestimmung der Steuerkraftshy

messzahl und zur Festlegung der Schluumlsselzuweisungen der Gemeinden zugleich die Beshy

messungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage festgelegt wird Dass jede Aumlnderung der Finanzshy

ausstattung der kreisangehoumlrigen Gemeinden zwangslaumlufig auch zu Verlagerungen bei der

- 23shy

Finanzausstattung der Landkreise fuumlhrt verstoumlszligt als solches nicht gegen die Landesverfasshy

sung Dies gilt auch fuumlr die neu eingefuumlhrte Vorabverteilung der Schluumlsselmasse A zugunsshy

ten der finanzschwachen Kommunen Sie fuumlhrt zu keinen Veraumlnderungen bei der Gesamtshy

summe der Umlagekraftmesszahlen der Landkreise hat aber Verschiebungen zwischen den

einzelnen Landkreisen zur Folge Die jetzige gesetzliche Regelung stellt sicher dass die jeshy

weiligen Gesamtsummen der beiden Komponenten der Finanzausstattung der Landkreise

durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnderung erfahren Der Gesamtbemessungsgrundiashy

ge fuumlr die Kreisumlage werden durch die Verschiebungen zwischen den Kommunen keine

Betraumlge entzogen Da es keine abundanten Landkreise gibt ergeben sich auch keine Ausshy

wirkungen auf die Gesamthoumlhe der Schluumlsselzuweisungen die die Landkreise vom Land ershy

halten

Waumlhrend die Gesamtausstattung der Landkreise durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnshy

derung erfaumlhrt ergeben sich - dies raumlumt die Landesregierung selber ein - allerdings gerinshy

ge Verlagerungseffekte zwischen den einzelnen Landkreisen Diese Verlagerungseffekte

sind indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

Den Anspruch auf angemessene Finanzausstattung der Landkreise darf der Gesetzgeber

einschraumlnken soweit andere Interessen von Verfassungsrang dies rechtfertigen Nicht nur

der horizontale gemeindliche sondern auch der uumlbergemeindliche Finanzausgleich ist von

dem Grundsatz der interkommunalen Solidaritaumlt gepraumlgt (LVerfG Urt v 13062006-705shy

LVerfGE 17 410 429 NdsStGH NdsVBL 2001 184 188) Der Gedanke der interkommushy

nalen Solidaritaumlt umfasst - wie die Kreisumlage zeigt - auch die ausgleichenden Finanzshy

stroumlme zwischen der Gemeinde- und Kreisebene (vgL auch SaumlchsVerfG Urt v 29012010

- Vf 25-VIII-09 - RdNr 119 - juris unter Hinweis auf BVerfG Beschl v 07021991

- 2 BvL 2484 - BVerfGE 83 363 391f LVerfG MV Urt v 26012012- 1810 - RdNr

81) Haumltte der Gesetzgeber eine Verschiebung von finanzstarken zu finanzschwachen Landshy

kreisen mit einer eigenstaumlndigen Ausgleichsregelung herbeigefuumlhrt waumlre dies durch Art 88

ALs 2 S 1 LVerf gedeckt Nichts anderes gilt wenn derselbe Effekt mittelbar durch die vershy

fassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung zum Finanzkraftausgleich der Gemeinshy

den erreicht wird Der Ebene des einzelnen Landkreises steht dem Vertust an Bemessungsshy

grundlage durch die negative Schluumlsselzuweisung der abundanten Gemeinden (sofern keine

Befreiungen erteilt wurden) jeweils ein Gewinn an Bemessungsgrundlage durch die Erhoumlshy

hung der Schluumlsselzuweisung der uumlbrigen Gemeinden gegenuumlber Je nachdem welcher Efshy

fekt uumlberwiegt erhoumlhen oder vermindern sich die Einnahmen der jeweiligen Landkreise aus

der Kreisumlage durch die Finanzkraftumlage geringfuumlgig Diese Aumlnderung bei dem Aufshy

kommen an Kreisumlage ist aber nicht gleichzusetzen mit der Aumlnderung der Finanzkraft der

- 24shy

Landkreise Da es keine abundanten Landkreise gibt bekommen saumlmtliche Landkreise

Schluumlsselzuweisungen vom Land Der nicht bereits durch die Kreisumlage ausgeglichene

Finanzbedarf der Landkreise wird im Jahr 2013 zu 80 in den Folgejahren zu 90 ausgeshy

glichen Dieser Mechanismus bewirkt dass auch der noch nicht kompensierte Verlust an

Bemessungsgrundlage durch abundante Gemeinden zu 90 (bzw 2013 zu 80 ) ausgeshy

glichen wird Oie verbleibenden Differenzbetraumlge sind wirtschaftlich unbedeutend und vershy

fassungsrechtlich hinzunehmen (vgl auch LVerfG MV Urt v 2601 2012 - 3310 - RdNr

79- juris)

2223 Eine verfassungswidrige Schattenwirkung fuumlr weitere benachbarte kreisangehoumlrige

und nicht abundante Gemeinden laumlsst sich ebenfalls nicht feststellen Die finanzschwache

Nachbargemeinde profitiert direkt von der Finanzkraftumlage Die von der Beschwerdefuumlhreshy

rin beschriebene mittelbare Schattenwirkung durch die Moumlglichkeit einer Erhoumlhung der

Kreisumlage betrifft die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal und

muss daruumlber hinaus auch differenziert betrachtet werden Es besteht ein Unterschied ob

eine solche Kommune in einem Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft liegt Der

Landkreis mit niedriger Umlagekraft wird in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlashy

ge erheben waumlhrend der Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlshy

rigen Kommunen nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muss De facto verfuumlgen alshy

so die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verbleiben Die Finanzkraftshy

umlage mildert diesen Effekt unter Umstaumlnden geringfuumlgig ab Die nicht abundanten Komshy

munen in dem Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten eventuell dadurch beshy

lastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoben wuumlrde um den Verlust des

Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzkraftumlage zu kompensieren ln

dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saido von der Finanzkraftumlage profitiershy

ten erhoumlht sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass der Kreisumlagesatz sogar (geshy

ringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Daruumlber hinaus besteht eine Solidaritaumltsverpflichtung der Kreise gegenuumlber den kreisangeshy

houmlrigen Gemeinden die diese vor einer unangemessenen Erhoumlhung der Kreisumlage

schuumltzt (vgl Faber in HennekePuumlnderWaldhoff Recht der Kommunalfinanzen 2006 sect 34

RdNr 50)

3 Die Kostenentscheidung beruht auf sect 32 LVerfGG Gerichtskosten werden nicht erhoben

(Absatz 1) Gruumlnde fuumlr die Anordnung der Erstattung der notwendigen Auslagen der erfolglos

gebliebenen Beschwerdefuumlhrerin sind nicht ersichtlich (Abs 2 und 3)

- 25 shy

Dr Zettel GemmerSchubert Bergmann

Prof Or Kluth StallFranzkowiak

Page 4: URTEIL - Landesportal Sachsen-Anhalt

-4 shy

Finanzausgleichsgesetz (FAG 2013) vom 18122012 (GVBI S 641) in der Fassung vom

18122013 (GVBI S 552)

sect 12 Schluumlsselzuweisungen

(1) FDr die Erledigung der Aufgaben des eigenen Wirkungskreises erhalten die Gemeinden und Landshykreise SchlOssezuweisungen die sich fuumlr die Gemeinden in Abhaumlngigkeit von ihrer Steuerkraft geshymaumlszlig sect 14 und fuumlr die Landkreise in Abhaumlngigkeit von ihrer Umfagekraft gemaumlszlig sect 15 bemessen Aus dem fuumlr die Schluumlsselzuweisungen im Haushaltsjahr 2013 bereitgestellten Teil der Finanzausgleichsshymasse erhalten die kreisfreien Sttidte 233 444 041 Euro die Landkreise 160 242 079 Euro und die kreisangehoumlrigen Gemeinden 424 961 573 Euro Aus dem fuumlr die SchlOssezuweisungen im Hausshyhaltsjahr 2014 bereitgestellten Teil der Finanzausgleichsmasse erhalten die kreisfreien Staumldte 229 398 683 Euro die Landkreise 164 955 692 Euro und die kreisangehoumlrigen Gemeinden 394 669 321 Euro

(2) Schluumlsselzuweisungen werden geleistet wenn die Steuerkraftmesszahl oder die Umlagekraftshymesszahl hinter der Bedarfsmesszahl zurackbleibt Dieser Unterschiedsbetrag wird bei den kreisfreien Staumldten zu 70 v H ausgeglichen Landkreise erhalten im Haushaltsjahr 2013 einen Ausgleich von 80 v H und im Haushaltsjahr 2014 von 90 v H Bei den kreisangehoumlrigen Gemeinden erfolgt der Ausshygleich in einem mehrstufigen Verfahren ln einem ersten Schritt wird bei den Gemeinden deren Steushyerkraft je Einwohner 80 v H des Durchschnitts aller kreisangehoumlrigen Gemeinden unterschreitet die Differenz der eigenen Steuerkraft zu 80 v H der durchschnittlichen Steuerkraft zu 80 v H ausgeglishychen (SchlOssezuweisung A) ln einem zweiten Schritt erfolgt der Ausgleich zwischen der Bedarfsshymesszahl und der um die Schluumlsselzuweisung A erhoumlhten Steuerkraftmesszahl zu 70 v H (SchlOsshysezuweisung 8)

(3) Zur Milderung der Unterschiede in der Finanzkraft zahlen kreisangehoumlrige Gemeinden eine Umlashyge von 10 v H der Summe aus der Steuerkraftmesszahl fOr Gemeinden gemaumlszlig sect 14 und den SchlOssezuweisungen A und B Zur Verteilung der Umlage wird die Finanzmasse fOr die Schluumlsselshyzuweisungen B um die Umlagemasse nach Satz 1 erMht und anschlieszligend eine Neuberechnung entshysprechend Absatz 2 Satz 6 vorgenommen Ergeben sich nach den Berechnungen nach Satz 1 und 2 negative SchlOssezuweisungen sind diese in gleich groszligen Teilbetraumlgen zu den Terminen nach Abshysatz 5 an das Land abzufahren Die auf Grundlage dieses Absatzes ergehenden Verwaltungsakte sind sofort vollziehbar

(4) Soweit eine kreisangeh6rige Gemeinde wegen des Umlageverfahrens nach Absatz 3 Mittel aus dem Ausgleichsstock erhalten muumlsste wird sie von der Zahlung auf Antrag befreit Wird der Anspruch auf Befreiung erst nachtrtiglich festgestellt kann das Land mit Mitteln des Ausgleichsstocks in Vorleisshytung treten und auf eine Aumlnderung der Bescheide der Dbrigen Gemeinden und Landkreise fDr das jeshyweilige Haushaltsjahr verzichten Ist das Land in Vorleistung getreten erhaumllt es diese Betraumlge bei der naumlchsten DurchfOhrung des Umlageverfahrens durch einen Vorwegabzug aus der Umlagemasse ershystattet

(5) Die Auszahlung erfolgt in Raten zum 10 der Monate Februar April Juni August Oktober und Deshyzember eines jeden Jahres

sect 13 IBedarfsmesszahl

(1) Die Bedarfsmesszahl ergibt sich aus dem Produkt des Gesamtansatzes nach Absatz 2 und dem Grundbetrag nach Absatz 3

(2) Der Gesamtansatz wird fOr kreisfreie Staumldte kreisangeMrige Gemeinden und Landkreise wie folgt Igebildet

I1 Bei den kreisfreien Staumldten entspricht der Hauptansatz der Einwohnerzahl Der Nebenansatz U6 wird aus der jeweiligen Anzahl der Kinder bis sechs Jahre multipliziert mit dem Faktor 28 gebildet l Die Summe beider Ansaumltze bildet den Gesamtansatz

I

-5 shy

2 Bei den kreisangehoumlrigen Gemeinden wird als Hauptansatz der Wert bezeichnet der sich aus dem Produkt der Einwohnerzahl einer Gemeinde und der Hauptansatzstaffel einschlieszliglich des Zentralishytaumltszuschlages nach Satz 5 ergibt Die Hauptansatzstaffel betraumlgt bei Gemeinden bis 7 999 Einwohshyner 100 v H mit 8 000 bis 24 999 Einwohner 102 bis 112 v H und mit 25 000 bis 60 000 Einwohner 113 bis 130 v H Zwischenwerte werden bis zur zweiten Stefle nach dem Komma gerundet Bei Mitshygliedsgemeinden von Verwaltungsgemeinschaften und Verbandsgemeinden richtet sich die Hauptanshysatzstaffel der einzelnen Gemeinde nach der Gesamtsumme der Einwohner der ihnen jeweils zugehoumlshyrigen Gemeinden Gemeinden mit der Funktion eines Mittelzentrums erhalten einen Zentralitaumltszushyschag von 20 v H Der Nebenansatz U6 wird aus der jeweiligen Anzahl der Kinder bis sechs Jahre geuildet multipliziert mit dem Faktor 6 7 Die Summe derAnsaumltze bildet den Gesamtansatz

3 Bei den Landkreisen entspricht der Gesamtansatz der Einwohnerzahl

(3) Der Grundbetrag wird auf fuumlnf Stellen hinter dem Komma so festgesetzt dass die zur Verfuumlgung stehende Finanzmasse so weit wie rechnerisch moumlglich aufgebraucht wird

sect 14 Steuerkraftmesszahl fuumlr Gemeinden

(1) Die Ermittlung der Steuerkraftmesszahl fuumlr kreisfreie Staumldte und kreisangehoumlrige Gemeinden ershyfolgt jeweils gesondert

(2) Die Steuerkaftmesszahfen werden berechnet indem die Steuerkraftzahlen der Grundsteuer A und B der Gewerbesteuer der Gemeindeanteile an der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer zusamshymengezaumlhlt werden

(3) Die Steuerkraftzahl einer Gemeinde wird wie folgt ermittelt

1 Bei der Grundsteuer A und B wird das jeweilige Ist-Aufkommen im vorvergangenen Jahr durch den jeweiligen Hebesatz geteilt Die sich daraus ergebenden Ausgangsbetraumlge werden mit dem gewogeshynen Durchschnitt der Hebesaumltze der jeweiligen Steuerart multipliziert

2 Bei der Gewerbesteuer wird das Ist-Aufkommen im vorvergangenen Jahr durch den Hebesatz geshyteilt Der sich daraus ergebende Ausgangsbetrag wird mit dem gewogenen Durchschnitt der Hebesaumltshyze multipliziert Von dem Ergebnis wird die im vorvergangenen Jahr erhobene Gewerbesteuerumlage abgezogen

3 Steuerkraftzahlen der Gemeindeanteile an der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer sind die jeweiligen Ist-Aufkommen im vorvergangenen Jahr

(4) Fuumlr Gemeinden mit vertraglich vereinbarten unterschiedlichen Realsteuerhebesaumltzen in ihren Ortsteilen werden getrennt fuumlr jede Steuerart zunaumlchst die Ausgangsbetraumlge fuumlr jeden Ortsteil errechshynet und zur jeweiligen Gemeinde summiert (5) Teilen sich Gemeinden Gewerbesteueraufkommen kann aufgemeinsamen Antrag die Steuerkraft unter Beruumlcksichtigung des vertraglich vereinbarten Aufteilungsverhaumlltnisses berechnet werden

sect 15 Umlagekraftmesszahl fuumlr Landkreise

Die Umlagekraftmesszahl der Landkreise betraumlgt 40 v H von

1 den Steuerkraftmesszahlen der kreisangehoumlrigen Gemeinden gemaumlszlig sect 14 und

2 den SchlOssezuweisungen der kreisangehoumlrigen Gemeinden gemaumlszlig sect 3 Nr 4 Buchst b

-6shy

sect 17 Ausgleichsstock

(1) Aus dem Ausgleichsstock werden Bedarfszuweisungen zur Milderung oder zum Ausgleich auszligershygewoumlhnlicher Belastungen und Notlagen im Haushalt der Kommunen erbracht Als Notlage gilt insbeshysondere der Fall dass die Einnahmemoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren Ausgabeverpflichtungen nicht ausreichen Daneben dient er der Vermeidung besonderer Haumlrten bei der Durchfuumlhrung dieses Gesetzes Dem Ausgleichsstock werden im Haushaltsjahr 2013 Mittel in Houmlshyhe von 3 785 050 Euro und im Haushaltsjahr 2014 Mittel in Houmlhe von 3 273 180 Euro zur Aufstockung der SchlOssezuweisungen fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden entnommen Fuumlr die kreisfreien Staumldshyte und Landkreise erfolgt ein Ausgleich durch Mittel des Ausgleichsstocks soweit die Nettoausgaben nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in den Haushaltsjahren 2013 und 2014 die des Haushaltsjahshyres 2011 jeweils Obersteigen Dabei ist fuumlr die Haushaltsjahre 2013 und 2014 die bereits beruumlcksichshytigte Preis- und Bevoumllkerungsentwicklung bei der Bedarfsermittlung in Abzug zu bringen

(2) Leistungen aus dem Ausgleichsstock koumlnnen auf Antrag gewaumlhrt werden Sollen die Leistungen aus dem Ausgleichsstock dem Ausgleich von Haushaltsfehlbetraumlgen dienen ist dem Antrag ein von der Vertretungskoumlrperschaft beschlossenes Haushaltskonsolidierungskonzept beizufuumlgen

(3) Ein Rechtsanspruch auf Gewaumlhrung einer Leistung aus dem Ausgleichsstock besteht nicht Die Bewilligung von Leistungen kann mit Bedingungen und Auflagen verknuumlpft werden

sect 19 Kreisumlage

(1) Die Kreisumlage gernaszlig sect 67 Abs 2 der Landkreisordnung wird in der Haushaltssatzung in Vomshyhundertsaumltzen der einzelnen Umlagegrundlagen (Umlagesaumltze) bemessen Bei unterschiedlichen Umshylagesaumltzen soll der houmlchste Umlagesatz den niedrigsten um nicht mehr als ein Drittel uumlbersteigen

(2) Umlagegrundlagen sind die Steuerkraftzahlen der kreisangehoumlrigen Gemeinden nach sect 14 und die SchlOssezuweisungen nach sect 12 Ergibt sich eine negative Umlagegrundlage hat die kreisangehoumlrishyge Gemeinde einen Erstattungsanspruch

(3) Die Kreisumlage ist zum 20 eines jeden Monats faumlllig Umlageglfiubiger und Umlageschuldner k6nnen abweichende Ftllligkeitstermine vereinbaren

sect29 Obergangsvorschriften

(1) For die Ermittlung der Steuerkraftzahl der Gewerbesteuer fuumlr das Haushaltsjahr 2013 wird zushynaumlchst eine Berechnung gemfiszlig sect 14 Abs 3 Nr 2 vorgenommen Anschlieszligend erfolgt eine weitere Berechnung der Steuerkraftzahl auf der Basis von einem Drittel des Ist-Aufkommens des Haushaltsshyjahres 2009 und zwei Dritteln des Ist-Aufkommens des Haushaltsjahres 2010 und der jeweiligen Anshyteile der Gewerbesteuerumage Die Rechnungsergebnisse nach den Saumltzen 1 und 2 werden sumshymiert und anschlieszligend durch zwei geteilt Das Ergebnis der Berechnung nach Satz 3 bildet die Steushyerkraftzahl der Gewerbesteuer filr das Haushaltsjahr 2013

Die Beschwerdefuumlhrerin ist eine kreisangehoumlrige Gemeinde in Sachsen-Anhalt Auf der

Grundlage des sect 12 Abs 4 FAG 2013 setzte das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt

gegenuumlber der Beschwerdefuumlhrerin mit Bescheid vom 24042013 fuumlr das Haushaltsjahr

2013 die Schluumlsselzuweisung gemaumlszligsect 3 Nr 4 b FAG 2013 iVm sectsect 12-14 17 Abs 1 25

Abs 1 und 29 Abs 1 FAG 2013 fest Darin enthalten ist die Festsetzung einer Finanzkraftshy

umlage gemaumlszligsect 12 Abs 3 FAG 2013 in Houmlhe von 183526400 Euro Die Beschwerdefuumlhshy

rerin hat hiergegen mit Schreiben vom 08052013 Widerspruch eingelegt uumlber diesen Wishy

-7 shy

derspruch ist noch nicht entschieden worden Die Finanzkraftumlage ist entsprechend den

gesetzlichen Vorgaben auf der Grundlage einer Steuerkraftmesszahl in Houmlhe von

1835264400 Euro ermittelt worden Die Berechnung der Steuerkraftmesszahl erfolgte unter

Beruumlcksichtigung der Uumlbergangsvorschrift des sect 29 FAG 2013 auf der Grundlage der Geshy

werbesteuereinnahmen der Beschwerdefuumlhrerin des Jahres 2009 in Houmlhe von

1852090000 Euro und des Jahres 2010 in Houmlhe von 1806830000 Euro Die fuumlr die Beshy

rechnung der Finanzkraftumlage maszliggebliche Steuerkraftmesszahl ist aus dem Mittelwert

gem sect 29 FAG 2013 ermittelt worden

Die Beschwerdefuumlhrerin hat am 03122013 kommunale Verfassungsbeschwerde erhoben

Zur Begruumlndung ihrer Verfassungsbeschwerde macht die Beschwerdefuumlhrerin geltend

Ihre Gewerbesteuereinnahmen seien ruumlcklaumlufig Die Gewerbesteuereinnahmen betruumlgen im

Jahr 2008 1647940000 Euro im Jahr 2009 1852090000 Euro im Jahr 2010

1806830000 Euro im Jahr 201 1 537230000 Euro im Jahr 2012 639220000 Euro und

im Jahr 2013 voraussichtlich 379200000 Euro Die hohen Gewerbesteuereinnahmen der

Jahre 2009 und 2010 wuumlrden mit in die Berechnung der Steuerkraftmesszahl und damit in

die Berechnung der Finanzkraftumlage einflieszligen Nach der gleichen Systematik wuumlrden

diese Einnahmen ebenfalls zur Berechnung der Kreisumlage im Jahr 2013 herangezogen

Fuumlr das Haushaltsjahr 2013 stuumlnden der Beschwerdefuumlhrerin Steuereinnahmen in Houmlhe von

708080000 Euro zur Verfuumlgung Von diesen Steuereinnahmen seien folgende Umlagen

abzufuumlhren Gewerbesteuerumlage 55730000 Euro Kreisumlage 644908500 Euro und

Finanzkraftumlage 183530000 Euro Dies ergebe einen Fehlbedarf in Houmlhe von

196088500 Euro Sie bestreite nicht dass das Land Sachsen-Anhalt grundsaumltzlich berechshy

tigt sei eine Finanzkraftumlage zu erheben Verfassungsrechtlich unzulaumlssig sei hingegen

der mit der Einfuumlhrung der Finanzkraftumiage durch das FAG 2013 verbundene Ruumlckwirshy

kungseffekt Dieser Ruumlckwirkungseffekt fuumlhre dazu dass Steuereinnahmen die in abgeshy

schlossenen Zeitraumlumen erzielt und die fuumlr Pflichtaufgaben und Ausgaben der Daseinsvorshy

sorge verausgabt worden seien zum Anlass fuumlr eine kuumlnftige Umlage genommen wuumlrden

Dadurch wuumlrden die Grundsaumltze der Pianbarkeit und der Vorhersehbarkeit verletzt Die

Regelung enthalte indes eine echte Ruumlckwirkung und sei mit dem Rechtsstaatsprinzip als IBestandteil der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie und dem darin enthaltenen grundshy I saumltzlichen Verbot ruumlckwirkender Regelungen unvereinbar Gegenstand der Abschoumlpfung l

seien Steuereinnahmen aus dem Bereich der Realsteuern des Gemeindeanteils an der Einshy

kommensteuer und des Gemeindeanteils aus der Umsatzsteuer aus Vorvorjahreszeitraumlushy I men Den Versuchen diese Regelung in die Kategorie der unechten Ruumlckwirkung einzuordshy

l

nen sei nicht zu folgen Zweifellos sei es richtig dass der Anknuumlpfungspunkt fuumlr die Finanz-

l l I

-8shy

kraftumlage in der Vergangenheit angesiedelt sei und die daraus folgenden Schluumlsse erst in

der Zukunft wirken wuumlrden Die Finanzkraftumlage sei aber erst fuumlr einen Zeitpunkt nach lnshy

krafttreten des Gesetzes zu zahlen Dies sei ein Fall der echten Ruumlckwirkung Der Sachvershy

halt sei in der dogmatischen Einordnung genauso zu beurteilen als wuumlrde der Steuergeshy

setzgeber auf die Idee kommen fuumlr einen abgeschlossenen Besteuerungszeitraum den

Steuertarif nachtraumlglich zu aumlndern Dass die Zahlungswirkung erst in der Zukunft eintrete sei

einer nachtraumlglichen Veraumlnderung der Besteuerungsgrundlagen fuumlr bereits abgeschlossene

Besteuerungszeitraumlume immanent und kein geeignetes Abgrenzungskriterium zwischen

echter und unechter Ruumlckwirkung Entscheidend sei die Antwort auf die Frage ob der Beshy

troffene noch eine Reaktionsmoumlglichkeit habe oder ob eine solche Reaktionsmoumlglichkeit

nicht bestehe und er der Ruumlckwirkung bedingungslos ausgeliefert sei

Uumlbersect 12 Abs 4 S 1 FAG 2013 koumlnne die verfassungswidrige Ruumlckwirkung nicht geheilt

werden Die Feinsteuerungsmoumlglichkeit uumlber den Ausgleichsstock genuumlge nicht den verfasshy

sungsrechtlichen Vorgaben wonach wesentliche Fragen des kommunalen Finanzausgleishy

ches durch den Gesetzgeber und nicht durch die ausfuumlhrende Verwaltung zu regeln seien

Der Gesetzgeber habe zwar bei der Regelung der Rahmenbedingungen des Finanzausgleishy

ches einen weiten Gestaltungsspielraum allerdings muumlsse er diesen Gestaltungsspielraum

selbst nutzen und duumlrfe ihn nicht der ausfuumlhrenden Verwaltung uumlberlassen Im Uumlbrigen sei

die Haumlrtefallregelung zu unbestimmt da die Kriterien fuumlr ihre Anwendung nicht feststaumlnden

und sie nicht zielfuumlhrend seien

Daruumlber hinaus fuumlhre die Finanzkraftumlage zu einer verfassungswidrigen Schattenwirshy

kung Die Beschwerdefuumlhrerin sei eine kreisangehoumlrige Gemeinde im Burgenlandkreis Aufshy

grund der Tatsache dass die Finanzkraftumlage bei der Steuerkraft abgezogen und somit

die Bemessungsgrundlagen fuumlr die Kreisumlage vermindert werde verliere der Burgenlandshy

kreis fuumlr das Haushaltsjahr 2013 Kreisumlagen in Houmlhe von 22879600 Euro und fuumlr das

Jahr 2014 Kreisumlagen in Houmlhe von 43500100 Euro Der Landkreis sei nicht abundant

Dies fuumlhre zu einer mittelbaren Schattenwirkung sowohl bei dem betroffenenmiddot Landkreis als

auch bei den nicht abundanten kreisangehoumlrigen Gemeinden des Landkreises Der in Mithaft

genommene Landkreis muumlsse die Kreisumlage anheben um diese Ausfaumllle zu kompensieshy

ren Er muumlsse entweder die Kreisumlage anheben oder auf eine sonst moumlgliche Senkung

der Kreisumlage verzichten so dass zweierlei Effekte eintreten wuumlrden Zunaumlchst verringere

sich bei ihr der Entlastungseffekt durch die Mitberuumlcksichtigung der Finanzkraftumlage bei

der Kreisumlage und es wuumlrden nunmehr auch uumlber diese mittelbare Schattenwirkung

Nachbarstaumldte und Gemeinden im Landkreis herangezogen die sich auch nicht annaumlhernd

in der Naumlhe einer Abundanz befaumlnden Nach der Rechtsprechung des Landesverfassungsshy

-9shy

gerichts fuumlhre diese Schattenwirkung zu einer Verletzung der Finanzhoheit der Landkreise

Dabei gehe es um das Prinzip auf die konkrete Houmlhe und das Ausmaszlig der Beeintraumlchtigung

komme es nicht an

Die Beschwerdefuumlhrerin beantragt

sect 12 Abs 3 des Gesetzes zur Abloumlsung des Finanzausgleichsgesetzes und zur

Aumlnderung weiterer Gesetze vom 18122012 (GVBL S 641) wegen Unvereinbarshy

keit mit Art 2 Abs 3 i V m Art 87 Abs 1 der Verfassung des Landes Sachsenshy

Anhalt fuumlr nichtig hilfsweise fuumlr verfassungswidrig zu erklaumlren

Mit Schriftsatz vom 11032014 hat die Landesregierung zu der Verfassungsbeschwerde

Stellung genommen Sie haumllt die Verfassungsbeschwerde fuumlr unbegruumlndet und ervridert auf

das Vorbringen der Beschwerdefuumlhrerin im Einzelnen

Es liege kein Fall einer unzulaumlssigen Ruumlckwirkung vor Ein Fall grundsaumltzlich unzulaumlssiger

echter Ruumlckwirkung liege nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vor

wenn eine Norm nachtraumlglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt aumlndernd eingreife Dies

sei insbesondere der Fall wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem

Zeitpunkt ihrer Verkuumlndung fuumlr bereits abgeschlossene Tatbestaumlnde gelten solle Dies treffe

hier nicht zu Die jetzige Situation sei die gleiche wie sie der -Entscheidung

zugrunde gelegen habe naumlmlich so wie die erstmalige Einfuumlhrung der Umlage zu beurteilen

sei wenn sie in den Jahren nach lnkrafttreten des Gesetzes erhoben werde und ihr die geshy

setzlich definierte und normierte Finanzkraft der Jahre vor lnkrafttreten des Gesetzes

zugrunde gelegt werde diese Finanzkraft aber nicht durch eine Erhebung in Echtzeit ermitshy

telt werde sondern unter Ruumlckgriff auf statistische Werte aus der Zelt vor lnkrafttreten des

Gesetzes in der --Entscheidung vom 13062006 habe das Landesverfassungsgeshy

richt eine echte Ruumlckwirkung der Ersteinfuumlhrung der Finanzkraftumlage verneint Es liege

auch keine unechte Ruumlckwirkung vor denn es seien keine Vertrauenstatbestaumlnde aufgrund

einer fruumlheren Regelung ersichtlich welche bereits haumltten ins Werk gesetzt sein koumlnnen weil

die Finanzkraftumlage erstmals in das Finanzausgleichsgesetz eingefuumlgt worden sei Dafuumlr

sei es unerheblich dass der Gesetzgeber fuumlr die Berechnung auf Grundsaumltze Bezug nehme

die fuumlr einen anderen Sachverhalt (allgemeine Zuweisungen jetzt Schluumlsselzuweisungen)

gelten wuumlrden und die er dort mit Wirkung fuumlr die Zukunft geaumlndert habe Der Saumlchsische

Verfassungsgerichtshof sei in seinem Urteil vom 26082010 hinsichtlich der Verfassungsshy

maumlszligigkeit der Einfuumlhrung einer Finanzkraftumlage unter Berechnung der Umlage aus den

Haushaltsdaten der Vergangenheit zu Recht davon ausgegangen dass darin weder ein Fall

von echter noch von unechter Ruumlckwirkung liege Mit der Berechnung der Umlage anhand

- 10 shy

der Steuereinnahmen vergangener Zeitraumlume gehe kein unzulaumlssiger Zugriff auf in der Vershy

gangenheit ihren Anfang nehmende oder gar beendete Lebenssachverhalte einher Den Anshy

knuumlpfungspunkt fuumlr die Erhebung der Finanzkraftumlage und damit den fuumlr eine Pruumlfung am

Vertrauensschutzprinzip maszliggeblichen Lebenssachverhalt bilde allein ein Uumlberschuss der

gemeindlichen Steuerkraft im aktuellen Haushaltsjahr Eine mit dem Vertrauensschutzprinzip

moumlglicherweise in Konflikt geratende Ruumlckwirkung laumlge allein dann vor wenn mit der Umlashy

ge eine uumlberschieszligende Finanzkraft vergangener Zeitraumlume abgeschoumlpft werden sollte also

gerade hierin die innere Rechtfertigung fuumlr die Belastung der Gemeinden zu erblicken waumlre

Diese Ausfuumlhrungen zum Saumlchsischen Finazausgleichsgesetz seien auch auf das FAG 2013

uumlbertragbar Fuumlr einen gesetzgabarischen Willen mit der Umlage eine uumlberschieszligende Fishy

nanzkraft vergangener Zeitraumlume abschoumlpfen zu wollen gebe es in den Gesetzesmaterialien

des FAG 2013 keine Anhaltspunkte Daruumlber hinaus schlieszlige sich die Landesregierung der

weiteren Argumentation des Saumlchsischen Verfassungsgerichtshofs an wonach gegen die

grundsaumltzliche Tauglichkeit des Maszligstabes zur Bemessung der Umlage keine Bedenken beshy

stuumlnden Hinter ihm stehe die Erwartung dass sich die Haushaltszahlen im aktuellen Jahr in

etwa im Rahmen der bekannten Daten entwickeln wuumlrden Wenn auch zeitlich verzoumlgert

wuumlrden die Annahmen immer wieder an die tatsaumlchlichen Haushaltsdaten angepasst Die

damit notwendig verbundenen Unschaumlrfen seien hinzunehmen Bei einer alternativ denkbashy

ren zunaumlchst vorlaumlufigen Ermittlung der Umlageschuld verbunden mit einem endguumlltigen

Festsetzungsverfahren bei Vorliegen der relevanten Haushaltsdaten waumlre eine verlaumlssliche

Finanz- Ausgaben- und Haushaltswirtschaft der Gemeinden praktisch kaum zu leisten Aus

dem Vertrauensschutzprinzip ergebe sich weder die Verpflichtung des Gesetzgebers Invesshy

titionen der Gemeinden zur Erzielung von Gewerbesteuern zu beruumlcksichtigen noch die

Notwendigkeit wegen fehlender zeitlicher Moumlglichkeiten fuumlr die Umlageschuld Vorsorge zu

treffen oder besondere Uumlbergangsregelungen zu schaffen Das Vertrauensschutzprinzip steshy

he Aumlnderungen des Systems des Finanzausgieichs nicht grundsaumltziich entgegen Es verianshy

ge lediglich eine Ruumlcksichtnahme auf gemeindliche Entscheidungen die in schutzwuumlrdigem

Vertrauen auf eine bestimmte Entwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen getroffen

worden seien Die Schutzwuumlrdigkeit folge dabei aus einem durch den Gesetzgeber geschafshy

fenen Vertrauenstatbestand Fuumlr eine Schutzwuumlrdigkeit der Hoffnung der Beschwerdefuumlhreshy

rin uumlber ihr Gewerbesteueraufkommen auch zukuumlnftig allein zu verfuumlgen sei nichts ersichtshy

lich Aus dem nach dem Soumlssen II Urteil erklaumlrten Verzicht eine Finanzkraftumlage fuumlr die

Vergangenheit zu erheben haumltten die Kommunen nicht schlieszligen koumlnnen dass dies auch

fuumlr die Zukunft gelten werde

Dass sowohl Zuweisungen des Landes als auch zu erhebende Umlagen nicht an das laushy

fende Steueraufkommen des aktuellen Jahres anknuumlpfen koumlnnen sei systemimmanent weil

- II shy

verlaumlssliche Finanzdaten immer erst mit zeitlicher Verzoumlgerung feststaumlnden Insoweit koumlnne

fuumlr die Finanzkraftumlage nichts anderes gelten als zB fuumlr die Kreisumlage Der Gesetzgeshy

ber sei daher daran gebunden das einmal gewaumlhlte System auch auf die Finanzkraftumlage

anzuwenden Eine theoretische Alternative waumlre ein Finanzausgteichssystem das zunaumlchst

mit Schaumltzwerten fuumlr das laufende Jahr arbeite die fortlaufend an die tatsaumlchlichen Daten

angepasst wuumlrden Letztlich muumlsste dann zum Abschluss eine Spitzabrechnung durchgeshy

fuumlhrt werden Es bestehe jedoch Einigkeit daruumlber dass dies zum einen vom Verwaitungsshy

aufwand her nicht zu bewaumlltigen waumlre zum anderen der Nachteil in Gestalt der Planungsunshy

sicherheit bei den Kommunen den Vorteil der etwas groumlszligeren Gerechtigkeit weit uumlberwiegen

wuumlrde Daher sei allen Finanzausgleichssystemen der Bundeslaumlnder gemeinsam dass fuumlr

das laufende Jahr Zahlen verwendet wuumlrden die mittels prognostischer Annahmen aus den

Werten vergangener Jahre abgeleitet wuumlrden Die Anknuumlpfung an die Daten des vorverganshy

genen Jahres liege der Berechnung des Finanzausgleichs insgesamt zu Grunde nicht nur

der Berechnung der Finanzkraftumlage Durch den Uumlbergang vom kameralen zum doppishy

schen Buchungsstil der inzwischen bei fast allen Kommunen abgeschlossen sei habe sich

im Uumlbrigen das Problem der zeitlichen Verschiebung zwischen Abundanz und Zahlung der

Umlage weitgehend erledigt

Den berechtigten Interessen der zahlungspflichtigen Kommunen dabei nicht uumlberfordert zu

werden trage die Befreiungsvorschrift hinreichend Rechnung Dass im Rahmen der Pruumlfung

der Befreiungen den Antragstellern wie der Beschwerdefuumlhrerin zugemutet werde eigene

Ruumlcklagen zum Zweck der Zahlung der Finanzkraftumlage einzusetzen sei derzeit Gegensshy

tand einer verwaltungsgerichtlichen Uumlberpruumlfung Ob das Gebot des Haushaltsausgleichs

Vorrang vor anderen Verwendungsabsichten der Ruumlcklagen habe sei eine fachgerichtlich zu

beantwortende Frage Fuumlr die jetzige Gesetzesfassung einer Befreiungsklausel wuumlrden die

aUgemeinen Bestimmtheitsanforderungen gelten Diesen werde sect 12 Abs 4 i V m sect 17

FAG 2013 zweifelsohne gerecht Soweit die Kernnorm der Gewaumlhrung von Leistungen aus

dem Ausgleichsstock naumlmlich der in sect 17 Abs 1 S 2 FAG geregelte Fall dass die Einnahshy

memoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren Ausgabeverpflichtungen

nicht ausreichten in Bezug genommen werde sei aufgrund einer langjaumlhrigen Klaumlrung durch

Behoumlrdenpraxis und die Rechtsprechung der Gerichte an der Bestimmtheit nicht zu zweifeln

Dass daruumlber hinaus die weiter gefassten Anwendungsfaumllle des sect 17 FAG von der Verweishy

sung erfasst wuumlrden belaste die Beschwerdefuumlhrerin nicht

Die jetzige Regelung der Finanzkraftabgabe greife nicht unzulaumlssig in die Finanzhoheit der

Landkreise ein Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumlage unterscheide sich im Hinshy

blick auf die Ebenentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren Finanzkraftumlage Bei der fruumlshy

- 12 shy

heren Regelung sei die Finanzkraftumlage dem Ausgleichsstock zugeflossen so dass sie

den Landkreisen als Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage verloren gegangen sei

Demgegenuumlber werde durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die

Kreisumlage insgesamt nicht geschmaumllert Es koumlnnte nur darum gehen inwieweit minimale

Verlagerungen der Bemessungsgrundlage von den finanzstarken zu den finanzschwaumlcheren

Landkreisen mit der Landesverfassung vereinbar seien Die Finanzkraftumlage fuumlhre innershy

halb eines Landkreises zu einer verminderten Umlagekraft der abundanten Gemeinden ershy

houmlhe aber die Umlagekraft der Empfaumlnger der Umlage Innerhalb eines Landkreises komshy

pensierten sich diese Gewinne und Verluste bei Bemessungsgrundlage weitgehend Aus

diesen Gruumlnden habe es der Landesgesetzgeber fuumlr kontraproduktiv gehalien diesen ershy

wuumlnschten Effekt durch einen nachgelagerten Spitzausgleich unter den Landkreisen zu beshy

seitigen Im Rahmen der Erarbeitung des Gesetzentwurfes habe auch eine Finanzkraftumlashy

ge zwischen den Landkreisen lange zur Diskussion gestanden Diese Loumlsung sei allerdings

verworfen worden Eine Stoumlrung der Belastungsgerechtigkeit auf Gemeindeebene und eine

Schattenwirkung auf Kreisebene zu vermeiden waumlre nur durch eine Kombination der derzeishy

tigen Regelung mit einem nachgelagerten Spitzausgleich auf der Landkreisebene moumlglich

Die Ausfuumlhrungen der Beschwerdefuumlhrerin uumlber die mittelbare Schattenwirkung gingen an

der Lebenswirklichkeit vorbei Bei einem Blick auf die Kreishaushalte werde angesichts der

starken Schwankungen in vielen Haushaltsbereichen schnell klar dass eine Verlagerung von

wenigen Tausend Euro bei der Bemessungsgrundlage der Kreisumlage eine voumlllig uninteshy

ressante Groumlszlige sei Ein Einfluss der Finanzkraftumlage auf die Kreisumlagefestsetzung sei

nicht ersichtlich Die finanzschwache Nachbargemeinde profitiere direkt von der Finanzkraftshy

umlage Die von der Beschwerdefuumlhrerin beschriebene mittelbare Schattenwirkung treffe

die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal Wenn im Zusammenshy

hang mit dem Finanzausgieich von armen und reichen Kommunen die Rede sei beziehe r

sich das uumlblicherweise auf die Moumlglichkeit zur Erzielung von Steuereinnahmen Es spiele

aber bei genauerer Betrachtung daruumlber hinaus eine Rolle ob diese Kommunen in einem

Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft laumlgen Der Landkreis mit niedriger Umlashy Igekraft werde in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlage erheben waumlhrend der

reiche Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlrigen Kommunen

I uumlblicherweise nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muumlsse Oe facto verfuumlgten also

die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verblieben Die nicht abunshy i danten Kommunen in dem reichen Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten l eventuell dadurch (minimal) belastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoshy l

ben werde um den Verlust des Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzshy

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- 13shy

kraftumlage zu kompensieren ln dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saldo von

der Finanzkraftumlage profitierten erhoumlhe sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass

der Kreisumlagesatz (geringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Der Landtag hat sich nicht geaumluszligert

E n t s c h e i d u n g s g r uuml n d e

Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist zulaumlssig (1 ) jedoch nicht begruumlndet (2 )

1 Das Landesverfassungsgericht ist zur Entscheidung uumlber die kommunale Verfassungs~

beschwerde berufen (vgl dazu im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen LVerfG Urt v

31051994- LVG 293 - LVerfGE 2 227 245 f Urt v 31051994- LVG 194 - LVerfGE

2 273 289f Urt v 31051994- LVG 494- LVerfGE 2 323 334 f) Soweit eine Verletshy

zung des durch Art 2 Abs 3 und 87 LVerf garantierten Selbstverwaltungsrechts behauptet

wird handelt es sich um eine kommunale Verfassungsbeschwerde im Sinne des Art 75 Nr

7 LVerf und dersectsect 2 Nr 8 51 des Landesverfassungsgerichtsgesetzes in der Fassung vom

24092009- LVerfGG- (GVBI S 474) Diese Bestimmungen berechtigen die Kommunen

gegen Eingriffe in ihr Selbstverwaltungsrecht durch ein Landesgesetz das Landesverfasshy

sungsgericht anzurufen

Nach sect 51 Abs 1 LVerfGG koumlnnen Kommunen die Verfassungsbeschwerde mit der Behaupshy

tung erheben durch ein Landesgesetz in ihrem Recht auf Selbstverwaltung nach Art 2 Abs

3 und Art 87 LVerf verletzt zu sein Gemaumlszlig sect 57 Abs 2 LVerf gelten die sectsect 48 bis 50

LVerfGG entsprechend Nach sect 49 L VerfGG (hinsichtlich der Verfassungsbeschwerde gegen

ein Gesetz deckungsgleich mit sect 92 BVerfGG) sind in der Begruumlndung der Verfassungsbeshy

schwerde welche nach sect 16 Abs 1 S 2 LVerfGG erforderlich ist das Recht das verletzt

sein soll und die Gesetzesvorschrift durch die sich die Beschwerdefuumlhrerin unmittelbar vershy

letzt sieht zu bezeichnen Die Zulaumlssigkelt einer kommunalen Verfassungsbeschwerde geshy

gen ein Gesetz setzt voraus dass die Beschwerdefuumlhrerin selbst gegenwaumlrtig und unmittelshy

bar durch die angegriffenen Rechtsnormen in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt ist Die

angegriffenen Normen beschraumlnken unmittelbar und gegenwaumlrtig das Selbstverwaltungsshy

recht der Beschwerdefuumlhrerin ohne dass ein weiterer angreifbarer Umsetzungsakt notwenshy

dig wird Insoweit wird auch auf die Gruumlnde des Urteils des Gerichts vom 16022010- LVG

908- (LVerfGE 21 361 mwN) verwiesen

- 14shy

Die Verfassungsbeschwerde ist formgerecht und innerhalb der Jahresfrist der sectsect 51 Abs 2

48 LVerfGG erhoben worden

2 Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist nicht begruumlndetsect 12 Abs 3 FAG 2013 steht

im Einklang mit der in den Artt 2 Abs 3 87 und 88 L Verf naumlher ausgeformten Garantie der

kommunalen Selbstverwaltung

21 Bedenken gegen die formelle Rechtmaumlszligigkeit des FAG 2013 bestehen nicht Der Geshy

setzgeber hat keine Vorgaben des Gesetzgebungsverfahrens verletzt insbesondere traf ihn

keine Begruumlndungspflicht dafuumlr weshalb er eine Umlagenhoumlhe von 10 insect 12 Abs 3 FAG

2013 gewaumlhlt hat Aus den Vorschriften der Landesverfassung die das Gesetzgebungsvershy

fahren regeln (Artt 77 ff LVerf) ergibt sich keine Pflicht zur Begruumlndung von Gesetzen durch

den Landtag Nach sect 23 Abs 2 S 2 der Geschaumlftsordnung des Landtages von Sachsenshy

Anhalt muumlssen Gesetzesentwuumlrfe schriftlich begruumlndet sein Eine uumlber diese allgemeine Beshy

gruumlndungsnotwendigkeit hinausgehende Pflicht zur genauen Erlaumluterung des sect 12 Abs 3

FAG 2013 besteht nicht Eine besondere Darlegungslast des Gesetzgebers ergibt sich auch

nicht aus der speziellen Gesetzesmaterie des kommunalen Finanzausgleichs Der Gesetzshy

geber ist nicht gehalten die Gruumlnde fuumlr die Festlegung konkreter Betraumlge oder Verteilungsshy

kriterien im Einzelnen darzulegen Das Landesverfassungsgericht uumlberpruumlft das Finanzausshy

gleichsgesetz daher als Ergebnis eines Gesetzgebungsprozesses und nicht nur auf welshy

chem Weg der Gesetzgeber zu diesem Ergebnis gelangt ist (LVerfG Urt v 09102012shy

LVG 5710 - LVerfGE 23 315 333f) Der generellen Annahme einer in das Einzelne geshy

henden Begruumlndung bei jeder Gesetzgebung stehen im Uumlbrigen praktische Erwaumlgungen

entgegen So waumlre eine Abstimmung uumlber die Begruumlndung erforderlich um feststellen zu

koumlnnen ob die Mehrheit der Abgeordneten des Landtages diese Begruumlndung traumlgt

22 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt auch materiell-rechtlich nicht gegen die Landesshy

verfassung

221 Pruumlfungsmaszligstab ist die Selbstverwaltungsgarantie der Artt 2 Abs 3 87 und 88 L Verf

Seide Bestimmungen konkretisieren fuumlr das Land Sachsen-Anhalt die in Art 28 GG enthalshy

tene bundesverfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und haben

nach Zweck und Entstehungsgeschichte jedenfalls denselben Mindestgehalt wie Art 28 Abs

1 S 2 und 3 sowie Abs 2 GG Zum Selbstverwaltungsrecht der Kommunen gehoumlrt nach geshy

festigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG Beschl v 151 01985 shy

2 BvR 1808 1809 181082- BVerfGE 71 25 36 mwN) die Finanzhoheit der Kommunen

Sie umschlieszligt die eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft Die Verfasshy

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- 15 shy

sung des Landes Sachsen-Anhalt enthaumllt mit Art 87 Abs 3 einerseits und Art 88 anderershy

seits zwei selbstaumlndige Ausformungen der finanziellen Absicherung der Kommunen kraft deshy

rer das Land zum einen Bestimmungen uumlber die Deckung der Kosten treffen muss die den

Kommunen durch die Zuweisung von Pflichtaufgaben zur Erfuumlllung in eigener Verantwortung

und durch die Uumlbertragung von staatlichen Aufgaben zur Erfuumlllung nach Weisung entstehen

Zum anderen hat das Land dafuumlr zu sorgen dass die Kommunen uumlber Finanzmittel verfuumlshy

gen die zur angemessenen Erfuumlllung ihrer Aufgaben ausreichend sind Dabei ist die untershy

schiedliche Finanzkraft der Kommunen auf Grund eines Gesetzes angemessen auszugleishy

chen (Art 88 Abs 2 LVeri)

Als landesverfassungsrechtliche Garantie eines aufgabengerechten Finanzausgleichs weist

Art 88 LVerf dabei einen engen Bezug zu den bundesverfassungsrechtlichen Bestimmunshy

gen uumlber den Finanzausgleich auf welcher die Gemeinden unmittelbar einschlieszligt So steht

den Gemeinden ein bundesgesetzlich zu bestimmender Anteil an der Einkommen- und Umshy

satzsteuer (Art 106 Abs 5 5a GG) zu ferner die Ertragshoheit uumlber die Grund- und Gewershy

besteuer an deren Aufkommen aber Bund und Laumlnder durch eine Umlage beteiligt werden

sowie die Ertragshoheit uumlber die oumlrtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern sofern diese

nicht nach Maszliggabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbaumlnden zusteht (Art 1 06

Abs 6 GG) Wie der kommunale Finanzausgleich konkret ausgestaltet wird unterliegt der

Entscheidung des Landesgesetzgebers Ihm steht dabei angesichts desmiddot lneinandergreifens

von landesrechtliehen und grundgesetzliehen Finanzausgleichsvorschriften durch welche

den Gemeinden unmittelbar Steuerertraumlge zugewiesen werden sowie der Einbindung des

kommunalen Finanzausgleichs in die gesamte Haushaltswirtschaft und -planung des Landes

ein weiter Gestaltungsspielraum zu (LVerfG Urt v 16022010 aaO 361 374 mwN)

222 Im Rahmen dieses Gestaitungsspielraums hat der Landesgesetzgeber einen intershy

kommunalen horizontalen Finanzausgleich geschaffen der verfassungsrechtlich nicht zu beshy

anstanden ist

2221 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip unter dem Geshy

sichtpunkt des Verbots der echten Ruumlckwirkung soweit Steuereinnahmen aus dem Bereich

der Realsteuern des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer und des Gemeindeanteils

aus der Umsatzsteuer aus Vorvorjahreszeitraumlumen fuumlr die Berechnung der Finanzkraftumlashy

ge herangezogen werden

22211 Das Rechtsstaatsprinzip gehoumlrt zu den Vorschriften des Grundgesetzes und der

Landesverfassung die das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mit zu bestimshy

- 16 shy

men geeignet sind Es gehoumlrt damit auch zum Pruumlfungsmaszligstab der kommunalen Verfasshy

sungsbeschwerde Mit der Idee des Rechtsstaats ist der Gedanke der Dauerhaftigkeit und

Unverbruumlchlichkeil von Recht eng verbunden Der Rechtsgrundsatz der Rechtssicherheit

verlangt objektiv ein Mindestmaszlig an Kontinuitaumlt des Rechts vor allem fuumlr die Modalitaumlten

seiner Aumlnderung um die Verlaumlsslichkeit der Rechtsordnung zu erhalten Rechtssicherheit

bedeutet subjektiv in erster Linie Vertrauensschutz Es gibt aber kein schutzwuumlrdiges Vershy

trauen in den Fortbestand einer guumlnstigen Rechtslage Verfassungsrechtlich problematisch

sind Regeln die ruumlckwirkend belasten weil sie auf vergangene Sachverhalte Bezug nehshy

men

2 2212 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das grundsaumltzliche Verbot der echten

Ruumlckwirkung Eine echte Ruumlckwirkung liegt naumlmlich erst dann vor wenn (1) ein Gesetz

nachtraumlglich aumlndernd in abgewickelte der Vergangenheit angehoumlrende Tatbestaumlnde einshy

greift wenn also der von der Ruumlckwirkung betroffene Tatbestand in der Vergangenheit nicht

nur begonnen hat sondern bereits abgeschlossen war und (2) die tatbestandliehe Ruumlckanshy

knuumlpfung auch zu abgeschlossenen Rechtsfolgen vor der Verkuumlndung der gesetzlichen Reshy

gelung gefuumlhrt hat d h dass die Rechtsfolgen des neuen Gesetzes fuumlr einen vor der Vershy

kuumlndung liegenden Zeitpunkt auftreten sollen und nicht erst fuumlr die Zeit ab Verkuumlndung der

Norm (vgl Urt des LVerfG v 16022010 aaO 376 mwN) sect 12 Abs 3 FAG 2013 knuumlpft

bei der Bemessung der Finanzkraftumlage nachsect 29 FAG 2013 zwar an in der Vergangenshy

heit bereits abgeschlossene Tatbestaumlnde (Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren 2009

und 2010) an die Finanzkraftumlage wird erstmalig aber nach dem lnkrafttreten des FAG

2013 fuumlr die aktuelle Finanzkraft des Jahres 2013 erhoben die lediglich aus den Steuereinshy

nahmen der Jahre 2009 und 2010 ermittelt wird

222 i 3 Unabhaumlngig davon ob man das Anknuumlpfen bei der Berechnung der Finanzkraftumshy

lage an Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren vor der erstmaligen Erhebung der Umlashy

ge (in Sachsen-Anhalt an die Jahre 2009 bis 2012) als eine unechte Ruumlckwirkung bezeichnet

(so LVerfG MV Urt v 26012012 - 3310 - RdNr 107 juris) oder wie der Verfassungsgeshy J

richtshof des Freistaates Sachsen (Urt v 26082010- Vf 129-VIII-09 - RdNr 101 juris) I annimmt dass in dem Ruumlckgriff auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltnissen der Vorjahre

keine Ruumlckwirkung gegeben sei weil die Finanzkraftumlage die aktuelle Steuerkraft und die

der Vorjahre abschoumlpfen will kann das Anknuumlpfen an die vorvergangenen Jahre bei der Beshyf

rechnung der Finanzkraftumlage nicht als verfassungswidrig angesehen werden

IDabei ist zum einen zu beruumlcksichtigen dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfasshy 1

sungsgerichts im Beschluss vom 14051986 (2 Bvl 283 Absatz-Nr 92 juris) davon auszushy

- 17 shy

gehen ist dass eine Einordnung unter den Oberbegriff Ruumlckwirkung im weitesten Sinne

keinerlei verfassungsrechtliche Maszligstaumlbe aufzuzeigen vermag

Zum anderen besteht unter den Landesverfassungsgerichten Einigkeit daruumlber dass die Beshy

rechnung der Umlage anhand der Steuereinnahmen der vorvergangenen Jahre - unabhaumlnshy

gig davon ob man darin eine unechte Ruumlckwirkung sieht oder nicht- im Rahmen des Vershy

haumlltnismaumlszligigkeitsgrundsatzes unter dem Blickwinkel der Sachgerechtigkeit des gewaumlhlten

Maszligstabs und unter dem Gesichtpunkt des Vertrauensschutzes bewertet werden muss (vgl

SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO RdNrn 102 105 LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 106) Danach kann der Gesetzgeber auch dann wenn die Gesetzesaumlnderung

an sich verfassungsrechtlich zulaumlssig ist im Hinblick auf den Grundsatz der Verhaumlltnismaumlshy

szligigkeit verpflichtet sein eine angemessene Uumlbergangsregelung zu treffen Der Nachpruumlfung

durch das Landesverfassungsgericht unterliegt insoweit allerdings nur ob der Gesetzgeber

bei einer Gesamtabwaumlgung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der

Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gruumlnde unter Beruumlcksichtigung aller Umstaumlnde die

Grenze der Zumutbarkeit uumlberschritten hat (so auch LVerfG MV Urt v 26012012 aaO

RdNr 106 mwN)

Gegen die grundsaumltzliche Tauglichkeit des Maszligstabs bestehen keine Bedenken Hinter ihm

steht die Erwartung dass sich die Haushaltszahlen im aktuellen Jahr in etwa im Rahmen der

bekannten Daten entwickeln werden

Im Rahmen der gebotenen Abwaumlgung ist zu beruumlcksichtigen dass der Landesgesetzgeber

bereits 1999 und 2007 die Einfuumlhrung eines interkommunalen Finanzausgleichs fuumlr verfasshy

sungsrechtlich dringend geboten gehalten und 2010 nur deshalb zunaumlchst auf die Erhebung

der Umiage verzichtet hat weii er keine einfache Moumlglichkeit gesehen hatte die Vorgaben

des Landesverfassungsgerichts aus dem Urteil vom 16022010 umzusetzen Bereits in dem

am 13042011 geschlossenen Koalitionsvertrag haben die regierungsbildenden Koalitionaumlra

festgeschrieben dass das bestehende System des kommunalen Finanzausgleichs fuumlr das

Jahr 2012 fortgeschrieben werden solL lnfolge dieser Absicht sollte ein Gutachter auch eine

verfassungskonforme Loumlsung zur Erhebung einer Umlage zur Angleichung der Finanzkraft

zwischen armen und reichen Kommunen finden Bei dieser Sachlage kann nicht davon

ausgegangen werden dass die Kommunen vor der Wiedereinfuumlhrung der Finanzkraftumlage

im Jahre 2013 darauf vertrauen durften von einer solchen Abgabe verschont zu bleiben

Das Landesverfassungsgericht hat sowohl bereits in seinem Urteil vom 13062006 als auch

in seinem Urteil vom 16022010 ausgefuumlhrt dass eine interkommunale Finanzkraftumlage

- 18shy

grundsaumltzlich mit der Landesverfassung vereinbar ist nur nicht deren konkrete Ausgestalshy

tung durch das jeweilige FAG

Ferner ist zu beruumlcksichtigen dass ein allgemeiner Vertrauensschutz auf den Fortbestand

der bisherigen Strukturen des Finanzausgleichs grundsaumltzlich nicht besteht was auch einen

Schutz des Vertrauens auf die Nichteinfuumlhrung neuer finanzausgleichsrechtlicher Instrumenshy

te ausschlieszligt Die Garantie der Selbstverwaltung verleiht den Gemeinden keinen verfasshy

sungsrechtlichen Anspruch auf Beibehaltung einer einmal erreichten Struktur des Finanzshy

ausgleichs Vielmehr steht es dem Gesetzgeber frei veraumlnderte Rahmenbedingungen neue

Erkenntnisse und gewandelte Praumlferenzvorstellungen bei der jaumlhrlichen Regelung des komshy

munalen Finanzausgleichs zu beruumlcksichtigen (so auch LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 109 mwN SaumlchsVerfGH Urt v 28082010 aaO RdNL 1 05)

Etwas anderes folgt auch nicht daraus dass es den betroffenen Gemeinden im Jahre 2013

tatsaumlchlich nicht mehr moumlglich war fuumlr die vorvergangenen Jahre im Hinblick auf die Finanzshy

ausgleichsumlage Dispositionen zu treffen indem sie ihr Ausgabeverhalten geaumlndert oder

die Hebesaumltze insbesondere fuumlr die Gewerbesteuer an der Umlage ausgerichtet haumltten Der

Umstand dass bei der Berechnung der Umlagenhoumlhe auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltshy

nissen der vorvergangenen Vorjahre zuruumlckgegriffen wird aumlndert nichts daran dass die Reshy

gelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht die Steuerkraft der abgeschlossenen Vorjahre sonshy

dern die jeweils aktuelle Steuerkraft im Auge hat

Dass sowohl Zuweisungen des Landes als auch zu erhebende Umlagen nicht an das laushy

fende Steueraufkommen des aktuellen Jahres anknuumlpfen koumlnnen ist systemimmanent weil

verlaumlssliche Finanzdaten immer erst mit zeitlicher Verzoumlgerung feststehen Die damit notshy

wendig verbundenen Unschaumlrfen sind hinzunehmen insoweit kann fuumlr die Finanzkraftumiashy

ge nichts anderes gelten als z B fuumlr die Kreisumlage Der Gesetzgeber ist daher daran geshy

bunden das einmal gewaumlhlte System auch auf die Finanzkraftumlage anzuwenden (so

schon LVerfG Urt v 13062006 aaO S 475)

Eine theoretische Alternative waumlre zwar ein Finanzausgleichssystem das zunaumlchst mit

Schaumltzwerten fuumlr das laufende Jahr arbeitet die fortlaufend an die tatsaumlchlichen Daten anshy

gepasst werden Letztlich muumlsste dann zum Abschluss eine Spitzabrechnung durchgefuumlhrt

werden Eine verlaumlssliche Finanz- Ausgaben- und Haushaltswirtschaft der Gemeinden waumlre

damit allerdings praktisch kaum zu leisten (so auch SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO

RdNr 103 unter Hinweis auf BVerfG Urt v 24061986- 2 BvF 1 5 683 184 und 1 285

- BVerfGE 72 330 400)

19 shy

22214 Im Uumlbrigen ermoumlglichtsect 12 Abs 4 FAG 2013 in der zweijaumlhrigen Uumlbergangszeit in

der Steuereinnahmen aus der Zeit vor lnkrafttreten des Gesetzes in die Berechnung der Fishy

nanzkraft einflieszligen fuumlr den Fall dass die fuumlr die spaumltere Zahlung der Finanzkraftumlage

benoumltigten Betraumlge nicht sofort einer Ruumlckstellung zugefuumlhrt wurden eine Befreiung von der

Verpflichtung zur Zahlung der Finanzkraftumlage wenn es in einem nachfolgenden Jahr zu

einem Einbruch des Gewerbesteueraufkommens kommt die Kommune nicht uumlber ausreishy

chende Ruumlcklagen bzw freie liquide Mittel verfuumlgt und sie die Verpflichtung zur Abfuumlhrung

der Finanzkraftumlage vor Probleme stellt sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 verstoumlszligt

nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz Kernelement des Rechtsstaatsprinzips ist dass alshy

le materiellen Rechtsnormen mit Regelungsanspruch dem Rechtsunterworfenen gegenuumlber

diesem die Moumlglichkeit einraumlumen sein Verhalten auf die Rechtsnorm einzurichten Schon

nach allgemeinen rechtsstaatliehen Regeln verlangt der Bestimmtheitsgrundsatz gesetzliche

Tatbestaumlnde so praumlzise zu formulieren dass ein Normadressat sein Handeln kalkulieren

kann weil die Folgen der Regelung fuumlr ihn voraussehbar und berechenbar sind Dies bedeushy

tet zwar nicht dass die Norm uumlberhaupt keine Auslegungsprobleme aufwerfen darf Dem

Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genuumlgt wenn diese mit herkoumlmmlichen juristischen

Methoden bewaumlltigt werden koumlnnen Es muss auch verlangt werden dass der Gesetzgeber

wenigstens seinen Grundgedanken das Ziel seines gesetzgeberischen Wollens deutlich

macht Allen Bestimmtheitsanforderungen ist gemeinsam dass der Grad der Bestimmtheit

von den jeweiligen sachlichen Eigenarten des Regelungsgegenstandes abhaumlngt Stets sind

Rechtsvorschriften so genau zu fassen wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden leshy

benssachverhalte und mit Ruumlcksicht auf den Normzweck moumlglich ist (vgl Urt des l VerfG v

16022010 aaO 381 mwN)

sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 haumllt diesen Anforderungen stand Bei der Regelung

handelt es sich nicht um eine Ermessensvorschrift sondern um eine gebundene Entscheishy

dung mit unbestimmten Rechtsbegriffen auf der Tatbestandsebene Die in sect 17 Abs 1 FAG

2013 verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe auszligergewoumlhnliche Belastungen Notlage

und besondere Haumlrte lassen sich durch Auslegung soweit konkretisieren dass sie selbst

dem Bestimmtheitsgebot des Art 103 Abs 2 GG genuumlgen wuumlrden Den Begriff Notlage deshy

finiert sect 17 Abs 1 S 2 FAG 2013 indem es dort heiszligt Als Notlage gilt insbesondere der

Fall dass die Einnahmemoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren

Ausgabeverpflichtungen nicht ausreichen Der Begriff der auszligergewoumlhnlichen Belastung

ist ein im Steuer- und Sozialrecht (vgl zB sect 33 des Einkommensteuergesetzes - EStG shy

oder im Sozialrecht zB sect 27 Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung- SchwbAV)

verwendeter Begriff der durch den Bundesgesetzgeber und die Rechtsprechung hinreichend

- 20 shy

konkretisiert ist Eine auszligergewoumlhnliche Belastung ist dadurch gekennzeichnet dass einem

Pflichtigen immer dann wenn er zwangslaumlufig groumlszligere Aufwendungen als die uumlberwiegende

Mehrzahl der Pflichtigen gleicher Einkommensverhaumlltnisse und gleicher Vermoumlgensverhaumlltshy

nisse erbringen muss der Teibull der Aufwendungen ermaumlszligigt wird der die dem Pflichtigen

zurnutbare Belastung uumlbersteigt (sect 33 Abs 1 EStG) Aufwendungen erwachsen dem Pflichtishy

gen nur zwangslaumlufig wenn er sich ihnen aus rechtlichen tatsaumlchlichen oder sittlichen

Gruumlnden nicht entziehen kann Das ist der Fall wenn die Gruumlnde der Zwangslaumlufigkeit derart

von auszligen auf die Entschlieszligung des Pflichtigen einwirken dass er ihnen nicht ausweichen

kann er also tatsaumlchlich keine Entscheidungsfreiheit hat bestimmte Aufwendungen vorzushy

nehmen oder zu unterlassen Liegt eine maszliggeblich vom menschlichen Willen beeinflusste

Situation vor so handelt es sich dagegen um keine Zwangslage in diesem Sinne von sect 33

Abs 1 EStG (vgl BFH Urt v 17072014- VI R 4213- RdNr 13- juris) Auch der Begriff

der besonderen Haumlrte ist ein im Verwaltungs- und Sozialrecht insbesondere bei Billigkeitsshy

entscheidungen haumlufig verwendeter unbestimmter Rechtsbegriff der eine hinreichende Konshy

kretisierung durch die fachgerichtliche Rechtsprechung erfahren hat Der Begriff der besonshy

deren Haumlrte ist ein durch die Fachgerichte voll uumlberpruumlfbarer Rechtsbegriff (vgl BVerwG

Urt v 29031979- 2 C 1677 - Buchholz 2384 sect 46 SG Nr S 52) Durch Bestimmungen

die diesen Begriff verwenden sollen unzumutbare Belastungen vermieden werden Der Geshy

setzgeber fuumlhrt regelmaumlszligig eine Haumlrtevorschrift ein um von den Regelvorschriften nicht ershy

fassten Ausnahmefaumlllen und Grenzsituationen Rechnung tragen zu koumlnnen (vgl BVerwG

Urt v 11021977-6 C 10574- RdNr 28- juris)

Ob bei Anwendung der Befreiungsregelung dessect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 durch

die Exekutive den abundanten Gemeinden angesichts ihrer hohen Gewerbesteuershy

einnahmen in der Vergangenheit abverlangt werden kann ROcklagen aus vergangenen Jahshy

ren einzusetzen oder Kassenkredite aufzunehmen betrifft die Rechtsanwendung und ist von

der Fachgerichtsbarkeit zu klaumlren

2222 Soweit die Beschwerdefuumlhrerin unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Landesshy

verfassungsgerichts im Urteil vom 16022010 geltend macht die Finanzkraftumlage sei

deshalb verfassungswidrig weil sie auf der Landkreisebene bei nicht abundanten Landkreishy

sen durch die Heranziehung einer abundanten Gemeinde zur Finanzkraftumlage eine Schatshy

tenwirkung herbeifuumlhre die dazu fuumlhre dass im Ergebnis dieser Schattenwirkung die Fi-middot

nanzkraftumlage den nicht abundanten Landkreis treffe vermag sie damit die Verfassungsshy

widrigkeit von sect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht zu begruumlnden weil dieser Entscheidung ein anshy

ders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag

- 21 shy

ln sect 16 Abs 2 FAG 2007 war vorgesehen dass ab dem 01 01 2008 eine Kuumlrzung der Beshy

messungsgrundlage der Kreisumlage um die Finanzkraftumlage vorzunehmen war Der Geshy

setzgeber des FAG 2007 hatte dadurch eine Kuumlrzung der Steuerkraftmesszahl um die abzushy

fuumlhrende Finanzkraftumlage als Berechnungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage vorgenommen

Damit konnte fuumlr das Finanzausgleichsmodell das dem FAG 2007 zugrunde lag die Kreisshy

umlagebelastung fuumlr die von der Finanzkraftumlage belasteten Gemeinden spuumlrbar verrinshy

gert werden Um den Eingriff in das Kreisumlagegefuumlge des betroffenen Landkreises abzushy

mildern hatte der Gesetzgeber den Abzug der Finanzkraftumlage zugleich bei der Ermittlung

der Umlagekraftmesszahl der Landkreise (sect 9 FAG 2007) zu beruumlcksichtigen Damit verminshy

derte sich nicht nur die Steuerkraftmesszahl als Bemessungsgrundlage der Kre isumlage

sondern auch als Bemessungsgrundlage fuumlr die Houmlhe der allgemeinen Zuwendungen fuumlr die

Landkreise Dies fuumlhrte dazu dass die Landkreise mit abundanten Gemeinden die wegen

einer houmlheren Umlagekraft an sich weniger allgemeine Zuweisungen erhielten mehr erhielshy

ten Da das Land den Betrag der allgemeinen Zuweisungen an die Landkreise allerdings unshy

veraumlndertmiddot belassen hatte fuumlhrte dies aber dazu dass die anderen Landkreise ohne abunshy

dante Gemeinden weniger allgemeine Zuweisungen erhielten Nur diese Regelung des sect 16

Abs 2 FAG 2007 hat das Landesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 16022010 als eishy

nen verfassungswidrigen Eingriff des Landesgesetzgebers in die Finanzhoheit der Landkreishy

se angesehen Auch die weiteren Ausfuumlhrungen des Landesverfassungsgerichts im Urteil

vom 16022010 beziehen sich auf die beanstandete Regelung dessect 16 Abs 2 FAG 2007

Mit sect 12 FAG 2013 hat der Gesetzgeber ein neues Modell fuumlr die Erhebung der Finanzshy

kraftumlage eingefuumlhrt Dieses Modell stellt sich wie folgt dar Der Gesetzgeber hat das Moshy

dell der sog Abundanzumlage (sect 19a FAG 2005 FAG 2007) bei der eine normierte Steuershy

kraft mit einem normierten Bedarf verglichen wird und fuumlr den Fall dass die Steuerkraft den

Bedarf uumlbersteigt (Abundanz) die Moumlglichkeit eines Zugriffs auf einen gewissen Prozentsatz

des abundanten Teils besteht aufgegeben und nunmehr den Finanzausgleich unter den

steuerstarken und steuerschwachen kreisangehoumlrigen Gemeinden nach einem anderen Moshy

dell vorgenommen das nicht nur die beschriebene uumlberschieszligende Steuerkraft fuumlr die Beshy

rechnung der Umlage heranzieht sondern in Anlehnung an eine entsprechende Regelung in

Baden-Wuumlrttemberg eine breitere Bemessungsgrundlage waumlhlt

Gemaumlszlig sect 12 Abs 2 S 4 und 5 FAG 2013 wird nunmehr fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden

ein Ausgleichsverfahren als Rechenschritt bei der Ermittlung der endguumlltigen Schluumlsselshy

zuweisung durchgefuumlhrt Dabei wird die Schluumlsselzuweisung A mit beruumlcksichtigt Bei der

Schluumlsselzuweisung A wird nach sect 12 Abs 2 S 5 FAG 2013 allen kreisangehoumlrigen Geshy

meinden deren Steuerkraft je Einwohner 80 vH des Durchschnitts aller Gemeinden untershy

- 22shy

schreitet die Differenz der eigenen Steuerkraft zu 80 vH der durchschnittlichen Steuerkraft

zu 80 vH ausgeglichen Diese Schluumlsselzuweisung bewirkt eine dem Finanzausgleich der

Regelungen des FAG 2005 und des FAG 2007 noch unbekannte Verlagerung unter allen

Zuweisungsempfaumlngern also allen nicht abundanten Gemeinden zugunsten der steuershy

schwachen Gemeinden und zurasten der mehr steuerstarken Gemeinden Die abundanten

Gemeinden die keine Zuweisungsempfaumlnger sind werden hierdurch noch nicht belagttet Ihshy

re Belastung erfolgt erst durch die Regelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 Danach zahlen alie

kreisangehoumlrigen Gemeinden also sowohl die Zuweisungsempfaumlnger als auch die abundanshy

ten Gemeinden eine Umlage von 10 vH der Summe aus der Steuerkraftmesszahl fuumlr Geshy

meinden gemaumlszligsect 14 FAG 2013 und den Schluumlsselzuweisungen A und B also ihrer gesamshy

ten Finanzkraft Uumlber sect 14 Abs 3 Nr 2 FAG 2013 geraten ua die Gewerbeshy

steuereinnahmen der abundanten Gemeinden in Houmlhe von 10 vH in diesen Finanzkraftumshy

lagetopf Dieser Umlagetopf erhoumlht gem sect 12 Abs 3 S 2 FAG 2013 die Finanzmasse fuumlr die

Schluumlsselzuweisung B

Diese veraumlnderte Schluumlsselzuweisung B wird dann nach der Regelung des sect 12 Abs 2 S 6

FAG auf die Schluumlsselzuweisungsempfaumlnger umgelegt Gemaumlszlig sect 19 Abs 2 FAG flieszligt die

zuletzt genannte Schluumlsselzuweisung an die kreisangehoumlrigen Gemeinden zwar in die Kreisshy

umlagenberechnung ein Da sich die Bemessung der Kreisumlage aus der Steuerkraft und

den Schluumlsselzuweisungen fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden zusammensetzt wird die

Finanzkraftumlage somit auch zum Abzugsposten bei der Bemessungsgrundlage der Kreisshy

umlage Diese Einbeziehung der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Finanzkraftshy

umlage in die Kreisumlagenberechnung stellt indes keinen Eingriff in die ebenfalls verfasshy

sungsrechtlich geschuumltzte Finanzhoheit der Landkreise dar

Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumiage unterscheidet sich im Hinblick auf die Ebeshy

nentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren vom Landesverfassungsgericht beanstandeten

Finanzkraftumlage Letztere floss dem Ausgleichsstock zu so dass sie den Landkreisen als

Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgesamt verloren ging Demgegenuumlber wird

durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgeshy

samt nicht geschmaumllert

Das Landesverfassungsgericht hat weder heute noch hatte es im Urteil vom 16022010 Beshy

denken dagegen dass uumlber die vorgelagerten Regelungen zur Bestimmung der Steuerkraftshy

messzahl und zur Festlegung der Schluumlsselzuweisungen der Gemeinden zugleich die Beshy

messungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage festgelegt wird Dass jede Aumlnderung der Finanzshy

ausstattung der kreisangehoumlrigen Gemeinden zwangslaumlufig auch zu Verlagerungen bei der

- 23shy

Finanzausstattung der Landkreise fuumlhrt verstoumlszligt als solches nicht gegen die Landesverfasshy

sung Dies gilt auch fuumlr die neu eingefuumlhrte Vorabverteilung der Schluumlsselmasse A zugunsshy

ten der finanzschwachen Kommunen Sie fuumlhrt zu keinen Veraumlnderungen bei der Gesamtshy

summe der Umlagekraftmesszahlen der Landkreise hat aber Verschiebungen zwischen den

einzelnen Landkreisen zur Folge Die jetzige gesetzliche Regelung stellt sicher dass die jeshy

weiligen Gesamtsummen der beiden Komponenten der Finanzausstattung der Landkreise

durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnderung erfahren Der Gesamtbemessungsgrundiashy

ge fuumlr die Kreisumlage werden durch die Verschiebungen zwischen den Kommunen keine

Betraumlge entzogen Da es keine abundanten Landkreise gibt ergeben sich auch keine Ausshy

wirkungen auf die Gesamthoumlhe der Schluumlsselzuweisungen die die Landkreise vom Land ershy

halten

Waumlhrend die Gesamtausstattung der Landkreise durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnshy

derung erfaumlhrt ergeben sich - dies raumlumt die Landesregierung selber ein - allerdings gerinshy

ge Verlagerungseffekte zwischen den einzelnen Landkreisen Diese Verlagerungseffekte

sind indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

Den Anspruch auf angemessene Finanzausstattung der Landkreise darf der Gesetzgeber

einschraumlnken soweit andere Interessen von Verfassungsrang dies rechtfertigen Nicht nur

der horizontale gemeindliche sondern auch der uumlbergemeindliche Finanzausgleich ist von

dem Grundsatz der interkommunalen Solidaritaumlt gepraumlgt (LVerfG Urt v 13062006-705shy

LVerfGE 17 410 429 NdsStGH NdsVBL 2001 184 188) Der Gedanke der interkommushy

nalen Solidaritaumlt umfasst - wie die Kreisumlage zeigt - auch die ausgleichenden Finanzshy

stroumlme zwischen der Gemeinde- und Kreisebene (vgL auch SaumlchsVerfG Urt v 29012010

- Vf 25-VIII-09 - RdNr 119 - juris unter Hinweis auf BVerfG Beschl v 07021991

- 2 BvL 2484 - BVerfGE 83 363 391f LVerfG MV Urt v 26012012- 1810 - RdNr

81) Haumltte der Gesetzgeber eine Verschiebung von finanzstarken zu finanzschwachen Landshy

kreisen mit einer eigenstaumlndigen Ausgleichsregelung herbeigefuumlhrt waumlre dies durch Art 88

ALs 2 S 1 LVerf gedeckt Nichts anderes gilt wenn derselbe Effekt mittelbar durch die vershy

fassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung zum Finanzkraftausgleich der Gemeinshy

den erreicht wird Der Ebene des einzelnen Landkreises steht dem Vertust an Bemessungsshy

grundlage durch die negative Schluumlsselzuweisung der abundanten Gemeinden (sofern keine

Befreiungen erteilt wurden) jeweils ein Gewinn an Bemessungsgrundlage durch die Erhoumlshy

hung der Schluumlsselzuweisung der uumlbrigen Gemeinden gegenuumlber Je nachdem welcher Efshy

fekt uumlberwiegt erhoumlhen oder vermindern sich die Einnahmen der jeweiligen Landkreise aus

der Kreisumlage durch die Finanzkraftumlage geringfuumlgig Diese Aumlnderung bei dem Aufshy

kommen an Kreisumlage ist aber nicht gleichzusetzen mit der Aumlnderung der Finanzkraft der

- 24shy

Landkreise Da es keine abundanten Landkreise gibt bekommen saumlmtliche Landkreise

Schluumlsselzuweisungen vom Land Der nicht bereits durch die Kreisumlage ausgeglichene

Finanzbedarf der Landkreise wird im Jahr 2013 zu 80 in den Folgejahren zu 90 ausgeshy

glichen Dieser Mechanismus bewirkt dass auch der noch nicht kompensierte Verlust an

Bemessungsgrundlage durch abundante Gemeinden zu 90 (bzw 2013 zu 80 ) ausgeshy

glichen wird Oie verbleibenden Differenzbetraumlge sind wirtschaftlich unbedeutend und vershy

fassungsrechtlich hinzunehmen (vgl auch LVerfG MV Urt v 2601 2012 - 3310 - RdNr

79- juris)

2223 Eine verfassungswidrige Schattenwirkung fuumlr weitere benachbarte kreisangehoumlrige

und nicht abundante Gemeinden laumlsst sich ebenfalls nicht feststellen Die finanzschwache

Nachbargemeinde profitiert direkt von der Finanzkraftumlage Die von der Beschwerdefuumlhreshy

rin beschriebene mittelbare Schattenwirkung durch die Moumlglichkeit einer Erhoumlhung der

Kreisumlage betrifft die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal und

muss daruumlber hinaus auch differenziert betrachtet werden Es besteht ein Unterschied ob

eine solche Kommune in einem Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft liegt Der

Landkreis mit niedriger Umlagekraft wird in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlashy

ge erheben waumlhrend der Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlshy

rigen Kommunen nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muss De facto verfuumlgen alshy

so die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verbleiben Die Finanzkraftshy

umlage mildert diesen Effekt unter Umstaumlnden geringfuumlgig ab Die nicht abundanten Komshy

munen in dem Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten eventuell dadurch beshy

lastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoben wuumlrde um den Verlust des

Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzkraftumlage zu kompensieren ln

dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saido von der Finanzkraftumlage profitiershy

ten erhoumlht sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass der Kreisumlagesatz sogar (geshy

ringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Daruumlber hinaus besteht eine Solidaritaumltsverpflichtung der Kreise gegenuumlber den kreisangeshy

houmlrigen Gemeinden die diese vor einer unangemessenen Erhoumlhung der Kreisumlage

schuumltzt (vgl Faber in HennekePuumlnderWaldhoff Recht der Kommunalfinanzen 2006 sect 34

RdNr 50)

3 Die Kostenentscheidung beruht auf sect 32 LVerfGG Gerichtskosten werden nicht erhoben

(Absatz 1) Gruumlnde fuumlr die Anordnung der Erstattung der notwendigen Auslagen der erfolglos

gebliebenen Beschwerdefuumlhrerin sind nicht ersichtlich (Abs 2 und 3)

- 25 shy

Dr Zettel GemmerSchubert Bergmann

Prof Or Kluth StallFranzkowiak

Page 5: URTEIL - Landesportal Sachsen-Anhalt

-5 shy

2 Bei den kreisangehoumlrigen Gemeinden wird als Hauptansatz der Wert bezeichnet der sich aus dem Produkt der Einwohnerzahl einer Gemeinde und der Hauptansatzstaffel einschlieszliglich des Zentralishytaumltszuschlages nach Satz 5 ergibt Die Hauptansatzstaffel betraumlgt bei Gemeinden bis 7 999 Einwohshyner 100 v H mit 8 000 bis 24 999 Einwohner 102 bis 112 v H und mit 25 000 bis 60 000 Einwohner 113 bis 130 v H Zwischenwerte werden bis zur zweiten Stefle nach dem Komma gerundet Bei Mitshygliedsgemeinden von Verwaltungsgemeinschaften und Verbandsgemeinden richtet sich die Hauptanshysatzstaffel der einzelnen Gemeinde nach der Gesamtsumme der Einwohner der ihnen jeweils zugehoumlshyrigen Gemeinden Gemeinden mit der Funktion eines Mittelzentrums erhalten einen Zentralitaumltszushyschag von 20 v H Der Nebenansatz U6 wird aus der jeweiligen Anzahl der Kinder bis sechs Jahre geuildet multipliziert mit dem Faktor 6 7 Die Summe derAnsaumltze bildet den Gesamtansatz

3 Bei den Landkreisen entspricht der Gesamtansatz der Einwohnerzahl

(3) Der Grundbetrag wird auf fuumlnf Stellen hinter dem Komma so festgesetzt dass die zur Verfuumlgung stehende Finanzmasse so weit wie rechnerisch moumlglich aufgebraucht wird

sect 14 Steuerkraftmesszahl fuumlr Gemeinden

(1) Die Ermittlung der Steuerkraftmesszahl fuumlr kreisfreie Staumldte und kreisangehoumlrige Gemeinden ershyfolgt jeweils gesondert

(2) Die Steuerkaftmesszahfen werden berechnet indem die Steuerkraftzahlen der Grundsteuer A und B der Gewerbesteuer der Gemeindeanteile an der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer zusamshymengezaumlhlt werden

(3) Die Steuerkraftzahl einer Gemeinde wird wie folgt ermittelt

1 Bei der Grundsteuer A und B wird das jeweilige Ist-Aufkommen im vorvergangenen Jahr durch den jeweiligen Hebesatz geteilt Die sich daraus ergebenden Ausgangsbetraumlge werden mit dem gewogeshynen Durchschnitt der Hebesaumltze der jeweiligen Steuerart multipliziert

2 Bei der Gewerbesteuer wird das Ist-Aufkommen im vorvergangenen Jahr durch den Hebesatz geshyteilt Der sich daraus ergebende Ausgangsbetrag wird mit dem gewogenen Durchschnitt der Hebesaumltshyze multipliziert Von dem Ergebnis wird die im vorvergangenen Jahr erhobene Gewerbesteuerumlage abgezogen

3 Steuerkraftzahlen der Gemeindeanteile an der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer sind die jeweiligen Ist-Aufkommen im vorvergangenen Jahr

(4) Fuumlr Gemeinden mit vertraglich vereinbarten unterschiedlichen Realsteuerhebesaumltzen in ihren Ortsteilen werden getrennt fuumlr jede Steuerart zunaumlchst die Ausgangsbetraumlge fuumlr jeden Ortsteil errechshynet und zur jeweiligen Gemeinde summiert (5) Teilen sich Gemeinden Gewerbesteueraufkommen kann aufgemeinsamen Antrag die Steuerkraft unter Beruumlcksichtigung des vertraglich vereinbarten Aufteilungsverhaumlltnisses berechnet werden

sect 15 Umlagekraftmesszahl fuumlr Landkreise

Die Umlagekraftmesszahl der Landkreise betraumlgt 40 v H von

1 den Steuerkraftmesszahlen der kreisangehoumlrigen Gemeinden gemaumlszlig sect 14 und

2 den SchlOssezuweisungen der kreisangehoumlrigen Gemeinden gemaumlszlig sect 3 Nr 4 Buchst b

-6shy

sect 17 Ausgleichsstock

(1) Aus dem Ausgleichsstock werden Bedarfszuweisungen zur Milderung oder zum Ausgleich auszligershygewoumlhnlicher Belastungen und Notlagen im Haushalt der Kommunen erbracht Als Notlage gilt insbeshysondere der Fall dass die Einnahmemoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren Ausgabeverpflichtungen nicht ausreichen Daneben dient er der Vermeidung besonderer Haumlrten bei der Durchfuumlhrung dieses Gesetzes Dem Ausgleichsstock werden im Haushaltsjahr 2013 Mittel in Houmlshyhe von 3 785 050 Euro und im Haushaltsjahr 2014 Mittel in Houmlhe von 3 273 180 Euro zur Aufstockung der SchlOssezuweisungen fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden entnommen Fuumlr die kreisfreien Staumldshyte und Landkreise erfolgt ein Ausgleich durch Mittel des Ausgleichsstocks soweit die Nettoausgaben nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in den Haushaltsjahren 2013 und 2014 die des Haushaltsjahshyres 2011 jeweils Obersteigen Dabei ist fuumlr die Haushaltsjahre 2013 und 2014 die bereits beruumlcksichshytigte Preis- und Bevoumllkerungsentwicklung bei der Bedarfsermittlung in Abzug zu bringen

(2) Leistungen aus dem Ausgleichsstock koumlnnen auf Antrag gewaumlhrt werden Sollen die Leistungen aus dem Ausgleichsstock dem Ausgleich von Haushaltsfehlbetraumlgen dienen ist dem Antrag ein von der Vertretungskoumlrperschaft beschlossenes Haushaltskonsolidierungskonzept beizufuumlgen

(3) Ein Rechtsanspruch auf Gewaumlhrung einer Leistung aus dem Ausgleichsstock besteht nicht Die Bewilligung von Leistungen kann mit Bedingungen und Auflagen verknuumlpft werden

sect 19 Kreisumlage

(1) Die Kreisumlage gernaszlig sect 67 Abs 2 der Landkreisordnung wird in der Haushaltssatzung in Vomshyhundertsaumltzen der einzelnen Umlagegrundlagen (Umlagesaumltze) bemessen Bei unterschiedlichen Umshylagesaumltzen soll der houmlchste Umlagesatz den niedrigsten um nicht mehr als ein Drittel uumlbersteigen

(2) Umlagegrundlagen sind die Steuerkraftzahlen der kreisangehoumlrigen Gemeinden nach sect 14 und die SchlOssezuweisungen nach sect 12 Ergibt sich eine negative Umlagegrundlage hat die kreisangehoumlrishyge Gemeinde einen Erstattungsanspruch

(3) Die Kreisumlage ist zum 20 eines jeden Monats faumlllig Umlageglfiubiger und Umlageschuldner k6nnen abweichende Ftllligkeitstermine vereinbaren

sect29 Obergangsvorschriften

(1) For die Ermittlung der Steuerkraftzahl der Gewerbesteuer fuumlr das Haushaltsjahr 2013 wird zushynaumlchst eine Berechnung gemfiszlig sect 14 Abs 3 Nr 2 vorgenommen Anschlieszligend erfolgt eine weitere Berechnung der Steuerkraftzahl auf der Basis von einem Drittel des Ist-Aufkommens des Haushaltsshyjahres 2009 und zwei Dritteln des Ist-Aufkommens des Haushaltsjahres 2010 und der jeweiligen Anshyteile der Gewerbesteuerumage Die Rechnungsergebnisse nach den Saumltzen 1 und 2 werden sumshymiert und anschlieszligend durch zwei geteilt Das Ergebnis der Berechnung nach Satz 3 bildet die Steushyerkraftzahl der Gewerbesteuer filr das Haushaltsjahr 2013

Die Beschwerdefuumlhrerin ist eine kreisangehoumlrige Gemeinde in Sachsen-Anhalt Auf der

Grundlage des sect 12 Abs 4 FAG 2013 setzte das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt

gegenuumlber der Beschwerdefuumlhrerin mit Bescheid vom 24042013 fuumlr das Haushaltsjahr

2013 die Schluumlsselzuweisung gemaumlszligsect 3 Nr 4 b FAG 2013 iVm sectsect 12-14 17 Abs 1 25

Abs 1 und 29 Abs 1 FAG 2013 fest Darin enthalten ist die Festsetzung einer Finanzkraftshy

umlage gemaumlszligsect 12 Abs 3 FAG 2013 in Houmlhe von 183526400 Euro Die Beschwerdefuumlhshy

rerin hat hiergegen mit Schreiben vom 08052013 Widerspruch eingelegt uumlber diesen Wishy

-7 shy

derspruch ist noch nicht entschieden worden Die Finanzkraftumlage ist entsprechend den

gesetzlichen Vorgaben auf der Grundlage einer Steuerkraftmesszahl in Houmlhe von

1835264400 Euro ermittelt worden Die Berechnung der Steuerkraftmesszahl erfolgte unter

Beruumlcksichtigung der Uumlbergangsvorschrift des sect 29 FAG 2013 auf der Grundlage der Geshy

werbesteuereinnahmen der Beschwerdefuumlhrerin des Jahres 2009 in Houmlhe von

1852090000 Euro und des Jahres 2010 in Houmlhe von 1806830000 Euro Die fuumlr die Beshy

rechnung der Finanzkraftumlage maszliggebliche Steuerkraftmesszahl ist aus dem Mittelwert

gem sect 29 FAG 2013 ermittelt worden

Die Beschwerdefuumlhrerin hat am 03122013 kommunale Verfassungsbeschwerde erhoben

Zur Begruumlndung ihrer Verfassungsbeschwerde macht die Beschwerdefuumlhrerin geltend

Ihre Gewerbesteuereinnahmen seien ruumlcklaumlufig Die Gewerbesteuereinnahmen betruumlgen im

Jahr 2008 1647940000 Euro im Jahr 2009 1852090000 Euro im Jahr 2010

1806830000 Euro im Jahr 201 1 537230000 Euro im Jahr 2012 639220000 Euro und

im Jahr 2013 voraussichtlich 379200000 Euro Die hohen Gewerbesteuereinnahmen der

Jahre 2009 und 2010 wuumlrden mit in die Berechnung der Steuerkraftmesszahl und damit in

die Berechnung der Finanzkraftumlage einflieszligen Nach der gleichen Systematik wuumlrden

diese Einnahmen ebenfalls zur Berechnung der Kreisumlage im Jahr 2013 herangezogen

Fuumlr das Haushaltsjahr 2013 stuumlnden der Beschwerdefuumlhrerin Steuereinnahmen in Houmlhe von

708080000 Euro zur Verfuumlgung Von diesen Steuereinnahmen seien folgende Umlagen

abzufuumlhren Gewerbesteuerumlage 55730000 Euro Kreisumlage 644908500 Euro und

Finanzkraftumlage 183530000 Euro Dies ergebe einen Fehlbedarf in Houmlhe von

196088500 Euro Sie bestreite nicht dass das Land Sachsen-Anhalt grundsaumltzlich berechshy

tigt sei eine Finanzkraftumlage zu erheben Verfassungsrechtlich unzulaumlssig sei hingegen

der mit der Einfuumlhrung der Finanzkraftumiage durch das FAG 2013 verbundene Ruumlckwirshy

kungseffekt Dieser Ruumlckwirkungseffekt fuumlhre dazu dass Steuereinnahmen die in abgeshy

schlossenen Zeitraumlumen erzielt und die fuumlr Pflichtaufgaben und Ausgaben der Daseinsvorshy

sorge verausgabt worden seien zum Anlass fuumlr eine kuumlnftige Umlage genommen wuumlrden

Dadurch wuumlrden die Grundsaumltze der Pianbarkeit und der Vorhersehbarkeit verletzt Die

Regelung enthalte indes eine echte Ruumlckwirkung und sei mit dem Rechtsstaatsprinzip als IBestandteil der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie und dem darin enthaltenen grundshy I saumltzlichen Verbot ruumlckwirkender Regelungen unvereinbar Gegenstand der Abschoumlpfung l

seien Steuereinnahmen aus dem Bereich der Realsteuern des Gemeindeanteils an der Einshy

kommensteuer und des Gemeindeanteils aus der Umsatzsteuer aus Vorvorjahreszeitraumlushy I men Den Versuchen diese Regelung in die Kategorie der unechten Ruumlckwirkung einzuordshy

l

nen sei nicht zu folgen Zweifellos sei es richtig dass der Anknuumlpfungspunkt fuumlr die Finanz-

l l I

-8shy

kraftumlage in der Vergangenheit angesiedelt sei und die daraus folgenden Schluumlsse erst in

der Zukunft wirken wuumlrden Die Finanzkraftumlage sei aber erst fuumlr einen Zeitpunkt nach lnshy

krafttreten des Gesetzes zu zahlen Dies sei ein Fall der echten Ruumlckwirkung Der Sachvershy

halt sei in der dogmatischen Einordnung genauso zu beurteilen als wuumlrde der Steuergeshy

setzgeber auf die Idee kommen fuumlr einen abgeschlossenen Besteuerungszeitraum den

Steuertarif nachtraumlglich zu aumlndern Dass die Zahlungswirkung erst in der Zukunft eintrete sei

einer nachtraumlglichen Veraumlnderung der Besteuerungsgrundlagen fuumlr bereits abgeschlossene

Besteuerungszeitraumlume immanent und kein geeignetes Abgrenzungskriterium zwischen

echter und unechter Ruumlckwirkung Entscheidend sei die Antwort auf die Frage ob der Beshy

troffene noch eine Reaktionsmoumlglichkeit habe oder ob eine solche Reaktionsmoumlglichkeit

nicht bestehe und er der Ruumlckwirkung bedingungslos ausgeliefert sei

Uumlbersect 12 Abs 4 S 1 FAG 2013 koumlnne die verfassungswidrige Ruumlckwirkung nicht geheilt

werden Die Feinsteuerungsmoumlglichkeit uumlber den Ausgleichsstock genuumlge nicht den verfasshy

sungsrechtlichen Vorgaben wonach wesentliche Fragen des kommunalen Finanzausgleishy

ches durch den Gesetzgeber und nicht durch die ausfuumlhrende Verwaltung zu regeln seien

Der Gesetzgeber habe zwar bei der Regelung der Rahmenbedingungen des Finanzausgleishy

ches einen weiten Gestaltungsspielraum allerdings muumlsse er diesen Gestaltungsspielraum

selbst nutzen und duumlrfe ihn nicht der ausfuumlhrenden Verwaltung uumlberlassen Im Uumlbrigen sei

die Haumlrtefallregelung zu unbestimmt da die Kriterien fuumlr ihre Anwendung nicht feststaumlnden

und sie nicht zielfuumlhrend seien

Daruumlber hinaus fuumlhre die Finanzkraftumlage zu einer verfassungswidrigen Schattenwirshy

kung Die Beschwerdefuumlhrerin sei eine kreisangehoumlrige Gemeinde im Burgenlandkreis Aufshy

grund der Tatsache dass die Finanzkraftumlage bei der Steuerkraft abgezogen und somit

die Bemessungsgrundlagen fuumlr die Kreisumlage vermindert werde verliere der Burgenlandshy

kreis fuumlr das Haushaltsjahr 2013 Kreisumlagen in Houmlhe von 22879600 Euro und fuumlr das

Jahr 2014 Kreisumlagen in Houmlhe von 43500100 Euro Der Landkreis sei nicht abundant

Dies fuumlhre zu einer mittelbaren Schattenwirkung sowohl bei dem betroffenenmiddot Landkreis als

auch bei den nicht abundanten kreisangehoumlrigen Gemeinden des Landkreises Der in Mithaft

genommene Landkreis muumlsse die Kreisumlage anheben um diese Ausfaumllle zu kompensieshy

ren Er muumlsse entweder die Kreisumlage anheben oder auf eine sonst moumlgliche Senkung

der Kreisumlage verzichten so dass zweierlei Effekte eintreten wuumlrden Zunaumlchst verringere

sich bei ihr der Entlastungseffekt durch die Mitberuumlcksichtigung der Finanzkraftumlage bei

der Kreisumlage und es wuumlrden nunmehr auch uumlber diese mittelbare Schattenwirkung

Nachbarstaumldte und Gemeinden im Landkreis herangezogen die sich auch nicht annaumlhernd

in der Naumlhe einer Abundanz befaumlnden Nach der Rechtsprechung des Landesverfassungsshy

-9shy

gerichts fuumlhre diese Schattenwirkung zu einer Verletzung der Finanzhoheit der Landkreise

Dabei gehe es um das Prinzip auf die konkrete Houmlhe und das Ausmaszlig der Beeintraumlchtigung

komme es nicht an

Die Beschwerdefuumlhrerin beantragt

sect 12 Abs 3 des Gesetzes zur Abloumlsung des Finanzausgleichsgesetzes und zur

Aumlnderung weiterer Gesetze vom 18122012 (GVBL S 641) wegen Unvereinbarshy

keit mit Art 2 Abs 3 i V m Art 87 Abs 1 der Verfassung des Landes Sachsenshy

Anhalt fuumlr nichtig hilfsweise fuumlr verfassungswidrig zu erklaumlren

Mit Schriftsatz vom 11032014 hat die Landesregierung zu der Verfassungsbeschwerde

Stellung genommen Sie haumllt die Verfassungsbeschwerde fuumlr unbegruumlndet und ervridert auf

das Vorbringen der Beschwerdefuumlhrerin im Einzelnen

Es liege kein Fall einer unzulaumlssigen Ruumlckwirkung vor Ein Fall grundsaumltzlich unzulaumlssiger

echter Ruumlckwirkung liege nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vor

wenn eine Norm nachtraumlglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt aumlndernd eingreife Dies

sei insbesondere der Fall wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem

Zeitpunkt ihrer Verkuumlndung fuumlr bereits abgeschlossene Tatbestaumlnde gelten solle Dies treffe

hier nicht zu Die jetzige Situation sei die gleiche wie sie der -Entscheidung

zugrunde gelegen habe naumlmlich so wie die erstmalige Einfuumlhrung der Umlage zu beurteilen

sei wenn sie in den Jahren nach lnkrafttreten des Gesetzes erhoben werde und ihr die geshy

setzlich definierte und normierte Finanzkraft der Jahre vor lnkrafttreten des Gesetzes

zugrunde gelegt werde diese Finanzkraft aber nicht durch eine Erhebung in Echtzeit ermitshy

telt werde sondern unter Ruumlckgriff auf statistische Werte aus der Zelt vor lnkrafttreten des

Gesetzes in der --Entscheidung vom 13062006 habe das Landesverfassungsgeshy

richt eine echte Ruumlckwirkung der Ersteinfuumlhrung der Finanzkraftumlage verneint Es liege

auch keine unechte Ruumlckwirkung vor denn es seien keine Vertrauenstatbestaumlnde aufgrund

einer fruumlheren Regelung ersichtlich welche bereits haumltten ins Werk gesetzt sein koumlnnen weil

die Finanzkraftumlage erstmals in das Finanzausgleichsgesetz eingefuumlgt worden sei Dafuumlr

sei es unerheblich dass der Gesetzgeber fuumlr die Berechnung auf Grundsaumltze Bezug nehme

die fuumlr einen anderen Sachverhalt (allgemeine Zuweisungen jetzt Schluumlsselzuweisungen)

gelten wuumlrden und die er dort mit Wirkung fuumlr die Zukunft geaumlndert habe Der Saumlchsische

Verfassungsgerichtshof sei in seinem Urteil vom 26082010 hinsichtlich der Verfassungsshy

maumlszligigkeit der Einfuumlhrung einer Finanzkraftumlage unter Berechnung der Umlage aus den

Haushaltsdaten der Vergangenheit zu Recht davon ausgegangen dass darin weder ein Fall

von echter noch von unechter Ruumlckwirkung liege Mit der Berechnung der Umlage anhand

- 10 shy

der Steuereinnahmen vergangener Zeitraumlume gehe kein unzulaumlssiger Zugriff auf in der Vershy

gangenheit ihren Anfang nehmende oder gar beendete Lebenssachverhalte einher Den Anshy

knuumlpfungspunkt fuumlr die Erhebung der Finanzkraftumlage und damit den fuumlr eine Pruumlfung am

Vertrauensschutzprinzip maszliggeblichen Lebenssachverhalt bilde allein ein Uumlberschuss der

gemeindlichen Steuerkraft im aktuellen Haushaltsjahr Eine mit dem Vertrauensschutzprinzip

moumlglicherweise in Konflikt geratende Ruumlckwirkung laumlge allein dann vor wenn mit der Umlashy

ge eine uumlberschieszligende Finanzkraft vergangener Zeitraumlume abgeschoumlpft werden sollte also

gerade hierin die innere Rechtfertigung fuumlr die Belastung der Gemeinden zu erblicken waumlre

Diese Ausfuumlhrungen zum Saumlchsischen Finazausgleichsgesetz seien auch auf das FAG 2013

uumlbertragbar Fuumlr einen gesetzgabarischen Willen mit der Umlage eine uumlberschieszligende Fishy

nanzkraft vergangener Zeitraumlume abschoumlpfen zu wollen gebe es in den Gesetzesmaterialien

des FAG 2013 keine Anhaltspunkte Daruumlber hinaus schlieszlige sich die Landesregierung der

weiteren Argumentation des Saumlchsischen Verfassungsgerichtshofs an wonach gegen die

grundsaumltzliche Tauglichkeit des Maszligstabes zur Bemessung der Umlage keine Bedenken beshy

stuumlnden Hinter ihm stehe die Erwartung dass sich die Haushaltszahlen im aktuellen Jahr in

etwa im Rahmen der bekannten Daten entwickeln wuumlrden Wenn auch zeitlich verzoumlgert

wuumlrden die Annahmen immer wieder an die tatsaumlchlichen Haushaltsdaten angepasst Die

damit notwendig verbundenen Unschaumlrfen seien hinzunehmen Bei einer alternativ denkbashy

ren zunaumlchst vorlaumlufigen Ermittlung der Umlageschuld verbunden mit einem endguumlltigen

Festsetzungsverfahren bei Vorliegen der relevanten Haushaltsdaten waumlre eine verlaumlssliche

Finanz- Ausgaben- und Haushaltswirtschaft der Gemeinden praktisch kaum zu leisten Aus

dem Vertrauensschutzprinzip ergebe sich weder die Verpflichtung des Gesetzgebers Invesshy

titionen der Gemeinden zur Erzielung von Gewerbesteuern zu beruumlcksichtigen noch die

Notwendigkeit wegen fehlender zeitlicher Moumlglichkeiten fuumlr die Umlageschuld Vorsorge zu

treffen oder besondere Uumlbergangsregelungen zu schaffen Das Vertrauensschutzprinzip steshy

he Aumlnderungen des Systems des Finanzausgieichs nicht grundsaumltziich entgegen Es verianshy

ge lediglich eine Ruumlcksichtnahme auf gemeindliche Entscheidungen die in schutzwuumlrdigem

Vertrauen auf eine bestimmte Entwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen getroffen

worden seien Die Schutzwuumlrdigkeit folge dabei aus einem durch den Gesetzgeber geschafshy

fenen Vertrauenstatbestand Fuumlr eine Schutzwuumlrdigkeit der Hoffnung der Beschwerdefuumlhreshy

rin uumlber ihr Gewerbesteueraufkommen auch zukuumlnftig allein zu verfuumlgen sei nichts ersichtshy

lich Aus dem nach dem Soumlssen II Urteil erklaumlrten Verzicht eine Finanzkraftumlage fuumlr die

Vergangenheit zu erheben haumltten die Kommunen nicht schlieszligen koumlnnen dass dies auch

fuumlr die Zukunft gelten werde

Dass sowohl Zuweisungen des Landes als auch zu erhebende Umlagen nicht an das laushy

fende Steueraufkommen des aktuellen Jahres anknuumlpfen koumlnnen sei systemimmanent weil

- II shy

verlaumlssliche Finanzdaten immer erst mit zeitlicher Verzoumlgerung feststaumlnden Insoweit koumlnne

fuumlr die Finanzkraftumlage nichts anderes gelten als zB fuumlr die Kreisumlage Der Gesetzgeshy

ber sei daher daran gebunden das einmal gewaumlhlte System auch auf die Finanzkraftumlage

anzuwenden Eine theoretische Alternative waumlre ein Finanzausgteichssystem das zunaumlchst

mit Schaumltzwerten fuumlr das laufende Jahr arbeite die fortlaufend an die tatsaumlchlichen Daten

angepasst wuumlrden Letztlich muumlsste dann zum Abschluss eine Spitzabrechnung durchgeshy

fuumlhrt werden Es bestehe jedoch Einigkeit daruumlber dass dies zum einen vom Verwaitungsshy

aufwand her nicht zu bewaumlltigen waumlre zum anderen der Nachteil in Gestalt der Planungsunshy

sicherheit bei den Kommunen den Vorteil der etwas groumlszligeren Gerechtigkeit weit uumlberwiegen

wuumlrde Daher sei allen Finanzausgleichssystemen der Bundeslaumlnder gemeinsam dass fuumlr

das laufende Jahr Zahlen verwendet wuumlrden die mittels prognostischer Annahmen aus den

Werten vergangener Jahre abgeleitet wuumlrden Die Anknuumlpfung an die Daten des vorverganshy

genen Jahres liege der Berechnung des Finanzausgleichs insgesamt zu Grunde nicht nur

der Berechnung der Finanzkraftumlage Durch den Uumlbergang vom kameralen zum doppishy

schen Buchungsstil der inzwischen bei fast allen Kommunen abgeschlossen sei habe sich

im Uumlbrigen das Problem der zeitlichen Verschiebung zwischen Abundanz und Zahlung der

Umlage weitgehend erledigt

Den berechtigten Interessen der zahlungspflichtigen Kommunen dabei nicht uumlberfordert zu

werden trage die Befreiungsvorschrift hinreichend Rechnung Dass im Rahmen der Pruumlfung

der Befreiungen den Antragstellern wie der Beschwerdefuumlhrerin zugemutet werde eigene

Ruumlcklagen zum Zweck der Zahlung der Finanzkraftumlage einzusetzen sei derzeit Gegensshy

tand einer verwaltungsgerichtlichen Uumlberpruumlfung Ob das Gebot des Haushaltsausgleichs

Vorrang vor anderen Verwendungsabsichten der Ruumlcklagen habe sei eine fachgerichtlich zu

beantwortende Frage Fuumlr die jetzige Gesetzesfassung einer Befreiungsklausel wuumlrden die

aUgemeinen Bestimmtheitsanforderungen gelten Diesen werde sect 12 Abs 4 i V m sect 17

FAG 2013 zweifelsohne gerecht Soweit die Kernnorm der Gewaumlhrung von Leistungen aus

dem Ausgleichsstock naumlmlich der in sect 17 Abs 1 S 2 FAG geregelte Fall dass die Einnahshy

memoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren Ausgabeverpflichtungen

nicht ausreichten in Bezug genommen werde sei aufgrund einer langjaumlhrigen Klaumlrung durch

Behoumlrdenpraxis und die Rechtsprechung der Gerichte an der Bestimmtheit nicht zu zweifeln

Dass daruumlber hinaus die weiter gefassten Anwendungsfaumllle des sect 17 FAG von der Verweishy

sung erfasst wuumlrden belaste die Beschwerdefuumlhrerin nicht

Die jetzige Regelung der Finanzkraftabgabe greife nicht unzulaumlssig in die Finanzhoheit der

Landkreise ein Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumlage unterscheide sich im Hinshy

blick auf die Ebenentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren Finanzkraftumlage Bei der fruumlshy

- 12 shy

heren Regelung sei die Finanzkraftumlage dem Ausgleichsstock zugeflossen so dass sie

den Landkreisen als Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage verloren gegangen sei

Demgegenuumlber werde durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die

Kreisumlage insgesamt nicht geschmaumllert Es koumlnnte nur darum gehen inwieweit minimale

Verlagerungen der Bemessungsgrundlage von den finanzstarken zu den finanzschwaumlcheren

Landkreisen mit der Landesverfassung vereinbar seien Die Finanzkraftumlage fuumlhre innershy

halb eines Landkreises zu einer verminderten Umlagekraft der abundanten Gemeinden ershy

houmlhe aber die Umlagekraft der Empfaumlnger der Umlage Innerhalb eines Landkreises komshy

pensierten sich diese Gewinne und Verluste bei Bemessungsgrundlage weitgehend Aus

diesen Gruumlnden habe es der Landesgesetzgeber fuumlr kontraproduktiv gehalien diesen ershy

wuumlnschten Effekt durch einen nachgelagerten Spitzausgleich unter den Landkreisen zu beshy

seitigen Im Rahmen der Erarbeitung des Gesetzentwurfes habe auch eine Finanzkraftumlashy

ge zwischen den Landkreisen lange zur Diskussion gestanden Diese Loumlsung sei allerdings

verworfen worden Eine Stoumlrung der Belastungsgerechtigkeit auf Gemeindeebene und eine

Schattenwirkung auf Kreisebene zu vermeiden waumlre nur durch eine Kombination der derzeishy

tigen Regelung mit einem nachgelagerten Spitzausgleich auf der Landkreisebene moumlglich

Die Ausfuumlhrungen der Beschwerdefuumlhrerin uumlber die mittelbare Schattenwirkung gingen an

der Lebenswirklichkeit vorbei Bei einem Blick auf die Kreishaushalte werde angesichts der

starken Schwankungen in vielen Haushaltsbereichen schnell klar dass eine Verlagerung von

wenigen Tausend Euro bei der Bemessungsgrundlage der Kreisumlage eine voumlllig uninteshy

ressante Groumlszlige sei Ein Einfluss der Finanzkraftumlage auf die Kreisumlagefestsetzung sei

nicht ersichtlich Die finanzschwache Nachbargemeinde profitiere direkt von der Finanzkraftshy

umlage Die von der Beschwerdefuumlhrerin beschriebene mittelbare Schattenwirkung treffe

die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal Wenn im Zusammenshy

hang mit dem Finanzausgieich von armen und reichen Kommunen die Rede sei beziehe r

sich das uumlblicherweise auf die Moumlglichkeit zur Erzielung von Steuereinnahmen Es spiele

aber bei genauerer Betrachtung daruumlber hinaus eine Rolle ob diese Kommunen in einem

Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft laumlgen Der Landkreis mit niedriger Umlashy Igekraft werde in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlage erheben waumlhrend der

reiche Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlrigen Kommunen

I uumlblicherweise nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muumlsse Oe facto verfuumlgten also

die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verblieben Die nicht abunshy i danten Kommunen in dem reichen Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten l eventuell dadurch (minimal) belastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoshy l

ben werde um den Verlust des Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzshy

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- 13shy

kraftumlage zu kompensieren ln dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saldo von

der Finanzkraftumlage profitierten erhoumlhe sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass

der Kreisumlagesatz (geringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Der Landtag hat sich nicht geaumluszligert

E n t s c h e i d u n g s g r uuml n d e

Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist zulaumlssig (1 ) jedoch nicht begruumlndet (2 )

1 Das Landesverfassungsgericht ist zur Entscheidung uumlber die kommunale Verfassungs~

beschwerde berufen (vgl dazu im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen LVerfG Urt v

31051994- LVG 293 - LVerfGE 2 227 245 f Urt v 31051994- LVG 194 - LVerfGE

2 273 289f Urt v 31051994- LVG 494- LVerfGE 2 323 334 f) Soweit eine Verletshy

zung des durch Art 2 Abs 3 und 87 LVerf garantierten Selbstverwaltungsrechts behauptet

wird handelt es sich um eine kommunale Verfassungsbeschwerde im Sinne des Art 75 Nr

7 LVerf und dersectsect 2 Nr 8 51 des Landesverfassungsgerichtsgesetzes in der Fassung vom

24092009- LVerfGG- (GVBI S 474) Diese Bestimmungen berechtigen die Kommunen

gegen Eingriffe in ihr Selbstverwaltungsrecht durch ein Landesgesetz das Landesverfasshy

sungsgericht anzurufen

Nach sect 51 Abs 1 LVerfGG koumlnnen Kommunen die Verfassungsbeschwerde mit der Behaupshy

tung erheben durch ein Landesgesetz in ihrem Recht auf Selbstverwaltung nach Art 2 Abs

3 und Art 87 LVerf verletzt zu sein Gemaumlszlig sect 57 Abs 2 LVerf gelten die sectsect 48 bis 50

LVerfGG entsprechend Nach sect 49 L VerfGG (hinsichtlich der Verfassungsbeschwerde gegen

ein Gesetz deckungsgleich mit sect 92 BVerfGG) sind in der Begruumlndung der Verfassungsbeshy

schwerde welche nach sect 16 Abs 1 S 2 LVerfGG erforderlich ist das Recht das verletzt

sein soll und die Gesetzesvorschrift durch die sich die Beschwerdefuumlhrerin unmittelbar vershy

letzt sieht zu bezeichnen Die Zulaumlssigkelt einer kommunalen Verfassungsbeschwerde geshy

gen ein Gesetz setzt voraus dass die Beschwerdefuumlhrerin selbst gegenwaumlrtig und unmittelshy

bar durch die angegriffenen Rechtsnormen in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt ist Die

angegriffenen Normen beschraumlnken unmittelbar und gegenwaumlrtig das Selbstverwaltungsshy

recht der Beschwerdefuumlhrerin ohne dass ein weiterer angreifbarer Umsetzungsakt notwenshy

dig wird Insoweit wird auch auf die Gruumlnde des Urteils des Gerichts vom 16022010- LVG

908- (LVerfGE 21 361 mwN) verwiesen

- 14shy

Die Verfassungsbeschwerde ist formgerecht und innerhalb der Jahresfrist der sectsect 51 Abs 2

48 LVerfGG erhoben worden

2 Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist nicht begruumlndetsect 12 Abs 3 FAG 2013 steht

im Einklang mit der in den Artt 2 Abs 3 87 und 88 L Verf naumlher ausgeformten Garantie der

kommunalen Selbstverwaltung

21 Bedenken gegen die formelle Rechtmaumlszligigkeit des FAG 2013 bestehen nicht Der Geshy

setzgeber hat keine Vorgaben des Gesetzgebungsverfahrens verletzt insbesondere traf ihn

keine Begruumlndungspflicht dafuumlr weshalb er eine Umlagenhoumlhe von 10 insect 12 Abs 3 FAG

2013 gewaumlhlt hat Aus den Vorschriften der Landesverfassung die das Gesetzgebungsvershy

fahren regeln (Artt 77 ff LVerf) ergibt sich keine Pflicht zur Begruumlndung von Gesetzen durch

den Landtag Nach sect 23 Abs 2 S 2 der Geschaumlftsordnung des Landtages von Sachsenshy

Anhalt muumlssen Gesetzesentwuumlrfe schriftlich begruumlndet sein Eine uumlber diese allgemeine Beshy

gruumlndungsnotwendigkeit hinausgehende Pflicht zur genauen Erlaumluterung des sect 12 Abs 3

FAG 2013 besteht nicht Eine besondere Darlegungslast des Gesetzgebers ergibt sich auch

nicht aus der speziellen Gesetzesmaterie des kommunalen Finanzausgleichs Der Gesetzshy

geber ist nicht gehalten die Gruumlnde fuumlr die Festlegung konkreter Betraumlge oder Verteilungsshy

kriterien im Einzelnen darzulegen Das Landesverfassungsgericht uumlberpruumlft das Finanzausshy

gleichsgesetz daher als Ergebnis eines Gesetzgebungsprozesses und nicht nur auf welshy

chem Weg der Gesetzgeber zu diesem Ergebnis gelangt ist (LVerfG Urt v 09102012shy

LVG 5710 - LVerfGE 23 315 333f) Der generellen Annahme einer in das Einzelne geshy

henden Begruumlndung bei jeder Gesetzgebung stehen im Uumlbrigen praktische Erwaumlgungen

entgegen So waumlre eine Abstimmung uumlber die Begruumlndung erforderlich um feststellen zu

koumlnnen ob die Mehrheit der Abgeordneten des Landtages diese Begruumlndung traumlgt

22 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt auch materiell-rechtlich nicht gegen die Landesshy

verfassung

221 Pruumlfungsmaszligstab ist die Selbstverwaltungsgarantie der Artt 2 Abs 3 87 und 88 L Verf

Seide Bestimmungen konkretisieren fuumlr das Land Sachsen-Anhalt die in Art 28 GG enthalshy

tene bundesverfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und haben

nach Zweck und Entstehungsgeschichte jedenfalls denselben Mindestgehalt wie Art 28 Abs

1 S 2 und 3 sowie Abs 2 GG Zum Selbstverwaltungsrecht der Kommunen gehoumlrt nach geshy

festigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG Beschl v 151 01985 shy

2 BvR 1808 1809 181082- BVerfGE 71 25 36 mwN) die Finanzhoheit der Kommunen

Sie umschlieszligt die eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft Die Verfasshy

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- 15 shy

sung des Landes Sachsen-Anhalt enthaumllt mit Art 87 Abs 3 einerseits und Art 88 anderershy

seits zwei selbstaumlndige Ausformungen der finanziellen Absicherung der Kommunen kraft deshy

rer das Land zum einen Bestimmungen uumlber die Deckung der Kosten treffen muss die den

Kommunen durch die Zuweisung von Pflichtaufgaben zur Erfuumlllung in eigener Verantwortung

und durch die Uumlbertragung von staatlichen Aufgaben zur Erfuumlllung nach Weisung entstehen

Zum anderen hat das Land dafuumlr zu sorgen dass die Kommunen uumlber Finanzmittel verfuumlshy

gen die zur angemessenen Erfuumlllung ihrer Aufgaben ausreichend sind Dabei ist die untershy

schiedliche Finanzkraft der Kommunen auf Grund eines Gesetzes angemessen auszugleishy

chen (Art 88 Abs 2 LVeri)

Als landesverfassungsrechtliche Garantie eines aufgabengerechten Finanzausgleichs weist

Art 88 LVerf dabei einen engen Bezug zu den bundesverfassungsrechtlichen Bestimmunshy

gen uumlber den Finanzausgleich auf welcher die Gemeinden unmittelbar einschlieszligt So steht

den Gemeinden ein bundesgesetzlich zu bestimmender Anteil an der Einkommen- und Umshy

satzsteuer (Art 106 Abs 5 5a GG) zu ferner die Ertragshoheit uumlber die Grund- und Gewershy

besteuer an deren Aufkommen aber Bund und Laumlnder durch eine Umlage beteiligt werden

sowie die Ertragshoheit uumlber die oumlrtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern sofern diese

nicht nach Maszliggabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbaumlnden zusteht (Art 1 06

Abs 6 GG) Wie der kommunale Finanzausgleich konkret ausgestaltet wird unterliegt der

Entscheidung des Landesgesetzgebers Ihm steht dabei angesichts desmiddot lneinandergreifens

von landesrechtliehen und grundgesetzliehen Finanzausgleichsvorschriften durch welche

den Gemeinden unmittelbar Steuerertraumlge zugewiesen werden sowie der Einbindung des

kommunalen Finanzausgleichs in die gesamte Haushaltswirtschaft und -planung des Landes

ein weiter Gestaltungsspielraum zu (LVerfG Urt v 16022010 aaO 361 374 mwN)

222 Im Rahmen dieses Gestaitungsspielraums hat der Landesgesetzgeber einen intershy

kommunalen horizontalen Finanzausgleich geschaffen der verfassungsrechtlich nicht zu beshy

anstanden ist

2221 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip unter dem Geshy

sichtpunkt des Verbots der echten Ruumlckwirkung soweit Steuereinnahmen aus dem Bereich

der Realsteuern des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer und des Gemeindeanteils

aus der Umsatzsteuer aus Vorvorjahreszeitraumlumen fuumlr die Berechnung der Finanzkraftumlashy

ge herangezogen werden

22211 Das Rechtsstaatsprinzip gehoumlrt zu den Vorschriften des Grundgesetzes und der

Landesverfassung die das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mit zu bestimshy

- 16 shy

men geeignet sind Es gehoumlrt damit auch zum Pruumlfungsmaszligstab der kommunalen Verfasshy

sungsbeschwerde Mit der Idee des Rechtsstaats ist der Gedanke der Dauerhaftigkeit und

Unverbruumlchlichkeil von Recht eng verbunden Der Rechtsgrundsatz der Rechtssicherheit

verlangt objektiv ein Mindestmaszlig an Kontinuitaumlt des Rechts vor allem fuumlr die Modalitaumlten

seiner Aumlnderung um die Verlaumlsslichkeit der Rechtsordnung zu erhalten Rechtssicherheit

bedeutet subjektiv in erster Linie Vertrauensschutz Es gibt aber kein schutzwuumlrdiges Vershy

trauen in den Fortbestand einer guumlnstigen Rechtslage Verfassungsrechtlich problematisch

sind Regeln die ruumlckwirkend belasten weil sie auf vergangene Sachverhalte Bezug nehshy

men

2 2212 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das grundsaumltzliche Verbot der echten

Ruumlckwirkung Eine echte Ruumlckwirkung liegt naumlmlich erst dann vor wenn (1) ein Gesetz

nachtraumlglich aumlndernd in abgewickelte der Vergangenheit angehoumlrende Tatbestaumlnde einshy

greift wenn also der von der Ruumlckwirkung betroffene Tatbestand in der Vergangenheit nicht

nur begonnen hat sondern bereits abgeschlossen war und (2) die tatbestandliehe Ruumlckanshy

knuumlpfung auch zu abgeschlossenen Rechtsfolgen vor der Verkuumlndung der gesetzlichen Reshy

gelung gefuumlhrt hat d h dass die Rechtsfolgen des neuen Gesetzes fuumlr einen vor der Vershy

kuumlndung liegenden Zeitpunkt auftreten sollen und nicht erst fuumlr die Zeit ab Verkuumlndung der

Norm (vgl Urt des LVerfG v 16022010 aaO 376 mwN) sect 12 Abs 3 FAG 2013 knuumlpft

bei der Bemessung der Finanzkraftumlage nachsect 29 FAG 2013 zwar an in der Vergangenshy

heit bereits abgeschlossene Tatbestaumlnde (Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren 2009

und 2010) an die Finanzkraftumlage wird erstmalig aber nach dem lnkrafttreten des FAG

2013 fuumlr die aktuelle Finanzkraft des Jahres 2013 erhoben die lediglich aus den Steuereinshy

nahmen der Jahre 2009 und 2010 ermittelt wird

222 i 3 Unabhaumlngig davon ob man das Anknuumlpfen bei der Berechnung der Finanzkraftumshy

lage an Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren vor der erstmaligen Erhebung der Umlashy

ge (in Sachsen-Anhalt an die Jahre 2009 bis 2012) als eine unechte Ruumlckwirkung bezeichnet

(so LVerfG MV Urt v 26012012 - 3310 - RdNr 107 juris) oder wie der Verfassungsgeshy J

richtshof des Freistaates Sachsen (Urt v 26082010- Vf 129-VIII-09 - RdNr 101 juris) I annimmt dass in dem Ruumlckgriff auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltnissen der Vorjahre

keine Ruumlckwirkung gegeben sei weil die Finanzkraftumlage die aktuelle Steuerkraft und die

der Vorjahre abschoumlpfen will kann das Anknuumlpfen an die vorvergangenen Jahre bei der Beshyf

rechnung der Finanzkraftumlage nicht als verfassungswidrig angesehen werden

IDabei ist zum einen zu beruumlcksichtigen dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfasshy 1

sungsgerichts im Beschluss vom 14051986 (2 Bvl 283 Absatz-Nr 92 juris) davon auszushy

- 17 shy

gehen ist dass eine Einordnung unter den Oberbegriff Ruumlckwirkung im weitesten Sinne

keinerlei verfassungsrechtliche Maszligstaumlbe aufzuzeigen vermag

Zum anderen besteht unter den Landesverfassungsgerichten Einigkeit daruumlber dass die Beshy

rechnung der Umlage anhand der Steuereinnahmen der vorvergangenen Jahre - unabhaumlnshy

gig davon ob man darin eine unechte Ruumlckwirkung sieht oder nicht- im Rahmen des Vershy

haumlltnismaumlszligigkeitsgrundsatzes unter dem Blickwinkel der Sachgerechtigkeit des gewaumlhlten

Maszligstabs und unter dem Gesichtpunkt des Vertrauensschutzes bewertet werden muss (vgl

SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO RdNrn 102 105 LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 106) Danach kann der Gesetzgeber auch dann wenn die Gesetzesaumlnderung

an sich verfassungsrechtlich zulaumlssig ist im Hinblick auf den Grundsatz der Verhaumlltnismaumlshy

szligigkeit verpflichtet sein eine angemessene Uumlbergangsregelung zu treffen Der Nachpruumlfung

durch das Landesverfassungsgericht unterliegt insoweit allerdings nur ob der Gesetzgeber

bei einer Gesamtabwaumlgung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der

Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gruumlnde unter Beruumlcksichtigung aller Umstaumlnde die

Grenze der Zumutbarkeit uumlberschritten hat (so auch LVerfG MV Urt v 26012012 aaO

RdNr 106 mwN)

Gegen die grundsaumltzliche Tauglichkeit des Maszligstabs bestehen keine Bedenken Hinter ihm

steht die Erwartung dass sich die Haushaltszahlen im aktuellen Jahr in etwa im Rahmen der

bekannten Daten entwickeln werden

Im Rahmen der gebotenen Abwaumlgung ist zu beruumlcksichtigen dass der Landesgesetzgeber

bereits 1999 und 2007 die Einfuumlhrung eines interkommunalen Finanzausgleichs fuumlr verfasshy

sungsrechtlich dringend geboten gehalten und 2010 nur deshalb zunaumlchst auf die Erhebung

der Umiage verzichtet hat weii er keine einfache Moumlglichkeit gesehen hatte die Vorgaben

des Landesverfassungsgerichts aus dem Urteil vom 16022010 umzusetzen Bereits in dem

am 13042011 geschlossenen Koalitionsvertrag haben die regierungsbildenden Koalitionaumlra

festgeschrieben dass das bestehende System des kommunalen Finanzausgleichs fuumlr das

Jahr 2012 fortgeschrieben werden solL lnfolge dieser Absicht sollte ein Gutachter auch eine

verfassungskonforme Loumlsung zur Erhebung einer Umlage zur Angleichung der Finanzkraft

zwischen armen und reichen Kommunen finden Bei dieser Sachlage kann nicht davon

ausgegangen werden dass die Kommunen vor der Wiedereinfuumlhrung der Finanzkraftumlage

im Jahre 2013 darauf vertrauen durften von einer solchen Abgabe verschont zu bleiben

Das Landesverfassungsgericht hat sowohl bereits in seinem Urteil vom 13062006 als auch

in seinem Urteil vom 16022010 ausgefuumlhrt dass eine interkommunale Finanzkraftumlage

- 18shy

grundsaumltzlich mit der Landesverfassung vereinbar ist nur nicht deren konkrete Ausgestalshy

tung durch das jeweilige FAG

Ferner ist zu beruumlcksichtigen dass ein allgemeiner Vertrauensschutz auf den Fortbestand

der bisherigen Strukturen des Finanzausgleichs grundsaumltzlich nicht besteht was auch einen

Schutz des Vertrauens auf die Nichteinfuumlhrung neuer finanzausgleichsrechtlicher Instrumenshy

te ausschlieszligt Die Garantie der Selbstverwaltung verleiht den Gemeinden keinen verfasshy

sungsrechtlichen Anspruch auf Beibehaltung einer einmal erreichten Struktur des Finanzshy

ausgleichs Vielmehr steht es dem Gesetzgeber frei veraumlnderte Rahmenbedingungen neue

Erkenntnisse und gewandelte Praumlferenzvorstellungen bei der jaumlhrlichen Regelung des komshy

munalen Finanzausgleichs zu beruumlcksichtigen (so auch LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 109 mwN SaumlchsVerfGH Urt v 28082010 aaO RdNL 1 05)

Etwas anderes folgt auch nicht daraus dass es den betroffenen Gemeinden im Jahre 2013

tatsaumlchlich nicht mehr moumlglich war fuumlr die vorvergangenen Jahre im Hinblick auf die Finanzshy

ausgleichsumlage Dispositionen zu treffen indem sie ihr Ausgabeverhalten geaumlndert oder

die Hebesaumltze insbesondere fuumlr die Gewerbesteuer an der Umlage ausgerichtet haumltten Der

Umstand dass bei der Berechnung der Umlagenhoumlhe auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltshy

nissen der vorvergangenen Vorjahre zuruumlckgegriffen wird aumlndert nichts daran dass die Reshy

gelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht die Steuerkraft der abgeschlossenen Vorjahre sonshy

dern die jeweils aktuelle Steuerkraft im Auge hat

Dass sowohl Zuweisungen des Landes als auch zu erhebende Umlagen nicht an das laushy

fende Steueraufkommen des aktuellen Jahres anknuumlpfen koumlnnen ist systemimmanent weil

verlaumlssliche Finanzdaten immer erst mit zeitlicher Verzoumlgerung feststehen Die damit notshy

wendig verbundenen Unschaumlrfen sind hinzunehmen insoweit kann fuumlr die Finanzkraftumiashy

ge nichts anderes gelten als z B fuumlr die Kreisumlage Der Gesetzgeber ist daher daran geshy

bunden das einmal gewaumlhlte System auch auf die Finanzkraftumlage anzuwenden (so

schon LVerfG Urt v 13062006 aaO S 475)

Eine theoretische Alternative waumlre zwar ein Finanzausgleichssystem das zunaumlchst mit

Schaumltzwerten fuumlr das laufende Jahr arbeitet die fortlaufend an die tatsaumlchlichen Daten anshy

gepasst werden Letztlich muumlsste dann zum Abschluss eine Spitzabrechnung durchgefuumlhrt

werden Eine verlaumlssliche Finanz- Ausgaben- und Haushaltswirtschaft der Gemeinden waumlre

damit allerdings praktisch kaum zu leisten (so auch SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO

RdNr 103 unter Hinweis auf BVerfG Urt v 24061986- 2 BvF 1 5 683 184 und 1 285

- BVerfGE 72 330 400)

19 shy

22214 Im Uumlbrigen ermoumlglichtsect 12 Abs 4 FAG 2013 in der zweijaumlhrigen Uumlbergangszeit in

der Steuereinnahmen aus der Zeit vor lnkrafttreten des Gesetzes in die Berechnung der Fishy

nanzkraft einflieszligen fuumlr den Fall dass die fuumlr die spaumltere Zahlung der Finanzkraftumlage

benoumltigten Betraumlge nicht sofort einer Ruumlckstellung zugefuumlhrt wurden eine Befreiung von der

Verpflichtung zur Zahlung der Finanzkraftumlage wenn es in einem nachfolgenden Jahr zu

einem Einbruch des Gewerbesteueraufkommens kommt die Kommune nicht uumlber ausreishy

chende Ruumlcklagen bzw freie liquide Mittel verfuumlgt und sie die Verpflichtung zur Abfuumlhrung

der Finanzkraftumlage vor Probleme stellt sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 verstoumlszligt

nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz Kernelement des Rechtsstaatsprinzips ist dass alshy

le materiellen Rechtsnormen mit Regelungsanspruch dem Rechtsunterworfenen gegenuumlber

diesem die Moumlglichkeit einraumlumen sein Verhalten auf die Rechtsnorm einzurichten Schon

nach allgemeinen rechtsstaatliehen Regeln verlangt der Bestimmtheitsgrundsatz gesetzliche

Tatbestaumlnde so praumlzise zu formulieren dass ein Normadressat sein Handeln kalkulieren

kann weil die Folgen der Regelung fuumlr ihn voraussehbar und berechenbar sind Dies bedeushy

tet zwar nicht dass die Norm uumlberhaupt keine Auslegungsprobleme aufwerfen darf Dem

Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genuumlgt wenn diese mit herkoumlmmlichen juristischen

Methoden bewaumlltigt werden koumlnnen Es muss auch verlangt werden dass der Gesetzgeber

wenigstens seinen Grundgedanken das Ziel seines gesetzgeberischen Wollens deutlich

macht Allen Bestimmtheitsanforderungen ist gemeinsam dass der Grad der Bestimmtheit

von den jeweiligen sachlichen Eigenarten des Regelungsgegenstandes abhaumlngt Stets sind

Rechtsvorschriften so genau zu fassen wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden leshy

benssachverhalte und mit Ruumlcksicht auf den Normzweck moumlglich ist (vgl Urt des l VerfG v

16022010 aaO 381 mwN)

sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 haumllt diesen Anforderungen stand Bei der Regelung

handelt es sich nicht um eine Ermessensvorschrift sondern um eine gebundene Entscheishy

dung mit unbestimmten Rechtsbegriffen auf der Tatbestandsebene Die in sect 17 Abs 1 FAG

2013 verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe auszligergewoumlhnliche Belastungen Notlage

und besondere Haumlrte lassen sich durch Auslegung soweit konkretisieren dass sie selbst

dem Bestimmtheitsgebot des Art 103 Abs 2 GG genuumlgen wuumlrden Den Begriff Notlage deshy

finiert sect 17 Abs 1 S 2 FAG 2013 indem es dort heiszligt Als Notlage gilt insbesondere der

Fall dass die Einnahmemoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren

Ausgabeverpflichtungen nicht ausreichen Der Begriff der auszligergewoumlhnlichen Belastung

ist ein im Steuer- und Sozialrecht (vgl zB sect 33 des Einkommensteuergesetzes - EStG shy

oder im Sozialrecht zB sect 27 Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung- SchwbAV)

verwendeter Begriff der durch den Bundesgesetzgeber und die Rechtsprechung hinreichend

- 20 shy

konkretisiert ist Eine auszligergewoumlhnliche Belastung ist dadurch gekennzeichnet dass einem

Pflichtigen immer dann wenn er zwangslaumlufig groumlszligere Aufwendungen als die uumlberwiegende

Mehrzahl der Pflichtigen gleicher Einkommensverhaumlltnisse und gleicher Vermoumlgensverhaumlltshy

nisse erbringen muss der Teibull der Aufwendungen ermaumlszligigt wird der die dem Pflichtigen

zurnutbare Belastung uumlbersteigt (sect 33 Abs 1 EStG) Aufwendungen erwachsen dem Pflichtishy

gen nur zwangslaumlufig wenn er sich ihnen aus rechtlichen tatsaumlchlichen oder sittlichen

Gruumlnden nicht entziehen kann Das ist der Fall wenn die Gruumlnde der Zwangslaumlufigkeit derart

von auszligen auf die Entschlieszligung des Pflichtigen einwirken dass er ihnen nicht ausweichen

kann er also tatsaumlchlich keine Entscheidungsfreiheit hat bestimmte Aufwendungen vorzushy

nehmen oder zu unterlassen Liegt eine maszliggeblich vom menschlichen Willen beeinflusste

Situation vor so handelt es sich dagegen um keine Zwangslage in diesem Sinne von sect 33

Abs 1 EStG (vgl BFH Urt v 17072014- VI R 4213- RdNr 13- juris) Auch der Begriff

der besonderen Haumlrte ist ein im Verwaltungs- und Sozialrecht insbesondere bei Billigkeitsshy

entscheidungen haumlufig verwendeter unbestimmter Rechtsbegriff der eine hinreichende Konshy

kretisierung durch die fachgerichtliche Rechtsprechung erfahren hat Der Begriff der besonshy

deren Haumlrte ist ein durch die Fachgerichte voll uumlberpruumlfbarer Rechtsbegriff (vgl BVerwG

Urt v 29031979- 2 C 1677 - Buchholz 2384 sect 46 SG Nr S 52) Durch Bestimmungen

die diesen Begriff verwenden sollen unzumutbare Belastungen vermieden werden Der Geshy

setzgeber fuumlhrt regelmaumlszligig eine Haumlrtevorschrift ein um von den Regelvorschriften nicht ershy

fassten Ausnahmefaumlllen und Grenzsituationen Rechnung tragen zu koumlnnen (vgl BVerwG

Urt v 11021977-6 C 10574- RdNr 28- juris)

Ob bei Anwendung der Befreiungsregelung dessect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 durch

die Exekutive den abundanten Gemeinden angesichts ihrer hohen Gewerbesteuershy

einnahmen in der Vergangenheit abverlangt werden kann ROcklagen aus vergangenen Jahshy

ren einzusetzen oder Kassenkredite aufzunehmen betrifft die Rechtsanwendung und ist von

der Fachgerichtsbarkeit zu klaumlren

2222 Soweit die Beschwerdefuumlhrerin unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Landesshy

verfassungsgerichts im Urteil vom 16022010 geltend macht die Finanzkraftumlage sei

deshalb verfassungswidrig weil sie auf der Landkreisebene bei nicht abundanten Landkreishy

sen durch die Heranziehung einer abundanten Gemeinde zur Finanzkraftumlage eine Schatshy

tenwirkung herbeifuumlhre die dazu fuumlhre dass im Ergebnis dieser Schattenwirkung die Fi-middot

nanzkraftumlage den nicht abundanten Landkreis treffe vermag sie damit die Verfassungsshy

widrigkeit von sect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht zu begruumlnden weil dieser Entscheidung ein anshy

ders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag

- 21 shy

ln sect 16 Abs 2 FAG 2007 war vorgesehen dass ab dem 01 01 2008 eine Kuumlrzung der Beshy

messungsgrundlage der Kreisumlage um die Finanzkraftumlage vorzunehmen war Der Geshy

setzgeber des FAG 2007 hatte dadurch eine Kuumlrzung der Steuerkraftmesszahl um die abzushy

fuumlhrende Finanzkraftumlage als Berechnungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage vorgenommen

Damit konnte fuumlr das Finanzausgleichsmodell das dem FAG 2007 zugrunde lag die Kreisshy

umlagebelastung fuumlr die von der Finanzkraftumlage belasteten Gemeinden spuumlrbar verrinshy

gert werden Um den Eingriff in das Kreisumlagegefuumlge des betroffenen Landkreises abzushy

mildern hatte der Gesetzgeber den Abzug der Finanzkraftumlage zugleich bei der Ermittlung

der Umlagekraftmesszahl der Landkreise (sect 9 FAG 2007) zu beruumlcksichtigen Damit verminshy

derte sich nicht nur die Steuerkraftmesszahl als Bemessungsgrundlage der Kre isumlage

sondern auch als Bemessungsgrundlage fuumlr die Houmlhe der allgemeinen Zuwendungen fuumlr die

Landkreise Dies fuumlhrte dazu dass die Landkreise mit abundanten Gemeinden die wegen

einer houmlheren Umlagekraft an sich weniger allgemeine Zuweisungen erhielten mehr erhielshy

ten Da das Land den Betrag der allgemeinen Zuweisungen an die Landkreise allerdings unshy

veraumlndertmiddot belassen hatte fuumlhrte dies aber dazu dass die anderen Landkreise ohne abunshy

dante Gemeinden weniger allgemeine Zuweisungen erhielten Nur diese Regelung des sect 16

Abs 2 FAG 2007 hat das Landesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 16022010 als eishy

nen verfassungswidrigen Eingriff des Landesgesetzgebers in die Finanzhoheit der Landkreishy

se angesehen Auch die weiteren Ausfuumlhrungen des Landesverfassungsgerichts im Urteil

vom 16022010 beziehen sich auf die beanstandete Regelung dessect 16 Abs 2 FAG 2007

Mit sect 12 FAG 2013 hat der Gesetzgeber ein neues Modell fuumlr die Erhebung der Finanzshy

kraftumlage eingefuumlhrt Dieses Modell stellt sich wie folgt dar Der Gesetzgeber hat das Moshy

dell der sog Abundanzumlage (sect 19a FAG 2005 FAG 2007) bei der eine normierte Steuershy

kraft mit einem normierten Bedarf verglichen wird und fuumlr den Fall dass die Steuerkraft den

Bedarf uumlbersteigt (Abundanz) die Moumlglichkeit eines Zugriffs auf einen gewissen Prozentsatz

des abundanten Teils besteht aufgegeben und nunmehr den Finanzausgleich unter den

steuerstarken und steuerschwachen kreisangehoumlrigen Gemeinden nach einem anderen Moshy

dell vorgenommen das nicht nur die beschriebene uumlberschieszligende Steuerkraft fuumlr die Beshy

rechnung der Umlage heranzieht sondern in Anlehnung an eine entsprechende Regelung in

Baden-Wuumlrttemberg eine breitere Bemessungsgrundlage waumlhlt

Gemaumlszlig sect 12 Abs 2 S 4 und 5 FAG 2013 wird nunmehr fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden

ein Ausgleichsverfahren als Rechenschritt bei der Ermittlung der endguumlltigen Schluumlsselshy

zuweisung durchgefuumlhrt Dabei wird die Schluumlsselzuweisung A mit beruumlcksichtigt Bei der

Schluumlsselzuweisung A wird nach sect 12 Abs 2 S 5 FAG 2013 allen kreisangehoumlrigen Geshy

meinden deren Steuerkraft je Einwohner 80 vH des Durchschnitts aller Gemeinden untershy

- 22shy

schreitet die Differenz der eigenen Steuerkraft zu 80 vH der durchschnittlichen Steuerkraft

zu 80 vH ausgeglichen Diese Schluumlsselzuweisung bewirkt eine dem Finanzausgleich der

Regelungen des FAG 2005 und des FAG 2007 noch unbekannte Verlagerung unter allen

Zuweisungsempfaumlngern also allen nicht abundanten Gemeinden zugunsten der steuershy

schwachen Gemeinden und zurasten der mehr steuerstarken Gemeinden Die abundanten

Gemeinden die keine Zuweisungsempfaumlnger sind werden hierdurch noch nicht belagttet Ihshy

re Belastung erfolgt erst durch die Regelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 Danach zahlen alie

kreisangehoumlrigen Gemeinden also sowohl die Zuweisungsempfaumlnger als auch die abundanshy

ten Gemeinden eine Umlage von 10 vH der Summe aus der Steuerkraftmesszahl fuumlr Geshy

meinden gemaumlszligsect 14 FAG 2013 und den Schluumlsselzuweisungen A und B also ihrer gesamshy

ten Finanzkraft Uumlber sect 14 Abs 3 Nr 2 FAG 2013 geraten ua die Gewerbeshy

steuereinnahmen der abundanten Gemeinden in Houmlhe von 10 vH in diesen Finanzkraftumshy

lagetopf Dieser Umlagetopf erhoumlht gem sect 12 Abs 3 S 2 FAG 2013 die Finanzmasse fuumlr die

Schluumlsselzuweisung B

Diese veraumlnderte Schluumlsselzuweisung B wird dann nach der Regelung des sect 12 Abs 2 S 6

FAG auf die Schluumlsselzuweisungsempfaumlnger umgelegt Gemaumlszlig sect 19 Abs 2 FAG flieszligt die

zuletzt genannte Schluumlsselzuweisung an die kreisangehoumlrigen Gemeinden zwar in die Kreisshy

umlagenberechnung ein Da sich die Bemessung der Kreisumlage aus der Steuerkraft und

den Schluumlsselzuweisungen fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden zusammensetzt wird die

Finanzkraftumlage somit auch zum Abzugsposten bei der Bemessungsgrundlage der Kreisshy

umlage Diese Einbeziehung der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Finanzkraftshy

umlage in die Kreisumlagenberechnung stellt indes keinen Eingriff in die ebenfalls verfasshy

sungsrechtlich geschuumltzte Finanzhoheit der Landkreise dar

Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumiage unterscheidet sich im Hinblick auf die Ebeshy

nentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren vom Landesverfassungsgericht beanstandeten

Finanzkraftumlage Letztere floss dem Ausgleichsstock zu so dass sie den Landkreisen als

Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgesamt verloren ging Demgegenuumlber wird

durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgeshy

samt nicht geschmaumllert

Das Landesverfassungsgericht hat weder heute noch hatte es im Urteil vom 16022010 Beshy

denken dagegen dass uumlber die vorgelagerten Regelungen zur Bestimmung der Steuerkraftshy

messzahl und zur Festlegung der Schluumlsselzuweisungen der Gemeinden zugleich die Beshy

messungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage festgelegt wird Dass jede Aumlnderung der Finanzshy

ausstattung der kreisangehoumlrigen Gemeinden zwangslaumlufig auch zu Verlagerungen bei der

- 23shy

Finanzausstattung der Landkreise fuumlhrt verstoumlszligt als solches nicht gegen die Landesverfasshy

sung Dies gilt auch fuumlr die neu eingefuumlhrte Vorabverteilung der Schluumlsselmasse A zugunsshy

ten der finanzschwachen Kommunen Sie fuumlhrt zu keinen Veraumlnderungen bei der Gesamtshy

summe der Umlagekraftmesszahlen der Landkreise hat aber Verschiebungen zwischen den

einzelnen Landkreisen zur Folge Die jetzige gesetzliche Regelung stellt sicher dass die jeshy

weiligen Gesamtsummen der beiden Komponenten der Finanzausstattung der Landkreise

durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnderung erfahren Der Gesamtbemessungsgrundiashy

ge fuumlr die Kreisumlage werden durch die Verschiebungen zwischen den Kommunen keine

Betraumlge entzogen Da es keine abundanten Landkreise gibt ergeben sich auch keine Ausshy

wirkungen auf die Gesamthoumlhe der Schluumlsselzuweisungen die die Landkreise vom Land ershy

halten

Waumlhrend die Gesamtausstattung der Landkreise durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnshy

derung erfaumlhrt ergeben sich - dies raumlumt die Landesregierung selber ein - allerdings gerinshy

ge Verlagerungseffekte zwischen den einzelnen Landkreisen Diese Verlagerungseffekte

sind indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

Den Anspruch auf angemessene Finanzausstattung der Landkreise darf der Gesetzgeber

einschraumlnken soweit andere Interessen von Verfassungsrang dies rechtfertigen Nicht nur

der horizontale gemeindliche sondern auch der uumlbergemeindliche Finanzausgleich ist von

dem Grundsatz der interkommunalen Solidaritaumlt gepraumlgt (LVerfG Urt v 13062006-705shy

LVerfGE 17 410 429 NdsStGH NdsVBL 2001 184 188) Der Gedanke der interkommushy

nalen Solidaritaumlt umfasst - wie die Kreisumlage zeigt - auch die ausgleichenden Finanzshy

stroumlme zwischen der Gemeinde- und Kreisebene (vgL auch SaumlchsVerfG Urt v 29012010

- Vf 25-VIII-09 - RdNr 119 - juris unter Hinweis auf BVerfG Beschl v 07021991

- 2 BvL 2484 - BVerfGE 83 363 391f LVerfG MV Urt v 26012012- 1810 - RdNr

81) Haumltte der Gesetzgeber eine Verschiebung von finanzstarken zu finanzschwachen Landshy

kreisen mit einer eigenstaumlndigen Ausgleichsregelung herbeigefuumlhrt waumlre dies durch Art 88

ALs 2 S 1 LVerf gedeckt Nichts anderes gilt wenn derselbe Effekt mittelbar durch die vershy

fassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung zum Finanzkraftausgleich der Gemeinshy

den erreicht wird Der Ebene des einzelnen Landkreises steht dem Vertust an Bemessungsshy

grundlage durch die negative Schluumlsselzuweisung der abundanten Gemeinden (sofern keine

Befreiungen erteilt wurden) jeweils ein Gewinn an Bemessungsgrundlage durch die Erhoumlshy

hung der Schluumlsselzuweisung der uumlbrigen Gemeinden gegenuumlber Je nachdem welcher Efshy

fekt uumlberwiegt erhoumlhen oder vermindern sich die Einnahmen der jeweiligen Landkreise aus

der Kreisumlage durch die Finanzkraftumlage geringfuumlgig Diese Aumlnderung bei dem Aufshy

kommen an Kreisumlage ist aber nicht gleichzusetzen mit der Aumlnderung der Finanzkraft der

- 24shy

Landkreise Da es keine abundanten Landkreise gibt bekommen saumlmtliche Landkreise

Schluumlsselzuweisungen vom Land Der nicht bereits durch die Kreisumlage ausgeglichene

Finanzbedarf der Landkreise wird im Jahr 2013 zu 80 in den Folgejahren zu 90 ausgeshy

glichen Dieser Mechanismus bewirkt dass auch der noch nicht kompensierte Verlust an

Bemessungsgrundlage durch abundante Gemeinden zu 90 (bzw 2013 zu 80 ) ausgeshy

glichen wird Oie verbleibenden Differenzbetraumlge sind wirtschaftlich unbedeutend und vershy

fassungsrechtlich hinzunehmen (vgl auch LVerfG MV Urt v 2601 2012 - 3310 - RdNr

79- juris)

2223 Eine verfassungswidrige Schattenwirkung fuumlr weitere benachbarte kreisangehoumlrige

und nicht abundante Gemeinden laumlsst sich ebenfalls nicht feststellen Die finanzschwache

Nachbargemeinde profitiert direkt von der Finanzkraftumlage Die von der Beschwerdefuumlhreshy

rin beschriebene mittelbare Schattenwirkung durch die Moumlglichkeit einer Erhoumlhung der

Kreisumlage betrifft die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal und

muss daruumlber hinaus auch differenziert betrachtet werden Es besteht ein Unterschied ob

eine solche Kommune in einem Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft liegt Der

Landkreis mit niedriger Umlagekraft wird in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlashy

ge erheben waumlhrend der Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlshy

rigen Kommunen nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muss De facto verfuumlgen alshy

so die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verbleiben Die Finanzkraftshy

umlage mildert diesen Effekt unter Umstaumlnden geringfuumlgig ab Die nicht abundanten Komshy

munen in dem Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten eventuell dadurch beshy

lastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoben wuumlrde um den Verlust des

Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzkraftumlage zu kompensieren ln

dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saido von der Finanzkraftumlage profitiershy

ten erhoumlht sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass der Kreisumlagesatz sogar (geshy

ringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Daruumlber hinaus besteht eine Solidaritaumltsverpflichtung der Kreise gegenuumlber den kreisangeshy

houmlrigen Gemeinden die diese vor einer unangemessenen Erhoumlhung der Kreisumlage

schuumltzt (vgl Faber in HennekePuumlnderWaldhoff Recht der Kommunalfinanzen 2006 sect 34

RdNr 50)

3 Die Kostenentscheidung beruht auf sect 32 LVerfGG Gerichtskosten werden nicht erhoben

(Absatz 1) Gruumlnde fuumlr die Anordnung der Erstattung der notwendigen Auslagen der erfolglos

gebliebenen Beschwerdefuumlhrerin sind nicht ersichtlich (Abs 2 und 3)

- 25 shy

Dr Zettel GemmerSchubert Bergmann

Prof Or Kluth StallFranzkowiak

Page 6: URTEIL - Landesportal Sachsen-Anhalt

-6shy

sect 17 Ausgleichsstock

(1) Aus dem Ausgleichsstock werden Bedarfszuweisungen zur Milderung oder zum Ausgleich auszligershygewoumlhnlicher Belastungen und Notlagen im Haushalt der Kommunen erbracht Als Notlage gilt insbeshysondere der Fall dass die Einnahmemoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren Ausgabeverpflichtungen nicht ausreichen Daneben dient er der Vermeidung besonderer Haumlrten bei der Durchfuumlhrung dieses Gesetzes Dem Ausgleichsstock werden im Haushaltsjahr 2013 Mittel in Houmlshyhe von 3 785 050 Euro und im Haushaltsjahr 2014 Mittel in Houmlhe von 3 273 180 Euro zur Aufstockung der SchlOssezuweisungen fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden entnommen Fuumlr die kreisfreien Staumldshyte und Landkreise erfolgt ein Ausgleich durch Mittel des Ausgleichsstocks soweit die Nettoausgaben nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in den Haushaltsjahren 2013 und 2014 die des Haushaltsjahshyres 2011 jeweils Obersteigen Dabei ist fuumlr die Haushaltsjahre 2013 und 2014 die bereits beruumlcksichshytigte Preis- und Bevoumllkerungsentwicklung bei der Bedarfsermittlung in Abzug zu bringen

(2) Leistungen aus dem Ausgleichsstock koumlnnen auf Antrag gewaumlhrt werden Sollen die Leistungen aus dem Ausgleichsstock dem Ausgleich von Haushaltsfehlbetraumlgen dienen ist dem Antrag ein von der Vertretungskoumlrperschaft beschlossenes Haushaltskonsolidierungskonzept beizufuumlgen

(3) Ein Rechtsanspruch auf Gewaumlhrung einer Leistung aus dem Ausgleichsstock besteht nicht Die Bewilligung von Leistungen kann mit Bedingungen und Auflagen verknuumlpft werden

sect 19 Kreisumlage

(1) Die Kreisumlage gernaszlig sect 67 Abs 2 der Landkreisordnung wird in der Haushaltssatzung in Vomshyhundertsaumltzen der einzelnen Umlagegrundlagen (Umlagesaumltze) bemessen Bei unterschiedlichen Umshylagesaumltzen soll der houmlchste Umlagesatz den niedrigsten um nicht mehr als ein Drittel uumlbersteigen

(2) Umlagegrundlagen sind die Steuerkraftzahlen der kreisangehoumlrigen Gemeinden nach sect 14 und die SchlOssezuweisungen nach sect 12 Ergibt sich eine negative Umlagegrundlage hat die kreisangehoumlrishyge Gemeinde einen Erstattungsanspruch

(3) Die Kreisumlage ist zum 20 eines jeden Monats faumlllig Umlageglfiubiger und Umlageschuldner k6nnen abweichende Ftllligkeitstermine vereinbaren

sect29 Obergangsvorschriften

(1) For die Ermittlung der Steuerkraftzahl der Gewerbesteuer fuumlr das Haushaltsjahr 2013 wird zushynaumlchst eine Berechnung gemfiszlig sect 14 Abs 3 Nr 2 vorgenommen Anschlieszligend erfolgt eine weitere Berechnung der Steuerkraftzahl auf der Basis von einem Drittel des Ist-Aufkommens des Haushaltsshyjahres 2009 und zwei Dritteln des Ist-Aufkommens des Haushaltsjahres 2010 und der jeweiligen Anshyteile der Gewerbesteuerumage Die Rechnungsergebnisse nach den Saumltzen 1 und 2 werden sumshymiert und anschlieszligend durch zwei geteilt Das Ergebnis der Berechnung nach Satz 3 bildet die Steushyerkraftzahl der Gewerbesteuer filr das Haushaltsjahr 2013

Die Beschwerdefuumlhrerin ist eine kreisangehoumlrige Gemeinde in Sachsen-Anhalt Auf der

Grundlage des sect 12 Abs 4 FAG 2013 setzte das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt

gegenuumlber der Beschwerdefuumlhrerin mit Bescheid vom 24042013 fuumlr das Haushaltsjahr

2013 die Schluumlsselzuweisung gemaumlszligsect 3 Nr 4 b FAG 2013 iVm sectsect 12-14 17 Abs 1 25

Abs 1 und 29 Abs 1 FAG 2013 fest Darin enthalten ist die Festsetzung einer Finanzkraftshy

umlage gemaumlszligsect 12 Abs 3 FAG 2013 in Houmlhe von 183526400 Euro Die Beschwerdefuumlhshy

rerin hat hiergegen mit Schreiben vom 08052013 Widerspruch eingelegt uumlber diesen Wishy

-7 shy

derspruch ist noch nicht entschieden worden Die Finanzkraftumlage ist entsprechend den

gesetzlichen Vorgaben auf der Grundlage einer Steuerkraftmesszahl in Houmlhe von

1835264400 Euro ermittelt worden Die Berechnung der Steuerkraftmesszahl erfolgte unter

Beruumlcksichtigung der Uumlbergangsvorschrift des sect 29 FAG 2013 auf der Grundlage der Geshy

werbesteuereinnahmen der Beschwerdefuumlhrerin des Jahres 2009 in Houmlhe von

1852090000 Euro und des Jahres 2010 in Houmlhe von 1806830000 Euro Die fuumlr die Beshy

rechnung der Finanzkraftumlage maszliggebliche Steuerkraftmesszahl ist aus dem Mittelwert

gem sect 29 FAG 2013 ermittelt worden

Die Beschwerdefuumlhrerin hat am 03122013 kommunale Verfassungsbeschwerde erhoben

Zur Begruumlndung ihrer Verfassungsbeschwerde macht die Beschwerdefuumlhrerin geltend

Ihre Gewerbesteuereinnahmen seien ruumlcklaumlufig Die Gewerbesteuereinnahmen betruumlgen im

Jahr 2008 1647940000 Euro im Jahr 2009 1852090000 Euro im Jahr 2010

1806830000 Euro im Jahr 201 1 537230000 Euro im Jahr 2012 639220000 Euro und

im Jahr 2013 voraussichtlich 379200000 Euro Die hohen Gewerbesteuereinnahmen der

Jahre 2009 und 2010 wuumlrden mit in die Berechnung der Steuerkraftmesszahl und damit in

die Berechnung der Finanzkraftumlage einflieszligen Nach der gleichen Systematik wuumlrden

diese Einnahmen ebenfalls zur Berechnung der Kreisumlage im Jahr 2013 herangezogen

Fuumlr das Haushaltsjahr 2013 stuumlnden der Beschwerdefuumlhrerin Steuereinnahmen in Houmlhe von

708080000 Euro zur Verfuumlgung Von diesen Steuereinnahmen seien folgende Umlagen

abzufuumlhren Gewerbesteuerumlage 55730000 Euro Kreisumlage 644908500 Euro und

Finanzkraftumlage 183530000 Euro Dies ergebe einen Fehlbedarf in Houmlhe von

196088500 Euro Sie bestreite nicht dass das Land Sachsen-Anhalt grundsaumltzlich berechshy

tigt sei eine Finanzkraftumlage zu erheben Verfassungsrechtlich unzulaumlssig sei hingegen

der mit der Einfuumlhrung der Finanzkraftumiage durch das FAG 2013 verbundene Ruumlckwirshy

kungseffekt Dieser Ruumlckwirkungseffekt fuumlhre dazu dass Steuereinnahmen die in abgeshy

schlossenen Zeitraumlumen erzielt und die fuumlr Pflichtaufgaben und Ausgaben der Daseinsvorshy

sorge verausgabt worden seien zum Anlass fuumlr eine kuumlnftige Umlage genommen wuumlrden

Dadurch wuumlrden die Grundsaumltze der Pianbarkeit und der Vorhersehbarkeit verletzt Die

Regelung enthalte indes eine echte Ruumlckwirkung und sei mit dem Rechtsstaatsprinzip als IBestandteil der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie und dem darin enthaltenen grundshy I saumltzlichen Verbot ruumlckwirkender Regelungen unvereinbar Gegenstand der Abschoumlpfung l

seien Steuereinnahmen aus dem Bereich der Realsteuern des Gemeindeanteils an der Einshy

kommensteuer und des Gemeindeanteils aus der Umsatzsteuer aus Vorvorjahreszeitraumlushy I men Den Versuchen diese Regelung in die Kategorie der unechten Ruumlckwirkung einzuordshy

l

nen sei nicht zu folgen Zweifellos sei es richtig dass der Anknuumlpfungspunkt fuumlr die Finanz-

l l I

-8shy

kraftumlage in der Vergangenheit angesiedelt sei und die daraus folgenden Schluumlsse erst in

der Zukunft wirken wuumlrden Die Finanzkraftumlage sei aber erst fuumlr einen Zeitpunkt nach lnshy

krafttreten des Gesetzes zu zahlen Dies sei ein Fall der echten Ruumlckwirkung Der Sachvershy

halt sei in der dogmatischen Einordnung genauso zu beurteilen als wuumlrde der Steuergeshy

setzgeber auf die Idee kommen fuumlr einen abgeschlossenen Besteuerungszeitraum den

Steuertarif nachtraumlglich zu aumlndern Dass die Zahlungswirkung erst in der Zukunft eintrete sei

einer nachtraumlglichen Veraumlnderung der Besteuerungsgrundlagen fuumlr bereits abgeschlossene

Besteuerungszeitraumlume immanent und kein geeignetes Abgrenzungskriterium zwischen

echter und unechter Ruumlckwirkung Entscheidend sei die Antwort auf die Frage ob der Beshy

troffene noch eine Reaktionsmoumlglichkeit habe oder ob eine solche Reaktionsmoumlglichkeit

nicht bestehe und er der Ruumlckwirkung bedingungslos ausgeliefert sei

Uumlbersect 12 Abs 4 S 1 FAG 2013 koumlnne die verfassungswidrige Ruumlckwirkung nicht geheilt

werden Die Feinsteuerungsmoumlglichkeit uumlber den Ausgleichsstock genuumlge nicht den verfasshy

sungsrechtlichen Vorgaben wonach wesentliche Fragen des kommunalen Finanzausgleishy

ches durch den Gesetzgeber und nicht durch die ausfuumlhrende Verwaltung zu regeln seien

Der Gesetzgeber habe zwar bei der Regelung der Rahmenbedingungen des Finanzausgleishy

ches einen weiten Gestaltungsspielraum allerdings muumlsse er diesen Gestaltungsspielraum

selbst nutzen und duumlrfe ihn nicht der ausfuumlhrenden Verwaltung uumlberlassen Im Uumlbrigen sei

die Haumlrtefallregelung zu unbestimmt da die Kriterien fuumlr ihre Anwendung nicht feststaumlnden

und sie nicht zielfuumlhrend seien

Daruumlber hinaus fuumlhre die Finanzkraftumlage zu einer verfassungswidrigen Schattenwirshy

kung Die Beschwerdefuumlhrerin sei eine kreisangehoumlrige Gemeinde im Burgenlandkreis Aufshy

grund der Tatsache dass die Finanzkraftumlage bei der Steuerkraft abgezogen und somit

die Bemessungsgrundlagen fuumlr die Kreisumlage vermindert werde verliere der Burgenlandshy

kreis fuumlr das Haushaltsjahr 2013 Kreisumlagen in Houmlhe von 22879600 Euro und fuumlr das

Jahr 2014 Kreisumlagen in Houmlhe von 43500100 Euro Der Landkreis sei nicht abundant

Dies fuumlhre zu einer mittelbaren Schattenwirkung sowohl bei dem betroffenenmiddot Landkreis als

auch bei den nicht abundanten kreisangehoumlrigen Gemeinden des Landkreises Der in Mithaft

genommene Landkreis muumlsse die Kreisumlage anheben um diese Ausfaumllle zu kompensieshy

ren Er muumlsse entweder die Kreisumlage anheben oder auf eine sonst moumlgliche Senkung

der Kreisumlage verzichten so dass zweierlei Effekte eintreten wuumlrden Zunaumlchst verringere

sich bei ihr der Entlastungseffekt durch die Mitberuumlcksichtigung der Finanzkraftumlage bei

der Kreisumlage und es wuumlrden nunmehr auch uumlber diese mittelbare Schattenwirkung

Nachbarstaumldte und Gemeinden im Landkreis herangezogen die sich auch nicht annaumlhernd

in der Naumlhe einer Abundanz befaumlnden Nach der Rechtsprechung des Landesverfassungsshy

-9shy

gerichts fuumlhre diese Schattenwirkung zu einer Verletzung der Finanzhoheit der Landkreise

Dabei gehe es um das Prinzip auf die konkrete Houmlhe und das Ausmaszlig der Beeintraumlchtigung

komme es nicht an

Die Beschwerdefuumlhrerin beantragt

sect 12 Abs 3 des Gesetzes zur Abloumlsung des Finanzausgleichsgesetzes und zur

Aumlnderung weiterer Gesetze vom 18122012 (GVBL S 641) wegen Unvereinbarshy

keit mit Art 2 Abs 3 i V m Art 87 Abs 1 der Verfassung des Landes Sachsenshy

Anhalt fuumlr nichtig hilfsweise fuumlr verfassungswidrig zu erklaumlren

Mit Schriftsatz vom 11032014 hat die Landesregierung zu der Verfassungsbeschwerde

Stellung genommen Sie haumllt die Verfassungsbeschwerde fuumlr unbegruumlndet und ervridert auf

das Vorbringen der Beschwerdefuumlhrerin im Einzelnen

Es liege kein Fall einer unzulaumlssigen Ruumlckwirkung vor Ein Fall grundsaumltzlich unzulaumlssiger

echter Ruumlckwirkung liege nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vor

wenn eine Norm nachtraumlglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt aumlndernd eingreife Dies

sei insbesondere der Fall wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem

Zeitpunkt ihrer Verkuumlndung fuumlr bereits abgeschlossene Tatbestaumlnde gelten solle Dies treffe

hier nicht zu Die jetzige Situation sei die gleiche wie sie der -Entscheidung

zugrunde gelegen habe naumlmlich so wie die erstmalige Einfuumlhrung der Umlage zu beurteilen

sei wenn sie in den Jahren nach lnkrafttreten des Gesetzes erhoben werde und ihr die geshy

setzlich definierte und normierte Finanzkraft der Jahre vor lnkrafttreten des Gesetzes

zugrunde gelegt werde diese Finanzkraft aber nicht durch eine Erhebung in Echtzeit ermitshy

telt werde sondern unter Ruumlckgriff auf statistische Werte aus der Zelt vor lnkrafttreten des

Gesetzes in der --Entscheidung vom 13062006 habe das Landesverfassungsgeshy

richt eine echte Ruumlckwirkung der Ersteinfuumlhrung der Finanzkraftumlage verneint Es liege

auch keine unechte Ruumlckwirkung vor denn es seien keine Vertrauenstatbestaumlnde aufgrund

einer fruumlheren Regelung ersichtlich welche bereits haumltten ins Werk gesetzt sein koumlnnen weil

die Finanzkraftumlage erstmals in das Finanzausgleichsgesetz eingefuumlgt worden sei Dafuumlr

sei es unerheblich dass der Gesetzgeber fuumlr die Berechnung auf Grundsaumltze Bezug nehme

die fuumlr einen anderen Sachverhalt (allgemeine Zuweisungen jetzt Schluumlsselzuweisungen)

gelten wuumlrden und die er dort mit Wirkung fuumlr die Zukunft geaumlndert habe Der Saumlchsische

Verfassungsgerichtshof sei in seinem Urteil vom 26082010 hinsichtlich der Verfassungsshy

maumlszligigkeit der Einfuumlhrung einer Finanzkraftumlage unter Berechnung der Umlage aus den

Haushaltsdaten der Vergangenheit zu Recht davon ausgegangen dass darin weder ein Fall

von echter noch von unechter Ruumlckwirkung liege Mit der Berechnung der Umlage anhand

- 10 shy

der Steuereinnahmen vergangener Zeitraumlume gehe kein unzulaumlssiger Zugriff auf in der Vershy

gangenheit ihren Anfang nehmende oder gar beendete Lebenssachverhalte einher Den Anshy

knuumlpfungspunkt fuumlr die Erhebung der Finanzkraftumlage und damit den fuumlr eine Pruumlfung am

Vertrauensschutzprinzip maszliggeblichen Lebenssachverhalt bilde allein ein Uumlberschuss der

gemeindlichen Steuerkraft im aktuellen Haushaltsjahr Eine mit dem Vertrauensschutzprinzip

moumlglicherweise in Konflikt geratende Ruumlckwirkung laumlge allein dann vor wenn mit der Umlashy

ge eine uumlberschieszligende Finanzkraft vergangener Zeitraumlume abgeschoumlpft werden sollte also

gerade hierin die innere Rechtfertigung fuumlr die Belastung der Gemeinden zu erblicken waumlre

Diese Ausfuumlhrungen zum Saumlchsischen Finazausgleichsgesetz seien auch auf das FAG 2013

uumlbertragbar Fuumlr einen gesetzgabarischen Willen mit der Umlage eine uumlberschieszligende Fishy

nanzkraft vergangener Zeitraumlume abschoumlpfen zu wollen gebe es in den Gesetzesmaterialien

des FAG 2013 keine Anhaltspunkte Daruumlber hinaus schlieszlige sich die Landesregierung der

weiteren Argumentation des Saumlchsischen Verfassungsgerichtshofs an wonach gegen die

grundsaumltzliche Tauglichkeit des Maszligstabes zur Bemessung der Umlage keine Bedenken beshy

stuumlnden Hinter ihm stehe die Erwartung dass sich die Haushaltszahlen im aktuellen Jahr in

etwa im Rahmen der bekannten Daten entwickeln wuumlrden Wenn auch zeitlich verzoumlgert

wuumlrden die Annahmen immer wieder an die tatsaumlchlichen Haushaltsdaten angepasst Die

damit notwendig verbundenen Unschaumlrfen seien hinzunehmen Bei einer alternativ denkbashy

ren zunaumlchst vorlaumlufigen Ermittlung der Umlageschuld verbunden mit einem endguumlltigen

Festsetzungsverfahren bei Vorliegen der relevanten Haushaltsdaten waumlre eine verlaumlssliche

Finanz- Ausgaben- und Haushaltswirtschaft der Gemeinden praktisch kaum zu leisten Aus

dem Vertrauensschutzprinzip ergebe sich weder die Verpflichtung des Gesetzgebers Invesshy

titionen der Gemeinden zur Erzielung von Gewerbesteuern zu beruumlcksichtigen noch die

Notwendigkeit wegen fehlender zeitlicher Moumlglichkeiten fuumlr die Umlageschuld Vorsorge zu

treffen oder besondere Uumlbergangsregelungen zu schaffen Das Vertrauensschutzprinzip steshy

he Aumlnderungen des Systems des Finanzausgieichs nicht grundsaumltziich entgegen Es verianshy

ge lediglich eine Ruumlcksichtnahme auf gemeindliche Entscheidungen die in schutzwuumlrdigem

Vertrauen auf eine bestimmte Entwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen getroffen

worden seien Die Schutzwuumlrdigkeit folge dabei aus einem durch den Gesetzgeber geschafshy

fenen Vertrauenstatbestand Fuumlr eine Schutzwuumlrdigkeit der Hoffnung der Beschwerdefuumlhreshy

rin uumlber ihr Gewerbesteueraufkommen auch zukuumlnftig allein zu verfuumlgen sei nichts ersichtshy

lich Aus dem nach dem Soumlssen II Urteil erklaumlrten Verzicht eine Finanzkraftumlage fuumlr die

Vergangenheit zu erheben haumltten die Kommunen nicht schlieszligen koumlnnen dass dies auch

fuumlr die Zukunft gelten werde

Dass sowohl Zuweisungen des Landes als auch zu erhebende Umlagen nicht an das laushy

fende Steueraufkommen des aktuellen Jahres anknuumlpfen koumlnnen sei systemimmanent weil

- II shy

verlaumlssliche Finanzdaten immer erst mit zeitlicher Verzoumlgerung feststaumlnden Insoweit koumlnne

fuumlr die Finanzkraftumlage nichts anderes gelten als zB fuumlr die Kreisumlage Der Gesetzgeshy

ber sei daher daran gebunden das einmal gewaumlhlte System auch auf die Finanzkraftumlage

anzuwenden Eine theoretische Alternative waumlre ein Finanzausgteichssystem das zunaumlchst

mit Schaumltzwerten fuumlr das laufende Jahr arbeite die fortlaufend an die tatsaumlchlichen Daten

angepasst wuumlrden Letztlich muumlsste dann zum Abschluss eine Spitzabrechnung durchgeshy

fuumlhrt werden Es bestehe jedoch Einigkeit daruumlber dass dies zum einen vom Verwaitungsshy

aufwand her nicht zu bewaumlltigen waumlre zum anderen der Nachteil in Gestalt der Planungsunshy

sicherheit bei den Kommunen den Vorteil der etwas groumlszligeren Gerechtigkeit weit uumlberwiegen

wuumlrde Daher sei allen Finanzausgleichssystemen der Bundeslaumlnder gemeinsam dass fuumlr

das laufende Jahr Zahlen verwendet wuumlrden die mittels prognostischer Annahmen aus den

Werten vergangener Jahre abgeleitet wuumlrden Die Anknuumlpfung an die Daten des vorverganshy

genen Jahres liege der Berechnung des Finanzausgleichs insgesamt zu Grunde nicht nur

der Berechnung der Finanzkraftumlage Durch den Uumlbergang vom kameralen zum doppishy

schen Buchungsstil der inzwischen bei fast allen Kommunen abgeschlossen sei habe sich

im Uumlbrigen das Problem der zeitlichen Verschiebung zwischen Abundanz und Zahlung der

Umlage weitgehend erledigt

Den berechtigten Interessen der zahlungspflichtigen Kommunen dabei nicht uumlberfordert zu

werden trage die Befreiungsvorschrift hinreichend Rechnung Dass im Rahmen der Pruumlfung

der Befreiungen den Antragstellern wie der Beschwerdefuumlhrerin zugemutet werde eigene

Ruumlcklagen zum Zweck der Zahlung der Finanzkraftumlage einzusetzen sei derzeit Gegensshy

tand einer verwaltungsgerichtlichen Uumlberpruumlfung Ob das Gebot des Haushaltsausgleichs

Vorrang vor anderen Verwendungsabsichten der Ruumlcklagen habe sei eine fachgerichtlich zu

beantwortende Frage Fuumlr die jetzige Gesetzesfassung einer Befreiungsklausel wuumlrden die

aUgemeinen Bestimmtheitsanforderungen gelten Diesen werde sect 12 Abs 4 i V m sect 17

FAG 2013 zweifelsohne gerecht Soweit die Kernnorm der Gewaumlhrung von Leistungen aus

dem Ausgleichsstock naumlmlich der in sect 17 Abs 1 S 2 FAG geregelte Fall dass die Einnahshy

memoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren Ausgabeverpflichtungen

nicht ausreichten in Bezug genommen werde sei aufgrund einer langjaumlhrigen Klaumlrung durch

Behoumlrdenpraxis und die Rechtsprechung der Gerichte an der Bestimmtheit nicht zu zweifeln

Dass daruumlber hinaus die weiter gefassten Anwendungsfaumllle des sect 17 FAG von der Verweishy

sung erfasst wuumlrden belaste die Beschwerdefuumlhrerin nicht

Die jetzige Regelung der Finanzkraftabgabe greife nicht unzulaumlssig in die Finanzhoheit der

Landkreise ein Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumlage unterscheide sich im Hinshy

blick auf die Ebenentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren Finanzkraftumlage Bei der fruumlshy

- 12 shy

heren Regelung sei die Finanzkraftumlage dem Ausgleichsstock zugeflossen so dass sie

den Landkreisen als Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage verloren gegangen sei

Demgegenuumlber werde durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die

Kreisumlage insgesamt nicht geschmaumllert Es koumlnnte nur darum gehen inwieweit minimale

Verlagerungen der Bemessungsgrundlage von den finanzstarken zu den finanzschwaumlcheren

Landkreisen mit der Landesverfassung vereinbar seien Die Finanzkraftumlage fuumlhre innershy

halb eines Landkreises zu einer verminderten Umlagekraft der abundanten Gemeinden ershy

houmlhe aber die Umlagekraft der Empfaumlnger der Umlage Innerhalb eines Landkreises komshy

pensierten sich diese Gewinne und Verluste bei Bemessungsgrundlage weitgehend Aus

diesen Gruumlnden habe es der Landesgesetzgeber fuumlr kontraproduktiv gehalien diesen ershy

wuumlnschten Effekt durch einen nachgelagerten Spitzausgleich unter den Landkreisen zu beshy

seitigen Im Rahmen der Erarbeitung des Gesetzentwurfes habe auch eine Finanzkraftumlashy

ge zwischen den Landkreisen lange zur Diskussion gestanden Diese Loumlsung sei allerdings

verworfen worden Eine Stoumlrung der Belastungsgerechtigkeit auf Gemeindeebene und eine

Schattenwirkung auf Kreisebene zu vermeiden waumlre nur durch eine Kombination der derzeishy

tigen Regelung mit einem nachgelagerten Spitzausgleich auf der Landkreisebene moumlglich

Die Ausfuumlhrungen der Beschwerdefuumlhrerin uumlber die mittelbare Schattenwirkung gingen an

der Lebenswirklichkeit vorbei Bei einem Blick auf die Kreishaushalte werde angesichts der

starken Schwankungen in vielen Haushaltsbereichen schnell klar dass eine Verlagerung von

wenigen Tausend Euro bei der Bemessungsgrundlage der Kreisumlage eine voumlllig uninteshy

ressante Groumlszlige sei Ein Einfluss der Finanzkraftumlage auf die Kreisumlagefestsetzung sei

nicht ersichtlich Die finanzschwache Nachbargemeinde profitiere direkt von der Finanzkraftshy

umlage Die von der Beschwerdefuumlhrerin beschriebene mittelbare Schattenwirkung treffe

die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal Wenn im Zusammenshy

hang mit dem Finanzausgieich von armen und reichen Kommunen die Rede sei beziehe r

sich das uumlblicherweise auf die Moumlglichkeit zur Erzielung von Steuereinnahmen Es spiele

aber bei genauerer Betrachtung daruumlber hinaus eine Rolle ob diese Kommunen in einem

Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft laumlgen Der Landkreis mit niedriger Umlashy Igekraft werde in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlage erheben waumlhrend der

reiche Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlrigen Kommunen

I uumlblicherweise nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muumlsse Oe facto verfuumlgten also

die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verblieben Die nicht abunshy i danten Kommunen in dem reichen Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten l eventuell dadurch (minimal) belastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoshy l

ben werde um den Verlust des Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzshy

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- 13shy

kraftumlage zu kompensieren ln dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saldo von

der Finanzkraftumlage profitierten erhoumlhe sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass

der Kreisumlagesatz (geringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Der Landtag hat sich nicht geaumluszligert

E n t s c h e i d u n g s g r uuml n d e

Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist zulaumlssig (1 ) jedoch nicht begruumlndet (2 )

1 Das Landesverfassungsgericht ist zur Entscheidung uumlber die kommunale Verfassungs~

beschwerde berufen (vgl dazu im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen LVerfG Urt v

31051994- LVG 293 - LVerfGE 2 227 245 f Urt v 31051994- LVG 194 - LVerfGE

2 273 289f Urt v 31051994- LVG 494- LVerfGE 2 323 334 f) Soweit eine Verletshy

zung des durch Art 2 Abs 3 und 87 LVerf garantierten Selbstverwaltungsrechts behauptet

wird handelt es sich um eine kommunale Verfassungsbeschwerde im Sinne des Art 75 Nr

7 LVerf und dersectsect 2 Nr 8 51 des Landesverfassungsgerichtsgesetzes in der Fassung vom

24092009- LVerfGG- (GVBI S 474) Diese Bestimmungen berechtigen die Kommunen

gegen Eingriffe in ihr Selbstverwaltungsrecht durch ein Landesgesetz das Landesverfasshy

sungsgericht anzurufen

Nach sect 51 Abs 1 LVerfGG koumlnnen Kommunen die Verfassungsbeschwerde mit der Behaupshy

tung erheben durch ein Landesgesetz in ihrem Recht auf Selbstverwaltung nach Art 2 Abs

3 und Art 87 LVerf verletzt zu sein Gemaumlszlig sect 57 Abs 2 LVerf gelten die sectsect 48 bis 50

LVerfGG entsprechend Nach sect 49 L VerfGG (hinsichtlich der Verfassungsbeschwerde gegen

ein Gesetz deckungsgleich mit sect 92 BVerfGG) sind in der Begruumlndung der Verfassungsbeshy

schwerde welche nach sect 16 Abs 1 S 2 LVerfGG erforderlich ist das Recht das verletzt

sein soll und die Gesetzesvorschrift durch die sich die Beschwerdefuumlhrerin unmittelbar vershy

letzt sieht zu bezeichnen Die Zulaumlssigkelt einer kommunalen Verfassungsbeschwerde geshy

gen ein Gesetz setzt voraus dass die Beschwerdefuumlhrerin selbst gegenwaumlrtig und unmittelshy

bar durch die angegriffenen Rechtsnormen in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt ist Die

angegriffenen Normen beschraumlnken unmittelbar und gegenwaumlrtig das Selbstverwaltungsshy

recht der Beschwerdefuumlhrerin ohne dass ein weiterer angreifbarer Umsetzungsakt notwenshy

dig wird Insoweit wird auch auf die Gruumlnde des Urteils des Gerichts vom 16022010- LVG

908- (LVerfGE 21 361 mwN) verwiesen

- 14shy

Die Verfassungsbeschwerde ist formgerecht und innerhalb der Jahresfrist der sectsect 51 Abs 2

48 LVerfGG erhoben worden

2 Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist nicht begruumlndetsect 12 Abs 3 FAG 2013 steht

im Einklang mit der in den Artt 2 Abs 3 87 und 88 L Verf naumlher ausgeformten Garantie der

kommunalen Selbstverwaltung

21 Bedenken gegen die formelle Rechtmaumlszligigkeit des FAG 2013 bestehen nicht Der Geshy

setzgeber hat keine Vorgaben des Gesetzgebungsverfahrens verletzt insbesondere traf ihn

keine Begruumlndungspflicht dafuumlr weshalb er eine Umlagenhoumlhe von 10 insect 12 Abs 3 FAG

2013 gewaumlhlt hat Aus den Vorschriften der Landesverfassung die das Gesetzgebungsvershy

fahren regeln (Artt 77 ff LVerf) ergibt sich keine Pflicht zur Begruumlndung von Gesetzen durch

den Landtag Nach sect 23 Abs 2 S 2 der Geschaumlftsordnung des Landtages von Sachsenshy

Anhalt muumlssen Gesetzesentwuumlrfe schriftlich begruumlndet sein Eine uumlber diese allgemeine Beshy

gruumlndungsnotwendigkeit hinausgehende Pflicht zur genauen Erlaumluterung des sect 12 Abs 3

FAG 2013 besteht nicht Eine besondere Darlegungslast des Gesetzgebers ergibt sich auch

nicht aus der speziellen Gesetzesmaterie des kommunalen Finanzausgleichs Der Gesetzshy

geber ist nicht gehalten die Gruumlnde fuumlr die Festlegung konkreter Betraumlge oder Verteilungsshy

kriterien im Einzelnen darzulegen Das Landesverfassungsgericht uumlberpruumlft das Finanzausshy

gleichsgesetz daher als Ergebnis eines Gesetzgebungsprozesses und nicht nur auf welshy

chem Weg der Gesetzgeber zu diesem Ergebnis gelangt ist (LVerfG Urt v 09102012shy

LVG 5710 - LVerfGE 23 315 333f) Der generellen Annahme einer in das Einzelne geshy

henden Begruumlndung bei jeder Gesetzgebung stehen im Uumlbrigen praktische Erwaumlgungen

entgegen So waumlre eine Abstimmung uumlber die Begruumlndung erforderlich um feststellen zu

koumlnnen ob die Mehrheit der Abgeordneten des Landtages diese Begruumlndung traumlgt

22 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt auch materiell-rechtlich nicht gegen die Landesshy

verfassung

221 Pruumlfungsmaszligstab ist die Selbstverwaltungsgarantie der Artt 2 Abs 3 87 und 88 L Verf

Seide Bestimmungen konkretisieren fuumlr das Land Sachsen-Anhalt die in Art 28 GG enthalshy

tene bundesverfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und haben

nach Zweck und Entstehungsgeschichte jedenfalls denselben Mindestgehalt wie Art 28 Abs

1 S 2 und 3 sowie Abs 2 GG Zum Selbstverwaltungsrecht der Kommunen gehoumlrt nach geshy

festigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG Beschl v 151 01985 shy

2 BvR 1808 1809 181082- BVerfGE 71 25 36 mwN) die Finanzhoheit der Kommunen

Sie umschlieszligt die eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft Die Verfasshy

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- 15 shy

sung des Landes Sachsen-Anhalt enthaumllt mit Art 87 Abs 3 einerseits und Art 88 anderershy

seits zwei selbstaumlndige Ausformungen der finanziellen Absicherung der Kommunen kraft deshy

rer das Land zum einen Bestimmungen uumlber die Deckung der Kosten treffen muss die den

Kommunen durch die Zuweisung von Pflichtaufgaben zur Erfuumlllung in eigener Verantwortung

und durch die Uumlbertragung von staatlichen Aufgaben zur Erfuumlllung nach Weisung entstehen

Zum anderen hat das Land dafuumlr zu sorgen dass die Kommunen uumlber Finanzmittel verfuumlshy

gen die zur angemessenen Erfuumlllung ihrer Aufgaben ausreichend sind Dabei ist die untershy

schiedliche Finanzkraft der Kommunen auf Grund eines Gesetzes angemessen auszugleishy

chen (Art 88 Abs 2 LVeri)

Als landesverfassungsrechtliche Garantie eines aufgabengerechten Finanzausgleichs weist

Art 88 LVerf dabei einen engen Bezug zu den bundesverfassungsrechtlichen Bestimmunshy

gen uumlber den Finanzausgleich auf welcher die Gemeinden unmittelbar einschlieszligt So steht

den Gemeinden ein bundesgesetzlich zu bestimmender Anteil an der Einkommen- und Umshy

satzsteuer (Art 106 Abs 5 5a GG) zu ferner die Ertragshoheit uumlber die Grund- und Gewershy

besteuer an deren Aufkommen aber Bund und Laumlnder durch eine Umlage beteiligt werden

sowie die Ertragshoheit uumlber die oumlrtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern sofern diese

nicht nach Maszliggabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbaumlnden zusteht (Art 1 06

Abs 6 GG) Wie der kommunale Finanzausgleich konkret ausgestaltet wird unterliegt der

Entscheidung des Landesgesetzgebers Ihm steht dabei angesichts desmiddot lneinandergreifens

von landesrechtliehen und grundgesetzliehen Finanzausgleichsvorschriften durch welche

den Gemeinden unmittelbar Steuerertraumlge zugewiesen werden sowie der Einbindung des

kommunalen Finanzausgleichs in die gesamte Haushaltswirtschaft und -planung des Landes

ein weiter Gestaltungsspielraum zu (LVerfG Urt v 16022010 aaO 361 374 mwN)

222 Im Rahmen dieses Gestaitungsspielraums hat der Landesgesetzgeber einen intershy

kommunalen horizontalen Finanzausgleich geschaffen der verfassungsrechtlich nicht zu beshy

anstanden ist

2221 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip unter dem Geshy

sichtpunkt des Verbots der echten Ruumlckwirkung soweit Steuereinnahmen aus dem Bereich

der Realsteuern des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer und des Gemeindeanteils

aus der Umsatzsteuer aus Vorvorjahreszeitraumlumen fuumlr die Berechnung der Finanzkraftumlashy

ge herangezogen werden

22211 Das Rechtsstaatsprinzip gehoumlrt zu den Vorschriften des Grundgesetzes und der

Landesverfassung die das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mit zu bestimshy

- 16 shy

men geeignet sind Es gehoumlrt damit auch zum Pruumlfungsmaszligstab der kommunalen Verfasshy

sungsbeschwerde Mit der Idee des Rechtsstaats ist der Gedanke der Dauerhaftigkeit und

Unverbruumlchlichkeil von Recht eng verbunden Der Rechtsgrundsatz der Rechtssicherheit

verlangt objektiv ein Mindestmaszlig an Kontinuitaumlt des Rechts vor allem fuumlr die Modalitaumlten

seiner Aumlnderung um die Verlaumlsslichkeit der Rechtsordnung zu erhalten Rechtssicherheit

bedeutet subjektiv in erster Linie Vertrauensschutz Es gibt aber kein schutzwuumlrdiges Vershy

trauen in den Fortbestand einer guumlnstigen Rechtslage Verfassungsrechtlich problematisch

sind Regeln die ruumlckwirkend belasten weil sie auf vergangene Sachverhalte Bezug nehshy

men

2 2212 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das grundsaumltzliche Verbot der echten

Ruumlckwirkung Eine echte Ruumlckwirkung liegt naumlmlich erst dann vor wenn (1) ein Gesetz

nachtraumlglich aumlndernd in abgewickelte der Vergangenheit angehoumlrende Tatbestaumlnde einshy

greift wenn also der von der Ruumlckwirkung betroffene Tatbestand in der Vergangenheit nicht

nur begonnen hat sondern bereits abgeschlossen war und (2) die tatbestandliehe Ruumlckanshy

knuumlpfung auch zu abgeschlossenen Rechtsfolgen vor der Verkuumlndung der gesetzlichen Reshy

gelung gefuumlhrt hat d h dass die Rechtsfolgen des neuen Gesetzes fuumlr einen vor der Vershy

kuumlndung liegenden Zeitpunkt auftreten sollen und nicht erst fuumlr die Zeit ab Verkuumlndung der

Norm (vgl Urt des LVerfG v 16022010 aaO 376 mwN) sect 12 Abs 3 FAG 2013 knuumlpft

bei der Bemessung der Finanzkraftumlage nachsect 29 FAG 2013 zwar an in der Vergangenshy

heit bereits abgeschlossene Tatbestaumlnde (Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren 2009

und 2010) an die Finanzkraftumlage wird erstmalig aber nach dem lnkrafttreten des FAG

2013 fuumlr die aktuelle Finanzkraft des Jahres 2013 erhoben die lediglich aus den Steuereinshy

nahmen der Jahre 2009 und 2010 ermittelt wird

222 i 3 Unabhaumlngig davon ob man das Anknuumlpfen bei der Berechnung der Finanzkraftumshy

lage an Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren vor der erstmaligen Erhebung der Umlashy

ge (in Sachsen-Anhalt an die Jahre 2009 bis 2012) als eine unechte Ruumlckwirkung bezeichnet

(so LVerfG MV Urt v 26012012 - 3310 - RdNr 107 juris) oder wie der Verfassungsgeshy J

richtshof des Freistaates Sachsen (Urt v 26082010- Vf 129-VIII-09 - RdNr 101 juris) I annimmt dass in dem Ruumlckgriff auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltnissen der Vorjahre

keine Ruumlckwirkung gegeben sei weil die Finanzkraftumlage die aktuelle Steuerkraft und die

der Vorjahre abschoumlpfen will kann das Anknuumlpfen an die vorvergangenen Jahre bei der Beshyf

rechnung der Finanzkraftumlage nicht als verfassungswidrig angesehen werden

IDabei ist zum einen zu beruumlcksichtigen dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfasshy 1

sungsgerichts im Beschluss vom 14051986 (2 Bvl 283 Absatz-Nr 92 juris) davon auszushy

- 17 shy

gehen ist dass eine Einordnung unter den Oberbegriff Ruumlckwirkung im weitesten Sinne

keinerlei verfassungsrechtliche Maszligstaumlbe aufzuzeigen vermag

Zum anderen besteht unter den Landesverfassungsgerichten Einigkeit daruumlber dass die Beshy

rechnung der Umlage anhand der Steuereinnahmen der vorvergangenen Jahre - unabhaumlnshy

gig davon ob man darin eine unechte Ruumlckwirkung sieht oder nicht- im Rahmen des Vershy

haumlltnismaumlszligigkeitsgrundsatzes unter dem Blickwinkel der Sachgerechtigkeit des gewaumlhlten

Maszligstabs und unter dem Gesichtpunkt des Vertrauensschutzes bewertet werden muss (vgl

SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO RdNrn 102 105 LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 106) Danach kann der Gesetzgeber auch dann wenn die Gesetzesaumlnderung

an sich verfassungsrechtlich zulaumlssig ist im Hinblick auf den Grundsatz der Verhaumlltnismaumlshy

szligigkeit verpflichtet sein eine angemessene Uumlbergangsregelung zu treffen Der Nachpruumlfung

durch das Landesverfassungsgericht unterliegt insoweit allerdings nur ob der Gesetzgeber

bei einer Gesamtabwaumlgung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der

Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gruumlnde unter Beruumlcksichtigung aller Umstaumlnde die

Grenze der Zumutbarkeit uumlberschritten hat (so auch LVerfG MV Urt v 26012012 aaO

RdNr 106 mwN)

Gegen die grundsaumltzliche Tauglichkeit des Maszligstabs bestehen keine Bedenken Hinter ihm

steht die Erwartung dass sich die Haushaltszahlen im aktuellen Jahr in etwa im Rahmen der

bekannten Daten entwickeln werden

Im Rahmen der gebotenen Abwaumlgung ist zu beruumlcksichtigen dass der Landesgesetzgeber

bereits 1999 und 2007 die Einfuumlhrung eines interkommunalen Finanzausgleichs fuumlr verfasshy

sungsrechtlich dringend geboten gehalten und 2010 nur deshalb zunaumlchst auf die Erhebung

der Umiage verzichtet hat weii er keine einfache Moumlglichkeit gesehen hatte die Vorgaben

des Landesverfassungsgerichts aus dem Urteil vom 16022010 umzusetzen Bereits in dem

am 13042011 geschlossenen Koalitionsvertrag haben die regierungsbildenden Koalitionaumlra

festgeschrieben dass das bestehende System des kommunalen Finanzausgleichs fuumlr das

Jahr 2012 fortgeschrieben werden solL lnfolge dieser Absicht sollte ein Gutachter auch eine

verfassungskonforme Loumlsung zur Erhebung einer Umlage zur Angleichung der Finanzkraft

zwischen armen und reichen Kommunen finden Bei dieser Sachlage kann nicht davon

ausgegangen werden dass die Kommunen vor der Wiedereinfuumlhrung der Finanzkraftumlage

im Jahre 2013 darauf vertrauen durften von einer solchen Abgabe verschont zu bleiben

Das Landesverfassungsgericht hat sowohl bereits in seinem Urteil vom 13062006 als auch

in seinem Urteil vom 16022010 ausgefuumlhrt dass eine interkommunale Finanzkraftumlage

- 18shy

grundsaumltzlich mit der Landesverfassung vereinbar ist nur nicht deren konkrete Ausgestalshy

tung durch das jeweilige FAG

Ferner ist zu beruumlcksichtigen dass ein allgemeiner Vertrauensschutz auf den Fortbestand

der bisherigen Strukturen des Finanzausgleichs grundsaumltzlich nicht besteht was auch einen

Schutz des Vertrauens auf die Nichteinfuumlhrung neuer finanzausgleichsrechtlicher Instrumenshy

te ausschlieszligt Die Garantie der Selbstverwaltung verleiht den Gemeinden keinen verfasshy

sungsrechtlichen Anspruch auf Beibehaltung einer einmal erreichten Struktur des Finanzshy

ausgleichs Vielmehr steht es dem Gesetzgeber frei veraumlnderte Rahmenbedingungen neue

Erkenntnisse und gewandelte Praumlferenzvorstellungen bei der jaumlhrlichen Regelung des komshy

munalen Finanzausgleichs zu beruumlcksichtigen (so auch LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 109 mwN SaumlchsVerfGH Urt v 28082010 aaO RdNL 1 05)

Etwas anderes folgt auch nicht daraus dass es den betroffenen Gemeinden im Jahre 2013

tatsaumlchlich nicht mehr moumlglich war fuumlr die vorvergangenen Jahre im Hinblick auf die Finanzshy

ausgleichsumlage Dispositionen zu treffen indem sie ihr Ausgabeverhalten geaumlndert oder

die Hebesaumltze insbesondere fuumlr die Gewerbesteuer an der Umlage ausgerichtet haumltten Der

Umstand dass bei der Berechnung der Umlagenhoumlhe auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltshy

nissen der vorvergangenen Vorjahre zuruumlckgegriffen wird aumlndert nichts daran dass die Reshy

gelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht die Steuerkraft der abgeschlossenen Vorjahre sonshy

dern die jeweils aktuelle Steuerkraft im Auge hat

Dass sowohl Zuweisungen des Landes als auch zu erhebende Umlagen nicht an das laushy

fende Steueraufkommen des aktuellen Jahres anknuumlpfen koumlnnen ist systemimmanent weil

verlaumlssliche Finanzdaten immer erst mit zeitlicher Verzoumlgerung feststehen Die damit notshy

wendig verbundenen Unschaumlrfen sind hinzunehmen insoweit kann fuumlr die Finanzkraftumiashy

ge nichts anderes gelten als z B fuumlr die Kreisumlage Der Gesetzgeber ist daher daran geshy

bunden das einmal gewaumlhlte System auch auf die Finanzkraftumlage anzuwenden (so

schon LVerfG Urt v 13062006 aaO S 475)

Eine theoretische Alternative waumlre zwar ein Finanzausgleichssystem das zunaumlchst mit

Schaumltzwerten fuumlr das laufende Jahr arbeitet die fortlaufend an die tatsaumlchlichen Daten anshy

gepasst werden Letztlich muumlsste dann zum Abschluss eine Spitzabrechnung durchgefuumlhrt

werden Eine verlaumlssliche Finanz- Ausgaben- und Haushaltswirtschaft der Gemeinden waumlre

damit allerdings praktisch kaum zu leisten (so auch SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO

RdNr 103 unter Hinweis auf BVerfG Urt v 24061986- 2 BvF 1 5 683 184 und 1 285

- BVerfGE 72 330 400)

19 shy

22214 Im Uumlbrigen ermoumlglichtsect 12 Abs 4 FAG 2013 in der zweijaumlhrigen Uumlbergangszeit in

der Steuereinnahmen aus der Zeit vor lnkrafttreten des Gesetzes in die Berechnung der Fishy

nanzkraft einflieszligen fuumlr den Fall dass die fuumlr die spaumltere Zahlung der Finanzkraftumlage

benoumltigten Betraumlge nicht sofort einer Ruumlckstellung zugefuumlhrt wurden eine Befreiung von der

Verpflichtung zur Zahlung der Finanzkraftumlage wenn es in einem nachfolgenden Jahr zu

einem Einbruch des Gewerbesteueraufkommens kommt die Kommune nicht uumlber ausreishy

chende Ruumlcklagen bzw freie liquide Mittel verfuumlgt und sie die Verpflichtung zur Abfuumlhrung

der Finanzkraftumlage vor Probleme stellt sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 verstoumlszligt

nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz Kernelement des Rechtsstaatsprinzips ist dass alshy

le materiellen Rechtsnormen mit Regelungsanspruch dem Rechtsunterworfenen gegenuumlber

diesem die Moumlglichkeit einraumlumen sein Verhalten auf die Rechtsnorm einzurichten Schon

nach allgemeinen rechtsstaatliehen Regeln verlangt der Bestimmtheitsgrundsatz gesetzliche

Tatbestaumlnde so praumlzise zu formulieren dass ein Normadressat sein Handeln kalkulieren

kann weil die Folgen der Regelung fuumlr ihn voraussehbar und berechenbar sind Dies bedeushy

tet zwar nicht dass die Norm uumlberhaupt keine Auslegungsprobleme aufwerfen darf Dem

Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genuumlgt wenn diese mit herkoumlmmlichen juristischen

Methoden bewaumlltigt werden koumlnnen Es muss auch verlangt werden dass der Gesetzgeber

wenigstens seinen Grundgedanken das Ziel seines gesetzgeberischen Wollens deutlich

macht Allen Bestimmtheitsanforderungen ist gemeinsam dass der Grad der Bestimmtheit

von den jeweiligen sachlichen Eigenarten des Regelungsgegenstandes abhaumlngt Stets sind

Rechtsvorschriften so genau zu fassen wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden leshy

benssachverhalte und mit Ruumlcksicht auf den Normzweck moumlglich ist (vgl Urt des l VerfG v

16022010 aaO 381 mwN)

sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 haumllt diesen Anforderungen stand Bei der Regelung

handelt es sich nicht um eine Ermessensvorschrift sondern um eine gebundene Entscheishy

dung mit unbestimmten Rechtsbegriffen auf der Tatbestandsebene Die in sect 17 Abs 1 FAG

2013 verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe auszligergewoumlhnliche Belastungen Notlage

und besondere Haumlrte lassen sich durch Auslegung soweit konkretisieren dass sie selbst

dem Bestimmtheitsgebot des Art 103 Abs 2 GG genuumlgen wuumlrden Den Begriff Notlage deshy

finiert sect 17 Abs 1 S 2 FAG 2013 indem es dort heiszligt Als Notlage gilt insbesondere der

Fall dass die Einnahmemoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren

Ausgabeverpflichtungen nicht ausreichen Der Begriff der auszligergewoumlhnlichen Belastung

ist ein im Steuer- und Sozialrecht (vgl zB sect 33 des Einkommensteuergesetzes - EStG shy

oder im Sozialrecht zB sect 27 Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung- SchwbAV)

verwendeter Begriff der durch den Bundesgesetzgeber und die Rechtsprechung hinreichend

- 20 shy

konkretisiert ist Eine auszligergewoumlhnliche Belastung ist dadurch gekennzeichnet dass einem

Pflichtigen immer dann wenn er zwangslaumlufig groumlszligere Aufwendungen als die uumlberwiegende

Mehrzahl der Pflichtigen gleicher Einkommensverhaumlltnisse und gleicher Vermoumlgensverhaumlltshy

nisse erbringen muss der Teibull der Aufwendungen ermaumlszligigt wird der die dem Pflichtigen

zurnutbare Belastung uumlbersteigt (sect 33 Abs 1 EStG) Aufwendungen erwachsen dem Pflichtishy

gen nur zwangslaumlufig wenn er sich ihnen aus rechtlichen tatsaumlchlichen oder sittlichen

Gruumlnden nicht entziehen kann Das ist der Fall wenn die Gruumlnde der Zwangslaumlufigkeit derart

von auszligen auf die Entschlieszligung des Pflichtigen einwirken dass er ihnen nicht ausweichen

kann er also tatsaumlchlich keine Entscheidungsfreiheit hat bestimmte Aufwendungen vorzushy

nehmen oder zu unterlassen Liegt eine maszliggeblich vom menschlichen Willen beeinflusste

Situation vor so handelt es sich dagegen um keine Zwangslage in diesem Sinne von sect 33

Abs 1 EStG (vgl BFH Urt v 17072014- VI R 4213- RdNr 13- juris) Auch der Begriff

der besonderen Haumlrte ist ein im Verwaltungs- und Sozialrecht insbesondere bei Billigkeitsshy

entscheidungen haumlufig verwendeter unbestimmter Rechtsbegriff der eine hinreichende Konshy

kretisierung durch die fachgerichtliche Rechtsprechung erfahren hat Der Begriff der besonshy

deren Haumlrte ist ein durch die Fachgerichte voll uumlberpruumlfbarer Rechtsbegriff (vgl BVerwG

Urt v 29031979- 2 C 1677 - Buchholz 2384 sect 46 SG Nr S 52) Durch Bestimmungen

die diesen Begriff verwenden sollen unzumutbare Belastungen vermieden werden Der Geshy

setzgeber fuumlhrt regelmaumlszligig eine Haumlrtevorschrift ein um von den Regelvorschriften nicht ershy

fassten Ausnahmefaumlllen und Grenzsituationen Rechnung tragen zu koumlnnen (vgl BVerwG

Urt v 11021977-6 C 10574- RdNr 28- juris)

Ob bei Anwendung der Befreiungsregelung dessect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 durch

die Exekutive den abundanten Gemeinden angesichts ihrer hohen Gewerbesteuershy

einnahmen in der Vergangenheit abverlangt werden kann ROcklagen aus vergangenen Jahshy

ren einzusetzen oder Kassenkredite aufzunehmen betrifft die Rechtsanwendung und ist von

der Fachgerichtsbarkeit zu klaumlren

2222 Soweit die Beschwerdefuumlhrerin unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Landesshy

verfassungsgerichts im Urteil vom 16022010 geltend macht die Finanzkraftumlage sei

deshalb verfassungswidrig weil sie auf der Landkreisebene bei nicht abundanten Landkreishy

sen durch die Heranziehung einer abundanten Gemeinde zur Finanzkraftumlage eine Schatshy

tenwirkung herbeifuumlhre die dazu fuumlhre dass im Ergebnis dieser Schattenwirkung die Fi-middot

nanzkraftumlage den nicht abundanten Landkreis treffe vermag sie damit die Verfassungsshy

widrigkeit von sect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht zu begruumlnden weil dieser Entscheidung ein anshy

ders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag

- 21 shy

ln sect 16 Abs 2 FAG 2007 war vorgesehen dass ab dem 01 01 2008 eine Kuumlrzung der Beshy

messungsgrundlage der Kreisumlage um die Finanzkraftumlage vorzunehmen war Der Geshy

setzgeber des FAG 2007 hatte dadurch eine Kuumlrzung der Steuerkraftmesszahl um die abzushy

fuumlhrende Finanzkraftumlage als Berechnungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage vorgenommen

Damit konnte fuumlr das Finanzausgleichsmodell das dem FAG 2007 zugrunde lag die Kreisshy

umlagebelastung fuumlr die von der Finanzkraftumlage belasteten Gemeinden spuumlrbar verrinshy

gert werden Um den Eingriff in das Kreisumlagegefuumlge des betroffenen Landkreises abzushy

mildern hatte der Gesetzgeber den Abzug der Finanzkraftumlage zugleich bei der Ermittlung

der Umlagekraftmesszahl der Landkreise (sect 9 FAG 2007) zu beruumlcksichtigen Damit verminshy

derte sich nicht nur die Steuerkraftmesszahl als Bemessungsgrundlage der Kre isumlage

sondern auch als Bemessungsgrundlage fuumlr die Houmlhe der allgemeinen Zuwendungen fuumlr die

Landkreise Dies fuumlhrte dazu dass die Landkreise mit abundanten Gemeinden die wegen

einer houmlheren Umlagekraft an sich weniger allgemeine Zuweisungen erhielten mehr erhielshy

ten Da das Land den Betrag der allgemeinen Zuweisungen an die Landkreise allerdings unshy

veraumlndertmiddot belassen hatte fuumlhrte dies aber dazu dass die anderen Landkreise ohne abunshy

dante Gemeinden weniger allgemeine Zuweisungen erhielten Nur diese Regelung des sect 16

Abs 2 FAG 2007 hat das Landesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 16022010 als eishy

nen verfassungswidrigen Eingriff des Landesgesetzgebers in die Finanzhoheit der Landkreishy

se angesehen Auch die weiteren Ausfuumlhrungen des Landesverfassungsgerichts im Urteil

vom 16022010 beziehen sich auf die beanstandete Regelung dessect 16 Abs 2 FAG 2007

Mit sect 12 FAG 2013 hat der Gesetzgeber ein neues Modell fuumlr die Erhebung der Finanzshy

kraftumlage eingefuumlhrt Dieses Modell stellt sich wie folgt dar Der Gesetzgeber hat das Moshy

dell der sog Abundanzumlage (sect 19a FAG 2005 FAG 2007) bei der eine normierte Steuershy

kraft mit einem normierten Bedarf verglichen wird und fuumlr den Fall dass die Steuerkraft den

Bedarf uumlbersteigt (Abundanz) die Moumlglichkeit eines Zugriffs auf einen gewissen Prozentsatz

des abundanten Teils besteht aufgegeben und nunmehr den Finanzausgleich unter den

steuerstarken und steuerschwachen kreisangehoumlrigen Gemeinden nach einem anderen Moshy

dell vorgenommen das nicht nur die beschriebene uumlberschieszligende Steuerkraft fuumlr die Beshy

rechnung der Umlage heranzieht sondern in Anlehnung an eine entsprechende Regelung in

Baden-Wuumlrttemberg eine breitere Bemessungsgrundlage waumlhlt

Gemaumlszlig sect 12 Abs 2 S 4 und 5 FAG 2013 wird nunmehr fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden

ein Ausgleichsverfahren als Rechenschritt bei der Ermittlung der endguumlltigen Schluumlsselshy

zuweisung durchgefuumlhrt Dabei wird die Schluumlsselzuweisung A mit beruumlcksichtigt Bei der

Schluumlsselzuweisung A wird nach sect 12 Abs 2 S 5 FAG 2013 allen kreisangehoumlrigen Geshy

meinden deren Steuerkraft je Einwohner 80 vH des Durchschnitts aller Gemeinden untershy

- 22shy

schreitet die Differenz der eigenen Steuerkraft zu 80 vH der durchschnittlichen Steuerkraft

zu 80 vH ausgeglichen Diese Schluumlsselzuweisung bewirkt eine dem Finanzausgleich der

Regelungen des FAG 2005 und des FAG 2007 noch unbekannte Verlagerung unter allen

Zuweisungsempfaumlngern also allen nicht abundanten Gemeinden zugunsten der steuershy

schwachen Gemeinden und zurasten der mehr steuerstarken Gemeinden Die abundanten

Gemeinden die keine Zuweisungsempfaumlnger sind werden hierdurch noch nicht belagttet Ihshy

re Belastung erfolgt erst durch die Regelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 Danach zahlen alie

kreisangehoumlrigen Gemeinden also sowohl die Zuweisungsempfaumlnger als auch die abundanshy

ten Gemeinden eine Umlage von 10 vH der Summe aus der Steuerkraftmesszahl fuumlr Geshy

meinden gemaumlszligsect 14 FAG 2013 und den Schluumlsselzuweisungen A und B also ihrer gesamshy

ten Finanzkraft Uumlber sect 14 Abs 3 Nr 2 FAG 2013 geraten ua die Gewerbeshy

steuereinnahmen der abundanten Gemeinden in Houmlhe von 10 vH in diesen Finanzkraftumshy

lagetopf Dieser Umlagetopf erhoumlht gem sect 12 Abs 3 S 2 FAG 2013 die Finanzmasse fuumlr die

Schluumlsselzuweisung B

Diese veraumlnderte Schluumlsselzuweisung B wird dann nach der Regelung des sect 12 Abs 2 S 6

FAG auf die Schluumlsselzuweisungsempfaumlnger umgelegt Gemaumlszlig sect 19 Abs 2 FAG flieszligt die

zuletzt genannte Schluumlsselzuweisung an die kreisangehoumlrigen Gemeinden zwar in die Kreisshy

umlagenberechnung ein Da sich die Bemessung der Kreisumlage aus der Steuerkraft und

den Schluumlsselzuweisungen fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden zusammensetzt wird die

Finanzkraftumlage somit auch zum Abzugsposten bei der Bemessungsgrundlage der Kreisshy

umlage Diese Einbeziehung der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Finanzkraftshy

umlage in die Kreisumlagenberechnung stellt indes keinen Eingriff in die ebenfalls verfasshy

sungsrechtlich geschuumltzte Finanzhoheit der Landkreise dar

Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumiage unterscheidet sich im Hinblick auf die Ebeshy

nentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren vom Landesverfassungsgericht beanstandeten

Finanzkraftumlage Letztere floss dem Ausgleichsstock zu so dass sie den Landkreisen als

Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgesamt verloren ging Demgegenuumlber wird

durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgeshy

samt nicht geschmaumllert

Das Landesverfassungsgericht hat weder heute noch hatte es im Urteil vom 16022010 Beshy

denken dagegen dass uumlber die vorgelagerten Regelungen zur Bestimmung der Steuerkraftshy

messzahl und zur Festlegung der Schluumlsselzuweisungen der Gemeinden zugleich die Beshy

messungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage festgelegt wird Dass jede Aumlnderung der Finanzshy

ausstattung der kreisangehoumlrigen Gemeinden zwangslaumlufig auch zu Verlagerungen bei der

- 23shy

Finanzausstattung der Landkreise fuumlhrt verstoumlszligt als solches nicht gegen die Landesverfasshy

sung Dies gilt auch fuumlr die neu eingefuumlhrte Vorabverteilung der Schluumlsselmasse A zugunsshy

ten der finanzschwachen Kommunen Sie fuumlhrt zu keinen Veraumlnderungen bei der Gesamtshy

summe der Umlagekraftmesszahlen der Landkreise hat aber Verschiebungen zwischen den

einzelnen Landkreisen zur Folge Die jetzige gesetzliche Regelung stellt sicher dass die jeshy

weiligen Gesamtsummen der beiden Komponenten der Finanzausstattung der Landkreise

durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnderung erfahren Der Gesamtbemessungsgrundiashy

ge fuumlr die Kreisumlage werden durch die Verschiebungen zwischen den Kommunen keine

Betraumlge entzogen Da es keine abundanten Landkreise gibt ergeben sich auch keine Ausshy

wirkungen auf die Gesamthoumlhe der Schluumlsselzuweisungen die die Landkreise vom Land ershy

halten

Waumlhrend die Gesamtausstattung der Landkreise durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnshy

derung erfaumlhrt ergeben sich - dies raumlumt die Landesregierung selber ein - allerdings gerinshy

ge Verlagerungseffekte zwischen den einzelnen Landkreisen Diese Verlagerungseffekte

sind indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

Den Anspruch auf angemessene Finanzausstattung der Landkreise darf der Gesetzgeber

einschraumlnken soweit andere Interessen von Verfassungsrang dies rechtfertigen Nicht nur

der horizontale gemeindliche sondern auch der uumlbergemeindliche Finanzausgleich ist von

dem Grundsatz der interkommunalen Solidaritaumlt gepraumlgt (LVerfG Urt v 13062006-705shy

LVerfGE 17 410 429 NdsStGH NdsVBL 2001 184 188) Der Gedanke der interkommushy

nalen Solidaritaumlt umfasst - wie die Kreisumlage zeigt - auch die ausgleichenden Finanzshy

stroumlme zwischen der Gemeinde- und Kreisebene (vgL auch SaumlchsVerfG Urt v 29012010

- Vf 25-VIII-09 - RdNr 119 - juris unter Hinweis auf BVerfG Beschl v 07021991

- 2 BvL 2484 - BVerfGE 83 363 391f LVerfG MV Urt v 26012012- 1810 - RdNr

81) Haumltte der Gesetzgeber eine Verschiebung von finanzstarken zu finanzschwachen Landshy

kreisen mit einer eigenstaumlndigen Ausgleichsregelung herbeigefuumlhrt waumlre dies durch Art 88

ALs 2 S 1 LVerf gedeckt Nichts anderes gilt wenn derselbe Effekt mittelbar durch die vershy

fassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung zum Finanzkraftausgleich der Gemeinshy

den erreicht wird Der Ebene des einzelnen Landkreises steht dem Vertust an Bemessungsshy

grundlage durch die negative Schluumlsselzuweisung der abundanten Gemeinden (sofern keine

Befreiungen erteilt wurden) jeweils ein Gewinn an Bemessungsgrundlage durch die Erhoumlshy

hung der Schluumlsselzuweisung der uumlbrigen Gemeinden gegenuumlber Je nachdem welcher Efshy

fekt uumlberwiegt erhoumlhen oder vermindern sich die Einnahmen der jeweiligen Landkreise aus

der Kreisumlage durch die Finanzkraftumlage geringfuumlgig Diese Aumlnderung bei dem Aufshy

kommen an Kreisumlage ist aber nicht gleichzusetzen mit der Aumlnderung der Finanzkraft der

- 24shy

Landkreise Da es keine abundanten Landkreise gibt bekommen saumlmtliche Landkreise

Schluumlsselzuweisungen vom Land Der nicht bereits durch die Kreisumlage ausgeglichene

Finanzbedarf der Landkreise wird im Jahr 2013 zu 80 in den Folgejahren zu 90 ausgeshy

glichen Dieser Mechanismus bewirkt dass auch der noch nicht kompensierte Verlust an

Bemessungsgrundlage durch abundante Gemeinden zu 90 (bzw 2013 zu 80 ) ausgeshy

glichen wird Oie verbleibenden Differenzbetraumlge sind wirtschaftlich unbedeutend und vershy

fassungsrechtlich hinzunehmen (vgl auch LVerfG MV Urt v 2601 2012 - 3310 - RdNr

79- juris)

2223 Eine verfassungswidrige Schattenwirkung fuumlr weitere benachbarte kreisangehoumlrige

und nicht abundante Gemeinden laumlsst sich ebenfalls nicht feststellen Die finanzschwache

Nachbargemeinde profitiert direkt von der Finanzkraftumlage Die von der Beschwerdefuumlhreshy

rin beschriebene mittelbare Schattenwirkung durch die Moumlglichkeit einer Erhoumlhung der

Kreisumlage betrifft die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal und

muss daruumlber hinaus auch differenziert betrachtet werden Es besteht ein Unterschied ob

eine solche Kommune in einem Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft liegt Der

Landkreis mit niedriger Umlagekraft wird in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlashy

ge erheben waumlhrend der Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlshy

rigen Kommunen nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muss De facto verfuumlgen alshy

so die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verbleiben Die Finanzkraftshy

umlage mildert diesen Effekt unter Umstaumlnden geringfuumlgig ab Die nicht abundanten Komshy

munen in dem Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten eventuell dadurch beshy

lastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoben wuumlrde um den Verlust des

Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzkraftumlage zu kompensieren ln

dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saido von der Finanzkraftumlage profitiershy

ten erhoumlht sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass der Kreisumlagesatz sogar (geshy

ringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Daruumlber hinaus besteht eine Solidaritaumltsverpflichtung der Kreise gegenuumlber den kreisangeshy

houmlrigen Gemeinden die diese vor einer unangemessenen Erhoumlhung der Kreisumlage

schuumltzt (vgl Faber in HennekePuumlnderWaldhoff Recht der Kommunalfinanzen 2006 sect 34

RdNr 50)

3 Die Kostenentscheidung beruht auf sect 32 LVerfGG Gerichtskosten werden nicht erhoben

(Absatz 1) Gruumlnde fuumlr die Anordnung der Erstattung der notwendigen Auslagen der erfolglos

gebliebenen Beschwerdefuumlhrerin sind nicht ersichtlich (Abs 2 und 3)

- 25 shy

Dr Zettel GemmerSchubert Bergmann

Prof Or Kluth StallFranzkowiak

Page 7: URTEIL - Landesportal Sachsen-Anhalt

-7 shy

derspruch ist noch nicht entschieden worden Die Finanzkraftumlage ist entsprechend den

gesetzlichen Vorgaben auf der Grundlage einer Steuerkraftmesszahl in Houmlhe von

1835264400 Euro ermittelt worden Die Berechnung der Steuerkraftmesszahl erfolgte unter

Beruumlcksichtigung der Uumlbergangsvorschrift des sect 29 FAG 2013 auf der Grundlage der Geshy

werbesteuereinnahmen der Beschwerdefuumlhrerin des Jahres 2009 in Houmlhe von

1852090000 Euro und des Jahres 2010 in Houmlhe von 1806830000 Euro Die fuumlr die Beshy

rechnung der Finanzkraftumlage maszliggebliche Steuerkraftmesszahl ist aus dem Mittelwert

gem sect 29 FAG 2013 ermittelt worden

Die Beschwerdefuumlhrerin hat am 03122013 kommunale Verfassungsbeschwerde erhoben

Zur Begruumlndung ihrer Verfassungsbeschwerde macht die Beschwerdefuumlhrerin geltend

Ihre Gewerbesteuereinnahmen seien ruumlcklaumlufig Die Gewerbesteuereinnahmen betruumlgen im

Jahr 2008 1647940000 Euro im Jahr 2009 1852090000 Euro im Jahr 2010

1806830000 Euro im Jahr 201 1 537230000 Euro im Jahr 2012 639220000 Euro und

im Jahr 2013 voraussichtlich 379200000 Euro Die hohen Gewerbesteuereinnahmen der

Jahre 2009 und 2010 wuumlrden mit in die Berechnung der Steuerkraftmesszahl und damit in

die Berechnung der Finanzkraftumlage einflieszligen Nach der gleichen Systematik wuumlrden

diese Einnahmen ebenfalls zur Berechnung der Kreisumlage im Jahr 2013 herangezogen

Fuumlr das Haushaltsjahr 2013 stuumlnden der Beschwerdefuumlhrerin Steuereinnahmen in Houmlhe von

708080000 Euro zur Verfuumlgung Von diesen Steuereinnahmen seien folgende Umlagen

abzufuumlhren Gewerbesteuerumlage 55730000 Euro Kreisumlage 644908500 Euro und

Finanzkraftumlage 183530000 Euro Dies ergebe einen Fehlbedarf in Houmlhe von

196088500 Euro Sie bestreite nicht dass das Land Sachsen-Anhalt grundsaumltzlich berechshy

tigt sei eine Finanzkraftumlage zu erheben Verfassungsrechtlich unzulaumlssig sei hingegen

der mit der Einfuumlhrung der Finanzkraftumiage durch das FAG 2013 verbundene Ruumlckwirshy

kungseffekt Dieser Ruumlckwirkungseffekt fuumlhre dazu dass Steuereinnahmen die in abgeshy

schlossenen Zeitraumlumen erzielt und die fuumlr Pflichtaufgaben und Ausgaben der Daseinsvorshy

sorge verausgabt worden seien zum Anlass fuumlr eine kuumlnftige Umlage genommen wuumlrden

Dadurch wuumlrden die Grundsaumltze der Pianbarkeit und der Vorhersehbarkeit verletzt Die

Regelung enthalte indes eine echte Ruumlckwirkung und sei mit dem Rechtsstaatsprinzip als IBestandteil der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie und dem darin enthaltenen grundshy I saumltzlichen Verbot ruumlckwirkender Regelungen unvereinbar Gegenstand der Abschoumlpfung l

seien Steuereinnahmen aus dem Bereich der Realsteuern des Gemeindeanteils an der Einshy

kommensteuer und des Gemeindeanteils aus der Umsatzsteuer aus Vorvorjahreszeitraumlushy I men Den Versuchen diese Regelung in die Kategorie der unechten Ruumlckwirkung einzuordshy

l

nen sei nicht zu folgen Zweifellos sei es richtig dass der Anknuumlpfungspunkt fuumlr die Finanz-

l l I

-8shy

kraftumlage in der Vergangenheit angesiedelt sei und die daraus folgenden Schluumlsse erst in

der Zukunft wirken wuumlrden Die Finanzkraftumlage sei aber erst fuumlr einen Zeitpunkt nach lnshy

krafttreten des Gesetzes zu zahlen Dies sei ein Fall der echten Ruumlckwirkung Der Sachvershy

halt sei in der dogmatischen Einordnung genauso zu beurteilen als wuumlrde der Steuergeshy

setzgeber auf die Idee kommen fuumlr einen abgeschlossenen Besteuerungszeitraum den

Steuertarif nachtraumlglich zu aumlndern Dass die Zahlungswirkung erst in der Zukunft eintrete sei

einer nachtraumlglichen Veraumlnderung der Besteuerungsgrundlagen fuumlr bereits abgeschlossene

Besteuerungszeitraumlume immanent und kein geeignetes Abgrenzungskriterium zwischen

echter und unechter Ruumlckwirkung Entscheidend sei die Antwort auf die Frage ob der Beshy

troffene noch eine Reaktionsmoumlglichkeit habe oder ob eine solche Reaktionsmoumlglichkeit

nicht bestehe und er der Ruumlckwirkung bedingungslos ausgeliefert sei

Uumlbersect 12 Abs 4 S 1 FAG 2013 koumlnne die verfassungswidrige Ruumlckwirkung nicht geheilt

werden Die Feinsteuerungsmoumlglichkeit uumlber den Ausgleichsstock genuumlge nicht den verfasshy

sungsrechtlichen Vorgaben wonach wesentliche Fragen des kommunalen Finanzausgleishy

ches durch den Gesetzgeber und nicht durch die ausfuumlhrende Verwaltung zu regeln seien

Der Gesetzgeber habe zwar bei der Regelung der Rahmenbedingungen des Finanzausgleishy

ches einen weiten Gestaltungsspielraum allerdings muumlsse er diesen Gestaltungsspielraum

selbst nutzen und duumlrfe ihn nicht der ausfuumlhrenden Verwaltung uumlberlassen Im Uumlbrigen sei

die Haumlrtefallregelung zu unbestimmt da die Kriterien fuumlr ihre Anwendung nicht feststaumlnden

und sie nicht zielfuumlhrend seien

Daruumlber hinaus fuumlhre die Finanzkraftumlage zu einer verfassungswidrigen Schattenwirshy

kung Die Beschwerdefuumlhrerin sei eine kreisangehoumlrige Gemeinde im Burgenlandkreis Aufshy

grund der Tatsache dass die Finanzkraftumlage bei der Steuerkraft abgezogen und somit

die Bemessungsgrundlagen fuumlr die Kreisumlage vermindert werde verliere der Burgenlandshy

kreis fuumlr das Haushaltsjahr 2013 Kreisumlagen in Houmlhe von 22879600 Euro und fuumlr das

Jahr 2014 Kreisumlagen in Houmlhe von 43500100 Euro Der Landkreis sei nicht abundant

Dies fuumlhre zu einer mittelbaren Schattenwirkung sowohl bei dem betroffenenmiddot Landkreis als

auch bei den nicht abundanten kreisangehoumlrigen Gemeinden des Landkreises Der in Mithaft

genommene Landkreis muumlsse die Kreisumlage anheben um diese Ausfaumllle zu kompensieshy

ren Er muumlsse entweder die Kreisumlage anheben oder auf eine sonst moumlgliche Senkung

der Kreisumlage verzichten so dass zweierlei Effekte eintreten wuumlrden Zunaumlchst verringere

sich bei ihr der Entlastungseffekt durch die Mitberuumlcksichtigung der Finanzkraftumlage bei

der Kreisumlage und es wuumlrden nunmehr auch uumlber diese mittelbare Schattenwirkung

Nachbarstaumldte und Gemeinden im Landkreis herangezogen die sich auch nicht annaumlhernd

in der Naumlhe einer Abundanz befaumlnden Nach der Rechtsprechung des Landesverfassungsshy

-9shy

gerichts fuumlhre diese Schattenwirkung zu einer Verletzung der Finanzhoheit der Landkreise

Dabei gehe es um das Prinzip auf die konkrete Houmlhe und das Ausmaszlig der Beeintraumlchtigung

komme es nicht an

Die Beschwerdefuumlhrerin beantragt

sect 12 Abs 3 des Gesetzes zur Abloumlsung des Finanzausgleichsgesetzes und zur

Aumlnderung weiterer Gesetze vom 18122012 (GVBL S 641) wegen Unvereinbarshy

keit mit Art 2 Abs 3 i V m Art 87 Abs 1 der Verfassung des Landes Sachsenshy

Anhalt fuumlr nichtig hilfsweise fuumlr verfassungswidrig zu erklaumlren

Mit Schriftsatz vom 11032014 hat die Landesregierung zu der Verfassungsbeschwerde

Stellung genommen Sie haumllt die Verfassungsbeschwerde fuumlr unbegruumlndet und ervridert auf

das Vorbringen der Beschwerdefuumlhrerin im Einzelnen

Es liege kein Fall einer unzulaumlssigen Ruumlckwirkung vor Ein Fall grundsaumltzlich unzulaumlssiger

echter Ruumlckwirkung liege nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vor

wenn eine Norm nachtraumlglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt aumlndernd eingreife Dies

sei insbesondere der Fall wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem

Zeitpunkt ihrer Verkuumlndung fuumlr bereits abgeschlossene Tatbestaumlnde gelten solle Dies treffe

hier nicht zu Die jetzige Situation sei die gleiche wie sie der -Entscheidung

zugrunde gelegen habe naumlmlich so wie die erstmalige Einfuumlhrung der Umlage zu beurteilen

sei wenn sie in den Jahren nach lnkrafttreten des Gesetzes erhoben werde und ihr die geshy

setzlich definierte und normierte Finanzkraft der Jahre vor lnkrafttreten des Gesetzes

zugrunde gelegt werde diese Finanzkraft aber nicht durch eine Erhebung in Echtzeit ermitshy

telt werde sondern unter Ruumlckgriff auf statistische Werte aus der Zelt vor lnkrafttreten des

Gesetzes in der --Entscheidung vom 13062006 habe das Landesverfassungsgeshy

richt eine echte Ruumlckwirkung der Ersteinfuumlhrung der Finanzkraftumlage verneint Es liege

auch keine unechte Ruumlckwirkung vor denn es seien keine Vertrauenstatbestaumlnde aufgrund

einer fruumlheren Regelung ersichtlich welche bereits haumltten ins Werk gesetzt sein koumlnnen weil

die Finanzkraftumlage erstmals in das Finanzausgleichsgesetz eingefuumlgt worden sei Dafuumlr

sei es unerheblich dass der Gesetzgeber fuumlr die Berechnung auf Grundsaumltze Bezug nehme

die fuumlr einen anderen Sachverhalt (allgemeine Zuweisungen jetzt Schluumlsselzuweisungen)

gelten wuumlrden und die er dort mit Wirkung fuumlr die Zukunft geaumlndert habe Der Saumlchsische

Verfassungsgerichtshof sei in seinem Urteil vom 26082010 hinsichtlich der Verfassungsshy

maumlszligigkeit der Einfuumlhrung einer Finanzkraftumlage unter Berechnung der Umlage aus den

Haushaltsdaten der Vergangenheit zu Recht davon ausgegangen dass darin weder ein Fall

von echter noch von unechter Ruumlckwirkung liege Mit der Berechnung der Umlage anhand

- 10 shy

der Steuereinnahmen vergangener Zeitraumlume gehe kein unzulaumlssiger Zugriff auf in der Vershy

gangenheit ihren Anfang nehmende oder gar beendete Lebenssachverhalte einher Den Anshy

knuumlpfungspunkt fuumlr die Erhebung der Finanzkraftumlage und damit den fuumlr eine Pruumlfung am

Vertrauensschutzprinzip maszliggeblichen Lebenssachverhalt bilde allein ein Uumlberschuss der

gemeindlichen Steuerkraft im aktuellen Haushaltsjahr Eine mit dem Vertrauensschutzprinzip

moumlglicherweise in Konflikt geratende Ruumlckwirkung laumlge allein dann vor wenn mit der Umlashy

ge eine uumlberschieszligende Finanzkraft vergangener Zeitraumlume abgeschoumlpft werden sollte also

gerade hierin die innere Rechtfertigung fuumlr die Belastung der Gemeinden zu erblicken waumlre

Diese Ausfuumlhrungen zum Saumlchsischen Finazausgleichsgesetz seien auch auf das FAG 2013

uumlbertragbar Fuumlr einen gesetzgabarischen Willen mit der Umlage eine uumlberschieszligende Fishy

nanzkraft vergangener Zeitraumlume abschoumlpfen zu wollen gebe es in den Gesetzesmaterialien

des FAG 2013 keine Anhaltspunkte Daruumlber hinaus schlieszlige sich die Landesregierung der

weiteren Argumentation des Saumlchsischen Verfassungsgerichtshofs an wonach gegen die

grundsaumltzliche Tauglichkeit des Maszligstabes zur Bemessung der Umlage keine Bedenken beshy

stuumlnden Hinter ihm stehe die Erwartung dass sich die Haushaltszahlen im aktuellen Jahr in

etwa im Rahmen der bekannten Daten entwickeln wuumlrden Wenn auch zeitlich verzoumlgert

wuumlrden die Annahmen immer wieder an die tatsaumlchlichen Haushaltsdaten angepasst Die

damit notwendig verbundenen Unschaumlrfen seien hinzunehmen Bei einer alternativ denkbashy

ren zunaumlchst vorlaumlufigen Ermittlung der Umlageschuld verbunden mit einem endguumlltigen

Festsetzungsverfahren bei Vorliegen der relevanten Haushaltsdaten waumlre eine verlaumlssliche

Finanz- Ausgaben- und Haushaltswirtschaft der Gemeinden praktisch kaum zu leisten Aus

dem Vertrauensschutzprinzip ergebe sich weder die Verpflichtung des Gesetzgebers Invesshy

titionen der Gemeinden zur Erzielung von Gewerbesteuern zu beruumlcksichtigen noch die

Notwendigkeit wegen fehlender zeitlicher Moumlglichkeiten fuumlr die Umlageschuld Vorsorge zu

treffen oder besondere Uumlbergangsregelungen zu schaffen Das Vertrauensschutzprinzip steshy

he Aumlnderungen des Systems des Finanzausgieichs nicht grundsaumltziich entgegen Es verianshy

ge lediglich eine Ruumlcksichtnahme auf gemeindliche Entscheidungen die in schutzwuumlrdigem

Vertrauen auf eine bestimmte Entwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen getroffen

worden seien Die Schutzwuumlrdigkeit folge dabei aus einem durch den Gesetzgeber geschafshy

fenen Vertrauenstatbestand Fuumlr eine Schutzwuumlrdigkeit der Hoffnung der Beschwerdefuumlhreshy

rin uumlber ihr Gewerbesteueraufkommen auch zukuumlnftig allein zu verfuumlgen sei nichts ersichtshy

lich Aus dem nach dem Soumlssen II Urteil erklaumlrten Verzicht eine Finanzkraftumlage fuumlr die

Vergangenheit zu erheben haumltten die Kommunen nicht schlieszligen koumlnnen dass dies auch

fuumlr die Zukunft gelten werde

Dass sowohl Zuweisungen des Landes als auch zu erhebende Umlagen nicht an das laushy

fende Steueraufkommen des aktuellen Jahres anknuumlpfen koumlnnen sei systemimmanent weil

- II shy

verlaumlssliche Finanzdaten immer erst mit zeitlicher Verzoumlgerung feststaumlnden Insoweit koumlnne

fuumlr die Finanzkraftumlage nichts anderes gelten als zB fuumlr die Kreisumlage Der Gesetzgeshy

ber sei daher daran gebunden das einmal gewaumlhlte System auch auf die Finanzkraftumlage

anzuwenden Eine theoretische Alternative waumlre ein Finanzausgteichssystem das zunaumlchst

mit Schaumltzwerten fuumlr das laufende Jahr arbeite die fortlaufend an die tatsaumlchlichen Daten

angepasst wuumlrden Letztlich muumlsste dann zum Abschluss eine Spitzabrechnung durchgeshy

fuumlhrt werden Es bestehe jedoch Einigkeit daruumlber dass dies zum einen vom Verwaitungsshy

aufwand her nicht zu bewaumlltigen waumlre zum anderen der Nachteil in Gestalt der Planungsunshy

sicherheit bei den Kommunen den Vorteil der etwas groumlszligeren Gerechtigkeit weit uumlberwiegen

wuumlrde Daher sei allen Finanzausgleichssystemen der Bundeslaumlnder gemeinsam dass fuumlr

das laufende Jahr Zahlen verwendet wuumlrden die mittels prognostischer Annahmen aus den

Werten vergangener Jahre abgeleitet wuumlrden Die Anknuumlpfung an die Daten des vorverganshy

genen Jahres liege der Berechnung des Finanzausgleichs insgesamt zu Grunde nicht nur

der Berechnung der Finanzkraftumlage Durch den Uumlbergang vom kameralen zum doppishy

schen Buchungsstil der inzwischen bei fast allen Kommunen abgeschlossen sei habe sich

im Uumlbrigen das Problem der zeitlichen Verschiebung zwischen Abundanz und Zahlung der

Umlage weitgehend erledigt

Den berechtigten Interessen der zahlungspflichtigen Kommunen dabei nicht uumlberfordert zu

werden trage die Befreiungsvorschrift hinreichend Rechnung Dass im Rahmen der Pruumlfung

der Befreiungen den Antragstellern wie der Beschwerdefuumlhrerin zugemutet werde eigene

Ruumlcklagen zum Zweck der Zahlung der Finanzkraftumlage einzusetzen sei derzeit Gegensshy

tand einer verwaltungsgerichtlichen Uumlberpruumlfung Ob das Gebot des Haushaltsausgleichs

Vorrang vor anderen Verwendungsabsichten der Ruumlcklagen habe sei eine fachgerichtlich zu

beantwortende Frage Fuumlr die jetzige Gesetzesfassung einer Befreiungsklausel wuumlrden die

aUgemeinen Bestimmtheitsanforderungen gelten Diesen werde sect 12 Abs 4 i V m sect 17

FAG 2013 zweifelsohne gerecht Soweit die Kernnorm der Gewaumlhrung von Leistungen aus

dem Ausgleichsstock naumlmlich der in sect 17 Abs 1 S 2 FAG geregelte Fall dass die Einnahshy

memoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren Ausgabeverpflichtungen

nicht ausreichten in Bezug genommen werde sei aufgrund einer langjaumlhrigen Klaumlrung durch

Behoumlrdenpraxis und die Rechtsprechung der Gerichte an der Bestimmtheit nicht zu zweifeln

Dass daruumlber hinaus die weiter gefassten Anwendungsfaumllle des sect 17 FAG von der Verweishy

sung erfasst wuumlrden belaste die Beschwerdefuumlhrerin nicht

Die jetzige Regelung der Finanzkraftabgabe greife nicht unzulaumlssig in die Finanzhoheit der

Landkreise ein Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumlage unterscheide sich im Hinshy

blick auf die Ebenentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren Finanzkraftumlage Bei der fruumlshy

- 12 shy

heren Regelung sei die Finanzkraftumlage dem Ausgleichsstock zugeflossen so dass sie

den Landkreisen als Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage verloren gegangen sei

Demgegenuumlber werde durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die

Kreisumlage insgesamt nicht geschmaumllert Es koumlnnte nur darum gehen inwieweit minimale

Verlagerungen der Bemessungsgrundlage von den finanzstarken zu den finanzschwaumlcheren

Landkreisen mit der Landesverfassung vereinbar seien Die Finanzkraftumlage fuumlhre innershy

halb eines Landkreises zu einer verminderten Umlagekraft der abundanten Gemeinden ershy

houmlhe aber die Umlagekraft der Empfaumlnger der Umlage Innerhalb eines Landkreises komshy

pensierten sich diese Gewinne und Verluste bei Bemessungsgrundlage weitgehend Aus

diesen Gruumlnden habe es der Landesgesetzgeber fuumlr kontraproduktiv gehalien diesen ershy

wuumlnschten Effekt durch einen nachgelagerten Spitzausgleich unter den Landkreisen zu beshy

seitigen Im Rahmen der Erarbeitung des Gesetzentwurfes habe auch eine Finanzkraftumlashy

ge zwischen den Landkreisen lange zur Diskussion gestanden Diese Loumlsung sei allerdings

verworfen worden Eine Stoumlrung der Belastungsgerechtigkeit auf Gemeindeebene und eine

Schattenwirkung auf Kreisebene zu vermeiden waumlre nur durch eine Kombination der derzeishy

tigen Regelung mit einem nachgelagerten Spitzausgleich auf der Landkreisebene moumlglich

Die Ausfuumlhrungen der Beschwerdefuumlhrerin uumlber die mittelbare Schattenwirkung gingen an

der Lebenswirklichkeit vorbei Bei einem Blick auf die Kreishaushalte werde angesichts der

starken Schwankungen in vielen Haushaltsbereichen schnell klar dass eine Verlagerung von

wenigen Tausend Euro bei der Bemessungsgrundlage der Kreisumlage eine voumlllig uninteshy

ressante Groumlszlige sei Ein Einfluss der Finanzkraftumlage auf die Kreisumlagefestsetzung sei

nicht ersichtlich Die finanzschwache Nachbargemeinde profitiere direkt von der Finanzkraftshy

umlage Die von der Beschwerdefuumlhrerin beschriebene mittelbare Schattenwirkung treffe

die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal Wenn im Zusammenshy

hang mit dem Finanzausgieich von armen und reichen Kommunen die Rede sei beziehe r

sich das uumlblicherweise auf die Moumlglichkeit zur Erzielung von Steuereinnahmen Es spiele

aber bei genauerer Betrachtung daruumlber hinaus eine Rolle ob diese Kommunen in einem

Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft laumlgen Der Landkreis mit niedriger Umlashy Igekraft werde in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlage erheben waumlhrend der

reiche Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlrigen Kommunen

I uumlblicherweise nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muumlsse Oe facto verfuumlgten also

die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verblieben Die nicht abunshy i danten Kommunen in dem reichen Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten l eventuell dadurch (minimal) belastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoshy l

ben werde um den Verlust des Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzshy

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- 13shy

kraftumlage zu kompensieren ln dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saldo von

der Finanzkraftumlage profitierten erhoumlhe sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass

der Kreisumlagesatz (geringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Der Landtag hat sich nicht geaumluszligert

E n t s c h e i d u n g s g r uuml n d e

Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist zulaumlssig (1 ) jedoch nicht begruumlndet (2 )

1 Das Landesverfassungsgericht ist zur Entscheidung uumlber die kommunale Verfassungs~

beschwerde berufen (vgl dazu im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen LVerfG Urt v

31051994- LVG 293 - LVerfGE 2 227 245 f Urt v 31051994- LVG 194 - LVerfGE

2 273 289f Urt v 31051994- LVG 494- LVerfGE 2 323 334 f) Soweit eine Verletshy

zung des durch Art 2 Abs 3 und 87 LVerf garantierten Selbstverwaltungsrechts behauptet

wird handelt es sich um eine kommunale Verfassungsbeschwerde im Sinne des Art 75 Nr

7 LVerf und dersectsect 2 Nr 8 51 des Landesverfassungsgerichtsgesetzes in der Fassung vom

24092009- LVerfGG- (GVBI S 474) Diese Bestimmungen berechtigen die Kommunen

gegen Eingriffe in ihr Selbstverwaltungsrecht durch ein Landesgesetz das Landesverfasshy

sungsgericht anzurufen

Nach sect 51 Abs 1 LVerfGG koumlnnen Kommunen die Verfassungsbeschwerde mit der Behaupshy

tung erheben durch ein Landesgesetz in ihrem Recht auf Selbstverwaltung nach Art 2 Abs

3 und Art 87 LVerf verletzt zu sein Gemaumlszlig sect 57 Abs 2 LVerf gelten die sectsect 48 bis 50

LVerfGG entsprechend Nach sect 49 L VerfGG (hinsichtlich der Verfassungsbeschwerde gegen

ein Gesetz deckungsgleich mit sect 92 BVerfGG) sind in der Begruumlndung der Verfassungsbeshy

schwerde welche nach sect 16 Abs 1 S 2 LVerfGG erforderlich ist das Recht das verletzt

sein soll und die Gesetzesvorschrift durch die sich die Beschwerdefuumlhrerin unmittelbar vershy

letzt sieht zu bezeichnen Die Zulaumlssigkelt einer kommunalen Verfassungsbeschwerde geshy

gen ein Gesetz setzt voraus dass die Beschwerdefuumlhrerin selbst gegenwaumlrtig und unmittelshy

bar durch die angegriffenen Rechtsnormen in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt ist Die

angegriffenen Normen beschraumlnken unmittelbar und gegenwaumlrtig das Selbstverwaltungsshy

recht der Beschwerdefuumlhrerin ohne dass ein weiterer angreifbarer Umsetzungsakt notwenshy

dig wird Insoweit wird auch auf die Gruumlnde des Urteils des Gerichts vom 16022010- LVG

908- (LVerfGE 21 361 mwN) verwiesen

- 14shy

Die Verfassungsbeschwerde ist formgerecht und innerhalb der Jahresfrist der sectsect 51 Abs 2

48 LVerfGG erhoben worden

2 Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist nicht begruumlndetsect 12 Abs 3 FAG 2013 steht

im Einklang mit der in den Artt 2 Abs 3 87 und 88 L Verf naumlher ausgeformten Garantie der

kommunalen Selbstverwaltung

21 Bedenken gegen die formelle Rechtmaumlszligigkeit des FAG 2013 bestehen nicht Der Geshy

setzgeber hat keine Vorgaben des Gesetzgebungsverfahrens verletzt insbesondere traf ihn

keine Begruumlndungspflicht dafuumlr weshalb er eine Umlagenhoumlhe von 10 insect 12 Abs 3 FAG

2013 gewaumlhlt hat Aus den Vorschriften der Landesverfassung die das Gesetzgebungsvershy

fahren regeln (Artt 77 ff LVerf) ergibt sich keine Pflicht zur Begruumlndung von Gesetzen durch

den Landtag Nach sect 23 Abs 2 S 2 der Geschaumlftsordnung des Landtages von Sachsenshy

Anhalt muumlssen Gesetzesentwuumlrfe schriftlich begruumlndet sein Eine uumlber diese allgemeine Beshy

gruumlndungsnotwendigkeit hinausgehende Pflicht zur genauen Erlaumluterung des sect 12 Abs 3

FAG 2013 besteht nicht Eine besondere Darlegungslast des Gesetzgebers ergibt sich auch

nicht aus der speziellen Gesetzesmaterie des kommunalen Finanzausgleichs Der Gesetzshy

geber ist nicht gehalten die Gruumlnde fuumlr die Festlegung konkreter Betraumlge oder Verteilungsshy

kriterien im Einzelnen darzulegen Das Landesverfassungsgericht uumlberpruumlft das Finanzausshy

gleichsgesetz daher als Ergebnis eines Gesetzgebungsprozesses und nicht nur auf welshy

chem Weg der Gesetzgeber zu diesem Ergebnis gelangt ist (LVerfG Urt v 09102012shy

LVG 5710 - LVerfGE 23 315 333f) Der generellen Annahme einer in das Einzelne geshy

henden Begruumlndung bei jeder Gesetzgebung stehen im Uumlbrigen praktische Erwaumlgungen

entgegen So waumlre eine Abstimmung uumlber die Begruumlndung erforderlich um feststellen zu

koumlnnen ob die Mehrheit der Abgeordneten des Landtages diese Begruumlndung traumlgt

22 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt auch materiell-rechtlich nicht gegen die Landesshy

verfassung

221 Pruumlfungsmaszligstab ist die Selbstverwaltungsgarantie der Artt 2 Abs 3 87 und 88 L Verf

Seide Bestimmungen konkretisieren fuumlr das Land Sachsen-Anhalt die in Art 28 GG enthalshy

tene bundesverfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und haben

nach Zweck und Entstehungsgeschichte jedenfalls denselben Mindestgehalt wie Art 28 Abs

1 S 2 und 3 sowie Abs 2 GG Zum Selbstverwaltungsrecht der Kommunen gehoumlrt nach geshy

festigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG Beschl v 151 01985 shy

2 BvR 1808 1809 181082- BVerfGE 71 25 36 mwN) die Finanzhoheit der Kommunen

Sie umschlieszligt die eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft Die Verfasshy

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- 15 shy

sung des Landes Sachsen-Anhalt enthaumllt mit Art 87 Abs 3 einerseits und Art 88 anderershy

seits zwei selbstaumlndige Ausformungen der finanziellen Absicherung der Kommunen kraft deshy

rer das Land zum einen Bestimmungen uumlber die Deckung der Kosten treffen muss die den

Kommunen durch die Zuweisung von Pflichtaufgaben zur Erfuumlllung in eigener Verantwortung

und durch die Uumlbertragung von staatlichen Aufgaben zur Erfuumlllung nach Weisung entstehen

Zum anderen hat das Land dafuumlr zu sorgen dass die Kommunen uumlber Finanzmittel verfuumlshy

gen die zur angemessenen Erfuumlllung ihrer Aufgaben ausreichend sind Dabei ist die untershy

schiedliche Finanzkraft der Kommunen auf Grund eines Gesetzes angemessen auszugleishy

chen (Art 88 Abs 2 LVeri)

Als landesverfassungsrechtliche Garantie eines aufgabengerechten Finanzausgleichs weist

Art 88 LVerf dabei einen engen Bezug zu den bundesverfassungsrechtlichen Bestimmunshy

gen uumlber den Finanzausgleich auf welcher die Gemeinden unmittelbar einschlieszligt So steht

den Gemeinden ein bundesgesetzlich zu bestimmender Anteil an der Einkommen- und Umshy

satzsteuer (Art 106 Abs 5 5a GG) zu ferner die Ertragshoheit uumlber die Grund- und Gewershy

besteuer an deren Aufkommen aber Bund und Laumlnder durch eine Umlage beteiligt werden

sowie die Ertragshoheit uumlber die oumlrtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern sofern diese

nicht nach Maszliggabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbaumlnden zusteht (Art 1 06

Abs 6 GG) Wie der kommunale Finanzausgleich konkret ausgestaltet wird unterliegt der

Entscheidung des Landesgesetzgebers Ihm steht dabei angesichts desmiddot lneinandergreifens

von landesrechtliehen und grundgesetzliehen Finanzausgleichsvorschriften durch welche

den Gemeinden unmittelbar Steuerertraumlge zugewiesen werden sowie der Einbindung des

kommunalen Finanzausgleichs in die gesamte Haushaltswirtschaft und -planung des Landes

ein weiter Gestaltungsspielraum zu (LVerfG Urt v 16022010 aaO 361 374 mwN)

222 Im Rahmen dieses Gestaitungsspielraums hat der Landesgesetzgeber einen intershy

kommunalen horizontalen Finanzausgleich geschaffen der verfassungsrechtlich nicht zu beshy

anstanden ist

2221 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip unter dem Geshy

sichtpunkt des Verbots der echten Ruumlckwirkung soweit Steuereinnahmen aus dem Bereich

der Realsteuern des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer und des Gemeindeanteils

aus der Umsatzsteuer aus Vorvorjahreszeitraumlumen fuumlr die Berechnung der Finanzkraftumlashy

ge herangezogen werden

22211 Das Rechtsstaatsprinzip gehoumlrt zu den Vorschriften des Grundgesetzes und der

Landesverfassung die das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mit zu bestimshy

- 16 shy

men geeignet sind Es gehoumlrt damit auch zum Pruumlfungsmaszligstab der kommunalen Verfasshy

sungsbeschwerde Mit der Idee des Rechtsstaats ist der Gedanke der Dauerhaftigkeit und

Unverbruumlchlichkeil von Recht eng verbunden Der Rechtsgrundsatz der Rechtssicherheit

verlangt objektiv ein Mindestmaszlig an Kontinuitaumlt des Rechts vor allem fuumlr die Modalitaumlten

seiner Aumlnderung um die Verlaumlsslichkeit der Rechtsordnung zu erhalten Rechtssicherheit

bedeutet subjektiv in erster Linie Vertrauensschutz Es gibt aber kein schutzwuumlrdiges Vershy

trauen in den Fortbestand einer guumlnstigen Rechtslage Verfassungsrechtlich problematisch

sind Regeln die ruumlckwirkend belasten weil sie auf vergangene Sachverhalte Bezug nehshy

men

2 2212 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das grundsaumltzliche Verbot der echten

Ruumlckwirkung Eine echte Ruumlckwirkung liegt naumlmlich erst dann vor wenn (1) ein Gesetz

nachtraumlglich aumlndernd in abgewickelte der Vergangenheit angehoumlrende Tatbestaumlnde einshy

greift wenn also der von der Ruumlckwirkung betroffene Tatbestand in der Vergangenheit nicht

nur begonnen hat sondern bereits abgeschlossen war und (2) die tatbestandliehe Ruumlckanshy

knuumlpfung auch zu abgeschlossenen Rechtsfolgen vor der Verkuumlndung der gesetzlichen Reshy

gelung gefuumlhrt hat d h dass die Rechtsfolgen des neuen Gesetzes fuumlr einen vor der Vershy

kuumlndung liegenden Zeitpunkt auftreten sollen und nicht erst fuumlr die Zeit ab Verkuumlndung der

Norm (vgl Urt des LVerfG v 16022010 aaO 376 mwN) sect 12 Abs 3 FAG 2013 knuumlpft

bei der Bemessung der Finanzkraftumlage nachsect 29 FAG 2013 zwar an in der Vergangenshy

heit bereits abgeschlossene Tatbestaumlnde (Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren 2009

und 2010) an die Finanzkraftumlage wird erstmalig aber nach dem lnkrafttreten des FAG

2013 fuumlr die aktuelle Finanzkraft des Jahres 2013 erhoben die lediglich aus den Steuereinshy

nahmen der Jahre 2009 und 2010 ermittelt wird

222 i 3 Unabhaumlngig davon ob man das Anknuumlpfen bei der Berechnung der Finanzkraftumshy

lage an Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren vor der erstmaligen Erhebung der Umlashy

ge (in Sachsen-Anhalt an die Jahre 2009 bis 2012) als eine unechte Ruumlckwirkung bezeichnet

(so LVerfG MV Urt v 26012012 - 3310 - RdNr 107 juris) oder wie der Verfassungsgeshy J

richtshof des Freistaates Sachsen (Urt v 26082010- Vf 129-VIII-09 - RdNr 101 juris) I annimmt dass in dem Ruumlckgriff auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltnissen der Vorjahre

keine Ruumlckwirkung gegeben sei weil die Finanzkraftumlage die aktuelle Steuerkraft und die

der Vorjahre abschoumlpfen will kann das Anknuumlpfen an die vorvergangenen Jahre bei der Beshyf

rechnung der Finanzkraftumlage nicht als verfassungswidrig angesehen werden

IDabei ist zum einen zu beruumlcksichtigen dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfasshy 1

sungsgerichts im Beschluss vom 14051986 (2 Bvl 283 Absatz-Nr 92 juris) davon auszushy

- 17 shy

gehen ist dass eine Einordnung unter den Oberbegriff Ruumlckwirkung im weitesten Sinne

keinerlei verfassungsrechtliche Maszligstaumlbe aufzuzeigen vermag

Zum anderen besteht unter den Landesverfassungsgerichten Einigkeit daruumlber dass die Beshy

rechnung der Umlage anhand der Steuereinnahmen der vorvergangenen Jahre - unabhaumlnshy

gig davon ob man darin eine unechte Ruumlckwirkung sieht oder nicht- im Rahmen des Vershy

haumlltnismaumlszligigkeitsgrundsatzes unter dem Blickwinkel der Sachgerechtigkeit des gewaumlhlten

Maszligstabs und unter dem Gesichtpunkt des Vertrauensschutzes bewertet werden muss (vgl

SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO RdNrn 102 105 LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 106) Danach kann der Gesetzgeber auch dann wenn die Gesetzesaumlnderung

an sich verfassungsrechtlich zulaumlssig ist im Hinblick auf den Grundsatz der Verhaumlltnismaumlshy

szligigkeit verpflichtet sein eine angemessene Uumlbergangsregelung zu treffen Der Nachpruumlfung

durch das Landesverfassungsgericht unterliegt insoweit allerdings nur ob der Gesetzgeber

bei einer Gesamtabwaumlgung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der

Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gruumlnde unter Beruumlcksichtigung aller Umstaumlnde die

Grenze der Zumutbarkeit uumlberschritten hat (so auch LVerfG MV Urt v 26012012 aaO

RdNr 106 mwN)

Gegen die grundsaumltzliche Tauglichkeit des Maszligstabs bestehen keine Bedenken Hinter ihm

steht die Erwartung dass sich die Haushaltszahlen im aktuellen Jahr in etwa im Rahmen der

bekannten Daten entwickeln werden

Im Rahmen der gebotenen Abwaumlgung ist zu beruumlcksichtigen dass der Landesgesetzgeber

bereits 1999 und 2007 die Einfuumlhrung eines interkommunalen Finanzausgleichs fuumlr verfasshy

sungsrechtlich dringend geboten gehalten und 2010 nur deshalb zunaumlchst auf die Erhebung

der Umiage verzichtet hat weii er keine einfache Moumlglichkeit gesehen hatte die Vorgaben

des Landesverfassungsgerichts aus dem Urteil vom 16022010 umzusetzen Bereits in dem

am 13042011 geschlossenen Koalitionsvertrag haben die regierungsbildenden Koalitionaumlra

festgeschrieben dass das bestehende System des kommunalen Finanzausgleichs fuumlr das

Jahr 2012 fortgeschrieben werden solL lnfolge dieser Absicht sollte ein Gutachter auch eine

verfassungskonforme Loumlsung zur Erhebung einer Umlage zur Angleichung der Finanzkraft

zwischen armen und reichen Kommunen finden Bei dieser Sachlage kann nicht davon

ausgegangen werden dass die Kommunen vor der Wiedereinfuumlhrung der Finanzkraftumlage

im Jahre 2013 darauf vertrauen durften von einer solchen Abgabe verschont zu bleiben

Das Landesverfassungsgericht hat sowohl bereits in seinem Urteil vom 13062006 als auch

in seinem Urteil vom 16022010 ausgefuumlhrt dass eine interkommunale Finanzkraftumlage

- 18shy

grundsaumltzlich mit der Landesverfassung vereinbar ist nur nicht deren konkrete Ausgestalshy

tung durch das jeweilige FAG

Ferner ist zu beruumlcksichtigen dass ein allgemeiner Vertrauensschutz auf den Fortbestand

der bisherigen Strukturen des Finanzausgleichs grundsaumltzlich nicht besteht was auch einen

Schutz des Vertrauens auf die Nichteinfuumlhrung neuer finanzausgleichsrechtlicher Instrumenshy

te ausschlieszligt Die Garantie der Selbstverwaltung verleiht den Gemeinden keinen verfasshy

sungsrechtlichen Anspruch auf Beibehaltung einer einmal erreichten Struktur des Finanzshy

ausgleichs Vielmehr steht es dem Gesetzgeber frei veraumlnderte Rahmenbedingungen neue

Erkenntnisse und gewandelte Praumlferenzvorstellungen bei der jaumlhrlichen Regelung des komshy

munalen Finanzausgleichs zu beruumlcksichtigen (so auch LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 109 mwN SaumlchsVerfGH Urt v 28082010 aaO RdNL 1 05)

Etwas anderes folgt auch nicht daraus dass es den betroffenen Gemeinden im Jahre 2013

tatsaumlchlich nicht mehr moumlglich war fuumlr die vorvergangenen Jahre im Hinblick auf die Finanzshy

ausgleichsumlage Dispositionen zu treffen indem sie ihr Ausgabeverhalten geaumlndert oder

die Hebesaumltze insbesondere fuumlr die Gewerbesteuer an der Umlage ausgerichtet haumltten Der

Umstand dass bei der Berechnung der Umlagenhoumlhe auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltshy

nissen der vorvergangenen Vorjahre zuruumlckgegriffen wird aumlndert nichts daran dass die Reshy

gelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht die Steuerkraft der abgeschlossenen Vorjahre sonshy

dern die jeweils aktuelle Steuerkraft im Auge hat

Dass sowohl Zuweisungen des Landes als auch zu erhebende Umlagen nicht an das laushy

fende Steueraufkommen des aktuellen Jahres anknuumlpfen koumlnnen ist systemimmanent weil

verlaumlssliche Finanzdaten immer erst mit zeitlicher Verzoumlgerung feststehen Die damit notshy

wendig verbundenen Unschaumlrfen sind hinzunehmen insoweit kann fuumlr die Finanzkraftumiashy

ge nichts anderes gelten als z B fuumlr die Kreisumlage Der Gesetzgeber ist daher daran geshy

bunden das einmal gewaumlhlte System auch auf die Finanzkraftumlage anzuwenden (so

schon LVerfG Urt v 13062006 aaO S 475)

Eine theoretische Alternative waumlre zwar ein Finanzausgleichssystem das zunaumlchst mit

Schaumltzwerten fuumlr das laufende Jahr arbeitet die fortlaufend an die tatsaumlchlichen Daten anshy

gepasst werden Letztlich muumlsste dann zum Abschluss eine Spitzabrechnung durchgefuumlhrt

werden Eine verlaumlssliche Finanz- Ausgaben- und Haushaltswirtschaft der Gemeinden waumlre

damit allerdings praktisch kaum zu leisten (so auch SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO

RdNr 103 unter Hinweis auf BVerfG Urt v 24061986- 2 BvF 1 5 683 184 und 1 285

- BVerfGE 72 330 400)

19 shy

22214 Im Uumlbrigen ermoumlglichtsect 12 Abs 4 FAG 2013 in der zweijaumlhrigen Uumlbergangszeit in

der Steuereinnahmen aus der Zeit vor lnkrafttreten des Gesetzes in die Berechnung der Fishy

nanzkraft einflieszligen fuumlr den Fall dass die fuumlr die spaumltere Zahlung der Finanzkraftumlage

benoumltigten Betraumlge nicht sofort einer Ruumlckstellung zugefuumlhrt wurden eine Befreiung von der

Verpflichtung zur Zahlung der Finanzkraftumlage wenn es in einem nachfolgenden Jahr zu

einem Einbruch des Gewerbesteueraufkommens kommt die Kommune nicht uumlber ausreishy

chende Ruumlcklagen bzw freie liquide Mittel verfuumlgt und sie die Verpflichtung zur Abfuumlhrung

der Finanzkraftumlage vor Probleme stellt sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 verstoumlszligt

nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz Kernelement des Rechtsstaatsprinzips ist dass alshy

le materiellen Rechtsnormen mit Regelungsanspruch dem Rechtsunterworfenen gegenuumlber

diesem die Moumlglichkeit einraumlumen sein Verhalten auf die Rechtsnorm einzurichten Schon

nach allgemeinen rechtsstaatliehen Regeln verlangt der Bestimmtheitsgrundsatz gesetzliche

Tatbestaumlnde so praumlzise zu formulieren dass ein Normadressat sein Handeln kalkulieren

kann weil die Folgen der Regelung fuumlr ihn voraussehbar und berechenbar sind Dies bedeushy

tet zwar nicht dass die Norm uumlberhaupt keine Auslegungsprobleme aufwerfen darf Dem

Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genuumlgt wenn diese mit herkoumlmmlichen juristischen

Methoden bewaumlltigt werden koumlnnen Es muss auch verlangt werden dass der Gesetzgeber

wenigstens seinen Grundgedanken das Ziel seines gesetzgeberischen Wollens deutlich

macht Allen Bestimmtheitsanforderungen ist gemeinsam dass der Grad der Bestimmtheit

von den jeweiligen sachlichen Eigenarten des Regelungsgegenstandes abhaumlngt Stets sind

Rechtsvorschriften so genau zu fassen wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden leshy

benssachverhalte und mit Ruumlcksicht auf den Normzweck moumlglich ist (vgl Urt des l VerfG v

16022010 aaO 381 mwN)

sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 haumllt diesen Anforderungen stand Bei der Regelung

handelt es sich nicht um eine Ermessensvorschrift sondern um eine gebundene Entscheishy

dung mit unbestimmten Rechtsbegriffen auf der Tatbestandsebene Die in sect 17 Abs 1 FAG

2013 verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe auszligergewoumlhnliche Belastungen Notlage

und besondere Haumlrte lassen sich durch Auslegung soweit konkretisieren dass sie selbst

dem Bestimmtheitsgebot des Art 103 Abs 2 GG genuumlgen wuumlrden Den Begriff Notlage deshy

finiert sect 17 Abs 1 S 2 FAG 2013 indem es dort heiszligt Als Notlage gilt insbesondere der

Fall dass die Einnahmemoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren

Ausgabeverpflichtungen nicht ausreichen Der Begriff der auszligergewoumlhnlichen Belastung

ist ein im Steuer- und Sozialrecht (vgl zB sect 33 des Einkommensteuergesetzes - EStG shy

oder im Sozialrecht zB sect 27 Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung- SchwbAV)

verwendeter Begriff der durch den Bundesgesetzgeber und die Rechtsprechung hinreichend

- 20 shy

konkretisiert ist Eine auszligergewoumlhnliche Belastung ist dadurch gekennzeichnet dass einem

Pflichtigen immer dann wenn er zwangslaumlufig groumlszligere Aufwendungen als die uumlberwiegende

Mehrzahl der Pflichtigen gleicher Einkommensverhaumlltnisse und gleicher Vermoumlgensverhaumlltshy

nisse erbringen muss der Teibull der Aufwendungen ermaumlszligigt wird der die dem Pflichtigen

zurnutbare Belastung uumlbersteigt (sect 33 Abs 1 EStG) Aufwendungen erwachsen dem Pflichtishy

gen nur zwangslaumlufig wenn er sich ihnen aus rechtlichen tatsaumlchlichen oder sittlichen

Gruumlnden nicht entziehen kann Das ist der Fall wenn die Gruumlnde der Zwangslaumlufigkeit derart

von auszligen auf die Entschlieszligung des Pflichtigen einwirken dass er ihnen nicht ausweichen

kann er also tatsaumlchlich keine Entscheidungsfreiheit hat bestimmte Aufwendungen vorzushy

nehmen oder zu unterlassen Liegt eine maszliggeblich vom menschlichen Willen beeinflusste

Situation vor so handelt es sich dagegen um keine Zwangslage in diesem Sinne von sect 33

Abs 1 EStG (vgl BFH Urt v 17072014- VI R 4213- RdNr 13- juris) Auch der Begriff

der besonderen Haumlrte ist ein im Verwaltungs- und Sozialrecht insbesondere bei Billigkeitsshy

entscheidungen haumlufig verwendeter unbestimmter Rechtsbegriff der eine hinreichende Konshy

kretisierung durch die fachgerichtliche Rechtsprechung erfahren hat Der Begriff der besonshy

deren Haumlrte ist ein durch die Fachgerichte voll uumlberpruumlfbarer Rechtsbegriff (vgl BVerwG

Urt v 29031979- 2 C 1677 - Buchholz 2384 sect 46 SG Nr S 52) Durch Bestimmungen

die diesen Begriff verwenden sollen unzumutbare Belastungen vermieden werden Der Geshy

setzgeber fuumlhrt regelmaumlszligig eine Haumlrtevorschrift ein um von den Regelvorschriften nicht ershy

fassten Ausnahmefaumlllen und Grenzsituationen Rechnung tragen zu koumlnnen (vgl BVerwG

Urt v 11021977-6 C 10574- RdNr 28- juris)

Ob bei Anwendung der Befreiungsregelung dessect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 durch

die Exekutive den abundanten Gemeinden angesichts ihrer hohen Gewerbesteuershy

einnahmen in der Vergangenheit abverlangt werden kann ROcklagen aus vergangenen Jahshy

ren einzusetzen oder Kassenkredite aufzunehmen betrifft die Rechtsanwendung und ist von

der Fachgerichtsbarkeit zu klaumlren

2222 Soweit die Beschwerdefuumlhrerin unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Landesshy

verfassungsgerichts im Urteil vom 16022010 geltend macht die Finanzkraftumlage sei

deshalb verfassungswidrig weil sie auf der Landkreisebene bei nicht abundanten Landkreishy

sen durch die Heranziehung einer abundanten Gemeinde zur Finanzkraftumlage eine Schatshy

tenwirkung herbeifuumlhre die dazu fuumlhre dass im Ergebnis dieser Schattenwirkung die Fi-middot

nanzkraftumlage den nicht abundanten Landkreis treffe vermag sie damit die Verfassungsshy

widrigkeit von sect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht zu begruumlnden weil dieser Entscheidung ein anshy

ders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag

- 21 shy

ln sect 16 Abs 2 FAG 2007 war vorgesehen dass ab dem 01 01 2008 eine Kuumlrzung der Beshy

messungsgrundlage der Kreisumlage um die Finanzkraftumlage vorzunehmen war Der Geshy

setzgeber des FAG 2007 hatte dadurch eine Kuumlrzung der Steuerkraftmesszahl um die abzushy

fuumlhrende Finanzkraftumlage als Berechnungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage vorgenommen

Damit konnte fuumlr das Finanzausgleichsmodell das dem FAG 2007 zugrunde lag die Kreisshy

umlagebelastung fuumlr die von der Finanzkraftumlage belasteten Gemeinden spuumlrbar verrinshy

gert werden Um den Eingriff in das Kreisumlagegefuumlge des betroffenen Landkreises abzushy

mildern hatte der Gesetzgeber den Abzug der Finanzkraftumlage zugleich bei der Ermittlung

der Umlagekraftmesszahl der Landkreise (sect 9 FAG 2007) zu beruumlcksichtigen Damit verminshy

derte sich nicht nur die Steuerkraftmesszahl als Bemessungsgrundlage der Kre isumlage

sondern auch als Bemessungsgrundlage fuumlr die Houmlhe der allgemeinen Zuwendungen fuumlr die

Landkreise Dies fuumlhrte dazu dass die Landkreise mit abundanten Gemeinden die wegen

einer houmlheren Umlagekraft an sich weniger allgemeine Zuweisungen erhielten mehr erhielshy

ten Da das Land den Betrag der allgemeinen Zuweisungen an die Landkreise allerdings unshy

veraumlndertmiddot belassen hatte fuumlhrte dies aber dazu dass die anderen Landkreise ohne abunshy

dante Gemeinden weniger allgemeine Zuweisungen erhielten Nur diese Regelung des sect 16

Abs 2 FAG 2007 hat das Landesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 16022010 als eishy

nen verfassungswidrigen Eingriff des Landesgesetzgebers in die Finanzhoheit der Landkreishy

se angesehen Auch die weiteren Ausfuumlhrungen des Landesverfassungsgerichts im Urteil

vom 16022010 beziehen sich auf die beanstandete Regelung dessect 16 Abs 2 FAG 2007

Mit sect 12 FAG 2013 hat der Gesetzgeber ein neues Modell fuumlr die Erhebung der Finanzshy

kraftumlage eingefuumlhrt Dieses Modell stellt sich wie folgt dar Der Gesetzgeber hat das Moshy

dell der sog Abundanzumlage (sect 19a FAG 2005 FAG 2007) bei der eine normierte Steuershy

kraft mit einem normierten Bedarf verglichen wird und fuumlr den Fall dass die Steuerkraft den

Bedarf uumlbersteigt (Abundanz) die Moumlglichkeit eines Zugriffs auf einen gewissen Prozentsatz

des abundanten Teils besteht aufgegeben und nunmehr den Finanzausgleich unter den

steuerstarken und steuerschwachen kreisangehoumlrigen Gemeinden nach einem anderen Moshy

dell vorgenommen das nicht nur die beschriebene uumlberschieszligende Steuerkraft fuumlr die Beshy

rechnung der Umlage heranzieht sondern in Anlehnung an eine entsprechende Regelung in

Baden-Wuumlrttemberg eine breitere Bemessungsgrundlage waumlhlt

Gemaumlszlig sect 12 Abs 2 S 4 und 5 FAG 2013 wird nunmehr fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden

ein Ausgleichsverfahren als Rechenschritt bei der Ermittlung der endguumlltigen Schluumlsselshy

zuweisung durchgefuumlhrt Dabei wird die Schluumlsselzuweisung A mit beruumlcksichtigt Bei der

Schluumlsselzuweisung A wird nach sect 12 Abs 2 S 5 FAG 2013 allen kreisangehoumlrigen Geshy

meinden deren Steuerkraft je Einwohner 80 vH des Durchschnitts aller Gemeinden untershy

- 22shy

schreitet die Differenz der eigenen Steuerkraft zu 80 vH der durchschnittlichen Steuerkraft

zu 80 vH ausgeglichen Diese Schluumlsselzuweisung bewirkt eine dem Finanzausgleich der

Regelungen des FAG 2005 und des FAG 2007 noch unbekannte Verlagerung unter allen

Zuweisungsempfaumlngern also allen nicht abundanten Gemeinden zugunsten der steuershy

schwachen Gemeinden und zurasten der mehr steuerstarken Gemeinden Die abundanten

Gemeinden die keine Zuweisungsempfaumlnger sind werden hierdurch noch nicht belagttet Ihshy

re Belastung erfolgt erst durch die Regelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 Danach zahlen alie

kreisangehoumlrigen Gemeinden also sowohl die Zuweisungsempfaumlnger als auch die abundanshy

ten Gemeinden eine Umlage von 10 vH der Summe aus der Steuerkraftmesszahl fuumlr Geshy

meinden gemaumlszligsect 14 FAG 2013 und den Schluumlsselzuweisungen A und B also ihrer gesamshy

ten Finanzkraft Uumlber sect 14 Abs 3 Nr 2 FAG 2013 geraten ua die Gewerbeshy

steuereinnahmen der abundanten Gemeinden in Houmlhe von 10 vH in diesen Finanzkraftumshy

lagetopf Dieser Umlagetopf erhoumlht gem sect 12 Abs 3 S 2 FAG 2013 die Finanzmasse fuumlr die

Schluumlsselzuweisung B

Diese veraumlnderte Schluumlsselzuweisung B wird dann nach der Regelung des sect 12 Abs 2 S 6

FAG auf die Schluumlsselzuweisungsempfaumlnger umgelegt Gemaumlszlig sect 19 Abs 2 FAG flieszligt die

zuletzt genannte Schluumlsselzuweisung an die kreisangehoumlrigen Gemeinden zwar in die Kreisshy

umlagenberechnung ein Da sich die Bemessung der Kreisumlage aus der Steuerkraft und

den Schluumlsselzuweisungen fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden zusammensetzt wird die

Finanzkraftumlage somit auch zum Abzugsposten bei der Bemessungsgrundlage der Kreisshy

umlage Diese Einbeziehung der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Finanzkraftshy

umlage in die Kreisumlagenberechnung stellt indes keinen Eingriff in die ebenfalls verfasshy

sungsrechtlich geschuumltzte Finanzhoheit der Landkreise dar

Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumiage unterscheidet sich im Hinblick auf die Ebeshy

nentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren vom Landesverfassungsgericht beanstandeten

Finanzkraftumlage Letztere floss dem Ausgleichsstock zu so dass sie den Landkreisen als

Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgesamt verloren ging Demgegenuumlber wird

durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgeshy

samt nicht geschmaumllert

Das Landesverfassungsgericht hat weder heute noch hatte es im Urteil vom 16022010 Beshy

denken dagegen dass uumlber die vorgelagerten Regelungen zur Bestimmung der Steuerkraftshy

messzahl und zur Festlegung der Schluumlsselzuweisungen der Gemeinden zugleich die Beshy

messungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage festgelegt wird Dass jede Aumlnderung der Finanzshy

ausstattung der kreisangehoumlrigen Gemeinden zwangslaumlufig auch zu Verlagerungen bei der

- 23shy

Finanzausstattung der Landkreise fuumlhrt verstoumlszligt als solches nicht gegen die Landesverfasshy

sung Dies gilt auch fuumlr die neu eingefuumlhrte Vorabverteilung der Schluumlsselmasse A zugunsshy

ten der finanzschwachen Kommunen Sie fuumlhrt zu keinen Veraumlnderungen bei der Gesamtshy

summe der Umlagekraftmesszahlen der Landkreise hat aber Verschiebungen zwischen den

einzelnen Landkreisen zur Folge Die jetzige gesetzliche Regelung stellt sicher dass die jeshy

weiligen Gesamtsummen der beiden Komponenten der Finanzausstattung der Landkreise

durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnderung erfahren Der Gesamtbemessungsgrundiashy

ge fuumlr die Kreisumlage werden durch die Verschiebungen zwischen den Kommunen keine

Betraumlge entzogen Da es keine abundanten Landkreise gibt ergeben sich auch keine Ausshy

wirkungen auf die Gesamthoumlhe der Schluumlsselzuweisungen die die Landkreise vom Land ershy

halten

Waumlhrend die Gesamtausstattung der Landkreise durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnshy

derung erfaumlhrt ergeben sich - dies raumlumt die Landesregierung selber ein - allerdings gerinshy

ge Verlagerungseffekte zwischen den einzelnen Landkreisen Diese Verlagerungseffekte

sind indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

Den Anspruch auf angemessene Finanzausstattung der Landkreise darf der Gesetzgeber

einschraumlnken soweit andere Interessen von Verfassungsrang dies rechtfertigen Nicht nur

der horizontale gemeindliche sondern auch der uumlbergemeindliche Finanzausgleich ist von

dem Grundsatz der interkommunalen Solidaritaumlt gepraumlgt (LVerfG Urt v 13062006-705shy

LVerfGE 17 410 429 NdsStGH NdsVBL 2001 184 188) Der Gedanke der interkommushy

nalen Solidaritaumlt umfasst - wie die Kreisumlage zeigt - auch die ausgleichenden Finanzshy

stroumlme zwischen der Gemeinde- und Kreisebene (vgL auch SaumlchsVerfG Urt v 29012010

- Vf 25-VIII-09 - RdNr 119 - juris unter Hinweis auf BVerfG Beschl v 07021991

- 2 BvL 2484 - BVerfGE 83 363 391f LVerfG MV Urt v 26012012- 1810 - RdNr

81) Haumltte der Gesetzgeber eine Verschiebung von finanzstarken zu finanzschwachen Landshy

kreisen mit einer eigenstaumlndigen Ausgleichsregelung herbeigefuumlhrt waumlre dies durch Art 88

ALs 2 S 1 LVerf gedeckt Nichts anderes gilt wenn derselbe Effekt mittelbar durch die vershy

fassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung zum Finanzkraftausgleich der Gemeinshy

den erreicht wird Der Ebene des einzelnen Landkreises steht dem Vertust an Bemessungsshy

grundlage durch die negative Schluumlsselzuweisung der abundanten Gemeinden (sofern keine

Befreiungen erteilt wurden) jeweils ein Gewinn an Bemessungsgrundlage durch die Erhoumlshy

hung der Schluumlsselzuweisung der uumlbrigen Gemeinden gegenuumlber Je nachdem welcher Efshy

fekt uumlberwiegt erhoumlhen oder vermindern sich die Einnahmen der jeweiligen Landkreise aus

der Kreisumlage durch die Finanzkraftumlage geringfuumlgig Diese Aumlnderung bei dem Aufshy

kommen an Kreisumlage ist aber nicht gleichzusetzen mit der Aumlnderung der Finanzkraft der

- 24shy

Landkreise Da es keine abundanten Landkreise gibt bekommen saumlmtliche Landkreise

Schluumlsselzuweisungen vom Land Der nicht bereits durch die Kreisumlage ausgeglichene

Finanzbedarf der Landkreise wird im Jahr 2013 zu 80 in den Folgejahren zu 90 ausgeshy

glichen Dieser Mechanismus bewirkt dass auch der noch nicht kompensierte Verlust an

Bemessungsgrundlage durch abundante Gemeinden zu 90 (bzw 2013 zu 80 ) ausgeshy

glichen wird Oie verbleibenden Differenzbetraumlge sind wirtschaftlich unbedeutend und vershy

fassungsrechtlich hinzunehmen (vgl auch LVerfG MV Urt v 2601 2012 - 3310 - RdNr

79- juris)

2223 Eine verfassungswidrige Schattenwirkung fuumlr weitere benachbarte kreisangehoumlrige

und nicht abundante Gemeinden laumlsst sich ebenfalls nicht feststellen Die finanzschwache

Nachbargemeinde profitiert direkt von der Finanzkraftumlage Die von der Beschwerdefuumlhreshy

rin beschriebene mittelbare Schattenwirkung durch die Moumlglichkeit einer Erhoumlhung der

Kreisumlage betrifft die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal und

muss daruumlber hinaus auch differenziert betrachtet werden Es besteht ein Unterschied ob

eine solche Kommune in einem Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft liegt Der

Landkreis mit niedriger Umlagekraft wird in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlashy

ge erheben waumlhrend der Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlshy

rigen Kommunen nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muss De facto verfuumlgen alshy

so die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verbleiben Die Finanzkraftshy

umlage mildert diesen Effekt unter Umstaumlnden geringfuumlgig ab Die nicht abundanten Komshy

munen in dem Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten eventuell dadurch beshy

lastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoben wuumlrde um den Verlust des

Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzkraftumlage zu kompensieren ln

dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saido von der Finanzkraftumlage profitiershy

ten erhoumlht sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass der Kreisumlagesatz sogar (geshy

ringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Daruumlber hinaus besteht eine Solidaritaumltsverpflichtung der Kreise gegenuumlber den kreisangeshy

houmlrigen Gemeinden die diese vor einer unangemessenen Erhoumlhung der Kreisumlage

schuumltzt (vgl Faber in HennekePuumlnderWaldhoff Recht der Kommunalfinanzen 2006 sect 34

RdNr 50)

3 Die Kostenentscheidung beruht auf sect 32 LVerfGG Gerichtskosten werden nicht erhoben

(Absatz 1) Gruumlnde fuumlr die Anordnung der Erstattung der notwendigen Auslagen der erfolglos

gebliebenen Beschwerdefuumlhrerin sind nicht ersichtlich (Abs 2 und 3)

- 25 shy

Dr Zettel GemmerSchubert Bergmann

Prof Or Kluth StallFranzkowiak

Page 8: URTEIL - Landesportal Sachsen-Anhalt

-8shy

kraftumlage in der Vergangenheit angesiedelt sei und die daraus folgenden Schluumlsse erst in

der Zukunft wirken wuumlrden Die Finanzkraftumlage sei aber erst fuumlr einen Zeitpunkt nach lnshy

krafttreten des Gesetzes zu zahlen Dies sei ein Fall der echten Ruumlckwirkung Der Sachvershy

halt sei in der dogmatischen Einordnung genauso zu beurteilen als wuumlrde der Steuergeshy

setzgeber auf die Idee kommen fuumlr einen abgeschlossenen Besteuerungszeitraum den

Steuertarif nachtraumlglich zu aumlndern Dass die Zahlungswirkung erst in der Zukunft eintrete sei

einer nachtraumlglichen Veraumlnderung der Besteuerungsgrundlagen fuumlr bereits abgeschlossene

Besteuerungszeitraumlume immanent und kein geeignetes Abgrenzungskriterium zwischen

echter und unechter Ruumlckwirkung Entscheidend sei die Antwort auf die Frage ob der Beshy

troffene noch eine Reaktionsmoumlglichkeit habe oder ob eine solche Reaktionsmoumlglichkeit

nicht bestehe und er der Ruumlckwirkung bedingungslos ausgeliefert sei

Uumlbersect 12 Abs 4 S 1 FAG 2013 koumlnne die verfassungswidrige Ruumlckwirkung nicht geheilt

werden Die Feinsteuerungsmoumlglichkeit uumlber den Ausgleichsstock genuumlge nicht den verfasshy

sungsrechtlichen Vorgaben wonach wesentliche Fragen des kommunalen Finanzausgleishy

ches durch den Gesetzgeber und nicht durch die ausfuumlhrende Verwaltung zu regeln seien

Der Gesetzgeber habe zwar bei der Regelung der Rahmenbedingungen des Finanzausgleishy

ches einen weiten Gestaltungsspielraum allerdings muumlsse er diesen Gestaltungsspielraum

selbst nutzen und duumlrfe ihn nicht der ausfuumlhrenden Verwaltung uumlberlassen Im Uumlbrigen sei

die Haumlrtefallregelung zu unbestimmt da die Kriterien fuumlr ihre Anwendung nicht feststaumlnden

und sie nicht zielfuumlhrend seien

Daruumlber hinaus fuumlhre die Finanzkraftumlage zu einer verfassungswidrigen Schattenwirshy

kung Die Beschwerdefuumlhrerin sei eine kreisangehoumlrige Gemeinde im Burgenlandkreis Aufshy

grund der Tatsache dass die Finanzkraftumlage bei der Steuerkraft abgezogen und somit

die Bemessungsgrundlagen fuumlr die Kreisumlage vermindert werde verliere der Burgenlandshy

kreis fuumlr das Haushaltsjahr 2013 Kreisumlagen in Houmlhe von 22879600 Euro und fuumlr das

Jahr 2014 Kreisumlagen in Houmlhe von 43500100 Euro Der Landkreis sei nicht abundant

Dies fuumlhre zu einer mittelbaren Schattenwirkung sowohl bei dem betroffenenmiddot Landkreis als

auch bei den nicht abundanten kreisangehoumlrigen Gemeinden des Landkreises Der in Mithaft

genommene Landkreis muumlsse die Kreisumlage anheben um diese Ausfaumllle zu kompensieshy

ren Er muumlsse entweder die Kreisumlage anheben oder auf eine sonst moumlgliche Senkung

der Kreisumlage verzichten so dass zweierlei Effekte eintreten wuumlrden Zunaumlchst verringere

sich bei ihr der Entlastungseffekt durch die Mitberuumlcksichtigung der Finanzkraftumlage bei

der Kreisumlage und es wuumlrden nunmehr auch uumlber diese mittelbare Schattenwirkung

Nachbarstaumldte und Gemeinden im Landkreis herangezogen die sich auch nicht annaumlhernd

in der Naumlhe einer Abundanz befaumlnden Nach der Rechtsprechung des Landesverfassungsshy

-9shy

gerichts fuumlhre diese Schattenwirkung zu einer Verletzung der Finanzhoheit der Landkreise

Dabei gehe es um das Prinzip auf die konkrete Houmlhe und das Ausmaszlig der Beeintraumlchtigung

komme es nicht an

Die Beschwerdefuumlhrerin beantragt

sect 12 Abs 3 des Gesetzes zur Abloumlsung des Finanzausgleichsgesetzes und zur

Aumlnderung weiterer Gesetze vom 18122012 (GVBL S 641) wegen Unvereinbarshy

keit mit Art 2 Abs 3 i V m Art 87 Abs 1 der Verfassung des Landes Sachsenshy

Anhalt fuumlr nichtig hilfsweise fuumlr verfassungswidrig zu erklaumlren

Mit Schriftsatz vom 11032014 hat die Landesregierung zu der Verfassungsbeschwerde

Stellung genommen Sie haumllt die Verfassungsbeschwerde fuumlr unbegruumlndet und ervridert auf

das Vorbringen der Beschwerdefuumlhrerin im Einzelnen

Es liege kein Fall einer unzulaumlssigen Ruumlckwirkung vor Ein Fall grundsaumltzlich unzulaumlssiger

echter Ruumlckwirkung liege nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vor

wenn eine Norm nachtraumlglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt aumlndernd eingreife Dies

sei insbesondere der Fall wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem

Zeitpunkt ihrer Verkuumlndung fuumlr bereits abgeschlossene Tatbestaumlnde gelten solle Dies treffe

hier nicht zu Die jetzige Situation sei die gleiche wie sie der -Entscheidung

zugrunde gelegen habe naumlmlich so wie die erstmalige Einfuumlhrung der Umlage zu beurteilen

sei wenn sie in den Jahren nach lnkrafttreten des Gesetzes erhoben werde und ihr die geshy

setzlich definierte und normierte Finanzkraft der Jahre vor lnkrafttreten des Gesetzes

zugrunde gelegt werde diese Finanzkraft aber nicht durch eine Erhebung in Echtzeit ermitshy

telt werde sondern unter Ruumlckgriff auf statistische Werte aus der Zelt vor lnkrafttreten des

Gesetzes in der --Entscheidung vom 13062006 habe das Landesverfassungsgeshy

richt eine echte Ruumlckwirkung der Ersteinfuumlhrung der Finanzkraftumlage verneint Es liege

auch keine unechte Ruumlckwirkung vor denn es seien keine Vertrauenstatbestaumlnde aufgrund

einer fruumlheren Regelung ersichtlich welche bereits haumltten ins Werk gesetzt sein koumlnnen weil

die Finanzkraftumlage erstmals in das Finanzausgleichsgesetz eingefuumlgt worden sei Dafuumlr

sei es unerheblich dass der Gesetzgeber fuumlr die Berechnung auf Grundsaumltze Bezug nehme

die fuumlr einen anderen Sachverhalt (allgemeine Zuweisungen jetzt Schluumlsselzuweisungen)

gelten wuumlrden und die er dort mit Wirkung fuumlr die Zukunft geaumlndert habe Der Saumlchsische

Verfassungsgerichtshof sei in seinem Urteil vom 26082010 hinsichtlich der Verfassungsshy

maumlszligigkeit der Einfuumlhrung einer Finanzkraftumlage unter Berechnung der Umlage aus den

Haushaltsdaten der Vergangenheit zu Recht davon ausgegangen dass darin weder ein Fall

von echter noch von unechter Ruumlckwirkung liege Mit der Berechnung der Umlage anhand

- 10 shy

der Steuereinnahmen vergangener Zeitraumlume gehe kein unzulaumlssiger Zugriff auf in der Vershy

gangenheit ihren Anfang nehmende oder gar beendete Lebenssachverhalte einher Den Anshy

knuumlpfungspunkt fuumlr die Erhebung der Finanzkraftumlage und damit den fuumlr eine Pruumlfung am

Vertrauensschutzprinzip maszliggeblichen Lebenssachverhalt bilde allein ein Uumlberschuss der

gemeindlichen Steuerkraft im aktuellen Haushaltsjahr Eine mit dem Vertrauensschutzprinzip

moumlglicherweise in Konflikt geratende Ruumlckwirkung laumlge allein dann vor wenn mit der Umlashy

ge eine uumlberschieszligende Finanzkraft vergangener Zeitraumlume abgeschoumlpft werden sollte also

gerade hierin die innere Rechtfertigung fuumlr die Belastung der Gemeinden zu erblicken waumlre

Diese Ausfuumlhrungen zum Saumlchsischen Finazausgleichsgesetz seien auch auf das FAG 2013

uumlbertragbar Fuumlr einen gesetzgabarischen Willen mit der Umlage eine uumlberschieszligende Fishy

nanzkraft vergangener Zeitraumlume abschoumlpfen zu wollen gebe es in den Gesetzesmaterialien

des FAG 2013 keine Anhaltspunkte Daruumlber hinaus schlieszlige sich die Landesregierung der

weiteren Argumentation des Saumlchsischen Verfassungsgerichtshofs an wonach gegen die

grundsaumltzliche Tauglichkeit des Maszligstabes zur Bemessung der Umlage keine Bedenken beshy

stuumlnden Hinter ihm stehe die Erwartung dass sich die Haushaltszahlen im aktuellen Jahr in

etwa im Rahmen der bekannten Daten entwickeln wuumlrden Wenn auch zeitlich verzoumlgert

wuumlrden die Annahmen immer wieder an die tatsaumlchlichen Haushaltsdaten angepasst Die

damit notwendig verbundenen Unschaumlrfen seien hinzunehmen Bei einer alternativ denkbashy

ren zunaumlchst vorlaumlufigen Ermittlung der Umlageschuld verbunden mit einem endguumlltigen

Festsetzungsverfahren bei Vorliegen der relevanten Haushaltsdaten waumlre eine verlaumlssliche

Finanz- Ausgaben- und Haushaltswirtschaft der Gemeinden praktisch kaum zu leisten Aus

dem Vertrauensschutzprinzip ergebe sich weder die Verpflichtung des Gesetzgebers Invesshy

titionen der Gemeinden zur Erzielung von Gewerbesteuern zu beruumlcksichtigen noch die

Notwendigkeit wegen fehlender zeitlicher Moumlglichkeiten fuumlr die Umlageschuld Vorsorge zu

treffen oder besondere Uumlbergangsregelungen zu schaffen Das Vertrauensschutzprinzip steshy

he Aumlnderungen des Systems des Finanzausgieichs nicht grundsaumltziich entgegen Es verianshy

ge lediglich eine Ruumlcksichtnahme auf gemeindliche Entscheidungen die in schutzwuumlrdigem

Vertrauen auf eine bestimmte Entwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen getroffen

worden seien Die Schutzwuumlrdigkeit folge dabei aus einem durch den Gesetzgeber geschafshy

fenen Vertrauenstatbestand Fuumlr eine Schutzwuumlrdigkeit der Hoffnung der Beschwerdefuumlhreshy

rin uumlber ihr Gewerbesteueraufkommen auch zukuumlnftig allein zu verfuumlgen sei nichts ersichtshy

lich Aus dem nach dem Soumlssen II Urteil erklaumlrten Verzicht eine Finanzkraftumlage fuumlr die

Vergangenheit zu erheben haumltten die Kommunen nicht schlieszligen koumlnnen dass dies auch

fuumlr die Zukunft gelten werde

Dass sowohl Zuweisungen des Landes als auch zu erhebende Umlagen nicht an das laushy

fende Steueraufkommen des aktuellen Jahres anknuumlpfen koumlnnen sei systemimmanent weil

- II shy

verlaumlssliche Finanzdaten immer erst mit zeitlicher Verzoumlgerung feststaumlnden Insoweit koumlnne

fuumlr die Finanzkraftumlage nichts anderes gelten als zB fuumlr die Kreisumlage Der Gesetzgeshy

ber sei daher daran gebunden das einmal gewaumlhlte System auch auf die Finanzkraftumlage

anzuwenden Eine theoretische Alternative waumlre ein Finanzausgteichssystem das zunaumlchst

mit Schaumltzwerten fuumlr das laufende Jahr arbeite die fortlaufend an die tatsaumlchlichen Daten

angepasst wuumlrden Letztlich muumlsste dann zum Abschluss eine Spitzabrechnung durchgeshy

fuumlhrt werden Es bestehe jedoch Einigkeit daruumlber dass dies zum einen vom Verwaitungsshy

aufwand her nicht zu bewaumlltigen waumlre zum anderen der Nachteil in Gestalt der Planungsunshy

sicherheit bei den Kommunen den Vorteil der etwas groumlszligeren Gerechtigkeit weit uumlberwiegen

wuumlrde Daher sei allen Finanzausgleichssystemen der Bundeslaumlnder gemeinsam dass fuumlr

das laufende Jahr Zahlen verwendet wuumlrden die mittels prognostischer Annahmen aus den

Werten vergangener Jahre abgeleitet wuumlrden Die Anknuumlpfung an die Daten des vorverganshy

genen Jahres liege der Berechnung des Finanzausgleichs insgesamt zu Grunde nicht nur

der Berechnung der Finanzkraftumlage Durch den Uumlbergang vom kameralen zum doppishy

schen Buchungsstil der inzwischen bei fast allen Kommunen abgeschlossen sei habe sich

im Uumlbrigen das Problem der zeitlichen Verschiebung zwischen Abundanz und Zahlung der

Umlage weitgehend erledigt

Den berechtigten Interessen der zahlungspflichtigen Kommunen dabei nicht uumlberfordert zu

werden trage die Befreiungsvorschrift hinreichend Rechnung Dass im Rahmen der Pruumlfung

der Befreiungen den Antragstellern wie der Beschwerdefuumlhrerin zugemutet werde eigene

Ruumlcklagen zum Zweck der Zahlung der Finanzkraftumlage einzusetzen sei derzeit Gegensshy

tand einer verwaltungsgerichtlichen Uumlberpruumlfung Ob das Gebot des Haushaltsausgleichs

Vorrang vor anderen Verwendungsabsichten der Ruumlcklagen habe sei eine fachgerichtlich zu

beantwortende Frage Fuumlr die jetzige Gesetzesfassung einer Befreiungsklausel wuumlrden die

aUgemeinen Bestimmtheitsanforderungen gelten Diesen werde sect 12 Abs 4 i V m sect 17

FAG 2013 zweifelsohne gerecht Soweit die Kernnorm der Gewaumlhrung von Leistungen aus

dem Ausgleichsstock naumlmlich der in sect 17 Abs 1 S 2 FAG geregelte Fall dass die Einnahshy

memoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren Ausgabeverpflichtungen

nicht ausreichten in Bezug genommen werde sei aufgrund einer langjaumlhrigen Klaumlrung durch

Behoumlrdenpraxis und die Rechtsprechung der Gerichte an der Bestimmtheit nicht zu zweifeln

Dass daruumlber hinaus die weiter gefassten Anwendungsfaumllle des sect 17 FAG von der Verweishy

sung erfasst wuumlrden belaste die Beschwerdefuumlhrerin nicht

Die jetzige Regelung der Finanzkraftabgabe greife nicht unzulaumlssig in die Finanzhoheit der

Landkreise ein Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumlage unterscheide sich im Hinshy

blick auf die Ebenentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren Finanzkraftumlage Bei der fruumlshy

- 12 shy

heren Regelung sei die Finanzkraftumlage dem Ausgleichsstock zugeflossen so dass sie

den Landkreisen als Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage verloren gegangen sei

Demgegenuumlber werde durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die

Kreisumlage insgesamt nicht geschmaumllert Es koumlnnte nur darum gehen inwieweit minimale

Verlagerungen der Bemessungsgrundlage von den finanzstarken zu den finanzschwaumlcheren

Landkreisen mit der Landesverfassung vereinbar seien Die Finanzkraftumlage fuumlhre innershy

halb eines Landkreises zu einer verminderten Umlagekraft der abundanten Gemeinden ershy

houmlhe aber die Umlagekraft der Empfaumlnger der Umlage Innerhalb eines Landkreises komshy

pensierten sich diese Gewinne und Verluste bei Bemessungsgrundlage weitgehend Aus

diesen Gruumlnden habe es der Landesgesetzgeber fuumlr kontraproduktiv gehalien diesen ershy

wuumlnschten Effekt durch einen nachgelagerten Spitzausgleich unter den Landkreisen zu beshy

seitigen Im Rahmen der Erarbeitung des Gesetzentwurfes habe auch eine Finanzkraftumlashy

ge zwischen den Landkreisen lange zur Diskussion gestanden Diese Loumlsung sei allerdings

verworfen worden Eine Stoumlrung der Belastungsgerechtigkeit auf Gemeindeebene und eine

Schattenwirkung auf Kreisebene zu vermeiden waumlre nur durch eine Kombination der derzeishy

tigen Regelung mit einem nachgelagerten Spitzausgleich auf der Landkreisebene moumlglich

Die Ausfuumlhrungen der Beschwerdefuumlhrerin uumlber die mittelbare Schattenwirkung gingen an

der Lebenswirklichkeit vorbei Bei einem Blick auf die Kreishaushalte werde angesichts der

starken Schwankungen in vielen Haushaltsbereichen schnell klar dass eine Verlagerung von

wenigen Tausend Euro bei der Bemessungsgrundlage der Kreisumlage eine voumlllig uninteshy

ressante Groumlszlige sei Ein Einfluss der Finanzkraftumlage auf die Kreisumlagefestsetzung sei

nicht ersichtlich Die finanzschwache Nachbargemeinde profitiere direkt von der Finanzkraftshy

umlage Die von der Beschwerdefuumlhrerin beschriebene mittelbare Schattenwirkung treffe

die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal Wenn im Zusammenshy

hang mit dem Finanzausgieich von armen und reichen Kommunen die Rede sei beziehe r

sich das uumlblicherweise auf die Moumlglichkeit zur Erzielung von Steuereinnahmen Es spiele

aber bei genauerer Betrachtung daruumlber hinaus eine Rolle ob diese Kommunen in einem

Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft laumlgen Der Landkreis mit niedriger Umlashy Igekraft werde in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlage erheben waumlhrend der

reiche Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlrigen Kommunen

I uumlblicherweise nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muumlsse Oe facto verfuumlgten also

die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verblieben Die nicht abunshy i danten Kommunen in dem reichen Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten l eventuell dadurch (minimal) belastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoshy l

ben werde um den Verlust des Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzshy

I

r ~

~

- 13shy

kraftumlage zu kompensieren ln dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saldo von

der Finanzkraftumlage profitierten erhoumlhe sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass

der Kreisumlagesatz (geringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Der Landtag hat sich nicht geaumluszligert

E n t s c h e i d u n g s g r uuml n d e

Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist zulaumlssig (1 ) jedoch nicht begruumlndet (2 )

1 Das Landesverfassungsgericht ist zur Entscheidung uumlber die kommunale Verfassungs~

beschwerde berufen (vgl dazu im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen LVerfG Urt v

31051994- LVG 293 - LVerfGE 2 227 245 f Urt v 31051994- LVG 194 - LVerfGE

2 273 289f Urt v 31051994- LVG 494- LVerfGE 2 323 334 f) Soweit eine Verletshy

zung des durch Art 2 Abs 3 und 87 LVerf garantierten Selbstverwaltungsrechts behauptet

wird handelt es sich um eine kommunale Verfassungsbeschwerde im Sinne des Art 75 Nr

7 LVerf und dersectsect 2 Nr 8 51 des Landesverfassungsgerichtsgesetzes in der Fassung vom

24092009- LVerfGG- (GVBI S 474) Diese Bestimmungen berechtigen die Kommunen

gegen Eingriffe in ihr Selbstverwaltungsrecht durch ein Landesgesetz das Landesverfasshy

sungsgericht anzurufen

Nach sect 51 Abs 1 LVerfGG koumlnnen Kommunen die Verfassungsbeschwerde mit der Behaupshy

tung erheben durch ein Landesgesetz in ihrem Recht auf Selbstverwaltung nach Art 2 Abs

3 und Art 87 LVerf verletzt zu sein Gemaumlszlig sect 57 Abs 2 LVerf gelten die sectsect 48 bis 50

LVerfGG entsprechend Nach sect 49 L VerfGG (hinsichtlich der Verfassungsbeschwerde gegen

ein Gesetz deckungsgleich mit sect 92 BVerfGG) sind in der Begruumlndung der Verfassungsbeshy

schwerde welche nach sect 16 Abs 1 S 2 LVerfGG erforderlich ist das Recht das verletzt

sein soll und die Gesetzesvorschrift durch die sich die Beschwerdefuumlhrerin unmittelbar vershy

letzt sieht zu bezeichnen Die Zulaumlssigkelt einer kommunalen Verfassungsbeschwerde geshy

gen ein Gesetz setzt voraus dass die Beschwerdefuumlhrerin selbst gegenwaumlrtig und unmittelshy

bar durch die angegriffenen Rechtsnormen in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt ist Die

angegriffenen Normen beschraumlnken unmittelbar und gegenwaumlrtig das Selbstverwaltungsshy

recht der Beschwerdefuumlhrerin ohne dass ein weiterer angreifbarer Umsetzungsakt notwenshy

dig wird Insoweit wird auch auf die Gruumlnde des Urteils des Gerichts vom 16022010- LVG

908- (LVerfGE 21 361 mwN) verwiesen

- 14shy

Die Verfassungsbeschwerde ist formgerecht und innerhalb der Jahresfrist der sectsect 51 Abs 2

48 LVerfGG erhoben worden

2 Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist nicht begruumlndetsect 12 Abs 3 FAG 2013 steht

im Einklang mit der in den Artt 2 Abs 3 87 und 88 L Verf naumlher ausgeformten Garantie der

kommunalen Selbstverwaltung

21 Bedenken gegen die formelle Rechtmaumlszligigkeit des FAG 2013 bestehen nicht Der Geshy

setzgeber hat keine Vorgaben des Gesetzgebungsverfahrens verletzt insbesondere traf ihn

keine Begruumlndungspflicht dafuumlr weshalb er eine Umlagenhoumlhe von 10 insect 12 Abs 3 FAG

2013 gewaumlhlt hat Aus den Vorschriften der Landesverfassung die das Gesetzgebungsvershy

fahren regeln (Artt 77 ff LVerf) ergibt sich keine Pflicht zur Begruumlndung von Gesetzen durch

den Landtag Nach sect 23 Abs 2 S 2 der Geschaumlftsordnung des Landtages von Sachsenshy

Anhalt muumlssen Gesetzesentwuumlrfe schriftlich begruumlndet sein Eine uumlber diese allgemeine Beshy

gruumlndungsnotwendigkeit hinausgehende Pflicht zur genauen Erlaumluterung des sect 12 Abs 3

FAG 2013 besteht nicht Eine besondere Darlegungslast des Gesetzgebers ergibt sich auch

nicht aus der speziellen Gesetzesmaterie des kommunalen Finanzausgleichs Der Gesetzshy

geber ist nicht gehalten die Gruumlnde fuumlr die Festlegung konkreter Betraumlge oder Verteilungsshy

kriterien im Einzelnen darzulegen Das Landesverfassungsgericht uumlberpruumlft das Finanzausshy

gleichsgesetz daher als Ergebnis eines Gesetzgebungsprozesses und nicht nur auf welshy

chem Weg der Gesetzgeber zu diesem Ergebnis gelangt ist (LVerfG Urt v 09102012shy

LVG 5710 - LVerfGE 23 315 333f) Der generellen Annahme einer in das Einzelne geshy

henden Begruumlndung bei jeder Gesetzgebung stehen im Uumlbrigen praktische Erwaumlgungen

entgegen So waumlre eine Abstimmung uumlber die Begruumlndung erforderlich um feststellen zu

koumlnnen ob die Mehrheit der Abgeordneten des Landtages diese Begruumlndung traumlgt

22 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt auch materiell-rechtlich nicht gegen die Landesshy

verfassung

221 Pruumlfungsmaszligstab ist die Selbstverwaltungsgarantie der Artt 2 Abs 3 87 und 88 L Verf

Seide Bestimmungen konkretisieren fuumlr das Land Sachsen-Anhalt die in Art 28 GG enthalshy

tene bundesverfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und haben

nach Zweck und Entstehungsgeschichte jedenfalls denselben Mindestgehalt wie Art 28 Abs

1 S 2 und 3 sowie Abs 2 GG Zum Selbstverwaltungsrecht der Kommunen gehoumlrt nach geshy

festigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG Beschl v 151 01985 shy

2 BvR 1808 1809 181082- BVerfGE 71 25 36 mwN) die Finanzhoheit der Kommunen

Sie umschlieszligt die eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft Die Verfasshy

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- 15 shy

sung des Landes Sachsen-Anhalt enthaumllt mit Art 87 Abs 3 einerseits und Art 88 anderershy

seits zwei selbstaumlndige Ausformungen der finanziellen Absicherung der Kommunen kraft deshy

rer das Land zum einen Bestimmungen uumlber die Deckung der Kosten treffen muss die den

Kommunen durch die Zuweisung von Pflichtaufgaben zur Erfuumlllung in eigener Verantwortung

und durch die Uumlbertragung von staatlichen Aufgaben zur Erfuumlllung nach Weisung entstehen

Zum anderen hat das Land dafuumlr zu sorgen dass die Kommunen uumlber Finanzmittel verfuumlshy

gen die zur angemessenen Erfuumlllung ihrer Aufgaben ausreichend sind Dabei ist die untershy

schiedliche Finanzkraft der Kommunen auf Grund eines Gesetzes angemessen auszugleishy

chen (Art 88 Abs 2 LVeri)

Als landesverfassungsrechtliche Garantie eines aufgabengerechten Finanzausgleichs weist

Art 88 LVerf dabei einen engen Bezug zu den bundesverfassungsrechtlichen Bestimmunshy

gen uumlber den Finanzausgleich auf welcher die Gemeinden unmittelbar einschlieszligt So steht

den Gemeinden ein bundesgesetzlich zu bestimmender Anteil an der Einkommen- und Umshy

satzsteuer (Art 106 Abs 5 5a GG) zu ferner die Ertragshoheit uumlber die Grund- und Gewershy

besteuer an deren Aufkommen aber Bund und Laumlnder durch eine Umlage beteiligt werden

sowie die Ertragshoheit uumlber die oumlrtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern sofern diese

nicht nach Maszliggabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbaumlnden zusteht (Art 1 06

Abs 6 GG) Wie der kommunale Finanzausgleich konkret ausgestaltet wird unterliegt der

Entscheidung des Landesgesetzgebers Ihm steht dabei angesichts desmiddot lneinandergreifens

von landesrechtliehen und grundgesetzliehen Finanzausgleichsvorschriften durch welche

den Gemeinden unmittelbar Steuerertraumlge zugewiesen werden sowie der Einbindung des

kommunalen Finanzausgleichs in die gesamte Haushaltswirtschaft und -planung des Landes

ein weiter Gestaltungsspielraum zu (LVerfG Urt v 16022010 aaO 361 374 mwN)

222 Im Rahmen dieses Gestaitungsspielraums hat der Landesgesetzgeber einen intershy

kommunalen horizontalen Finanzausgleich geschaffen der verfassungsrechtlich nicht zu beshy

anstanden ist

2221 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip unter dem Geshy

sichtpunkt des Verbots der echten Ruumlckwirkung soweit Steuereinnahmen aus dem Bereich

der Realsteuern des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer und des Gemeindeanteils

aus der Umsatzsteuer aus Vorvorjahreszeitraumlumen fuumlr die Berechnung der Finanzkraftumlashy

ge herangezogen werden

22211 Das Rechtsstaatsprinzip gehoumlrt zu den Vorschriften des Grundgesetzes und der

Landesverfassung die das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mit zu bestimshy

- 16 shy

men geeignet sind Es gehoumlrt damit auch zum Pruumlfungsmaszligstab der kommunalen Verfasshy

sungsbeschwerde Mit der Idee des Rechtsstaats ist der Gedanke der Dauerhaftigkeit und

Unverbruumlchlichkeil von Recht eng verbunden Der Rechtsgrundsatz der Rechtssicherheit

verlangt objektiv ein Mindestmaszlig an Kontinuitaumlt des Rechts vor allem fuumlr die Modalitaumlten

seiner Aumlnderung um die Verlaumlsslichkeit der Rechtsordnung zu erhalten Rechtssicherheit

bedeutet subjektiv in erster Linie Vertrauensschutz Es gibt aber kein schutzwuumlrdiges Vershy

trauen in den Fortbestand einer guumlnstigen Rechtslage Verfassungsrechtlich problematisch

sind Regeln die ruumlckwirkend belasten weil sie auf vergangene Sachverhalte Bezug nehshy

men

2 2212 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das grundsaumltzliche Verbot der echten

Ruumlckwirkung Eine echte Ruumlckwirkung liegt naumlmlich erst dann vor wenn (1) ein Gesetz

nachtraumlglich aumlndernd in abgewickelte der Vergangenheit angehoumlrende Tatbestaumlnde einshy

greift wenn also der von der Ruumlckwirkung betroffene Tatbestand in der Vergangenheit nicht

nur begonnen hat sondern bereits abgeschlossen war und (2) die tatbestandliehe Ruumlckanshy

knuumlpfung auch zu abgeschlossenen Rechtsfolgen vor der Verkuumlndung der gesetzlichen Reshy

gelung gefuumlhrt hat d h dass die Rechtsfolgen des neuen Gesetzes fuumlr einen vor der Vershy

kuumlndung liegenden Zeitpunkt auftreten sollen und nicht erst fuumlr die Zeit ab Verkuumlndung der

Norm (vgl Urt des LVerfG v 16022010 aaO 376 mwN) sect 12 Abs 3 FAG 2013 knuumlpft

bei der Bemessung der Finanzkraftumlage nachsect 29 FAG 2013 zwar an in der Vergangenshy

heit bereits abgeschlossene Tatbestaumlnde (Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren 2009

und 2010) an die Finanzkraftumlage wird erstmalig aber nach dem lnkrafttreten des FAG

2013 fuumlr die aktuelle Finanzkraft des Jahres 2013 erhoben die lediglich aus den Steuereinshy

nahmen der Jahre 2009 und 2010 ermittelt wird

222 i 3 Unabhaumlngig davon ob man das Anknuumlpfen bei der Berechnung der Finanzkraftumshy

lage an Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren vor der erstmaligen Erhebung der Umlashy

ge (in Sachsen-Anhalt an die Jahre 2009 bis 2012) als eine unechte Ruumlckwirkung bezeichnet

(so LVerfG MV Urt v 26012012 - 3310 - RdNr 107 juris) oder wie der Verfassungsgeshy J

richtshof des Freistaates Sachsen (Urt v 26082010- Vf 129-VIII-09 - RdNr 101 juris) I annimmt dass in dem Ruumlckgriff auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltnissen der Vorjahre

keine Ruumlckwirkung gegeben sei weil die Finanzkraftumlage die aktuelle Steuerkraft und die

der Vorjahre abschoumlpfen will kann das Anknuumlpfen an die vorvergangenen Jahre bei der Beshyf

rechnung der Finanzkraftumlage nicht als verfassungswidrig angesehen werden

IDabei ist zum einen zu beruumlcksichtigen dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfasshy 1

sungsgerichts im Beschluss vom 14051986 (2 Bvl 283 Absatz-Nr 92 juris) davon auszushy

- 17 shy

gehen ist dass eine Einordnung unter den Oberbegriff Ruumlckwirkung im weitesten Sinne

keinerlei verfassungsrechtliche Maszligstaumlbe aufzuzeigen vermag

Zum anderen besteht unter den Landesverfassungsgerichten Einigkeit daruumlber dass die Beshy

rechnung der Umlage anhand der Steuereinnahmen der vorvergangenen Jahre - unabhaumlnshy

gig davon ob man darin eine unechte Ruumlckwirkung sieht oder nicht- im Rahmen des Vershy

haumlltnismaumlszligigkeitsgrundsatzes unter dem Blickwinkel der Sachgerechtigkeit des gewaumlhlten

Maszligstabs und unter dem Gesichtpunkt des Vertrauensschutzes bewertet werden muss (vgl

SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO RdNrn 102 105 LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 106) Danach kann der Gesetzgeber auch dann wenn die Gesetzesaumlnderung

an sich verfassungsrechtlich zulaumlssig ist im Hinblick auf den Grundsatz der Verhaumlltnismaumlshy

szligigkeit verpflichtet sein eine angemessene Uumlbergangsregelung zu treffen Der Nachpruumlfung

durch das Landesverfassungsgericht unterliegt insoweit allerdings nur ob der Gesetzgeber

bei einer Gesamtabwaumlgung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der

Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gruumlnde unter Beruumlcksichtigung aller Umstaumlnde die

Grenze der Zumutbarkeit uumlberschritten hat (so auch LVerfG MV Urt v 26012012 aaO

RdNr 106 mwN)

Gegen die grundsaumltzliche Tauglichkeit des Maszligstabs bestehen keine Bedenken Hinter ihm

steht die Erwartung dass sich die Haushaltszahlen im aktuellen Jahr in etwa im Rahmen der

bekannten Daten entwickeln werden

Im Rahmen der gebotenen Abwaumlgung ist zu beruumlcksichtigen dass der Landesgesetzgeber

bereits 1999 und 2007 die Einfuumlhrung eines interkommunalen Finanzausgleichs fuumlr verfasshy

sungsrechtlich dringend geboten gehalten und 2010 nur deshalb zunaumlchst auf die Erhebung

der Umiage verzichtet hat weii er keine einfache Moumlglichkeit gesehen hatte die Vorgaben

des Landesverfassungsgerichts aus dem Urteil vom 16022010 umzusetzen Bereits in dem

am 13042011 geschlossenen Koalitionsvertrag haben die regierungsbildenden Koalitionaumlra

festgeschrieben dass das bestehende System des kommunalen Finanzausgleichs fuumlr das

Jahr 2012 fortgeschrieben werden solL lnfolge dieser Absicht sollte ein Gutachter auch eine

verfassungskonforme Loumlsung zur Erhebung einer Umlage zur Angleichung der Finanzkraft

zwischen armen und reichen Kommunen finden Bei dieser Sachlage kann nicht davon

ausgegangen werden dass die Kommunen vor der Wiedereinfuumlhrung der Finanzkraftumlage

im Jahre 2013 darauf vertrauen durften von einer solchen Abgabe verschont zu bleiben

Das Landesverfassungsgericht hat sowohl bereits in seinem Urteil vom 13062006 als auch

in seinem Urteil vom 16022010 ausgefuumlhrt dass eine interkommunale Finanzkraftumlage

- 18shy

grundsaumltzlich mit der Landesverfassung vereinbar ist nur nicht deren konkrete Ausgestalshy

tung durch das jeweilige FAG

Ferner ist zu beruumlcksichtigen dass ein allgemeiner Vertrauensschutz auf den Fortbestand

der bisherigen Strukturen des Finanzausgleichs grundsaumltzlich nicht besteht was auch einen

Schutz des Vertrauens auf die Nichteinfuumlhrung neuer finanzausgleichsrechtlicher Instrumenshy

te ausschlieszligt Die Garantie der Selbstverwaltung verleiht den Gemeinden keinen verfasshy

sungsrechtlichen Anspruch auf Beibehaltung einer einmal erreichten Struktur des Finanzshy

ausgleichs Vielmehr steht es dem Gesetzgeber frei veraumlnderte Rahmenbedingungen neue

Erkenntnisse und gewandelte Praumlferenzvorstellungen bei der jaumlhrlichen Regelung des komshy

munalen Finanzausgleichs zu beruumlcksichtigen (so auch LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 109 mwN SaumlchsVerfGH Urt v 28082010 aaO RdNL 1 05)

Etwas anderes folgt auch nicht daraus dass es den betroffenen Gemeinden im Jahre 2013

tatsaumlchlich nicht mehr moumlglich war fuumlr die vorvergangenen Jahre im Hinblick auf die Finanzshy

ausgleichsumlage Dispositionen zu treffen indem sie ihr Ausgabeverhalten geaumlndert oder

die Hebesaumltze insbesondere fuumlr die Gewerbesteuer an der Umlage ausgerichtet haumltten Der

Umstand dass bei der Berechnung der Umlagenhoumlhe auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltshy

nissen der vorvergangenen Vorjahre zuruumlckgegriffen wird aumlndert nichts daran dass die Reshy

gelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht die Steuerkraft der abgeschlossenen Vorjahre sonshy

dern die jeweils aktuelle Steuerkraft im Auge hat

Dass sowohl Zuweisungen des Landes als auch zu erhebende Umlagen nicht an das laushy

fende Steueraufkommen des aktuellen Jahres anknuumlpfen koumlnnen ist systemimmanent weil

verlaumlssliche Finanzdaten immer erst mit zeitlicher Verzoumlgerung feststehen Die damit notshy

wendig verbundenen Unschaumlrfen sind hinzunehmen insoweit kann fuumlr die Finanzkraftumiashy

ge nichts anderes gelten als z B fuumlr die Kreisumlage Der Gesetzgeber ist daher daran geshy

bunden das einmal gewaumlhlte System auch auf die Finanzkraftumlage anzuwenden (so

schon LVerfG Urt v 13062006 aaO S 475)

Eine theoretische Alternative waumlre zwar ein Finanzausgleichssystem das zunaumlchst mit

Schaumltzwerten fuumlr das laufende Jahr arbeitet die fortlaufend an die tatsaumlchlichen Daten anshy

gepasst werden Letztlich muumlsste dann zum Abschluss eine Spitzabrechnung durchgefuumlhrt

werden Eine verlaumlssliche Finanz- Ausgaben- und Haushaltswirtschaft der Gemeinden waumlre

damit allerdings praktisch kaum zu leisten (so auch SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO

RdNr 103 unter Hinweis auf BVerfG Urt v 24061986- 2 BvF 1 5 683 184 und 1 285

- BVerfGE 72 330 400)

19 shy

22214 Im Uumlbrigen ermoumlglichtsect 12 Abs 4 FAG 2013 in der zweijaumlhrigen Uumlbergangszeit in

der Steuereinnahmen aus der Zeit vor lnkrafttreten des Gesetzes in die Berechnung der Fishy

nanzkraft einflieszligen fuumlr den Fall dass die fuumlr die spaumltere Zahlung der Finanzkraftumlage

benoumltigten Betraumlge nicht sofort einer Ruumlckstellung zugefuumlhrt wurden eine Befreiung von der

Verpflichtung zur Zahlung der Finanzkraftumlage wenn es in einem nachfolgenden Jahr zu

einem Einbruch des Gewerbesteueraufkommens kommt die Kommune nicht uumlber ausreishy

chende Ruumlcklagen bzw freie liquide Mittel verfuumlgt und sie die Verpflichtung zur Abfuumlhrung

der Finanzkraftumlage vor Probleme stellt sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 verstoumlszligt

nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz Kernelement des Rechtsstaatsprinzips ist dass alshy

le materiellen Rechtsnormen mit Regelungsanspruch dem Rechtsunterworfenen gegenuumlber

diesem die Moumlglichkeit einraumlumen sein Verhalten auf die Rechtsnorm einzurichten Schon

nach allgemeinen rechtsstaatliehen Regeln verlangt der Bestimmtheitsgrundsatz gesetzliche

Tatbestaumlnde so praumlzise zu formulieren dass ein Normadressat sein Handeln kalkulieren

kann weil die Folgen der Regelung fuumlr ihn voraussehbar und berechenbar sind Dies bedeushy

tet zwar nicht dass die Norm uumlberhaupt keine Auslegungsprobleme aufwerfen darf Dem

Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genuumlgt wenn diese mit herkoumlmmlichen juristischen

Methoden bewaumlltigt werden koumlnnen Es muss auch verlangt werden dass der Gesetzgeber

wenigstens seinen Grundgedanken das Ziel seines gesetzgeberischen Wollens deutlich

macht Allen Bestimmtheitsanforderungen ist gemeinsam dass der Grad der Bestimmtheit

von den jeweiligen sachlichen Eigenarten des Regelungsgegenstandes abhaumlngt Stets sind

Rechtsvorschriften so genau zu fassen wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden leshy

benssachverhalte und mit Ruumlcksicht auf den Normzweck moumlglich ist (vgl Urt des l VerfG v

16022010 aaO 381 mwN)

sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 haumllt diesen Anforderungen stand Bei der Regelung

handelt es sich nicht um eine Ermessensvorschrift sondern um eine gebundene Entscheishy

dung mit unbestimmten Rechtsbegriffen auf der Tatbestandsebene Die in sect 17 Abs 1 FAG

2013 verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe auszligergewoumlhnliche Belastungen Notlage

und besondere Haumlrte lassen sich durch Auslegung soweit konkretisieren dass sie selbst

dem Bestimmtheitsgebot des Art 103 Abs 2 GG genuumlgen wuumlrden Den Begriff Notlage deshy

finiert sect 17 Abs 1 S 2 FAG 2013 indem es dort heiszligt Als Notlage gilt insbesondere der

Fall dass die Einnahmemoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren

Ausgabeverpflichtungen nicht ausreichen Der Begriff der auszligergewoumlhnlichen Belastung

ist ein im Steuer- und Sozialrecht (vgl zB sect 33 des Einkommensteuergesetzes - EStG shy

oder im Sozialrecht zB sect 27 Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung- SchwbAV)

verwendeter Begriff der durch den Bundesgesetzgeber und die Rechtsprechung hinreichend

- 20 shy

konkretisiert ist Eine auszligergewoumlhnliche Belastung ist dadurch gekennzeichnet dass einem

Pflichtigen immer dann wenn er zwangslaumlufig groumlszligere Aufwendungen als die uumlberwiegende

Mehrzahl der Pflichtigen gleicher Einkommensverhaumlltnisse und gleicher Vermoumlgensverhaumlltshy

nisse erbringen muss der Teibull der Aufwendungen ermaumlszligigt wird der die dem Pflichtigen

zurnutbare Belastung uumlbersteigt (sect 33 Abs 1 EStG) Aufwendungen erwachsen dem Pflichtishy

gen nur zwangslaumlufig wenn er sich ihnen aus rechtlichen tatsaumlchlichen oder sittlichen

Gruumlnden nicht entziehen kann Das ist der Fall wenn die Gruumlnde der Zwangslaumlufigkeit derart

von auszligen auf die Entschlieszligung des Pflichtigen einwirken dass er ihnen nicht ausweichen

kann er also tatsaumlchlich keine Entscheidungsfreiheit hat bestimmte Aufwendungen vorzushy

nehmen oder zu unterlassen Liegt eine maszliggeblich vom menschlichen Willen beeinflusste

Situation vor so handelt es sich dagegen um keine Zwangslage in diesem Sinne von sect 33

Abs 1 EStG (vgl BFH Urt v 17072014- VI R 4213- RdNr 13- juris) Auch der Begriff

der besonderen Haumlrte ist ein im Verwaltungs- und Sozialrecht insbesondere bei Billigkeitsshy

entscheidungen haumlufig verwendeter unbestimmter Rechtsbegriff der eine hinreichende Konshy

kretisierung durch die fachgerichtliche Rechtsprechung erfahren hat Der Begriff der besonshy

deren Haumlrte ist ein durch die Fachgerichte voll uumlberpruumlfbarer Rechtsbegriff (vgl BVerwG

Urt v 29031979- 2 C 1677 - Buchholz 2384 sect 46 SG Nr S 52) Durch Bestimmungen

die diesen Begriff verwenden sollen unzumutbare Belastungen vermieden werden Der Geshy

setzgeber fuumlhrt regelmaumlszligig eine Haumlrtevorschrift ein um von den Regelvorschriften nicht ershy

fassten Ausnahmefaumlllen und Grenzsituationen Rechnung tragen zu koumlnnen (vgl BVerwG

Urt v 11021977-6 C 10574- RdNr 28- juris)

Ob bei Anwendung der Befreiungsregelung dessect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 durch

die Exekutive den abundanten Gemeinden angesichts ihrer hohen Gewerbesteuershy

einnahmen in der Vergangenheit abverlangt werden kann ROcklagen aus vergangenen Jahshy

ren einzusetzen oder Kassenkredite aufzunehmen betrifft die Rechtsanwendung und ist von

der Fachgerichtsbarkeit zu klaumlren

2222 Soweit die Beschwerdefuumlhrerin unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Landesshy

verfassungsgerichts im Urteil vom 16022010 geltend macht die Finanzkraftumlage sei

deshalb verfassungswidrig weil sie auf der Landkreisebene bei nicht abundanten Landkreishy

sen durch die Heranziehung einer abundanten Gemeinde zur Finanzkraftumlage eine Schatshy

tenwirkung herbeifuumlhre die dazu fuumlhre dass im Ergebnis dieser Schattenwirkung die Fi-middot

nanzkraftumlage den nicht abundanten Landkreis treffe vermag sie damit die Verfassungsshy

widrigkeit von sect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht zu begruumlnden weil dieser Entscheidung ein anshy

ders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag

- 21 shy

ln sect 16 Abs 2 FAG 2007 war vorgesehen dass ab dem 01 01 2008 eine Kuumlrzung der Beshy

messungsgrundlage der Kreisumlage um die Finanzkraftumlage vorzunehmen war Der Geshy

setzgeber des FAG 2007 hatte dadurch eine Kuumlrzung der Steuerkraftmesszahl um die abzushy

fuumlhrende Finanzkraftumlage als Berechnungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage vorgenommen

Damit konnte fuumlr das Finanzausgleichsmodell das dem FAG 2007 zugrunde lag die Kreisshy

umlagebelastung fuumlr die von der Finanzkraftumlage belasteten Gemeinden spuumlrbar verrinshy

gert werden Um den Eingriff in das Kreisumlagegefuumlge des betroffenen Landkreises abzushy

mildern hatte der Gesetzgeber den Abzug der Finanzkraftumlage zugleich bei der Ermittlung

der Umlagekraftmesszahl der Landkreise (sect 9 FAG 2007) zu beruumlcksichtigen Damit verminshy

derte sich nicht nur die Steuerkraftmesszahl als Bemessungsgrundlage der Kre isumlage

sondern auch als Bemessungsgrundlage fuumlr die Houmlhe der allgemeinen Zuwendungen fuumlr die

Landkreise Dies fuumlhrte dazu dass die Landkreise mit abundanten Gemeinden die wegen

einer houmlheren Umlagekraft an sich weniger allgemeine Zuweisungen erhielten mehr erhielshy

ten Da das Land den Betrag der allgemeinen Zuweisungen an die Landkreise allerdings unshy

veraumlndertmiddot belassen hatte fuumlhrte dies aber dazu dass die anderen Landkreise ohne abunshy

dante Gemeinden weniger allgemeine Zuweisungen erhielten Nur diese Regelung des sect 16

Abs 2 FAG 2007 hat das Landesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 16022010 als eishy

nen verfassungswidrigen Eingriff des Landesgesetzgebers in die Finanzhoheit der Landkreishy

se angesehen Auch die weiteren Ausfuumlhrungen des Landesverfassungsgerichts im Urteil

vom 16022010 beziehen sich auf die beanstandete Regelung dessect 16 Abs 2 FAG 2007

Mit sect 12 FAG 2013 hat der Gesetzgeber ein neues Modell fuumlr die Erhebung der Finanzshy

kraftumlage eingefuumlhrt Dieses Modell stellt sich wie folgt dar Der Gesetzgeber hat das Moshy

dell der sog Abundanzumlage (sect 19a FAG 2005 FAG 2007) bei der eine normierte Steuershy

kraft mit einem normierten Bedarf verglichen wird und fuumlr den Fall dass die Steuerkraft den

Bedarf uumlbersteigt (Abundanz) die Moumlglichkeit eines Zugriffs auf einen gewissen Prozentsatz

des abundanten Teils besteht aufgegeben und nunmehr den Finanzausgleich unter den

steuerstarken und steuerschwachen kreisangehoumlrigen Gemeinden nach einem anderen Moshy

dell vorgenommen das nicht nur die beschriebene uumlberschieszligende Steuerkraft fuumlr die Beshy

rechnung der Umlage heranzieht sondern in Anlehnung an eine entsprechende Regelung in

Baden-Wuumlrttemberg eine breitere Bemessungsgrundlage waumlhlt

Gemaumlszlig sect 12 Abs 2 S 4 und 5 FAG 2013 wird nunmehr fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden

ein Ausgleichsverfahren als Rechenschritt bei der Ermittlung der endguumlltigen Schluumlsselshy

zuweisung durchgefuumlhrt Dabei wird die Schluumlsselzuweisung A mit beruumlcksichtigt Bei der

Schluumlsselzuweisung A wird nach sect 12 Abs 2 S 5 FAG 2013 allen kreisangehoumlrigen Geshy

meinden deren Steuerkraft je Einwohner 80 vH des Durchschnitts aller Gemeinden untershy

- 22shy

schreitet die Differenz der eigenen Steuerkraft zu 80 vH der durchschnittlichen Steuerkraft

zu 80 vH ausgeglichen Diese Schluumlsselzuweisung bewirkt eine dem Finanzausgleich der

Regelungen des FAG 2005 und des FAG 2007 noch unbekannte Verlagerung unter allen

Zuweisungsempfaumlngern also allen nicht abundanten Gemeinden zugunsten der steuershy

schwachen Gemeinden und zurasten der mehr steuerstarken Gemeinden Die abundanten

Gemeinden die keine Zuweisungsempfaumlnger sind werden hierdurch noch nicht belagttet Ihshy

re Belastung erfolgt erst durch die Regelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 Danach zahlen alie

kreisangehoumlrigen Gemeinden also sowohl die Zuweisungsempfaumlnger als auch die abundanshy

ten Gemeinden eine Umlage von 10 vH der Summe aus der Steuerkraftmesszahl fuumlr Geshy

meinden gemaumlszligsect 14 FAG 2013 und den Schluumlsselzuweisungen A und B also ihrer gesamshy

ten Finanzkraft Uumlber sect 14 Abs 3 Nr 2 FAG 2013 geraten ua die Gewerbeshy

steuereinnahmen der abundanten Gemeinden in Houmlhe von 10 vH in diesen Finanzkraftumshy

lagetopf Dieser Umlagetopf erhoumlht gem sect 12 Abs 3 S 2 FAG 2013 die Finanzmasse fuumlr die

Schluumlsselzuweisung B

Diese veraumlnderte Schluumlsselzuweisung B wird dann nach der Regelung des sect 12 Abs 2 S 6

FAG auf die Schluumlsselzuweisungsempfaumlnger umgelegt Gemaumlszlig sect 19 Abs 2 FAG flieszligt die

zuletzt genannte Schluumlsselzuweisung an die kreisangehoumlrigen Gemeinden zwar in die Kreisshy

umlagenberechnung ein Da sich die Bemessung der Kreisumlage aus der Steuerkraft und

den Schluumlsselzuweisungen fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden zusammensetzt wird die

Finanzkraftumlage somit auch zum Abzugsposten bei der Bemessungsgrundlage der Kreisshy

umlage Diese Einbeziehung der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Finanzkraftshy

umlage in die Kreisumlagenberechnung stellt indes keinen Eingriff in die ebenfalls verfasshy

sungsrechtlich geschuumltzte Finanzhoheit der Landkreise dar

Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumiage unterscheidet sich im Hinblick auf die Ebeshy

nentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren vom Landesverfassungsgericht beanstandeten

Finanzkraftumlage Letztere floss dem Ausgleichsstock zu so dass sie den Landkreisen als

Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgesamt verloren ging Demgegenuumlber wird

durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgeshy

samt nicht geschmaumllert

Das Landesverfassungsgericht hat weder heute noch hatte es im Urteil vom 16022010 Beshy

denken dagegen dass uumlber die vorgelagerten Regelungen zur Bestimmung der Steuerkraftshy

messzahl und zur Festlegung der Schluumlsselzuweisungen der Gemeinden zugleich die Beshy

messungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage festgelegt wird Dass jede Aumlnderung der Finanzshy

ausstattung der kreisangehoumlrigen Gemeinden zwangslaumlufig auch zu Verlagerungen bei der

- 23shy

Finanzausstattung der Landkreise fuumlhrt verstoumlszligt als solches nicht gegen die Landesverfasshy

sung Dies gilt auch fuumlr die neu eingefuumlhrte Vorabverteilung der Schluumlsselmasse A zugunsshy

ten der finanzschwachen Kommunen Sie fuumlhrt zu keinen Veraumlnderungen bei der Gesamtshy

summe der Umlagekraftmesszahlen der Landkreise hat aber Verschiebungen zwischen den

einzelnen Landkreisen zur Folge Die jetzige gesetzliche Regelung stellt sicher dass die jeshy

weiligen Gesamtsummen der beiden Komponenten der Finanzausstattung der Landkreise

durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnderung erfahren Der Gesamtbemessungsgrundiashy

ge fuumlr die Kreisumlage werden durch die Verschiebungen zwischen den Kommunen keine

Betraumlge entzogen Da es keine abundanten Landkreise gibt ergeben sich auch keine Ausshy

wirkungen auf die Gesamthoumlhe der Schluumlsselzuweisungen die die Landkreise vom Land ershy

halten

Waumlhrend die Gesamtausstattung der Landkreise durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnshy

derung erfaumlhrt ergeben sich - dies raumlumt die Landesregierung selber ein - allerdings gerinshy

ge Verlagerungseffekte zwischen den einzelnen Landkreisen Diese Verlagerungseffekte

sind indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

Den Anspruch auf angemessene Finanzausstattung der Landkreise darf der Gesetzgeber

einschraumlnken soweit andere Interessen von Verfassungsrang dies rechtfertigen Nicht nur

der horizontale gemeindliche sondern auch der uumlbergemeindliche Finanzausgleich ist von

dem Grundsatz der interkommunalen Solidaritaumlt gepraumlgt (LVerfG Urt v 13062006-705shy

LVerfGE 17 410 429 NdsStGH NdsVBL 2001 184 188) Der Gedanke der interkommushy

nalen Solidaritaumlt umfasst - wie die Kreisumlage zeigt - auch die ausgleichenden Finanzshy

stroumlme zwischen der Gemeinde- und Kreisebene (vgL auch SaumlchsVerfG Urt v 29012010

- Vf 25-VIII-09 - RdNr 119 - juris unter Hinweis auf BVerfG Beschl v 07021991

- 2 BvL 2484 - BVerfGE 83 363 391f LVerfG MV Urt v 26012012- 1810 - RdNr

81) Haumltte der Gesetzgeber eine Verschiebung von finanzstarken zu finanzschwachen Landshy

kreisen mit einer eigenstaumlndigen Ausgleichsregelung herbeigefuumlhrt waumlre dies durch Art 88

ALs 2 S 1 LVerf gedeckt Nichts anderes gilt wenn derselbe Effekt mittelbar durch die vershy

fassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung zum Finanzkraftausgleich der Gemeinshy

den erreicht wird Der Ebene des einzelnen Landkreises steht dem Vertust an Bemessungsshy

grundlage durch die negative Schluumlsselzuweisung der abundanten Gemeinden (sofern keine

Befreiungen erteilt wurden) jeweils ein Gewinn an Bemessungsgrundlage durch die Erhoumlshy

hung der Schluumlsselzuweisung der uumlbrigen Gemeinden gegenuumlber Je nachdem welcher Efshy

fekt uumlberwiegt erhoumlhen oder vermindern sich die Einnahmen der jeweiligen Landkreise aus

der Kreisumlage durch die Finanzkraftumlage geringfuumlgig Diese Aumlnderung bei dem Aufshy

kommen an Kreisumlage ist aber nicht gleichzusetzen mit der Aumlnderung der Finanzkraft der

- 24shy

Landkreise Da es keine abundanten Landkreise gibt bekommen saumlmtliche Landkreise

Schluumlsselzuweisungen vom Land Der nicht bereits durch die Kreisumlage ausgeglichene

Finanzbedarf der Landkreise wird im Jahr 2013 zu 80 in den Folgejahren zu 90 ausgeshy

glichen Dieser Mechanismus bewirkt dass auch der noch nicht kompensierte Verlust an

Bemessungsgrundlage durch abundante Gemeinden zu 90 (bzw 2013 zu 80 ) ausgeshy

glichen wird Oie verbleibenden Differenzbetraumlge sind wirtschaftlich unbedeutend und vershy

fassungsrechtlich hinzunehmen (vgl auch LVerfG MV Urt v 2601 2012 - 3310 - RdNr

79- juris)

2223 Eine verfassungswidrige Schattenwirkung fuumlr weitere benachbarte kreisangehoumlrige

und nicht abundante Gemeinden laumlsst sich ebenfalls nicht feststellen Die finanzschwache

Nachbargemeinde profitiert direkt von der Finanzkraftumlage Die von der Beschwerdefuumlhreshy

rin beschriebene mittelbare Schattenwirkung durch die Moumlglichkeit einer Erhoumlhung der

Kreisumlage betrifft die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal und

muss daruumlber hinaus auch differenziert betrachtet werden Es besteht ein Unterschied ob

eine solche Kommune in einem Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft liegt Der

Landkreis mit niedriger Umlagekraft wird in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlashy

ge erheben waumlhrend der Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlshy

rigen Kommunen nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muss De facto verfuumlgen alshy

so die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verbleiben Die Finanzkraftshy

umlage mildert diesen Effekt unter Umstaumlnden geringfuumlgig ab Die nicht abundanten Komshy

munen in dem Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten eventuell dadurch beshy

lastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoben wuumlrde um den Verlust des

Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzkraftumlage zu kompensieren ln

dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saido von der Finanzkraftumlage profitiershy

ten erhoumlht sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass der Kreisumlagesatz sogar (geshy

ringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Daruumlber hinaus besteht eine Solidaritaumltsverpflichtung der Kreise gegenuumlber den kreisangeshy

houmlrigen Gemeinden die diese vor einer unangemessenen Erhoumlhung der Kreisumlage

schuumltzt (vgl Faber in HennekePuumlnderWaldhoff Recht der Kommunalfinanzen 2006 sect 34

RdNr 50)

3 Die Kostenentscheidung beruht auf sect 32 LVerfGG Gerichtskosten werden nicht erhoben

(Absatz 1) Gruumlnde fuumlr die Anordnung der Erstattung der notwendigen Auslagen der erfolglos

gebliebenen Beschwerdefuumlhrerin sind nicht ersichtlich (Abs 2 und 3)

- 25 shy

Dr Zettel GemmerSchubert Bergmann

Prof Or Kluth StallFranzkowiak

Page 9: URTEIL - Landesportal Sachsen-Anhalt

-9shy

gerichts fuumlhre diese Schattenwirkung zu einer Verletzung der Finanzhoheit der Landkreise

Dabei gehe es um das Prinzip auf die konkrete Houmlhe und das Ausmaszlig der Beeintraumlchtigung

komme es nicht an

Die Beschwerdefuumlhrerin beantragt

sect 12 Abs 3 des Gesetzes zur Abloumlsung des Finanzausgleichsgesetzes und zur

Aumlnderung weiterer Gesetze vom 18122012 (GVBL S 641) wegen Unvereinbarshy

keit mit Art 2 Abs 3 i V m Art 87 Abs 1 der Verfassung des Landes Sachsenshy

Anhalt fuumlr nichtig hilfsweise fuumlr verfassungswidrig zu erklaumlren

Mit Schriftsatz vom 11032014 hat die Landesregierung zu der Verfassungsbeschwerde

Stellung genommen Sie haumllt die Verfassungsbeschwerde fuumlr unbegruumlndet und ervridert auf

das Vorbringen der Beschwerdefuumlhrerin im Einzelnen

Es liege kein Fall einer unzulaumlssigen Ruumlckwirkung vor Ein Fall grundsaumltzlich unzulaumlssiger

echter Ruumlckwirkung liege nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vor

wenn eine Norm nachtraumlglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt aumlndernd eingreife Dies

sei insbesondere der Fall wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem

Zeitpunkt ihrer Verkuumlndung fuumlr bereits abgeschlossene Tatbestaumlnde gelten solle Dies treffe

hier nicht zu Die jetzige Situation sei die gleiche wie sie der -Entscheidung

zugrunde gelegen habe naumlmlich so wie die erstmalige Einfuumlhrung der Umlage zu beurteilen

sei wenn sie in den Jahren nach lnkrafttreten des Gesetzes erhoben werde und ihr die geshy

setzlich definierte und normierte Finanzkraft der Jahre vor lnkrafttreten des Gesetzes

zugrunde gelegt werde diese Finanzkraft aber nicht durch eine Erhebung in Echtzeit ermitshy

telt werde sondern unter Ruumlckgriff auf statistische Werte aus der Zelt vor lnkrafttreten des

Gesetzes in der --Entscheidung vom 13062006 habe das Landesverfassungsgeshy

richt eine echte Ruumlckwirkung der Ersteinfuumlhrung der Finanzkraftumlage verneint Es liege

auch keine unechte Ruumlckwirkung vor denn es seien keine Vertrauenstatbestaumlnde aufgrund

einer fruumlheren Regelung ersichtlich welche bereits haumltten ins Werk gesetzt sein koumlnnen weil

die Finanzkraftumlage erstmals in das Finanzausgleichsgesetz eingefuumlgt worden sei Dafuumlr

sei es unerheblich dass der Gesetzgeber fuumlr die Berechnung auf Grundsaumltze Bezug nehme

die fuumlr einen anderen Sachverhalt (allgemeine Zuweisungen jetzt Schluumlsselzuweisungen)

gelten wuumlrden und die er dort mit Wirkung fuumlr die Zukunft geaumlndert habe Der Saumlchsische

Verfassungsgerichtshof sei in seinem Urteil vom 26082010 hinsichtlich der Verfassungsshy

maumlszligigkeit der Einfuumlhrung einer Finanzkraftumlage unter Berechnung der Umlage aus den

Haushaltsdaten der Vergangenheit zu Recht davon ausgegangen dass darin weder ein Fall

von echter noch von unechter Ruumlckwirkung liege Mit der Berechnung der Umlage anhand

- 10 shy

der Steuereinnahmen vergangener Zeitraumlume gehe kein unzulaumlssiger Zugriff auf in der Vershy

gangenheit ihren Anfang nehmende oder gar beendete Lebenssachverhalte einher Den Anshy

knuumlpfungspunkt fuumlr die Erhebung der Finanzkraftumlage und damit den fuumlr eine Pruumlfung am

Vertrauensschutzprinzip maszliggeblichen Lebenssachverhalt bilde allein ein Uumlberschuss der

gemeindlichen Steuerkraft im aktuellen Haushaltsjahr Eine mit dem Vertrauensschutzprinzip

moumlglicherweise in Konflikt geratende Ruumlckwirkung laumlge allein dann vor wenn mit der Umlashy

ge eine uumlberschieszligende Finanzkraft vergangener Zeitraumlume abgeschoumlpft werden sollte also

gerade hierin die innere Rechtfertigung fuumlr die Belastung der Gemeinden zu erblicken waumlre

Diese Ausfuumlhrungen zum Saumlchsischen Finazausgleichsgesetz seien auch auf das FAG 2013

uumlbertragbar Fuumlr einen gesetzgabarischen Willen mit der Umlage eine uumlberschieszligende Fishy

nanzkraft vergangener Zeitraumlume abschoumlpfen zu wollen gebe es in den Gesetzesmaterialien

des FAG 2013 keine Anhaltspunkte Daruumlber hinaus schlieszlige sich die Landesregierung der

weiteren Argumentation des Saumlchsischen Verfassungsgerichtshofs an wonach gegen die

grundsaumltzliche Tauglichkeit des Maszligstabes zur Bemessung der Umlage keine Bedenken beshy

stuumlnden Hinter ihm stehe die Erwartung dass sich die Haushaltszahlen im aktuellen Jahr in

etwa im Rahmen der bekannten Daten entwickeln wuumlrden Wenn auch zeitlich verzoumlgert

wuumlrden die Annahmen immer wieder an die tatsaumlchlichen Haushaltsdaten angepasst Die

damit notwendig verbundenen Unschaumlrfen seien hinzunehmen Bei einer alternativ denkbashy

ren zunaumlchst vorlaumlufigen Ermittlung der Umlageschuld verbunden mit einem endguumlltigen

Festsetzungsverfahren bei Vorliegen der relevanten Haushaltsdaten waumlre eine verlaumlssliche

Finanz- Ausgaben- und Haushaltswirtschaft der Gemeinden praktisch kaum zu leisten Aus

dem Vertrauensschutzprinzip ergebe sich weder die Verpflichtung des Gesetzgebers Invesshy

titionen der Gemeinden zur Erzielung von Gewerbesteuern zu beruumlcksichtigen noch die

Notwendigkeit wegen fehlender zeitlicher Moumlglichkeiten fuumlr die Umlageschuld Vorsorge zu

treffen oder besondere Uumlbergangsregelungen zu schaffen Das Vertrauensschutzprinzip steshy

he Aumlnderungen des Systems des Finanzausgieichs nicht grundsaumltziich entgegen Es verianshy

ge lediglich eine Ruumlcksichtnahme auf gemeindliche Entscheidungen die in schutzwuumlrdigem

Vertrauen auf eine bestimmte Entwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen getroffen

worden seien Die Schutzwuumlrdigkeit folge dabei aus einem durch den Gesetzgeber geschafshy

fenen Vertrauenstatbestand Fuumlr eine Schutzwuumlrdigkeit der Hoffnung der Beschwerdefuumlhreshy

rin uumlber ihr Gewerbesteueraufkommen auch zukuumlnftig allein zu verfuumlgen sei nichts ersichtshy

lich Aus dem nach dem Soumlssen II Urteil erklaumlrten Verzicht eine Finanzkraftumlage fuumlr die

Vergangenheit zu erheben haumltten die Kommunen nicht schlieszligen koumlnnen dass dies auch

fuumlr die Zukunft gelten werde

Dass sowohl Zuweisungen des Landes als auch zu erhebende Umlagen nicht an das laushy

fende Steueraufkommen des aktuellen Jahres anknuumlpfen koumlnnen sei systemimmanent weil

- II shy

verlaumlssliche Finanzdaten immer erst mit zeitlicher Verzoumlgerung feststaumlnden Insoweit koumlnne

fuumlr die Finanzkraftumlage nichts anderes gelten als zB fuumlr die Kreisumlage Der Gesetzgeshy

ber sei daher daran gebunden das einmal gewaumlhlte System auch auf die Finanzkraftumlage

anzuwenden Eine theoretische Alternative waumlre ein Finanzausgteichssystem das zunaumlchst

mit Schaumltzwerten fuumlr das laufende Jahr arbeite die fortlaufend an die tatsaumlchlichen Daten

angepasst wuumlrden Letztlich muumlsste dann zum Abschluss eine Spitzabrechnung durchgeshy

fuumlhrt werden Es bestehe jedoch Einigkeit daruumlber dass dies zum einen vom Verwaitungsshy

aufwand her nicht zu bewaumlltigen waumlre zum anderen der Nachteil in Gestalt der Planungsunshy

sicherheit bei den Kommunen den Vorteil der etwas groumlszligeren Gerechtigkeit weit uumlberwiegen

wuumlrde Daher sei allen Finanzausgleichssystemen der Bundeslaumlnder gemeinsam dass fuumlr

das laufende Jahr Zahlen verwendet wuumlrden die mittels prognostischer Annahmen aus den

Werten vergangener Jahre abgeleitet wuumlrden Die Anknuumlpfung an die Daten des vorverganshy

genen Jahres liege der Berechnung des Finanzausgleichs insgesamt zu Grunde nicht nur

der Berechnung der Finanzkraftumlage Durch den Uumlbergang vom kameralen zum doppishy

schen Buchungsstil der inzwischen bei fast allen Kommunen abgeschlossen sei habe sich

im Uumlbrigen das Problem der zeitlichen Verschiebung zwischen Abundanz und Zahlung der

Umlage weitgehend erledigt

Den berechtigten Interessen der zahlungspflichtigen Kommunen dabei nicht uumlberfordert zu

werden trage die Befreiungsvorschrift hinreichend Rechnung Dass im Rahmen der Pruumlfung

der Befreiungen den Antragstellern wie der Beschwerdefuumlhrerin zugemutet werde eigene

Ruumlcklagen zum Zweck der Zahlung der Finanzkraftumlage einzusetzen sei derzeit Gegensshy

tand einer verwaltungsgerichtlichen Uumlberpruumlfung Ob das Gebot des Haushaltsausgleichs

Vorrang vor anderen Verwendungsabsichten der Ruumlcklagen habe sei eine fachgerichtlich zu

beantwortende Frage Fuumlr die jetzige Gesetzesfassung einer Befreiungsklausel wuumlrden die

aUgemeinen Bestimmtheitsanforderungen gelten Diesen werde sect 12 Abs 4 i V m sect 17

FAG 2013 zweifelsohne gerecht Soweit die Kernnorm der Gewaumlhrung von Leistungen aus

dem Ausgleichsstock naumlmlich der in sect 17 Abs 1 S 2 FAG geregelte Fall dass die Einnahshy

memoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren Ausgabeverpflichtungen

nicht ausreichten in Bezug genommen werde sei aufgrund einer langjaumlhrigen Klaumlrung durch

Behoumlrdenpraxis und die Rechtsprechung der Gerichte an der Bestimmtheit nicht zu zweifeln

Dass daruumlber hinaus die weiter gefassten Anwendungsfaumllle des sect 17 FAG von der Verweishy

sung erfasst wuumlrden belaste die Beschwerdefuumlhrerin nicht

Die jetzige Regelung der Finanzkraftabgabe greife nicht unzulaumlssig in die Finanzhoheit der

Landkreise ein Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumlage unterscheide sich im Hinshy

blick auf die Ebenentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren Finanzkraftumlage Bei der fruumlshy

- 12 shy

heren Regelung sei die Finanzkraftumlage dem Ausgleichsstock zugeflossen so dass sie

den Landkreisen als Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage verloren gegangen sei

Demgegenuumlber werde durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die

Kreisumlage insgesamt nicht geschmaumllert Es koumlnnte nur darum gehen inwieweit minimale

Verlagerungen der Bemessungsgrundlage von den finanzstarken zu den finanzschwaumlcheren

Landkreisen mit der Landesverfassung vereinbar seien Die Finanzkraftumlage fuumlhre innershy

halb eines Landkreises zu einer verminderten Umlagekraft der abundanten Gemeinden ershy

houmlhe aber die Umlagekraft der Empfaumlnger der Umlage Innerhalb eines Landkreises komshy

pensierten sich diese Gewinne und Verluste bei Bemessungsgrundlage weitgehend Aus

diesen Gruumlnden habe es der Landesgesetzgeber fuumlr kontraproduktiv gehalien diesen ershy

wuumlnschten Effekt durch einen nachgelagerten Spitzausgleich unter den Landkreisen zu beshy

seitigen Im Rahmen der Erarbeitung des Gesetzentwurfes habe auch eine Finanzkraftumlashy

ge zwischen den Landkreisen lange zur Diskussion gestanden Diese Loumlsung sei allerdings

verworfen worden Eine Stoumlrung der Belastungsgerechtigkeit auf Gemeindeebene und eine

Schattenwirkung auf Kreisebene zu vermeiden waumlre nur durch eine Kombination der derzeishy

tigen Regelung mit einem nachgelagerten Spitzausgleich auf der Landkreisebene moumlglich

Die Ausfuumlhrungen der Beschwerdefuumlhrerin uumlber die mittelbare Schattenwirkung gingen an

der Lebenswirklichkeit vorbei Bei einem Blick auf die Kreishaushalte werde angesichts der

starken Schwankungen in vielen Haushaltsbereichen schnell klar dass eine Verlagerung von

wenigen Tausend Euro bei der Bemessungsgrundlage der Kreisumlage eine voumlllig uninteshy

ressante Groumlszlige sei Ein Einfluss der Finanzkraftumlage auf die Kreisumlagefestsetzung sei

nicht ersichtlich Die finanzschwache Nachbargemeinde profitiere direkt von der Finanzkraftshy

umlage Die von der Beschwerdefuumlhrerin beschriebene mittelbare Schattenwirkung treffe

die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal Wenn im Zusammenshy

hang mit dem Finanzausgieich von armen und reichen Kommunen die Rede sei beziehe r

sich das uumlblicherweise auf die Moumlglichkeit zur Erzielung von Steuereinnahmen Es spiele

aber bei genauerer Betrachtung daruumlber hinaus eine Rolle ob diese Kommunen in einem

Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft laumlgen Der Landkreis mit niedriger Umlashy Igekraft werde in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlage erheben waumlhrend der

reiche Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlrigen Kommunen

I uumlblicherweise nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muumlsse Oe facto verfuumlgten also

die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verblieben Die nicht abunshy i danten Kommunen in dem reichen Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten l eventuell dadurch (minimal) belastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoshy l

ben werde um den Verlust des Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzshy

I

r ~

~

- 13shy

kraftumlage zu kompensieren ln dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saldo von

der Finanzkraftumlage profitierten erhoumlhe sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass

der Kreisumlagesatz (geringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Der Landtag hat sich nicht geaumluszligert

E n t s c h e i d u n g s g r uuml n d e

Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist zulaumlssig (1 ) jedoch nicht begruumlndet (2 )

1 Das Landesverfassungsgericht ist zur Entscheidung uumlber die kommunale Verfassungs~

beschwerde berufen (vgl dazu im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen LVerfG Urt v

31051994- LVG 293 - LVerfGE 2 227 245 f Urt v 31051994- LVG 194 - LVerfGE

2 273 289f Urt v 31051994- LVG 494- LVerfGE 2 323 334 f) Soweit eine Verletshy

zung des durch Art 2 Abs 3 und 87 LVerf garantierten Selbstverwaltungsrechts behauptet

wird handelt es sich um eine kommunale Verfassungsbeschwerde im Sinne des Art 75 Nr

7 LVerf und dersectsect 2 Nr 8 51 des Landesverfassungsgerichtsgesetzes in der Fassung vom

24092009- LVerfGG- (GVBI S 474) Diese Bestimmungen berechtigen die Kommunen

gegen Eingriffe in ihr Selbstverwaltungsrecht durch ein Landesgesetz das Landesverfasshy

sungsgericht anzurufen

Nach sect 51 Abs 1 LVerfGG koumlnnen Kommunen die Verfassungsbeschwerde mit der Behaupshy

tung erheben durch ein Landesgesetz in ihrem Recht auf Selbstverwaltung nach Art 2 Abs

3 und Art 87 LVerf verletzt zu sein Gemaumlszlig sect 57 Abs 2 LVerf gelten die sectsect 48 bis 50

LVerfGG entsprechend Nach sect 49 L VerfGG (hinsichtlich der Verfassungsbeschwerde gegen

ein Gesetz deckungsgleich mit sect 92 BVerfGG) sind in der Begruumlndung der Verfassungsbeshy

schwerde welche nach sect 16 Abs 1 S 2 LVerfGG erforderlich ist das Recht das verletzt

sein soll und die Gesetzesvorschrift durch die sich die Beschwerdefuumlhrerin unmittelbar vershy

letzt sieht zu bezeichnen Die Zulaumlssigkelt einer kommunalen Verfassungsbeschwerde geshy

gen ein Gesetz setzt voraus dass die Beschwerdefuumlhrerin selbst gegenwaumlrtig und unmittelshy

bar durch die angegriffenen Rechtsnormen in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt ist Die

angegriffenen Normen beschraumlnken unmittelbar und gegenwaumlrtig das Selbstverwaltungsshy

recht der Beschwerdefuumlhrerin ohne dass ein weiterer angreifbarer Umsetzungsakt notwenshy

dig wird Insoweit wird auch auf die Gruumlnde des Urteils des Gerichts vom 16022010- LVG

908- (LVerfGE 21 361 mwN) verwiesen

- 14shy

Die Verfassungsbeschwerde ist formgerecht und innerhalb der Jahresfrist der sectsect 51 Abs 2

48 LVerfGG erhoben worden

2 Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist nicht begruumlndetsect 12 Abs 3 FAG 2013 steht

im Einklang mit der in den Artt 2 Abs 3 87 und 88 L Verf naumlher ausgeformten Garantie der

kommunalen Selbstverwaltung

21 Bedenken gegen die formelle Rechtmaumlszligigkeit des FAG 2013 bestehen nicht Der Geshy

setzgeber hat keine Vorgaben des Gesetzgebungsverfahrens verletzt insbesondere traf ihn

keine Begruumlndungspflicht dafuumlr weshalb er eine Umlagenhoumlhe von 10 insect 12 Abs 3 FAG

2013 gewaumlhlt hat Aus den Vorschriften der Landesverfassung die das Gesetzgebungsvershy

fahren regeln (Artt 77 ff LVerf) ergibt sich keine Pflicht zur Begruumlndung von Gesetzen durch

den Landtag Nach sect 23 Abs 2 S 2 der Geschaumlftsordnung des Landtages von Sachsenshy

Anhalt muumlssen Gesetzesentwuumlrfe schriftlich begruumlndet sein Eine uumlber diese allgemeine Beshy

gruumlndungsnotwendigkeit hinausgehende Pflicht zur genauen Erlaumluterung des sect 12 Abs 3

FAG 2013 besteht nicht Eine besondere Darlegungslast des Gesetzgebers ergibt sich auch

nicht aus der speziellen Gesetzesmaterie des kommunalen Finanzausgleichs Der Gesetzshy

geber ist nicht gehalten die Gruumlnde fuumlr die Festlegung konkreter Betraumlge oder Verteilungsshy

kriterien im Einzelnen darzulegen Das Landesverfassungsgericht uumlberpruumlft das Finanzausshy

gleichsgesetz daher als Ergebnis eines Gesetzgebungsprozesses und nicht nur auf welshy

chem Weg der Gesetzgeber zu diesem Ergebnis gelangt ist (LVerfG Urt v 09102012shy

LVG 5710 - LVerfGE 23 315 333f) Der generellen Annahme einer in das Einzelne geshy

henden Begruumlndung bei jeder Gesetzgebung stehen im Uumlbrigen praktische Erwaumlgungen

entgegen So waumlre eine Abstimmung uumlber die Begruumlndung erforderlich um feststellen zu

koumlnnen ob die Mehrheit der Abgeordneten des Landtages diese Begruumlndung traumlgt

22 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt auch materiell-rechtlich nicht gegen die Landesshy

verfassung

221 Pruumlfungsmaszligstab ist die Selbstverwaltungsgarantie der Artt 2 Abs 3 87 und 88 L Verf

Seide Bestimmungen konkretisieren fuumlr das Land Sachsen-Anhalt die in Art 28 GG enthalshy

tene bundesverfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und haben

nach Zweck und Entstehungsgeschichte jedenfalls denselben Mindestgehalt wie Art 28 Abs

1 S 2 und 3 sowie Abs 2 GG Zum Selbstverwaltungsrecht der Kommunen gehoumlrt nach geshy

festigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG Beschl v 151 01985 shy

2 BvR 1808 1809 181082- BVerfGE 71 25 36 mwN) die Finanzhoheit der Kommunen

Sie umschlieszligt die eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft Die Verfasshy

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- 15 shy

sung des Landes Sachsen-Anhalt enthaumllt mit Art 87 Abs 3 einerseits und Art 88 anderershy

seits zwei selbstaumlndige Ausformungen der finanziellen Absicherung der Kommunen kraft deshy

rer das Land zum einen Bestimmungen uumlber die Deckung der Kosten treffen muss die den

Kommunen durch die Zuweisung von Pflichtaufgaben zur Erfuumlllung in eigener Verantwortung

und durch die Uumlbertragung von staatlichen Aufgaben zur Erfuumlllung nach Weisung entstehen

Zum anderen hat das Land dafuumlr zu sorgen dass die Kommunen uumlber Finanzmittel verfuumlshy

gen die zur angemessenen Erfuumlllung ihrer Aufgaben ausreichend sind Dabei ist die untershy

schiedliche Finanzkraft der Kommunen auf Grund eines Gesetzes angemessen auszugleishy

chen (Art 88 Abs 2 LVeri)

Als landesverfassungsrechtliche Garantie eines aufgabengerechten Finanzausgleichs weist

Art 88 LVerf dabei einen engen Bezug zu den bundesverfassungsrechtlichen Bestimmunshy

gen uumlber den Finanzausgleich auf welcher die Gemeinden unmittelbar einschlieszligt So steht

den Gemeinden ein bundesgesetzlich zu bestimmender Anteil an der Einkommen- und Umshy

satzsteuer (Art 106 Abs 5 5a GG) zu ferner die Ertragshoheit uumlber die Grund- und Gewershy

besteuer an deren Aufkommen aber Bund und Laumlnder durch eine Umlage beteiligt werden

sowie die Ertragshoheit uumlber die oumlrtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern sofern diese

nicht nach Maszliggabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbaumlnden zusteht (Art 1 06

Abs 6 GG) Wie der kommunale Finanzausgleich konkret ausgestaltet wird unterliegt der

Entscheidung des Landesgesetzgebers Ihm steht dabei angesichts desmiddot lneinandergreifens

von landesrechtliehen und grundgesetzliehen Finanzausgleichsvorschriften durch welche

den Gemeinden unmittelbar Steuerertraumlge zugewiesen werden sowie der Einbindung des

kommunalen Finanzausgleichs in die gesamte Haushaltswirtschaft und -planung des Landes

ein weiter Gestaltungsspielraum zu (LVerfG Urt v 16022010 aaO 361 374 mwN)

222 Im Rahmen dieses Gestaitungsspielraums hat der Landesgesetzgeber einen intershy

kommunalen horizontalen Finanzausgleich geschaffen der verfassungsrechtlich nicht zu beshy

anstanden ist

2221 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip unter dem Geshy

sichtpunkt des Verbots der echten Ruumlckwirkung soweit Steuereinnahmen aus dem Bereich

der Realsteuern des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer und des Gemeindeanteils

aus der Umsatzsteuer aus Vorvorjahreszeitraumlumen fuumlr die Berechnung der Finanzkraftumlashy

ge herangezogen werden

22211 Das Rechtsstaatsprinzip gehoumlrt zu den Vorschriften des Grundgesetzes und der

Landesverfassung die das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mit zu bestimshy

- 16 shy

men geeignet sind Es gehoumlrt damit auch zum Pruumlfungsmaszligstab der kommunalen Verfasshy

sungsbeschwerde Mit der Idee des Rechtsstaats ist der Gedanke der Dauerhaftigkeit und

Unverbruumlchlichkeil von Recht eng verbunden Der Rechtsgrundsatz der Rechtssicherheit

verlangt objektiv ein Mindestmaszlig an Kontinuitaumlt des Rechts vor allem fuumlr die Modalitaumlten

seiner Aumlnderung um die Verlaumlsslichkeit der Rechtsordnung zu erhalten Rechtssicherheit

bedeutet subjektiv in erster Linie Vertrauensschutz Es gibt aber kein schutzwuumlrdiges Vershy

trauen in den Fortbestand einer guumlnstigen Rechtslage Verfassungsrechtlich problematisch

sind Regeln die ruumlckwirkend belasten weil sie auf vergangene Sachverhalte Bezug nehshy

men

2 2212 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das grundsaumltzliche Verbot der echten

Ruumlckwirkung Eine echte Ruumlckwirkung liegt naumlmlich erst dann vor wenn (1) ein Gesetz

nachtraumlglich aumlndernd in abgewickelte der Vergangenheit angehoumlrende Tatbestaumlnde einshy

greift wenn also der von der Ruumlckwirkung betroffene Tatbestand in der Vergangenheit nicht

nur begonnen hat sondern bereits abgeschlossen war und (2) die tatbestandliehe Ruumlckanshy

knuumlpfung auch zu abgeschlossenen Rechtsfolgen vor der Verkuumlndung der gesetzlichen Reshy

gelung gefuumlhrt hat d h dass die Rechtsfolgen des neuen Gesetzes fuumlr einen vor der Vershy

kuumlndung liegenden Zeitpunkt auftreten sollen und nicht erst fuumlr die Zeit ab Verkuumlndung der

Norm (vgl Urt des LVerfG v 16022010 aaO 376 mwN) sect 12 Abs 3 FAG 2013 knuumlpft

bei der Bemessung der Finanzkraftumlage nachsect 29 FAG 2013 zwar an in der Vergangenshy

heit bereits abgeschlossene Tatbestaumlnde (Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren 2009

und 2010) an die Finanzkraftumlage wird erstmalig aber nach dem lnkrafttreten des FAG

2013 fuumlr die aktuelle Finanzkraft des Jahres 2013 erhoben die lediglich aus den Steuereinshy

nahmen der Jahre 2009 und 2010 ermittelt wird

222 i 3 Unabhaumlngig davon ob man das Anknuumlpfen bei der Berechnung der Finanzkraftumshy

lage an Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren vor der erstmaligen Erhebung der Umlashy

ge (in Sachsen-Anhalt an die Jahre 2009 bis 2012) als eine unechte Ruumlckwirkung bezeichnet

(so LVerfG MV Urt v 26012012 - 3310 - RdNr 107 juris) oder wie der Verfassungsgeshy J

richtshof des Freistaates Sachsen (Urt v 26082010- Vf 129-VIII-09 - RdNr 101 juris) I annimmt dass in dem Ruumlckgriff auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltnissen der Vorjahre

keine Ruumlckwirkung gegeben sei weil die Finanzkraftumlage die aktuelle Steuerkraft und die

der Vorjahre abschoumlpfen will kann das Anknuumlpfen an die vorvergangenen Jahre bei der Beshyf

rechnung der Finanzkraftumlage nicht als verfassungswidrig angesehen werden

IDabei ist zum einen zu beruumlcksichtigen dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfasshy 1

sungsgerichts im Beschluss vom 14051986 (2 Bvl 283 Absatz-Nr 92 juris) davon auszushy

- 17 shy

gehen ist dass eine Einordnung unter den Oberbegriff Ruumlckwirkung im weitesten Sinne

keinerlei verfassungsrechtliche Maszligstaumlbe aufzuzeigen vermag

Zum anderen besteht unter den Landesverfassungsgerichten Einigkeit daruumlber dass die Beshy

rechnung der Umlage anhand der Steuereinnahmen der vorvergangenen Jahre - unabhaumlnshy

gig davon ob man darin eine unechte Ruumlckwirkung sieht oder nicht- im Rahmen des Vershy

haumlltnismaumlszligigkeitsgrundsatzes unter dem Blickwinkel der Sachgerechtigkeit des gewaumlhlten

Maszligstabs und unter dem Gesichtpunkt des Vertrauensschutzes bewertet werden muss (vgl

SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO RdNrn 102 105 LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 106) Danach kann der Gesetzgeber auch dann wenn die Gesetzesaumlnderung

an sich verfassungsrechtlich zulaumlssig ist im Hinblick auf den Grundsatz der Verhaumlltnismaumlshy

szligigkeit verpflichtet sein eine angemessene Uumlbergangsregelung zu treffen Der Nachpruumlfung

durch das Landesverfassungsgericht unterliegt insoweit allerdings nur ob der Gesetzgeber

bei einer Gesamtabwaumlgung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der

Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gruumlnde unter Beruumlcksichtigung aller Umstaumlnde die

Grenze der Zumutbarkeit uumlberschritten hat (so auch LVerfG MV Urt v 26012012 aaO

RdNr 106 mwN)

Gegen die grundsaumltzliche Tauglichkeit des Maszligstabs bestehen keine Bedenken Hinter ihm

steht die Erwartung dass sich die Haushaltszahlen im aktuellen Jahr in etwa im Rahmen der

bekannten Daten entwickeln werden

Im Rahmen der gebotenen Abwaumlgung ist zu beruumlcksichtigen dass der Landesgesetzgeber

bereits 1999 und 2007 die Einfuumlhrung eines interkommunalen Finanzausgleichs fuumlr verfasshy

sungsrechtlich dringend geboten gehalten und 2010 nur deshalb zunaumlchst auf die Erhebung

der Umiage verzichtet hat weii er keine einfache Moumlglichkeit gesehen hatte die Vorgaben

des Landesverfassungsgerichts aus dem Urteil vom 16022010 umzusetzen Bereits in dem

am 13042011 geschlossenen Koalitionsvertrag haben die regierungsbildenden Koalitionaumlra

festgeschrieben dass das bestehende System des kommunalen Finanzausgleichs fuumlr das

Jahr 2012 fortgeschrieben werden solL lnfolge dieser Absicht sollte ein Gutachter auch eine

verfassungskonforme Loumlsung zur Erhebung einer Umlage zur Angleichung der Finanzkraft

zwischen armen und reichen Kommunen finden Bei dieser Sachlage kann nicht davon

ausgegangen werden dass die Kommunen vor der Wiedereinfuumlhrung der Finanzkraftumlage

im Jahre 2013 darauf vertrauen durften von einer solchen Abgabe verschont zu bleiben

Das Landesverfassungsgericht hat sowohl bereits in seinem Urteil vom 13062006 als auch

in seinem Urteil vom 16022010 ausgefuumlhrt dass eine interkommunale Finanzkraftumlage

- 18shy

grundsaumltzlich mit der Landesverfassung vereinbar ist nur nicht deren konkrete Ausgestalshy

tung durch das jeweilige FAG

Ferner ist zu beruumlcksichtigen dass ein allgemeiner Vertrauensschutz auf den Fortbestand

der bisherigen Strukturen des Finanzausgleichs grundsaumltzlich nicht besteht was auch einen

Schutz des Vertrauens auf die Nichteinfuumlhrung neuer finanzausgleichsrechtlicher Instrumenshy

te ausschlieszligt Die Garantie der Selbstverwaltung verleiht den Gemeinden keinen verfasshy

sungsrechtlichen Anspruch auf Beibehaltung einer einmal erreichten Struktur des Finanzshy

ausgleichs Vielmehr steht es dem Gesetzgeber frei veraumlnderte Rahmenbedingungen neue

Erkenntnisse und gewandelte Praumlferenzvorstellungen bei der jaumlhrlichen Regelung des komshy

munalen Finanzausgleichs zu beruumlcksichtigen (so auch LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 109 mwN SaumlchsVerfGH Urt v 28082010 aaO RdNL 1 05)

Etwas anderes folgt auch nicht daraus dass es den betroffenen Gemeinden im Jahre 2013

tatsaumlchlich nicht mehr moumlglich war fuumlr die vorvergangenen Jahre im Hinblick auf die Finanzshy

ausgleichsumlage Dispositionen zu treffen indem sie ihr Ausgabeverhalten geaumlndert oder

die Hebesaumltze insbesondere fuumlr die Gewerbesteuer an der Umlage ausgerichtet haumltten Der

Umstand dass bei der Berechnung der Umlagenhoumlhe auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltshy

nissen der vorvergangenen Vorjahre zuruumlckgegriffen wird aumlndert nichts daran dass die Reshy

gelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht die Steuerkraft der abgeschlossenen Vorjahre sonshy

dern die jeweils aktuelle Steuerkraft im Auge hat

Dass sowohl Zuweisungen des Landes als auch zu erhebende Umlagen nicht an das laushy

fende Steueraufkommen des aktuellen Jahres anknuumlpfen koumlnnen ist systemimmanent weil

verlaumlssliche Finanzdaten immer erst mit zeitlicher Verzoumlgerung feststehen Die damit notshy

wendig verbundenen Unschaumlrfen sind hinzunehmen insoweit kann fuumlr die Finanzkraftumiashy

ge nichts anderes gelten als z B fuumlr die Kreisumlage Der Gesetzgeber ist daher daran geshy

bunden das einmal gewaumlhlte System auch auf die Finanzkraftumlage anzuwenden (so

schon LVerfG Urt v 13062006 aaO S 475)

Eine theoretische Alternative waumlre zwar ein Finanzausgleichssystem das zunaumlchst mit

Schaumltzwerten fuumlr das laufende Jahr arbeitet die fortlaufend an die tatsaumlchlichen Daten anshy

gepasst werden Letztlich muumlsste dann zum Abschluss eine Spitzabrechnung durchgefuumlhrt

werden Eine verlaumlssliche Finanz- Ausgaben- und Haushaltswirtschaft der Gemeinden waumlre

damit allerdings praktisch kaum zu leisten (so auch SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO

RdNr 103 unter Hinweis auf BVerfG Urt v 24061986- 2 BvF 1 5 683 184 und 1 285

- BVerfGE 72 330 400)

19 shy

22214 Im Uumlbrigen ermoumlglichtsect 12 Abs 4 FAG 2013 in der zweijaumlhrigen Uumlbergangszeit in

der Steuereinnahmen aus der Zeit vor lnkrafttreten des Gesetzes in die Berechnung der Fishy

nanzkraft einflieszligen fuumlr den Fall dass die fuumlr die spaumltere Zahlung der Finanzkraftumlage

benoumltigten Betraumlge nicht sofort einer Ruumlckstellung zugefuumlhrt wurden eine Befreiung von der

Verpflichtung zur Zahlung der Finanzkraftumlage wenn es in einem nachfolgenden Jahr zu

einem Einbruch des Gewerbesteueraufkommens kommt die Kommune nicht uumlber ausreishy

chende Ruumlcklagen bzw freie liquide Mittel verfuumlgt und sie die Verpflichtung zur Abfuumlhrung

der Finanzkraftumlage vor Probleme stellt sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 verstoumlszligt

nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz Kernelement des Rechtsstaatsprinzips ist dass alshy

le materiellen Rechtsnormen mit Regelungsanspruch dem Rechtsunterworfenen gegenuumlber

diesem die Moumlglichkeit einraumlumen sein Verhalten auf die Rechtsnorm einzurichten Schon

nach allgemeinen rechtsstaatliehen Regeln verlangt der Bestimmtheitsgrundsatz gesetzliche

Tatbestaumlnde so praumlzise zu formulieren dass ein Normadressat sein Handeln kalkulieren

kann weil die Folgen der Regelung fuumlr ihn voraussehbar und berechenbar sind Dies bedeushy

tet zwar nicht dass die Norm uumlberhaupt keine Auslegungsprobleme aufwerfen darf Dem

Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genuumlgt wenn diese mit herkoumlmmlichen juristischen

Methoden bewaumlltigt werden koumlnnen Es muss auch verlangt werden dass der Gesetzgeber

wenigstens seinen Grundgedanken das Ziel seines gesetzgeberischen Wollens deutlich

macht Allen Bestimmtheitsanforderungen ist gemeinsam dass der Grad der Bestimmtheit

von den jeweiligen sachlichen Eigenarten des Regelungsgegenstandes abhaumlngt Stets sind

Rechtsvorschriften so genau zu fassen wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden leshy

benssachverhalte und mit Ruumlcksicht auf den Normzweck moumlglich ist (vgl Urt des l VerfG v

16022010 aaO 381 mwN)

sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 haumllt diesen Anforderungen stand Bei der Regelung

handelt es sich nicht um eine Ermessensvorschrift sondern um eine gebundene Entscheishy

dung mit unbestimmten Rechtsbegriffen auf der Tatbestandsebene Die in sect 17 Abs 1 FAG

2013 verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe auszligergewoumlhnliche Belastungen Notlage

und besondere Haumlrte lassen sich durch Auslegung soweit konkretisieren dass sie selbst

dem Bestimmtheitsgebot des Art 103 Abs 2 GG genuumlgen wuumlrden Den Begriff Notlage deshy

finiert sect 17 Abs 1 S 2 FAG 2013 indem es dort heiszligt Als Notlage gilt insbesondere der

Fall dass die Einnahmemoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren

Ausgabeverpflichtungen nicht ausreichen Der Begriff der auszligergewoumlhnlichen Belastung

ist ein im Steuer- und Sozialrecht (vgl zB sect 33 des Einkommensteuergesetzes - EStG shy

oder im Sozialrecht zB sect 27 Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung- SchwbAV)

verwendeter Begriff der durch den Bundesgesetzgeber und die Rechtsprechung hinreichend

- 20 shy

konkretisiert ist Eine auszligergewoumlhnliche Belastung ist dadurch gekennzeichnet dass einem

Pflichtigen immer dann wenn er zwangslaumlufig groumlszligere Aufwendungen als die uumlberwiegende

Mehrzahl der Pflichtigen gleicher Einkommensverhaumlltnisse und gleicher Vermoumlgensverhaumlltshy

nisse erbringen muss der Teibull der Aufwendungen ermaumlszligigt wird der die dem Pflichtigen

zurnutbare Belastung uumlbersteigt (sect 33 Abs 1 EStG) Aufwendungen erwachsen dem Pflichtishy

gen nur zwangslaumlufig wenn er sich ihnen aus rechtlichen tatsaumlchlichen oder sittlichen

Gruumlnden nicht entziehen kann Das ist der Fall wenn die Gruumlnde der Zwangslaumlufigkeit derart

von auszligen auf die Entschlieszligung des Pflichtigen einwirken dass er ihnen nicht ausweichen

kann er also tatsaumlchlich keine Entscheidungsfreiheit hat bestimmte Aufwendungen vorzushy

nehmen oder zu unterlassen Liegt eine maszliggeblich vom menschlichen Willen beeinflusste

Situation vor so handelt es sich dagegen um keine Zwangslage in diesem Sinne von sect 33

Abs 1 EStG (vgl BFH Urt v 17072014- VI R 4213- RdNr 13- juris) Auch der Begriff

der besonderen Haumlrte ist ein im Verwaltungs- und Sozialrecht insbesondere bei Billigkeitsshy

entscheidungen haumlufig verwendeter unbestimmter Rechtsbegriff der eine hinreichende Konshy

kretisierung durch die fachgerichtliche Rechtsprechung erfahren hat Der Begriff der besonshy

deren Haumlrte ist ein durch die Fachgerichte voll uumlberpruumlfbarer Rechtsbegriff (vgl BVerwG

Urt v 29031979- 2 C 1677 - Buchholz 2384 sect 46 SG Nr S 52) Durch Bestimmungen

die diesen Begriff verwenden sollen unzumutbare Belastungen vermieden werden Der Geshy

setzgeber fuumlhrt regelmaumlszligig eine Haumlrtevorschrift ein um von den Regelvorschriften nicht ershy

fassten Ausnahmefaumlllen und Grenzsituationen Rechnung tragen zu koumlnnen (vgl BVerwG

Urt v 11021977-6 C 10574- RdNr 28- juris)

Ob bei Anwendung der Befreiungsregelung dessect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 durch

die Exekutive den abundanten Gemeinden angesichts ihrer hohen Gewerbesteuershy

einnahmen in der Vergangenheit abverlangt werden kann ROcklagen aus vergangenen Jahshy

ren einzusetzen oder Kassenkredite aufzunehmen betrifft die Rechtsanwendung und ist von

der Fachgerichtsbarkeit zu klaumlren

2222 Soweit die Beschwerdefuumlhrerin unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Landesshy

verfassungsgerichts im Urteil vom 16022010 geltend macht die Finanzkraftumlage sei

deshalb verfassungswidrig weil sie auf der Landkreisebene bei nicht abundanten Landkreishy

sen durch die Heranziehung einer abundanten Gemeinde zur Finanzkraftumlage eine Schatshy

tenwirkung herbeifuumlhre die dazu fuumlhre dass im Ergebnis dieser Schattenwirkung die Fi-middot

nanzkraftumlage den nicht abundanten Landkreis treffe vermag sie damit die Verfassungsshy

widrigkeit von sect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht zu begruumlnden weil dieser Entscheidung ein anshy

ders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag

- 21 shy

ln sect 16 Abs 2 FAG 2007 war vorgesehen dass ab dem 01 01 2008 eine Kuumlrzung der Beshy

messungsgrundlage der Kreisumlage um die Finanzkraftumlage vorzunehmen war Der Geshy

setzgeber des FAG 2007 hatte dadurch eine Kuumlrzung der Steuerkraftmesszahl um die abzushy

fuumlhrende Finanzkraftumlage als Berechnungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage vorgenommen

Damit konnte fuumlr das Finanzausgleichsmodell das dem FAG 2007 zugrunde lag die Kreisshy

umlagebelastung fuumlr die von der Finanzkraftumlage belasteten Gemeinden spuumlrbar verrinshy

gert werden Um den Eingriff in das Kreisumlagegefuumlge des betroffenen Landkreises abzushy

mildern hatte der Gesetzgeber den Abzug der Finanzkraftumlage zugleich bei der Ermittlung

der Umlagekraftmesszahl der Landkreise (sect 9 FAG 2007) zu beruumlcksichtigen Damit verminshy

derte sich nicht nur die Steuerkraftmesszahl als Bemessungsgrundlage der Kre isumlage

sondern auch als Bemessungsgrundlage fuumlr die Houmlhe der allgemeinen Zuwendungen fuumlr die

Landkreise Dies fuumlhrte dazu dass die Landkreise mit abundanten Gemeinden die wegen

einer houmlheren Umlagekraft an sich weniger allgemeine Zuweisungen erhielten mehr erhielshy

ten Da das Land den Betrag der allgemeinen Zuweisungen an die Landkreise allerdings unshy

veraumlndertmiddot belassen hatte fuumlhrte dies aber dazu dass die anderen Landkreise ohne abunshy

dante Gemeinden weniger allgemeine Zuweisungen erhielten Nur diese Regelung des sect 16

Abs 2 FAG 2007 hat das Landesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 16022010 als eishy

nen verfassungswidrigen Eingriff des Landesgesetzgebers in die Finanzhoheit der Landkreishy

se angesehen Auch die weiteren Ausfuumlhrungen des Landesverfassungsgerichts im Urteil

vom 16022010 beziehen sich auf die beanstandete Regelung dessect 16 Abs 2 FAG 2007

Mit sect 12 FAG 2013 hat der Gesetzgeber ein neues Modell fuumlr die Erhebung der Finanzshy

kraftumlage eingefuumlhrt Dieses Modell stellt sich wie folgt dar Der Gesetzgeber hat das Moshy

dell der sog Abundanzumlage (sect 19a FAG 2005 FAG 2007) bei der eine normierte Steuershy

kraft mit einem normierten Bedarf verglichen wird und fuumlr den Fall dass die Steuerkraft den

Bedarf uumlbersteigt (Abundanz) die Moumlglichkeit eines Zugriffs auf einen gewissen Prozentsatz

des abundanten Teils besteht aufgegeben und nunmehr den Finanzausgleich unter den

steuerstarken und steuerschwachen kreisangehoumlrigen Gemeinden nach einem anderen Moshy

dell vorgenommen das nicht nur die beschriebene uumlberschieszligende Steuerkraft fuumlr die Beshy

rechnung der Umlage heranzieht sondern in Anlehnung an eine entsprechende Regelung in

Baden-Wuumlrttemberg eine breitere Bemessungsgrundlage waumlhlt

Gemaumlszlig sect 12 Abs 2 S 4 und 5 FAG 2013 wird nunmehr fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden

ein Ausgleichsverfahren als Rechenschritt bei der Ermittlung der endguumlltigen Schluumlsselshy

zuweisung durchgefuumlhrt Dabei wird die Schluumlsselzuweisung A mit beruumlcksichtigt Bei der

Schluumlsselzuweisung A wird nach sect 12 Abs 2 S 5 FAG 2013 allen kreisangehoumlrigen Geshy

meinden deren Steuerkraft je Einwohner 80 vH des Durchschnitts aller Gemeinden untershy

- 22shy

schreitet die Differenz der eigenen Steuerkraft zu 80 vH der durchschnittlichen Steuerkraft

zu 80 vH ausgeglichen Diese Schluumlsselzuweisung bewirkt eine dem Finanzausgleich der

Regelungen des FAG 2005 und des FAG 2007 noch unbekannte Verlagerung unter allen

Zuweisungsempfaumlngern also allen nicht abundanten Gemeinden zugunsten der steuershy

schwachen Gemeinden und zurasten der mehr steuerstarken Gemeinden Die abundanten

Gemeinden die keine Zuweisungsempfaumlnger sind werden hierdurch noch nicht belagttet Ihshy

re Belastung erfolgt erst durch die Regelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 Danach zahlen alie

kreisangehoumlrigen Gemeinden also sowohl die Zuweisungsempfaumlnger als auch die abundanshy

ten Gemeinden eine Umlage von 10 vH der Summe aus der Steuerkraftmesszahl fuumlr Geshy

meinden gemaumlszligsect 14 FAG 2013 und den Schluumlsselzuweisungen A und B also ihrer gesamshy

ten Finanzkraft Uumlber sect 14 Abs 3 Nr 2 FAG 2013 geraten ua die Gewerbeshy

steuereinnahmen der abundanten Gemeinden in Houmlhe von 10 vH in diesen Finanzkraftumshy

lagetopf Dieser Umlagetopf erhoumlht gem sect 12 Abs 3 S 2 FAG 2013 die Finanzmasse fuumlr die

Schluumlsselzuweisung B

Diese veraumlnderte Schluumlsselzuweisung B wird dann nach der Regelung des sect 12 Abs 2 S 6

FAG auf die Schluumlsselzuweisungsempfaumlnger umgelegt Gemaumlszlig sect 19 Abs 2 FAG flieszligt die

zuletzt genannte Schluumlsselzuweisung an die kreisangehoumlrigen Gemeinden zwar in die Kreisshy

umlagenberechnung ein Da sich die Bemessung der Kreisumlage aus der Steuerkraft und

den Schluumlsselzuweisungen fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden zusammensetzt wird die

Finanzkraftumlage somit auch zum Abzugsposten bei der Bemessungsgrundlage der Kreisshy

umlage Diese Einbeziehung der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Finanzkraftshy

umlage in die Kreisumlagenberechnung stellt indes keinen Eingriff in die ebenfalls verfasshy

sungsrechtlich geschuumltzte Finanzhoheit der Landkreise dar

Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumiage unterscheidet sich im Hinblick auf die Ebeshy

nentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren vom Landesverfassungsgericht beanstandeten

Finanzkraftumlage Letztere floss dem Ausgleichsstock zu so dass sie den Landkreisen als

Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgesamt verloren ging Demgegenuumlber wird

durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgeshy

samt nicht geschmaumllert

Das Landesverfassungsgericht hat weder heute noch hatte es im Urteil vom 16022010 Beshy

denken dagegen dass uumlber die vorgelagerten Regelungen zur Bestimmung der Steuerkraftshy

messzahl und zur Festlegung der Schluumlsselzuweisungen der Gemeinden zugleich die Beshy

messungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage festgelegt wird Dass jede Aumlnderung der Finanzshy

ausstattung der kreisangehoumlrigen Gemeinden zwangslaumlufig auch zu Verlagerungen bei der

- 23shy

Finanzausstattung der Landkreise fuumlhrt verstoumlszligt als solches nicht gegen die Landesverfasshy

sung Dies gilt auch fuumlr die neu eingefuumlhrte Vorabverteilung der Schluumlsselmasse A zugunsshy

ten der finanzschwachen Kommunen Sie fuumlhrt zu keinen Veraumlnderungen bei der Gesamtshy

summe der Umlagekraftmesszahlen der Landkreise hat aber Verschiebungen zwischen den

einzelnen Landkreisen zur Folge Die jetzige gesetzliche Regelung stellt sicher dass die jeshy

weiligen Gesamtsummen der beiden Komponenten der Finanzausstattung der Landkreise

durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnderung erfahren Der Gesamtbemessungsgrundiashy

ge fuumlr die Kreisumlage werden durch die Verschiebungen zwischen den Kommunen keine

Betraumlge entzogen Da es keine abundanten Landkreise gibt ergeben sich auch keine Ausshy

wirkungen auf die Gesamthoumlhe der Schluumlsselzuweisungen die die Landkreise vom Land ershy

halten

Waumlhrend die Gesamtausstattung der Landkreise durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnshy

derung erfaumlhrt ergeben sich - dies raumlumt die Landesregierung selber ein - allerdings gerinshy

ge Verlagerungseffekte zwischen den einzelnen Landkreisen Diese Verlagerungseffekte

sind indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

Den Anspruch auf angemessene Finanzausstattung der Landkreise darf der Gesetzgeber

einschraumlnken soweit andere Interessen von Verfassungsrang dies rechtfertigen Nicht nur

der horizontale gemeindliche sondern auch der uumlbergemeindliche Finanzausgleich ist von

dem Grundsatz der interkommunalen Solidaritaumlt gepraumlgt (LVerfG Urt v 13062006-705shy

LVerfGE 17 410 429 NdsStGH NdsVBL 2001 184 188) Der Gedanke der interkommushy

nalen Solidaritaumlt umfasst - wie die Kreisumlage zeigt - auch die ausgleichenden Finanzshy

stroumlme zwischen der Gemeinde- und Kreisebene (vgL auch SaumlchsVerfG Urt v 29012010

- Vf 25-VIII-09 - RdNr 119 - juris unter Hinweis auf BVerfG Beschl v 07021991

- 2 BvL 2484 - BVerfGE 83 363 391f LVerfG MV Urt v 26012012- 1810 - RdNr

81) Haumltte der Gesetzgeber eine Verschiebung von finanzstarken zu finanzschwachen Landshy

kreisen mit einer eigenstaumlndigen Ausgleichsregelung herbeigefuumlhrt waumlre dies durch Art 88

ALs 2 S 1 LVerf gedeckt Nichts anderes gilt wenn derselbe Effekt mittelbar durch die vershy

fassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung zum Finanzkraftausgleich der Gemeinshy

den erreicht wird Der Ebene des einzelnen Landkreises steht dem Vertust an Bemessungsshy

grundlage durch die negative Schluumlsselzuweisung der abundanten Gemeinden (sofern keine

Befreiungen erteilt wurden) jeweils ein Gewinn an Bemessungsgrundlage durch die Erhoumlshy

hung der Schluumlsselzuweisung der uumlbrigen Gemeinden gegenuumlber Je nachdem welcher Efshy

fekt uumlberwiegt erhoumlhen oder vermindern sich die Einnahmen der jeweiligen Landkreise aus

der Kreisumlage durch die Finanzkraftumlage geringfuumlgig Diese Aumlnderung bei dem Aufshy

kommen an Kreisumlage ist aber nicht gleichzusetzen mit der Aumlnderung der Finanzkraft der

- 24shy

Landkreise Da es keine abundanten Landkreise gibt bekommen saumlmtliche Landkreise

Schluumlsselzuweisungen vom Land Der nicht bereits durch die Kreisumlage ausgeglichene

Finanzbedarf der Landkreise wird im Jahr 2013 zu 80 in den Folgejahren zu 90 ausgeshy

glichen Dieser Mechanismus bewirkt dass auch der noch nicht kompensierte Verlust an

Bemessungsgrundlage durch abundante Gemeinden zu 90 (bzw 2013 zu 80 ) ausgeshy

glichen wird Oie verbleibenden Differenzbetraumlge sind wirtschaftlich unbedeutend und vershy

fassungsrechtlich hinzunehmen (vgl auch LVerfG MV Urt v 2601 2012 - 3310 - RdNr

79- juris)

2223 Eine verfassungswidrige Schattenwirkung fuumlr weitere benachbarte kreisangehoumlrige

und nicht abundante Gemeinden laumlsst sich ebenfalls nicht feststellen Die finanzschwache

Nachbargemeinde profitiert direkt von der Finanzkraftumlage Die von der Beschwerdefuumlhreshy

rin beschriebene mittelbare Schattenwirkung durch die Moumlglichkeit einer Erhoumlhung der

Kreisumlage betrifft die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal und

muss daruumlber hinaus auch differenziert betrachtet werden Es besteht ein Unterschied ob

eine solche Kommune in einem Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft liegt Der

Landkreis mit niedriger Umlagekraft wird in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlashy

ge erheben waumlhrend der Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlshy

rigen Kommunen nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muss De facto verfuumlgen alshy

so die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verbleiben Die Finanzkraftshy

umlage mildert diesen Effekt unter Umstaumlnden geringfuumlgig ab Die nicht abundanten Komshy

munen in dem Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten eventuell dadurch beshy

lastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoben wuumlrde um den Verlust des

Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzkraftumlage zu kompensieren ln

dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saido von der Finanzkraftumlage profitiershy

ten erhoumlht sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass der Kreisumlagesatz sogar (geshy

ringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Daruumlber hinaus besteht eine Solidaritaumltsverpflichtung der Kreise gegenuumlber den kreisangeshy

houmlrigen Gemeinden die diese vor einer unangemessenen Erhoumlhung der Kreisumlage

schuumltzt (vgl Faber in HennekePuumlnderWaldhoff Recht der Kommunalfinanzen 2006 sect 34

RdNr 50)

3 Die Kostenentscheidung beruht auf sect 32 LVerfGG Gerichtskosten werden nicht erhoben

(Absatz 1) Gruumlnde fuumlr die Anordnung der Erstattung der notwendigen Auslagen der erfolglos

gebliebenen Beschwerdefuumlhrerin sind nicht ersichtlich (Abs 2 und 3)

- 25 shy

Dr Zettel GemmerSchubert Bergmann

Prof Or Kluth StallFranzkowiak

Page 10: URTEIL - Landesportal Sachsen-Anhalt

- 10 shy

der Steuereinnahmen vergangener Zeitraumlume gehe kein unzulaumlssiger Zugriff auf in der Vershy

gangenheit ihren Anfang nehmende oder gar beendete Lebenssachverhalte einher Den Anshy

knuumlpfungspunkt fuumlr die Erhebung der Finanzkraftumlage und damit den fuumlr eine Pruumlfung am

Vertrauensschutzprinzip maszliggeblichen Lebenssachverhalt bilde allein ein Uumlberschuss der

gemeindlichen Steuerkraft im aktuellen Haushaltsjahr Eine mit dem Vertrauensschutzprinzip

moumlglicherweise in Konflikt geratende Ruumlckwirkung laumlge allein dann vor wenn mit der Umlashy

ge eine uumlberschieszligende Finanzkraft vergangener Zeitraumlume abgeschoumlpft werden sollte also

gerade hierin die innere Rechtfertigung fuumlr die Belastung der Gemeinden zu erblicken waumlre

Diese Ausfuumlhrungen zum Saumlchsischen Finazausgleichsgesetz seien auch auf das FAG 2013

uumlbertragbar Fuumlr einen gesetzgabarischen Willen mit der Umlage eine uumlberschieszligende Fishy

nanzkraft vergangener Zeitraumlume abschoumlpfen zu wollen gebe es in den Gesetzesmaterialien

des FAG 2013 keine Anhaltspunkte Daruumlber hinaus schlieszlige sich die Landesregierung der

weiteren Argumentation des Saumlchsischen Verfassungsgerichtshofs an wonach gegen die

grundsaumltzliche Tauglichkeit des Maszligstabes zur Bemessung der Umlage keine Bedenken beshy

stuumlnden Hinter ihm stehe die Erwartung dass sich die Haushaltszahlen im aktuellen Jahr in

etwa im Rahmen der bekannten Daten entwickeln wuumlrden Wenn auch zeitlich verzoumlgert

wuumlrden die Annahmen immer wieder an die tatsaumlchlichen Haushaltsdaten angepasst Die

damit notwendig verbundenen Unschaumlrfen seien hinzunehmen Bei einer alternativ denkbashy

ren zunaumlchst vorlaumlufigen Ermittlung der Umlageschuld verbunden mit einem endguumlltigen

Festsetzungsverfahren bei Vorliegen der relevanten Haushaltsdaten waumlre eine verlaumlssliche

Finanz- Ausgaben- und Haushaltswirtschaft der Gemeinden praktisch kaum zu leisten Aus

dem Vertrauensschutzprinzip ergebe sich weder die Verpflichtung des Gesetzgebers Invesshy

titionen der Gemeinden zur Erzielung von Gewerbesteuern zu beruumlcksichtigen noch die

Notwendigkeit wegen fehlender zeitlicher Moumlglichkeiten fuumlr die Umlageschuld Vorsorge zu

treffen oder besondere Uumlbergangsregelungen zu schaffen Das Vertrauensschutzprinzip steshy

he Aumlnderungen des Systems des Finanzausgieichs nicht grundsaumltziich entgegen Es verianshy

ge lediglich eine Ruumlcksichtnahme auf gemeindliche Entscheidungen die in schutzwuumlrdigem

Vertrauen auf eine bestimmte Entwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen getroffen

worden seien Die Schutzwuumlrdigkeit folge dabei aus einem durch den Gesetzgeber geschafshy

fenen Vertrauenstatbestand Fuumlr eine Schutzwuumlrdigkeit der Hoffnung der Beschwerdefuumlhreshy

rin uumlber ihr Gewerbesteueraufkommen auch zukuumlnftig allein zu verfuumlgen sei nichts ersichtshy

lich Aus dem nach dem Soumlssen II Urteil erklaumlrten Verzicht eine Finanzkraftumlage fuumlr die

Vergangenheit zu erheben haumltten die Kommunen nicht schlieszligen koumlnnen dass dies auch

fuumlr die Zukunft gelten werde

Dass sowohl Zuweisungen des Landes als auch zu erhebende Umlagen nicht an das laushy

fende Steueraufkommen des aktuellen Jahres anknuumlpfen koumlnnen sei systemimmanent weil

- II shy

verlaumlssliche Finanzdaten immer erst mit zeitlicher Verzoumlgerung feststaumlnden Insoweit koumlnne

fuumlr die Finanzkraftumlage nichts anderes gelten als zB fuumlr die Kreisumlage Der Gesetzgeshy

ber sei daher daran gebunden das einmal gewaumlhlte System auch auf die Finanzkraftumlage

anzuwenden Eine theoretische Alternative waumlre ein Finanzausgteichssystem das zunaumlchst

mit Schaumltzwerten fuumlr das laufende Jahr arbeite die fortlaufend an die tatsaumlchlichen Daten

angepasst wuumlrden Letztlich muumlsste dann zum Abschluss eine Spitzabrechnung durchgeshy

fuumlhrt werden Es bestehe jedoch Einigkeit daruumlber dass dies zum einen vom Verwaitungsshy

aufwand her nicht zu bewaumlltigen waumlre zum anderen der Nachteil in Gestalt der Planungsunshy

sicherheit bei den Kommunen den Vorteil der etwas groumlszligeren Gerechtigkeit weit uumlberwiegen

wuumlrde Daher sei allen Finanzausgleichssystemen der Bundeslaumlnder gemeinsam dass fuumlr

das laufende Jahr Zahlen verwendet wuumlrden die mittels prognostischer Annahmen aus den

Werten vergangener Jahre abgeleitet wuumlrden Die Anknuumlpfung an die Daten des vorverganshy

genen Jahres liege der Berechnung des Finanzausgleichs insgesamt zu Grunde nicht nur

der Berechnung der Finanzkraftumlage Durch den Uumlbergang vom kameralen zum doppishy

schen Buchungsstil der inzwischen bei fast allen Kommunen abgeschlossen sei habe sich

im Uumlbrigen das Problem der zeitlichen Verschiebung zwischen Abundanz und Zahlung der

Umlage weitgehend erledigt

Den berechtigten Interessen der zahlungspflichtigen Kommunen dabei nicht uumlberfordert zu

werden trage die Befreiungsvorschrift hinreichend Rechnung Dass im Rahmen der Pruumlfung

der Befreiungen den Antragstellern wie der Beschwerdefuumlhrerin zugemutet werde eigene

Ruumlcklagen zum Zweck der Zahlung der Finanzkraftumlage einzusetzen sei derzeit Gegensshy

tand einer verwaltungsgerichtlichen Uumlberpruumlfung Ob das Gebot des Haushaltsausgleichs

Vorrang vor anderen Verwendungsabsichten der Ruumlcklagen habe sei eine fachgerichtlich zu

beantwortende Frage Fuumlr die jetzige Gesetzesfassung einer Befreiungsklausel wuumlrden die

aUgemeinen Bestimmtheitsanforderungen gelten Diesen werde sect 12 Abs 4 i V m sect 17

FAG 2013 zweifelsohne gerecht Soweit die Kernnorm der Gewaumlhrung von Leistungen aus

dem Ausgleichsstock naumlmlich der in sect 17 Abs 1 S 2 FAG geregelte Fall dass die Einnahshy

memoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren Ausgabeverpflichtungen

nicht ausreichten in Bezug genommen werde sei aufgrund einer langjaumlhrigen Klaumlrung durch

Behoumlrdenpraxis und die Rechtsprechung der Gerichte an der Bestimmtheit nicht zu zweifeln

Dass daruumlber hinaus die weiter gefassten Anwendungsfaumllle des sect 17 FAG von der Verweishy

sung erfasst wuumlrden belaste die Beschwerdefuumlhrerin nicht

Die jetzige Regelung der Finanzkraftabgabe greife nicht unzulaumlssig in die Finanzhoheit der

Landkreise ein Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumlage unterscheide sich im Hinshy

blick auf die Ebenentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren Finanzkraftumlage Bei der fruumlshy

- 12 shy

heren Regelung sei die Finanzkraftumlage dem Ausgleichsstock zugeflossen so dass sie

den Landkreisen als Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage verloren gegangen sei

Demgegenuumlber werde durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die

Kreisumlage insgesamt nicht geschmaumllert Es koumlnnte nur darum gehen inwieweit minimale

Verlagerungen der Bemessungsgrundlage von den finanzstarken zu den finanzschwaumlcheren

Landkreisen mit der Landesverfassung vereinbar seien Die Finanzkraftumlage fuumlhre innershy

halb eines Landkreises zu einer verminderten Umlagekraft der abundanten Gemeinden ershy

houmlhe aber die Umlagekraft der Empfaumlnger der Umlage Innerhalb eines Landkreises komshy

pensierten sich diese Gewinne und Verluste bei Bemessungsgrundlage weitgehend Aus

diesen Gruumlnden habe es der Landesgesetzgeber fuumlr kontraproduktiv gehalien diesen ershy

wuumlnschten Effekt durch einen nachgelagerten Spitzausgleich unter den Landkreisen zu beshy

seitigen Im Rahmen der Erarbeitung des Gesetzentwurfes habe auch eine Finanzkraftumlashy

ge zwischen den Landkreisen lange zur Diskussion gestanden Diese Loumlsung sei allerdings

verworfen worden Eine Stoumlrung der Belastungsgerechtigkeit auf Gemeindeebene und eine

Schattenwirkung auf Kreisebene zu vermeiden waumlre nur durch eine Kombination der derzeishy

tigen Regelung mit einem nachgelagerten Spitzausgleich auf der Landkreisebene moumlglich

Die Ausfuumlhrungen der Beschwerdefuumlhrerin uumlber die mittelbare Schattenwirkung gingen an

der Lebenswirklichkeit vorbei Bei einem Blick auf die Kreishaushalte werde angesichts der

starken Schwankungen in vielen Haushaltsbereichen schnell klar dass eine Verlagerung von

wenigen Tausend Euro bei der Bemessungsgrundlage der Kreisumlage eine voumlllig uninteshy

ressante Groumlszlige sei Ein Einfluss der Finanzkraftumlage auf die Kreisumlagefestsetzung sei

nicht ersichtlich Die finanzschwache Nachbargemeinde profitiere direkt von der Finanzkraftshy

umlage Die von der Beschwerdefuumlhrerin beschriebene mittelbare Schattenwirkung treffe

die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal Wenn im Zusammenshy

hang mit dem Finanzausgieich von armen und reichen Kommunen die Rede sei beziehe r

sich das uumlblicherweise auf die Moumlglichkeit zur Erzielung von Steuereinnahmen Es spiele

aber bei genauerer Betrachtung daruumlber hinaus eine Rolle ob diese Kommunen in einem

Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft laumlgen Der Landkreis mit niedriger Umlashy Igekraft werde in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlage erheben waumlhrend der

reiche Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlrigen Kommunen

I uumlblicherweise nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muumlsse Oe facto verfuumlgten also

die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verblieben Die nicht abunshy i danten Kommunen in dem reichen Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten l eventuell dadurch (minimal) belastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoshy l

ben werde um den Verlust des Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzshy

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- 13shy

kraftumlage zu kompensieren ln dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saldo von

der Finanzkraftumlage profitierten erhoumlhe sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass

der Kreisumlagesatz (geringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Der Landtag hat sich nicht geaumluszligert

E n t s c h e i d u n g s g r uuml n d e

Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist zulaumlssig (1 ) jedoch nicht begruumlndet (2 )

1 Das Landesverfassungsgericht ist zur Entscheidung uumlber die kommunale Verfassungs~

beschwerde berufen (vgl dazu im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen LVerfG Urt v

31051994- LVG 293 - LVerfGE 2 227 245 f Urt v 31051994- LVG 194 - LVerfGE

2 273 289f Urt v 31051994- LVG 494- LVerfGE 2 323 334 f) Soweit eine Verletshy

zung des durch Art 2 Abs 3 und 87 LVerf garantierten Selbstverwaltungsrechts behauptet

wird handelt es sich um eine kommunale Verfassungsbeschwerde im Sinne des Art 75 Nr

7 LVerf und dersectsect 2 Nr 8 51 des Landesverfassungsgerichtsgesetzes in der Fassung vom

24092009- LVerfGG- (GVBI S 474) Diese Bestimmungen berechtigen die Kommunen

gegen Eingriffe in ihr Selbstverwaltungsrecht durch ein Landesgesetz das Landesverfasshy

sungsgericht anzurufen

Nach sect 51 Abs 1 LVerfGG koumlnnen Kommunen die Verfassungsbeschwerde mit der Behaupshy

tung erheben durch ein Landesgesetz in ihrem Recht auf Selbstverwaltung nach Art 2 Abs

3 und Art 87 LVerf verletzt zu sein Gemaumlszlig sect 57 Abs 2 LVerf gelten die sectsect 48 bis 50

LVerfGG entsprechend Nach sect 49 L VerfGG (hinsichtlich der Verfassungsbeschwerde gegen

ein Gesetz deckungsgleich mit sect 92 BVerfGG) sind in der Begruumlndung der Verfassungsbeshy

schwerde welche nach sect 16 Abs 1 S 2 LVerfGG erforderlich ist das Recht das verletzt

sein soll und die Gesetzesvorschrift durch die sich die Beschwerdefuumlhrerin unmittelbar vershy

letzt sieht zu bezeichnen Die Zulaumlssigkelt einer kommunalen Verfassungsbeschwerde geshy

gen ein Gesetz setzt voraus dass die Beschwerdefuumlhrerin selbst gegenwaumlrtig und unmittelshy

bar durch die angegriffenen Rechtsnormen in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt ist Die

angegriffenen Normen beschraumlnken unmittelbar und gegenwaumlrtig das Selbstverwaltungsshy

recht der Beschwerdefuumlhrerin ohne dass ein weiterer angreifbarer Umsetzungsakt notwenshy

dig wird Insoweit wird auch auf die Gruumlnde des Urteils des Gerichts vom 16022010- LVG

908- (LVerfGE 21 361 mwN) verwiesen

- 14shy

Die Verfassungsbeschwerde ist formgerecht und innerhalb der Jahresfrist der sectsect 51 Abs 2

48 LVerfGG erhoben worden

2 Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist nicht begruumlndetsect 12 Abs 3 FAG 2013 steht

im Einklang mit der in den Artt 2 Abs 3 87 und 88 L Verf naumlher ausgeformten Garantie der

kommunalen Selbstverwaltung

21 Bedenken gegen die formelle Rechtmaumlszligigkeit des FAG 2013 bestehen nicht Der Geshy

setzgeber hat keine Vorgaben des Gesetzgebungsverfahrens verletzt insbesondere traf ihn

keine Begruumlndungspflicht dafuumlr weshalb er eine Umlagenhoumlhe von 10 insect 12 Abs 3 FAG

2013 gewaumlhlt hat Aus den Vorschriften der Landesverfassung die das Gesetzgebungsvershy

fahren regeln (Artt 77 ff LVerf) ergibt sich keine Pflicht zur Begruumlndung von Gesetzen durch

den Landtag Nach sect 23 Abs 2 S 2 der Geschaumlftsordnung des Landtages von Sachsenshy

Anhalt muumlssen Gesetzesentwuumlrfe schriftlich begruumlndet sein Eine uumlber diese allgemeine Beshy

gruumlndungsnotwendigkeit hinausgehende Pflicht zur genauen Erlaumluterung des sect 12 Abs 3

FAG 2013 besteht nicht Eine besondere Darlegungslast des Gesetzgebers ergibt sich auch

nicht aus der speziellen Gesetzesmaterie des kommunalen Finanzausgleichs Der Gesetzshy

geber ist nicht gehalten die Gruumlnde fuumlr die Festlegung konkreter Betraumlge oder Verteilungsshy

kriterien im Einzelnen darzulegen Das Landesverfassungsgericht uumlberpruumlft das Finanzausshy

gleichsgesetz daher als Ergebnis eines Gesetzgebungsprozesses und nicht nur auf welshy

chem Weg der Gesetzgeber zu diesem Ergebnis gelangt ist (LVerfG Urt v 09102012shy

LVG 5710 - LVerfGE 23 315 333f) Der generellen Annahme einer in das Einzelne geshy

henden Begruumlndung bei jeder Gesetzgebung stehen im Uumlbrigen praktische Erwaumlgungen

entgegen So waumlre eine Abstimmung uumlber die Begruumlndung erforderlich um feststellen zu

koumlnnen ob die Mehrheit der Abgeordneten des Landtages diese Begruumlndung traumlgt

22 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt auch materiell-rechtlich nicht gegen die Landesshy

verfassung

221 Pruumlfungsmaszligstab ist die Selbstverwaltungsgarantie der Artt 2 Abs 3 87 und 88 L Verf

Seide Bestimmungen konkretisieren fuumlr das Land Sachsen-Anhalt die in Art 28 GG enthalshy

tene bundesverfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und haben

nach Zweck und Entstehungsgeschichte jedenfalls denselben Mindestgehalt wie Art 28 Abs

1 S 2 und 3 sowie Abs 2 GG Zum Selbstverwaltungsrecht der Kommunen gehoumlrt nach geshy

festigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG Beschl v 151 01985 shy

2 BvR 1808 1809 181082- BVerfGE 71 25 36 mwN) die Finanzhoheit der Kommunen

Sie umschlieszligt die eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft Die Verfasshy

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- 15 shy

sung des Landes Sachsen-Anhalt enthaumllt mit Art 87 Abs 3 einerseits und Art 88 anderershy

seits zwei selbstaumlndige Ausformungen der finanziellen Absicherung der Kommunen kraft deshy

rer das Land zum einen Bestimmungen uumlber die Deckung der Kosten treffen muss die den

Kommunen durch die Zuweisung von Pflichtaufgaben zur Erfuumlllung in eigener Verantwortung

und durch die Uumlbertragung von staatlichen Aufgaben zur Erfuumlllung nach Weisung entstehen

Zum anderen hat das Land dafuumlr zu sorgen dass die Kommunen uumlber Finanzmittel verfuumlshy

gen die zur angemessenen Erfuumlllung ihrer Aufgaben ausreichend sind Dabei ist die untershy

schiedliche Finanzkraft der Kommunen auf Grund eines Gesetzes angemessen auszugleishy

chen (Art 88 Abs 2 LVeri)

Als landesverfassungsrechtliche Garantie eines aufgabengerechten Finanzausgleichs weist

Art 88 LVerf dabei einen engen Bezug zu den bundesverfassungsrechtlichen Bestimmunshy

gen uumlber den Finanzausgleich auf welcher die Gemeinden unmittelbar einschlieszligt So steht

den Gemeinden ein bundesgesetzlich zu bestimmender Anteil an der Einkommen- und Umshy

satzsteuer (Art 106 Abs 5 5a GG) zu ferner die Ertragshoheit uumlber die Grund- und Gewershy

besteuer an deren Aufkommen aber Bund und Laumlnder durch eine Umlage beteiligt werden

sowie die Ertragshoheit uumlber die oumlrtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern sofern diese

nicht nach Maszliggabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbaumlnden zusteht (Art 1 06

Abs 6 GG) Wie der kommunale Finanzausgleich konkret ausgestaltet wird unterliegt der

Entscheidung des Landesgesetzgebers Ihm steht dabei angesichts desmiddot lneinandergreifens

von landesrechtliehen und grundgesetzliehen Finanzausgleichsvorschriften durch welche

den Gemeinden unmittelbar Steuerertraumlge zugewiesen werden sowie der Einbindung des

kommunalen Finanzausgleichs in die gesamte Haushaltswirtschaft und -planung des Landes

ein weiter Gestaltungsspielraum zu (LVerfG Urt v 16022010 aaO 361 374 mwN)

222 Im Rahmen dieses Gestaitungsspielraums hat der Landesgesetzgeber einen intershy

kommunalen horizontalen Finanzausgleich geschaffen der verfassungsrechtlich nicht zu beshy

anstanden ist

2221 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip unter dem Geshy

sichtpunkt des Verbots der echten Ruumlckwirkung soweit Steuereinnahmen aus dem Bereich

der Realsteuern des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer und des Gemeindeanteils

aus der Umsatzsteuer aus Vorvorjahreszeitraumlumen fuumlr die Berechnung der Finanzkraftumlashy

ge herangezogen werden

22211 Das Rechtsstaatsprinzip gehoumlrt zu den Vorschriften des Grundgesetzes und der

Landesverfassung die das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mit zu bestimshy

- 16 shy

men geeignet sind Es gehoumlrt damit auch zum Pruumlfungsmaszligstab der kommunalen Verfasshy

sungsbeschwerde Mit der Idee des Rechtsstaats ist der Gedanke der Dauerhaftigkeit und

Unverbruumlchlichkeil von Recht eng verbunden Der Rechtsgrundsatz der Rechtssicherheit

verlangt objektiv ein Mindestmaszlig an Kontinuitaumlt des Rechts vor allem fuumlr die Modalitaumlten

seiner Aumlnderung um die Verlaumlsslichkeit der Rechtsordnung zu erhalten Rechtssicherheit

bedeutet subjektiv in erster Linie Vertrauensschutz Es gibt aber kein schutzwuumlrdiges Vershy

trauen in den Fortbestand einer guumlnstigen Rechtslage Verfassungsrechtlich problematisch

sind Regeln die ruumlckwirkend belasten weil sie auf vergangene Sachverhalte Bezug nehshy

men

2 2212 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das grundsaumltzliche Verbot der echten

Ruumlckwirkung Eine echte Ruumlckwirkung liegt naumlmlich erst dann vor wenn (1) ein Gesetz

nachtraumlglich aumlndernd in abgewickelte der Vergangenheit angehoumlrende Tatbestaumlnde einshy

greift wenn also der von der Ruumlckwirkung betroffene Tatbestand in der Vergangenheit nicht

nur begonnen hat sondern bereits abgeschlossen war und (2) die tatbestandliehe Ruumlckanshy

knuumlpfung auch zu abgeschlossenen Rechtsfolgen vor der Verkuumlndung der gesetzlichen Reshy

gelung gefuumlhrt hat d h dass die Rechtsfolgen des neuen Gesetzes fuumlr einen vor der Vershy

kuumlndung liegenden Zeitpunkt auftreten sollen und nicht erst fuumlr die Zeit ab Verkuumlndung der

Norm (vgl Urt des LVerfG v 16022010 aaO 376 mwN) sect 12 Abs 3 FAG 2013 knuumlpft

bei der Bemessung der Finanzkraftumlage nachsect 29 FAG 2013 zwar an in der Vergangenshy

heit bereits abgeschlossene Tatbestaumlnde (Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren 2009

und 2010) an die Finanzkraftumlage wird erstmalig aber nach dem lnkrafttreten des FAG

2013 fuumlr die aktuelle Finanzkraft des Jahres 2013 erhoben die lediglich aus den Steuereinshy

nahmen der Jahre 2009 und 2010 ermittelt wird

222 i 3 Unabhaumlngig davon ob man das Anknuumlpfen bei der Berechnung der Finanzkraftumshy

lage an Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren vor der erstmaligen Erhebung der Umlashy

ge (in Sachsen-Anhalt an die Jahre 2009 bis 2012) als eine unechte Ruumlckwirkung bezeichnet

(so LVerfG MV Urt v 26012012 - 3310 - RdNr 107 juris) oder wie der Verfassungsgeshy J

richtshof des Freistaates Sachsen (Urt v 26082010- Vf 129-VIII-09 - RdNr 101 juris) I annimmt dass in dem Ruumlckgriff auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltnissen der Vorjahre

keine Ruumlckwirkung gegeben sei weil die Finanzkraftumlage die aktuelle Steuerkraft und die

der Vorjahre abschoumlpfen will kann das Anknuumlpfen an die vorvergangenen Jahre bei der Beshyf

rechnung der Finanzkraftumlage nicht als verfassungswidrig angesehen werden

IDabei ist zum einen zu beruumlcksichtigen dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfasshy 1

sungsgerichts im Beschluss vom 14051986 (2 Bvl 283 Absatz-Nr 92 juris) davon auszushy

- 17 shy

gehen ist dass eine Einordnung unter den Oberbegriff Ruumlckwirkung im weitesten Sinne

keinerlei verfassungsrechtliche Maszligstaumlbe aufzuzeigen vermag

Zum anderen besteht unter den Landesverfassungsgerichten Einigkeit daruumlber dass die Beshy

rechnung der Umlage anhand der Steuereinnahmen der vorvergangenen Jahre - unabhaumlnshy

gig davon ob man darin eine unechte Ruumlckwirkung sieht oder nicht- im Rahmen des Vershy

haumlltnismaumlszligigkeitsgrundsatzes unter dem Blickwinkel der Sachgerechtigkeit des gewaumlhlten

Maszligstabs und unter dem Gesichtpunkt des Vertrauensschutzes bewertet werden muss (vgl

SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO RdNrn 102 105 LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 106) Danach kann der Gesetzgeber auch dann wenn die Gesetzesaumlnderung

an sich verfassungsrechtlich zulaumlssig ist im Hinblick auf den Grundsatz der Verhaumlltnismaumlshy

szligigkeit verpflichtet sein eine angemessene Uumlbergangsregelung zu treffen Der Nachpruumlfung

durch das Landesverfassungsgericht unterliegt insoweit allerdings nur ob der Gesetzgeber

bei einer Gesamtabwaumlgung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der

Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gruumlnde unter Beruumlcksichtigung aller Umstaumlnde die

Grenze der Zumutbarkeit uumlberschritten hat (so auch LVerfG MV Urt v 26012012 aaO

RdNr 106 mwN)

Gegen die grundsaumltzliche Tauglichkeit des Maszligstabs bestehen keine Bedenken Hinter ihm

steht die Erwartung dass sich die Haushaltszahlen im aktuellen Jahr in etwa im Rahmen der

bekannten Daten entwickeln werden

Im Rahmen der gebotenen Abwaumlgung ist zu beruumlcksichtigen dass der Landesgesetzgeber

bereits 1999 und 2007 die Einfuumlhrung eines interkommunalen Finanzausgleichs fuumlr verfasshy

sungsrechtlich dringend geboten gehalten und 2010 nur deshalb zunaumlchst auf die Erhebung

der Umiage verzichtet hat weii er keine einfache Moumlglichkeit gesehen hatte die Vorgaben

des Landesverfassungsgerichts aus dem Urteil vom 16022010 umzusetzen Bereits in dem

am 13042011 geschlossenen Koalitionsvertrag haben die regierungsbildenden Koalitionaumlra

festgeschrieben dass das bestehende System des kommunalen Finanzausgleichs fuumlr das

Jahr 2012 fortgeschrieben werden solL lnfolge dieser Absicht sollte ein Gutachter auch eine

verfassungskonforme Loumlsung zur Erhebung einer Umlage zur Angleichung der Finanzkraft

zwischen armen und reichen Kommunen finden Bei dieser Sachlage kann nicht davon

ausgegangen werden dass die Kommunen vor der Wiedereinfuumlhrung der Finanzkraftumlage

im Jahre 2013 darauf vertrauen durften von einer solchen Abgabe verschont zu bleiben

Das Landesverfassungsgericht hat sowohl bereits in seinem Urteil vom 13062006 als auch

in seinem Urteil vom 16022010 ausgefuumlhrt dass eine interkommunale Finanzkraftumlage

- 18shy

grundsaumltzlich mit der Landesverfassung vereinbar ist nur nicht deren konkrete Ausgestalshy

tung durch das jeweilige FAG

Ferner ist zu beruumlcksichtigen dass ein allgemeiner Vertrauensschutz auf den Fortbestand

der bisherigen Strukturen des Finanzausgleichs grundsaumltzlich nicht besteht was auch einen

Schutz des Vertrauens auf die Nichteinfuumlhrung neuer finanzausgleichsrechtlicher Instrumenshy

te ausschlieszligt Die Garantie der Selbstverwaltung verleiht den Gemeinden keinen verfasshy

sungsrechtlichen Anspruch auf Beibehaltung einer einmal erreichten Struktur des Finanzshy

ausgleichs Vielmehr steht es dem Gesetzgeber frei veraumlnderte Rahmenbedingungen neue

Erkenntnisse und gewandelte Praumlferenzvorstellungen bei der jaumlhrlichen Regelung des komshy

munalen Finanzausgleichs zu beruumlcksichtigen (so auch LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 109 mwN SaumlchsVerfGH Urt v 28082010 aaO RdNL 1 05)

Etwas anderes folgt auch nicht daraus dass es den betroffenen Gemeinden im Jahre 2013

tatsaumlchlich nicht mehr moumlglich war fuumlr die vorvergangenen Jahre im Hinblick auf die Finanzshy

ausgleichsumlage Dispositionen zu treffen indem sie ihr Ausgabeverhalten geaumlndert oder

die Hebesaumltze insbesondere fuumlr die Gewerbesteuer an der Umlage ausgerichtet haumltten Der

Umstand dass bei der Berechnung der Umlagenhoumlhe auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltshy

nissen der vorvergangenen Vorjahre zuruumlckgegriffen wird aumlndert nichts daran dass die Reshy

gelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht die Steuerkraft der abgeschlossenen Vorjahre sonshy

dern die jeweils aktuelle Steuerkraft im Auge hat

Dass sowohl Zuweisungen des Landes als auch zu erhebende Umlagen nicht an das laushy

fende Steueraufkommen des aktuellen Jahres anknuumlpfen koumlnnen ist systemimmanent weil

verlaumlssliche Finanzdaten immer erst mit zeitlicher Verzoumlgerung feststehen Die damit notshy

wendig verbundenen Unschaumlrfen sind hinzunehmen insoweit kann fuumlr die Finanzkraftumiashy

ge nichts anderes gelten als z B fuumlr die Kreisumlage Der Gesetzgeber ist daher daran geshy

bunden das einmal gewaumlhlte System auch auf die Finanzkraftumlage anzuwenden (so

schon LVerfG Urt v 13062006 aaO S 475)

Eine theoretische Alternative waumlre zwar ein Finanzausgleichssystem das zunaumlchst mit

Schaumltzwerten fuumlr das laufende Jahr arbeitet die fortlaufend an die tatsaumlchlichen Daten anshy

gepasst werden Letztlich muumlsste dann zum Abschluss eine Spitzabrechnung durchgefuumlhrt

werden Eine verlaumlssliche Finanz- Ausgaben- und Haushaltswirtschaft der Gemeinden waumlre

damit allerdings praktisch kaum zu leisten (so auch SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO

RdNr 103 unter Hinweis auf BVerfG Urt v 24061986- 2 BvF 1 5 683 184 und 1 285

- BVerfGE 72 330 400)

19 shy

22214 Im Uumlbrigen ermoumlglichtsect 12 Abs 4 FAG 2013 in der zweijaumlhrigen Uumlbergangszeit in

der Steuereinnahmen aus der Zeit vor lnkrafttreten des Gesetzes in die Berechnung der Fishy

nanzkraft einflieszligen fuumlr den Fall dass die fuumlr die spaumltere Zahlung der Finanzkraftumlage

benoumltigten Betraumlge nicht sofort einer Ruumlckstellung zugefuumlhrt wurden eine Befreiung von der

Verpflichtung zur Zahlung der Finanzkraftumlage wenn es in einem nachfolgenden Jahr zu

einem Einbruch des Gewerbesteueraufkommens kommt die Kommune nicht uumlber ausreishy

chende Ruumlcklagen bzw freie liquide Mittel verfuumlgt und sie die Verpflichtung zur Abfuumlhrung

der Finanzkraftumlage vor Probleme stellt sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 verstoumlszligt

nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz Kernelement des Rechtsstaatsprinzips ist dass alshy

le materiellen Rechtsnormen mit Regelungsanspruch dem Rechtsunterworfenen gegenuumlber

diesem die Moumlglichkeit einraumlumen sein Verhalten auf die Rechtsnorm einzurichten Schon

nach allgemeinen rechtsstaatliehen Regeln verlangt der Bestimmtheitsgrundsatz gesetzliche

Tatbestaumlnde so praumlzise zu formulieren dass ein Normadressat sein Handeln kalkulieren

kann weil die Folgen der Regelung fuumlr ihn voraussehbar und berechenbar sind Dies bedeushy

tet zwar nicht dass die Norm uumlberhaupt keine Auslegungsprobleme aufwerfen darf Dem

Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genuumlgt wenn diese mit herkoumlmmlichen juristischen

Methoden bewaumlltigt werden koumlnnen Es muss auch verlangt werden dass der Gesetzgeber

wenigstens seinen Grundgedanken das Ziel seines gesetzgeberischen Wollens deutlich

macht Allen Bestimmtheitsanforderungen ist gemeinsam dass der Grad der Bestimmtheit

von den jeweiligen sachlichen Eigenarten des Regelungsgegenstandes abhaumlngt Stets sind

Rechtsvorschriften so genau zu fassen wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden leshy

benssachverhalte und mit Ruumlcksicht auf den Normzweck moumlglich ist (vgl Urt des l VerfG v

16022010 aaO 381 mwN)

sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 haumllt diesen Anforderungen stand Bei der Regelung

handelt es sich nicht um eine Ermessensvorschrift sondern um eine gebundene Entscheishy

dung mit unbestimmten Rechtsbegriffen auf der Tatbestandsebene Die in sect 17 Abs 1 FAG

2013 verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe auszligergewoumlhnliche Belastungen Notlage

und besondere Haumlrte lassen sich durch Auslegung soweit konkretisieren dass sie selbst

dem Bestimmtheitsgebot des Art 103 Abs 2 GG genuumlgen wuumlrden Den Begriff Notlage deshy

finiert sect 17 Abs 1 S 2 FAG 2013 indem es dort heiszligt Als Notlage gilt insbesondere der

Fall dass die Einnahmemoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren

Ausgabeverpflichtungen nicht ausreichen Der Begriff der auszligergewoumlhnlichen Belastung

ist ein im Steuer- und Sozialrecht (vgl zB sect 33 des Einkommensteuergesetzes - EStG shy

oder im Sozialrecht zB sect 27 Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung- SchwbAV)

verwendeter Begriff der durch den Bundesgesetzgeber und die Rechtsprechung hinreichend

- 20 shy

konkretisiert ist Eine auszligergewoumlhnliche Belastung ist dadurch gekennzeichnet dass einem

Pflichtigen immer dann wenn er zwangslaumlufig groumlszligere Aufwendungen als die uumlberwiegende

Mehrzahl der Pflichtigen gleicher Einkommensverhaumlltnisse und gleicher Vermoumlgensverhaumlltshy

nisse erbringen muss der Teibull der Aufwendungen ermaumlszligigt wird der die dem Pflichtigen

zurnutbare Belastung uumlbersteigt (sect 33 Abs 1 EStG) Aufwendungen erwachsen dem Pflichtishy

gen nur zwangslaumlufig wenn er sich ihnen aus rechtlichen tatsaumlchlichen oder sittlichen

Gruumlnden nicht entziehen kann Das ist der Fall wenn die Gruumlnde der Zwangslaumlufigkeit derart

von auszligen auf die Entschlieszligung des Pflichtigen einwirken dass er ihnen nicht ausweichen

kann er also tatsaumlchlich keine Entscheidungsfreiheit hat bestimmte Aufwendungen vorzushy

nehmen oder zu unterlassen Liegt eine maszliggeblich vom menschlichen Willen beeinflusste

Situation vor so handelt es sich dagegen um keine Zwangslage in diesem Sinne von sect 33

Abs 1 EStG (vgl BFH Urt v 17072014- VI R 4213- RdNr 13- juris) Auch der Begriff

der besonderen Haumlrte ist ein im Verwaltungs- und Sozialrecht insbesondere bei Billigkeitsshy

entscheidungen haumlufig verwendeter unbestimmter Rechtsbegriff der eine hinreichende Konshy

kretisierung durch die fachgerichtliche Rechtsprechung erfahren hat Der Begriff der besonshy

deren Haumlrte ist ein durch die Fachgerichte voll uumlberpruumlfbarer Rechtsbegriff (vgl BVerwG

Urt v 29031979- 2 C 1677 - Buchholz 2384 sect 46 SG Nr S 52) Durch Bestimmungen

die diesen Begriff verwenden sollen unzumutbare Belastungen vermieden werden Der Geshy

setzgeber fuumlhrt regelmaumlszligig eine Haumlrtevorschrift ein um von den Regelvorschriften nicht ershy

fassten Ausnahmefaumlllen und Grenzsituationen Rechnung tragen zu koumlnnen (vgl BVerwG

Urt v 11021977-6 C 10574- RdNr 28- juris)

Ob bei Anwendung der Befreiungsregelung dessect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 durch

die Exekutive den abundanten Gemeinden angesichts ihrer hohen Gewerbesteuershy

einnahmen in der Vergangenheit abverlangt werden kann ROcklagen aus vergangenen Jahshy

ren einzusetzen oder Kassenkredite aufzunehmen betrifft die Rechtsanwendung und ist von

der Fachgerichtsbarkeit zu klaumlren

2222 Soweit die Beschwerdefuumlhrerin unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Landesshy

verfassungsgerichts im Urteil vom 16022010 geltend macht die Finanzkraftumlage sei

deshalb verfassungswidrig weil sie auf der Landkreisebene bei nicht abundanten Landkreishy

sen durch die Heranziehung einer abundanten Gemeinde zur Finanzkraftumlage eine Schatshy

tenwirkung herbeifuumlhre die dazu fuumlhre dass im Ergebnis dieser Schattenwirkung die Fi-middot

nanzkraftumlage den nicht abundanten Landkreis treffe vermag sie damit die Verfassungsshy

widrigkeit von sect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht zu begruumlnden weil dieser Entscheidung ein anshy

ders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag

- 21 shy

ln sect 16 Abs 2 FAG 2007 war vorgesehen dass ab dem 01 01 2008 eine Kuumlrzung der Beshy

messungsgrundlage der Kreisumlage um die Finanzkraftumlage vorzunehmen war Der Geshy

setzgeber des FAG 2007 hatte dadurch eine Kuumlrzung der Steuerkraftmesszahl um die abzushy

fuumlhrende Finanzkraftumlage als Berechnungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage vorgenommen

Damit konnte fuumlr das Finanzausgleichsmodell das dem FAG 2007 zugrunde lag die Kreisshy

umlagebelastung fuumlr die von der Finanzkraftumlage belasteten Gemeinden spuumlrbar verrinshy

gert werden Um den Eingriff in das Kreisumlagegefuumlge des betroffenen Landkreises abzushy

mildern hatte der Gesetzgeber den Abzug der Finanzkraftumlage zugleich bei der Ermittlung

der Umlagekraftmesszahl der Landkreise (sect 9 FAG 2007) zu beruumlcksichtigen Damit verminshy

derte sich nicht nur die Steuerkraftmesszahl als Bemessungsgrundlage der Kre isumlage

sondern auch als Bemessungsgrundlage fuumlr die Houmlhe der allgemeinen Zuwendungen fuumlr die

Landkreise Dies fuumlhrte dazu dass die Landkreise mit abundanten Gemeinden die wegen

einer houmlheren Umlagekraft an sich weniger allgemeine Zuweisungen erhielten mehr erhielshy

ten Da das Land den Betrag der allgemeinen Zuweisungen an die Landkreise allerdings unshy

veraumlndertmiddot belassen hatte fuumlhrte dies aber dazu dass die anderen Landkreise ohne abunshy

dante Gemeinden weniger allgemeine Zuweisungen erhielten Nur diese Regelung des sect 16

Abs 2 FAG 2007 hat das Landesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 16022010 als eishy

nen verfassungswidrigen Eingriff des Landesgesetzgebers in die Finanzhoheit der Landkreishy

se angesehen Auch die weiteren Ausfuumlhrungen des Landesverfassungsgerichts im Urteil

vom 16022010 beziehen sich auf die beanstandete Regelung dessect 16 Abs 2 FAG 2007

Mit sect 12 FAG 2013 hat der Gesetzgeber ein neues Modell fuumlr die Erhebung der Finanzshy

kraftumlage eingefuumlhrt Dieses Modell stellt sich wie folgt dar Der Gesetzgeber hat das Moshy

dell der sog Abundanzumlage (sect 19a FAG 2005 FAG 2007) bei der eine normierte Steuershy

kraft mit einem normierten Bedarf verglichen wird und fuumlr den Fall dass die Steuerkraft den

Bedarf uumlbersteigt (Abundanz) die Moumlglichkeit eines Zugriffs auf einen gewissen Prozentsatz

des abundanten Teils besteht aufgegeben und nunmehr den Finanzausgleich unter den

steuerstarken und steuerschwachen kreisangehoumlrigen Gemeinden nach einem anderen Moshy

dell vorgenommen das nicht nur die beschriebene uumlberschieszligende Steuerkraft fuumlr die Beshy

rechnung der Umlage heranzieht sondern in Anlehnung an eine entsprechende Regelung in

Baden-Wuumlrttemberg eine breitere Bemessungsgrundlage waumlhlt

Gemaumlszlig sect 12 Abs 2 S 4 und 5 FAG 2013 wird nunmehr fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden

ein Ausgleichsverfahren als Rechenschritt bei der Ermittlung der endguumlltigen Schluumlsselshy

zuweisung durchgefuumlhrt Dabei wird die Schluumlsselzuweisung A mit beruumlcksichtigt Bei der

Schluumlsselzuweisung A wird nach sect 12 Abs 2 S 5 FAG 2013 allen kreisangehoumlrigen Geshy

meinden deren Steuerkraft je Einwohner 80 vH des Durchschnitts aller Gemeinden untershy

- 22shy

schreitet die Differenz der eigenen Steuerkraft zu 80 vH der durchschnittlichen Steuerkraft

zu 80 vH ausgeglichen Diese Schluumlsselzuweisung bewirkt eine dem Finanzausgleich der

Regelungen des FAG 2005 und des FAG 2007 noch unbekannte Verlagerung unter allen

Zuweisungsempfaumlngern also allen nicht abundanten Gemeinden zugunsten der steuershy

schwachen Gemeinden und zurasten der mehr steuerstarken Gemeinden Die abundanten

Gemeinden die keine Zuweisungsempfaumlnger sind werden hierdurch noch nicht belagttet Ihshy

re Belastung erfolgt erst durch die Regelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 Danach zahlen alie

kreisangehoumlrigen Gemeinden also sowohl die Zuweisungsempfaumlnger als auch die abundanshy

ten Gemeinden eine Umlage von 10 vH der Summe aus der Steuerkraftmesszahl fuumlr Geshy

meinden gemaumlszligsect 14 FAG 2013 und den Schluumlsselzuweisungen A und B also ihrer gesamshy

ten Finanzkraft Uumlber sect 14 Abs 3 Nr 2 FAG 2013 geraten ua die Gewerbeshy

steuereinnahmen der abundanten Gemeinden in Houmlhe von 10 vH in diesen Finanzkraftumshy

lagetopf Dieser Umlagetopf erhoumlht gem sect 12 Abs 3 S 2 FAG 2013 die Finanzmasse fuumlr die

Schluumlsselzuweisung B

Diese veraumlnderte Schluumlsselzuweisung B wird dann nach der Regelung des sect 12 Abs 2 S 6

FAG auf die Schluumlsselzuweisungsempfaumlnger umgelegt Gemaumlszlig sect 19 Abs 2 FAG flieszligt die

zuletzt genannte Schluumlsselzuweisung an die kreisangehoumlrigen Gemeinden zwar in die Kreisshy

umlagenberechnung ein Da sich die Bemessung der Kreisumlage aus der Steuerkraft und

den Schluumlsselzuweisungen fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden zusammensetzt wird die

Finanzkraftumlage somit auch zum Abzugsposten bei der Bemessungsgrundlage der Kreisshy

umlage Diese Einbeziehung der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Finanzkraftshy

umlage in die Kreisumlagenberechnung stellt indes keinen Eingriff in die ebenfalls verfasshy

sungsrechtlich geschuumltzte Finanzhoheit der Landkreise dar

Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumiage unterscheidet sich im Hinblick auf die Ebeshy

nentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren vom Landesverfassungsgericht beanstandeten

Finanzkraftumlage Letztere floss dem Ausgleichsstock zu so dass sie den Landkreisen als

Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgesamt verloren ging Demgegenuumlber wird

durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgeshy

samt nicht geschmaumllert

Das Landesverfassungsgericht hat weder heute noch hatte es im Urteil vom 16022010 Beshy

denken dagegen dass uumlber die vorgelagerten Regelungen zur Bestimmung der Steuerkraftshy

messzahl und zur Festlegung der Schluumlsselzuweisungen der Gemeinden zugleich die Beshy

messungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage festgelegt wird Dass jede Aumlnderung der Finanzshy

ausstattung der kreisangehoumlrigen Gemeinden zwangslaumlufig auch zu Verlagerungen bei der

- 23shy

Finanzausstattung der Landkreise fuumlhrt verstoumlszligt als solches nicht gegen die Landesverfasshy

sung Dies gilt auch fuumlr die neu eingefuumlhrte Vorabverteilung der Schluumlsselmasse A zugunsshy

ten der finanzschwachen Kommunen Sie fuumlhrt zu keinen Veraumlnderungen bei der Gesamtshy

summe der Umlagekraftmesszahlen der Landkreise hat aber Verschiebungen zwischen den

einzelnen Landkreisen zur Folge Die jetzige gesetzliche Regelung stellt sicher dass die jeshy

weiligen Gesamtsummen der beiden Komponenten der Finanzausstattung der Landkreise

durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnderung erfahren Der Gesamtbemessungsgrundiashy

ge fuumlr die Kreisumlage werden durch die Verschiebungen zwischen den Kommunen keine

Betraumlge entzogen Da es keine abundanten Landkreise gibt ergeben sich auch keine Ausshy

wirkungen auf die Gesamthoumlhe der Schluumlsselzuweisungen die die Landkreise vom Land ershy

halten

Waumlhrend die Gesamtausstattung der Landkreise durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnshy

derung erfaumlhrt ergeben sich - dies raumlumt die Landesregierung selber ein - allerdings gerinshy

ge Verlagerungseffekte zwischen den einzelnen Landkreisen Diese Verlagerungseffekte

sind indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

Den Anspruch auf angemessene Finanzausstattung der Landkreise darf der Gesetzgeber

einschraumlnken soweit andere Interessen von Verfassungsrang dies rechtfertigen Nicht nur

der horizontale gemeindliche sondern auch der uumlbergemeindliche Finanzausgleich ist von

dem Grundsatz der interkommunalen Solidaritaumlt gepraumlgt (LVerfG Urt v 13062006-705shy

LVerfGE 17 410 429 NdsStGH NdsVBL 2001 184 188) Der Gedanke der interkommushy

nalen Solidaritaumlt umfasst - wie die Kreisumlage zeigt - auch die ausgleichenden Finanzshy

stroumlme zwischen der Gemeinde- und Kreisebene (vgL auch SaumlchsVerfG Urt v 29012010

- Vf 25-VIII-09 - RdNr 119 - juris unter Hinweis auf BVerfG Beschl v 07021991

- 2 BvL 2484 - BVerfGE 83 363 391f LVerfG MV Urt v 26012012- 1810 - RdNr

81) Haumltte der Gesetzgeber eine Verschiebung von finanzstarken zu finanzschwachen Landshy

kreisen mit einer eigenstaumlndigen Ausgleichsregelung herbeigefuumlhrt waumlre dies durch Art 88

ALs 2 S 1 LVerf gedeckt Nichts anderes gilt wenn derselbe Effekt mittelbar durch die vershy

fassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung zum Finanzkraftausgleich der Gemeinshy

den erreicht wird Der Ebene des einzelnen Landkreises steht dem Vertust an Bemessungsshy

grundlage durch die negative Schluumlsselzuweisung der abundanten Gemeinden (sofern keine

Befreiungen erteilt wurden) jeweils ein Gewinn an Bemessungsgrundlage durch die Erhoumlshy

hung der Schluumlsselzuweisung der uumlbrigen Gemeinden gegenuumlber Je nachdem welcher Efshy

fekt uumlberwiegt erhoumlhen oder vermindern sich die Einnahmen der jeweiligen Landkreise aus

der Kreisumlage durch die Finanzkraftumlage geringfuumlgig Diese Aumlnderung bei dem Aufshy

kommen an Kreisumlage ist aber nicht gleichzusetzen mit der Aumlnderung der Finanzkraft der

- 24shy

Landkreise Da es keine abundanten Landkreise gibt bekommen saumlmtliche Landkreise

Schluumlsselzuweisungen vom Land Der nicht bereits durch die Kreisumlage ausgeglichene

Finanzbedarf der Landkreise wird im Jahr 2013 zu 80 in den Folgejahren zu 90 ausgeshy

glichen Dieser Mechanismus bewirkt dass auch der noch nicht kompensierte Verlust an

Bemessungsgrundlage durch abundante Gemeinden zu 90 (bzw 2013 zu 80 ) ausgeshy

glichen wird Oie verbleibenden Differenzbetraumlge sind wirtschaftlich unbedeutend und vershy

fassungsrechtlich hinzunehmen (vgl auch LVerfG MV Urt v 2601 2012 - 3310 - RdNr

79- juris)

2223 Eine verfassungswidrige Schattenwirkung fuumlr weitere benachbarte kreisangehoumlrige

und nicht abundante Gemeinden laumlsst sich ebenfalls nicht feststellen Die finanzschwache

Nachbargemeinde profitiert direkt von der Finanzkraftumlage Die von der Beschwerdefuumlhreshy

rin beschriebene mittelbare Schattenwirkung durch die Moumlglichkeit einer Erhoumlhung der

Kreisumlage betrifft die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal und

muss daruumlber hinaus auch differenziert betrachtet werden Es besteht ein Unterschied ob

eine solche Kommune in einem Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft liegt Der

Landkreis mit niedriger Umlagekraft wird in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlashy

ge erheben waumlhrend der Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlshy

rigen Kommunen nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muss De facto verfuumlgen alshy

so die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verbleiben Die Finanzkraftshy

umlage mildert diesen Effekt unter Umstaumlnden geringfuumlgig ab Die nicht abundanten Komshy

munen in dem Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten eventuell dadurch beshy

lastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoben wuumlrde um den Verlust des

Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzkraftumlage zu kompensieren ln

dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saido von der Finanzkraftumlage profitiershy

ten erhoumlht sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass der Kreisumlagesatz sogar (geshy

ringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Daruumlber hinaus besteht eine Solidaritaumltsverpflichtung der Kreise gegenuumlber den kreisangeshy

houmlrigen Gemeinden die diese vor einer unangemessenen Erhoumlhung der Kreisumlage

schuumltzt (vgl Faber in HennekePuumlnderWaldhoff Recht der Kommunalfinanzen 2006 sect 34

RdNr 50)

3 Die Kostenentscheidung beruht auf sect 32 LVerfGG Gerichtskosten werden nicht erhoben

(Absatz 1) Gruumlnde fuumlr die Anordnung der Erstattung der notwendigen Auslagen der erfolglos

gebliebenen Beschwerdefuumlhrerin sind nicht ersichtlich (Abs 2 und 3)

- 25 shy

Dr Zettel GemmerSchubert Bergmann

Prof Or Kluth StallFranzkowiak

Page 11: URTEIL - Landesportal Sachsen-Anhalt

- II shy

verlaumlssliche Finanzdaten immer erst mit zeitlicher Verzoumlgerung feststaumlnden Insoweit koumlnne

fuumlr die Finanzkraftumlage nichts anderes gelten als zB fuumlr die Kreisumlage Der Gesetzgeshy

ber sei daher daran gebunden das einmal gewaumlhlte System auch auf die Finanzkraftumlage

anzuwenden Eine theoretische Alternative waumlre ein Finanzausgteichssystem das zunaumlchst

mit Schaumltzwerten fuumlr das laufende Jahr arbeite die fortlaufend an die tatsaumlchlichen Daten

angepasst wuumlrden Letztlich muumlsste dann zum Abschluss eine Spitzabrechnung durchgeshy

fuumlhrt werden Es bestehe jedoch Einigkeit daruumlber dass dies zum einen vom Verwaitungsshy

aufwand her nicht zu bewaumlltigen waumlre zum anderen der Nachteil in Gestalt der Planungsunshy

sicherheit bei den Kommunen den Vorteil der etwas groumlszligeren Gerechtigkeit weit uumlberwiegen

wuumlrde Daher sei allen Finanzausgleichssystemen der Bundeslaumlnder gemeinsam dass fuumlr

das laufende Jahr Zahlen verwendet wuumlrden die mittels prognostischer Annahmen aus den

Werten vergangener Jahre abgeleitet wuumlrden Die Anknuumlpfung an die Daten des vorverganshy

genen Jahres liege der Berechnung des Finanzausgleichs insgesamt zu Grunde nicht nur

der Berechnung der Finanzkraftumlage Durch den Uumlbergang vom kameralen zum doppishy

schen Buchungsstil der inzwischen bei fast allen Kommunen abgeschlossen sei habe sich

im Uumlbrigen das Problem der zeitlichen Verschiebung zwischen Abundanz und Zahlung der

Umlage weitgehend erledigt

Den berechtigten Interessen der zahlungspflichtigen Kommunen dabei nicht uumlberfordert zu

werden trage die Befreiungsvorschrift hinreichend Rechnung Dass im Rahmen der Pruumlfung

der Befreiungen den Antragstellern wie der Beschwerdefuumlhrerin zugemutet werde eigene

Ruumlcklagen zum Zweck der Zahlung der Finanzkraftumlage einzusetzen sei derzeit Gegensshy

tand einer verwaltungsgerichtlichen Uumlberpruumlfung Ob das Gebot des Haushaltsausgleichs

Vorrang vor anderen Verwendungsabsichten der Ruumlcklagen habe sei eine fachgerichtlich zu

beantwortende Frage Fuumlr die jetzige Gesetzesfassung einer Befreiungsklausel wuumlrden die

aUgemeinen Bestimmtheitsanforderungen gelten Diesen werde sect 12 Abs 4 i V m sect 17

FAG 2013 zweifelsohne gerecht Soweit die Kernnorm der Gewaumlhrung von Leistungen aus

dem Ausgleichsstock naumlmlich der in sect 17 Abs 1 S 2 FAG geregelte Fall dass die Einnahshy

memoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren Ausgabeverpflichtungen

nicht ausreichten in Bezug genommen werde sei aufgrund einer langjaumlhrigen Klaumlrung durch

Behoumlrdenpraxis und die Rechtsprechung der Gerichte an der Bestimmtheit nicht zu zweifeln

Dass daruumlber hinaus die weiter gefassten Anwendungsfaumllle des sect 17 FAG von der Verweishy

sung erfasst wuumlrden belaste die Beschwerdefuumlhrerin nicht

Die jetzige Regelung der Finanzkraftabgabe greife nicht unzulaumlssig in die Finanzhoheit der

Landkreise ein Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumlage unterscheide sich im Hinshy

blick auf die Ebenentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren Finanzkraftumlage Bei der fruumlshy

- 12 shy

heren Regelung sei die Finanzkraftumlage dem Ausgleichsstock zugeflossen so dass sie

den Landkreisen als Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage verloren gegangen sei

Demgegenuumlber werde durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die

Kreisumlage insgesamt nicht geschmaumllert Es koumlnnte nur darum gehen inwieweit minimale

Verlagerungen der Bemessungsgrundlage von den finanzstarken zu den finanzschwaumlcheren

Landkreisen mit der Landesverfassung vereinbar seien Die Finanzkraftumlage fuumlhre innershy

halb eines Landkreises zu einer verminderten Umlagekraft der abundanten Gemeinden ershy

houmlhe aber die Umlagekraft der Empfaumlnger der Umlage Innerhalb eines Landkreises komshy

pensierten sich diese Gewinne und Verluste bei Bemessungsgrundlage weitgehend Aus

diesen Gruumlnden habe es der Landesgesetzgeber fuumlr kontraproduktiv gehalien diesen ershy

wuumlnschten Effekt durch einen nachgelagerten Spitzausgleich unter den Landkreisen zu beshy

seitigen Im Rahmen der Erarbeitung des Gesetzentwurfes habe auch eine Finanzkraftumlashy

ge zwischen den Landkreisen lange zur Diskussion gestanden Diese Loumlsung sei allerdings

verworfen worden Eine Stoumlrung der Belastungsgerechtigkeit auf Gemeindeebene und eine

Schattenwirkung auf Kreisebene zu vermeiden waumlre nur durch eine Kombination der derzeishy

tigen Regelung mit einem nachgelagerten Spitzausgleich auf der Landkreisebene moumlglich

Die Ausfuumlhrungen der Beschwerdefuumlhrerin uumlber die mittelbare Schattenwirkung gingen an

der Lebenswirklichkeit vorbei Bei einem Blick auf die Kreishaushalte werde angesichts der

starken Schwankungen in vielen Haushaltsbereichen schnell klar dass eine Verlagerung von

wenigen Tausend Euro bei der Bemessungsgrundlage der Kreisumlage eine voumlllig uninteshy

ressante Groumlszlige sei Ein Einfluss der Finanzkraftumlage auf die Kreisumlagefestsetzung sei

nicht ersichtlich Die finanzschwache Nachbargemeinde profitiere direkt von der Finanzkraftshy

umlage Die von der Beschwerdefuumlhrerin beschriebene mittelbare Schattenwirkung treffe

die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal Wenn im Zusammenshy

hang mit dem Finanzausgieich von armen und reichen Kommunen die Rede sei beziehe r

sich das uumlblicherweise auf die Moumlglichkeit zur Erzielung von Steuereinnahmen Es spiele

aber bei genauerer Betrachtung daruumlber hinaus eine Rolle ob diese Kommunen in einem

Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft laumlgen Der Landkreis mit niedriger Umlashy Igekraft werde in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlage erheben waumlhrend der

reiche Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlrigen Kommunen

I uumlblicherweise nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muumlsse Oe facto verfuumlgten also

die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verblieben Die nicht abunshy i danten Kommunen in dem reichen Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten l eventuell dadurch (minimal) belastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoshy l

ben werde um den Verlust des Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzshy

I

r ~

~

- 13shy

kraftumlage zu kompensieren ln dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saldo von

der Finanzkraftumlage profitierten erhoumlhe sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass

der Kreisumlagesatz (geringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Der Landtag hat sich nicht geaumluszligert

E n t s c h e i d u n g s g r uuml n d e

Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist zulaumlssig (1 ) jedoch nicht begruumlndet (2 )

1 Das Landesverfassungsgericht ist zur Entscheidung uumlber die kommunale Verfassungs~

beschwerde berufen (vgl dazu im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen LVerfG Urt v

31051994- LVG 293 - LVerfGE 2 227 245 f Urt v 31051994- LVG 194 - LVerfGE

2 273 289f Urt v 31051994- LVG 494- LVerfGE 2 323 334 f) Soweit eine Verletshy

zung des durch Art 2 Abs 3 und 87 LVerf garantierten Selbstverwaltungsrechts behauptet

wird handelt es sich um eine kommunale Verfassungsbeschwerde im Sinne des Art 75 Nr

7 LVerf und dersectsect 2 Nr 8 51 des Landesverfassungsgerichtsgesetzes in der Fassung vom

24092009- LVerfGG- (GVBI S 474) Diese Bestimmungen berechtigen die Kommunen

gegen Eingriffe in ihr Selbstverwaltungsrecht durch ein Landesgesetz das Landesverfasshy

sungsgericht anzurufen

Nach sect 51 Abs 1 LVerfGG koumlnnen Kommunen die Verfassungsbeschwerde mit der Behaupshy

tung erheben durch ein Landesgesetz in ihrem Recht auf Selbstverwaltung nach Art 2 Abs

3 und Art 87 LVerf verletzt zu sein Gemaumlszlig sect 57 Abs 2 LVerf gelten die sectsect 48 bis 50

LVerfGG entsprechend Nach sect 49 L VerfGG (hinsichtlich der Verfassungsbeschwerde gegen

ein Gesetz deckungsgleich mit sect 92 BVerfGG) sind in der Begruumlndung der Verfassungsbeshy

schwerde welche nach sect 16 Abs 1 S 2 LVerfGG erforderlich ist das Recht das verletzt

sein soll und die Gesetzesvorschrift durch die sich die Beschwerdefuumlhrerin unmittelbar vershy

letzt sieht zu bezeichnen Die Zulaumlssigkelt einer kommunalen Verfassungsbeschwerde geshy

gen ein Gesetz setzt voraus dass die Beschwerdefuumlhrerin selbst gegenwaumlrtig und unmittelshy

bar durch die angegriffenen Rechtsnormen in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt ist Die

angegriffenen Normen beschraumlnken unmittelbar und gegenwaumlrtig das Selbstverwaltungsshy

recht der Beschwerdefuumlhrerin ohne dass ein weiterer angreifbarer Umsetzungsakt notwenshy

dig wird Insoweit wird auch auf die Gruumlnde des Urteils des Gerichts vom 16022010- LVG

908- (LVerfGE 21 361 mwN) verwiesen

- 14shy

Die Verfassungsbeschwerde ist formgerecht und innerhalb der Jahresfrist der sectsect 51 Abs 2

48 LVerfGG erhoben worden

2 Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist nicht begruumlndetsect 12 Abs 3 FAG 2013 steht

im Einklang mit der in den Artt 2 Abs 3 87 und 88 L Verf naumlher ausgeformten Garantie der

kommunalen Selbstverwaltung

21 Bedenken gegen die formelle Rechtmaumlszligigkeit des FAG 2013 bestehen nicht Der Geshy

setzgeber hat keine Vorgaben des Gesetzgebungsverfahrens verletzt insbesondere traf ihn

keine Begruumlndungspflicht dafuumlr weshalb er eine Umlagenhoumlhe von 10 insect 12 Abs 3 FAG

2013 gewaumlhlt hat Aus den Vorschriften der Landesverfassung die das Gesetzgebungsvershy

fahren regeln (Artt 77 ff LVerf) ergibt sich keine Pflicht zur Begruumlndung von Gesetzen durch

den Landtag Nach sect 23 Abs 2 S 2 der Geschaumlftsordnung des Landtages von Sachsenshy

Anhalt muumlssen Gesetzesentwuumlrfe schriftlich begruumlndet sein Eine uumlber diese allgemeine Beshy

gruumlndungsnotwendigkeit hinausgehende Pflicht zur genauen Erlaumluterung des sect 12 Abs 3

FAG 2013 besteht nicht Eine besondere Darlegungslast des Gesetzgebers ergibt sich auch

nicht aus der speziellen Gesetzesmaterie des kommunalen Finanzausgleichs Der Gesetzshy

geber ist nicht gehalten die Gruumlnde fuumlr die Festlegung konkreter Betraumlge oder Verteilungsshy

kriterien im Einzelnen darzulegen Das Landesverfassungsgericht uumlberpruumlft das Finanzausshy

gleichsgesetz daher als Ergebnis eines Gesetzgebungsprozesses und nicht nur auf welshy

chem Weg der Gesetzgeber zu diesem Ergebnis gelangt ist (LVerfG Urt v 09102012shy

LVG 5710 - LVerfGE 23 315 333f) Der generellen Annahme einer in das Einzelne geshy

henden Begruumlndung bei jeder Gesetzgebung stehen im Uumlbrigen praktische Erwaumlgungen

entgegen So waumlre eine Abstimmung uumlber die Begruumlndung erforderlich um feststellen zu

koumlnnen ob die Mehrheit der Abgeordneten des Landtages diese Begruumlndung traumlgt

22 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt auch materiell-rechtlich nicht gegen die Landesshy

verfassung

221 Pruumlfungsmaszligstab ist die Selbstverwaltungsgarantie der Artt 2 Abs 3 87 und 88 L Verf

Seide Bestimmungen konkretisieren fuumlr das Land Sachsen-Anhalt die in Art 28 GG enthalshy

tene bundesverfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und haben

nach Zweck und Entstehungsgeschichte jedenfalls denselben Mindestgehalt wie Art 28 Abs

1 S 2 und 3 sowie Abs 2 GG Zum Selbstverwaltungsrecht der Kommunen gehoumlrt nach geshy

festigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG Beschl v 151 01985 shy

2 BvR 1808 1809 181082- BVerfGE 71 25 36 mwN) die Finanzhoheit der Kommunen

Sie umschlieszligt die eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft Die Verfasshy

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- 15 shy

sung des Landes Sachsen-Anhalt enthaumllt mit Art 87 Abs 3 einerseits und Art 88 anderershy

seits zwei selbstaumlndige Ausformungen der finanziellen Absicherung der Kommunen kraft deshy

rer das Land zum einen Bestimmungen uumlber die Deckung der Kosten treffen muss die den

Kommunen durch die Zuweisung von Pflichtaufgaben zur Erfuumlllung in eigener Verantwortung

und durch die Uumlbertragung von staatlichen Aufgaben zur Erfuumlllung nach Weisung entstehen

Zum anderen hat das Land dafuumlr zu sorgen dass die Kommunen uumlber Finanzmittel verfuumlshy

gen die zur angemessenen Erfuumlllung ihrer Aufgaben ausreichend sind Dabei ist die untershy

schiedliche Finanzkraft der Kommunen auf Grund eines Gesetzes angemessen auszugleishy

chen (Art 88 Abs 2 LVeri)

Als landesverfassungsrechtliche Garantie eines aufgabengerechten Finanzausgleichs weist

Art 88 LVerf dabei einen engen Bezug zu den bundesverfassungsrechtlichen Bestimmunshy

gen uumlber den Finanzausgleich auf welcher die Gemeinden unmittelbar einschlieszligt So steht

den Gemeinden ein bundesgesetzlich zu bestimmender Anteil an der Einkommen- und Umshy

satzsteuer (Art 106 Abs 5 5a GG) zu ferner die Ertragshoheit uumlber die Grund- und Gewershy

besteuer an deren Aufkommen aber Bund und Laumlnder durch eine Umlage beteiligt werden

sowie die Ertragshoheit uumlber die oumlrtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern sofern diese

nicht nach Maszliggabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbaumlnden zusteht (Art 1 06

Abs 6 GG) Wie der kommunale Finanzausgleich konkret ausgestaltet wird unterliegt der

Entscheidung des Landesgesetzgebers Ihm steht dabei angesichts desmiddot lneinandergreifens

von landesrechtliehen und grundgesetzliehen Finanzausgleichsvorschriften durch welche

den Gemeinden unmittelbar Steuerertraumlge zugewiesen werden sowie der Einbindung des

kommunalen Finanzausgleichs in die gesamte Haushaltswirtschaft und -planung des Landes

ein weiter Gestaltungsspielraum zu (LVerfG Urt v 16022010 aaO 361 374 mwN)

222 Im Rahmen dieses Gestaitungsspielraums hat der Landesgesetzgeber einen intershy

kommunalen horizontalen Finanzausgleich geschaffen der verfassungsrechtlich nicht zu beshy

anstanden ist

2221 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip unter dem Geshy

sichtpunkt des Verbots der echten Ruumlckwirkung soweit Steuereinnahmen aus dem Bereich

der Realsteuern des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer und des Gemeindeanteils

aus der Umsatzsteuer aus Vorvorjahreszeitraumlumen fuumlr die Berechnung der Finanzkraftumlashy

ge herangezogen werden

22211 Das Rechtsstaatsprinzip gehoumlrt zu den Vorschriften des Grundgesetzes und der

Landesverfassung die das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mit zu bestimshy

- 16 shy

men geeignet sind Es gehoumlrt damit auch zum Pruumlfungsmaszligstab der kommunalen Verfasshy

sungsbeschwerde Mit der Idee des Rechtsstaats ist der Gedanke der Dauerhaftigkeit und

Unverbruumlchlichkeil von Recht eng verbunden Der Rechtsgrundsatz der Rechtssicherheit

verlangt objektiv ein Mindestmaszlig an Kontinuitaumlt des Rechts vor allem fuumlr die Modalitaumlten

seiner Aumlnderung um die Verlaumlsslichkeit der Rechtsordnung zu erhalten Rechtssicherheit

bedeutet subjektiv in erster Linie Vertrauensschutz Es gibt aber kein schutzwuumlrdiges Vershy

trauen in den Fortbestand einer guumlnstigen Rechtslage Verfassungsrechtlich problematisch

sind Regeln die ruumlckwirkend belasten weil sie auf vergangene Sachverhalte Bezug nehshy

men

2 2212 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das grundsaumltzliche Verbot der echten

Ruumlckwirkung Eine echte Ruumlckwirkung liegt naumlmlich erst dann vor wenn (1) ein Gesetz

nachtraumlglich aumlndernd in abgewickelte der Vergangenheit angehoumlrende Tatbestaumlnde einshy

greift wenn also der von der Ruumlckwirkung betroffene Tatbestand in der Vergangenheit nicht

nur begonnen hat sondern bereits abgeschlossen war und (2) die tatbestandliehe Ruumlckanshy

knuumlpfung auch zu abgeschlossenen Rechtsfolgen vor der Verkuumlndung der gesetzlichen Reshy

gelung gefuumlhrt hat d h dass die Rechtsfolgen des neuen Gesetzes fuumlr einen vor der Vershy

kuumlndung liegenden Zeitpunkt auftreten sollen und nicht erst fuumlr die Zeit ab Verkuumlndung der

Norm (vgl Urt des LVerfG v 16022010 aaO 376 mwN) sect 12 Abs 3 FAG 2013 knuumlpft

bei der Bemessung der Finanzkraftumlage nachsect 29 FAG 2013 zwar an in der Vergangenshy

heit bereits abgeschlossene Tatbestaumlnde (Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren 2009

und 2010) an die Finanzkraftumlage wird erstmalig aber nach dem lnkrafttreten des FAG

2013 fuumlr die aktuelle Finanzkraft des Jahres 2013 erhoben die lediglich aus den Steuereinshy

nahmen der Jahre 2009 und 2010 ermittelt wird

222 i 3 Unabhaumlngig davon ob man das Anknuumlpfen bei der Berechnung der Finanzkraftumshy

lage an Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren vor der erstmaligen Erhebung der Umlashy

ge (in Sachsen-Anhalt an die Jahre 2009 bis 2012) als eine unechte Ruumlckwirkung bezeichnet

(so LVerfG MV Urt v 26012012 - 3310 - RdNr 107 juris) oder wie der Verfassungsgeshy J

richtshof des Freistaates Sachsen (Urt v 26082010- Vf 129-VIII-09 - RdNr 101 juris) I annimmt dass in dem Ruumlckgriff auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltnissen der Vorjahre

keine Ruumlckwirkung gegeben sei weil die Finanzkraftumlage die aktuelle Steuerkraft und die

der Vorjahre abschoumlpfen will kann das Anknuumlpfen an die vorvergangenen Jahre bei der Beshyf

rechnung der Finanzkraftumlage nicht als verfassungswidrig angesehen werden

IDabei ist zum einen zu beruumlcksichtigen dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfasshy 1

sungsgerichts im Beschluss vom 14051986 (2 Bvl 283 Absatz-Nr 92 juris) davon auszushy

- 17 shy

gehen ist dass eine Einordnung unter den Oberbegriff Ruumlckwirkung im weitesten Sinne

keinerlei verfassungsrechtliche Maszligstaumlbe aufzuzeigen vermag

Zum anderen besteht unter den Landesverfassungsgerichten Einigkeit daruumlber dass die Beshy

rechnung der Umlage anhand der Steuereinnahmen der vorvergangenen Jahre - unabhaumlnshy

gig davon ob man darin eine unechte Ruumlckwirkung sieht oder nicht- im Rahmen des Vershy

haumlltnismaumlszligigkeitsgrundsatzes unter dem Blickwinkel der Sachgerechtigkeit des gewaumlhlten

Maszligstabs und unter dem Gesichtpunkt des Vertrauensschutzes bewertet werden muss (vgl

SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO RdNrn 102 105 LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 106) Danach kann der Gesetzgeber auch dann wenn die Gesetzesaumlnderung

an sich verfassungsrechtlich zulaumlssig ist im Hinblick auf den Grundsatz der Verhaumlltnismaumlshy

szligigkeit verpflichtet sein eine angemessene Uumlbergangsregelung zu treffen Der Nachpruumlfung

durch das Landesverfassungsgericht unterliegt insoweit allerdings nur ob der Gesetzgeber

bei einer Gesamtabwaumlgung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der

Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gruumlnde unter Beruumlcksichtigung aller Umstaumlnde die

Grenze der Zumutbarkeit uumlberschritten hat (so auch LVerfG MV Urt v 26012012 aaO

RdNr 106 mwN)

Gegen die grundsaumltzliche Tauglichkeit des Maszligstabs bestehen keine Bedenken Hinter ihm

steht die Erwartung dass sich die Haushaltszahlen im aktuellen Jahr in etwa im Rahmen der

bekannten Daten entwickeln werden

Im Rahmen der gebotenen Abwaumlgung ist zu beruumlcksichtigen dass der Landesgesetzgeber

bereits 1999 und 2007 die Einfuumlhrung eines interkommunalen Finanzausgleichs fuumlr verfasshy

sungsrechtlich dringend geboten gehalten und 2010 nur deshalb zunaumlchst auf die Erhebung

der Umiage verzichtet hat weii er keine einfache Moumlglichkeit gesehen hatte die Vorgaben

des Landesverfassungsgerichts aus dem Urteil vom 16022010 umzusetzen Bereits in dem

am 13042011 geschlossenen Koalitionsvertrag haben die regierungsbildenden Koalitionaumlra

festgeschrieben dass das bestehende System des kommunalen Finanzausgleichs fuumlr das

Jahr 2012 fortgeschrieben werden solL lnfolge dieser Absicht sollte ein Gutachter auch eine

verfassungskonforme Loumlsung zur Erhebung einer Umlage zur Angleichung der Finanzkraft

zwischen armen und reichen Kommunen finden Bei dieser Sachlage kann nicht davon

ausgegangen werden dass die Kommunen vor der Wiedereinfuumlhrung der Finanzkraftumlage

im Jahre 2013 darauf vertrauen durften von einer solchen Abgabe verschont zu bleiben

Das Landesverfassungsgericht hat sowohl bereits in seinem Urteil vom 13062006 als auch

in seinem Urteil vom 16022010 ausgefuumlhrt dass eine interkommunale Finanzkraftumlage

- 18shy

grundsaumltzlich mit der Landesverfassung vereinbar ist nur nicht deren konkrete Ausgestalshy

tung durch das jeweilige FAG

Ferner ist zu beruumlcksichtigen dass ein allgemeiner Vertrauensschutz auf den Fortbestand

der bisherigen Strukturen des Finanzausgleichs grundsaumltzlich nicht besteht was auch einen

Schutz des Vertrauens auf die Nichteinfuumlhrung neuer finanzausgleichsrechtlicher Instrumenshy

te ausschlieszligt Die Garantie der Selbstverwaltung verleiht den Gemeinden keinen verfasshy

sungsrechtlichen Anspruch auf Beibehaltung einer einmal erreichten Struktur des Finanzshy

ausgleichs Vielmehr steht es dem Gesetzgeber frei veraumlnderte Rahmenbedingungen neue

Erkenntnisse und gewandelte Praumlferenzvorstellungen bei der jaumlhrlichen Regelung des komshy

munalen Finanzausgleichs zu beruumlcksichtigen (so auch LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 109 mwN SaumlchsVerfGH Urt v 28082010 aaO RdNL 1 05)

Etwas anderes folgt auch nicht daraus dass es den betroffenen Gemeinden im Jahre 2013

tatsaumlchlich nicht mehr moumlglich war fuumlr die vorvergangenen Jahre im Hinblick auf die Finanzshy

ausgleichsumlage Dispositionen zu treffen indem sie ihr Ausgabeverhalten geaumlndert oder

die Hebesaumltze insbesondere fuumlr die Gewerbesteuer an der Umlage ausgerichtet haumltten Der

Umstand dass bei der Berechnung der Umlagenhoumlhe auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltshy

nissen der vorvergangenen Vorjahre zuruumlckgegriffen wird aumlndert nichts daran dass die Reshy

gelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht die Steuerkraft der abgeschlossenen Vorjahre sonshy

dern die jeweils aktuelle Steuerkraft im Auge hat

Dass sowohl Zuweisungen des Landes als auch zu erhebende Umlagen nicht an das laushy

fende Steueraufkommen des aktuellen Jahres anknuumlpfen koumlnnen ist systemimmanent weil

verlaumlssliche Finanzdaten immer erst mit zeitlicher Verzoumlgerung feststehen Die damit notshy

wendig verbundenen Unschaumlrfen sind hinzunehmen insoweit kann fuumlr die Finanzkraftumiashy

ge nichts anderes gelten als z B fuumlr die Kreisumlage Der Gesetzgeber ist daher daran geshy

bunden das einmal gewaumlhlte System auch auf die Finanzkraftumlage anzuwenden (so

schon LVerfG Urt v 13062006 aaO S 475)

Eine theoretische Alternative waumlre zwar ein Finanzausgleichssystem das zunaumlchst mit

Schaumltzwerten fuumlr das laufende Jahr arbeitet die fortlaufend an die tatsaumlchlichen Daten anshy

gepasst werden Letztlich muumlsste dann zum Abschluss eine Spitzabrechnung durchgefuumlhrt

werden Eine verlaumlssliche Finanz- Ausgaben- und Haushaltswirtschaft der Gemeinden waumlre

damit allerdings praktisch kaum zu leisten (so auch SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO

RdNr 103 unter Hinweis auf BVerfG Urt v 24061986- 2 BvF 1 5 683 184 und 1 285

- BVerfGE 72 330 400)

19 shy

22214 Im Uumlbrigen ermoumlglichtsect 12 Abs 4 FAG 2013 in der zweijaumlhrigen Uumlbergangszeit in

der Steuereinnahmen aus der Zeit vor lnkrafttreten des Gesetzes in die Berechnung der Fishy

nanzkraft einflieszligen fuumlr den Fall dass die fuumlr die spaumltere Zahlung der Finanzkraftumlage

benoumltigten Betraumlge nicht sofort einer Ruumlckstellung zugefuumlhrt wurden eine Befreiung von der

Verpflichtung zur Zahlung der Finanzkraftumlage wenn es in einem nachfolgenden Jahr zu

einem Einbruch des Gewerbesteueraufkommens kommt die Kommune nicht uumlber ausreishy

chende Ruumlcklagen bzw freie liquide Mittel verfuumlgt und sie die Verpflichtung zur Abfuumlhrung

der Finanzkraftumlage vor Probleme stellt sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 verstoumlszligt

nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz Kernelement des Rechtsstaatsprinzips ist dass alshy

le materiellen Rechtsnormen mit Regelungsanspruch dem Rechtsunterworfenen gegenuumlber

diesem die Moumlglichkeit einraumlumen sein Verhalten auf die Rechtsnorm einzurichten Schon

nach allgemeinen rechtsstaatliehen Regeln verlangt der Bestimmtheitsgrundsatz gesetzliche

Tatbestaumlnde so praumlzise zu formulieren dass ein Normadressat sein Handeln kalkulieren

kann weil die Folgen der Regelung fuumlr ihn voraussehbar und berechenbar sind Dies bedeushy

tet zwar nicht dass die Norm uumlberhaupt keine Auslegungsprobleme aufwerfen darf Dem

Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genuumlgt wenn diese mit herkoumlmmlichen juristischen

Methoden bewaumlltigt werden koumlnnen Es muss auch verlangt werden dass der Gesetzgeber

wenigstens seinen Grundgedanken das Ziel seines gesetzgeberischen Wollens deutlich

macht Allen Bestimmtheitsanforderungen ist gemeinsam dass der Grad der Bestimmtheit

von den jeweiligen sachlichen Eigenarten des Regelungsgegenstandes abhaumlngt Stets sind

Rechtsvorschriften so genau zu fassen wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden leshy

benssachverhalte und mit Ruumlcksicht auf den Normzweck moumlglich ist (vgl Urt des l VerfG v

16022010 aaO 381 mwN)

sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 haumllt diesen Anforderungen stand Bei der Regelung

handelt es sich nicht um eine Ermessensvorschrift sondern um eine gebundene Entscheishy

dung mit unbestimmten Rechtsbegriffen auf der Tatbestandsebene Die in sect 17 Abs 1 FAG

2013 verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe auszligergewoumlhnliche Belastungen Notlage

und besondere Haumlrte lassen sich durch Auslegung soweit konkretisieren dass sie selbst

dem Bestimmtheitsgebot des Art 103 Abs 2 GG genuumlgen wuumlrden Den Begriff Notlage deshy

finiert sect 17 Abs 1 S 2 FAG 2013 indem es dort heiszligt Als Notlage gilt insbesondere der

Fall dass die Einnahmemoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren

Ausgabeverpflichtungen nicht ausreichen Der Begriff der auszligergewoumlhnlichen Belastung

ist ein im Steuer- und Sozialrecht (vgl zB sect 33 des Einkommensteuergesetzes - EStG shy

oder im Sozialrecht zB sect 27 Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung- SchwbAV)

verwendeter Begriff der durch den Bundesgesetzgeber und die Rechtsprechung hinreichend

- 20 shy

konkretisiert ist Eine auszligergewoumlhnliche Belastung ist dadurch gekennzeichnet dass einem

Pflichtigen immer dann wenn er zwangslaumlufig groumlszligere Aufwendungen als die uumlberwiegende

Mehrzahl der Pflichtigen gleicher Einkommensverhaumlltnisse und gleicher Vermoumlgensverhaumlltshy

nisse erbringen muss der Teibull der Aufwendungen ermaumlszligigt wird der die dem Pflichtigen

zurnutbare Belastung uumlbersteigt (sect 33 Abs 1 EStG) Aufwendungen erwachsen dem Pflichtishy

gen nur zwangslaumlufig wenn er sich ihnen aus rechtlichen tatsaumlchlichen oder sittlichen

Gruumlnden nicht entziehen kann Das ist der Fall wenn die Gruumlnde der Zwangslaumlufigkeit derart

von auszligen auf die Entschlieszligung des Pflichtigen einwirken dass er ihnen nicht ausweichen

kann er also tatsaumlchlich keine Entscheidungsfreiheit hat bestimmte Aufwendungen vorzushy

nehmen oder zu unterlassen Liegt eine maszliggeblich vom menschlichen Willen beeinflusste

Situation vor so handelt es sich dagegen um keine Zwangslage in diesem Sinne von sect 33

Abs 1 EStG (vgl BFH Urt v 17072014- VI R 4213- RdNr 13- juris) Auch der Begriff

der besonderen Haumlrte ist ein im Verwaltungs- und Sozialrecht insbesondere bei Billigkeitsshy

entscheidungen haumlufig verwendeter unbestimmter Rechtsbegriff der eine hinreichende Konshy

kretisierung durch die fachgerichtliche Rechtsprechung erfahren hat Der Begriff der besonshy

deren Haumlrte ist ein durch die Fachgerichte voll uumlberpruumlfbarer Rechtsbegriff (vgl BVerwG

Urt v 29031979- 2 C 1677 - Buchholz 2384 sect 46 SG Nr S 52) Durch Bestimmungen

die diesen Begriff verwenden sollen unzumutbare Belastungen vermieden werden Der Geshy

setzgeber fuumlhrt regelmaumlszligig eine Haumlrtevorschrift ein um von den Regelvorschriften nicht ershy

fassten Ausnahmefaumlllen und Grenzsituationen Rechnung tragen zu koumlnnen (vgl BVerwG

Urt v 11021977-6 C 10574- RdNr 28- juris)

Ob bei Anwendung der Befreiungsregelung dessect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 durch

die Exekutive den abundanten Gemeinden angesichts ihrer hohen Gewerbesteuershy

einnahmen in der Vergangenheit abverlangt werden kann ROcklagen aus vergangenen Jahshy

ren einzusetzen oder Kassenkredite aufzunehmen betrifft die Rechtsanwendung und ist von

der Fachgerichtsbarkeit zu klaumlren

2222 Soweit die Beschwerdefuumlhrerin unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Landesshy

verfassungsgerichts im Urteil vom 16022010 geltend macht die Finanzkraftumlage sei

deshalb verfassungswidrig weil sie auf der Landkreisebene bei nicht abundanten Landkreishy

sen durch die Heranziehung einer abundanten Gemeinde zur Finanzkraftumlage eine Schatshy

tenwirkung herbeifuumlhre die dazu fuumlhre dass im Ergebnis dieser Schattenwirkung die Fi-middot

nanzkraftumlage den nicht abundanten Landkreis treffe vermag sie damit die Verfassungsshy

widrigkeit von sect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht zu begruumlnden weil dieser Entscheidung ein anshy

ders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag

- 21 shy

ln sect 16 Abs 2 FAG 2007 war vorgesehen dass ab dem 01 01 2008 eine Kuumlrzung der Beshy

messungsgrundlage der Kreisumlage um die Finanzkraftumlage vorzunehmen war Der Geshy

setzgeber des FAG 2007 hatte dadurch eine Kuumlrzung der Steuerkraftmesszahl um die abzushy

fuumlhrende Finanzkraftumlage als Berechnungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage vorgenommen

Damit konnte fuumlr das Finanzausgleichsmodell das dem FAG 2007 zugrunde lag die Kreisshy

umlagebelastung fuumlr die von der Finanzkraftumlage belasteten Gemeinden spuumlrbar verrinshy

gert werden Um den Eingriff in das Kreisumlagegefuumlge des betroffenen Landkreises abzushy

mildern hatte der Gesetzgeber den Abzug der Finanzkraftumlage zugleich bei der Ermittlung

der Umlagekraftmesszahl der Landkreise (sect 9 FAG 2007) zu beruumlcksichtigen Damit verminshy

derte sich nicht nur die Steuerkraftmesszahl als Bemessungsgrundlage der Kre isumlage

sondern auch als Bemessungsgrundlage fuumlr die Houmlhe der allgemeinen Zuwendungen fuumlr die

Landkreise Dies fuumlhrte dazu dass die Landkreise mit abundanten Gemeinden die wegen

einer houmlheren Umlagekraft an sich weniger allgemeine Zuweisungen erhielten mehr erhielshy

ten Da das Land den Betrag der allgemeinen Zuweisungen an die Landkreise allerdings unshy

veraumlndertmiddot belassen hatte fuumlhrte dies aber dazu dass die anderen Landkreise ohne abunshy

dante Gemeinden weniger allgemeine Zuweisungen erhielten Nur diese Regelung des sect 16

Abs 2 FAG 2007 hat das Landesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 16022010 als eishy

nen verfassungswidrigen Eingriff des Landesgesetzgebers in die Finanzhoheit der Landkreishy

se angesehen Auch die weiteren Ausfuumlhrungen des Landesverfassungsgerichts im Urteil

vom 16022010 beziehen sich auf die beanstandete Regelung dessect 16 Abs 2 FAG 2007

Mit sect 12 FAG 2013 hat der Gesetzgeber ein neues Modell fuumlr die Erhebung der Finanzshy

kraftumlage eingefuumlhrt Dieses Modell stellt sich wie folgt dar Der Gesetzgeber hat das Moshy

dell der sog Abundanzumlage (sect 19a FAG 2005 FAG 2007) bei der eine normierte Steuershy

kraft mit einem normierten Bedarf verglichen wird und fuumlr den Fall dass die Steuerkraft den

Bedarf uumlbersteigt (Abundanz) die Moumlglichkeit eines Zugriffs auf einen gewissen Prozentsatz

des abundanten Teils besteht aufgegeben und nunmehr den Finanzausgleich unter den

steuerstarken und steuerschwachen kreisangehoumlrigen Gemeinden nach einem anderen Moshy

dell vorgenommen das nicht nur die beschriebene uumlberschieszligende Steuerkraft fuumlr die Beshy

rechnung der Umlage heranzieht sondern in Anlehnung an eine entsprechende Regelung in

Baden-Wuumlrttemberg eine breitere Bemessungsgrundlage waumlhlt

Gemaumlszlig sect 12 Abs 2 S 4 und 5 FAG 2013 wird nunmehr fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden

ein Ausgleichsverfahren als Rechenschritt bei der Ermittlung der endguumlltigen Schluumlsselshy

zuweisung durchgefuumlhrt Dabei wird die Schluumlsselzuweisung A mit beruumlcksichtigt Bei der

Schluumlsselzuweisung A wird nach sect 12 Abs 2 S 5 FAG 2013 allen kreisangehoumlrigen Geshy

meinden deren Steuerkraft je Einwohner 80 vH des Durchschnitts aller Gemeinden untershy

- 22shy

schreitet die Differenz der eigenen Steuerkraft zu 80 vH der durchschnittlichen Steuerkraft

zu 80 vH ausgeglichen Diese Schluumlsselzuweisung bewirkt eine dem Finanzausgleich der

Regelungen des FAG 2005 und des FAG 2007 noch unbekannte Verlagerung unter allen

Zuweisungsempfaumlngern also allen nicht abundanten Gemeinden zugunsten der steuershy

schwachen Gemeinden und zurasten der mehr steuerstarken Gemeinden Die abundanten

Gemeinden die keine Zuweisungsempfaumlnger sind werden hierdurch noch nicht belagttet Ihshy

re Belastung erfolgt erst durch die Regelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 Danach zahlen alie

kreisangehoumlrigen Gemeinden also sowohl die Zuweisungsempfaumlnger als auch die abundanshy

ten Gemeinden eine Umlage von 10 vH der Summe aus der Steuerkraftmesszahl fuumlr Geshy

meinden gemaumlszligsect 14 FAG 2013 und den Schluumlsselzuweisungen A und B also ihrer gesamshy

ten Finanzkraft Uumlber sect 14 Abs 3 Nr 2 FAG 2013 geraten ua die Gewerbeshy

steuereinnahmen der abundanten Gemeinden in Houmlhe von 10 vH in diesen Finanzkraftumshy

lagetopf Dieser Umlagetopf erhoumlht gem sect 12 Abs 3 S 2 FAG 2013 die Finanzmasse fuumlr die

Schluumlsselzuweisung B

Diese veraumlnderte Schluumlsselzuweisung B wird dann nach der Regelung des sect 12 Abs 2 S 6

FAG auf die Schluumlsselzuweisungsempfaumlnger umgelegt Gemaumlszlig sect 19 Abs 2 FAG flieszligt die

zuletzt genannte Schluumlsselzuweisung an die kreisangehoumlrigen Gemeinden zwar in die Kreisshy

umlagenberechnung ein Da sich die Bemessung der Kreisumlage aus der Steuerkraft und

den Schluumlsselzuweisungen fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden zusammensetzt wird die

Finanzkraftumlage somit auch zum Abzugsposten bei der Bemessungsgrundlage der Kreisshy

umlage Diese Einbeziehung der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Finanzkraftshy

umlage in die Kreisumlagenberechnung stellt indes keinen Eingriff in die ebenfalls verfasshy

sungsrechtlich geschuumltzte Finanzhoheit der Landkreise dar

Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumiage unterscheidet sich im Hinblick auf die Ebeshy

nentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren vom Landesverfassungsgericht beanstandeten

Finanzkraftumlage Letztere floss dem Ausgleichsstock zu so dass sie den Landkreisen als

Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgesamt verloren ging Demgegenuumlber wird

durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgeshy

samt nicht geschmaumllert

Das Landesverfassungsgericht hat weder heute noch hatte es im Urteil vom 16022010 Beshy

denken dagegen dass uumlber die vorgelagerten Regelungen zur Bestimmung der Steuerkraftshy

messzahl und zur Festlegung der Schluumlsselzuweisungen der Gemeinden zugleich die Beshy

messungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage festgelegt wird Dass jede Aumlnderung der Finanzshy

ausstattung der kreisangehoumlrigen Gemeinden zwangslaumlufig auch zu Verlagerungen bei der

- 23shy

Finanzausstattung der Landkreise fuumlhrt verstoumlszligt als solches nicht gegen die Landesverfasshy

sung Dies gilt auch fuumlr die neu eingefuumlhrte Vorabverteilung der Schluumlsselmasse A zugunsshy

ten der finanzschwachen Kommunen Sie fuumlhrt zu keinen Veraumlnderungen bei der Gesamtshy

summe der Umlagekraftmesszahlen der Landkreise hat aber Verschiebungen zwischen den

einzelnen Landkreisen zur Folge Die jetzige gesetzliche Regelung stellt sicher dass die jeshy

weiligen Gesamtsummen der beiden Komponenten der Finanzausstattung der Landkreise

durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnderung erfahren Der Gesamtbemessungsgrundiashy

ge fuumlr die Kreisumlage werden durch die Verschiebungen zwischen den Kommunen keine

Betraumlge entzogen Da es keine abundanten Landkreise gibt ergeben sich auch keine Ausshy

wirkungen auf die Gesamthoumlhe der Schluumlsselzuweisungen die die Landkreise vom Land ershy

halten

Waumlhrend die Gesamtausstattung der Landkreise durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnshy

derung erfaumlhrt ergeben sich - dies raumlumt die Landesregierung selber ein - allerdings gerinshy

ge Verlagerungseffekte zwischen den einzelnen Landkreisen Diese Verlagerungseffekte

sind indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

Den Anspruch auf angemessene Finanzausstattung der Landkreise darf der Gesetzgeber

einschraumlnken soweit andere Interessen von Verfassungsrang dies rechtfertigen Nicht nur

der horizontale gemeindliche sondern auch der uumlbergemeindliche Finanzausgleich ist von

dem Grundsatz der interkommunalen Solidaritaumlt gepraumlgt (LVerfG Urt v 13062006-705shy

LVerfGE 17 410 429 NdsStGH NdsVBL 2001 184 188) Der Gedanke der interkommushy

nalen Solidaritaumlt umfasst - wie die Kreisumlage zeigt - auch die ausgleichenden Finanzshy

stroumlme zwischen der Gemeinde- und Kreisebene (vgL auch SaumlchsVerfG Urt v 29012010

- Vf 25-VIII-09 - RdNr 119 - juris unter Hinweis auf BVerfG Beschl v 07021991

- 2 BvL 2484 - BVerfGE 83 363 391f LVerfG MV Urt v 26012012- 1810 - RdNr

81) Haumltte der Gesetzgeber eine Verschiebung von finanzstarken zu finanzschwachen Landshy

kreisen mit einer eigenstaumlndigen Ausgleichsregelung herbeigefuumlhrt waumlre dies durch Art 88

ALs 2 S 1 LVerf gedeckt Nichts anderes gilt wenn derselbe Effekt mittelbar durch die vershy

fassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung zum Finanzkraftausgleich der Gemeinshy

den erreicht wird Der Ebene des einzelnen Landkreises steht dem Vertust an Bemessungsshy

grundlage durch die negative Schluumlsselzuweisung der abundanten Gemeinden (sofern keine

Befreiungen erteilt wurden) jeweils ein Gewinn an Bemessungsgrundlage durch die Erhoumlshy

hung der Schluumlsselzuweisung der uumlbrigen Gemeinden gegenuumlber Je nachdem welcher Efshy

fekt uumlberwiegt erhoumlhen oder vermindern sich die Einnahmen der jeweiligen Landkreise aus

der Kreisumlage durch die Finanzkraftumlage geringfuumlgig Diese Aumlnderung bei dem Aufshy

kommen an Kreisumlage ist aber nicht gleichzusetzen mit der Aumlnderung der Finanzkraft der

- 24shy

Landkreise Da es keine abundanten Landkreise gibt bekommen saumlmtliche Landkreise

Schluumlsselzuweisungen vom Land Der nicht bereits durch die Kreisumlage ausgeglichene

Finanzbedarf der Landkreise wird im Jahr 2013 zu 80 in den Folgejahren zu 90 ausgeshy

glichen Dieser Mechanismus bewirkt dass auch der noch nicht kompensierte Verlust an

Bemessungsgrundlage durch abundante Gemeinden zu 90 (bzw 2013 zu 80 ) ausgeshy

glichen wird Oie verbleibenden Differenzbetraumlge sind wirtschaftlich unbedeutend und vershy

fassungsrechtlich hinzunehmen (vgl auch LVerfG MV Urt v 2601 2012 - 3310 - RdNr

79- juris)

2223 Eine verfassungswidrige Schattenwirkung fuumlr weitere benachbarte kreisangehoumlrige

und nicht abundante Gemeinden laumlsst sich ebenfalls nicht feststellen Die finanzschwache

Nachbargemeinde profitiert direkt von der Finanzkraftumlage Die von der Beschwerdefuumlhreshy

rin beschriebene mittelbare Schattenwirkung durch die Moumlglichkeit einer Erhoumlhung der

Kreisumlage betrifft die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal und

muss daruumlber hinaus auch differenziert betrachtet werden Es besteht ein Unterschied ob

eine solche Kommune in einem Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft liegt Der

Landkreis mit niedriger Umlagekraft wird in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlashy

ge erheben waumlhrend der Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlshy

rigen Kommunen nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muss De facto verfuumlgen alshy

so die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verbleiben Die Finanzkraftshy

umlage mildert diesen Effekt unter Umstaumlnden geringfuumlgig ab Die nicht abundanten Komshy

munen in dem Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten eventuell dadurch beshy

lastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoben wuumlrde um den Verlust des

Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzkraftumlage zu kompensieren ln

dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saido von der Finanzkraftumlage profitiershy

ten erhoumlht sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass der Kreisumlagesatz sogar (geshy

ringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Daruumlber hinaus besteht eine Solidaritaumltsverpflichtung der Kreise gegenuumlber den kreisangeshy

houmlrigen Gemeinden die diese vor einer unangemessenen Erhoumlhung der Kreisumlage

schuumltzt (vgl Faber in HennekePuumlnderWaldhoff Recht der Kommunalfinanzen 2006 sect 34

RdNr 50)

3 Die Kostenentscheidung beruht auf sect 32 LVerfGG Gerichtskosten werden nicht erhoben

(Absatz 1) Gruumlnde fuumlr die Anordnung der Erstattung der notwendigen Auslagen der erfolglos

gebliebenen Beschwerdefuumlhrerin sind nicht ersichtlich (Abs 2 und 3)

- 25 shy

Dr Zettel GemmerSchubert Bergmann

Prof Or Kluth StallFranzkowiak

Page 12: URTEIL - Landesportal Sachsen-Anhalt

- 12 shy

heren Regelung sei die Finanzkraftumlage dem Ausgleichsstock zugeflossen so dass sie

den Landkreisen als Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage verloren gegangen sei

Demgegenuumlber werde durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die

Kreisumlage insgesamt nicht geschmaumllert Es koumlnnte nur darum gehen inwieweit minimale

Verlagerungen der Bemessungsgrundlage von den finanzstarken zu den finanzschwaumlcheren

Landkreisen mit der Landesverfassung vereinbar seien Die Finanzkraftumlage fuumlhre innershy

halb eines Landkreises zu einer verminderten Umlagekraft der abundanten Gemeinden ershy

houmlhe aber die Umlagekraft der Empfaumlnger der Umlage Innerhalb eines Landkreises komshy

pensierten sich diese Gewinne und Verluste bei Bemessungsgrundlage weitgehend Aus

diesen Gruumlnden habe es der Landesgesetzgeber fuumlr kontraproduktiv gehalien diesen ershy

wuumlnschten Effekt durch einen nachgelagerten Spitzausgleich unter den Landkreisen zu beshy

seitigen Im Rahmen der Erarbeitung des Gesetzentwurfes habe auch eine Finanzkraftumlashy

ge zwischen den Landkreisen lange zur Diskussion gestanden Diese Loumlsung sei allerdings

verworfen worden Eine Stoumlrung der Belastungsgerechtigkeit auf Gemeindeebene und eine

Schattenwirkung auf Kreisebene zu vermeiden waumlre nur durch eine Kombination der derzeishy

tigen Regelung mit einem nachgelagerten Spitzausgleich auf der Landkreisebene moumlglich

Die Ausfuumlhrungen der Beschwerdefuumlhrerin uumlber die mittelbare Schattenwirkung gingen an

der Lebenswirklichkeit vorbei Bei einem Blick auf die Kreishaushalte werde angesichts der

starken Schwankungen in vielen Haushaltsbereichen schnell klar dass eine Verlagerung von

wenigen Tausend Euro bei der Bemessungsgrundlage der Kreisumlage eine voumlllig uninteshy

ressante Groumlszlige sei Ein Einfluss der Finanzkraftumlage auf die Kreisumlagefestsetzung sei

nicht ersichtlich Die finanzschwache Nachbargemeinde profitiere direkt von der Finanzkraftshy

umlage Die von der Beschwerdefuumlhrerin beschriebene mittelbare Schattenwirkung treffe

die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal Wenn im Zusammenshy

hang mit dem Finanzausgieich von armen und reichen Kommunen die Rede sei beziehe r

sich das uumlblicherweise auf die Moumlglichkeit zur Erzielung von Steuereinnahmen Es spiele

aber bei genauerer Betrachtung daruumlber hinaus eine Rolle ob diese Kommunen in einem

Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft laumlgen Der Landkreis mit niedriger Umlashy Igekraft werde in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlage erheben waumlhrend der

reiche Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlrigen Kommunen

I uumlblicherweise nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muumlsse Oe facto verfuumlgten also

die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verblieben Die nicht abunshy i danten Kommunen in dem reichen Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten l eventuell dadurch (minimal) belastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoshy l

ben werde um den Verlust des Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzshy

I

r ~

~

- 13shy

kraftumlage zu kompensieren ln dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saldo von

der Finanzkraftumlage profitierten erhoumlhe sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass

der Kreisumlagesatz (geringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Der Landtag hat sich nicht geaumluszligert

E n t s c h e i d u n g s g r uuml n d e

Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist zulaumlssig (1 ) jedoch nicht begruumlndet (2 )

1 Das Landesverfassungsgericht ist zur Entscheidung uumlber die kommunale Verfassungs~

beschwerde berufen (vgl dazu im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen LVerfG Urt v

31051994- LVG 293 - LVerfGE 2 227 245 f Urt v 31051994- LVG 194 - LVerfGE

2 273 289f Urt v 31051994- LVG 494- LVerfGE 2 323 334 f) Soweit eine Verletshy

zung des durch Art 2 Abs 3 und 87 LVerf garantierten Selbstverwaltungsrechts behauptet

wird handelt es sich um eine kommunale Verfassungsbeschwerde im Sinne des Art 75 Nr

7 LVerf und dersectsect 2 Nr 8 51 des Landesverfassungsgerichtsgesetzes in der Fassung vom

24092009- LVerfGG- (GVBI S 474) Diese Bestimmungen berechtigen die Kommunen

gegen Eingriffe in ihr Selbstverwaltungsrecht durch ein Landesgesetz das Landesverfasshy

sungsgericht anzurufen

Nach sect 51 Abs 1 LVerfGG koumlnnen Kommunen die Verfassungsbeschwerde mit der Behaupshy

tung erheben durch ein Landesgesetz in ihrem Recht auf Selbstverwaltung nach Art 2 Abs

3 und Art 87 LVerf verletzt zu sein Gemaumlszlig sect 57 Abs 2 LVerf gelten die sectsect 48 bis 50

LVerfGG entsprechend Nach sect 49 L VerfGG (hinsichtlich der Verfassungsbeschwerde gegen

ein Gesetz deckungsgleich mit sect 92 BVerfGG) sind in der Begruumlndung der Verfassungsbeshy

schwerde welche nach sect 16 Abs 1 S 2 LVerfGG erforderlich ist das Recht das verletzt

sein soll und die Gesetzesvorschrift durch die sich die Beschwerdefuumlhrerin unmittelbar vershy

letzt sieht zu bezeichnen Die Zulaumlssigkelt einer kommunalen Verfassungsbeschwerde geshy

gen ein Gesetz setzt voraus dass die Beschwerdefuumlhrerin selbst gegenwaumlrtig und unmittelshy

bar durch die angegriffenen Rechtsnormen in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt ist Die

angegriffenen Normen beschraumlnken unmittelbar und gegenwaumlrtig das Selbstverwaltungsshy

recht der Beschwerdefuumlhrerin ohne dass ein weiterer angreifbarer Umsetzungsakt notwenshy

dig wird Insoweit wird auch auf die Gruumlnde des Urteils des Gerichts vom 16022010- LVG

908- (LVerfGE 21 361 mwN) verwiesen

- 14shy

Die Verfassungsbeschwerde ist formgerecht und innerhalb der Jahresfrist der sectsect 51 Abs 2

48 LVerfGG erhoben worden

2 Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist nicht begruumlndetsect 12 Abs 3 FAG 2013 steht

im Einklang mit der in den Artt 2 Abs 3 87 und 88 L Verf naumlher ausgeformten Garantie der

kommunalen Selbstverwaltung

21 Bedenken gegen die formelle Rechtmaumlszligigkeit des FAG 2013 bestehen nicht Der Geshy

setzgeber hat keine Vorgaben des Gesetzgebungsverfahrens verletzt insbesondere traf ihn

keine Begruumlndungspflicht dafuumlr weshalb er eine Umlagenhoumlhe von 10 insect 12 Abs 3 FAG

2013 gewaumlhlt hat Aus den Vorschriften der Landesverfassung die das Gesetzgebungsvershy

fahren regeln (Artt 77 ff LVerf) ergibt sich keine Pflicht zur Begruumlndung von Gesetzen durch

den Landtag Nach sect 23 Abs 2 S 2 der Geschaumlftsordnung des Landtages von Sachsenshy

Anhalt muumlssen Gesetzesentwuumlrfe schriftlich begruumlndet sein Eine uumlber diese allgemeine Beshy

gruumlndungsnotwendigkeit hinausgehende Pflicht zur genauen Erlaumluterung des sect 12 Abs 3

FAG 2013 besteht nicht Eine besondere Darlegungslast des Gesetzgebers ergibt sich auch

nicht aus der speziellen Gesetzesmaterie des kommunalen Finanzausgleichs Der Gesetzshy

geber ist nicht gehalten die Gruumlnde fuumlr die Festlegung konkreter Betraumlge oder Verteilungsshy

kriterien im Einzelnen darzulegen Das Landesverfassungsgericht uumlberpruumlft das Finanzausshy

gleichsgesetz daher als Ergebnis eines Gesetzgebungsprozesses und nicht nur auf welshy

chem Weg der Gesetzgeber zu diesem Ergebnis gelangt ist (LVerfG Urt v 09102012shy

LVG 5710 - LVerfGE 23 315 333f) Der generellen Annahme einer in das Einzelne geshy

henden Begruumlndung bei jeder Gesetzgebung stehen im Uumlbrigen praktische Erwaumlgungen

entgegen So waumlre eine Abstimmung uumlber die Begruumlndung erforderlich um feststellen zu

koumlnnen ob die Mehrheit der Abgeordneten des Landtages diese Begruumlndung traumlgt

22 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt auch materiell-rechtlich nicht gegen die Landesshy

verfassung

221 Pruumlfungsmaszligstab ist die Selbstverwaltungsgarantie der Artt 2 Abs 3 87 und 88 L Verf

Seide Bestimmungen konkretisieren fuumlr das Land Sachsen-Anhalt die in Art 28 GG enthalshy

tene bundesverfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und haben

nach Zweck und Entstehungsgeschichte jedenfalls denselben Mindestgehalt wie Art 28 Abs

1 S 2 und 3 sowie Abs 2 GG Zum Selbstverwaltungsrecht der Kommunen gehoumlrt nach geshy

festigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG Beschl v 151 01985 shy

2 BvR 1808 1809 181082- BVerfGE 71 25 36 mwN) die Finanzhoheit der Kommunen

Sie umschlieszligt die eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft Die Verfasshy

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- 15 shy

sung des Landes Sachsen-Anhalt enthaumllt mit Art 87 Abs 3 einerseits und Art 88 anderershy

seits zwei selbstaumlndige Ausformungen der finanziellen Absicherung der Kommunen kraft deshy

rer das Land zum einen Bestimmungen uumlber die Deckung der Kosten treffen muss die den

Kommunen durch die Zuweisung von Pflichtaufgaben zur Erfuumlllung in eigener Verantwortung

und durch die Uumlbertragung von staatlichen Aufgaben zur Erfuumlllung nach Weisung entstehen

Zum anderen hat das Land dafuumlr zu sorgen dass die Kommunen uumlber Finanzmittel verfuumlshy

gen die zur angemessenen Erfuumlllung ihrer Aufgaben ausreichend sind Dabei ist die untershy

schiedliche Finanzkraft der Kommunen auf Grund eines Gesetzes angemessen auszugleishy

chen (Art 88 Abs 2 LVeri)

Als landesverfassungsrechtliche Garantie eines aufgabengerechten Finanzausgleichs weist

Art 88 LVerf dabei einen engen Bezug zu den bundesverfassungsrechtlichen Bestimmunshy

gen uumlber den Finanzausgleich auf welcher die Gemeinden unmittelbar einschlieszligt So steht

den Gemeinden ein bundesgesetzlich zu bestimmender Anteil an der Einkommen- und Umshy

satzsteuer (Art 106 Abs 5 5a GG) zu ferner die Ertragshoheit uumlber die Grund- und Gewershy

besteuer an deren Aufkommen aber Bund und Laumlnder durch eine Umlage beteiligt werden

sowie die Ertragshoheit uumlber die oumlrtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern sofern diese

nicht nach Maszliggabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbaumlnden zusteht (Art 1 06

Abs 6 GG) Wie der kommunale Finanzausgleich konkret ausgestaltet wird unterliegt der

Entscheidung des Landesgesetzgebers Ihm steht dabei angesichts desmiddot lneinandergreifens

von landesrechtliehen und grundgesetzliehen Finanzausgleichsvorschriften durch welche

den Gemeinden unmittelbar Steuerertraumlge zugewiesen werden sowie der Einbindung des

kommunalen Finanzausgleichs in die gesamte Haushaltswirtschaft und -planung des Landes

ein weiter Gestaltungsspielraum zu (LVerfG Urt v 16022010 aaO 361 374 mwN)

222 Im Rahmen dieses Gestaitungsspielraums hat der Landesgesetzgeber einen intershy

kommunalen horizontalen Finanzausgleich geschaffen der verfassungsrechtlich nicht zu beshy

anstanden ist

2221 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip unter dem Geshy

sichtpunkt des Verbots der echten Ruumlckwirkung soweit Steuereinnahmen aus dem Bereich

der Realsteuern des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer und des Gemeindeanteils

aus der Umsatzsteuer aus Vorvorjahreszeitraumlumen fuumlr die Berechnung der Finanzkraftumlashy

ge herangezogen werden

22211 Das Rechtsstaatsprinzip gehoumlrt zu den Vorschriften des Grundgesetzes und der

Landesverfassung die das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mit zu bestimshy

- 16 shy

men geeignet sind Es gehoumlrt damit auch zum Pruumlfungsmaszligstab der kommunalen Verfasshy

sungsbeschwerde Mit der Idee des Rechtsstaats ist der Gedanke der Dauerhaftigkeit und

Unverbruumlchlichkeil von Recht eng verbunden Der Rechtsgrundsatz der Rechtssicherheit

verlangt objektiv ein Mindestmaszlig an Kontinuitaumlt des Rechts vor allem fuumlr die Modalitaumlten

seiner Aumlnderung um die Verlaumlsslichkeit der Rechtsordnung zu erhalten Rechtssicherheit

bedeutet subjektiv in erster Linie Vertrauensschutz Es gibt aber kein schutzwuumlrdiges Vershy

trauen in den Fortbestand einer guumlnstigen Rechtslage Verfassungsrechtlich problematisch

sind Regeln die ruumlckwirkend belasten weil sie auf vergangene Sachverhalte Bezug nehshy

men

2 2212 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das grundsaumltzliche Verbot der echten

Ruumlckwirkung Eine echte Ruumlckwirkung liegt naumlmlich erst dann vor wenn (1) ein Gesetz

nachtraumlglich aumlndernd in abgewickelte der Vergangenheit angehoumlrende Tatbestaumlnde einshy

greift wenn also der von der Ruumlckwirkung betroffene Tatbestand in der Vergangenheit nicht

nur begonnen hat sondern bereits abgeschlossen war und (2) die tatbestandliehe Ruumlckanshy

knuumlpfung auch zu abgeschlossenen Rechtsfolgen vor der Verkuumlndung der gesetzlichen Reshy

gelung gefuumlhrt hat d h dass die Rechtsfolgen des neuen Gesetzes fuumlr einen vor der Vershy

kuumlndung liegenden Zeitpunkt auftreten sollen und nicht erst fuumlr die Zeit ab Verkuumlndung der

Norm (vgl Urt des LVerfG v 16022010 aaO 376 mwN) sect 12 Abs 3 FAG 2013 knuumlpft

bei der Bemessung der Finanzkraftumlage nachsect 29 FAG 2013 zwar an in der Vergangenshy

heit bereits abgeschlossene Tatbestaumlnde (Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren 2009

und 2010) an die Finanzkraftumlage wird erstmalig aber nach dem lnkrafttreten des FAG

2013 fuumlr die aktuelle Finanzkraft des Jahres 2013 erhoben die lediglich aus den Steuereinshy

nahmen der Jahre 2009 und 2010 ermittelt wird

222 i 3 Unabhaumlngig davon ob man das Anknuumlpfen bei der Berechnung der Finanzkraftumshy

lage an Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren vor der erstmaligen Erhebung der Umlashy

ge (in Sachsen-Anhalt an die Jahre 2009 bis 2012) als eine unechte Ruumlckwirkung bezeichnet

(so LVerfG MV Urt v 26012012 - 3310 - RdNr 107 juris) oder wie der Verfassungsgeshy J

richtshof des Freistaates Sachsen (Urt v 26082010- Vf 129-VIII-09 - RdNr 101 juris) I annimmt dass in dem Ruumlckgriff auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltnissen der Vorjahre

keine Ruumlckwirkung gegeben sei weil die Finanzkraftumlage die aktuelle Steuerkraft und die

der Vorjahre abschoumlpfen will kann das Anknuumlpfen an die vorvergangenen Jahre bei der Beshyf

rechnung der Finanzkraftumlage nicht als verfassungswidrig angesehen werden

IDabei ist zum einen zu beruumlcksichtigen dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfasshy 1

sungsgerichts im Beschluss vom 14051986 (2 Bvl 283 Absatz-Nr 92 juris) davon auszushy

- 17 shy

gehen ist dass eine Einordnung unter den Oberbegriff Ruumlckwirkung im weitesten Sinne

keinerlei verfassungsrechtliche Maszligstaumlbe aufzuzeigen vermag

Zum anderen besteht unter den Landesverfassungsgerichten Einigkeit daruumlber dass die Beshy

rechnung der Umlage anhand der Steuereinnahmen der vorvergangenen Jahre - unabhaumlnshy

gig davon ob man darin eine unechte Ruumlckwirkung sieht oder nicht- im Rahmen des Vershy

haumlltnismaumlszligigkeitsgrundsatzes unter dem Blickwinkel der Sachgerechtigkeit des gewaumlhlten

Maszligstabs und unter dem Gesichtpunkt des Vertrauensschutzes bewertet werden muss (vgl

SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO RdNrn 102 105 LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 106) Danach kann der Gesetzgeber auch dann wenn die Gesetzesaumlnderung

an sich verfassungsrechtlich zulaumlssig ist im Hinblick auf den Grundsatz der Verhaumlltnismaumlshy

szligigkeit verpflichtet sein eine angemessene Uumlbergangsregelung zu treffen Der Nachpruumlfung

durch das Landesverfassungsgericht unterliegt insoweit allerdings nur ob der Gesetzgeber

bei einer Gesamtabwaumlgung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der

Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gruumlnde unter Beruumlcksichtigung aller Umstaumlnde die

Grenze der Zumutbarkeit uumlberschritten hat (so auch LVerfG MV Urt v 26012012 aaO

RdNr 106 mwN)

Gegen die grundsaumltzliche Tauglichkeit des Maszligstabs bestehen keine Bedenken Hinter ihm

steht die Erwartung dass sich die Haushaltszahlen im aktuellen Jahr in etwa im Rahmen der

bekannten Daten entwickeln werden

Im Rahmen der gebotenen Abwaumlgung ist zu beruumlcksichtigen dass der Landesgesetzgeber

bereits 1999 und 2007 die Einfuumlhrung eines interkommunalen Finanzausgleichs fuumlr verfasshy

sungsrechtlich dringend geboten gehalten und 2010 nur deshalb zunaumlchst auf die Erhebung

der Umiage verzichtet hat weii er keine einfache Moumlglichkeit gesehen hatte die Vorgaben

des Landesverfassungsgerichts aus dem Urteil vom 16022010 umzusetzen Bereits in dem

am 13042011 geschlossenen Koalitionsvertrag haben die regierungsbildenden Koalitionaumlra

festgeschrieben dass das bestehende System des kommunalen Finanzausgleichs fuumlr das

Jahr 2012 fortgeschrieben werden solL lnfolge dieser Absicht sollte ein Gutachter auch eine

verfassungskonforme Loumlsung zur Erhebung einer Umlage zur Angleichung der Finanzkraft

zwischen armen und reichen Kommunen finden Bei dieser Sachlage kann nicht davon

ausgegangen werden dass die Kommunen vor der Wiedereinfuumlhrung der Finanzkraftumlage

im Jahre 2013 darauf vertrauen durften von einer solchen Abgabe verschont zu bleiben

Das Landesverfassungsgericht hat sowohl bereits in seinem Urteil vom 13062006 als auch

in seinem Urteil vom 16022010 ausgefuumlhrt dass eine interkommunale Finanzkraftumlage

- 18shy

grundsaumltzlich mit der Landesverfassung vereinbar ist nur nicht deren konkrete Ausgestalshy

tung durch das jeweilige FAG

Ferner ist zu beruumlcksichtigen dass ein allgemeiner Vertrauensschutz auf den Fortbestand

der bisherigen Strukturen des Finanzausgleichs grundsaumltzlich nicht besteht was auch einen

Schutz des Vertrauens auf die Nichteinfuumlhrung neuer finanzausgleichsrechtlicher Instrumenshy

te ausschlieszligt Die Garantie der Selbstverwaltung verleiht den Gemeinden keinen verfasshy

sungsrechtlichen Anspruch auf Beibehaltung einer einmal erreichten Struktur des Finanzshy

ausgleichs Vielmehr steht es dem Gesetzgeber frei veraumlnderte Rahmenbedingungen neue

Erkenntnisse und gewandelte Praumlferenzvorstellungen bei der jaumlhrlichen Regelung des komshy

munalen Finanzausgleichs zu beruumlcksichtigen (so auch LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 109 mwN SaumlchsVerfGH Urt v 28082010 aaO RdNL 1 05)

Etwas anderes folgt auch nicht daraus dass es den betroffenen Gemeinden im Jahre 2013

tatsaumlchlich nicht mehr moumlglich war fuumlr die vorvergangenen Jahre im Hinblick auf die Finanzshy

ausgleichsumlage Dispositionen zu treffen indem sie ihr Ausgabeverhalten geaumlndert oder

die Hebesaumltze insbesondere fuumlr die Gewerbesteuer an der Umlage ausgerichtet haumltten Der

Umstand dass bei der Berechnung der Umlagenhoumlhe auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltshy

nissen der vorvergangenen Vorjahre zuruumlckgegriffen wird aumlndert nichts daran dass die Reshy

gelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht die Steuerkraft der abgeschlossenen Vorjahre sonshy

dern die jeweils aktuelle Steuerkraft im Auge hat

Dass sowohl Zuweisungen des Landes als auch zu erhebende Umlagen nicht an das laushy

fende Steueraufkommen des aktuellen Jahres anknuumlpfen koumlnnen ist systemimmanent weil

verlaumlssliche Finanzdaten immer erst mit zeitlicher Verzoumlgerung feststehen Die damit notshy

wendig verbundenen Unschaumlrfen sind hinzunehmen insoweit kann fuumlr die Finanzkraftumiashy

ge nichts anderes gelten als z B fuumlr die Kreisumlage Der Gesetzgeber ist daher daran geshy

bunden das einmal gewaumlhlte System auch auf die Finanzkraftumlage anzuwenden (so

schon LVerfG Urt v 13062006 aaO S 475)

Eine theoretische Alternative waumlre zwar ein Finanzausgleichssystem das zunaumlchst mit

Schaumltzwerten fuumlr das laufende Jahr arbeitet die fortlaufend an die tatsaumlchlichen Daten anshy

gepasst werden Letztlich muumlsste dann zum Abschluss eine Spitzabrechnung durchgefuumlhrt

werden Eine verlaumlssliche Finanz- Ausgaben- und Haushaltswirtschaft der Gemeinden waumlre

damit allerdings praktisch kaum zu leisten (so auch SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO

RdNr 103 unter Hinweis auf BVerfG Urt v 24061986- 2 BvF 1 5 683 184 und 1 285

- BVerfGE 72 330 400)

19 shy

22214 Im Uumlbrigen ermoumlglichtsect 12 Abs 4 FAG 2013 in der zweijaumlhrigen Uumlbergangszeit in

der Steuereinnahmen aus der Zeit vor lnkrafttreten des Gesetzes in die Berechnung der Fishy

nanzkraft einflieszligen fuumlr den Fall dass die fuumlr die spaumltere Zahlung der Finanzkraftumlage

benoumltigten Betraumlge nicht sofort einer Ruumlckstellung zugefuumlhrt wurden eine Befreiung von der

Verpflichtung zur Zahlung der Finanzkraftumlage wenn es in einem nachfolgenden Jahr zu

einem Einbruch des Gewerbesteueraufkommens kommt die Kommune nicht uumlber ausreishy

chende Ruumlcklagen bzw freie liquide Mittel verfuumlgt und sie die Verpflichtung zur Abfuumlhrung

der Finanzkraftumlage vor Probleme stellt sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 verstoumlszligt

nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz Kernelement des Rechtsstaatsprinzips ist dass alshy

le materiellen Rechtsnormen mit Regelungsanspruch dem Rechtsunterworfenen gegenuumlber

diesem die Moumlglichkeit einraumlumen sein Verhalten auf die Rechtsnorm einzurichten Schon

nach allgemeinen rechtsstaatliehen Regeln verlangt der Bestimmtheitsgrundsatz gesetzliche

Tatbestaumlnde so praumlzise zu formulieren dass ein Normadressat sein Handeln kalkulieren

kann weil die Folgen der Regelung fuumlr ihn voraussehbar und berechenbar sind Dies bedeushy

tet zwar nicht dass die Norm uumlberhaupt keine Auslegungsprobleme aufwerfen darf Dem

Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genuumlgt wenn diese mit herkoumlmmlichen juristischen

Methoden bewaumlltigt werden koumlnnen Es muss auch verlangt werden dass der Gesetzgeber

wenigstens seinen Grundgedanken das Ziel seines gesetzgeberischen Wollens deutlich

macht Allen Bestimmtheitsanforderungen ist gemeinsam dass der Grad der Bestimmtheit

von den jeweiligen sachlichen Eigenarten des Regelungsgegenstandes abhaumlngt Stets sind

Rechtsvorschriften so genau zu fassen wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden leshy

benssachverhalte und mit Ruumlcksicht auf den Normzweck moumlglich ist (vgl Urt des l VerfG v

16022010 aaO 381 mwN)

sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 haumllt diesen Anforderungen stand Bei der Regelung

handelt es sich nicht um eine Ermessensvorschrift sondern um eine gebundene Entscheishy

dung mit unbestimmten Rechtsbegriffen auf der Tatbestandsebene Die in sect 17 Abs 1 FAG

2013 verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe auszligergewoumlhnliche Belastungen Notlage

und besondere Haumlrte lassen sich durch Auslegung soweit konkretisieren dass sie selbst

dem Bestimmtheitsgebot des Art 103 Abs 2 GG genuumlgen wuumlrden Den Begriff Notlage deshy

finiert sect 17 Abs 1 S 2 FAG 2013 indem es dort heiszligt Als Notlage gilt insbesondere der

Fall dass die Einnahmemoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren

Ausgabeverpflichtungen nicht ausreichen Der Begriff der auszligergewoumlhnlichen Belastung

ist ein im Steuer- und Sozialrecht (vgl zB sect 33 des Einkommensteuergesetzes - EStG shy

oder im Sozialrecht zB sect 27 Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung- SchwbAV)

verwendeter Begriff der durch den Bundesgesetzgeber und die Rechtsprechung hinreichend

- 20 shy

konkretisiert ist Eine auszligergewoumlhnliche Belastung ist dadurch gekennzeichnet dass einem

Pflichtigen immer dann wenn er zwangslaumlufig groumlszligere Aufwendungen als die uumlberwiegende

Mehrzahl der Pflichtigen gleicher Einkommensverhaumlltnisse und gleicher Vermoumlgensverhaumlltshy

nisse erbringen muss der Teibull der Aufwendungen ermaumlszligigt wird der die dem Pflichtigen

zurnutbare Belastung uumlbersteigt (sect 33 Abs 1 EStG) Aufwendungen erwachsen dem Pflichtishy

gen nur zwangslaumlufig wenn er sich ihnen aus rechtlichen tatsaumlchlichen oder sittlichen

Gruumlnden nicht entziehen kann Das ist der Fall wenn die Gruumlnde der Zwangslaumlufigkeit derart

von auszligen auf die Entschlieszligung des Pflichtigen einwirken dass er ihnen nicht ausweichen

kann er also tatsaumlchlich keine Entscheidungsfreiheit hat bestimmte Aufwendungen vorzushy

nehmen oder zu unterlassen Liegt eine maszliggeblich vom menschlichen Willen beeinflusste

Situation vor so handelt es sich dagegen um keine Zwangslage in diesem Sinne von sect 33

Abs 1 EStG (vgl BFH Urt v 17072014- VI R 4213- RdNr 13- juris) Auch der Begriff

der besonderen Haumlrte ist ein im Verwaltungs- und Sozialrecht insbesondere bei Billigkeitsshy

entscheidungen haumlufig verwendeter unbestimmter Rechtsbegriff der eine hinreichende Konshy

kretisierung durch die fachgerichtliche Rechtsprechung erfahren hat Der Begriff der besonshy

deren Haumlrte ist ein durch die Fachgerichte voll uumlberpruumlfbarer Rechtsbegriff (vgl BVerwG

Urt v 29031979- 2 C 1677 - Buchholz 2384 sect 46 SG Nr S 52) Durch Bestimmungen

die diesen Begriff verwenden sollen unzumutbare Belastungen vermieden werden Der Geshy

setzgeber fuumlhrt regelmaumlszligig eine Haumlrtevorschrift ein um von den Regelvorschriften nicht ershy

fassten Ausnahmefaumlllen und Grenzsituationen Rechnung tragen zu koumlnnen (vgl BVerwG

Urt v 11021977-6 C 10574- RdNr 28- juris)

Ob bei Anwendung der Befreiungsregelung dessect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 durch

die Exekutive den abundanten Gemeinden angesichts ihrer hohen Gewerbesteuershy

einnahmen in der Vergangenheit abverlangt werden kann ROcklagen aus vergangenen Jahshy

ren einzusetzen oder Kassenkredite aufzunehmen betrifft die Rechtsanwendung und ist von

der Fachgerichtsbarkeit zu klaumlren

2222 Soweit die Beschwerdefuumlhrerin unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Landesshy

verfassungsgerichts im Urteil vom 16022010 geltend macht die Finanzkraftumlage sei

deshalb verfassungswidrig weil sie auf der Landkreisebene bei nicht abundanten Landkreishy

sen durch die Heranziehung einer abundanten Gemeinde zur Finanzkraftumlage eine Schatshy

tenwirkung herbeifuumlhre die dazu fuumlhre dass im Ergebnis dieser Schattenwirkung die Fi-middot

nanzkraftumlage den nicht abundanten Landkreis treffe vermag sie damit die Verfassungsshy

widrigkeit von sect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht zu begruumlnden weil dieser Entscheidung ein anshy

ders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag

- 21 shy

ln sect 16 Abs 2 FAG 2007 war vorgesehen dass ab dem 01 01 2008 eine Kuumlrzung der Beshy

messungsgrundlage der Kreisumlage um die Finanzkraftumlage vorzunehmen war Der Geshy

setzgeber des FAG 2007 hatte dadurch eine Kuumlrzung der Steuerkraftmesszahl um die abzushy

fuumlhrende Finanzkraftumlage als Berechnungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage vorgenommen

Damit konnte fuumlr das Finanzausgleichsmodell das dem FAG 2007 zugrunde lag die Kreisshy

umlagebelastung fuumlr die von der Finanzkraftumlage belasteten Gemeinden spuumlrbar verrinshy

gert werden Um den Eingriff in das Kreisumlagegefuumlge des betroffenen Landkreises abzushy

mildern hatte der Gesetzgeber den Abzug der Finanzkraftumlage zugleich bei der Ermittlung

der Umlagekraftmesszahl der Landkreise (sect 9 FAG 2007) zu beruumlcksichtigen Damit verminshy

derte sich nicht nur die Steuerkraftmesszahl als Bemessungsgrundlage der Kre isumlage

sondern auch als Bemessungsgrundlage fuumlr die Houmlhe der allgemeinen Zuwendungen fuumlr die

Landkreise Dies fuumlhrte dazu dass die Landkreise mit abundanten Gemeinden die wegen

einer houmlheren Umlagekraft an sich weniger allgemeine Zuweisungen erhielten mehr erhielshy

ten Da das Land den Betrag der allgemeinen Zuweisungen an die Landkreise allerdings unshy

veraumlndertmiddot belassen hatte fuumlhrte dies aber dazu dass die anderen Landkreise ohne abunshy

dante Gemeinden weniger allgemeine Zuweisungen erhielten Nur diese Regelung des sect 16

Abs 2 FAG 2007 hat das Landesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 16022010 als eishy

nen verfassungswidrigen Eingriff des Landesgesetzgebers in die Finanzhoheit der Landkreishy

se angesehen Auch die weiteren Ausfuumlhrungen des Landesverfassungsgerichts im Urteil

vom 16022010 beziehen sich auf die beanstandete Regelung dessect 16 Abs 2 FAG 2007

Mit sect 12 FAG 2013 hat der Gesetzgeber ein neues Modell fuumlr die Erhebung der Finanzshy

kraftumlage eingefuumlhrt Dieses Modell stellt sich wie folgt dar Der Gesetzgeber hat das Moshy

dell der sog Abundanzumlage (sect 19a FAG 2005 FAG 2007) bei der eine normierte Steuershy

kraft mit einem normierten Bedarf verglichen wird und fuumlr den Fall dass die Steuerkraft den

Bedarf uumlbersteigt (Abundanz) die Moumlglichkeit eines Zugriffs auf einen gewissen Prozentsatz

des abundanten Teils besteht aufgegeben und nunmehr den Finanzausgleich unter den

steuerstarken und steuerschwachen kreisangehoumlrigen Gemeinden nach einem anderen Moshy

dell vorgenommen das nicht nur die beschriebene uumlberschieszligende Steuerkraft fuumlr die Beshy

rechnung der Umlage heranzieht sondern in Anlehnung an eine entsprechende Regelung in

Baden-Wuumlrttemberg eine breitere Bemessungsgrundlage waumlhlt

Gemaumlszlig sect 12 Abs 2 S 4 und 5 FAG 2013 wird nunmehr fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden

ein Ausgleichsverfahren als Rechenschritt bei der Ermittlung der endguumlltigen Schluumlsselshy

zuweisung durchgefuumlhrt Dabei wird die Schluumlsselzuweisung A mit beruumlcksichtigt Bei der

Schluumlsselzuweisung A wird nach sect 12 Abs 2 S 5 FAG 2013 allen kreisangehoumlrigen Geshy

meinden deren Steuerkraft je Einwohner 80 vH des Durchschnitts aller Gemeinden untershy

- 22shy

schreitet die Differenz der eigenen Steuerkraft zu 80 vH der durchschnittlichen Steuerkraft

zu 80 vH ausgeglichen Diese Schluumlsselzuweisung bewirkt eine dem Finanzausgleich der

Regelungen des FAG 2005 und des FAG 2007 noch unbekannte Verlagerung unter allen

Zuweisungsempfaumlngern also allen nicht abundanten Gemeinden zugunsten der steuershy

schwachen Gemeinden und zurasten der mehr steuerstarken Gemeinden Die abundanten

Gemeinden die keine Zuweisungsempfaumlnger sind werden hierdurch noch nicht belagttet Ihshy

re Belastung erfolgt erst durch die Regelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 Danach zahlen alie

kreisangehoumlrigen Gemeinden also sowohl die Zuweisungsempfaumlnger als auch die abundanshy

ten Gemeinden eine Umlage von 10 vH der Summe aus der Steuerkraftmesszahl fuumlr Geshy

meinden gemaumlszligsect 14 FAG 2013 und den Schluumlsselzuweisungen A und B also ihrer gesamshy

ten Finanzkraft Uumlber sect 14 Abs 3 Nr 2 FAG 2013 geraten ua die Gewerbeshy

steuereinnahmen der abundanten Gemeinden in Houmlhe von 10 vH in diesen Finanzkraftumshy

lagetopf Dieser Umlagetopf erhoumlht gem sect 12 Abs 3 S 2 FAG 2013 die Finanzmasse fuumlr die

Schluumlsselzuweisung B

Diese veraumlnderte Schluumlsselzuweisung B wird dann nach der Regelung des sect 12 Abs 2 S 6

FAG auf die Schluumlsselzuweisungsempfaumlnger umgelegt Gemaumlszlig sect 19 Abs 2 FAG flieszligt die

zuletzt genannte Schluumlsselzuweisung an die kreisangehoumlrigen Gemeinden zwar in die Kreisshy

umlagenberechnung ein Da sich die Bemessung der Kreisumlage aus der Steuerkraft und

den Schluumlsselzuweisungen fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden zusammensetzt wird die

Finanzkraftumlage somit auch zum Abzugsposten bei der Bemessungsgrundlage der Kreisshy

umlage Diese Einbeziehung der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Finanzkraftshy

umlage in die Kreisumlagenberechnung stellt indes keinen Eingriff in die ebenfalls verfasshy

sungsrechtlich geschuumltzte Finanzhoheit der Landkreise dar

Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumiage unterscheidet sich im Hinblick auf die Ebeshy

nentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren vom Landesverfassungsgericht beanstandeten

Finanzkraftumlage Letztere floss dem Ausgleichsstock zu so dass sie den Landkreisen als

Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgesamt verloren ging Demgegenuumlber wird

durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgeshy

samt nicht geschmaumllert

Das Landesverfassungsgericht hat weder heute noch hatte es im Urteil vom 16022010 Beshy

denken dagegen dass uumlber die vorgelagerten Regelungen zur Bestimmung der Steuerkraftshy

messzahl und zur Festlegung der Schluumlsselzuweisungen der Gemeinden zugleich die Beshy

messungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage festgelegt wird Dass jede Aumlnderung der Finanzshy

ausstattung der kreisangehoumlrigen Gemeinden zwangslaumlufig auch zu Verlagerungen bei der

- 23shy

Finanzausstattung der Landkreise fuumlhrt verstoumlszligt als solches nicht gegen die Landesverfasshy

sung Dies gilt auch fuumlr die neu eingefuumlhrte Vorabverteilung der Schluumlsselmasse A zugunsshy

ten der finanzschwachen Kommunen Sie fuumlhrt zu keinen Veraumlnderungen bei der Gesamtshy

summe der Umlagekraftmesszahlen der Landkreise hat aber Verschiebungen zwischen den

einzelnen Landkreisen zur Folge Die jetzige gesetzliche Regelung stellt sicher dass die jeshy

weiligen Gesamtsummen der beiden Komponenten der Finanzausstattung der Landkreise

durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnderung erfahren Der Gesamtbemessungsgrundiashy

ge fuumlr die Kreisumlage werden durch die Verschiebungen zwischen den Kommunen keine

Betraumlge entzogen Da es keine abundanten Landkreise gibt ergeben sich auch keine Ausshy

wirkungen auf die Gesamthoumlhe der Schluumlsselzuweisungen die die Landkreise vom Land ershy

halten

Waumlhrend die Gesamtausstattung der Landkreise durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnshy

derung erfaumlhrt ergeben sich - dies raumlumt die Landesregierung selber ein - allerdings gerinshy

ge Verlagerungseffekte zwischen den einzelnen Landkreisen Diese Verlagerungseffekte

sind indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

Den Anspruch auf angemessene Finanzausstattung der Landkreise darf der Gesetzgeber

einschraumlnken soweit andere Interessen von Verfassungsrang dies rechtfertigen Nicht nur

der horizontale gemeindliche sondern auch der uumlbergemeindliche Finanzausgleich ist von

dem Grundsatz der interkommunalen Solidaritaumlt gepraumlgt (LVerfG Urt v 13062006-705shy

LVerfGE 17 410 429 NdsStGH NdsVBL 2001 184 188) Der Gedanke der interkommushy

nalen Solidaritaumlt umfasst - wie die Kreisumlage zeigt - auch die ausgleichenden Finanzshy

stroumlme zwischen der Gemeinde- und Kreisebene (vgL auch SaumlchsVerfG Urt v 29012010

- Vf 25-VIII-09 - RdNr 119 - juris unter Hinweis auf BVerfG Beschl v 07021991

- 2 BvL 2484 - BVerfGE 83 363 391f LVerfG MV Urt v 26012012- 1810 - RdNr

81) Haumltte der Gesetzgeber eine Verschiebung von finanzstarken zu finanzschwachen Landshy

kreisen mit einer eigenstaumlndigen Ausgleichsregelung herbeigefuumlhrt waumlre dies durch Art 88

ALs 2 S 1 LVerf gedeckt Nichts anderes gilt wenn derselbe Effekt mittelbar durch die vershy

fassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung zum Finanzkraftausgleich der Gemeinshy

den erreicht wird Der Ebene des einzelnen Landkreises steht dem Vertust an Bemessungsshy

grundlage durch die negative Schluumlsselzuweisung der abundanten Gemeinden (sofern keine

Befreiungen erteilt wurden) jeweils ein Gewinn an Bemessungsgrundlage durch die Erhoumlshy

hung der Schluumlsselzuweisung der uumlbrigen Gemeinden gegenuumlber Je nachdem welcher Efshy

fekt uumlberwiegt erhoumlhen oder vermindern sich die Einnahmen der jeweiligen Landkreise aus

der Kreisumlage durch die Finanzkraftumlage geringfuumlgig Diese Aumlnderung bei dem Aufshy

kommen an Kreisumlage ist aber nicht gleichzusetzen mit der Aumlnderung der Finanzkraft der

- 24shy

Landkreise Da es keine abundanten Landkreise gibt bekommen saumlmtliche Landkreise

Schluumlsselzuweisungen vom Land Der nicht bereits durch die Kreisumlage ausgeglichene

Finanzbedarf der Landkreise wird im Jahr 2013 zu 80 in den Folgejahren zu 90 ausgeshy

glichen Dieser Mechanismus bewirkt dass auch der noch nicht kompensierte Verlust an

Bemessungsgrundlage durch abundante Gemeinden zu 90 (bzw 2013 zu 80 ) ausgeshy

glichen wird Oie verbleibenden Differenzbetraumlge sind wirtschaftlich unbedeutend und vershy

fassungsrechtlich hinzunehmen (vgl auch LVerfG MV Urt v 2601 2012 - 3310 - RdNr

79- juris)

2223 Eine verfassungswidrige Schattenwirkung fuumlr weitere benachbarte kreisangehoumlrige

und nicht abundante Gemeinden laumlsst sich ebenfalls nicht feststellen Die finanzschwache

Nachbargemeinde profitiert direkt von der Finanzkraftumlage Die von der Beschwerdefuumlhreshy

rin beschriebene mittelbare Schattenwirkung durch die Moumlglichkeit einer Erhoumlhung der

Kreisumlage betrifft die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal und

muss daruumlber hinaus auch differenziert betrachtet werden Es besteht ein Unterschied ob

eine solche Kommune in einem Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft liegt Der

Landkreis mit niedriger Umlagekraft wird in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlashy

ge erheben waumlhrend der Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlshy

rigen Kommunen nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muss De facto verfuumlgen alshy

so die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verbleiben Die Finanzkraftshy

umlage mildert diesen Effekt unter Umstaumlnden geringfuumlgig ab Die nicht abundanten Komshy

munen in dem Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten eventuell dadurch beshy

lastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoben wuumlrde um den Verlust des

Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzkraftumlage zu kompensieren ln

dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saido von der Finanzkraftumlage profitiershy

ten erhoumlht sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass der Kreisumlagesatz sogar (geshy

ringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Daruumlber hinaus besteht eine Solidaritaumltsverpflichtung der Kreise gegenuumlber den kreisangeshy

houmlrigen Gemeinden die diese vor einer unangemessenen Erhoumlhung der Kreisumlage

schuumltzt (vgl Faber in HennekePuumlnderWaldhoff Recht der Kommunalfinanzen 2006 sect 34

RdNr 50)

3 Die Kostenentscheidung beruht auf sect 32 LVerfGG Gerichtskosten werden nicht erhoben

(Absatz 1) Gruumlnde fuumlr die Anordnung der Erstattung der notwendigen Auslagen der erfolglos

gebliebenen Beschwerdefuumlhrerin sind nicht ersichtlich (Abs 2 und 3)

- 25 shy

Dr Zettel GemmerSchubert Bergmann

Prof Or Kluth StallFranzkowiak

Page 13: URTEIL - Landesportal Sachsen-Anhalt

- 13shy

kraftumlage zu kompensieren ln dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saldo von

der Finanzkraftumlage profitierten erhoumlhe sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass

der Kreisumlagesatz (geringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Der Landtag hat sich nicht geaumluszligert

E n t s c h e i d u n g s g r uuml n d e

Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist zulaumlssig (1 ) jedoch nicht begruumlndet (2 )

1 Das Landesverfassungsgericht ist zur Entscheidung uumlber die kommunale Verfassungs~

beschwerde berufen (vgl dazu im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen LVerfG Urt v

31051994- LVG 293 - LVerfGE 2 227 245 f Urt v 31051994- LVG 194 - LVerfGE

2 273 289f Urt v 31051994- LVG 494- LVerfGE 2 323 334 f) Soweit eine Verletshy

zung des durch Art 2 Abs 3 und 87 LVerf garantierten Selbstverwaltungsrechts behauptet

wird handelt es sich um eine kommunale Verfassungsbeschwerde im Sinne des Art 75 Nr

7 LVerf und dersectsect 2 Nr 8 51 des Landesverfassungsgerichtsgesetzes in der Fassung vom

24092009- LVerfGG- (GVBI S 474) Diese Bestimmungen berechtigen die Kommunen

gegen Eingriffe in ihr Selbstverwaltungsrecht durch ein Landesgesetz das Landesverfasshy

sungsgericht anzurufen

Nach sect 51 Abs 1 LVerfGG koumlnnen Kommunen die Verfassungsbeschwerde mit der Behaupshy

tung erheben durch ein Landesgesetz in ihrem Recht auf Selbstverwaltung nach Art 2 Abs

3 und Art 87 LVerf verletzt zu sein Gemaumlszlig sect 57 Abs 2 LVerf gelten die sectsect 48 bis 50

LVerfGG entsprechend Nach sect 49 L VerfGG (hinsichtlich der Verfassungsbeschwerde gegen

ein Gesetz deckungsgleich mit sect 92 BVerfGG) sind in der Begruumlndung der Verfassungsbeshy

schwerde welche nach sect 16 Abs 1 S 2 LVerfGG erforderlich ist das Recht das verletzt

sein soll und die Gesetzesvorschrift durch die sich die Beschwerdefuumlhrerin unmittelbar vershy

letzt sieht zu bezeichnen Die Zulaumlssigkelt einer kommunalen Verfassungsbeschwerde geshy

gen ein Gesetz setzt voraus dass die Beschwerdefuumlhrerin selbst gegenwaumlrtig und unmittelshy

bar durch die angegriffenen Rechtsnormen in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt ist Die

angegriffenen Normen beschraumlnken unmittelbar und gegenwaumlrtig das Selbstverwaltungsshy

recht der Beschwerdefuumlhrerin ohne dass ein weiterer angreifbarer Umsetzungsakt notwenshy

dig wird Insoweit wird auch auf die Gruumlnde des Urteils des Gerichts vom 16022010- LVG

908- (LVerfGE 21 361 mwN) verwiesen

- 14shy

Die Verfassungsbeschwerde ist formgerecht und innerhalb der Jahresfrist der sectsect 51 Abs 2

48 LVerfGG erhoben worden

2 Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist nicht begruumlndetsect 12 Abs 3 FAG 2013 steht

im Einklang mit der in den Artt 2 Abs 3 87 und 88 L Verf naumlher ausgeformten Garantie der

kommunalen Selbstverwaltung

21 Bedenken gegen die formelle Rechtmaumlszligigkeit des FAG 2013 bestehen nicht Der Geshy

setzgeber hat keine Vorgaben des Gesetzgebungsverfahrens verletzt insbesondere traf ihn

keine Begruumlndungspflicht dafuumlr weshalb er eine Umlagenhoumlhe von 10 insect 12 Abs 3 FAG

2013 gewaumlhlt hat Aus den Vorschriften der Landesverfassung die das Gesetzgebungsvershy

fahren regeln (Artt 77 ff LVerf) ergibt sich keine Pflicht zur Begruumlndung von Gesetzen durch

den Landtag Nach sect 23 Abs 2 S 2 der Geschaumlftsordnung des Landtages von Sachsenshy

Anhalt muumlssen Gesetzesentwuumlrfe schriftlich begruumlndet sein Eine uumlber diese allgemeine Beshy

gruumlndungsnotwendigkeit hinausgehende Pflicht zur genauen Erlaumluterung des sect 12 Abs 3

FAG 2013 besteht nicht Eine besondere Darlegungslast des Gesetzgebers ergibt sich auch

nicht aus der speziellen Gesetzesmaterie des kommunalen Finanzausgleichs Der Gesetzshy

geber ist nicht gehalten die Gruumlnde fuumlr die Festlegung konkreter Betraumlge oder Verteilungsshy

kriterien im Einzelnen darzulegen Das Landesverfassungsgericht uumlberpruumlft das Finanzausshy

gleichsgesetz daher als Ergebnis eines Gesetzgebungsprozesses und nicht nur auf welshy

chem Weg der Gesetzgeber zu diesem Ergebnis gelangt ist (LVerfG Urt v 09102012shy

LVG 5710 - LVerfGE 23 315 333f) Der generellen Annahme einer in das Einzelne geshy

henden Begruumlndung bei jeder Gesetzgebung stehen im Uumlbrigen praktische Erwaumlgungen

entgegen So waumlre eine Abstimmung uumlber die Begruumlndung erforderlich um feststellen zu

koumlnnen ob die Mehrheit der Abgeordneten des Landtages diese Begruumlndung traumlgt

22 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt auch materiell-rechtlich nicht gegen die Landesshy

verfassung

221 Pruumlfungsmaszligstab ist die Selbstverwaltungsgarantie der Artt 2 Abs 3 87 und 88 L Verf

Seide Bestimmungen konkretisieren fuumlr das Land Sachsen-Anhalt die in Art 28 GG enthalshy

tene bundesverfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und haben

nach Zweck und Entstehungsgeschichte jedenfalls denselben Mindestgehalt wie Art 28 Abs

1 S 2 und 3 sowie Abs 2 GG Zum Selbstverwaltungsrecht der Kommunen gehoumlrt nach geshy

festigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG Beschl v 151 01985 shy

2 BvR 1808 1809 181082- BVerfGE 71 25 36 mwN) die Finanzhoheit der Kommunen

Sie umschlieszligt die eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft Die Verfasshy

i

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- 15 shy

sung des Landes Sachsen-Anhalt enthaumllt mit Art 87 Abs 3 einerseits und Art 88 anderershy

seits zwei selbstaumlndige Ausformungen der finanziellen Absicherung der Kommunen kraft deshy

rer das Land zum einen Bestimmungen uumlber die Deckung der Kosten treffen muss die den

Kommunen durch die Zuweisung von Pflichtaufgaben zur Erfuumlllung in eigener Verantwortung

und durch die Uumlbertragung von staatlichen Aufgaben zur Erfuumlllung nach Weisung entstehen

Zum anderen hat das Land dafuumlr zu sorgen dass die Kommunen uumlber Finanzmittel verfuumlshy

gen die zur angemessenen Erfuumlllung ihrer Aufgaben ausreichend sind Dabei ist die untershy

schiedliche Finanzkraft der Kommunen auf Grund eines Gesetzes angemessen auszugleishy

chen (Art 88 Abs 2 LVeri)

Als landesverfassungsrechtliche Garantie eines aufgabengerechten Finanzausgleichs weist

Art 88 LVerf dabei einen engen Bezug zu den bundesverfassungsrechtlichen Bestimmunshy

gen uumlber den Finanzausgleich auf welcher die Gemeinden unmittelbar einschlieszligt So steht

den Gemeinden ein bundesgesetzlich zu bestimmender Anteil an der Einkommen- und Umshy

satzsteuer (Art 106 Abs 5 5a GG) zu ferner die Ertragshoheit uumlber die Grund- und Gewershy

besteuer an deren Aufkommen aber Bund und Laumlnder durch eine Umlage beteiligt werden

sowie die Ertragshoheit uumlber die oumlrtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern sofern diese

nicht nach Maszliggabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbaumlnden zusteht (Art 1 06

Abs 6 GG) Wie der kommunale Finanzausgleich konkret ausgestaltet wird unterliegt der

Entscheidung des Landesgesetzgebers Ihm steht dabei angesichts desmiddot lneinandergreifens

von landesrechtliehen und grundgesetzliehen Finanzausgleichsvorschriften durch welche

den Gemeinden unmittelbar Steuerertraumlge zugewiesen werden sowie der Einbindung des

kommunalen Finanzausgleichs in die gesamte Haushaltswirtschaft und -planung des Landes

ein weiter Gestaltungsspielraum zu (LVerfG Urt v 16022010 aaO 361 374 mwN)

222 Im Rahmen dieses Gestaitungsspielraums hat der Landesgesetzgeber einen intershy

kommunalen horizontalen Finanzausgleich geschaffen der verfassungsrechtlich nicht zu beshy

anstanden ist

2221 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip unter dem Geshy

sichtpunkt des Verbots der echten Ruumlckwirkung soweit Steuereinnahmen aus dem Bereich

der Realsteuern des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer und des Gemeindeanteils

aus der Umsatzsteuer aus Vorvorjahreszeitraumlumen fuumlr die Berechnung der Finanzkraftumlashy

ge herangezogen werden

22211 Das Rechtsstaatsprinzip gehoumlrt zu den Vorschriften des Grundgesetzes und der

Landesverfassung die das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mit zu bestimshy

- 16 shy

men geeignet sind Es gehoumlrt damit auch zum Pruumlfungsmaszligstab der kommunalen Verfasshy

sungsbeschwerde Mit der Idee des Rechtsstaats ist der Gedanke der Dauerhaftigkeit und

Unverbruumlchlichkeil von Recht eng verbunden Der Rechtsgrundsatz der Rechtssicherheit

verlangt objektiv ein Mindestmaszlig an Kontinuitaumlt des Rechts vor allem fuumlr die Modalitaumlten

seiner Aumlnderung um die Verlaumlsslichkeit der Rechtsordnung zu erhalten Rechtssicherheit

bedeutet subjektiv in erster Linie Vertrauensschutz Es gibt aber kein schutzwuumlrdiges Vershy

trauen in den Fortbestand einer guumlnstigen Rechtslage Verfassungsrechtlich problematisch

sind Regeln die ruumlckwirkend belasten weil sie auf vergangene Sachverhalte Bezug nehshy

men

2 2212 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das grundsaumltzliche Verbot der echten

Ruumlckwirkung Eine echte Ruumlckwirkung liegt naumlmlich erst dann vor wenn (1) ein Gesetz

nachtraumlglich aumlndernd in abgewickelte der Vergangenheit angehoumlrende Tatbestaumlnde einshy

greift wenn also der von der Ruumlckwirkung betroffene Tatbestand in der Vergangenheit nicht

nur begonnen hat sondern bereits abgeschlossen war und (2) die tatbestandliehe Ruumlckanshy

knuumlpfung auch zu abgeschlossenen Rechtsfolgen vor der Verkuumlndung der gesetzlichen Reshy

gelung gefuumlhrt hat d h dass die Rechtsfolgen des neuen Gesetzes fuumlr einen vor der Vershy

kuumlndung liegenden Zeitpunkt auftreten sollen und nicht erst fuumlr die Zeit ab Verkuumlndung der

Norm (vgl Urt des LVerfG v 16022010 aaO 376 mwN) sect 12 Abs 3 FAG 2013 knuumlpft

bei der Bemessung der Finanzkraftumlage nachsect 29 FAG 2013 zwar an in der Vergangenshy

heit bereits abgeschlossene Tatbestaumlnde (Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren 2009

und 2010) an die Finanzkraftumlage wird erstmalig aber nach dem lnkrafttreten des FAG

2013 fuumlr die aktuelle Finanzkraft des Jahres 2013 erhoben die lediglich aus den Steuereinshy

nahmen der Jahre 2009 und 2010 ermittelt wird

222 i 3 Unabhaumlngig davon ob man das Anknuumlpfen bei der Berechnung der Finanzkraftumshy

lage an Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren vor der erstmaligen Erhebung der Umlashy

ge (in Sachsen-Anhalt an die Jahre 2009 bis 2012) als eine unechte Ruumlckwirkung bezeichnet

(so LVerfG MV Urt v 26012012 - 3310 - RdNr 107 juris) oder wie der Verfassungsgeshy J

richtshof des Freistaates Sachsen (Urt v 26082010- Vf 129-VIII-09 - RdNr 101 juris) I annimmt dass in dem Ruumlckgriff auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltnissen der Vorjahre

keine Ruumlckwirkung gegeben sei weil die Finanzkraftumlage die aktuelle Steuerkraft und die

der Vorjahre abschoumlpfen will kann das Anknuumlpfen an die vorvergangenen Jahre bei der Beshyf

rechnung der Finanzkraftumlage nicht als verfassungswidrig angesehen werden

IDabei ist zum einen zu beruumlcksichtigen dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfasshy 1

sungsgerichts im Beschluss vom 14051986 (2 Bvl 283 Absatz-Nr 92 juris) davon auszushy

- 17 shy

gehen ist dass eine Einordnung unter den Oberbegriff Ruumlckwirkung im weitesten Sinne

keinerlei verfassungsrechtliche Maszligstaumlbe aufzuzeigen vermag

Zum anderen besteht unter den Landesverfassungsgerichten Einigkeit daruumlber dass die Beshy

rechnung der Umlage anhand der Steuereinnahmen der vorvergangenen Jahre - unabhaumlnshy

gig davon ob man darin eine unechte Ruumlckwirkung sieht oder nicht- im Rahmen des Vershy

haumlltnismaumlszligigkeitsgrundsatzes unter dem Blickwinkel der Sachgerechtigkeit des gewaumlhlten

Maszligstabs und unter dem Gesichtpunkt des Vertrauensschutzes bewertet werden muss (vgl

SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO RdNrn 102 105 LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 106) Danach kann der Gesetzgeber auch dann wenn die Gesetzesaumlnderung

an sich verfassungsrechtlich zulaumlssig ist im Hinblick auf den Grundsatz der Verhaumlltnismaumlshy

szligigkeit verpflichtet sein eine angemessene Uumlbergangsregelung zu treffen Der Nachpruumlfung

durch das Landesverfassungsgericht unterliegt insoweit allerdings nur ob der Gesetzgeber

bei einer Gesamtabwaumlgung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der

Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gruumlnde unter Beruumlcksichtigung aller Umstaumlnde die

Grenze der Zumutbarkeit uumlberschritten hat (so auch LVerfG MV Urt v 26012012 aaO

RdNr 106 mwN)

Gegen die grundsaumltzliche Tauglichkeit des Maszligstabs bestehen keine Bedenken Hinter ihm

steht die Erwartung dass sich die Haushaltszahlen im aktuellen Jahr in etwa im Rahmen der

bekannten Daten entwickeln werden

Im Rahmen der gebotenen Abwaumlgung ist zu beruumlcksichtigen dass der Landesgesetzgeber

bereits 1999 und 2007 die Einfuumlhrung eines interkommunalen Finanzausgleichs fuumlr verfasshy

sungsrechtlich dringend geboten gehalten und 2010 nur deshalb zunaumlchst auf die Erhebung

der Umiage verzichtet hat weii er keine einfache Moumlglichkeit gesehen hatte die Vorgaben

des Landesverfassungsgerichts aus dem Urteil vom 16022010 umzusetzen Bereits in dem

am 13042011 geschlossenen Koalitionsvertrag haben die regierungsbildenden Koalitionaumlra

festgeschrieben dass das bestehende System des kommunalen Finanzausgleichs fuumlr das

Jahr 2012 fortgeschrieben werden solL lnfolge dieser Absicht sollte ein Gutachter auch eine

verfassungskonforme Loumlsung zur Erhebung einer Umlage zur Angleichung der Finanzkraft

zwischen armen und reichen Kommunen finden Bei dieser Sachlage kann nicht davon

ausgegangen werden dass die Kommunen vor der Wiedereinfuumlhrung der Finanzkraftumlage

im Jahre 2013 darauf vertrauen durften von einer solchen Abgabe verschont zu bleiben

Das Landesverfassungsgericht hat sowohl bereits in seinem Urteil vom 13062006 als auch

in seinem Urteil vom 16022010 ausgefuumlhrt dass eine interkommunale Finanzkraftumlage

- 18shy

grundsaumltzlich mit der Landesverfassung vereinbar ist nur nicht deren konkrete Ausgestalshy

tung durch das jeweilige FAG

Ferner ist zu beruumlcksichtigen dass ein allgemeiner Vertrauensschutz auf den Fortbestand

der bisherigen Strukturen des Finanzausgleichs grundsaumltzlich nicht besteht was auch einen

Schutz des Vertrauens auf die Nichteinfuumlhrung neuer finanzausgleichsrechtlicher Instrumenshy

te ausschlieszligt Die Garantie der Selbstverwaltung verleiht den Gemeinden keinen verfasshy

sungsrechtlichen Anspruch auf Beibehaltung einer einmal erreichten Struktur des Finanzshy

ausgleichs Vielmehr steht es dem Gesetzgeber frei veraumlnderte Rahmenbedingungen neue

Erkenntnisse und gewandelte Praumlferenzvorstellungen bei der jaumlhrlichen Regelung des komshy

munalen Finanzausgleichs zu beruumlcksichtigen (so auch LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 109 mwN SaumlchsVerfGH Urt v 28082010 aaO RdNL 1 05)

Etwas anderes folgt auch nicht daraus dass es den betroffenen Gemeinden im Jahre 2013

tatsaumlchlich nicht mehr moumlglich war fuumlr die vorvergangenen Jahre im Hinblick auf die Finanzshy

ausgleichsumlage Dispositionen zu treffen indem sie ihr Ausgabeverhalten geaumlndert oder

die Hebesaumltze insbesondere fuumlr die Gewerbesteuer an der Umlage ausgerichtet haumltten Der

Umstand dass bei der Berechnung der Umlagenhoumlhe auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltshy

nissen der vorvergangenen Vorjahre zuruumlckgegriffen wird aumlndert nichts daran dass die Reshy

gelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht die Steuerkraft der abgeschlossenen Vorjahre sonshy

dern die jeweils aktuelle Steuerkraft im Auge hat

Dass sowohl Zuweisungen des Landes als auch zu erhebende Umlagen nicht an das laushy

fende Steueraufkommen des aktuellen Jahres anknuumlpfen koumlnnen ist systemimmanent weil

verlaumlssliche Finanzdaten immer erst mit zeitlicher Verzoumlgerung feststehen Die damit notshy

wendig verbundenen Unschaumlrfen sind hinzunehmen insoweit kann fuumlr die Finanzkraftumiashy

ge nichts anderes gelten als z B fuumlr die Kreisumlage Der Gesetzgeber ist daher daran geshy

bunden das einmal gewaumlhlte System auch auf die Finanzkraftumlage anzuwenden (so

schon LVerfG Urt v 13062006 aaO S 475)

Eine theoretische Alternative waumlre zwar ein Finanzausgleichssystem das zunaumlchst mit

Schaumltzwerten fuumlr das laufende Jahr arbeitet die fortlaufend an die tatsaumlchlichen Daten anshy

gepasst werden Letztlich muumlsste dann zum Abschluss eine Spitzabrechnung durchgefuumlhrt

werden Eine verlaumlssliche Finanz- Ausgaben- und Haushaltswirtschaft der Gemeinden waumlre

damit allerdings praktisch kaum zu leisten (so auch SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO

RdNr 103 unter Hinweis auf BVerfG Urt v 24061986- 2 BvF 1 5 683 184 und 1 285

- BVerfGE 72 330 400)

19 shy

22214 Im Uumlbrigen ermoumlglichtsect 12 Abs 4 FAG 2013 in der zweijaumlhrigen Uumlbergangszeit in

der Steuereinnahmen aus der Zeit vor lnkrafttreten des Gesetzes in die Berechnung der Fishy

nanzkraft einflieszligen fuumlr den Fall dass die fuumlr die spaumltere Zahlung der Finanzkraftumlage

benoumltigten Betraumlge nicht sofort einer Ruumlckstellung zugefuumlhrt wurden eine Befreiung von der

Verpflichtung zur Zahlung der Finanzkraftumlage wenn es in einem nachfolgenden Jahr zu

einem Einbruch des Gewerbesteueraufkommens kommt die Kommune nicht uumlber ausreishy

chende Ruumlcklagen bzw freie liquide Mittel verfuumlgt und sie die Verpflichtung zur Abfuumlhrung

der Finanzkraftumlage vor Probleme stellt sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 verstoumlszligt

nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz Kernelement des Rechtsstaatsprinzips ist dass alshy

le materiellen Rechtsnormen mit Regelungsanspruch dem Rechtsunterworfenen gegenuumlber

diesem die Moumlglichkeit einraumlumen sein Verhalten auf die Rechtsnorm einzurichten Schon

nach allgemeinen rechtsstaatliehen Regeln verlangt der Bestimmtheitsgrundsatz gesetzliche

Tatbestaumlnde so praumlzise zu formulieren dass ein Normadressat sein Handeln kalkulieren

kann weil die Folgen der Regelung fuumlr ihn voraussehbar und berechenbar sind Dies bedeushy

tet zwar nicht dass die Norm uumlberhaupt keine Auslegungsprobleme aufwerfen darf Dem

Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genuumlgt wenn diese mit herkoumlmmlichen juristischen

Methoden bewaumlltigt werden koumlnnen Es muss auch verlangt werden dass der Gesetzgeber

wenigstens seinen Grundgedanken das Ziel seines gesetzgeberischen Wollens deutlich

macht Allen Bestimmtheitsanforderungen ist gemeinsam dass der Grad der Bestimmtheit

von den jeweiligen sachlichen Eigenarten des Regelungsgegenstandes abhaumlngt Stets sind

Rechtsvorschriften so genau zu fassen wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden leshy

benssachverhalte und mit Ruumlcksicht auf den Normzweck moumlglich ist (vgl Urt des l VerfG v

16022010 aaO 381 mwN)

sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 haumllt diesen Anforderungen stand Bei der Regelung

handelt es sich nicht um eine Ermessensvorschrift sondern um eine gebundene Entscheishy

dung mit unbestimmten Rechtsbegriffen auf der Tatbestandsebene Die in sect 17 Abs 1 FAG

2013 verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe auszligergewoumlhnliche Belastungen Notlage

und besondere Haumlrte lassen sich durch Auslegung soweit konkretisieren dass sie selbst

dem Bestimmtheitsgebot des Art 103 Abs 2 GG genuumlgen wuumlrden Den Begriff Notlage deshy

finiert sect 17 Abs 1 S 2 FAG 2013 indem es dort heiszligt Als Notlage gilt insbesondere der

Fall dass die Einnahmemoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren

Ausgabeverpflichtungen nicht ausreichen Der Begriff der auszligergewoumlhnlichen Belastung

ist ein im Steuer- und Sozialrecht (vgl zB sect 33 des Einkommensteuergesetzes - EStG shy

oder im Sozialrecht zB sect 27 Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung- SchwbAV)

verwendeter Begriff der durch den Bundesgesetzgeber und die Rechtsprechung hinreichend

- 20 shy

konkretisiert ist Eine auszligergewoumlhnliche Belastung ist dadurch gekennzeichnet dass einem

Pflichtigen immer dann wenn er zwangslaumlufig groumlszligere Aufwendungen als die uumlberwiegende

Mehrzahl der Pflichtigen gleicher Einkommensverhaumlltnisse und gleicher Vermoumlgensverhaumlltshy

nisse erbringen muss der Teibull der Aufwendungen ermaumlszligigt wird der die dem Pflichtigen

zurnutbare Belastung uumlbersteigt (sect 33 Abs 1 EStG) Aufwendungen erwachsen dem Pflichtishy

gen nur zwangslaumlufig wenn er sich ihnen aus rechtlichen tatsaumlchlichen oder sittlichen

Gruumlnden nicht entziehen kann Das ist der Fall wenn die Gruumlnde der Zwangslaumlufigkeit derart

von auszligen auf die Entschlieszligung des Pflichtigen einwirken dass er ihnen nicht ausweichen

kann er also tatsaumlchlich keine Entscheidungsfreiheit hat bestimmte Aufwendungen vorzushy

nehmen oder zu unterlassen Liegt eine maszliggeblich vom menschlichen Willen beeinflusste

Situation vor so handelt es sich dagegen um keine Zwangslage in diesem Sinne von sect 33

Abs 1 EStG (vgl BFH Urt v 17072014- VI R 4213- RdNr 13- juris) Auch der Begriff

der besonderen Haumlrte ist ein im Verwaltungs- und Sozialrecht insbesondere bei Billigkeitsshy

entscheidungen haumlufig verwendeter unbestimmter Rechtsbegriff der eine hinreichende Konshy

kretisierung durch die fachgerichtliche Rechtsprechung erfahren hat Der Begriff der besonshy

deren Haumlrte ist ein durch die Fachgerichte voll uumlberpruumlfbarer Rechtsbegriff (vgl BVerwG

Urt v 29031979- 2 C 1677 - Buchholz 2384 sect 46 SG Nr S 52) Durch Bestimmungen

die diesen Begriff verwenden sollen unzumutbare Belastungen vermieden werden Der Geshy

setzgeber fuumlhrt regelmaumlszligig eine Haumlrtevorschrift ein um von den Regelvorschriften nicht ershy

fassten Ausnahmefaumlllen und Grenzsituationen Rechnung tragen zu koumlnnen (vgl BVerwG

Urt v 11021977-6 C 10574- RdNr 28- juris)

Ob bei Anwendung der Befreiungsregelung dessect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 durch

die Exekutive den abundanten Gemeinden angesichts ihrer hohen Gewerbesteuershy

einnahmen in der Vergangenheit abverlangt werden kann ROcklagen aus vergangenen Jahshy

ren einzusetzen oder Kassenkredite aufzunehmen betrifft die Rechtsanwendung und ist von

der Fachgerichtsbarkeit zu klaumlren

2222 Soweit die Beschwerdefuumlhrerin unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Landesshy

verfassungsgerichts im Urteil vom 16022010 geltend macht die Finanzkraftumlage sei

deshalb verfassungswidrig weil sie auf der Landkreisebene bei nicht abundanten Landkreishy

sen durch die Heranziehung einer abundanten Gemeinde zur Finanzkraftumlage eine Schatshy

tenwirkung herbeifuumlhre die dazu fuumlhre dass im Ergebnis dieser Schattenwirkung die Fi-middot

nanzkraftumlage den nicht abundanten Landkreis treffe vermag sie damit die Verfassungsshy

widrigkeit von sect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht zu begruumlnden weil dieser Entscheidung ein anshy

ders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag

- 21 shy

ln sect 16 Abs 2 FAG 2007 war vorgesehen dass ab dem 01 01 2008 eine Kuumlrzung der Beshy

messungsgrundlage der Kreisumlage um die Finanzkraftumlage vorzunehmen war Der Geshy

setzgeber des FAG 2007 hatte dadurch eine Kuumlrzung der Steuerkraftmesszahl um die abzushy

fuumlhrende Finanzkraftumlage als Berechnungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage vorgenommen

Damit konnte fuumlr das Finanzausgleichsmodell das dem FAG 2007 zugrunde lag die Kreisshy

umlagebelastung fuumlr die von der Finanzkraftumlage belasteten Gemeinden spuumlrbar verrinshy

gert werden Um den Eingriff in das Kreisumlagegefuumlge des betroffenen Landkreises abzushy

mildern hatte der Gesetzgeber den Abzug der Finanzkraftumlage zugleich bei der Ermittlung

der Umlagekraftmesszahl der Landkreise (sect 9 FAG 2007) zu beruumlcksichtigen Damit verminshy

derte sich nicht nur die Steuerkraftmesszahl als Bemessungsgrundlage der Kre isumlage

sondern auch als Bemessungsgrundlage fuumlr die Houmlhe der allgemeinen Zuwendungen fuumlr die

Landkreise Dies fuumlhrte dazu dass die Landkreise mit abundanten Gemeinden die wegen

einer houmlheren Umlagekraft an sich weniger allgemeine Zuweisungen erhielten mehr erhielshy

ten Da das Land den Betrag der allgemeinen Zuweisungen an die Landkreise allerdings unshy

veraumlndertmiddot belassen hatte fuumlhrte dies aber dazu dass die anderen Landkreise ohne abunshy

dante Gemeinden weniger allgemeine Zuweisungen erhielten Nur diese Regelung des sect 16

Abs 2 FAG 2007 hat das Landesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 16022010 als eishy

nen verfassungswidrigen Eingriff des Landesgesetzgebers in die Finanzhoheit der Landkreishy

se angesehen Auch die weiteren Ausfuumlhrungen des Landesverfassungsgerichts im Urteil

vom 16022010 beziehen sich auf die beanstandete Regelung dessect 16 Abs 2 FAG 2007

Mit sect 12 FAG 2013 hat der Gesetzgeber ein neues Modell fuumlr die Erhebung der Finanzshy

kraftumlage eingefuumlhrt Dieses Modell stellt sich wie folgt dar Der Gesetzgeber hat das Moshy

dell der sog Abundanzumlage (sect 19a FAG 2005 FAG 2007) bei der eine normierte Steuershy

kraft mit einem normierten Bedarf verglichen wird und fuumlr den Fall dass die Steuerkraft den

Bedarf uumlbersteigt (Abundanz) die Moumlglichkeit eines Zugriffs auf einen gewissen Prozentsatz

des abundanten Teils besteht aufgegeben und nunmehr den Finanzausgleich unter den

steuerstarken und steuerschwachen kreisangehoumlrigen Gemeinden nach einem anderen Moshy

dell vorgenommen das nicht nur die beschriebene uumlberschieszligende Steuerkraft fuumlr die Beshy

rechnung der Umlage heranzieht sondern in Anlehnung an eine entsprechende Regelung in

Baden-Wuumlrttemberg eine breitere Bemessungsgrundlage waumlhlt

Gemaumlszlig sect 12 Abs 2 S 4 und 5 FAG 2013 wird nunmehr fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden

ein Ausgleichsverfahren als Rechenschritt bei der Ermittlung der endguumlltigen Schluumlsselshy

zuweisung durchgefuumlhrt Dabei wird die Schluumlsselzuweisung A mit beruumlcksichtigt Bei der

Schluumlsselzuweisung A wird nach sect 12 Abs 2 S 5 FAG 2013 allen kreisangehoumlrigen Geshy

meinden deren Steuerkraft je Einwohner 80 vH des Durchschnitts aller Gemeinden untershy

- 22shy

schreitet die Differenz der eigenen Steuerkraft zu 80 vH der durchschnittlichen Steuerkraft

zu 80 vH ausgeglichen Diese Schluumlsselzuweisung bewirkt eine dem Finanzausgleich der

Regelungen des FAG 2005 und des FAG 2007 noch unbekannte Verlagerung unter allen

Zuweisungsempfaumlngern also allen nicht abundanten Gemeinden zugunsten der steuershy

schwachen Gemeinden und zurasten der mehr steuerstarken Gemeinden Die abundanten

Gemeinden die keine Zuweisungsempfaumlnger sind werden hierdurch noch nicht belagttet Ihshy

re Belastung erfolgt erst durch die Regelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 Danach zahlen alie

kreisangehoumlrigen Gemeinden also sowohl die Zuweisungsempfaumlnger als auch die abundanshy

ten Gemeinden eine Umlage von 10 vH der Summe aus der Steuerkraftmesszahl fuumlr Geshy

meinden gemaumlszligsect 14 FAG 2013 und den Schluumlsselzuweisungen A und B also ihrer gesamshy

ten Finanzkraft Uumlber sect 14 Abs 3 Nr 2 FAG 2013 geraten ua die Gewerbeshy

steuereinnahmen der abundanten Gemeinden in Houmlhe von 10 vH in diesen Finanzkraftumshy

lagetopf Dieser Umlagetopf erhoumlht gem sect 12 Abs 3 S 2 FAG 2013 die Finanzmasse fuumlr die

Schluumlsselzuweisung B

Diese veraumlnderte Schluumlsselzuweisung B wird dann nach der Regelung des sect 12 Abs 2 S 6

FAG auf die Schluumlsselzuweisungsempfaumlnger umgelegt Gemaumlszlig sect 19 Abs 2 FAG flieszligt die

zuletzt genannte Schluumlsselzuweisung an die kreisangehoumlrigen Gemeinden zwar in die Kreisshy

umlagenberechnung ein Da sich die Bemessung der Kreisumlage aus der Steuerkraft und

den Schluumlsselzuweisungen fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden zusammensetzt wird die

Finanzkraftumlage somit auch zum Abzugsposten bei der Bemessungsgrundlage der Kreisshy

umlage Diese Einbeziehung der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Finanzkraftshy

umlage in die Kreisumlagenberechnung stellt indes keinen Eingriff in die ebenfalls verfasshy

sungsrechtlich geschuumltzte Finanzhoheit der Landkreise dar

Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumiage unterscheidet sich im Hinblick auf die Ebeshy

nentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren vom Landesverfassungsgericht beanstandeten

Finanzkraftumlage Letztere floss dem Ausgleichsstock zu so dass sie den Landkreisen als

Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgesamt verloren ging Demgegenuumlber wird

durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgeshy

samt nicht geschmaumllert

Das Landesverfassungsgericht hat weder heute noch hatte es im Urteil vom 16022010 Beshy

denken dagegen dass uumlber die vorgelagerten Regelungen zur Bestimmung der Steuerkraftshy

messzahl und zur Festlegung der Schluumlsselzuweisungen der Gemeinden zugleich die Beshy

messungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage festgelegt wird Dass jede Aumlnderung der Finanzshy

ausstattung der kreisangehoumlrigen Gemeinden zwangslaumlufig auch zu Verlagerungen bei der

- 23shy

Finanzausstattung der Landkreise fuumlhrt verstoumlszligt als solches nicht gegen die Landesverfasshy

sung Dies gilt auch fuumlr die neu eingefuumlhrte Vorabverteilung der Schluumlsselmasse A zugunsshy

ten der finanzschwachen Kommunen Sie fuumlhrt zu keinen Veraumlnderungen bei der Gesamtshy

summe der Umlagekraftmesszahlen der Landkreise hat aber Verschiebungen zwischen den

einzelnen Landkreisen zur Folge Die jetzige gesetzliche Regelung stellt sicher dass die jeshy

weiligen Gesamtsummen der beiden Komponenten der Finanzausstattung der Landkreise

durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnderung erfahren Der Gesamtbemessungsgrundiashy

ge fuumlr die Kreisumlage werden durch die Verschiebungen zwischen den Kommunen keine

Betraumlge entzogen Da es keine abundanten Landkreise gibt ergeben sich auch keine Ausshy

wirkungen auf die Gesamthoumlhe der Schluumlsselzuweisungen die die Landkreise vom Land ershy

halten

Waumlhrend die Gesamtausstattung der Landkreise durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnshy

derung erfaumlhrt ergeben sich - dies raumlumt die Landesregierung selber ein - allerdings gerinshy

ge Verlagerungseffekte zwischen den einzelnen Landkreisen Diese Verlagerungseffekte

sind indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

Den Anspruch auf angemessene Finanzausstattung der Landkreise darf der Gesetzgeber

einschraumlnken soweit andere Interessen von Verfassungsrang dies rechtfertigen Nicht nur

der horizontale gemeindliche sondern auch der uumlbergemeindliche Finanzausgleich ist von

dem Grundsatz der interkommunalen Solidaritaumlt gepraumlgt (LVerfG Urt v 13062006-705shy

LVerfGE 17 410 429 NdsStGH NdsVBL 2001 184 188) Der Gedanke der interkommushy

nalen Solidaritaumlt umfasst - wie die Kreisumlage zeigt - auch die ausgleichenden Finanzshy

stroumlme zwischen der Gemeinde- und Kreisebene (vgL auch SaumlchsVerfG Urt v 29012010

- Vf 25-VIII-09 - RdNr 119 - juris unter Hinweis auf BVerfG Beschl v 07021991

- 2 BvL 2484 - BVerfGE 83 363 391f LVerfG MV Urt v 26012012- 1810 - RdNr

81) Haumltte der Gesetzgeber eine Verschiebung von finanzstarken zu finanzschwachen Landshy

kreisen mit einer eigenstaumlndigen Ausgleichsregelung herbeigefuumlhrt waumlre dies durch Art 88

ALs 2 S 1 LVerf gedeckt Nichts anderes gilt wenn derselbe Effekt mittelbar durch die vershy

fassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung zum Finanzkraftausgleich der Gemeinshy

den erreicht wird Der Ebene des einzelnen Landkreises steht dem Vertust an Bemessungsshy

grundlage durch die negative Schluumlsselzuweisung der abundanten Gemeinden (sofern keine

Befreiungen erteilt wurden) jeweils ein Gewinn an Bemessungsgrundlage durch die Erhoumlshy

hung der Schluumlsselzuweisung der uumlbrigen Gemeinden gegenuumlber Je nachdem welcher Efshy

fekt uumlberwiegt erhoumlhen oder vermindern sich die Einnahmen der jeweiligen Landkreise aus

der Kreisumlage durch die Finanzkraftumlage geringfuumlgig Diese Aumlnderung bei dem Aufshy

kommen an Kreisumlage ist aber nicht gleichzusetzen mit der Aumlnderung der Finanzkraft der

- 24shy

Landkreise Da es keine abundanten Landkreise gibt bekommen saumlmtliche Landkreise

Schluumlsselzuweisungen vom Land Der nicht bereits durch die Kreisumlage ausgeglichene

Finanzbedarf der Landkreise wird im Jahr 2013 zu 80 in den Folgejahren zu 90 ausgeshy

glichen Dieser Mechanismus bewirkt dass auch der noch nicht kompensierte Verlust an

Bemessungsgrundlage durch abundante Gemeinden zu 90 (bzw 2013 zu 80 ) ausgeshy

glichen wird Oie verbleibenden Differenzbetraumlge sind wirtschaftlich unbedeutend und vershy

fassungsrechtlich hinzunehmen (vgl auch LVerfG MV Urt v 2601 2012 - 3310 - RdNr

79- juris)

2223 Eine verfassungswidrige Schattenwirkung fuumlr weitere benachbarte kreisangehoumlrige

und nicht abundante Gemeinden laumlsst sich ebenfalls nicht feststellen Die finanzschwache

Nachbargemeinde profitiert direkt von der Finanzkraftumlage Die von der Beschwerdefuumlhreshy

rin beschriebene mittelbare Schattenwirkung durch die Moumlglichkeit einer Erhoumlhung der

Kreisumlage betrifft die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal und

muss daruumlber hinaus auch differenziert betrachtet werden Es besteht ein Unterschied ob

eine solche Kommune in einem Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft liegt Der

Landkreis mit niedriger Umlagekraft wird in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlashy

ge erheben waumlhrend der Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlshy

rigen Kommunen nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muss De facto verfuumlgen alshy

so die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verbleiben Die Finanzkraftshy

umlage mildert diesen Effekt unter Umstaumlnden geringfuumlgig ab Die nicht abundanten Komshy

munen in dem Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten eventuell dadurch beshy

lastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoben wuumlrde um den Verlust des

Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzkraftumlage zu kompensieren ln

dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saido von der Finanzkraftumlage profitiershy

ten erhoumlht sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass der Kreisumlagesatz sogar (geshy

ringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Daruumlber hinaus besteht eine Solidaritaumltsverpflichtung der Kreise gegenuumlber den kreisangeshy

houmlrigen Gemeinden die diese vor einer unangemessenen Erhoumlhung der Kreisumlage

schuumltzt (vgl Faber in HennekePuumlnderWaldhoff Recht der Kommunalfinanzen 2006 sect 34

RdNr 50)

3 Die Kostenentscheidung beruht auf sect 32 LVerfGG Gerichtskosten werden nicht erhoben

(Absatz 1) Gruumlnde fuumlr die Anordnung der Erstattung der notwendigen Auslagen der erfolglos

gebliebenen Beschwerdefuumlhrerin sind nicht ersichtlich (Abs 2 und 3)

- 25 shy

Dr Zettel GemmerSchubert Bergmann

Prof Or Kluth StallFranzkowiak

Page 14: URTEIL - Landesportal Sachsen-Anhalt

- 14shy

Die Verfassungsbeschwerde ist formgerecht und innerhalb der Jahresfrist der sectsect 51 Abs 2

48 LVerfGG erhoben worden

2 Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist nicht begruumlndetsect 12 Abs 3 FAG 2013 steht

im Einklang mit der in den Artt 2 Abs 3 87 und 88 L Verf naumlher ausgeformten Garantie der

kommunalen Selbstverwaltung

21 Bedenken gegen die formelle Rechtmaumlszligigkeit des FAG 2013 bestehen nicht Der Geshy

setzgeber hat keine Vorgaben des Gesetzgebungsverfahrens verletzt insbesondere traf ihn

keine Begruumlndungspflicht dafuumlr weshalb er eine Umlagenhoumlhe von 10 insect 12 Abs 3 FAG

2013 gewaumlhlt hat Aus den Vorschriften der Landesverfassung die das Gesetzgebungsvershy

fahren regeln (Artt 77 ff LVerf) ergibt sich keine Pflicht zur Begruumlndung von Gesetzen durch

den Landtag Nach sect 23 Abs 2 S 2 der Geschaumlftsordnung des Landtages von Sachsenshy

Anhalt muumlssen Gesetzesentwuumlrfe schriftlich begruumlndet sein Eine uumlber diese allgemeine Beshy

gruumlndungsnotwendigkeit hinausgehende Pflicht zur genauen Erlaumluterung des sect 12 Abs 3

FAG 2013 besteht nicht Eine besondere Darlegungslast des Gesetzgebers ergibt sich auch

nicht aus der speziellen Gesetzesmaterie des kommunalen Finanzausgleichs Der Gesetzshy

geber ist nicht gehalten die Gruumlnde fuumlr die Festlegung konkreter Betraumlge oder Verteilungsshy

kriterien im Einzelnen darzulegen Das Landesverfassungsgericht uumlberpruumlft das Finanzausshy

gleichsgesetz daher als Ergebnis eines Gesetzgebungsprozesses und nicht nur auf welshy

chem Weg der Gesetzgeber zu diesem Ergebnis gelangt ist (LVerfG Urt v 09102012shy

LVG 5710 - LVerfGE 23 315 333f) Der generellen Annahme einer in das Einzelne geshy

henden Begruumlndung bei jeder Gesetzgebung stehen im Uumlbrigen praktische Erwaumlgungen

entgegen So waumlre eine Abstimmung uumlber die Begruumlndung erforderlich um feststellen zu

koumlnnen ob die Mehrheit der Abgeordneten des Landtages diese Begruumlndung traumlgt

22 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt auch materiell-rechtlich nicht gegen die Landesshy

verfassung

221 Pruumlfungsmaszligstab ist die Selbstverwaltungsgarantie der Artt 2 Abs 3 87 und 88 L Verf

Seide Bestimmungen konkretisieren fuumlr das Land Sachsen-Anhalt die in Art 28 GG enthalshy

tene bundesverfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und haben

nach Zweck und Entstehungsgeschichte jedenfalls denselben Mindestgehalt wie Art 28 Abs

1 S 2 und 3 sowie Abs 2 GG Zum Selbstverwaltungsrecht der Kommunen gehoumlrt nach geshy

festigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG Beschl v 151 01985 shy

2 BvR 1808 1809 181082- BVerfGE 71 25 36 mwN) die Finanzhoheit der Kommunen

Sie umschlieszligt die eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft Die Verfasshy

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~

t I

- 15 shy

sung des Landes Sachsen-Anhalt enthaumllt mit Art 87 Abs 3 einerseits und Art 88 anderershy

seits zwei selbstaumlndige Ausformungen der finanziellen Absicherung der Kommunen kraft deshy

rer das Land zum einen Bestimmungen uumlber die Deckung der Kosten treffen muss die den

Kommunen durch die Zuweisung von Pflichtaufgaben zur Erfuumlllung in eigener Verantwortung

und durch die Uumlbertragung von staatlichen Aufgaben zur Erfuumlllung nach Weisung entstehen

Zum anderen hat das Land dafuumlr zu sorgen dass die Kommunen uumlber Finanzmittel verfuumlshy

gen die zur angemessenen Erfuumlllung ihrer Aufgaben ausreichend sind Dabei ist die untershy

schiedliche Finanzkraft der Kommunen auf Grund eines Gesetzes angemessen auszugleishy

chen (Art 88 Abs 2 LVeri)

Als landesverfassungsrechtliche Garantie eines aufgabengerechten Finanzausgleichs weist

Art 88 LVerf dabei einen engen Bezug zu den bundesverfassungsrechtlichen Bestimmunshy

gen uumlber den Finanzausgleich auf welcher die Gemeinden unmittelbar einschlieszligt So steht

den Gemeinden ein bundesgesetzlich zu bestimmender Anteil an der Einkommen- und Umshy

satzsteuer (Art 106 Abs 5 5a GG) zu ferner die Ertragshoheit uumlber die Grund- und Gewershy

besteuer an deren Aufkommen aber Bund und Laumlnder durch eine Umlage beteiligt werden

sowie die Ertragshoheit uumlber die oumlrtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern sofern diese

nicht nach Maszliggabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbaumlnden zusteht (Art 1 06

Abs 6 GG) Wie der kommunale Finanzausgleich konkret ausgestaltet wird unterliegt der

Entscheidung des Landesgesetzgebers Ihm steht dabei angesichts desmiddot lneinandergreifens

von landesrechtliehen und grundgesetzliehen Finanzausgleichsvorschriften durch welche

den Gemeinden unmittelbar Steuerertraumlge zugewiesen werden sowie der Einbindung des

kommunalen Finanzausgleichs in die gesamte Haushaltswirtschaft und -planung des Landes

ein weiter Gestaltungsspielraum zu (LVerfG Urt v 16022010 aaO 361 374 mwN)

222 Im Rahmen dieses Gestaitungsspielraums hat der Landesgesetzgeber einen intershy

kommunalen horizontalen Finanzausgleich geschaffen der verfassungsrechtlich nicht zu beshy

anstanden ist

2221 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip unter dem Geshy

sichtpunkt des Verbots der echten Ruumlckwirkung soweit Steuereinnahmen aus dem Bereich

der Realsteuern des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer und des Gemeindeanteils

aus der Umsatzsteuer aus Vorvorjahreszeitraumlumen fuumlr die Berechnung der Finanzkraftumlashy

ge herangezogen werden

22211 Das Rechtsstaatsprinzip gehoumlrt zu den Vorschriften des Grundgesetzes und der

Landesverfassung die das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mit zu bestimshy

- 16 shy

men geeignet sind Es gehoumlrt damit auch zum Pruumlfungsmaszligstab der kommunalen Verfasshy

sungsbeschwerde Mit der Idee des Rechtsstaats ist der Gedanke der Dauerhaftigkeit und

Unverbruumlchlichkeil von Recht eng verbunden Der Rechtsgrundsatz der Rechtssicherheit

verlangt objektiv ein Mindestmaszlig an Kontinuitaumlt des Rechts vor allem fuumlr die Modalitaumlten

seiner Aumlnderung um die Verlaumlsslichkeit der Rechtsordnung zu erhalten Rechtssicherheit

bedeutet subjektiv in erster Linie Vertrauensschutz Es gibt aber kein schutzwuumlrdiges Vershy

trauen in den Fortbestand einer guumlnstigen Rechtslage Verfassungsrechtlich problematisch

sind Regeln die ruumlckwirkend belasten weil sie auf vergangene Sachverhalte Bezug nehshy

men

2 2212 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das grundsaumltzliche Verbot der echten

Ruumlckwirkung Eine echte Ruumlckwirkung liegt naumlmlich erst dann vor wenn (1) ein Gesetz

nachtraumlglich aumlndernd in abgewickelte der Vergangenheit angehoumlrende Tatbestaumlnde einshy

greift wenn also der von der Ruumlckwirkung betroffene Tatbestand in der Vergangenheit nicht

nur begonnen hat sondern bereits abgeschlossen war und (2) die tatbestandliehe Ruumlckanshy

knuumlpfung auch zu abgeschlossenen Rechtsfolgen vor der Verkuumlndung der gesetzlichen Reshy

gelung gefuumlhrt hat d h dass die Rechtsfolgen des neuen Gesetzes fuumlr einen vor der Vershy

kuumlndung liegenden Zeitpunkt auftreten sollen und nicht erst fuumlr die Zeit ab Verkuumlndung der

Norm (vgl Urt des LVerfG v 16022010 aaO 376 mwN) sect 12 Abs 3 FAG 2013 knuumlpft

bei der Bemessung der Finanzkraftumlage nachsect 29 FAG 2013 zwar an in der Vergangenshy

heit bereits abgeschlossene Tatbestaumlnde (Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren 2009

und 2010) an die Finanzkraftumlage wird erstmalig aber nach dem lnkrafttreten des FAG

2013 fuumlr die aktuelle Finanzkraft des Jahres 2013 erhoben die lediglich aus den Steuereinshy

nahmen der Jahre 2009 und 2010 ermittelt wird

222 i 3 Unabhaumlngig davon ob man das Anknuumlpfen bei der Berechnung der Finanzkraftumshy

lage an Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren vor der erstmaligen Erhebung der Umlashy

ge (in Sachsen-Anhalt an die Jahre 2009 bis 2012) als eine unechte Ruumlckwirkung bezeichnet

(so LVerfG MV Urt v 26012012 - 3310 - RdNr 107 juris) oder wie der Verfassungsgeshy J

richtshof des Freistaates Sachsen (Urt v 26082010- Vf 129-VIII-09 - RdNr 101 juris) I annimmt dass in dem Ruumlckgriff auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltnissen der Vorjahre

keine Ruumlckwirkung gegeben sei weil die Finanzkraftumlage die aktuelle Steuerkraft und die

der Vorjahre abschoumlpfen will kann das Anknuumlpfen an die vorvergangenen Jahre bei der Beshyf

rechnung der Finanzkraftumlage nicht als verfassungswidrig angesehen werden

IDabei ist zum einen zu beruumlcksichtigen dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfasshy 1

sungsgerichts im Beschluss vom 14051986 (2 Bvl 283 Absatz-Nr 92 juris) davon auszushy

- 17 shy

gehen ist dass eine Einordnung unter den Oberbegriff Ruumlckwirkung im weitesten Sinne

keinerlei verfassungsrechtliche Maszligstaumlbe aufzuzeigen vermag

Zum anderen besteht unter den Landesverfassungsgerichten Einigkeit daruumlber dass die Beshy

rechnung der Umlage anhand der Steuereinnahmen der vorvergangenen Jahre - unabhaumlnshy

gig davon ob man darin eine unechte Ruumlckwirkung sieht oder nicht- im Rahmen des Vershy

haumlltnismaumlszligigkeitsgrundsatzes unter dem Blickwinkel der Sachgerechtigkeit des gewaumlhlten

Maszligstabs und unter dem Gesichtpunkt des Vertrauensschutzes bewertet werden muss (vgl

SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO RdNrn 102 105 LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 106) Danach kann der Gesetzgeber auch dann wenn die Gesetzesaumlnderung

an sich verfassungsrechtlich zulaumlssig ist im Hinblick auf den Grundsatz der Verhaumlltnismaumlshy

szligigkeit verpflichtet sein eine angemessene Uumlbergangsregelung zu treffen Der Nachpruumlfung

durch das Landesverfassungsgericht unterliegt insoweit allerdings nur ob der Gesetzgeber

bei einer Gesamtabwaumlgung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der

Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gruumlnde unter Beruumlcksichtigung aller Umstaumlnde die

Grenze der Zumutbarkeit uumlberschritten hat (so auch LVerfG MV Urt v 26012012 aaO

RdNr 106 mwN)

Gegen die grundsaumltzliche Tauglichkeit des Maszligstabs bestehen keine Bedenken Hinter ihm

steht die Erwartung dass sich die Haushaltszahlen im aktuellen Jahr in etwa im Rahmen der

bekannten Daten entwickeln werden

Im Rahmen der gebotenen Abwaumlgung ist zu beruumlcksichtigen dass der Landesgesetzgeber

bereits 1999 und 2007 die Einfuumlhrung eines interkommunalen Finanzausgleichs fuumlr verfasshy

sungsrechtlich dringend geboten gehalten und 2010 nur deshalb zunaumlchst auf die Erhebung

der Umiage verzichtet hat weii er keine einfache Moumlglichkeit gesehen hatte die Vorgaben

des Landesverfassungsgerichts aus dem Urteil vom 16022010 umzusetzen Bereits in dem

am 13042011 geschlossenen Koalitionsvertrag haben die regierungsbildenden Koalitionaumlra

festgeschrieben dass das bestehende System des kommunalen Finanzausgleichs fuumlr das

Jahr 2012 fortgeschrieben werden solL lnfolge dieser Absicht sollte ein Gutachter auch eine

verfassungskonforme Loumlsung zur Erhebung einer Umlage zur Angleichung der Finanzkraft

zwischen armen und reichen Kommunen finden Bei dieser Sachlage kann nicht davon

ausgegangen werden dass die Kommunen vor der Wiedereinfuumlhrung der Finanzkraftumlage

im Jahre 2013 darauf vertrauen durften von einer solchen Abgabe verschont zu bleiben

Das Landesverfassungsgericht hat sowohl bereits in seinem Urteil vom 13062006 als auch

in seinem Urteil vom 16022010 ausgefuumlhrt dass eine interkommunale Finanzkraftumlage

- 18shy

grundsaumltzlich mit der Landesverfassung vereinbar ist nur nicht deren konkrete Ausgestalshy

tung durch das jeweilige FAG

Ferner ist zu beruumlcksichtigen dass ein allgemeiner Vertrauensschutz auf den Fortbestand

der bisherigen Strukturen des Finanzausgleichs grundsaumltzlich nicht besteht was auch einen

Schutz des Vertrauens auf die Nichteinfuumlhrung neuer finanzausgleichsrechtlicher Instrumenshy

te ausschlieszligt Die Garantie der Selbstverwaltung verleiht den Gemeinden keinen verfasshy

sungsrechtlichen Anspruch auf Beibehaltung einer einmal erreichten Struktur des Finanzshy

ausgleichs Vielmehr steht es dem Gesetzgeber frei veraumlnderte Rahmenbedingungen neue

Erkenntnisse und gewandelte Praumlferenzvorstellungen bei der jaumlhrlichen Regelung des komshy

munalen Finanzausgleichs zu beruumlcksichtigen (so auch LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 109 mwN SaumlchsVerfGH Urt v 28082010 aaO RdNL 1 05)

Etwas anderes folgt auch nicht daraus dass es den betroffenen Gemeinden im Jahre 2013

tatsaumlchlich nicht mehr moumlglich war fuumlr die vorvergangenen Jahre im Hinblick auf die Finanzshy

ausgleichsumlage Dispositionen zu treffen indem sie ihr Ausgabeverhalten geaumlndert oder

die Hebesaumltze insbesondere fuumlr die Gewerbesteuer an der Umlage ausgerichtet haumltten Der

Umstand dass bei der Berechnung der Umlagenhoumlhe auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltshy

nissen der vorvergangenen Vorjahre zuruumlckgegriffen wird aumlndert nichts daran dass die Reshy

gelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht die Steuerkraft der abgeschlossenen Vorjahre sonshy

dern die jeweils aktuelle Steuerkraft im Auge hat

Dass sowohl Zuweisungen des Landes als auch zu erhebende Umlagen nicht an das laushy

fende Steueraufkommen des aktuellen Jahres anknuumlpfen koumlnnen ist systemimmanent weil

verlaumlssliche Finanzdaten immer erst mit zeitlicher Verzoumlgerung feststehen Die damit notshy

wendig verbundenen Unschaumlrfen sind hinzunehmen insoweit kann fuumlr die Finanzkraftumiashy

ge nichts anderes gelten als z B fuumlr die Kreisumlage Der Gesetzgeber ist daher daran geshy

bunden das einmal gewaumlhlte System auch auf die Finanzkraftumlage anzuwenden (so

schon LVerfG Urt v 13062006 aaO S 475)

Eine theoretische Alternative waumlre zwar ein Finanzausgleichssystem das zunaumlchst mit

Schaumltzwerten fuumlr das laufende Jahr arbeitet die fortlaufend an die tatsaumlchlichen Daten anshy

gepasst werden Letztlich muumlsste dann zum Abschluss eine Spitzabrechnung durchgefuumlhrt

werden Eine verlaumlssliche Finanz- Ausgaben- und Haushaltswirtschaft der Gemeinden waumlre

damit allerdings praktisch kaum zu leisten (so auch SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO

RdNr 103 unter Hinweis auf BVerfG Urt v 24061986- 2 BvF 1 5 683 184 und 1 285

- BVerfGE 72 330 400)

19 shy

22214 Im Uumlbrigen ermoumlglichtsect 12 Abs 4 FAG 2013 in der zweijaumlhrigen Uumlbergangszeit in

der Steuereinnahmen aus der Zeit vor lnkrafttreten des Gesetzes in die Berechnung der Fishy

nanzkraft einflieszligen fuumlr den Fall dass die fuumlr die spaumltere Zahlung der Finanzkraftumlage

benoumltigten Betraumlge nicht sofort einer Ruumlckstellung zugefuumlhrt wurden eine Befreiung von der

Verpflichtung zur Zahlung der Finanzkraftumlage wenn es in einem nachfolgenden Jahr zu

einem Einbruch des Gewerbesteueraufkommens kommt die Kommune nicht uumlber ausreishy

chende Ruumlcklagen bzw freie liquide Mittel verfuumlgt und sie die Verpflichtung zur Abfuumlhrung

der Finanzkraftumlage vor Probleme stellt sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 verstoumlszligt

nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz Kernelement des Rechtsstaatsprinzips ist dass alshy

le materiellen Rechtsnormen mit Regelungsanspruch dem Rechtsunterworfenen gegenuumlber

diesem die Moumlglichkeit einraumlumen sein Verhalten auf die Rechtsnorm einzurichten Schon

nach allgemeinen rechtsstaatliehen Regeln verlangt der Bestimmtheitsgrundsatz gesetzliche

Tatbestaumlnde so praumlzise zu formulieren dass ein Normadressat sein Handeln kalkulieren

kann weil die Folgen der Regelung fuumlr ihn voraussehbar und berechenbar sind Dies bedeushy

tet zwar nicht dass die Norm uumlberhaupt keine Auslegungsprobleme aufwerfen darf Dem

Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genuumlgt wenn diese mit herkoumlmmlichen juristischen

Methoden bewaumlltigt werden koumlnnen Es muss auch verlangt werden dass der Gesetzgeber

wenigstens seinen Grundgedanken das Ziel seines gesetzgeberischen Wollens deutlich

macht Allen Bestimmtheitsanforderungen ist gemeinsam dass der Grad der Bestimmtheit

von den jeweiligen sachlichen Eigenarten des Regelungsgegenstandes abhaumlngt Stets sind

Rechtsvorschriften so genau zu fassen wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden leshy

benssachverhalte und mit Ruumlcksicht auf den Normzweck moumlglich ist (vgl Urt des l VerfG v

16022010 aaO 381 mwN)

sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 haumllt diesen Anforderungen stand Bei der Regelung

handelt es sich nicht um eine Ermessensvorschrift sondern um eine gebundene Entscheishy

dung mit unbestimmten Rechtsbegriffen auf der Tatbestandsebene Die in sect 17 Abs 1 FAG

2013 verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe auszligergewoumlhnliche Belastungen Notlage

und besondere Haumlrte lassen sich durch Auslegung soweit konkretisieren dass sie selbst

dem Bestimmtheitsgebot des Art 103 Abs 2 GG genuumlgen wuumlrden Den Begriff Notlage deshy

finiert sect 17 Abs 1 S 2 FAG 2013 indem es dort heiszligt Als Notlage gilt insbesondere der

Fall dass die Einnahmemoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren

Ausgabeverpflichtungen nicht ausreichen Der Begriff der auszligergewoumlhnlichen Belastung

ist ein im Steuer- und Sozialrecht (vgl zB sect 33 des Einkommensteuergesetzes - EStG shy

oder im Sozialrecht zB sect 27 Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung- SchwbAV)

verwendeter Begriff der durch den Bundesgesetzgeber und die Rechtsprechung hinreichend

- 20 shy

konkretisiert ist Eine auszligergewoumlhnliche Belastung ist dadurch gekennzeichnet dass einem

Pflichtigen immer dann wenn er zwangslaumlufig groumlszligere Aufwendungen als die uumlberwiegende

Mehrzahl der Pflichtigen gleicher Einkommensverhaumlltnisse und gleicher Vermoumlgensverhaumlltshy

nisse erbringen muss der Teibull der Aufwendungen ermaumlszligigt wird der die dem Pflichtigen

zurnutbare Belastung uumlbersteigt (sect 33 Abs 1 EStG) Aufwendungen erwachsen dem Pflichtishy

gen nur zwangslaumlufig wenn er sich ihnen aus rechtlichen tatsaumlchlichen oder sittlichen

Gruumlnden nicht entziehen kann Das ist der Fall wenn die Gruumlnde der Zwangslaumlufigkeit derart

von auszligen auf die Entschlieszligung des Pflichtigen einwirken dass er ihnen nicht ausweichen

kann er also tatsaumlchlich keine Entscheidungsfreiheit hat bestimmte Aufwendungen vorzushy

nehmen oder zu unterlassen Liegt eine maszliggeblich vom menschlichen Willen beeinflusste

Situation vor so handelt es sich dagegen um keine Zwangslage in diesem Sinne von sect 33

Abs 1 EStG (vgl BFH Urt v 17072014- VI R 4213- RdNr 13- juris) Auch der Begriff

der besonderen Haumlrte ist ein im Verwaltungs- und Sozialrecht insbesondere bei Billigkeitsshy

entscheidungen haumlufig verwendeter unbestimmter Rechtsbegriff der eine hinreichende Konshy

kretisierung durch die fachgerichtliche Rechtsprechung erfahren hat Der Begriff der besonshy

deren Haumlrte ist ein durch die Fachgerichte voll uumlberpruumlfbarer Rechtsbegriff (vgl BVerwG

Urt v 29031979- 2 C 1677 - Buchholz 2384 sect 46 SG Nr S 52) Durch Bestimmungen

die diesen Begriff verwenden sollen unzumutbare Belastungen vermieden werden Der Geshy

setzgeber fuumlhrt regelmaumlszligig eine Haumlrtevorschrift ein um von den Regelvorschriften nicht ershy

fassten Ausnahmefaumlllen und Grenzsituationen Rechnung tragen zu koumlnnen (vgl BVerwG

Urt v 11021977-6 C 10574- RdNr 28- juris)

Ob bei Anwendung der Befreiungsregelung dessect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 durch

die Exekutive den abundanten Gemeinden angesichts ihrer hohen Gewerbesteuershy

einnahmen in der Vergangenheit abverlangt werden kann ROcklagen aus vergangenen Jahshy

ren einzusetzen oder Kassenkredite aufzunehmen betrifft die Rechtsanwendung und ist von

der Fachgerichtsbarkeit zu klaumlren

2222 Soweit die Beschwerdefuumlhrerin unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Landesshy

verfassungsgerichts im Urteil vom 16022010 geltend macht die Finanzkraftumlage sei

deshalb verfassungswidrig weil sie auf der Landkreisebene bei nicht abundanten Landkreishy

sen durch die Heranziehung einer abundanten Gemeinde zur Finanzkraftumlage eine Schatshy

tenwirkung herbeifuumlhre die dazu fuumlhre dass im Ergebnis dieser Schattenwirkung die Fi-middot

nanzkraftumlage den nicht abundanten Landkreis treffe vermag sie damit die Verfassungsshy

widrigkeit von sect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht zu begruumlnden weil dieser Entscheidung ein anshy

ders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag

- 21 shy

ln sect 16 Abs 2 FAG 2007 war vorgesehen dass ab dem 01 01 2008 eine Kuumlrzung der Beshy

messungsgrundlage der Kreisumlage um die Finanzkraftumlage vorzunehmen war Der Geshy

setzgeber des FAG 2007 hatte dadurch eine Kuumlrzung der Steuerkraftmesszahl um die abzushy

fuumlhrende Finanzkraftumlage als Berechnungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage vorgenommen

Damit konnte fuumlr das Finanzausgleichsmodell das dem FAG 2007 zugrunde lag die Kreisshy

umlagebelastung fuumlr die von der Finanzkraftumlage belasteten Gemeinden spuumlrbar verrinshy

gert werden Um den Eingriff in das Kreisumlagegefuumlge des betroffenen Landkreises abzushy

mildern hatte der Gesetzgeber den Abzug der Finanzkraftumlage zugleich bei der Ermittlung

der Umlagekraftmesszahl der Landkreise (sect 9 FAG 2007) zu beruumlcksichtigen Damit verminshy

derte sich nicht nur die Steuerkraftmesszahl als Bemessungsgrundlage der Kre isumlage

sondern auch als Bemessungsgrundlage fuumlr die Houmlhe der allgemeinen Zuwendungen fuumlr die

Landkreise Dies fuumlhrte dazu dass die Landkreise mit abundanten Gemeinden die wegen

einer houmlheren Umlagekraft an sich weniger allgemeine Zuweisungen erhielten mehr erhielshy

ten Da das Land den Betrag der allgemeinen Zuweisungen an die Landkreise allerdings unshy

veraumlndertmiddot belassen hatte fuumlhrte dies aber dazu dass die anderen Landkreise ohne abunshy

dante Gemeinden weniger allgemeine Zuweisungen erhielten Nur diese Regelung des sect 16

Abs 2 FAG 2007 hat das Landesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 16022010 als eishy

nen verfassungswidrigen Eingriff des Landesgesetzgebers in die Finanzhoheit der Landkreishy

se angesehen Auch die weiteren Ausfuumlhrungen des Landesverfassungsgerichts im Urteil

vom 16022010 beziehen sich auf die beanstandete Regelung dessect 16 Abs 2 FAG 2007

Mit sect 12 FAG 2013 hat der Gesetzgeber ein neues Modell fuumlr die Erhebung der Finanzshy

kraftumlage eingefuumlhrt Dieses Modell stellt sich wie folgt dar Der Gesetzgeber hat das Moshy

dell der sog Abundanzumlage (sect 19a FAG 2005 FAG 2007) bei der eine normierte Steuershy

kraft mit einem normierten Bedarf verglichen wird und fuumlr den Fall dass die Steuerkraft den

Bedarf uumlbersteigt (Abundanz) die Moumlglichkeit eines Zugriffs auf einen gewissen Prozentsatz

des abundanten Teils besteht aufgegeben und nunmehr den Finanzausgleich unter den

steuerstarken und steuerschwachen kreisangehoumlrigen Gemeinden nach einem anderen Moshy

dell vorgenommen das nicht nur die beschriebene uumlberschieszligende Steuerkraft fuumlr die Beshy

rechnung der Umlage heranzieht sondern in Anlehnung an eine entsprechende Regelung in

Baden-Wuumlrttemberg eine breitere Bemessungsgrundlage waumlhlt

Gemaumlszlig sect 12 Abs 2 S 4 und 5 FAG 2013 wird nunmehr fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden

ein Ausgleichsverfahren als Rechenschritt bei der Ermittlung der endguumlltigen Schluumlsselshy

zuweisung durchgefuumlhrt Dabei wird die Schluumlsselzuweisung A mit beruumlcksichtigt Bei der

Schluumlsselzuweisung A wird nach sect 12 Abs 2 S 5 FAG 2013 allen kreisangehoumlrigen Geshy

meinden deren Steuerkraft je Einwohner 80 vH des Durchschnitts aller Gemeinden untershy

- 22shy

schreitet die Differenz der eigenen Steuerkraft zu 80 vH der durchschnittlichen Steuerkraft

zu 80 vH ausgeglichen Diese Schluumlsselzuweisung bewirkt eine dem Finanzausgleich der

Regelungen des FAG 2005 und des FAG 2007 noch unbekannte Verlagerung unter allen

Zuweisungsempfaumlngern also allen nicht abundanten Gemeinden zugunsten der steuershy

schwachen Gemeinden und zurasten der mehr steuerstarken Gemeinden Die abundanten

Gemeinden die keine Zuweisungsempfaumlnger sind werden hierdurch noch nicht belagttet Ihshy

re Belastung erfolgt erst durch die Regelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 Danach zahlen alie

kreisangehoumlrigen Gemeinden also sowohl die Zuweisungsempfaumlnger als auch die abundanshy

ten Gemeinden eine Umlage von 10 vH der Summe aus der Steuerkraftmesszahl fuumlr Geshy

meinden gemaumlszligsect 14 FAG 2013 und den Schluumlsselzuweisungen A und B also ihrer gesamshy

ten Finanzkraft Uumlber sect 14 Abs 3 Nr 2 FAG 2013 geraten ua die Gewerbeshy

steuereinnahmen der abundanten Gemeinden in Houmlhe von 10 vH in diesen Finanzkraftumshy

lagetopf Dieser Umlagetopf erhoumlht gem sect 12 Abs 3 S 2 FAG 2013 die Finanzmasse fuumlr die

Schluumlsselzuweisung B

Diese veraumlnderte Schluumlsselzuweisung B wird dann nach der Regelung des sect 12 Abs 2 S 6

FAG auf die Schluumlsselzuweisungsempfaumlnger umgelegt Gemaumlszlig sect 19 Abs 2 FAG flieszligt die

zuletzt genannte Schluumlsselzuweisung an die kreisangehoumlrigen Gemeinden zwar in die Kreisshy

umlagenberechnung ein Da sich die Bemessung der Kreisumlage aus der Steuerkraft und

den Schluumlsselzuweisungen fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden zusammensetzt wird die

Finanzkraftumlage somit auch zum Abzugsposten bei der Bemessungsgrundlage der Kreisshy

umlage Diese Einbeziehung der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Finanzkraftshy

umlage in die Kreisumlagenberechnung stellt indes keinen Eingriff in die ebenfalls verfasshy

sungsrechtlich geschuumltzte Finanzhoheit der Landkreise dar

Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumiage unterscheidet sich im Hinblick auf die Ebeshy

nentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren vom Landesverfassungsgericht beanstandeten

Finanzkraftumlage Letztere floss dem Ausgleichsstock zu so dass sie den Landkreisen als

Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgesamt verloren ging Demgegenuumlber wird

durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgeshy

samt nicht geschmaumllert

Das Landesverfassungsgericht hat weder heute noch hatte es im Urteil vom 16022010 Beshy

denken dagegen dass uumlber die vorgelagerten Regelungen zur Bestimmung der Steuerkraftshy

messzahl und zur Festlegung der Schluumlsselzuweisungen der Gemeinden zugleich die Beshy

messungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage festgelegt wird Dass jede Aumlnderung der Finanzshy

ausstattung der kreisangehoumlrigen Gemeinden zwangslaumlufig auch zu Verlagerungen bei der

- 23shy

Finanzausstattung der Landkreise fuumlhrt verstoumlszligt als solches nicht gegen die Landesverfasshy

sung Dies gilt auch fuumlr die neu eingefuumlhrte Vorabverteilung der Schluumlsselmasse A zugunsshy

ten der finanzschwachen Kommunen Sie fuumlhrt zu keinen Veraumlnderungen bei der Gesamtshy

summe der Umlagekraftmesszahlen der Landkreise hat aber Verschiebungen zwischen den

einzelnen Landkreisen zur Folge Die jetzige gesetzliche Regelung stellt sicher dass die jeshy

weiligen Gesamtsummen der beiden Komponenten der Finanzausstattung der Landkreise

durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnderung erfahren Der Gesamtbemessungsgrundiashy

ge fuumlr die Kreisumlage werden durch die Verschiebungen zwischen den Kommunen keine

Betraumlge entzogen Da es keine abundanten Landkreise gibt ergeben sich auch keine Ausshy

wirkungen auf die Gesamthoumlhe der Schluumlsselzuweisungen die die Landkreise vom Land ershy

halten

Waumlhrend die Gesamtausstattung der Landkreise durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnshy

derung erfaumlhrt ergeben sich - dies raumlumt die Landesregierung selber ein - allerdings gerinshy

ge Verlagerungseffekte zwischen den einzelnen Landkreisen Diese Verlagerungseffekte

sind indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

Den Anspruch auf angemessene Finanzausstattung der Landkreise darf der Gesetzgeber

einschraumlnken soweit andere Interessen von Verfassungsrang dies rechtfertigen Nicht nur

der horizontale gemeindliche sondern auch der uumlbergemeindliche Finanzausgleich ist von

dem Grundsatz der interkommunalen Solidaritaumlt gepraumlgt (LVerfG Urt v 13062006-705shy

LVerfGE 17 410 429 NdsStGH NdsVBL 2001 184 188) Der Gedanke der interkommushy

nalen Solidaritaumlt umfasst - wie die Kreisumlage zeigt - auch die ausgleichenden Finanzshy

stroumlme zwischen der Gemeinde- und Kreisebene (vgL auch SaumlchsVerfG Urt v 29012010

- Vf 25-VIII-09 - RdNr 119 - juris unter Hinweis auf BVerfG Beschl v 07021991

- 2 BvL 2484 - BVerfGE 83 363 391f LVerfG MV Urt v 26012012- 1810 - RdNr

81) Haumltte der Gesetzgeber eine Verschiebung von finanzstarken zu finanzschwachen Landshy

kreisen mit einer eigenstaumlndigen Ausgleichsregelung herbeigefuumlhrt waumlre dies durch Art 88

ALs 2 S 1 LVerf gedeckt Nichts anderes gilt wenn derselbe Effekt mittelbar durch die vershy

fassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung zum Finanzkraftausgleich der Gemeinshy

den erreicht wird Der Ebene des einzelnen Landkreises steht dem Vertust an Bemessungsshy

grundlage durch die negative Schluumlsselzuweisung der abundanten Gemeinden (sofern keine

Befreiungen erteilt wurden) jeweils ein Gewinn an Bemessungsgrundlage durch die Erhoumlshy

hung der Schluumlsselzuweisung der uumlbrigen Gemeinden gegenuumlber Je nachdem welcher Efshy

fekt uumlberwiegt erhoumlhen oder vermindern sich die Einnahmen der jeweiligen Landkreise aus

der Kreisumlage durch die Finanzkraftumlage geringfuumlgig Diese Aumlnderung bei dem Aufshy

kommen an Kreisumlage ist aber nicht gleichzusetzen mit der Aumlnderung der Finanzkraft der

- 24shy

Landkreise Da es keine abundanten Landkreise gibt bekommen saumlmtliche Landkreise

Schluumlsselzuweisungen vom Land Der nicht bereits durch die Kreisumlage ausgeglichene

Finanzbedarf der Landkreise wird im Jahr 2013 zu 80 in den Folgejahren zu 90 ausgeshy

glichen Dieser Mechanismus bewirkt dass auch der noch nicht kompensierte Verlust an

Bemessungsgrundlage durch abundante Gemeinden zu 90 (bzw 2013 zu 80 ) ausgeshy

glichen wird Oie verbleibenden Differenzbetraumlge sind wirtschaftlich unbedeutend und vershy

fassungsrechtlich hinzunehmen (vgl auch LVerfG MV Urt v 2601 2012 - 3310 - RdNr

79- juris)

2223 Eine verfassungswidrige Schattenwirkung fuumlr weitere benachbarte kreisangehoumlrige

und nicht abundante Gemeinden laumlsst sich ebenfalls nicht feststellen Die finanzschwache

Nachbargemeinde profitiert direkt von der Finanzkraftumlage Die von der Beschwerdefuumlhreshy

rin beschriebene mittelbare Schattenwirkung durch die Moumlglichkeit einer Erhoumlhung der

Kreisumlage betrifft die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal und

muss daruumlber hinaus auch differenziert betrachtet werden Es besteht ein Unterschied ob

eine solche Kommune in einem Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft liegt Der

Landkreis mit niedriger Umlagekraft wird in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlashy

ge erheben waumlhrend der Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlshy

rigen Kommunen nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muss De facto verfuumlgen alshy

so die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verbleiben Die Finanzkraftshy

umlage mildert diesen Effekt unter Umstaumlnden geringfuumlgig ab Die nicht abundanten Komshy

munen in dem Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten eventuell dadurch beshy

lastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoben wuumlrde um den Verlust des

Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzkraftumlage zu kompensieren ln

dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saido von der Finanzkraftumlage profitiershy

ten erhoumlht sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass der Kreisumlagesatz sogar (geshy

ringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Daruumlber hinaus besteht eine Solidaritaumltsverpflichtung der Kreise gegenuumlber den kreisangeshy

houmlrigen Gemeinden die diese vor einer unangemessenen Erhoumlhung der Kreisumlage

schuumltzt (vgl Faber in HennekePuumlnderWaldhoff Recht der Kommunalfinanzen 2006 sect 34

RdNr 50)

3 Die Kostenentscheidung beruht auf sect 32 LVerfGG Gerichtskosten werden nicht erhoben

(Absatz 1) Gruumlnde fuumlr die Anordnung der Erstattung der notwendigen Auslagen der erfolglos

gebliebenen Beschwerdefuumlhrerin sind nicht ersichtlich (Abs 2 und 3)

- 25 shy

Dr Zettel GemmerSchubert Bergmann

Prof Or Kluth StallFranzkowiak

Page 15: URTEIL - Landesportal Sachsen-Anhalt

- 15 shy

sung des Landes Sachsen-Anhalt enthaumllt mit Art 87 Abs 3 einerseits und Art 88 anderershy

seits zwei selbstaumlndige Ausformungen der finanziellen Absicherung der Kommunen kraft deshy

rer das Land zum einen Bestimmungen uumlber die Deckung der Kosten treffen muss die den

Kommunen durch die Zuweisung von Pflichtaufgaben zur Erfuumlllung in eigener Verantwortung

und durch die Uumlbertragung von staatlichen Aufgaben zur Erfuumlllung nach Weisung entstehen

Zum anderen hat das Land dafuumlr zu sorgen dass die Kommunen uumlber Finanzmittel verfuumlshy

gen die zur angemessenen Erfuumlllung ihrer Aufgaben ausreichend sind Dabei ist die untershy

schiedliche Finanzkraft der Kommunen auf Grund eines Gesetzes angemessen auszugleishy

chen (Art 88 Abs 2 LVeri)

Als landesverfassungsrechtliche Garantie eines aufgabengerechten Finanzausgleichs weist

Art 88 LVerf dabei einen engen Bezug zu den bundesverfassungsrechtlichen Bestimmunshy

gen uumlber den Finanzausgleich auf welcher die Gemeinden unmittelbar einschlieszligt So steht

den Gemeinden ein bundesgesetzlich zu bestimmender Anteil an der Einkommen- und Umshy

satzsteuer (Art 106 Abs 5 5a GG) zu ferner die Ertragshoheit uumlber die Grund- und Gewershy

besteuer an deren Aufkommen aber Bund und Laumlnder durch eine Umlage beteiligt werden

sowie die Ertragshoheit uumlber die oumlrtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern sofern diese

nicht nach Maszliggabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbaumlnden zusteht (Art 1 06

Abs 6 GG) Wie der kommunale Finanzausgleich konkret ausgestaltet wird unterliegt der

Entscheidung des Landesgesetzgebers Ihm steht dabei angesichts desmiddot lneinandergreifens

von landesrechtliehen und grundgesetzliehen Finanzausgleichsvorschriften durch welche

den Gemeinden unmittelbar Steuerertraumlge zugewiesen werden sowie der Einbindung des

kommunalen Finanzausgleichs in die gesamte Haushaltswirtschaft und -planung des Landes

ein weiter Gestaltungsspielraum zu (LVerfG Urt v 16022010 aaO 361 374 mwN)

222 Im Rahmen dieses Gestaitungsspielraums hat der Landesgesetzgeber einen intershy

kommunalen horizontalen Finanzausgleich geschaffen der verfassungsrechtlich nicht zu beshy

anstanden ist

2221 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip unter dem Geshy

sichtpunkt des Verbots der echten Ruumlckwirkung soweit Steuereinnahmen aus dem Bereich

der Realsteuern des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer und des Gemeindeanteils

aus der Umsatzsteuer aus Vorvorjahreszeitraumlumen fuumlr die Berechnung der Finanzkraftumlashy

ge herangezogen werden

22211 Das Rechtsstaatsprinzip gehoumlrt zu den Vorschriften des Grundgesetzes und der

Landesverfassung die das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mit zu bestimshy

- 16 shy

men geeignet sind Es gehoumlrt damit auch zum Pruumlfungsmaszligstab der kommunalen Verfasshy

sungsbeschwerde Mit der Idee des Rechtsstaats ist der Gedanke der Dauerhaftigkeit und

Unverbruumlchlichkeil von Recht eng verbunden Der Rechtsgrundsatz der Rechtssicherheit

verlangt objektiv ein Mindestmaszlig an Kontinuitaumlt des Rechts vor allem fuumlr die Modalitaumlten

seiner Aumlnderung um die Verlaumlsslichkeit der Rechtsordnung zu erhalten Rechtssicherheit

bedeutet subjektiv in erster Linie Vertrauensschutz Es gibt aber kein schutzwuumlrdiges Vershy

trauen in den Fortbestand einer guumlnstigen Rechtslage Verfassungsrechtlich problematisch

sind Regeln die ruumlckwirkend belasten weil sie auf vergangene Sachverhalte Bezug nehshy

men

2 2212 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das grundsaumltzliche Verbot der echten

Ruumlckwirkung Eine echte Ruumlckwirkung liegt naumlmlich erst dann vor wenn (1) ein Gesetz

nachtraumlglich aumlndernd in abgewickelte der Vergangenheit angehoumlrende Tatbestaumlnde einshy

greift wenn also der von der Ruumlckwirkung betroffene Tatbestand in der Vergangenheit nicht

nur begonnen hat sondern bereits abgeschlossen war und (2) die tatbestandliehe Ruumlckanshy

knuumlpfung auch zu abgeschlossenen Rechtsfolgen vor der Verkuumlndung der gesetzlichen Reshy

gelung gefuumlhrt hat d h dass die Rechtsfolgen des neuen Gesetzes fuumlr einen vor der Vershy

kuumlndung liegenden Zeitpunkt auftreten sollen und nicht erst fuumlr die Zeit ab Verkuumlndung der

Norm (vgl Urt des LVerfG v 16022010 aaO 376 mwN) sect 12 Abs 3 FAG 2013 knuumlpft

bei der Bemessung der Finanzkraftumlage nachsect 29 FAG 2013 zwar an in der Vergangenshy

heit bereits abgeschlossene Tatbestaumlnde (Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren 2009

und 2010) an die Finanzkraftumlage wird erstmalig aber nach dem lnkrafttreten des FAG

2013 fuumlr die aktuelle Finanzkraft des Jahres 2013 erhoben die lediglich aus den Steuereinshy

nahmen der Jahre 2009 und 2010 ermittelt wird

222 i 3 Unabhaumlngig davon ob man das Anknuumlpfen bei der Berechnung der Finanzkraftumshy

lage an Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren vor der erstmaligen Erhebung der Umlashy

ge (in Sachsen-Anhalt an die Jahre 2009 bis 2012) als eine unechte Ruumlckwirkung bezeichnet

(so LVerfG MV Urt v 26012012 - 3310 - RdNr 107 juris) oder wie der Verfassungsgeshy J

richtshof des Freistaates Sachsen (Urt v 26082010- Vf 129-VIII-09 - RdNr 101 juris) I annimmt dass in dem Ruumlckgriff auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltnissen der Vorjahre

keine Ruumlckwirkung gegeben sei weil die Finanzkraftumlage die aktuelle Steuerkraft und die

der Vorjahre abschoumlpfen will kann das Anknuumlpfen an die vorvergangenen Jahre bei der Beshyf

rechnung der Finanzkraftumlage nicht als verfassungswidrig angesehen werden

IDabei ist zum einen zu beruumlcksichtigen dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfasshy 1

sungsgerichts im Beschluss vom 14051986 (2 Bvl 283 Absatz-Nr 92 juris) davon auszushy

- 17 shy

gehen ist dass eine Einordnung unter den Oberbegriff Ruumlckwirkung im weitesten Sinne

keinerlei verfassungsrechtliche Maszligstaumlbe aufzuzeigen vermag

Zum anderen besteht unter den Landesverfassungsgerichten Einigkeit daruumlber dass die Beshy

rechnung der Umlage anhand der Steuereinnahmen der vorvergangenen Jahre - unabhaumlnshy

gig davon ob man darin eine unechte Ruumlckwirkung sieht oder nicht- im Rahmen des Vershy

haumlltnismaumlszligigkeitsgrundsatzes unter dem Blickwinkel der Sachgerechtigkeit des gewaumlhlten

Maszligstabs und unter dem Gesichtpunkt des Vertrauensschutzes bewertet werden muss (vgl

SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO RdNrn 102 105 LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 106) Danach kann der Gesetzgeber auch dann wenn die Gesetzesaumlnderung

an sich verfassungsrechtlich zulaumlssig ist im Hinblick auf den Grundsatz der Verhaumlltnismaumlshy

szligigkeit verpflichtet sein eine angemessene Uumlbergangsregelung zu treffen Der Nachpruumlfung

durch das Landesverfassungsgericht unterliegt insoweit allerdings nur ob der Gesetzgeber

bei einer Gesamtabwaumlgung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der

Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gruumlnde unter Beruumlcksichtigung aller Umstaumlnde die

Grenze der Zumutbarkeit uumlberschritten hat (so auch LVerfG MV Urt v 26012012 aaO

RdNr 106 mwN)

Gegen die grundsaumltzliche Tauglichkeit des Maszligstabs bestehen keine Bedenken Hinter ihm

steht die Erwartung dass sich die Haushaltszahlen im aktuellen Jahr in etwa im Rahmen der

bekannten Daten entwickeln werden

Im Rahmen der gebotenen Abwaumlgung ist zu beruumlcksichtigen dass der Landesgesetzgeber

bereits 1999 und 2007 die Einfuumlhrung eines interkommunalen Finanzausgleichs fuumlr verfasshy

sungsrechtlich dringend geboten gehalten und 2010 nur deshalb zunaumlchst auf die Erhebung

der Umiage verzichtet hat weii er keine einfache Moumlglichkeit gesehen hatte die Vorgaben

des Landesverfassungsgerichts aus dem Urteil vom 16022010 umzusetzen Bereits in dem

am 13042011 geschlossenen Koalitionsvertrag haben die regierungsbildenden Koalitionaumlra

festgeschrieben dass das bestehende System des kommunalen Finanzausgleichs fuumlr das

Jahr 2012 fortgeschrieben werden solL lnfolge dieser Absicht sollte ein Gutachter auch eine

verfassungskonforme Loumlsung zur Erhebung einer Umlage zur Angleichung der Finanzkraft

zwischen armen und reichen Kommunen finden Bei dieser Sachlage kann nicht davon

ausgegangen werden dass die Kommunen vor der Wiedereinfuumlhrung der Finanzkraftumlage

im Jahre 2013 darauf vertrauen durften von einer solchen Abgabe verschont zu bleiben

Das Landesverfassungsgericht hat sowohl bereits in seinem Urteil vom 13062006 als auch

in seinem Urteil vom 16022010 ausgefuumlhrt dass eine interkommunale Finanzkraftumlage

- 18shy

grundsaumltzlich mit der Landesverfassung vereinbar ist nur nicht deren konkrete Ausgestalshy

tung durch das jeweilige FAG

Ferner ist zu beruumlcksichtigen dass ein allgemeiner Vertrauensschutz auf den Fortbestand

der bisherigen Strukturen des Finanzausgleichs grundsaumltzlich nicht besteht was auch einen

Schutz des Vertrauens auf die Nichteinfuumlhrung neuer finanzausgleichsrechtlicher Instrumenshy

te ausschlieszligt Die Garantie der Selbstverwaltung verleiht den Gemeinden keinen verfasshy

sungsrechtlichen Anspruch auf Beibehaltung einer einmal erreichten Struktur des Finanzshy

ausgleichs Vielmehr steht es dem Gesetzgeber frei veraumlnderte Rahmenbedingungen neue

Erkenntnisse und gewandelte Praumlferenzvorstellungen bei der jaumlhrlichen Regelung des komshy

munalen Finanzausgleichs zu beruumlcksichtigen (so auch LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 109 mwN SaumlchsVerfGH Urt v 28082010 aaO RdNL 1 05)

Etwas anderes folgt auch nicht daraus dass es den betroffenen Gemeinden im Jahre 2013

tatsaumlchlich nicht mehr moumlglich war fuumlr die vorvergangenen Jahre im Hinblick auf die Finanzshy

ausgleichsumlage Dispositionen zu treffen indem sie ihr Ausgabeverhalten geaumlndert oder

die Hebesaumltze insbesondere fuumlr die Gewerbesteuer an der Umlage ausgerichtet haumltten Der

Umstand dass bei der Berechnung der Umlagenhoumlhe auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltshy

nissen der vorvergangenen Vorjahre zuruumlckgegriffen wird aumlndert nichts daran dass die Reshy

gelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht die Steuerkraft der abgeschlossenen Vorjahre sonshy

dern die jeweils aktuelle Steuerkraft im Auge hat

Dass sowohl Zuweisungen des Landes als auch zu erhebende Umlagen nicht an das laushy

fende Steueraufkommen des aktuellen Jahres anknuumlpfen koumlnnen ist systemimmanent weil

verlaumlssliche Finanzdaten immer erst mit zeitlicher Verzoumlgerung feststehen Die damit notshy

wendig verbundenen Unschaumlrfen sind hinzunehmen insoweit kann fuumlr die Finanzkraftumiashy

ge nichts anderes gelten als z B fuumlr die Kreisumlage Der Gesetzgeber ist daher daran geshy

bunden das einmal gewaumlhlte System auch auf die Finanzkraftumlage anzuwenden (so

schon LVerfG Urt v 13062006 aaO S 475)

Eine theoretische Alternative waumlre zwar ein Finanzausgleichssystem das zunaumlchst mit

Schaumltzwerten fuumlr das laufende Jahr arbeitet die fortlaufend an die tatsaumlchlichen Daten anshy

gepasst werden Letztlich muumlsste dann zum Abschluss eine Spitzabrechnung durchgefuumlhrt

werden Eine verlaumlssliche Finanz- Ausgaben- und Haushaltswirtschaft der Gemeinden waumlre

damit allerdings praktisch kaum zu leisten (so auch SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO

RdNr 103 unter Hinweis auf BVerfG Urt v 24061986- 2 BvF 1 5 683 184 und 1 285

- BVerfGE 72 330 400)

19 shy

22214 Im Uumlbrigen ermoumlglichtsect 12 Abs 4 FAG 2013 in der zweijaumlhrigen Uumlbergangszeit in

der Steuereinnahmen aus der Zeit vor lnkrafttreten des Gesetzes in die Berechnung der Fishy

nanzkraft einflieszligen fuumlr den Fall dass die fuumlr die spaumltere Zahlung der Finanzkraftumlage

benoumltigten Betraumlge nicht sofort einer Ruumlckstellung zugefuumlhrt wurden eine Befreiung von der

Verpflichtung zur Zahlung der Finanzkraftumlage wenn es in einem nachfolgenden Jahr zu

einem Einbruch des Gewerbesteueraufkommens kommt die Kommune nicht uumlber ausreishy

chende Ruumlcklagen bzw freie liquide Mittel verfuumlgt und sie die Verpflichtung zur Abfuumlhrung

der Finanzkraftumlage vor Probleme stellt sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 verstoumlszligt

nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz Kernelement des Rechtsstaatsprinzips ist dass alshy

le materiellen Rechtsnormen mit Regelungsanspruch dem Rechtsunterworfenen gegenuumlber

diesem die Moumlglichkeit einraumlumen sein Verhalten auf die Rechtsnorm einzurichten Schon

nach allgemeinen rechtsstaatliehen Regeln verlangt der Bestimmtheitsgrundsatz gesetzliche

Tatbestaumlnde so praumlzise zu formulieren dass ein Normadressat sein Handeln kalkulieren

kann weil die Folgen der Regelung fuumlr ihn voraussehbar und berechenbar sind Dies bedeushy

tet zwar nicht dass die Norm uumlberhaupt keine Auslegungsprobleme aufwerfen darf Dem

Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genuumlgt wenn diese mit herkoumlmmlichen juristischen

Methoden bewaumlltigt werden koumlnnen Es muss auch verlangt werden dass der Gesetzgeber

wenigstens seinen Grundgedanken das Ziel seines gesetzgeberischen Wollens deutlich

macht Allen Bestimmtheitsanforderungen ist gemeinsam dass der Grad der Bestimmtheit

von den jeweiligen sachlichen Eigenarten des Regelungsgegenstandes abhaumlngt Stets sind

Rechtsvorschriften so genau zu fassen wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden leshy

benssachverhalte und mit Ruumlcksicht auf den Normzweck moumlglich ist (vgl Urt des l VerfG v

16022010 aaO 381 mwN)

sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 haumllt diesen Anforderungen stand Bei der Regelung

handelt es sich nicht um eine Ermessensvorschrift sondern um eine gebundene Entscheishy

dung mit unbestimmten Rechtsbegriffen auf der Tatbestandsebene Die in sect 17 Abs 1 FAG

2013 verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe auszligergewoumlhnliche Belastungen Notlage

und besondere Haumlrte lassen sich durch Auslegung soweit konkretisieren dass sie selbst

dem Bestimmtheitsgebot des Art 103 Abs 2 GG genuumlgen wuumlrden Den Begriff Notlage deshy

finiert sect 17 Abs 1 S 2 FAG 2013 indem es dort heiszligt Als Notlage gilt insbesondere der

Fall dass die Einnahmemoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren

Ausgabeverpflichtungen nicht ausreichen Der Begriff der auszligergewoumlhnlichen Belastung

ist ein im Steuer- und Sozialrecht (vgl zB sect 33 des Einkommensteuergesetzes - EStG shy

oder im Sozialrecht zB sect 27 Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung- SchwbAV)

verwendeter Begriff der durch den Bundesgesetzgeber und die Rechtsprechung hinreichend

- 20 shy

konkretisiert ist Eine auszligergewoumlhnliche Belastung ist dadurch gekennzeichnet dass einem

Pflichtigen immer dann wenn er zwangslaumlufig groumlszligere Aufwendungen als die uumlberwiegende

Mehrzahl der Pflichtigen gleicher Einkommensverhaumlltnisse und gleicher Vermoumlgensverhaumlltshy

nisse erbringen muss der Teibull der Aufwendungen ermaumlszligigt wird der die dem Pflichtigen

zurnutbare Belastung uumlbersteigt (sect 33 Abs 1 EStG) Aufwendungen erwachsen dem Pflichtishy

gen nur zwangslaumlufig wenn er sich ihnen aus rechtlichen tatsaumlchlichen oder sittlichen

Gruumlnden nicht entziehen kann Das ist der Fall wenn die Gruumlnde der Zwangslaumlufigkeit derart

von auszligen auf die Entschlieszligung des Pflichtigen einwirken dass er ihnen nicht ausweichen

kann er also tatsaumlchlich keine Entscheidungsfreiheit hat bestimmte Aufwendungen vorzushy

nehmen oder zu unterlassen Liegt eine maszliggeblich vom menschlichen Willen beeinflusste

Situation vor so handelt es sich dagegen um keine Zwangslage in diesem Sinne von sect 33

Abs 1 EStG (vgl BFH Urt v 17072014- VI R 4213- RdNr 13- juris) Auch der Begriff

der besonderen Haumlrte ist ein im Verwaltungs- und Sozialrecht insbesondere bei Billigkeitsshy

entscheidungen haumlufig verwendeter unbestimmter Rechtsbegriff der eine hinreichende Konshy

kretisierung durch die fachgerichtliche Rechtsprechung erfahren hat Der Begriff der besonshy

deren Haumlrte ist ein durch die Fachgerichte voll uumlberpruumlfbarer Rechtsbegriff (vgl BVerwG

Urt v 29031979- 2 C 1677 - Buchholz 2384 sect 46 SG Nr S 52) Durch Bestimmungen

die diesen Begriff verwenden sollen unzumutbare Belastungen vermieden werden Der Geshy

setzgeber fuumlhrt regelmaumlszligig eine Haumlrtevorschrift ein um von den Regelvorschriften nicht ershy

fassten Ausnahmefaumlllen und Grenzsituationen Rechnung tragen zu koumlnnen (vgl BVerwG

Urt v 11021977-6 C 10574- RdNr 28- juris)

Ob bei Anwendung der Befreiungsregelung dessect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 durch

die Exekutive den abundanten Gemeinden angesichts ihrer hohen Gewerbesteuershy

einnahmen in der Vergangenheit abverlangt werden kann ROcklagen aus vergangenen Jahshy

ren einzusetzen oder Kassenkredite aufzunehmen betrifft die Rechtsanwendung und ist von

der Fachgerichtsbarkeit zu klaumlren

2222 Soweit die Beschwerdefuumlhrerin unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Landesshy

verfassungsgerichts im Urteil vom 16022010 geltend macht die Finanzkraftumlage sei

deshalb verfassungswidrig weil sie auf der Landkreisebene bei nicht abundanten Landkreishy

sen durch die Heranziehung einer abundanten Gemeinde zur Finanzkraftumlage eine Schatshy

tenwirkung herbeifuumlhre die dazu fuumlhre dass im Ergebnis dieser Schattenwirkung die Fi-middot

nanzkraftumlage den nicht abundanten Landkreis treffe vermag sie damit die Verfassungsshy

widrigkeit von sect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht zu begruumlnden weil dieser Entscheidung ein anshy

ders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag

- 21 shy

ln sect 16 Abs 2 FAG 2007 war vorgesehen dass ab dem 01 01 2008 eine Kuumlrzung der Beshy

messungsgrundlage der Kreisumlage um die Finanzkraftumlage vorzunehmen war Der Geshy

setzgeber des FAG 2007 hatte dadurch eine Kuumlrzung der Steuerkraftmesszahl um die abzushy

fuumlhrende Finanzkraftumlage als Berechnungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage vorgenommen

Damit konnte fuumlr das Finanzausgleichsmodell das dem FAG 2007 zugrunde lag die Kreisshy

umlagebelastung fuumlr die von der Finanzkraftumlage belasteten Gemeinden spuumlrbar verrinshy

gert werden Um den Eingriff in das Kreisumlagegefuumlge des betroffenen Landkreises abzushy

mildern hatte der Gesetzgeber den Abzug der Finanzkraftumlage zugleich bei der Ermittlung

der Umlagekraftmesszahl der Landkreise (sect 9 FAG 2007) zu beruumlcksichtigen Damit verminshy

derte sich nicht nur die Steuerkraftmesszahl als Bemessungsgrundlage der Kre isumlage

sondern auch als Bemessungsgrundlage fuumlr die Houmlhe der allgemeinen Zuwendungen fuumlr die

Landkreise Dies fuumlhrte dazu dass die Landkreise mit abundanten Gemeinden die wegen

einer houmlheren Umlagekraft an sich weniger allgemeine Zuweisungen erhielten mehr erhielshy

ten Da das Land den Betrag der allgemeinen Zuweisungen an die Landkreise allerdings unshy

veraumlndertmiddot belassen hatte fuumlhrte dies aber dazu dass die anderen Landkreise ohne abunshy

dante Gemeinden weniger allgemeine Zuweisungen erhielten Nur diese Regelung des sect 16

Abs 2 FAG 2007 hat das Landesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 16022010 als eishy

nen verfassungswidrigen Eingriff des Landesgesetzgebers in die Finanzhoheit der Landkreishy

se angesehen Auch die weiteren Ausfuumlhrungen des Landesverfassungsgerichts im Urteil

vom 16022010 beziehen sich auf die beanstandete Regelung dessect 16 Abs 2 FAG 2007

Mit sect 12 FAG 2013 hat der Gesetzgeber ein neues Modell fuumlr die Erhebung der Finanzshy

kraftumlage eingefuumlhrt Dieses Modell stellt sich wie folgt dar Der Gesetzgeber hat das Moshy

dell der sog Abundanzumlage (sect 19a FAG 2005 FAG 2007) bei der eine normierte Steuershy

kraft mit einem normierten Bedarf verglichen wird und fuumlr den Fall dass die Steuerkraft den

Bedarf uumlbersteigt (Abundanz) die Moumlglichkeit eines Zugriffs auf einen gewissen Prozentsatz

des abundanten Teils besteht aufgegeben und nunmehr den Finanzausgleich unter den

steuerstarken und steuerschwachen kreisangehoumlrigen Gemeinden nach einem anderen Moshy

dell vorgenommen das nicht nur die beschriebene uumlberschieszligende Steuerkraft fuumlr die Beshy

rechnung der Umlage heranzieht sondern in Anlehnung an eine entsprechende Regelung in

Baden-Wuumlrttemberg eine breitere Bemessungsgrundlage waumlhlt

Gemaumlszlig sect 12 Abs 2 S 4 und 5 FAG 2013 wird nunmehr fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden

ein Ausgleichsverfahren als Rechenschritt bei der Ermittlung der endguumlltigen Schluumlsselshy

zuweisung durchgefuumlhrt Dabei wird die Schluumlsselzuweisung A mit beruumlcksichtigt Bei der

Schluumlsselzuweisung A wird nach sect 12 Abs 2 S 5 FAG 2013 allen kreisangehoumlrigen Geshy

meinden deren Steuerkraft je Einwohner 80 vH des Durchschnitts aller Gemeinden untershy

- 22shy

schreitet die Differenz der eigenen Steuerkraft zu 80 vH der durchschnittlichen Steuerkraft

zu 80 vH ausgeglichen Diese Schluumlsselzuweisung bewirkt eine dem Finanzausgleich der

Regelungen des FAG 2005 und des FAG 2007 noch unbekannte Verlagerung unter allen

Zuweisungsempfaumlngern also allen nicht abundanten Gemeinden zugunsten der steuershy

schwachen Gemeinden und zurasten der mehr steuerstarken Gemeinden Die abundanten

Gemeinden die keine Zuweisungsempfaumlnger sind werden hierdurch noch nicht belagttet Ihshy

re Belastung erfolgt erst durch die Regelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 Danach zahlen alie

kreisangehoumlrigen Gemeinden also sowohl die Zuweisungsempfaumlnger als auch die abundanshy

ten Gemeinden eine Umlage von 10 vH der Summe aus der Steuerkraftmesszahl fuumlr Geshy

meinden gemaumlszligsect 14 FAG 2013 und den Schluumlsselzuweisungen A und B also ihrer gesamshy

ten Finanzkraft Uumlber sect 14 Abs 3 Nr 2 FAG 2013 geraten ua die Gewerbeshy

steuereinnahmen der abundanten Gemeinden in Houmlhe von 10 vH in diesen Finanzkraftumshy

lagetopf Dieser Umlagetopf erhoumlht gem sect 12 Abs 3 S 2 FAG 2013 die Finanzmasse fuumlr die

Schluumlsselzuweisung B

Diese veraumlnderte Schluumlsselzuweisung B wird dann nach der Regelung des sect 12 Abs 2 S 6

FAG auf die Schluumlsselzuweisungsempfaumlnger umgelegt Gemaumlszlig sect 19 Abs 2 FAG flieszligt die

zuletzt genannte Schluumlsselzuweisung an die kreisangehoumlrigen Gemeinden zwar in die Kreisshy

umlagenberechnung ein Da sich die Bemessung der Kreisumlage aus der Steuerkraft und

den Schluumlsselzuweisungen fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden zusammensetzt wird die

Finanzkraftumlage somit auch zum Abzugsposten bei der Bemessungsgrundlage der Kreisshy

umlage Diese Einbeziehung der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Finanzkraftshy

umlage in die Kreisumlagenberechnung stellt indes keinen Eingriff in die ebenfalls verfasshy

sungsrechtlich geschuumltzte Finanzhoheit der Landkreise dar

Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumiage unterscheidet sich im Hinblick auf die Ebeshy

nentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren vom Landesverfassungsgericht beanstandeten

Finanzkraftumlage Letztere floss dem Ausgleichsstock zu so dass sie den Landkreisen als

Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgesamt verloren ging Demgegenuumlber wird

durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgeshy

samt nicht geschmaumllert

Das Landesverfassungsgericht hat weder heute noch hatte es im Urteil vom 16022010 Beshy

denken dagegen dass uumlber die vorgelagerten Regelungen zur Bestimmung der Steuerkraftshy

messzahl und zur Festlegung der Schluumlsselzuweisungen der Gemeinden zugleich die Beshy

messungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage festgelegt wird Dass jede Aumlnderung der Finanzshy

ausstattung der kreisangehoumlrigen Gemeinden zwangslaumlufig auch zu Verlagerungen bei der

- 23shy

Finanzausstattung der Landkreise fuumlhrt verstoumlszligt als solches nicht gegen die Landesverfasshy

sung Dies gilt auch fuumlr die neu eingefuumlhrte Vorabverteilung der Schluumlsselmasse A zugunsshy

ten der finanzschwachen Kommunen Sie fuumlhrt zu keinen Veraumlnderungen bei der Gesamtshy

summe der Umlagekraftmesszahlen der Landkreise hat aber Verschiebungen zwischen den

einzelnen Landkreisen zur Folge Die jetzige gesetzliche Regelung stellt sicher dass die jeshy

weiligen Gesamtsummen der beiden Komponenten der Finanzausstattung der Landkreise

durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnderung erfahren Der Gesamtbemessungsgrundiashy

ge fuumlr die Kreisumlage werden durch die Verschiebungen zwischen den Kommunen keine

Betraumlge entzogen Da es keine abundanten Landkreise gibt ergeben sich auch keine Ausshy

wirkungen auf die Gesamthoumlhe der Schluumlsselzuweisungen die die Landkreise vom Land ershy

halten

Waumlhrend die Gesamtausstattung der Landkreise durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnshy

derung erfaumlhrt ergeben sich - dies raumlumt die Landesregierung selber ein - allerdings gerinshy

ge Verlagerungseffekte zwischen den einzelnen Landkreisen Diese Verlagerungseffekte

sind indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

Den Anspruch auf angemessene Finanzausstattung der Landkreise darf der Gesetzgeber

einschraumlnken soweit andere Interessen von Verfassungsrang dies rechtfertigen Nicht nur

der horizontale gemeindliche sondern auch der uumlbergemeindliche Finanzausgleich ist von

dem Grundsatz der interkommunalen Solidaritaumlt gepraumlgt (LVerfG Urt v 13062006-705shy

LVerfGE 17 410 429 NdsStGH NdsVBL 2001 184 188) Der Gedanke der interkommushy

nalen Solidaritaumlt umfasst - wie die Kreisumlage zeigt - auch die ausgleichenden Finanzshy

stroumlme zwischen der Gemeinde- und Kreisebene (vgL auch SaumlchsVerfG Urt v 29012010

- Vf 25-VIII-09 - RdNr 119 - juris unter Hinweis auf BVerfG Beschl v 07021991

- 2 BvL 2484 - BVerfGE 83 363 391f LVerfG MV Urt v 26012012- 1810 - RdNr

81) Haumltte der Gesetzgeber eine Verschiebung von finanzstarken zu finanzschwachen Landshy

kreisen mit einer eigenstaumlndigen Ausgleichsregelung herbeigefuumlhrt waumlre dies durch Art 88

ALs 2 S 1 LVerf gedeckt Nichts anderes gilt wenn derselbe Effekt mittelbar durch die vershy

fassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung zum Finanzkraftausgleich der Gemeinshy

den erreicht wird Der Ebene des einzelnen Landkreises steht dem Vertust an Bemessungsshy

grundlage durch die negative Schluumlsselzuweisung der abundanten Gemeinden (sofern keine

Befreiungen erteilt wurden) jeweils ein Gewinn an Bemessungsgrundlage durch die Erhoumlshy

hung der Schluumlsselzuweisung der uumlbrigen Gemeinden gegenuumlber Je nachdem welcher Efshy

fekt uumlberwiegt erhoumlhen oder vermindern sich die Einnahmen der jeweiligen Landkreise aus

der Kreisumlage durch die Finanzkraftumlage geringfuumlgig Diese Aumlnderung bei dem Aufshy

kommen an Kreisumlage ist aber nicht gleichzusetzen mit der Aumlnderung der Finanzkraft der

- 24shy

Landkreise Da es keine abundanten Landkreise gibt bekommen saumlmtliche Landkreise

Schluumlsselzuweisungen vom Land Der nicht bereits durch die Kreisumlage ausgeglichene

Finanzbedarf der Landkreise wird im Jahr 2013 zu 80 in den Folgejahren zu 90 ausgeshy

glichen Dieser Mechanismus bewirkt dass auch der noch nicht kompensierte Verlust an

Bemessungsgrundlage durch abundante Gemeinden zu 90 (bzw 2013 zu 80 ) ausgeshy

glichen wird Oie verbleibenden Differenzbetraumlge sind wirtschaftlich unbedeutend und vershy

fassungsrechtlich hinzunehmen (vgl auch LVerfG MV Urt v 2601 2012 - 3310 - RdNr

79- juris)

2223 Eine verfassungswidrige Schattenwirkung fuumlr weitere benachbarte kreisangehoumlrige

und nicht abundante Gemeinden laumlsst sich ebenfalls nicht feststellen Die finanzschwache

Nachbargemeinde profitiert direkt von der Finanzkraftumlage Die von der Beschwerdefuumlhreshy

rin beschriebene mittelbare Schattenwirkung durch die Moumlglichkeit einer Erhoumlhung der

Kreisumlage betrifft die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal und

muss daruumlber hinaus auch differenziert betrachtet werden Es besteht ein Unterschied ob

eine solche Kommune in einem Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft liegt Der

Landkreis mit niedriger Umlagekraft wird in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlashy

ge erheben waumlhrend der Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlshy

rigen Kommunen nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muss De facto verfuumlgen alshy

so die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verbleiben Die Finanzkraftshy

umlage mildert diesen Effekt unter Umstaumlnden geringfuumlgig ab Die nicht abundanten Komshy

munen in dem Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten eventuell dadurch beshy

lastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoben wuumlrde um den Verlust des

Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzkraftumlage zu kompensieren ln

dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saido von der Finanzkraftumlage profitiershy

ten erhoumlht sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass der Kreisumlagesatz sogar (geshy

ringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Daruumlber hinaus besteht eine Solidaritaumltsverpflichtung der Kreise gegenuumlber den kreisangeshy

houmlrigen Gemeinden die diese vor einer unangemessenen Erhoumlhung der Kreisumlage

schuumltzt (vgl Faber in HennekePuumlnderWaldhoff Recht der Kommunalfinanzen 2006 sect 34

RdNr 50)

3 Die Kostenentscheidung beruht auf sect 32 LVerfGG Gerichtskosten werden nicht erhoben

(Absatz 1) Gruumlnde fuumlr die Anordnung der Erstattung der notwendigen Auslagen der erfolglos

gebliebenen Beschwerdefuumlhrerin sind nicht ersichtlich (Abs 2 und 3)

- 25 shy

Dr Zettel GemmerSchubert Bergmann

Prof Or Kluth StallFranzkowiak

Page 16: URTEIL - Landesportal Sachsen-Anhalt

- 16 shy

men geeignet sind Es gehoumlrt damit auch zum Pruumlfungsmaszligstab der kommunalen Verfasshy

sungsbeschwerde Mit der Idee des Rechtsstaats ist der Gedanke der Dauerhaftigkeit und

Unverbruumlchlichkeil von Recht eng verbunden Der Rechtsgrundsatz der Rechtssicherheit

verlangt objektiv ein Mindestmaszlig an Kontinuitaumlt des Rechts vor allem fuumlr die Modalitaumlten

seiner Aumlnderung um die Verlaumlsslichkeit der Rechtsordnung zu erhalten Rechtssicherheit

bedeutet subjektiv in erster Linie Vertrauensschutz Es gibt aber kein schutzwuumlrdiges Vershy

trauen in den Fortbestand einer guumlnstigen Rechtslage Verfassungsrechtlich problematisch

sind Regeln die ruumlckwirkend belasten weil sie auf vergangene Sachverhalte Bezug nehshy

men

2 2212 sect 12 Abs 3 FAG 2013 verstoumlszligt nicht gegen das grundsaumltzliche Verbot der echten

Ruumlckwirkung Eine echte Ruumlckwirkung liegt naumlmlich erst dann vor wenn (1) ein Gesetz

nachtraumlglich aumlndernd in abgewickelte der Vergangenheit angehoumlrende Tatbestaumlnde einshy

greift wenn also der von der Ruumlckwirkung betroffene Tatbestand in der Vergangenheit nicht

nur begonnen hat sondern bereits abgeschlossen war und (2) die tatbestandliehe Ruumlckanshy

knuumlpfung auch zu abgeschlossenen Rechtsfolgen vor der Verkuumlndung der gesetzlichen Reshy

gelung gefuumlhrt hat d h dass die Rechtsfolgen des neuen Gesetzes fuumlr einen vor der Vershy

kuumlndung liegenden Zeitpunkt auftreten sollen und nicht erst fuumlr die Zeit ab Verkuumlndung der

Norm (vgl Urt des LVerfG v 16022010 aaO 376 mwN) sect 12 Abs 3 FAG 2013 knuumlpft

bei der Bemessung der Finanzkraftumlage nachsect 29 FAG 2013 zwar an in der Vergangenshy

heit bereits abgeschlossene Tatbestaumlnde (Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren 2009

und 2010) an die Finanzkraftumlage wird erstmalig aber nach dem lnkrafttreten des FAG

2013 fuumlr die aktuelle Finanzkraft des Jahres 2013 erhoben die lediglich aus den Steuereinshy

nahmen der Jahre 2009 und 2010 ermittelt wird

222 i 3 Unabhaumlngig davon ob man das Anknuumlpfen bei der Berechnung der Finanzkraftumshy

lage an Gewerbesteuereinnahmen aus den Jahren vor der erstmaligen Erhebung der Umlashy

ge (in Sachsen-Anhalt an die Jahre 2009 bis 2012) als eine unechte Ruumlckwirkung bezeichnet

(so LVerfG MV Urt v 26012012 - 3310 - RdNr 107 juris) oder wie der Verfassungsgeshy J

richtshof des Freistaates Sachsen (Urt v 26082010- Vf 129-VIII-09 - RdNr 101 juris) I annimmt dass in dem Ruumlckgriff auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltnissen der Vorjahre

keine Ruumlckwirkung gegeben sei weil die Finanzkraftumlage die aktuelle Steuerkraft und die

der Vorjahre abschoumlpfen will kann das Anknuumlpfen an die vorvergangenen Jahre bei der Beshyf

rechnung der Finanzkraftumlage nicht als verfassungswidrig angesehen werden

IDabei ist zum einen zu beruumlcksichtigen dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfasshy 1

sungsgerichts im Beschluss vom 14051986 (2 Bvl 283 Absatz-Nr 92 juris) davon auszushy

- 17 shy

gehen ist dass eine Einordnung unter den Oberbegriff Ruumlckwirkung im weitesten Sinne

keinerlei verfassungsrechtliche Maszligstaumlbe aufzuzeigen vermag

Zum anderen besteht unter den Landesverfassungsgerichten Einigkeit daruumlber dass die Beshy

rechnung der Umlage anhand der Steuereinnahmen der vorvergangenen Jahre - unabhaumlnshy

gig davon ob man darin eine unechte Ruumlckwirkung sieht oder nicht- im Rahmen des Vershy

haumlltnismaumlszligigkeitsgrundsatzes unter dem Blickwinkel der Sachgerechtigkeit des gewaumlhlten

Maszligstabs und unter dem Gesichtpunkt des Vertrauensschutzes bewertet werden muss (vgl

SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO RdNrn 102 105 LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 106) Danach kann der Gesetzgeber auch dann wenn die Gesetzesaumlnderung

an sich verfassungsrechtlich zulaumlssig ist im Hinblick auf den Grundsatz der Verhaumlltnismaumlshy

szligigkeit verpflichtet sein eine angemessene Uumlbergangsregelung zu treffen Der Nachpruumlfung

durch das Landesverfassungsgericht unterliegt insoweit allerdings nur ob der Gesetzgeber

bei einer Gesamtabwaumlgung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der

Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gruumlnde unter Beruumlcksichtigung aller Umstaumlnde die

Grenze der Zumutbarkeit uumlberschritten hat (so auch LVerfG MV Urt v 26012012 aaO

RdNr 106 mwN)

Gegen die grundsaumltzliche Tauglichkeit des Maszligstabs bestehen keine Bedenken Hinter ihm

steht die Erwartung dass sich die Haushaltszahlen im aktuellen Jahr in etwa im Rahmen der

bekannten Daten entwickeln werden

Im Rahmen der gebotenen Abwaumlgung ist zu beruumlcksichtigen dass der Landesgesetzgeber

bereits 1999 und 2007 die Einfuumlhrung eines interkommunalen Finanzausgleichs fuumlr verfasshy

sungsrechtlich dringend geboten gehalten und 2010 nur deshalb zunaumlchst auf die Erhebung

der Umiage verzichtet hat weii er keine einfache Moumlglichkeit gesehen hatte die Vorgaben

des Landesverfassungsgerichts aus dem Urteil vom 16022010 umzusetzen Bereits in dem

am 13042011 geschlossenen Koalitionsvertrag haben die regierungsbildenden Koalitionaumlra

festgeschrieben dass das bestehende System des kommunalen Finanzausgleichs fuumlr das

Jahr 2012 fortgeschrieben werden solL lnfolge dieser Absicht sollte ein Gutachter auch eine

verfassungskonforme Loumlsung zur Erhebung einer Umlage zur Angleichung der Finanzkraft

zwischen armen und reichen Kommunen finden Bei dieser Sachlage kann nicht davon

ausgegangen werden dass die Kommunen vor der Wiedereinfuumlhrung der Finanzkraftumlage

im Jahre 2013 darauf vertrauen durften von einer solchen Abgabe verschont zu bleiben

Das Landesverfassungsgericht hat sowohl bereits in seinem Urteil vom 13062006 als auch

in seinem Urteil vom 16022010 ausgefuumlhrt dass eine interkommunale Finanzkraftumlage

- 18shy

grundsaumltzlich mit der Landesverfassung vereinbar ist nur nicht deren konkrete Ausgestalshy

tung durch das jeweilige FAG

Ferner ist zu beruumlcksichtigen dass ein allgemeiner Vertrauensschutz auf den Fortbestand

der bisherigen Strukturen des Finanzausgleichs grundsaumltzlich nicht besteht was auch einen

Schutz des Vertrauens auf die Nichteinfuumlhrung neuer finanzausgleichsrechtlicher Instrumenshy

te ausschlieszligt Die Garantie der Selbstverwaltung verleiht den Gemeinden keinen verfasshy

sungsrechtlichen Anspruch auf Beibehaltung einer einmal erreichten Struktur des Finanzshy

ausgleichs Vielmehr steht es dem Gesetzgeber frei veraumlnderte Rahmenbedingungen neue

Erkenntnisse und gewandelte Praumlferenzvorstellungen bei der jaumlhrlichen Regelung des komshy

munalen Finanzausgleichs zu beruumlcksichtigen (so auch LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 109 mwN SaumlchsVerfGH Urt v 28082010 aaO RdNL 1 05)

Etwas anderes folgt auch nicht daraus dass es den betroffenen Gemeinden im Jahre 2013

tatsaumlchlich nicht mehr moumlglich war fuumlr die vorvergangenen Jahre im Hinblick auf die Finanzshy

ausgleichsumlage Dispositionen zu treffen indem sie ihr Ausgabeverhalten geaumlndert oder

die Hebesaumltze insbesondere fuumlr die Gewerbesteuer an der Umlage ausgerichtet haumltten Der

Umstand dass bei der Berechnung der Umlagenhoumlhe auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltshy

nissen der vorvergangenen Vorjahre zuruumlckgegriffen wird aumlndert nichts daran dass die Reshy

gelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht die Steuerkraft der abgeschlossenen Vorjahre sonshy

dern die jeweils aktuelle Steuerkraft im Auge hat

Dass sowohl Zuweisungen des Landes als auch zu erhebende Umlagen nicht an das laushy

fende Steueraufkommen des aktuellen Jahres anknuumlpfen koumlnnen ist systemimmanent weil

verlaumlssliche Finanzdaten immer erst mit zeitlicher Verzoumlgerung feststehen Die damit notshy

wendig verbundenen Unschaumlrfen sind hinzunehmen insoweit kann fuumlr die Finanzkraftumiashy

ge nichts anderes gelten als z B fuumlr die Kreisumlage Der Gesetzgeber ist daher daran geshy

bunden das einmal gewaumlhlte System auch auf die Finanzkraftumlage anzuwenden (so

schon LVerfG Urt v 13062006 aaO S 475)

Eine theoretische Alternative waumlre zwar ein Finanzausgleichssystem das zunaumlchst mit

Schaumltzwerten fuumlr das laufende Jahr arbeitet die fortlaufend an die tatsaumlchlichen Daten anshy

gepasst werden Letztlich muumlsste dann zum Abschluss eine Spitzabrechnung durchgefuumlhrt

werden Eine verlaumlssliche Finanz- Ausgaben- und Haushaltswirtschaft der Gemeinden waumlre

damit allerdings praktisch kaum zu leisten (so auch SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO

RdNr 103 unter Hinweis auf BVerfG Urt v 24061986- 2 BvF 1 5 683 184 und 1 285

- BVerfGE 72 330 400)

19 shy

22214 Im Uumlbrigen ermoumlglichtsect 12 Abs 4 FAG 2013 in der zweijaumlhrigen Uumlbergangszeit in

der Steuereinnahmen aus der Zeit vor lnkrafttreten des Gesetzes in die Berechnung der Fishy

nanzkraft einflieszligen fuumlr den Fall dass die fuumlr die spaumltere Zahlung der Finanzkraftumlage

benoumltigten Betraumlge nicht sofort einer Ruumlckstellung zugefuumlhrt wurden eine Befreiung von der

Verpflichtung zur Zahlung der Finanzkraftumlage wenn es in einem nachfolgenden Jahr zu

einem Einbruch des Gewerbesteueraufkommens kommt die Kommune nicht uumlber ausreishy

chende Ruumlcklagen bzw freie liquide Mittel verfuumlgt und sie die Verpflichtung zur Abfuumlhrung

der Finanzkraftumlage vor Probleme stellt sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 verstoumlszligt

nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz Kernelement des Rechtsstaatsprinzips ist dass alshy

le materiellen Rechtsnormen mit Regelungsanspruch dem Rechtsunterworfenen gegenuumlber

diesem die Moumlglichkeit einraumlumen sein Verhalten auf die Rechtsnorm einzurichten Schon

nach allgemeinen rechtsstaatliehen Regeln verlangt der Bestimmtheitsgrundsatz gesetzliche

Tatbestaumlnde so praumlzise zu formulieren dass ein Normadressat sein Handeln kalkulieren

kann weil die Folgen der Regelung fuumlr ihn voraussehbar und berechenbar sind Dies bedeushy

tet zwar nicht dass die Norm uumlberhaupt keine Auslegungsprobleme aufwerfen darf Dem

Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genuumlgt wenn diese mit herkoumlmmlichen juristischen

Methoden bewaumlltigt werden koumlnnen Es muss auch verlangt werden dass der Gesetzgeber

wenigstens seinen Grundgedanken das Ziel seines gesetzgeberischen Wollens deutlich

macht Allen Bestimmtheitsanforderungen ist gemeinsam dass der Grad der Bestimmtheit

von den jeweiligen sachlichen Eigenarten des Regelungsgegenstandes abhaumlngt Stets sind

Rechtsvorschriften so genau zu fassen wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden leshy

benssachverhalte und mit Ruumlcksicht auf den Normzweck moumlglich ist (vgl Urt des l VerfG v

16022010 aaO 381 mwN)

sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 haumllt diesen Anforderungen stand Bei der Regelung

handelt es sich nicht um eine Ermessensvorschrift sondern um eine gebundene Entscheishy

dung mit unbestimmten Rechtsbegriffen auf der Tatbestandsebene Die in sect 17 Abs 1 FAG

2013 verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe auszligergewoumlhnliche Belastungen Notlage

und besondere Haumlrte lassen sich durch Auslegung soweit konkretisieren dass sie selbst

dem Bestimmtheitsgebot des Art 103 Abs 2 GG genuumlgen wuumlrden Den Begriff Notlage deshy

finiert sect 17 Abs 1 S 2 FAG 2013 indem es dort heiszligt Als Notlage gilt insbesondere der

Fall dass die Einnahmemoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren

Ausgabeverpflichtungen nicht ausreichen Der Begriff der auszligergewoumlhnlichen Belastung

ist ein im Steuer- und Sozialrecht (vgl zB sect 33 des Einkommensteuergesetzes - EStG shy

oder im Sozialrecht zB sect 27 Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung- SchwbAV)

verwendeter Begriff der durch den Bundesgesetzgeber und die Rechtsprechung hinreichend

- 20 shy

konkretisiert ist Eine auszligergewoumlhnliche Belastung ist dadurch gekennzeichnet dass einem

Pflichtigen immer dann wenn er zwangslaumlufig groumlszligere Aufwendungen als die uumlberwiegende

Mehrzahl der Pflichtigen gleicher Einkommensverhaumlltnisse und gleicher Vermoumlgensverhaumlltshy

nisse erbringen muss der Teibull der Aufwendungen ermaumlszligigt wird der die dem Pflichtigen

zurnutbare Belastung uumlbersteigt (sect 33 Abs 1 EStG) Aufwendungen erwachsen dem Pflichtishy

gen nur zwangslaumlufig wenn er sich ihnen aus rechtlichen tatsaumlchlichen oder sittlichen

Gruumlnden nicht entziehen kann Das ist der Fall wenn die Gruumlnde der Zwangslaumlufigkeit derart

von auszligen auf die Entschlieszligung des Pflichtigen einwirken dass er ihnen nicht ausweichen

kann er also tatsaumlchlich keine Entscheidungsfreiheit hat bestimmte Aufwendungen vorzushy

nehmen oder zu unterlassen Liegt eine maszliggeblich vom menschlichen Willen beeinflusste

Situation vor so handelt es sich dagegen um keine Zwangslage in diesem Sinne von sect 33

Abs 1 EStG (vgl BFH Urt v 17072014- VI R 4213- RdNr 13- juris) Auch der Begriff

der besonderen Haumlrte ist ein im Verwaltungs- und Sozialrecht insbesondere bei Billigkeitsshy

entscheidungen haumlufig verwendeter unbestimmter Rechtsbegriff der eine hinreichende Konshy

kretisierung durch die fachgerichtliche Rechtsprechung erfahren hat Der Begriff der besonshy

deren Haumlrte ist ein durch die Fachgerichte voll uumlberpruumlfbarer Rechtsbegriff (vgl BVerwG

Urt v 29031979- 2 C 1677 - Buchholz 2384 sect 46 SG Nr S 52) Durch Bestimmungen

die diesen Begriff verwenden sollen unzumutbare Belastungen vermieden werden Der Geshy

setzgeber fuumlhrt regelmaumlszligig eine Haumlrtevorschrift ein um von den Regelvorschriften nicht ershy

fassten Ausnahmefaumlllen und Grenzsituationen Rechnung tragen zu koumlnnen (vgl BVerwG

Urt v 11021977-6 C 10574- RdNr 28- juris)

Ob bei Anwendung der Befreiungsregelung dessect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 durch

die Exekutive den abundanten Gemeinden angesichts ihrer hohen Gewerbesteuershy

einnahmen in der Vergangenheit abverlangt werden kann ROcklagen aus vergangenen Jahshy

ren einzusetzen oder Kassenkredite aufzunehmen betrifft die Rechtsanwendung und ist von

der Fachgerichtsbarkeit zu klaumlren

2222 Soweit die Beschwerdefuumlhrerin unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Landesshy

verfassungsgerichts im Urteil vom 16022010 geltend macht die Finanzkraftumlage sei

deshalb verfassungswidrig weil sie auf der Landkreisebene bei nicht abundanten Landkreishy

sen durch die Heranziehung einer abundanten Gemeinde zur Finanzkraftumlage eine Schatshy

tenwirkung herbeifuumlhre die dazu fuumlhre dass im Ergebnis dieser Schattenwirkung die Fi-middot

nanzkraftumlage den nicht abundanten Landkreis treffe vermag sie damit die Verfassungsshy

widrigkeit von sect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht zu begruumlnden weil dieser Entscheidung ein anshy

ders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag

- 21 shy

ln sect 16 Abs 2 FAG 2007 war vorgesehen dass ab dem 01 01 2008 eine Kuumlrzung der Beshy

messungsgrundlage der Kreisumlage um die Finanzkraftumlage vorzunehmen war Der Geshy

setzgeber des FAG 2007 hatte dadurch eine Kuumlrzung der Steuerkraftmesszahl um die abzushy

fuumlhrende Finanzkraftumlage als Berechnungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage vorgenommen

Damit konnte fuumlr das Finanzausgleichsmodell das dem FAG 2007 zugrunde lag die Kreisshy

umlagebelastung fuumlr die von der Finanzkraftumlage belasteten Gemeinden spuumlrbar verrinshy

gert werden Um den Eingriff in das Kreisumlagegefuumlge des betroffenen Landkreises abzushy

mildern hatte der Gesetzgeber den Abzug der Finanzkraftumlage zugleich bei der Ermittlung

der Umlagekraftmesszahl der Landkreise (sect 9 FAG 2007) zu beruumlcksichtigen Damit verminshy

derte sich nicht nur die Steuerkraftmesszahl als Bemessungsgrundlage der Kre isumlage

sondern auch als Bemessungsgrundlage fuumlr die Houmlhe der allgemeinen Zuwendungen fuumlr die

Landkreise Dies fuumlhrte dazu dass die Landkreise mit abundanten Gemeinden die wegen

einer houmlheren Umlagekraft an sich weniger allgemeine Zuweisungen erhielten mehr erhielshy

ten Da das Land den Betrag der allgemeinen Zuweisungen an die Landkreise allerdings unshy

veraumlndertmiddot belassen hatte fuumlhrte dies aber dazu dass die anderen Landkreise ohne abunshy

dante Gemeinden weniger allgemeine Zuweisungen erhielten Nur diese Regelung des sect 16

Abs 2 FAG 2007 hat das Landesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 16022010 als eishy

nen verfassungswidrigen Eingriff des Landesgesetzgebers in die Finanzhoheit der Landkreishy

se angesehen Auch die weiteren Ausfuumlhrungen des Landesverfassungsgerichts im Urteil

vom 16022010 beziehen sich auf die beanstandete Regelung dessect 16 Abs 2 FAG 2007

Mit sect 12 FAG 2013 hat der Gesetzgeber ein neues Modell fuumlr die Erhebung der Finanzshy

kraftumlage eingefuumlhrt Dieses Modell stellt sich wie folgt dar Der Gesetzgeber hat das Moshy

dell der sog Abundanzumlage (sect 19a FAG 2005 FAG 2007) bei der eine normierte Steuershy

kraft mit einem normierten Bedarf verglichen wird und fuumlr den Fall dass die Steuerkraft den

Bedarf uumlbersteigt (Abundanz) die Moumlglichkeit eines Zugriffs auf einen gewissen Prozentsatz

des abundanten Teils besteht aufgegeben und nunmehr den Finanzausgleich unter den

steuerstarken und steuerschwachen kreisangehoumlrigen Gemeinden nach einem anderen Moshy

dell vorgenommen das nicht nur die beschriebene uumlberschieszligende Steuerkraft fuumlr die Beshy

rechnung der Umlage heranzieht sondern in Anlehnung an eine entsprechende Regelung in

Baden-Wuumlrttemberg eine breitere Bemessungsgrundlage waumlhlt

Gemaumlszlig sect 12 Abs 2 S 4 und 5 FAG 2013 wird nunmehr fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden

ein Ausgleichsverfahren als Rechenschritt bei der Ermittlung der endguumlltigen Schluumlsselshy

zuweisung durchgefuumlhrt Dabei wird die Schluumlsselzuweisung A mit beruumlcksichtigt Bei der

Schluumlsselzuweisung A wird nach sect 12 Abs 2 S 5 FAG 2013 allen kreisangehoumlrigen Geshy

meinden deren Steuerkraft je Einwohner 80 vH des Durchschnitts aller Gemeinden untershy

- 22shy

schreitet die Differenz der eigenen Steuerkraft zu 80 vH der durchschnittlichen Steuerkraft

zu 80 vH ausgeglichen Diese Schluumlsselzuweisung bewirkt eine dem Finanzausgleich der

Regelungen des FAG 2005 und des FAG 2007 noch unbekannte Verlagerung unter allen

Zuweisungsempfaumlngern also allen nicht abundanten Gemeinden zugunsten der steuershy

schwachen Gemeinden und zurasten der mehr steuerstarken Gemeinden Die abundanten

Gemeinden die keine Zuweisungsempfaumlnger sind werden hierdurch noch nicht belagttet Ihshy

re Belastung erfolgt erst durch die Regelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 Danach zahlen alie

kreisangehoumlrigen Gemeinden also sowohl die Zuweisungsempfaumlnger als auch die abundanshy

ten Gemeinden eine Umlage von 10 vH der Summe aus der Steuerkraftmesszahl fuumlr Geshy

meinden gemaumlszligsect 14 FAG 2013 und den Schluumlsselzuweisungen A und B also ihrer gesamshy

ten Finanzkraft Uumlber sect 14 Abs 3 Nr 2 FAG 2013 geraten ua die Gewerbeshy

steuereinnahmen der abundanten Gemeinden in Houmlhe von 10 vH in diesen Finanzkraftumshy

lagetopf Dieser Umlagetopf erhoumlht gem sect 12 Abs 3 S 2 FAG 2013 die Finanzmasse fuumlr die

Schluumlsselzuweisung B

Diese veraumlnderte Schluumlsselzuweisung B wird dann nach der Regelung des sect 12 Abs 2 S 6

FAG auf die Schluumlsselzuweisungsempfaumlnger umgelegt Gemaumlszlig sect 19 Abs 2 FAG flieszligt die

zuletzt genannte Schluumlsselzuweisung an die kreisangehoumlrigen Gemeinden zwar in die Kreisshy

umlagenberechnung ein Da sich die Bemessung der Kreisumlage aus der Steuerkraft und

den Schluumlsselzuweisungen fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden zusammensetzt wird die

Finanzkraftumlage somit auch zum Abzugsposten bei der Bemessungsgrundlage der Kreisshy

umlage Diese Einbeziehung der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Finanzkraftshy

umlage in die Kreisumlagenberechnung stellt indes keinen Eingriff in die ebenfalls verfasshy

sungsrechtlich geschuumltzte Finanzhoheit der Landkreise dar

Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumiage unterscheidet sich im Hinblick auf die Ebeshy

nentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren vom Landesverfassungsgericht beanstandeten

Finanzkraftumlage Letztere floss dem Ausgleichsstock zu so dass sie den Landkreisen als

Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgesamt verloren ging Demgegenuumlber wird

durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgeshy

samt nicht geschmaumllert

Das Landesverfassungsgericht hat weder heute noch hatte es im Urteil vom 16022010 Beshy

denken dagegen dass uumlber die vorgelagerten Regelungen zur Bestimmung der Steuerkraftshy

messzahl und zur Festlegung der Schluumlsselzuweisungen der Gemeinden zugleich die Beshy

messungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage festgelegt wird Dass jede Aumlnderung der Finanzshy

ausstattung der kreisangehoumlrigen Gemeinden zwangslaumlufig auch zu Verlagerungen bei der

- 23shy

Finanzausstattung der Landkreise fuumlhrt verstoumlszligt als solches nicht gegen die Landesverfasshy

sung Dies gilt auch fuumlr die neu eingefuumlhrte Vorabverteilung der Schluumlsselmasse A zugunsshy

ten der finanzschwachen Kommunen Sie fuumlhrt zu keinen Veraumlnderungen bei der Gesamtshy

summe der Umlagekraftmesszahlen der Landkreise hat aber Verschiebungen zwischen den

einzelnen Landkreisen zur Folge Die jetzige gesetzliche Regelung stellt sicher dass die jeshy

weiligen Gesamtsummen der beiden Komponenten der Finanzausstattung der Landkreise

durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnderung erfahren Der Gesamtbemessungsgrundiashy

ge fuumlr die Kreisumlage werden durch die Verschiebungen zwischen den Kommunen keine

Betraumlge entzogen Da es keine abundanten Landkreise gibt ergeben sich auch keine Ausshy

wirkungen auf die Gesamthoumlhe der Schluumlsselzuweisungen die die Landkreise vom Land ershy

halten

Waumlhrend die Gesamtausstattung der Landkreise durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnshy

derung erfaumlhrt ergeben sich - dies raumlumt die Landesregierung selber ein - allerdings gerinshy

ge Verlagerungseffekte zwischen den einzelnen Landkreisen Diese Verlagerungseffekte

sind indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

Den Anspruch auf angemessene Finanzausstattung der Landkreise darf der Gesetzgeber

einschraumlnken soweit andere Interessen von Verfassungsrang dies rechtfertigen Nicht nur

der horizontale gemeindliche sondern auch der uumlbergemeindliche Finanzausgleich ist von

dem Grundsatz der interkommunalen Solidaritaumlt gepraumlgt (LVerfG Urt v 13062006-705shy

LVerfGE 17 410 429 NdsStGH NdsVBL 2001 184 188) Der Gedanke der interkommushy

nalen Solidaritaumlt umfasst - wie die Kreisumlage zeigt - auch die ausgleichenden Finanzshy

stroumlme zwischen der Gemeinde- und Kreisebene (vgL auch SaumlchsVerfG Urt v 29012010

- Vf 25-VIII-09 - RdNr 119 - juris unter Hinweis auf BVerfG Beschl v 07021991

- 2 BvL 2484 - BVerfGE 83 363 391f LVerfG MV Urt v 26012012- 1810 - RdNr

81) Haumltte der Gesetzgeber eine Verschiebung von finanzstarken zu finanzschwachen Landshy

kreisen mit einer eigenstaumlndigen Ausgleichsregelung herbeigefuumlhrt waumlre dies durch Art 88

ALs 2 S 1 LVerf gedeckt Nichts anderes gilt wenn derselbe Effekt mittelbar durch die vershy

fassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung zum Finanzkraftausgleich der Gemeinshy

den erreicht wird Der Ebene des einzelnen Landkreises steht dem Vertust an Bemessungsshy

grundlage durch die negative Schluumlsselzuweisung der abundanten Gemeinden (sofern keine

Befreiungen erteilt wurden) jeweils ein Gewinn an Bemessungsgrundlage durch die Erhoumlshy

hung der Schluumlsselzuweisung der uumlbrigen Gemeinden gegenuumlber Je nachdem welcher Efshy

fekt uumlberwiegt erhoumlhen oder vermindern sich die Einnahmen der jeweiligen Landkreise aus

der Kreisumlage durch die Finanzkraftumlage geringfuumlgig Diese Aumlnderung bei dem Aufshy

kommen an Kreisumlage ist aber nicht gleichzusetzen mit der Aumlnderung der Finanzkraft der

- 24shy

Landkreise Da es keine abundanten Landkreise gibt bekommen saumlmtliche Landkreise

Schluumlsselzuweisungen vom Land Der nicht bereits durch die Kreisumlage ausgeglichene

Finanzbedarf der Landkreise wird im Jahr 2013 zu 80 in den Folgejahren zu 90 ausgeshy

glichen Dieser Mechanismus bewirkt dass auch der noch nicht kompensierte Verlust an

Bemessungsgrundlage durch abundante Gemeinden zu 90 (bzw 2013 zu 80 ) ausgeshy

glichen wird Oie verbleibenden Differenzbetraumlge sind wirtschaftlich unbedeutend und vershy

fassungsrechtlich hinzunehmen (vgl auch LVerfG MV Urt v 2601 2012 - 3310 - RdNr

79- juris)

2223 Eine verfassungswidrige Schattenwirkung fuumlr weitere benachbarte kreisangehoumlrige

und nicht abundante Gemeinden laumlsst sich ebenfalls nicht feststellen Die finanzschwache

Nachbargemeinde profitiert direkt von der Finanzkraftumlage Die von der Beschwerdefuumlhreshy

rin beschriebene mittelbare Schattenwirkung durch die Moumlglichkeit einer Erhoumlhung der

Kreisumlage betrifft die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal und

muss daruumlber hinaus auch differenziert betrachtet werden Es besteht ein Unterschied ob

eine solche Kommune in einem Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft liegt Der

Landkreis mit niedriger Umlagekraft wird in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlashy

ge erheben waumlhrend der Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlshy

rigen Kommunen nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muss De facto verfuumlgen alshy

so die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verbleiben Die Finanzkraftshy

umlage mildert diesen Effekt unter Umstaumlnden geringfuumlgig ab Die nicht abundanten Komshy

munen in dem Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten eventuell dadurch beshy

lastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoben wuumlrde um den Verlust des

Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzkraftumlage zu kompensieren ln

dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saido von der Finanzkraftumlage profitiershy

ten erhoumlht sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass der Kreisumlagesatz sogar (geshy

ringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Daruumlber hinaus besteht eine Solidaritaumltsverpflichtung der Kreise gegenuumlber den kreisangeshy

houmlrigen Gemeinden die diese vor einer unangemessenen Erhoumlhung der Kreisumlage

schuumltzt (vgl Faber in HennekePuumlnderWaldhoff Recht der Kommunalfinanzen 2006 sect 34

RdNr 50)

3 Die Kostenentscheidung beruht auf sect 32 LVerfGG Gerichtskosten werden nicht erhoben

(Absatz 1) Gruumlnde fuumlr die Anordnung der Erstattung der notwendigen Auslagen der erfolglos

gebliebenen Beschwerdefuumlhrerin sind nicht ersichtlich (Abs 2 und 3)

- 25 shy

Dr Zettel GemmerSchubert Bergmann

Prof Or Kluth StallFranzkowiak

Page 17: URTEIL - Landesportal Sachsen-Anhalt

- 17 shy

gehen ist dass eine Einordnung unter den Oberbegriff Ruumlckwirkung im weitesten Sinne

keinerlei verfassungsrechtliche Maszligstaumlbe aufzuzeigen vermag

Zum anderen besteht unter den Landesverfassungsgerichten Einigkeit daruumlber dass die Beshy

rechnung der Umlage anhand der Steuereinnahmen der vorvergangenen Jahre - unabhaumlnshy

gig davon ob man darin eine unechte Ruumlckwirkung sieht oder nicht- im Rahmen des Vershy

haumlltnismaumlszligigkeitsgrundsatzes unter dem Blickwinkel der Sachgerechtigkeit des gewaumlhlten

Maszligstabs und unter dem Gesichtpunkt des Vertrauensschutzes bewertet werden muss (vgl

SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO RdNrn 102 105 LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 106) Danach kann der Gesetzgeber auch dann wenn die Gesetzesaumlnderung

an sich verfassungsrechtlich zulaumlssig ist im Hinblick auf den Grundsatz der Verhaumlltnismaumlshy

szligigkeit verpflichtet sein eine angemessene Uumlbergangsregelung zu treffen Der Nachpruumlfung

durch das Landesverfassungsgericht unterliegt insoweit allerdings nur ob der Gesetzgeber

bei einer Gesamtabwaumlgung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der

Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gruumlnde unter Beruumlcksichtigung aller Umstaumlnde die

Grenze der Zumutbarkeit uumlberschritten hat (so auch LVerfG MV Urt v 26012012 aaO

RdNr 106 mwN)

Gegen die grundsaumltzliche Tauglichkeit des Maszligstabs bestehen keine Bedenken Hinter ihm

steht die Erwartung dass sich die Haushaltszahlen im aktuellen Jahr in etwa im Rahmen der

bekannten Daten entwickeln werden

Im Rahmen der gebotenen Abwaumlgung ist zu beruumlcksichtigen dass der Landesgesetzgeber

bereits 1999 und 2007 die Einfuumlhrung eines interkommunalen Finanzausgleichs fuumlr verfasshy

sungsrechtlich dringend geboten gehalten und 2010 nur deshalb zunaumlchst auf die Erhebung

der Umiage verzichtet hat weii er keine einfache Moumlglichkeit gesehen hatte die Vorgaben

des Landesverfassungsgerichts aus dem Urteil vom 16022010 umzusetzen Bereits in dem

am 13042011 geschlossenen Koalitionsvertrag haben die regierungsbildenden Koalitionaumlra

festgeschrieben dass das bestehende System des kommunalen Finanzausgleichs fuumlr das

Jahr 2012 fortgeschrieben werden solL lnfolge dieser Absicht sollte ein Gutachter auch eine

verfassungskonforme Loumlsung zur Erhebung einer Umlage zur Angleichung der Finanzkraft

zwischen armen und reichen Kommunen finden Bei dieser Sachlage kann nicht davon

ausgegangen werden dass die Kommunen vor der Wiedereinfuumlhrung der Finanzkraftumlage

im Jahre 2013 darauf vertrauen durften von einer solchen Abgabe verschont zu bleiben

Das Landesverfassungsgericht hat sowohl bereits in seinem Urteil vom 13062006 als auch

in seinem Urteil vom 16022010 ausgefuumlhrt dass eine interkommunale Finanzkraftumlage

- 18shy

grundsaumltzlich mit der Landesverfassung vereinbar ist nur nicht deren konkrete Ausgestalshy

tung durch das jeweilige FAG

Ferner ist zu beruumlcksichtigen dass ein allgemeiner Vertrauensschutz auf den Fortbestand

der bisherigen Strukturen des Finanzausgleichs grundsaumltzlich nicht besteht was auch einen

Schutz des Vertrauens auf die Nichteinfuumlhrung neuer finanzausgleichsrechtlicher Instrumenshy

te ausschlieszligt Die Garantie der Selbstverwaltung verleiht den Gemeinden keinen verfasshy

sungsrechtlichen Anspruch auf Beibehaltung einer einmal erreichten Struktur des Finanzshy

ausgleichs Vielmehr steht es dem Gesetzgeber frei veraumlnderte Rahmenbedingungen neue

Erkenntnisse und gewandelte Praumlferenzvorstellungen bei der jaumlhrlichen Regelung des komshy

munalen Finanzausgleichs zu beruumlcksichtigen (so auch LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 109 mwN SaumlchsVerfGH Urt v 28082010 aaO RdNL 1 05)

Etwas anderes folgt auch nicht daraus dass es den betroffenen Gemeinden im Jahre 2013

tatsaumlchlich nicht mehr moumlglich war fuumlr die vorvergangenen Jahre im Hinblick auf die Finanzshy

ausgleichsumlage Dispositionen zu treffen indem sie ihr Ausgabeverhalten geaumlndert oder

die Hebesaumltze insbesondere fuumlr die Gewerbesteuer an der Umlage ausgerichtet haumltten Der

Umstand dass bei der Berechnung der Umlagenhoumlhe auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltshy

nissen der vorvergangenen Vorjahre zuruumlckgegriffen wird aumlndert nichts daran dass die Reshy

gelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht die Steuerkraft der abgeschlossenen Vorjahre sonshy

dern die jeweils aktuelle Steuerkraft im Auge hat

Dass sowohl Zuweisungen des Landes als auch zu erhebende Umlagen nicht an das laushy

fende Steueraufkommen des aktuellen Jahres anknuumlpfen koumlnnen ist systemimmanent weil

verlaumlssliche Finanzdaten immer erst mit zeitlicher Verzoumlgerung feststehen Die damit notshy

wendig verbundenen Unschaumlrfen sind hinzunehmen insoweit kann fuumlr die Finanzkraftumiashy

ge nichts anderes gelten als z B fuumlr die Kreisumlage Der Gesetzgeber ist daher daran geshy

bunden das einmal gewaumlhlte System auch auf die Finanzkraftumlage anzuwenden (so

schon LVerfG Urt v 13062006 aaO S 475)

Eine theoretische Alternative waumlre zwar ein Finanzausgleichssystem das zunaumlchst mit

Schaumltzwerten fuumlr das laufende Jahr arbeitet die fortlaufend an die tatsaumlchlichen Daten anshy

gepasst werden Letztlich muumlsste dann zum Abschluss eine Spitzabrechnung durchgefuumlhrt

werden Eine verlaumlssliche Finanz- Ausgaben- und Haushaltswirtschaft der Gemeinden waumlre

damit allerdings praktisch kaum zu leisten (so auch SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO

RdNr 103 unter Hinweis auf BVerfG Urt v 24061986- 2 BvF 1 5 683 184 und 1 285

- BVerfGE 72 330 400)

19 shy

22214 Im Uumlbrigen ermoumlglichtsect 12 Abs 4 FAG 2013 in der zweijaumlhrigen Uumlbergangszeit in

der Steuereinnahmen aus der Zeit vor lnkrafttreten des Gesetzes in die Berechnung der Fishy

nanzkraft einflieszligen fuumlr den Fall dass die fuumlr die spaumltere Zahlung der Finanzkraftumlage

benoumltigten Betraumlge nicht sofort einer Ruumlckstellung zugefuumlhrt wurden eine Befreiung von der

Verpflichtung zur Zahlung der Finanzkraftumlage wenn es in einem nachfolgenden Jahr zu

einem Einbruch des Gewerbesteueraufkommens kommt die Kommune nicht uumlber ausreishy

chende Ruumlcklagen bzw freie liquide Mittel verfuumlgt und sie die Verpflichtung zur Abfuumlhrung

der Finanzkraftumlage vor Probleme stellt sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 verstoumlszligt

nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz Kernelement des Rechtsstaatsprinzips ist dass alshy

le materiellen Rechtsnormen mit Regelungsanspruch dem Rechtsunterworfenen gegenuumlber

diesem die Moumlglichkeit einraumlumen sein Verhalten auf die Rechtsnorm einzurichten Schon

nach allgemeinen rechtsstaatliehen Regeln verlangt der Bestimmtheitsgrundsatz gesetzliche

Tatbestaumlnde so praumlzise zu formulieren dass ein Normadressat sein Handeln kalkulieren

kann weil die Folgen der Regelung fuumlr ihn voraussehbar und berechenbar sind Dies bedeushy

tet zwar nicht dass die Norm uumlberhaupt keine Auslegungsprobleme aufwerfen darf Dem

Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genuumlgt wenn diese mit herkoumlmmlichen juristischen

Methoden bewaumlltigt werden koumlnnen Es muss auch verlangt werden dass der Gesetzgeber

wenigstens seinen Grundgedanken das Ziel seines gesetzgeberischen Wollens deutlich

macht Allen Bestimmtheitsanforderungen ist gemeinsam dass der Grad der Bestimmtheit

von den jeweiligen sachlichen Eigenarten des Regelungsgegenstandes abhaumlngt Stets sind

Rechtsvorschriften so genau zu fassen wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden leshy

benssachverhalte und mit Ruumlcksicht auf den Normzweck moumlglich ist (vgl Urt des l VerfG v

16022010 aaO 381 mwN)

sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 haumllt diesen Anforderungen stand Bei der Regelung

handelt es sich nicht um eine Ermessensvorschrift sondern um eine gebundene Entscheishy

dung mit unbestimmten Rechtsbegriffen auf der Tatbestandsebene Die in sect 17 Abs 1 FAG

2013 verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe auszligergewoumlhnliche Belastungen Notlage

und besondere Haumlrte lassen sich durch Auslegung soweit konkretisieren dass sie selbst

dem Bestimmtheitsgebot des Art 103 Abs 2 GG genuumlgen wuumlrden Den Begriff Notlage deshy

finiert sect 17 Abs 1 S 2 FAG 2013 indem es dort heiszligt Als Notlage gilt insbesondere der

Fall dass die Einnahmemoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren

Ausgabeverpflichtungen nicht ausreichen Der Begriff der auszligergewoumlhnlichen Belastung

ist ein im Steuer- und Sozialrecht (vgl zB sect 33 des Einkommensteuergesetzes - EStG shy

oder im Sozialrecht zB sect 27 Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung- SchwbAV)

verwendeter Begriff der durch den Bundesgesetzgeber und die Rechtsprechung hinreichend

- 20 shy

konkretisiert ist Eine auszligergewoumlhnliche Belastung ist dadurch gekennzeichnet dass einem

Pflichtigen immer dann wenn er zwangslaumlufig groumlszligere Aufwendungen als die uumlberwiegende

Mehrzahl der Pflichtigen gleicher Einkommensverhaumlltnisse und gleicher Vermoumlgensverhaumlltshy

nisse erbringen muss der Teibull der Aufwendungen ermaumlszligigt wird der die dem Pflichtigen

zurnutbare Belastung uumlbersteigt (sect 33 Abs 1 EStG) Aufwendungen erwachsen dem Pflichtishy

gen nur zwangslaumlufig wenn er sich ihnen aus rechtlichen tatsaumlchlichen oder sittlichen

Gruumlnden nicht entziehen kann Das ist der Fall wenn die Gruumlnde der Zwangslaumlufigkeit derart

von auszligen auf die Entschlieszligung des Pflichtigen einwirken dass er ihnen nicht ausweichen

kann er also tatsaumlchlich keine Entscheidungsfreiheit hat bestimmte Aufwendungen vorzushy

nehmen oder zu unterlassen Liegt eine maszliggeblich vom menschlichen Willen beeinflusste

Situation vor so handelt es sich dagegen um keine Zwangslage in diesem Sinne von sect 33

Abs 1 EStG (vgl BFH Urt v 17072014- VI R 4213- RdNr 13- juris) Auch der Begriff

der besonderen Haumlrte ist ein im Verwaltungs- und Sozialrecht insbesondere bei Billigkeitsshy

entscheidungen haumlufig verwendeter unbestimmter Rechtsbegriff der eine hinreichende Konshy

kretisierung durch die fachgerichtliche Rechtsprechung erfahren hat Der Begriff der besonshy

deren Haumlrte ist ein durch die Fachgerichte voll uumlberpruumlfbarer Rechtsbegriff (vgl BVerwG

Urt v 29031979- 2 C 1677 - Buchholz 2384 sect 46 SG Nr S 52) Durch Bestimmungen

die diesen Begriff verwenden sollen unzumutbare Belastungen vermieden werden Der Geshy

setzgeber fuumlhrt regelmaumlszligig eine Haumlrtevorschrift ein um von den Regelvorschriften nicht ershy

fassten Ausnahmefaumlllen und Grenzsituationen Rechnung tragen zu koumlnnen (vgl BVerwG

Urt v 11021977-6 C 10574- RdNr 28- juris)

Ob bei Anwendung der Befreiungsregelung dessect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 durch

die Exekutive den abundanten Gemeinden angesichts ihrer hohen Gewerbesteuershy

einnahmen in der Vergangenheit abverlangt werden kann ROcklagen aus vergangenen Jahshy

ren einzusetzen oder Kassenkredite aufzunehmen betrifft die Rechtsanwendung und ist von

der Fachgerichtsbarkeit zu klaumlren

2222 Soweit die Beschwerdefuumlhrerin unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Landesshy

verfassungsgerichts im Urteil vom 16022010 geltend macht die Finanzkraftumlage sei

deshalb verfassungswidrig weil sie auf der Landkreisebene bei nicht abundanten Landkreishy

sen durch die Heranziehung einer abundanten Gemeinde zur Finanzkraftumlage eine Schatshy

tenwirkung herbeifuumlhre die dazu fuumlhre dass im Ergebnis dieser Schattenwirkung die Fi-middot

nanzkraftumlage den nicht abundanten Landkreis treffe vermag sie damit die Verfassungsshy

widrigkeit von sect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht zu begruumlnden weil dieser Entscheidung ein anshy

ders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag

- 21 shy

ln sect 16 Abs 2 FAG 2007 war vorgesehen dass ab dem 01 01 2008 eine Kuumlrzung der Beshy

messungsgrundlage der Kreisumlage um die Finanzkraftumlage vorzunehmen war Der Geshy

setzgeber des FAG 2007 hatte dadurch eine Kuumlrzung der Steuerkraftmesszahl um die abzushy

fuumlhrende Finanzkraftumlage als Berechnungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage vorgenommen

Damit konnte fuumlr das Finanzausgleichsmodell das dem FAG 2007 zugrunde lag die Kreisshy

umlagebelastung fuumlr die von der Finanzkraftumlage belasteten Gemeinden spuumlrbar verrinshy

gert werden Um den Eingriff in das Kreisumlagegefuumlge des betroffenen Landkreises abzushy

mildern hatte der Gesetzgeber den Abzug der Finanzkraftumlage zugleich bei der Ermittlung

der Umlagekraftmesszahl der Landkreise (sect 9 FAG 2007) zu beruumlcksichtigen Damit verminshy

derte sich nicht nur die Steuerkraftmesszahl als Bemessungsgrundlage der Kre isumlage

sondern auch als Bemessungsgrundlage fuumlr die Houmlhe der allgemeinen Zuwendungen fuumlr die

Landkreise Dies fuumlhrte dazu dass die Landkreise mit abundanten Gemeinden die wegen

einer houmlheren Umlagekraft an sich weniger allgemeine Zuweisungen erhielten mehr erhielshy

ten Da das Land den Betrag der allgemeinen Zuweisungen an die Landkreise allerdings unshy

veraumlndertmiddot belassen hatte fuumlhrte dies aber dazu dass die anderen Landkreise ohne abunshy

dante Gemeinden weniger allgemeine Zuweisungen erhielten Nur diese Regelung des sect 16

Abs 2 FAG 2007 hat das Landesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 16022010 als eishy

nen verfassungswidrigen Eingriff des Landesgesetzgebers in die Finanzhoheit der Landkreishy

se angesehen Auch die weiteren Ausfuumlhrungen des Landesverfassungsgerichts im Urteil

vom 16022010 beziehen sich auf die beanstandete Regelung dessect 16 Abs 2 FAG 2007

Mit sect 12 FAG 2013 hat der Gesetzgeber ein neues Modell fuumlr die Erhebung der Finanzshy

kraftumlage eingefuumlhrt Dieses Modell stellt sich wie folgt dar Der Gesetzgeber hat das Moshy

dell der sog Abundanzumlage (sect 19a FAG 2005 FAG 2007) bei der eine normierte Steuershy

kraft mit einem normierten Bedarf verglichen wird und fuumlr den Fall dass die Steuerkraft den

Bedarf uumlbersteigt (Abundanz) die Moumlglichkeit eines Zugriffs auf einen gewissen Prozentsatz

des abundanten Teils besteht aufgegeben und nunmehr den Finanzausgleich unter den

steuerstarken und steuerschwachen kreisangehoumlrigen Gemeinden nach einem anderen Moshy

dell vorgenommen das nicht nur die beschriebene uumlberschieszligende Steuerkraft fuumlr die Beshy

rechnung der Umlage heranzieht sondern in Anlehnung an eine entsprechende Regelung in

Baden-Wuumlrttemberg eine breitere Bemessungsgrundlage waumlhlt

Gemaumlszlig sect 12 Abs 2 S 4 und 5 FAG 2013 wird nunmehr fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden

ein Ausgleichsverfahren als Rechenschritt bei der Ermittlung der endguumlltigen Schluumlsselshy

zuweisung durchgefuumlhrt Dabei wird die Schluumlsselzuweisung A mit beruumlcksichtigt Bei der

Schluumlsselzuweisung A wird nach sect 12 Abs 2 S 5 FAG 2013 allen kreisangehoumlrigen Geshy

meinden deren Steuerkraft je Einwohner 80 vH des Durchschnitts aller Gemeinden untershy

- 22shy

schreitet die Differenz der eigenen Steuerkraft zu 80 vH der durchschnittlichen Steuerkraft

zu 80 vH ausgeglichen Diese Schluumlsselzuweisung bewirkt eine dem Finanzausgleich der

Regelungen des FAG 2005 und des FAG 2007 noch unbekannte Verlagerung unter allen

Zuweisungsempfaumlngern also allen nicht abundanten Gemeinden zugunsten der steuershy

schwachen Gemeinden und zurasten der mehr steuerstarken Gemeinden Die abundanten

Gemeinden die keine Zuweisungsempfaumlnger sind werden hierdurch noch nicht belagttet Ihshy

re Belastung erfolgt erst durch die Regelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 Danach zahlen alie

kreisangehoumlrigen Gemeinden also sowohl die Zuweisungsempfaumlnger als auch die abundanshy

ten Gemeinden eine Umlage von 10 vH der Summe aus der Steuerkraftmesszahl fuumlr Geshy

meinden gemaumlszligsect 14 FAG 2013 und den Schluumlsselzuweisungen A und B also ihrer gesamshy

ten Finanzkraft Uumlber sect 14 Abs 3 Nr 2 FAG 2013 geraten ua die Gewerbeshy

steuereinnahmen der abundanten Gemeinden in Houmlhe von 10 vH in diesen Finanzkraftumshy

lagetopf Dieser Umlagetopf erhoumlht gem sect 12 Abs 3 S 2 FAG 2013 die Finanzmasse fuumlr die

Schluumlsselzuweisung B

Diese veraumlnderte Schluumlsselzuweisung B wird dann nach der Regelung des sect 12 Abs 2 S 6

FAG auf die Schluumlsselzuweisungsempfaumlnger umgelegt Gemaumlszlig sect 19 Abs 2 FAG flieszligt die

zuletzt genannte Schluumlsselzuweisung an die kreisangehoumlrigen Gemeinden zwar in die Kreisshy

umlagenberechnung ein Da sich die Bemessung der Kreisumlage aus der Steuerkraft und

den Schluumlsselzuweisungen fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden zusammensetzt wird die

Finanzkraftumlage somit auch zum Abzugsposten bei der Bemessungsgrundlage der Kreisshy

umlage Diese Einbeziehung der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Finanzkraftshy

umlage in die Kreisumlagenberechnung stellt indes keinen Eingriff in die ebenfalls verfasshy

sungsrechtlich geschuumltzte Finanzhoheit der Landkreise dar

Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumiage unterscheidet sich im Hinblick auf die Ebeshy

nentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren vom Landesverfassungsgericht beanstandeten

Finanzkraftumlage Letztere floss dem Ausgleichsstock zu so dass sie den Landkreisen als

Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgesamt verloren ging Demgegenuumlber wird

durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgeshy

samt nicht geschmaumllert

Das Landesverfassungsgericht hat weder heute noch hatte es im Urteil vom 16022010 Beshy

denken dagegen dass uumlber die vorgelagerten Regelungen zur Bestimmung der Steuerkraftshy

messzahl und zur Festlegung der Schluumlsselzuweisungen der Gemeinden zugleich die Beshy

messungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage festgelegt wird Dass jede Aumlnderung der Finanzshy

ausstattung der kreisangehoumlrigen Gemeinden zwangslaumlufig auch zu Verlagerungen bei der

- 23shy

Finanzausstattung der Landkreise fuumlhrt verstoumlszligt als solches nicht gegen die Landesverfasshy

sung Dies gilt auch fuumlr die neu eingefuumlhrte Vorabverteilung der Schluumlsselmasse A zugunsshy

ten der finanzschwachen Kommunen Sie fuumlhrt zu keinen Veraumlnderungen bei der Gesamtshy

summe der Umlagekraftmesszahlen der Landkreise hat aber Verschiebungen zwischen den

einzelnen Landkreisen zur Folge Die jetzige gesetzliche Regelung stellt sicher dass die jeshy

weiligen Gesamtsummen der beiden Komponenten der Finanzausstattung der Landkreise

durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnderung erfahren Der Gesamtbemessungsgrundiashy

ge fuumlr die Kreisumlage werden durch die Verschiebungen zwischen den Kommunen keine

Betraumlge entzogen Da es keine abundanten Landkreise gibt ergeben sich auch keine Ausshy

wirkungen auf die Gesamthoumlhe der Schluumlsselzuweisungen die die Landkreise vom Land ershy

halten

Waumlhrend die Gesamtausstattung der Landkreise durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnshy

derung erfaumlhrt ergeben sich - dies raumlumt die Landesregierung selber ein - allerdings gerinshy

ge Verlagerungseffekte zwischen den einzelnen Landkreisen Diese Verlagerungseffekte

sind indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

Den Anspruch auf angemessene Finanzausstattung der Landkreise darf der Gesetzgeber

einschraumlnken soweit andere Interessen von Verfassungsrang dies rechtfertigen Nicht nur

der horizontale gemeindliche sondern auch der uumlbergemeindliche Finanzausgleich ist von

dem Grundsatz der interkommunalen Solidaritaumlt gepraumlgt (LVerfG Urt v 13062006-705shy

LVerfGE 17 410 429 NdsStGH NdsVBL 2001 184 188) Der Gedanke der interkommushy

nalen Solidaritaumlt umfasst - wie die Kreisumlage zeigt - auch die ausgleichenden Finanzshy

stroumlme zwischen der Gemeinde- und Kreisebene (vgL auch SaumlchsVerfG Urt v 29012010

- Vf 25-VIII-09 - RdNr 119 - juris unter Hinweis auf BVerfG Beschl v 07021991

- 2 BvL 2484 - BVerfGE 83 363 391f LVerfG MV Urt v 26012012- 1810 - RdNr

81) Haumltte der Gesetzgeber eine Verschiebung von finanzstarken zu finanzschwachen Landshy

kreisen mit einer eigenstaumlndigen Ausgleichsregelung herbeigefuumlhrt waumlre dies durch Art 88

ALs 2 S 1 LVerf gedeckt Nichts anderes gilt wenn derselbe Effekt mittelbar durch die vershy

fassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung zum Finanzkraftausgleich der Gemeinshy

den erreicht wird Der Ebene des einzelnen Landkreises steht dem Vertust an Bemessungsshy

grundlage durch die negative Schluumlsselzuweisung der abundanten Gemeinden (sofern keine

Befreiungen erteilt wurden) jeweils ein Gewinn an Bemessungsgrundlage durch die Erhoumlshy

hung der Schluumlsselzuweisung der uumlbrigen Gemeinden gegenuumlber Je nachdem welcher Efshy

fekt uumlberwiegt erhoumlhen oder vermindern sich die Einnahmen der jeweiligen Landkreise aus

der Kreisumlage durch die Finanzkraftumlage geringfuumlgig Diese Aumlnderung bei dem Aufshy

kommen an Kreisumlage ist aber nicht gleichzusetzen mit der Aumlnderung der Finanzkraft der

- 24shy

Landkreise Da es keine abundanten Landkreise gibt bekommen saumlmtliche Landkreise

Schluumlsselzuweisungen vom Land Der nicht bereits durch die Kreisumlage ausgeglichene

Finanzbedarf der Landkreise wird im Jahr 2013 zu 80 in den Folgejahren zu 90 ausgeshy

glichen Dieser Mechanismus bewirkt dass auch der noch nicht kompensierte Verlust an

Bemessungsgrundlage durch abundante Gemeinden zu 90 (bzw 2013 zu 80 ) ausgeshy

glichen wird Oie verbleibenden Differenzbetraumlge sind wirtschaftlich unbedeutend und vershy

fassungsrechtlich hinzunehmen (vgl auch LVerfG MV Urt v 2601 2012 - 3310 - RdNr

79- juris)

2223 Eine verfassungswidrige Schattenwirkung fuumlr weitere benachbarte kreisangehoumlrige

und nicht abundante Gemeinden laumlsst sich ebenfalls nicht feststellen Die finanzschwache

Nachbargemeinde profitiert direkt von der Finanzkraftumlage Die von der Beschwerdefuumlhreshy

rin beschriebene mittelbare Schattenwirkung durch die Moumlglichkeit einer Erhoumlhung der

Kreisumlage betrifft die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal und

muss daruumlber hinaus auch differenziert betrachtet werden Es besteht ein Unterschied ob

eine solche Kommune in einem Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft liegt Der

Landkreis mit niedriger Umlagekraft wird in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlashy

ge erheben waumlhrend der Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlshy

rigen Kommunen nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muss De facto verfuumlgen alshy

so die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verbleiben Die Finanzkraftshy

umlage mildert diesen Effekt unter Umstaumlnden geringfuumlgig ab Die nicht abundanten Komshy

munen in dem Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten eventuell dadurch beshy

lastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoben wuumlrde um den Verlust des

Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzkraftumlage zu kompensieren ln

dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saido von der Finanzkraftumlage profitiershy

ten erhoumlht sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass der Kreisumlagesatz sogar (geshy

ringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Daruumlber hinaus besteht eine Solidaritaumltsverpflichtung der Kreise gegenuumlber den kreisangeshy

houmlrigen Gemeinden die diese vor einer unangemessenen Erhoumlhung der Kreisumlage

schuumltzt (vgl Faber in HennekePuumlnderWaldhoff Recht der Kommunalfinanzen 2006 sect 34

RdNr 50)

3 Die Kostenentscheidung beruht auf sect 32 LVerfGG Gerichtskosten werden nicht erhoben

(Absatz 1) Gruumlnde fuumlr die Anordnung der Erstattung der notwendigen Auslagen der erfolglos

gebliebenen Beschwerdefuumlhrerin sind nicht ersichtlich (Abs 2 und 3)

- 25 shy

Dr Zettel GemmerSchubert Bergmann

Prof Or Kluth StallFranzkowiak

Page 18: URTEIL - Landesportal Sachsen-Anhalt

- 18shy

grundsaumltzlich mit der Landesverfassung vereinbar ist nur nicht deren konkrete Ausgestalshy

tung durch das jeweilige FAG

Ferner ist zu beruumlcksichtigen dass ein allgemeiner Vertrauensschutz auf den Fortbestand

der bisherigen Strukturen des Finanzausgleichs grundsaumltzlich nicht besteht was auch einen

Schutz des Vertrauens auf die Nichteinfuumlhrung neuer finanzausgleichsrechtlicher Instrumenshy

te ausschlieszligt Die Garantie der Selbstverwaltung verleiht den Gemeinden keinen verfasshy

sungsrechtlichen Anspruch auf Beibehaltung einer einmal erreichten Struktur des Finanzshy

ausgleichs Vielmehr steht es dem Gesetzgeber frei veraumlnderte Rahmenbedingungen neue

Erkenntnisse und gewandelte Praumlferenzvorstellungen bei der jaumlhrlichen Regelung des komshy

munalen Finanzausgleichs zu beruumlcksichtigen (so auch LVerfG MV Urt v 26012012

aaO RdNr 109 mwN SaumlchsVerfGH Urt v 28082010 aaO RdNL 1 05)

Etwas anderes folgt auch nicht daraus dass es den betroffenen Gemeinden im Jahre 2013

tatsaumlchlich nicht mehr moumlglich war fuumlr die vorvergangenen Jahre im Hinblick auf die Finanzshy

ausgleichsumlage Dispositionen zu treffen indem sie ihr Ausgabeverhalten geaumlndert oder

die Hebesaumltze insbesondere fuumlr die Gewerbesteuer an der Umlage ausgerichtet haumltten Der

Umstand dass bei der Berechnung der Umlagenhoumlhe auf Daten zu den finanziellen Verhaumlltshy

nissen der vorvergangenen Vorjahre zuruumlckgegriffen wird aumlndert nichts daran dass die Reshy

gelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht die Steuerkraft der abgeschlossenen Vorjahre sonshy

dern die jeweils aktuelle Steuerkraft im Auge hat

Dass sowohl Zuweisungen des Landes als auch zu erhebende Umlagen nicht an das laushy

fende Steueraufkommen des aktuellen Jahres anknuumlpfen koumlnnen ist systemimmanent weil

verlaumlssliche Finanzdaten immer erst mit zeitlicher Verzoumlgerung feststehen Die damit notshy

wendig verbundenen Unschaumlrfen sind hinzunehmen insoweit kann fuumlr die Finanzkraftumiashy

ge nichts anderes gelten als z B fuumlr die Kreisumlage Der Gesetzgeber ist daher daran geshy

bunden das einmal gewaumlhlte System auch auf die Finanzkraftumlage anzuwenden (so

schon LVerfG Urt v 13062006 aaO S 475)

Eine theoretische Alternative waumlre zwar ein Finanzausgleichssystem das zunaumlchst mit

Schaumltzwerten fuumlr das laufende Jahr arbeitet die fortlaufend an die tatsaumlchlichen Daten anshy

gepasst werden Letztlich muumlsste dann zum Abschluss eine Spitzabrechnung durchgefuumlhrt

werden Eine verlaumlssliche Finanz- Ausgaben- und Haushaltswirtschaft der Gemeinden waumlre

damit allerdings praktisch kaum zu leisten (so auch SaumlchsVerfGH Urt v 26082010 aaO

RdNr 103 unter Hinweis auf BVerfG Urt v 24061986- 2 BvF 1 5 683 184 und 1 285

- BVerfGE 72 330 400)

19 shy

22214 Im Uumlbrigen ermoumlglichtsect 12 Abs 4 FAG 2013 in der zweijaumlhrigen Uumlbergangszeit in

der Steuereinnahmen aus der Zeit vor lnkrafttreten des Gesetzes in die Berechnung der Fishy

nanzkraft einflieszligen fuumlr den Fall dass die fuumlr die spaumltere Zahlung der Finanzkraftumlage

benoumltigten Betraumlge nicht sofort einer Ruumlckstellung zugefuumlhrt wurden eine Befreiung von der

Verpflichtung zur Zahlung der Finanzkraftumlage wenn es in einem nachfolgenden Jahr zu

einem Einbruch des Gewerbesteueraufkommens kommt die Kommune nicht uumlber ausreishy

chende Ruumlcklagen bzw freie liquide Mittel verfuumlgt und sie die Verpflichtung zur Abfuumlhrung

der Finanzkraftumlage vor Probleme stellt sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 verstoumlszligt

nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz Kernelement des Rechtsstaatsprinzips ist dass alshy

le materiellen Rechtsnormen mit Regelungsanspruch dem Rechtsunterworfenen gegenuumlber

diesem die Moumlglichkeit einraumlumen sein Verhalten auf die Rechtsnorm einzurichten Schon

nach allgemeinen rechtsstaatliehen Regeln verlangt der Bestimmtheitsgrundsatz gesetzliche

Tatbestaumlnde so praumlzise zu formulieren dass ein Normadressat sein Handeln kalkulieren

kann weil die Folgen der Regelung fuumlr ihn voraussehbar und berechenbar sind Dies bedeushy

tet zwar nicht dass die Norm uumlberhaupt keine Auslegungsprobleme aufwerfen darf Dem

Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genuumlgt wenn diese mit herkoumlmmlichen juristischen

Methoden bewaumlltigt werden koumlnnen Es muss auch verlangt werden dass der Gesetzgeber

wenigstens seinen Grundgedanken das Ziel seines gesetzgeberischen Wollens deutlich

macht Allen Bestimmtheitsanforderungen ist gemeinsam dass der Grad der Bestimmtheit

von den jeweiligen sachlichen Eigenarten des Regelungsgegenstandes abhaumlngt Stets sind

Rechtsvorschriften so genau zu fassen wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden leshy

benssachverhalte und mit Ruumlcksicht auf den Normzweck moumlglich ist (vgl Urt des l VerfG v

16022010 aaO 381 mwN)

sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 haumllt diesen Anforderungen stand Bei der Regelung

handelt es sich nicht um eine Ermessensvorschrift sondern um eine gebundene Entscheishy

dung mit unbestimmten Rechtsbegriffen auf der Tatbestandsebene Die in sect 17 Abs 1 FAG

2013 verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe auszligergewoumlhnliche Belastungen Notlage

und besondere Haumlrte lassen sich durch Auslegung soweit konkretisieren dass sie selbst

dem Bestimmtheitsgebot des Art 103 Abs 2 GG genuumlgen wuumlrden Den Begriff Notlage deshy

finiert sect 17 Abs 1 S 2 FAG 2013 indem es dort heiszligt Als Notlage gilt insbesondere der

Fall dass die Einnahmemoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren

Ausgabeverpflichtungen nicht ausreichen Der Begriff der auszligergewoumlhnlichen Belastung

ist ein im Steuer- und Sozialrecht (vgl zB sect 33 des Einkommensteuergesetzes - EStG shy

oder im Sozialrecht zB sect 27 Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung- SchwbAV)

verwendeter Begriff der durch den Bundesgesetzgeber und die Rechtsprechung hinreichend

- 20 shy

konkretisiert ist Eine auszligergewoumlhnliche Belastung ist dadurch gekennzeichnet dass einem

Pflichtigen immer dann wenn er zwangslaumlufig groumlszligere Aufwendungen als die uumlberwiegende

Mehrzahl der Pflichtigen gleicher Einkommensverhaumlltnisse und gleicher Vermoumlgensverhaumlltshy

nisse erbringen muss der Teibull der Aufwendungen ermaumlszligigt wird der die dem Pflichtigen

zurnutbare Belastung uumlbersteigt (sect 33 Abs 1 EStG) Aufwendungen erwachsen dem Pflichtishy

gen nur zwangslaumlufig wenn er sich ihnen aus rechtlichen tatsaumlchlichen oder sittlichen

Gruumlnden nicht entziehen kann Das ist der Fall wenn die Gruumlnde der Zwangslaumlufigkeit derart

von auszligen auf die Entschlieszligung des Pflichtigen einwirken dass er ihnen nicht ausweichen

kann er also tatsaumlchlich keine Entscheidungsfreiheit hat bestimmte Aufwendungen vorzushy

nehmen oder zu unterlassen Liegt eine maszliggeblich vom menschlichen Willen beeinflusste

Situation vor so handelt es sich dagegen um keine Zwangslage in diesem Sinne von sect 33

Abs 1 EStG (vgl BFH Urt v 17072014- VI R 4213- RdNr 13- juris) Auch der Begriff

der besonderen Haumlrte ist ein im Verwaltungs- und Sozialrecht insbesondere bei Billigkeitsshy

entscheidungen haumlufig verwendeter unbestimmter Rechtsbegriff der eine hinreichende Konshy

kretisierung durch die fachgerichtliche Rechtsprechung erfahren hat Der Begriff der besonshy

deren Haumlrte ist ein durch die Fachgerichte voll uumlberpruumlfbarer Rechtsbegriff (vgl BVerwG

Urt v 29031979- 2 C 1677 - Buchholz 2384 sect 46 SG Nr S 52) Durch Bestimmungen

die diesen Begriff verwenden sollen unzumutbare Belastungen vermieden werden Der Geshy

setzgeber fuumlhrt regelmaumlszligig eine Haumlrtevorschrift ein um von den Regelvorschriften nicht ershy

fassten Ausnahmefaumlllen und Grenzsituationen Rechnung tragen zu koumlnnen (vgl BVerwG

Urt v 11021977-6 C 10574- RdNr 28- juris)

Ob bei Anwendung der Befreiungsregelung dessect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 durch

die Exekutive den abundanten Gemeinden angesichts ihrer hohen Gewerbesteuershy

einnahmen in der Vergangenheit abverlangt werden kann ROcklagen aus vergangenen Jahshy

ren einzusetzen oder Kassenkredite aufzunehmen betrifft die Rechtsanwendung und ist von

der Fachgerichtsbarkeit zu klaumlren

2222 Soweit die Beschwerdefuumlhrerin unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Landesshy

verfassungsgerichts im Urteil vom 16022010 geltend macht die Finanzkraftumlage sei

deshalb verfassungswidrig weil sie auf der Landkreisebene bei nicht abundanten Landkreishy

sen durch die Heranziehung einer abundanten Gemeinde zur Finanzkraftumlage eine Schatshy

tenwirkung herbeifuumlhre die dazu fuumlhre dass im Ergebnis dieser Schattenwirkung die Fi-middot

nanzkraftumlage den nicht abundanten Landkreis treffe vermag sie damit die Verfassungsshy

widrigkeit von sect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht zu begruumlnden weil dieser Entscheidung ein anshy

ders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag

- 21 shy

ln sect 16 Abs 2 FAG 2007 war vorgesehen dass ab dem 01 01 2008 eine Kuumlrzung der Beshy

messungsgrundlage der Kreisumlage um die Finanzkraftumlage vorzunehmen war Der Geshy

setzgeber des FAG 2007 hatte dadurch eine Kuumlrzung der Steuerkraftmesszahl um die abzushy

fuumlhrende Finanzkraftumlage als Berechnungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage vorgenommen

Damit konnte fuumlr das Finanzausgleichsmodell das dem FAG 2007 zugrunde lag die Kreisshy

umlagebelastung fuumlr die von der Finanzkraftumlage belasteten Gemeinden spuumlrbar verrinshy

gert werden Um den Eingriff in das Kreisumlagegefuumlge des betroffenen Landkreises abzushy

mildern hatte der Gesetzgeber den Abzug der Finanzkraftumlage zugleich bei der Ermittlung

der Umlagekraftmesszahl der Landkreise (sect 9 FAG 2007) zu beruumlcksichtigen Damit verminshy

derte sich nicht nur die Steuerkraftmesszahl als Bemessungsgrundlage der Kre isumlage

sondern auch als Bemessungsgrundlage fuumlr die Houmlhe der allgemeinen Zuwendungen fuumlr die

Landkreise Dies fuumlhrte dazu dass die Landkreise mit abundanten Gemeinden die wegen

einer houmlheren Umlagekraft an sich weniger allgemeine Zuweisungen erhielten mehr erhielshy

ten Da das Land den Betrag der allgemeinen Zuweisungen an die Landkreise allerdings unshy

veraumlndertmiddot belassen hatte fuumlhrte dies aber dazu dass die anderen Landkreise ohne abunshy

dante Gemeinden weniger allgemeine Zuweisungen erhielten Nur diese Regelung des sect 16

Abs 2 FAG 2007 hat das Landesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 16022010 als eishy

nen verfassungswidrigen Eingriff des Landesgesetzgebers in die Finanzhoheit der Landkreishy

se angesehen Auch die weiteren Ausfuumlhrungen des Landesverfassungsgerichts im Urteil

vom 16022010 beziehen sich auf die beanstandete Regelung dessect 16 Abs 2 FAG 2007

Mit sect 12 FAG 2013 hat der Gesetzgeber ein neues Modell fuumlr die Erhebung der Finanzshy

kraftumlage eingefuumlhrt Dieses Modell stellt sich wie folgt dar Der Gesetzgeber hat das Moshy

dell der sog Abundanzumlage (sect 19a FAG 2005 FAG 2007) bei der eine normierte Steuershy

kraft mit einem normierten Bedarf verglichen wird und fuumlr den Fall dass die Steuerkraft den

Bedarf uumlbersteigt (Abundanz) die Moumlglichkeit eines Zugriffs auf einen gewissen Prozentsatz

des abundanten Teils besteht aufgegeben und nunmehr den Finanzausgleich unter den

steuerstarken und steuerschwachen kreisangehoumlrigen Gemeinden nach einem anderen Moshy

dell vorgenommen das nicht nur die beschriebene uumlberschieszligende Steuerkraft fuumlr die Beshy

rechnung der Umlage heranzieht sondern in Anlehnung an eine entsprechende Regelung in

Baden-Wuumlrttemberg eine breitere Bemessungsgrundlage waumlhlt

Gemaumlszlig sect 12 Abs 2 S 4 und 5 FAG 2013 wird nunmehr fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden

ein Ausgleichsverfahren als Rechenschritt bei der Ermittlung der endguumlltigen Schluumlsselshy

zuweisung durchgefuumlhrt Dabei wird die Schluumlsselzuweisung A mit beruumlcksichtigt Bei der

Schluumlsselzuweisung A wird nach sect 12 Abs 2 S 5 FAG 2013 allen kreisangehoumlrigen Geshy

meinden deren Steuerkraft je Einwohner 80 vH des Durchschnitts aller Gemeinden untershy

- 22shy

schreitet die Differenz der eigenen Steuerkraft zu 80 vH der durchschnittlichen Steuerkraft

zu 80 vH ausgeglichen Diese Schluumlsselzuweisung bewirkt eine dem Finanzausgleich der

Regelungen des FAG 2005 und des FAG 2007 noch unbekannte Verlagerung unter allen

Zuweisungsempfaumlngern also allen nicht abundanten Gemeinden zugunsten der steuershy

schwachen Gemeinden und zurasten der mehr steuerstarken Gemeinden Die abundanten

Gemeinden die keine Zuweisungsempfaumlnger sind werden hierdurch noch nicht belagttet Ihshy

re Belastung erfolgt erst durch die Regelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 Danach zahlen alie

kreisangehoumlrigen Gemeinden also sowohl die Zuweisungsempfaumlnger als auch die abundanshy

ten Gemeinden eine Umlage von 10 vH der Summe aus der Steuerkraftmesszahl fuumlr Geshy

meinden gemaumlszligsect 14 FAG 2013 und den Schluumlsselzuweisungen A und B also ihrer gesamshy

ten Finanzkraft Uumlber sect 14 Abs 3 Nr 2 FAG 2013 geraten ua die Gewerbeshy

steuereinnahmen der abundanten Gemeinden in Houmlhe von 10 vH in diesen Finanzkraftumshy

lagetopf Dieser Umlagetopf erhoumlht gem sect 12 Abs 3 S 2 FAG 2013 die Finanzmasse fuumlr die

Schluumlsselzuweisung B

Diese veraumlnderte Schluumlsselzuweisung B wird dann nach der Regelung des sect 12 Abs 2 S 6

FAG auf die Schluumlsselzuweisungsempfaumlnger umgelegt Gemaumlszlig sect 19 Abs 2 FAG flieszligt die

zuletzt genannte Schluumlsselzuweisung an die kreisangehoumlrigen Gemeinden zwar in die Kreisshy

umlagenberechnung ein Da sich die Bemessung der Kreisumlage aus der Steuerkraft und

den Schluumlsselzuweisungen fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden zusammensetzt wird die

Finanzkraftumlage somit auch zum Abzugsposten bei der Bemessungsgrundlage der Kreisshy

umlage Diese Einbeziehung der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Finanzkraftshy

umlage in die Kreisumlagenberechnung stellt indes keinen Eingriff in die ebenfalls verfasshy

sungsrechtlich geschuumltzte Finanzhoheit der Landkreise dar

Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumiage unterscheidet sich im Hinblick auf die Ebeshy

nentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren vom Landesverfassungsgericht beanstandeten

Finanzkraftumlage Letztere floss dem Ausgleichsstock zu so dass sie den Landkreisen als

Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgesamt verloren ging Demgegenuumlber wird

durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgeshy

samt nicht geschmaumllert

Das Landesverfassungsgericht hat weder heute noch hatte es im Urteil vom 16022010 Beshy

denken dagegen dass uumlber die vorgelagerten Regelungen zur Bestimmung der Steuerkraftshy

messzahl und zur Festlegung der Schluumlsselzuweisungen der Gemeinden zugleich die Beshy

messungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage festgelegt wird Dass jede Aumlnderung der Finanzshy

ausstattung der kreisangehoumlrigen Gemeinden zwangslaumlufig auch zu Verlagerungen bei der

- 23shy

Finanzausstattung der Landkreise fuumlhrt verstoumlszligt als solches nicht gegen die Landesverfasshy

sung Dies gilt auch fuumlr die neu eingefuumlhrte Vorabverteilung der Schluumlsselmasse A zugunsshy

ten der finanzschwachen Kommunen Sie fuumlhrt zu keinen Veraumlnderungen bei der Gesamtshy

summe der Umlagekraftmesszahlen der Landkreise hat aber Verschiebungen zwischen den

einzelnen Landkreisen zur Folge Die jetzige gesetzliche Regelung stellt sicher dass die jeshy

weiligen Gesamtsummen der beiden Komponenten der Finanzausstattung der Landkreise

durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnderung erfahren Der Gesamtbemessungsgrundiashy

ge fuumlr die Kreisumlage werden durch die Verschiebungen zwischen den Kommunen keine

Betraumlge entzogen Da es keine abundanten Landkreise gibt ergeben sich auch keine Ausshy

wirkungen auf die Gesamthoumlhe der Schluumlsselzuweisungen die die Landkreise vom Land ershy

halten

Waumlhrend die Gesamtausstattung der Landkreise durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnshy

derung erfaumlhrt ergeben sich - dies raumlumt die Landesregierung selber ein - allerdings gerinshy

ge Verlagerungseffekte zwischen den einzelnen Landkreisen Diese Verlagerungseffekte

sind indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

Den Anspruch auf angemessene Finanzausstattung der Landkreise darf der Gesetzgeber

einschraumlnken soweit andere Interessen von Verfassungsrang dies rechtfertigen Nicht nur

der horizontale gemeindliche sondern auch der uumlbergemeindliche Finanzausgleich ist von

dem Grundsatz der interkommunalen Solidaritaumlt gepraumlgt (LVerfG Urt v 13062006-705shy

LVerfGE 17 410 429 NdsStGH NdsVBL 2001 184 188) Der Gedanke der interkommushy

nalen Solidaritaumlt umfasst - wie die Kreisumlage zeigt - auch die ausgleichenden Finanzshy

stroumlme zwischen der Gemeinde- und Kreisebene (vgL auch SaumlchsVerfG Urt v 29012010

- Vf 25-VIII-09 - RdNr 119 - juris unter Hinweis auf BVerfG Beschl v 07021991

- 2 BvL 2484 - BVerfGE 83 363 391f LVerfG MV Urt v 26012012- 1810 - RdNr

81) Haumltte der Gesetzgeber eine Verschiebung von finanzstarken zu finanzschwachen Landshy

kreisen mit einer eigenstaumlndigen Ausgleichsregelung herbeigefuumlhrt waumlre dies durch Art 88

ALs 2 S 1 LVerf gedeckt Nichts anderes gilt wenn derselbe Effekt mittelbar durch die vershy

fassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung zum Finanzkraftausgleich der Gemeinshy

den erreicht wird Der Ebene des einzelnen Landkreises steht dem Vertust an Bemessungsshy

grundlage durch die negative Schluumlsselzuweisung der abundanten Gemeinden (sofern keine

Befreiungen erteilt wurden) jeweils ein Gewinn an Bemessungsgrundlage durch die Erhoumlshy

hung der Schluumlsselzuweisung der uumlbrigen Gemeinden gegenuumlber Je nachdem welcher Efshy

fekt uumlberwiegt erhoumlhen oder vermindern sich die Einnahmen der jeweiligen Landkreise aus

der Kreisumlage durch die Finanzkraftumlage geringfuumlgig Diese Aumlnderung bei dem Aufshy

kommen an Kreisumlage ist aber nicht gleichzusetzen mit der Aumlnderung der Finanzkraft der

- 24shy

Landkreise Da es keine abundanten Landkreise gibt bekommen saumlmtliche Landkreise

Schluumlsselzuweisungen vom Land Der nicht bereits durch die Kreisumlage ausgeglichene

Finanzbedarf der Landkreise wird im Jahr 2013 zu 80 in den Folgejahren zu 90 ausgeshy

glichen Dieser Mechanismus bewirkt dass auch der noch nicht kompensierte Verlust an

Bemessungsgrundlage durch abundante Gemeinden zu 90 (bzw 2013 zu 80 ) ausgeshy

glichen wird Oie verbleibenden Differenzbetraumlge sind wirtschaftlich unbedeutend und vershy

fassungsrechtlich hinzunehmen (vgl auch LVerfG MV Urt v 2601 2012 - 3310 - RdNr

79- juris)

2223 Eine verfassungswidrige Schattenwirkung fuumlr weitere benachbarte kreisangehoumlrige

und nicht abundante Gemeinden laumlsst sich ebenfalls nicht feststellen Die finanzschwache

Nachbargemeinde profitiert direkt von der Finanzkraftumlage Die von der Beschwerdefuumlhreshy

rin beschriebene mittelbare Schattenwirkung durch die Moumlglichkeit einer Erhoumlhung der

Kreisumlage betrifft die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal und

muss daruumlber hinaus auch differenziert betrachtet werden Es besteht ein Unterschied ob

eine solche Kommune in einem Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft liegt Der

Landkreis mit niedriger Umlagekraft wird in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlashy

ge erheben waumlhrend der Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlshy

rigen Kommunen nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muss De facto verfuumlgen alshy

so die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verbleiben Die Finanzkraftshy

umlage mildert diesen Effekt unter Umstaumlnden geringfuumlgig ab Die nicht abundanten Komshy

munen in dem Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten eventuell dadurch beshy

lastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoben wuumlrde um den Verlust des

Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzkraftumlage zu kompensieren ln

dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saido von der Finanzkraftumlage profitiershy

ten erhoumlht sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass der Kreisumlagesatz sogar (geshy

ringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Daruumlber hinaus besteht eine Solidaritaumltsverpflichtung der Kreise gegenuumlber den kreisangeshy

houmlrigen Gemeinden die diese vor einer unangemessenen Erhoumlhung der Kreisumlage

schuumltzt (vgl Faber in HennekePuumlnderWaldhoff Recht der Kommunalfinanzen 2006 sect 34

RdNr 50)

3 Die Kostenentscheidung beruht auf sect 32 LVerfGG Gerichtskosten werden nicht erhoben

(Absatz 1) Gruumlnde fuumlr die Anordnung der Erstattung der notwendigen Auslagen der erfolglos

gebliebenen Beschwerdefuumlhrerin sind nicht ersichtlich (Abs 2 und 3)

- 25 shy

Dr Zettel GemmerSchubert Bergmann

Prof Or Kluth StallFranzkowiak

Page 19: URTEIL - Landesportal Sachsen-Anhalt

19 shy

22214 Im Uumlbrigen ermoumlglichtsect 12 Abs 4 FAG 2013 in der zweijaumlhrigen Uumlbergangszeit in

der Steuereinnahmen aus der Zeit vor lnkrafttreten des Gesetzes in die Berechnung der Fishy

nanzkraft einflieszligen fuumlr den Fall dass die fuumlr die spaumltere Zahlung der Finanzkraftumlage

benoumltigten Betraumlge nicht sofort einer Ruumlckstellung zugefuumlhrt wurden eine Befreiung von der

Verpflichtung zur Zahlung der Finanzkraftumlage wenn es in einem nachfolgenden Jahr zu

einem Einbruch des Gewerbesteueraufkommens kommt die Kommune nicht uumlber ausreishy

chende Ruumlcklagen bzw freie liquide Mittel verfuumlgt und sie die Verpflichtung zur Abfuumlhrung

der Finanzkraftumlage vor Probleme stellt sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 verstoumlszligt

nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz Kernelement des Rechtsstaatsprinzips ist dass alshy

le materiellen Rechtsnormen mit Regelungsanspruch dem Rechtsunterworfenen gegenuumlber

diesem die Moumlglichkeit einraumlumen sein Verhalten auf die Rechtsnorm einzurichten Schon

nach allgemeinen rechtsstaatliehen Regeln verlangt der Bestimmtheitsgrundsatz gesetzliche

Tatbestaumlnde so praumlzise zu formulieren dass ein Normadressat sein Handeln kalkulieren

kann weil die Folgen der Regelung fuumlr ihn voraussehbar und berechenbar sind Dies bedeushy

tet zwar nicht dass die Norm uumlberhaupt keine Auslegungsprobleme aufwerfen darf Dem

Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genuumlgt wenn diese mit herkoumlmmlichen juristischen

Methoden bewaumlltigt werden koumlnnen Es muss auch verlangt werden dass der Gesetzgeber

wenigstens seinen Grundgedanken das Ziel seines gesetzgeberischen Wollens deutlich

macht Allen Bestimmtheitsanforderungen ist gemeinsam dass der Grad der Bestimmtheit

von den jeweiligen sachlichen Eigenarten des Regelungsgegenstandes abhaumlngt Stets sind

Rechtsvorschriften so genau zu fassen wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden leshy

benssachverhalte und mit Ruumlcksicht auf den Normzweck moumlglich ist (vgl Urt des l VerfG v

16022010 aaO 381 mwN)

sect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 haumllt diesen Anforderungen stand Bei der Regelung

handelt es sich nicht um eine Ermessensvorschrift sondern um eine gebundene Entscheishy

dung mit unbestimmten Rechtsbegriffen auf der Tatbestandsebene Die in sect 17 Abs 1 FAG

2013 verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe auszligergewoumlhnliche Belastungen Notlage

und besondere Haumlrte lassen sich durch Auslegung soweit konkretisieren dass sie selbst

dem Bestimmtheitsgebot des Art 103 Abs 2 GG genuumlgen wuumlrden Den Begriff Notlage deshy

finiert sect 17 Abs 1 S 2 FAG 2013 indem es dort heiszligt Als Notlage gilt insbesondere der

Fall dass die Einnahmemoumlglichkeiten von Kommunen zur Erfuumlllung ihrer unabweisbaren

Ausgabeverpflichtungen nicht ausreichen Der Begriff der auszligergewoumlhnlichen Belastung

ist ein im Steuer- und Sozialrecht (vgl zB sect 33 des Einkommensteuergesetzes - EStG shy

oder im Sozialrecht zB sect 27 Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung- SchwbAV)

verwendeter Begriff der durch den Bundesgesetzgeber und die Rechtsprechung hinreichend

- 20 shy

konkretisiert ist Eine auszligergewoumlhnliche Belastung ist dadurch gekennzeichnet dass einem

Pflichtigen immer dann wenn er zwangslaumlufig groumlszligere Aufwendungen als die uumlberwiegende

Mehrzahl der Pflichtigen gleicher Einkommensverhaumlltnisse und gleicher Vermoumlgensverhaumlltshy

nisse erbringen muss der Teibull der Aufwendungen ermaumlszligigt wird der die dem Pflichtigen

zurnutbare Belastung uumlbersteigt (sect 33 Abs 1 EStG) Aufwendungen erwachsen dem Pflichtishy

gen nur zwangslaumlufig wenn er sich ihnen aus rechtlichen tatsaumlchlichen oder sittlichen

Gruumlnden nicht entziehen kann Das ist der Fall wenn die Gruumlnde der Zwangslaumlufigkeit derart

von auszligen auf die Entschlieszligung des Pflichtigen einwirken dass er ihnen nicht ausweichen

kann er also tatsaumlchlich keine Entscheidungsfreiheit hat bestimmte Aufwendungen vorzushy

nehmen oder zu unterlassen Liegt eine maszliggeblich vom menschlichen Willen beeinflusste

Situation vor so handelt es sich dagegen um keine Zwangslage in diesem Sinne von sect 33

Abs 1 EStG (vgl BFH Urt v 17072014- VI R 4213- RdNr 13- juris) Auch der Begriff

der besonderen Haumlrte ist ein im Verwaltungs- und Sozialrecht insbesondere bei Billigkeitsshy

entscheidungen haumlufig verwendeter unbestimmter Rechtsbegriff der eine hinreichende Konshy

kretisierung durch die fachgerichtliche Rechtsprechung erfahren hat Der Begriff der besonshy

deren Haumlrte ist ein durch die Fachgerichte voll uumlberpruumlfbarer Rechtsbegriff (vgl BVerwG

Urt v 29031979- 2 C 1677 - Buchholz 2384 sect 46 SG Nr S 52) Durch Bestimmungen

die diesen Begriff verwenden sollen unzumutbare Belastungen vermieden werden Der Geshy

setzgeber fuumlhrt regelmaumlszligig eine Haumlrtevorschrift ein um von den Regelvorschriften nicht ershy

fassten Ausnahmefaumlllen und Grenzsituationen Rechnung tragen zu koumlnnen (vgl BVerwG

Urt v 11021977-6 C 10574- RdNr 28- juris)

Ob bei Anwendung der Befreiungsregelung dessect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 durch

die Exekutive den abundanten Gemeinden angesichts ihrer hohen Gewerbesteuershy

einnahmen in der Vergangenheit abverlangt werden kann ROcklagen aus vergangenen Jahshy

ren einzusetzen oder Kassenkredite aufzunehmen betrifft die Rechtsanwendung und ist von

der Fachgerichtsbarkeit zu klaumlren

2222 Soweit die Beschwerdefuumlhrerin unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Landesshy

verfassungsgerichts im Urteil vom 16022010 geltend macht die Finanzkraftumlage sei

deshalb verfassungswidrig weil sie auf der Landkreisebene bei nicht abundanten Landkreishy

sen durch die Heranziehung einer abundanten Gemeinde zur Finanzkraftumlage eine Schatshy

tenwirkung herbeifuumlhre die dazu fuumlhre dass im Ergebnis dieser Schattenwirkung die Fi-middot

nanzkraftumlage den nicht abundanten Landkreis treffe vermag sie damit die Verfassungsshy

widrigkeit von sect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht zu begruumlnden weil dieser Entscheidung ein anshy

ders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag

- 21 shy

ln sect 16 Abs 2 FAG 2007 war vorgesehen dass ab dem 01 01 2008 eine Kuumlrzung der Beshy

messungsgrundlage der Kreisumlage um die Finanzkraftumlage vorzunehmen war Der Geshy

setzgeber des FAG 2007 hatte dadurch eine Kuumlrzung der Steuerkraftmesszahl um die abzushy

fuumlhrende Finanzkraftumlage als Berechnungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage vorgenommen

Damit konnte fuumlr das Finanzausgleichsmodell das dem FAG 2007 zugrunde lag die Kreisshy

umlagebelastung fuumlr die von der Finanzkraftumlage belasteten Gemeinden spuumlrbar verrinshy

gert werden Um den Eingriff in das Kreisumlagegefuumlge des betroffenen Landkreises abzushy

mildern hatte der Gesetzgeber den Abzug der Finanzkraftumlage zugleich bei der Ermittlung

der Umlagekraftmesszahl der Landkreise (sect 9 FAG 2007) zu beruumlcksichtigen Damit verminshy

derte sich nicht nur die Steuerkraftmesszahl als Bemessungsgrundlage der Kre isumlage

sondern auch als Bemessungsgrundlage fuumlr die Houmlhe der allgemeinen Zuwendungen fuumlr die

Landkreise Dies fuumlhrte dazu dass die Landkreise mit abundanten Gemeinden die wegen

einer houmlheren Umlagekraft an sich weniger allgemeine Zuweisungen erhielten mehr erhielshy

ten Da das Land den Betrag der allgemeinen Zuweisungen an die Landkreise allerdings unshy

veraumlndertmiddot belassen hatte fuumlhrte dies aber dazu dass die anderen Landkreise ohne abunshy

dante Gemeinden weniger allgemeine Zuweisungen erhielten Nur diese Regelung des sect 16

Abs 2 FAG 2007 hat das Landesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 16022010 als eishy

nen verfassungswidrigen Eingriff des Landesgesetzgebers in die Finanzhoheit der Landkreishy

se angesehen Auch die weiteren Ausfuumlhrungen des Landesverfassungsgerichts im Urteil

vom 16022010 beziehen sich auf die beanstandete Regelung dessect 16 Abs 2 FAG 2007

Mit sect 12 FAG 2013 hat der Gesetzgeber ein neues Modell fuumlr die Erhebung der Finanzshy

kraftumlage eingefuumlhrt Dieses Modell stellt sich wie folgt dar Der Gesetzgeber hat das Moshy

dell der sog Abundanzumlage (sect 19a FAG 2005 FAG 2007) bei der eine normierte Steuershy

kraft mit einem normierten Bedarf verglichen wird und fuumlr den Fall dass die Steuerkraft den

Bedarf uumlbersteigt (Abundanz) die Moumlglichkeit eines Zugriffs auf einen gewissen Prozentsatz

des abundanten Teils besteht aufgegeben und nunmehr den Finanzausgleich unter den

steuerstarken und steuerschwachen kreisangehoumlrigen Gemeinden nach einem anderen Moshy

dell vorgenommen das nicht nur die beschriebene uumlberschieszligende Steuerkraft fuumlr die Beshy

rechnung der Umlage heranzieht sondern in Anlehnung an eine entsprechende Regelung in

Baden-Wuumlrttemberg eine breitere Bemessungsgrundlage waumlhlt

Gemaumlszlig sect 12 Abs 2 S 4 und 5 FAG 2013 wird nunmehr fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden

ein Ausgleichsverfahren als Rechenschritt bei der Ermittlung der endguumlltigen Schluumlsselshy

zuweisung durchgefuumlhrt Dabei wird die Schluumlsselzuweisung A mit beruumlcksichtigt Bei der

Schluumlsselzuweisung A wird nach sect 12 Abs 2 S 5 FAG 2013 allen kreisangehoumlrigen Geshy

meinden deren Steuerkraft je Einwohner 80 vH des Durchschnitts aller Gemeinden untershy

- 22shy

schreitet die Differenz der eigenen Steuerkraft zu 80 vH der durchschnittlichen Steuerkraft

zu 80 vH ausgeglichen Diese Schluumlsselzuweisung bewirkt eine dem Finanzausgleich der

Regelungen des FAG 2005 und des FAG 2007 noch unbekannte Verlagerung unter allen

Zuweisungsempfaumlngern also allen nicht abundanten Gemeinden zugunsten der steuershy

schwachen Gemeinden und zurasten der mehr steuerstarken Gemeinden Die abundanten

Gemeinden die keine Zuweisungsempfaumlnger sind werden hierdurch noch nicht belagttet Ihshy

re Belastung erfolgt erst durch die Regelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 Danach zahlen alie

kreisangehoumlrigen Gemeinden also sowohl die Zuweisungsempfaumlnger als auch die abundanshy

ten Gemeinden eine Umlage von 10 vH der Summe aus der Steuerkraftmesszahl fuumlr Geshy

meinden gemaumlszligsect 14 FAG 2013 und den Schluumlsselzuweisungen A und B also ihrer gesamshy

ten Finanzkraft Uumlber sect 14 Abs 3 Nr 2 FAG 2013 geraten ua die Gewerbeshy

steuereinnahmen der abundanten Gemeinden in Houmlhe von 10 vH in diesen Finanzkraftumshy

lagetopf Dieser Umlagetopf erhoumlht gem sect 12 Abs 3 S 2 FAG 2013 die Finanzmasse fuumlr die

Schluumlsselzuweisung B

Diese veraumlnderte Schluumlsselzuweisung B wird dann nach der Regelung des sect 12 Abs 2 S 6

FAG auf die Schluumlsselzuweisungsempfaumlnger umgelegt Gemaumlszlig sect 19 Abs 2 FAG flieszligt die

zuletzt genannte Schluumlsselzuweisung an die kreisangehoumlrigen Gemeinden zwar in die Kreisshy

umlagenberechnung ein Da sich die Bemessung der Kreisumlage aus der Steuerkraft und

den Schluumlsselzuweisungen fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden zusammensetzt wird die

Finanzkraftumlage somit auch zum Abzugsposten bei der Bemessungsgrundlage der Kreisshy

umlage Diese Einbeziehung der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Finanzkraftshy

umlage in die Kreisumlagenberechnung stellt indes keinen Eingriff in die ebenfalls verfasshy

sungsrechtlich geschuumltzte Finanzhoheit der Landkreise dar

Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumiage unterscheidet sich im Hinblick auf die Ebeshy

nentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren vom Landesverfassungsgericht beanstandeten

Finanzkraftumlage Letztere floss dem Ausgleichsstock zu so dass sie den Landkreisen als

Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgesamt verloren ging Demgegenuumlber wird

durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgeshy

samt nicht geschmaumllert

Das Landesverfassungsgericht hat weder heute noch hatte es im Urteil vom 16022010 Beshy

denken dagegen dass uumlber die vorgelagerten Regelungen zur Bestimmung der Steuerkraftshy

messzahl und zur Festlegung der Schluumlsselzuweisungen der Gemeinden zugleich die Beshy

messungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage festgelegt wird Dass jede Aumlnderung der Finanzshy

ausstattung der kreisangehoumlrigen Gemeinden zwangslaumlufig auch zu Verlagerungen bei der

- 23shy

Finanzausstattung der Landkreise fuumlhrt verstoumlszligt als solches nicht gegen die Landesverfasshy

sung Dies gilt auch fuumlr die neu eingefuumlhrte Vorabverteilung der Schluumlsselmasse A zugunsshy

ten der finanzschwachen Kommunen Sie fuumlhrt zu keinen Veraumlnderungen bei der Gesamtshy

summe der Umlagekraftmesszahlen der Landkreise hat aber Verschiebungen zwischen den

einzelnen Landkreisen zur Folge Die jetzige gesetzliche Regelung stellt sicher dass die jeshy

weiligen Gesamtsummen der beiden Komponenten der Finanzausstattung der Landkreise

durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnderung erfahren Der Gesamtbemessungsgrundiashy

ge fuumlr die Kreisumlage werden durch die Verschiebungen zwischen den Kommunen keine

Betraumlge entzogen Da es keine abundanten Landkreise gibt ergeben sich auch keine Ausshy

wirkungen auf die Gesamthoumlhe der Schluumlsselzuweisungen die die Landkreise vom Land ershy

halten

Waumlhrend die Gesamtausstattung der Landkreise durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnshy

derung erfaumlhrt ergeben sich - dies raumlumt die Landesregierung selber ein - allerdings gerinshy

ge Verlagerungseffekte zwischen den einzelnen Landkreisen Diese Verlagerungseffekte

sind indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

Den Anspruch auf angemessene Finanzausstattung der Landkreise darf der Gesetzgeber

einschraumlnken soweit andere Interessen von Verfassungsrang dies rechtfertigen Nicht nur

der horizontale gemeindliche sondern auch der uumlbergemeindliche Finanzausgleich ist von

dem Grundsatz der interkommunalen Solidaritaumlt gepraumlgt (LVerfG Urt v 13062006-705shy

LVerfGE 17 410 429 NdsStGH NdsVBL 2001 184 188) Der Gedanke der interkommushy

nalen Solidaritaumlt umfasst - wie die Kreisumlage zeigt - auch die ausgleichenden Finanzshy

stroumlme zwischen der Gemeinde- und Kreisebene (vgL auch SaumlchsVerfG Urt v 29012010

- Vf 25-VIII-09 - RdNr 119 - juris unter Hinweis auf BVerfG Beschl v 07021991

- 2 BvL 2484 - BVerfGE 83 363 391f LVerfG MV Urt v 26012012- 1810 - RdNr

81) Haumltte der Gesetzgeber eine Verschiebung von finanzstarken zu finanzschwachen Landshy

kreisen mit einer eigenstaumlndigen Ausgleichsregelung herbeigefuumlhrt waumlre dies durch Art 88

ALs 2 S 1 LVerf gedeckt Nichts anderes gilt wenn derselbe Effekt mittelbar durch die vershy

fassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung zum Finanzkraftausgleich der Gemeinshy

den erreicht wird Der Ebene des einzelnen Landkreises steht dem Vertust an Bemessungsshy

grundlage durch die negative Schluumlsselzuweisung der abundanten Gemeinden (sofern keine

Befreiungen erteilt wurden) jeweils ein Gewinn an Bemessungsgrundlage durch die Erhoumlshy

hung der Schluumlsselzuweisung der uumlbrigen Gemeinden gegenuumlber Je nachdem welcher Efshy

fekt uumlberwiegt erhoumlhen oder vermindern sich die Einnahmen der jeweiligen Landkreise aus

der Kreisumlage durch die Finanzkraftumlage geringfuumlgig Diese Aumlnderung bei dem Aufshy

kommen an Kreisumlage ist aber nicht gleichzusetzen mit der Aumlnderung der Finanzkraft der

- 24shy

Landkreise Da es keine abundanten Landkreise gibt bekommen saumlmtliche Landkreise

Schluumlsselzuweisungen vom Land Der nicht bereits durch die Kreisumlage ausgeglichene

Finanzbedarf der Landkreise wird im Jahr 2013 zu 80 in den Folgejahren zu 90 ausgeshy

glichen Dieser Mechanismus bewirkt dass auch der noch nicht kompensierte Verlust an

Bemessungsgrundlage durch abundante Gemeinden zu 90 (bzw 2013 zu 80 ) ausgeshy

glichen wird Oie verbleibenden Differenzbetraumlge sind wirtschaftlich unbedeutend und vershy

fassungsrechtlich hinzunehmen (vgl auch LVerfG MV Urt v 2601 2012 - 3310 - RdNr

79- juris)

2223 Eine verfassungswidrige Schattenwirkung fuumlr weitere benachbarte kreisangehoumlrige

und nicht abundante Gemeinden laumlsst sich ebenfalls nicht feststellen Die finanzschwache

Nachbargemeinde profitiert direkt von der Finanzkraftumlage Die von der Beschwerdefuumlhreshy

rin beschriebene mittelbare Schattenwirkung durch die Moumlglichkeit einer Erhoumlhung der

Kreisumlage betrifft die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal und

muss daruumlber hinaus auch differenziert betrachtet werden Es besteht ein Unterschied ob

eine solche Kommune in einem Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft liegt Der

Landkreis mit niedriger Umlagekraft wird in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlashy

ge erheben waumlhrend der Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlshy

rigen Kommunen nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muss De facto verfuumlgen alshy

so die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verbleiben Die Finanzkraftshy

umlage mildert diesen Effekt unter Umstaumlnden geringfuumlgig ab Die nicht abundanten Komshy

munen in dem Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten eventuell dadurch beshy

lastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoben wuumlrde um den Verlust des

Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzkraftumlage zu kompensieren ln

dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saido von der Finanzkraftumlage profitiershy

ten erhoumlht sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass der Kreisumlagesatz sogar (geshy

ringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Daruumlber hinaus besteht eine Solidaritaumltsverpflichtung der Kreise gegenuumlber den kreisangeshy

houmlrigen Gemeinden die diese vor einer unangemessenen Erhoumlhung der Kreisumlage

schuumltzt (vgl Faber in HennekePuumlnderWaldhoff Recht der Kommunalfinanzen 2006 sect 34

RdNr 50)

3 Die Kostenentscheidung beruht auf sect 32 LVerfGG Gerichtskosten werden nicht erhoben

(Absatz 1) Gruumlnde fuumlr die Anordnung der Erstattung der notwendigen Auslagen der erfolglos

gebliebenen Beschwerdefuumlhrerin sind nicht ersichtlich (Abs 2 und 3)

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Dr Zettel GemmerSchubert Bergmann

Prof Or Kluth StallFranzkowiak

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konkretisiert ist Eine auszligergewoumlhnliche Belastung ist dadurch gekennzeichnet dass einem

Pflichtigen immer dann wenn er zwangslaumlufig groumlszligere Aufwendungen als die uumlberwiegende

Mehrzahl der Pflichtigen gleicher Einkommensverhaumlltnisse und gleicher Vermoumlgensverhaumlltshy

nisse erbringen muss der Teibull der Aufwendungen ermaumlszligigt wird der die dem Pflichtigen

zurnutbare Belastung uumlbersteigt (sect 33 Abs 1 EStG) Aufwendungen erwachsen dem Pflichtishy

gen nur zwangslaumlufig wenn er sich ihnen aus rechtlichen tatsaumlchlichen oder sittlichen

Gruumlnden nicht entziehen kann Das ist der Fall wenn die Gruumlnde der Zwangslaumlufigkeit derart

von auszligen auf die Entschlieszligung des Pflichtigen einwirken dass er ihnen nicht ausweichen

kann er also tatsaumlchlich keine Entscheidungsfreiheit hat bestimmte Aufwendungen vorzushy

nehmen oder zu unterlassen Liegt eine maszliggeblich vom menschlichen Willen beeinflusste

Situation vor so handelt es sich dagegen um keine Zwangslage in diesem Sinne von sect 33

Abs 1 EStG (vgl BFH Urt v 17072014- VI R 4213- RdNr 13- juris) Auch der Begriff

der besonderen Haumlrte ist ein im Verwaltungs- und Sozialrecht insbesondere bei Billigkeitsshy

entscheidungen haumlufig verwendeter unbestimmter Rechtsbegriff der eine hinreichende Konshy

kretisierung durch die fachgerichtliche Rechtsprechung erfahren hat Der Begriff der besonshy

deren Haumlrte ist ein durch die Fachgerichte voll uumlberpruumlfbarer Rechtsbegriff (vgl BVerwG

Urt v 29031979- 2 C 1677 - Buchholz 2384 sect 46 SG Nr S 52) Durch Bestimmungen

die diesen Begriff verwenden sollen unzumutbare Belastungen vermieden werden Der Geshy

setzgeber fuumlhrt regelmaumlszligig eine Haumlrtevorschrift ein um von den Regelvorschriften nicht ershy

fassten Ausnahmefaumlllen und Grenzsituationen Rechnung tragen zu koumlnnen (vgl BVerwG

Urt v 11021977-6 C 10574- RdNr 28- juris)

Ob bei Anwendung der Befreiungsregelung dessect 12 Abs 4 S 1 iVm sect 17 FAG 2013 durch

die Exekutive den abundanten Gemeinden angesichts ihrer hohen Gewerbesteuershy

einnahmen in der Vergangenheit abverlangt werden kann ROcklagen aus vergangenen Jahshy

ren einzusetzen oder Kassenkredite aufzunehmen betrifft die Rechtsanwendung und ist von

der Fachgerichtsbarkeit zu klaumlren

2222 Soweit die Beschwerdefuumlhrerin unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Landesshy

verfassungsgerichts im Urteil vom 16022010 geltend macht die Finanzkraftumlage sei

deshalb verfassungswidrig weil sie auf der Landkreisebene bei nicht abundanten Landkreishy

sen durch die Heranziehung einer abundanten Gemeinde zur Finanzkraftumlage eine Schatshy

tenwirkung herbeifuumlhre die dazu fuumlhre dass im Ergebnis dieser Schattenwirkung die Fi-middot

nanzkraftumlage den nicht abundanten Landkreis treffe vermag sie damit die Verfassungsshy

widrigkeit von sect 12 Abs 3 FAG 2013 nicht zu begruumlnden weil dieser Entscheidung ein anshy

ders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag

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ln sect 16 Abs 2 FAG 2007 war vorgesehen dass ab dem 01 01 2008 eine Kuumlrzung der Beshy

messungsgrundlage der Kreisumlage um die Finanzkraftumlage vorzunehmen war Der Geshy

setzgeber des FAG 2007 hatte dadurch eine Kuumlrzung der Steuerkraftmesszahl um die abzushy

fuumlhrende Finanzkraftumlage als Berechnungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage vorgenommen

Damit konnte fuumlr das Finanzausgleichsmodell das dem FAG 2007 zugrunde lag die Kreisshy

umlagebelastung fuumlr die von der Finanzkraftumlage belasteten Gemeinden spuumlrbar verrinshy

gert werden Um den Eingriff in das Kreisumlagegefuumlge des betroffenen Landkreises abzushy

mildern hatte der Gesetzgeber den Abzug der Finanzkraftumlage zugleich bei der Ermittlung

der Umlagekraftmesszahl der Landkreise (sect 9 FAG 2007) zu beruumlcksichtigen Damit verminshy

derte sich nicht nur die Steuerkraftmesszahl als Bemessungsgrundlage der Kre isumlage

sondern auch als Bemessungsgrundlage fuumlr die Houmlhe der allgemeinen Zuwendungen fuumlr die

Landkreise Dies fuumlhrte dazu dass die Landkreise mit abundanten Gemeinden die wegen

einer houmlheren Umlagekraft an sich weniger allgemeine Zuweisungen erhielten mehr erhielshy

ten Da das Land den Betrag der allgemeinen Zuweisungen an die Landkreise allerdings unshy

veraumlndertmiddot belassen hatte fuumlhrte dies aber dazu dass die anderen Landkreise ohne abunshy

dante Gemeinden weniger allgemeine Zuweisungen erhielten Nur diese Regelung des sect 16

Abs 2 FAG 2007 hat das Landesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 16022010 als eishy

nen verfassungswidrigen Eingriff des Landesgesetzgebers in die Finanzhoheit der Landkreishy

se angesehen Auch die weiteren Ausfuumlhrungen des Landesverfassungsgerichts im Urteil

vom 16022010 beziehen sich auf die beanstandete Regelung dessect 16 Abs 2 FAG 2007

Mit sect 12 FAG 2013 hat der Gesetzgeber ein neues Modell fuumlr die Erhebung der Finanzshy

kraftumlage eingefuumlhrt Dieses Modell stellt sich wie folgt dar Der Gesetzgeber hat das Moshy

dell der sog Abundanzumlage (sect 19a FAG 2005 FAG 2007) bei der eine normierte Steuershy

kraft mit einem normierten Bedarf verglichen wird und fuumlr den Fall dass die Steuerkraft den

Bedarf uumlbersteigt (Abundanz) die Moumlglichkeit eines Zugriffs auf einen gewissen Prozentsatz

des abundanten Teils besteht aufgegeben und nunmehr den Finanzausgleich unter den

steuerstarken und steuerschwachen kreisangehoumlrigen Gemeinden nach einem anderen Moshy

dell vorgenommen das nicht nur die beschriebene uumlberschieszligende Steuerkraft fuumlr die Beshy

rechnung der Umlage heranzieht sondern in Anlehnung an eine entsprechende Regelung in

Baden-Wuumlrttemberg eine breitere Bemessungsgrundlage waumlhlt

Gemaumlszlig sect 12 Abs 2 S 4 und 5 FAG 2013 wird nunmehr fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden

ein Ausgleichsverfahren als Rechenschritt bei der Ermittlung der endguumlltigen Schluumlsselshy

zuweisung durchgefuumlhrt Dabei wird die Schluumlsselzuweisung A mit beruumlcksichtigt Bei der

Schluumlsselzuweisung A wird nach sect 12 Abs 2 S 5 FAG 2013 allen kreisangehoumlrigen Geshy

meinden deren Steuerkraft je Einwohner 80 vH des Durchschnitts aller Gemeinden untershy

- 22shy

schreitet die Differenz der eigenen Steuerkraft zu 80 vH der durchschnittlichen Steuerkraft

zu 80 vH ausgeglichen Diese Schluumlsselzuweisung bewirkt eine dem Finanzausgleich der

Regelungen des FAG 2005 und des FAG 2007 noch unbekannte Verlagerung unter allen

Zuweisungsempfaumlngern also allen nicht abundanten Gemeinden zugunsten der steuershy

schwachen Gemeinden und zurasten der mehr steuerstarken Gemeinden Die abundanten

Gemeinden die keine Zuweisungsempfaumlnger sind werden hierdurch noch nicht belagttet Ihshy

re Belastung erfolgt erst durch die Regelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 Danach zahlen alie

kreisangehoumlrigen Gemeinden also sowohl die Zuweisungsempfaumlnger als auch die abundanshy

ten Gemeinden eine Umlage von 10 vH der Summe aus der Steuerkraftmesszahl fuumlr Geshy

meinden gemaumlszligsect 14 FAG 2013 und den Schluumlsselzuweisungen A und B also ihrer gesamshy

ten Finanzkraft Uumlber sect 14 Abs 3 Nr 2 FAG 2013 geraten ua die Gewerbeshy

steuereinnahmen der abundanten Gemeinden in Houmlhe von 10 vH in diesen Finanzkraftumshy

lagetopf Dieser Umlagetopf erhoumlht gem sect 12 Abs 3 S 2 FAG 2013 die Finanzmasse fuumlr die

Schluumlsselzuweisung B

Diese veraumlnderte Schluumlsselzuweisung B wird dann nach der Regelung des sect 12 Abs 2 S 6

FAG auf die Schluumlsselzuweisungsempfaumlnger umgelegt Gemaumlszlig sect 19 Abs 2 FAG flieszligt die

zuletzt genannte Schluumlsselzuweisung an die kreisangehoumlrigen Gemeinden zwar in die Kreisshy

umlagenberechnung ein Da sich die Bemessung der Kreisumlage aus der Steuerkraft und

den Schluumlsselzuweisungen fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden zusammensetzt wird die

Finanzkraftumlage somit auch zum Abzugsposten bei der Bemessungsgrundlage der Kreisshy

umlage Diese Einbeziehung der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Finanzkraftshy

umlage in die Kreisumlagenberechnung stellt indes keinen Eingriff in die ebenfalls verfasshy

sungsrechtlich geschuumltzte Finanzhoheit der Landkreise dar

Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumiage unterscheidet sich im Hinblick auf die Ebeshy

nentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren vom Landesverfassungsgericht beanstandeten

Finanzkraftumlage Letztere floss dem Ausgleichsstock zu so dass sie den Landkreisen als

Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgesamt verloren ging Demgegenuumlber wird

durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgeshy

samt nicht geschmaumllert

Das Landesverfassungsgericht hat weder heute noch hatte es im Urteil vom 16022010 Beshy

denken dagegen dass uumlber die vorgelagerten Regelungen zur Bestimmung der Steuerkraftshy

messzahl und zur Festlegung der Schluumlsselzuweisungen der Gemeinden zugleich die Beshy

messungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage festgelegt wird Dass jede Aumlnderung der Finanzshy

ausstattung der kreisangehoumlrigen Gemeinden zwangslaumlufig auch zu Verlagerungen bei der

- 23shy

Finanzausstattung der Landkreise fuumlhrt verstoumlszligt als solches nicht gegen die Landesverfasshy

sung Dies gilt auch fuumlr die neu eingefuumlhrte Vorabverteilung der Schluumlsselmasse A zugunsshy

ten der finanzschwachen Kommunen Sie fuumlhrt zu keinen Veraumlnderungen bei der Gesamtshy

summe der Umlagekraftmesszahlen der Landkreise hat aber Verschiebungen zwischen den

einzelnen Landkreisen zur Folge Die jetzige gesetzliche Regelung stellt sicher dass die jeshy

weiligen Gesamtsummen der beiden Komponenten der Finanzausstattung der Landkreise

durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnderung erfahren Der Gesamtbemessungsgrundiashy

ge fuumlr die Kreisumlage werden durch die Verschiebungen zwischen den Kommunen keine

Betraumlge entzogen Da es keine abundanten Landkreise gibt ergeben sich auch keine Ausshy

wirkungen auf die Gesamthoumlhe der Schluumlsselzuweisungen die die Landkreise vom Land ershy

halten

Waumlhrend die Gesamtausstattung der Landkreise durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnshy

derung erfaumlhrt ergeben sich - dies raumlumt die Landesregierung selber ein - allerdings gerinshy

ge Verlagerungseffekte zwischen den einzelnen Landkreisen Diese Verlagerungseffekte

sind indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

Den Anspruch auf angemessene Finanzausstattung der Landkreise darf der Gesetzgeber

einschraumlnken soweit andere Interessen von Verfassungsrang dies rechtfertigen Nicht nur

der horizontale gemeindliche sondern auch der uumlbergemeindliche Finanzausgleich ist von

dem Grundsatz der interkommunalen Solidaritaumlt gepraumlgt (LVerfG Urt v 13062006-705shy

LVerfGE 17 410 429 NdsStGH NdsVBL 2001 184 188) Der Gedanke der interkommushy

nalen Solidaritaumlt umfasst - wie die Kreisumlage zeigt - auch die ausgleichenden Finanzshy

stroumlme zwischen der Gemeinde- und Kreisebene (vgL auch SaumlchsVerfG Urt v 29012010

- Vf 25-VIII-09 - RdNr 119 - juris unter Hinweis auf BVerfG Beschl v 07021991

- 2 BvL 2484 - BVerfGE 83 363 391f LVerfG MV Urt v 26012012- 1810 - RdNr

81) Haumltte der Gesetzgeber eine Verschiebung von finanzstarken zu finanzschwachen Landshy

kreisen mit einer eigenstaumlndigen Ausgleichsregelung herbeigefuumlhrt waumlre dies durch Art 88

ALs 2 S 1 LVerf gedeckt Nichts anderes gilt wenn derselbe Effekt mittelbar durch die vershy

fassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung zum Finanzkraftausgleich der Gemeinshy

den erreicht wird Der Ebene des einzelnen Landkreises steht dem Vertust an Bemessungsshy

grundlage durch die negative Schluumlsselzuweisung der abundanten Gemeinden (sofern keine

Befreiungen erteilt wurden) jeweils ein Gewinn an Bemessungsgrundlage durch die Erhoumlshy

hung der Schluumlsselzuweisung der uumlbrigen Gemeinden gegenuumlber Je nachdem welcher Efshy

fekt uumlberwiegt erhoumlhen oder vermindern sich die Einnahmen der jeweiligen Landkreise aus

der Kreisumlage durch die Finanzkraftumlage geringfuumlgig Diese Aumlnderung bei dem Aufshy

kommen an Kreisumlage ist aber nicht gleichzusetzen mit der Aumlnderung der Finanzkraft der

- 24shy

Landkreise Da es keine abundanten Landkreise gibt bekommen saumlmtliche Landkreise

Schluumlsselzuweisungen vom Land Der nicht bereits durch die Kreisumlage ausgeglichene

Finanzbedarf der Landkreise wird im Jahr 2013 zu 80 in den Folgejahren zu 90 ausgeshy

glichen Dieser Mechanismus bewirkt dass auch der noch nicht kompensierte Verlust an

Bemessungsgrundlage durch abundante Gemeinden zu 90 (bzw 2013 zu 80 ) ausgeshy

glichen wird Oie verbleibenden Differenzbetraumlge sind wirtschaftlich unbedeutend und vershy

fassungsrechtlich hinzunehmen (vgl auch LVerfG MV Urt v 2601 2012 - 3310 - RdNr

79- juris)

2223 Eine verfassungswidrige Schattenwirkung fuumlr weitere benachbarte kreisangehoumlrige

und nicht abundante Gemeinden laumlsst sich ebenfalls nicht feststellen Die finanzschwache

Nachbargemeinde profitiert direkt von der Finanzkraftumlage Die von der Beschwerdefuumlhreshy

rin beschriebene mittelbare Schattenwirkung durch die Moumlglichkeit einer Erhoumlhung der

Kreisumlage betrifft die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal und

muss daruumlber hinaus auch differenziert betrachtet werden Es besteht ein Unterschied ob

eine solche Kommune in einem Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft liegt Der

Landkreis mit niedriger Umlagekraft wird in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlashy

ge erheben waumlhrend der Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlshy

rigen Kommunen nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muss De facto verfuumlgen alshy

so die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verbleiben Die Finanzkraftshy

umlage mildert diesen Effekt unter Umstaumlnden geringfuumlgig ab Die nicht abundanten Komshy

munen in dem Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten eventuell dadurch beshy

lastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoben wuumlrde um den Verlust des

Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzkraftumlage zu kompensieren ln

dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saido von der Finanzkraftumlage profitiershy

ten erhoumlht sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass der Kreisumlagesatz sogar (geshy

ringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Daruumlber hinaus besteht eine Solidaritaumltsverpflichtung der Kreise gegenuumlber den kreisangeshy

houmlrigen Gemeinden die diese vor einer unangemessenen Erhoumlhung der Kreisumlage

schuumltzt (vgl Faber in HennekePuumlnderWaldhoff Recht der Kommunalfinanzen 2006 sect 34

RdNr 50)

3 Die Kostenentscheidung beruht auf sect 32 LVerfGG Gerichtskosten werden nicht erhoben

(Absatz 1) Gruumlnde fuumlr die Anordnung der Erstattung der notwendigen Auslagen der erfolglos

gebliebenen Beschwerdefuumlhrerin sind nicht ersichtlich (Abs 2 und 3)

- 25 shy

Dr Zettel GemmerSchubert Bergmann

Prof Or Kluth StallFranzkowiak

Page 21: URTEIL - Landesportal Sachsen-Anhalt

- 21 shy

ln sect 16 Abs 2 FAG 2007 war vorgesehen dass ab dem 01 01 2008 eine Kuumlrzung der Beshy

messungsgrundlage der Kreisumlage um die Finanzkraftumlage vorzunehmen war Der Geshy

setzgeber des FAG 2007 hatte dadurch eine Kuumlrzung der Steuerkraftmesszahl um die abzushy

fuumlhrende Finanzkraftumlage als Berechnungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage vorgenommen

Damit konnte fuumlr das Finanzausgleichsmodell das dem FAG 2007 zugrunde lag die Kreisshy

umlagebelastung fuumlr die von der Finanzkraftumlage belasteten Gemeinden spuumlrbar verrinshy

gert werden Um den Eingriff in das Kreisumlagegefuumlge des betroffenen Landkreises abzushy

mildern hatte der Gesetzgeber den Abzug der Finanzkraftumlage zugleich bei der Ermittlung

der Umlagekraftmesszahl der Landkreise (sect 9 FAG 2007) zu beruumlcksichtigen Damit verminshy

derte sich nicht nur die Steuerkraftmesszahl als Bemessungsgrundlage der Kre isumlage

sondern auch als Bemessungsgrundlage fuumlr die Houmlhe der allgemeinen Zuwendungen fuumlr die

Landkreise Dies fuumlhrte dazu dass die Landkreise mit abundanten Gemeinden die wegen

einer houmlheren Umlagekraft an sich weniger allgemeine Zuweisungen erhielten mehr erhielshy

ten Da das Land den Betrag der allgemeinen Zuweisungen an die Landkreise allerdings unshy

veraumlndertmiddot belassen hatte fuumlhrte dies aber dazu dass die anderen Landkreise ohne abunshy

dante Gemeinden weniger allgemeine Zuweisungen erhielten Nur diese Regelung des sect 16

Abs 2 FAG 2007 hat das Landesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 16022010 als eishy

nen verfassungswidrigen Eingriff des Landesgesetzgebers in die Finanzhoheit der Landkreishy

se angesehen Auch die weiteren Ausfuumlhrungen des Landesverfassungsgerichts im Urteil

vom 16022010 beziehen sich auf die beanstandete Regelung dessect 16 Abs 2 FAG 2007

Mit sect 12 FAG 2013 hat der Gesetzgeber ein neues Modell fuumlr die Erhebung der Finanzshy

kraftumlage eingefuumlhrt Dieses Modell stellt sich wie folgt dar Der Gesetzgeber hat das Moshy

dell der sog Abundanzumlage (sect 19a FAG 2005 FAG 2007) bei der eine normierte Steuershy

kraft mit einem normierten Bedarf verglichen wird und fuumlr den Fall dass die Steuerkraft den

Bedarf uumlbersteigt (Abundanz) die Moumlglichkeit eines Zugriffs auf einen gewissen Prozentsatz

des abundanten Teils besteht aufgegeben und nunmehr den Finanzausgleich unter den

steuerstarken und steuerschwachen kreisangehoumlrigen Gemeinden nach einem anderen Moshy

dell vorgenommen das nicht nur die beschriebene uumlberschieszligende Steuerkraft fuumlr die Beshy

rechnung der Umlage heranzieht sondern in Anlehnung an eine entsprechende Regelung in

Baden-Wuumlrttemberg eine breitere Bemessungsgrundlage waumlhlt

Gemaumlszlig sect 12 Abs 2 S 4 und 5 FAG 2013 wird nunmehr fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden

ein Ausgleichsverfahren als Rechenschritt bei der Ermittlung der endguumlltigen Schluumlsselshy

zuweisung durchgefuumlhrt Dabei wird die Schluumlsselzuweisung A mit beruumlcksichtigt Bei der

Schluumlsselzuweisung A wird nach sect 12 Abs 2 S 5 FAG 2013 allen kreisangehoumlrigen Geshy

meinden deren Steuerkraft je Einwohner 80 vH des Durchschnitts aller Gemeinden untershy

- 22shy

schreitet die Differenz der eigenen Steuerkraft zu 80 vH der durchschnittlichen Steuerkraft

zu 80 vH ausgeglichen Diese Schluumlsselzuweisung bewirkt eine dem Finanzausgleich der

Regelungen des FAG 2005 und des FAG 2007 noch unbekannte Verlagerung unter allen

Zuweisungsempfaumlngern also allen nicht abundanten Gemeinden zugunsten der steuershy

schwachen Gemeinden und zurasten der mehr steuerstarken Gemeinden Die abundanten

Gemeinden die keine Zuweisungsempfaumlnger sind werden hierdurch noch nicht belagttet Ihshy

re Belastung erfolgt erst durch die Regelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 Danach zahlen alie

kreisangehoumlrigen Gemeinden also sowohl die Zuweisungsempfaumlnger als auch die abundanshy

ten Gemeinden eine Umlage von 10 vH der Summe aus der Steuerkraftmesszahl fuumlr Geshy

meinden gemaumlszligsect 14 FAG 2013 und den Schluumlsselzuweisungen A und B also ihrer gesamshy

ten Finanzkraft Uumlber sect 14 Abs 3 Nr 2 FAG 2013 geraten ua die Gewerbeshy

steuereinnahmen der abundanten Gemeinden in Houmlhe von 10 vH in diesen Finanzkraftumshy

lagetopf Dieser Umlagetopf erhoumlht gem sect 12 Abs 3 S 2 FAG 2013 die Finanzmasse fuumlr die

Schluumlsselzuweisung B

Diese veraumlnderte Schluumlsselzuweisung B wird dann nach der Regelung des sect 12 Abs 2 S 6

FAG auf die Schluumlsselzuweisungsempfaumlnger umgelegt Gemaumlszlig sect 19 Abs 2 FAG flieszligt die

zuletzt genannte Schluumlsselzuweisung an die kreisangehoumlrigen Gemeinden zwar in die Kreisshy

umlagenberechnung ein Da sich die Bemessung der Kreisumlage aus der Steuerkraft und

den Schluumlsselzuweisungen fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden zusammensetzt wird die

Finanzkraftumlage somit auch zum Abzugsposten bei der Bemessungsgrundlage der Kreisshy

umlage Diese Einbeziehung der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Finanzkraftshy

umlage in die Kreisumlagenberechnung stellt indes keinen Eingriff in die ebenfalls verfasshy

sungsrechtlich geschuumltzte Finanzhoheit der Landkreise dar

Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumiage unterscheidet sich im Hinblick auf die Ebeshy

nentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren vom Landesverfassungsgericht beanstandeten

Finanzkraftumlage Letztere floss dem Ausgleichsstock zu so dass sie den Landkreisen als

Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgesamt verloren ging Demgegenuumlber wird

durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgeshy

samt nicht geschmaumllert

Das Landesverfassungsgericht hat weder heute noch hatte es im Urteil vom 16022010 Beshy

denken dagegen dass uumlber die vorgelagerten Regelungen zur Bestimmung der Steuerkraftshy

messzahl und zur Festlegung der Schluumlsselzuweisungen der Gemeinden zugleich die Beshy

messungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage festgelegt wird Dass jede Aumlnderung der Finanzshy

ausstattung der kreisangehoumlrigen Gemeinden zwangslaumlufig auch zu Verlagerungen bei der

- 23shy

Finanzausstattung der Landkreise fuumlhrt verstoumlszligt als solches nicht gegen die Landesverfasshy

sung Dies gilt auch fuumlr die neu eingefuumlhrte Vorabverteilung der Schluumlsselmasse A zugunsshy

ten der finanzschwachen Kommunen Sie fuumlhrt zu keinen Veraumlnderungen bei der Gesamtshy

summe der Umlagekraftmesszahlen der Landkreise hat aber Verschiebungen zwischen den

einzelnen Landkreisen zur Folge Die jetzige gesetzliche Regelung stellt sicher dass die jeshy

weiligen Gesamtsummen der beiden Komponenten der Finanzausstattung der Landkreise

durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnderung erfahren Der Gesamtbemessungsgrundiashy

ge fuumlr die Kreisumlage werden durch die Verschiebungen zwischen den Kommunen keine

Betraumlge entzogen Da es keine abundanten Landkreise gibt ergeben sich auch keine Ausshy

wirkungen auf die Gesamthoumlhe der Schluumlsselzuweisungen die die Landkreise vom Land ershy

halten

Waumlhrend die Gesamtausstattung der Landkreise durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnshy

derung erfaumlhrt ergeben sich - dies raumlumt die Landesregierung selber ein - allerdings gerinshy

ge Verlagerungseffekte zwischen den einzelnen Landkreisen Diese Verlagerungseffekte

sind indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

Den Anspruch auf angemessene Finanzausstattung der Landkreise darf der Gesetzgeber

einschraumlnken soweit andere Interessen von Verfassungsrang dies rechtfertigen Nicht nur

der horizontale gemeindliche sondern auch der uumlbergemeindliche Finanzausgleich ist von

dem Grundsatz der interkommunalen Solidaritaumlt gepraumlgt (LVerfG Urt v 13062006-705shy

LVerfGE 17 410 429 NdsStGH NdsVBL 2001 184 188) Der Gedanke der interkommushy

nalen Solidaritaumlt umfasst - wie die Kreisumlage zeigt - auch die ausgleichenden Finanzshy

stroumlme zwischen der Gemeinde- und Kreisebene (vgL auch SaumlchsVerfG Urt v 29012010

- Vf 25-VIII-09 - RdNr 119 - juris unter Hinweis auf BVerfG Beschl v 07021991

- 2 BvL 2484 - BVerfGE 83 363 391f LVerfG MV Urt v 26012012- 1810 - RdNr

81) Haumltte der Gesetzgeber eine Verschiebung von finanzstarken zu finanzschwachen Landshy

kreisen mit einer eigenstaumlndigen Ausgleichsregelung herbeigefuumlhrt waumlre dies durch Art 88

ALs 2 S 1 LVerf gedeckt Nichts anderes gilt wenn derselbe Effekt mittelbar durch die vershy

fassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung zum Finanzkraftausgleich der Gemeinshy

den erreicht wird Der Ebene des einzelnen Landkreises steht dem Vertust an Bemessungsshy

grundlage durch die negative Schluumlsselzuweisung der abundanten Gemeinden (sofern keine

Befreiungen erteilt wurden) jeweils ein Gewinn an Bemessungsgrundlage durch die Erhoumlshy

hung der Schluumlsselzuweisung der uumlbrigen Gemeinden gegenuumlber Je nachdem welcher Efshy

fekt uumlberwiegt erhoumlhen oder vermindern sich die Einnahmen der jeweiligen Landkreise aus

der Kreisumlage durch die Finanzkraftumlage geringfuumlgig Diese Aumlnderung bei dem Aufshy

kommen an Kreisumlage ist aber nicht gleichzusetzen mit der Aumlnderung der Finanzkraft der

- 24shy

Landkreise Da es keine abundanten Landkreise gibt bekommen saumlmtliche Landkreise

Schluumlsselzuweisungen vom Land Der nicht bereits durch die Kreisumlage ausgeglichene

Finanzbedarf der Landkreise wird im Jahr 2013 zu 80 in den Folgejahren zu 90 ausgeshy

glichen Dieser Mechanismus bewirkt dass auch der noch nicht kompensierte Verlust an

Bemessungsgrundlage durch abundante Gemeinden zu 90 (bzw 2013 zu 80 ) ausgeshy

glichen wird Oie verbleibenden Differenzbetraumlge sind wirtschaftlich unbedeutend und vershy

fassungsrechtlich hinzunehmen (vgl auch LVerfG MV Urt v 2601 2012 - 3310 - RdNr

79- juris)

2223 Eine verfassungswidrige Schattenwirkung fuumlr weitere benachbarte kreisangehoumlrige

und nicht abundante Gemeinden laumlsst sich ebenfalls nicht feststellen Die finanzschwache

Nachbargemeinde profitiert direkt von der Finanzkraftumlage Die von der Beschwerdefuumlhreshy

rin beschriebene mittelbare Schattenwirkung durch die Moumlglichkeit einer Erhoumlhung der

Kreisumlage betrifft die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal und

muss daruumlber hinaus auch differenziert betrachtet werden Es besteht ein Unterschied ob

eine solche Kommune in einem Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft liegt Der

Landkreis mit niedriger Umlagekraft wird in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlashy

ge erheben waumlhrend der Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlshy

rigen Kommunen nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muss De facto verfuumlgen alshy

so die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verbleiben Die Finanzkraftshy

umlage mildert diesen Effekt unter Umstaumlnden geringfuumlgig ab Die nicht abundanten Komshy

munen in dem Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten eventuell dadurch beshy

lastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoben wuumlrde um den Verlust des

Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzkraftumlage zu kompensieren ln

dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saido von der Finanzkraftumlage profitiershy

ten erhoumlht sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass der Kreisumlagesatz sogar (geshy

ringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Daruumlber hinaus besteht eine Solidaritaumltsverpflichtung der Kreise gegenuumlber den kreisangeshy

houmlrigen Gemeinden die diese vor einer unangemessenen Erhoumlhung der Kreisumlage

schuumltzt (vgl Faber in HennekePuumlnderWaldhoff Recht der Kommunalfinanzen 2006 sect 34

RdNr 50)

3 Die Kostenentscheidung beruht auf sect 32 LVerfGG Gerichtskosten werden nicht erhoben

(Absatz 1) Gruumlnde fuumlr die Anordnung der Erstattung der notwendigen Auslagen der erfolglos

gebliebenen Beschwerdefuumlhrerin sind nicht ersichtlich (Abs 2 und 3)

- 25 shy

Dr Zettel GemmerSchubert Bergmann

Prof Or Kluth StallFranzkowiak

Page 22: URTEIL - Landesportal Sachsen-Anhalt

- 22shy

schreitet die Differenz der eigenen Steuerkraft zu 80 vH der durchschnittlichen Steuerkraft

zu 80 vH ausgeglichen Diese Schluumlsselzuweisung bewirkt eine dem Finanzausgleich der

Regelungen des FAG 2005 und des FAG 2007 noch unbekannte Verlagerung unter allen

Zuweisungsempfaumlngern also allen nicht abundanten Gemeinden zugunsten der steuershy

schwachen Gemeinden und zurasten der mehr steuerstarken Gemeinden Die abundanten

Gemeinden die keine Zuweisungsempfaumlnger sind werden hierdurch noch nicht belagttet Ihshy

re Belastung erfolgt erst durch die Regelung dessect 12 Abs 3 FAG 2013 Danach zahlen alie

kreisangehoumlrigen Gemeinden also sowohl die Zuweisungsempfaumlnger als auch die abundanshy

ten Gemeinden eine Umlage von 10 vH der Summe aus der Steuerkraftmesszahl fuumlr Geshy

meinden gemaumlszligsect 14 FAG 2013 und den Schluumlsselzuweisungen A und B also ihrer gesamshy

ten Finanzkraft Uumlber sect 14 Abs 3 Nr 2 FAG 2013 geraten ua die Gewerbeshy

steuereinnahmen der abundanten Gemeinden in Houmlhe von 10 vH in diesen Finanzkraftumshy

lagetopf Dieser Umlagetopf erhoumlht gem sect 12 Abs 3 S 2 FAG 2013 die Finanzmasse fuumlr die

Schluumlsselzuweisung B

Diese veraumlnderte Schluumlsselzuweisung B wird dann nach der Regelung des sect 12 Abs 2 S 6

FAG auf die Schluumlsselzuweisungsempfaumlnger umgelegt Gemaumlszlig sect 19 Abs 2 FAG flieszligt die

zuletzt genannte Schluumlsselzuweisung an die kreisangehoumlrigen Gemeinden zwar in die Kreisshy

umlagenberechnung ein Da sich die Bemessung der Kreisumlage aus der Steuerkraft und

den Schluumlsselzuweisungen fuumlr die kreisangehoumlrigen Gemeinden zusammensetzt wird die

Finanzkraftumlage somit auch zum Abzugsposten bei der Bemessungsgrundlage der Kreisshy

umlage Diese Einbeziehung der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Finanzkraftshy

umlage in die Kreisumlagenberechnung stellt indes keinen Eingriff in die ebenfalls verfasshy

sungsrechtlich geschuumltzte Finanzhoheit der Landkreise dar

Die Konstruktion der jetzigen Finanzkraftumiage unterscheidet sich im Hinblick auf die Ebeshy

nentrennung grundsaumltzlich von der fruumlheren vom Landesverfassungsgericht beanstandeten

Finanzkraftumlage Letztere floss dem Ausgleichsstock zu so dass sie den Landkreisen als

Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgesamt verloren ging Demgegenuumlber wird

durch die jetzige Finanzkraftumlage die Bemessungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage insgeshy

samt nicht geschmaumllert

Das Landesverfassungsgericht hat weder heute noch hatte es im Urteil vom 16022010 Beshy

denken dagegen dass uumlber die vorgelagerten Regelungen zur Bestimmung der Steuerkraftshy

messzahl und zur Festlegung der Schluumlsselzuweisungen der Gemeinden zugleich die Beshy

messungsgrundlage fuumlr die Kreisumlage festgelegt wird Dass jede Aumlnderung der Finanzshy

ausstattung der kreisangehoumlrigen Gemeinden zwangslaumlufig auch zu Verlagerungen bei der

- 23shy

Finanzausstattung der Landkreise fuumlhrt verstoumlszligt als solches nicht gegen die Landesverfasshy

sung Dies gilt auch fuumlr die neu eingefuumlhrte Vorabverteilung der Schluumlsselmasse A zugunsshy

ten der finanzschwachen Kommunen Sie fuumlhrt zu keinen Veraumlnderungen bei der Gesamtshy

summe der Umlagekraftmesszahlen der Landkreise hat aber Verschiebungen zwischen den

einzelnen Landkreisen zur Folge Die jetzige gesetzliche Regelung stellt sicher dass die jeshy

weiligen Gesamtsummen der beiden Komponenten der Finanzausstattung der Landkreise

durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnderung erfahren Der Gesamtbemessungsgrundiashy

ge fuumlr die Kreisumlage werden durch die Verschiebungen zwischen den Kommunen keine

Betraumlge entzogen Da es keine abundanten Landkreise gibt ergeben sich auch keine Ausshy

wirkungen auf die Gesamthoumlhe der Schluumlsselzuweisungen die die Landkreise vom Land ershy

halten

Waumlhrend die Gesamtausstattung der Landkreise durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnshy

derung erfaumlhrt ergeben sich - dies raumlumt die Landesregierung selber ein - allerdings gerinshy

ge Verlagerungseffekte zwischen den einzelnen Landkreisen Diese Verlagerungseffekte

sind indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

Den Anspruch auf angemessene Finanzausstattung der Landkreise darf der Gesetzgeber

einschraumlnken soweit andere Interessen von Verfassungsrang dies rechtfertigen Nicht nur

der horizontale gemeindliche sondern auch der uumlbergemeindliche Finanzausgleich ist von

dem Grundsatz der interkommunalen Solidaritaumlt gepraumlgt (LVerfG Urt v 13062006-705shy

LVerfGE 17 410 429 NdsStGH NdsVBL 2001 184 188) Der Gedanke der interkommushy

nalen Solidaritaumlt umfasst - wie die Kreisumlage zeigt - auch die ausgleichenden Finanzshy

stroumlme zwischen der Gemeinde- und Kreisebene (vgL auch SaumlchsVerfG Urt v 29012010

- Vf 25-VIII-09 - RdNr 119 - juris unter Hinweis auf BVerfG Beschl v 07021991

- 2 BvL 2484 - BVerfGE 83 363 391f LVerfG MV Urt v 26012012- 1810 - RdNr

81) Haumltte der Gesetzgeber eine Verschiebung von finanzstarken zu finanzschwachen Landshy

kreisen mit einer eigenstaumlndigen Ausgleichsregelung herbeigefuumlhrt waumlre dies durch Art 88

ALs 2 S 1 LVerf gedeckt Nichts anderes gilt wenn derselbe Effekt mittelbar durch die vershy

fassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung zum Finanzkraftausgleich der Gemeinshy

den erreicht wird Der Ebene des einzelnen Landkreises steht dem Vertust an Bemessungsshy

grundlage durch die negative Schluumlsselzuweisung der abundanten Gemeinden (sofern keine

Befreiungen erteilt wurden) jeweils ein Gewinn an Bemessungsgrundlage durch die Erhoumlshy

hung der Schluumlsselzuweisung der uumlbrigen Gemeinden gegenuumlber Je nachdem welcher Efshy

fekt uumlberwiegt erhoumlhen oder vermindern sich die Einnahmen der jeweiligen Landkreise aus

der Kreisumlage durch die Finanzkraftumlage geringfuumlgig Diese Aumlnderung bei dem Aufshy

kommen an Kreisumlage ist aber nicht gleichzusetzen mit der Aumlnderung der Finanzkraft der

- 24shy

Landkreise Da es keine abundanten Landkreise gibt bekommen saumlmtliche Landkreise

Schluumlsselzuweisungen vom Land Der nicht bereits durch die Kreisumlage ausgeglichene

Finanzbedarf der Landkreise wird im Jahr 2013 zu 80 in den Folgejahren zu 90 ausgeshy

glichen Dieser Mechanismus bewirkt dass auch der noch nicht kompensierte Verlust an

Bemessungsgrundlage durch abundante Gemeinden zu 90 (bzw 2013 zu 80 ) ausgeshy

glichen wird Oie verbleibenden Differenzbetraumlge sind wirtschaftlich unbedeutend und vershy

fassungsrechtlich hinzunehmen (vgl auch LVerfG MV Urt v 2601 2012 - 3310 - RdNr

79- juris)

2223 Eine verfassungswidrige Schattenwirkung fuumlr weitere benachbarte kreisangehoumlrige

und nicht abundante Gemeinden laumlsst sich ebenfalls nicht feststellen Die finanzschwache

Nachbargemeinde profitiert direkt von der Finanzkraftumlage Die von der Beschwerdefuumlhreshy

rin beschriebene mittelbare Schattenwirkung durch die Moumlglichkeit einer Erhoumlhung der

Kreisumlage betrifft die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal und

muss daruumlber hinaus auch differenziert betrachtet werden Es besteht ein Unterschied ob

eine solche Kommune in einem Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft liegt Der

Landkreis mit niedriger Umlagekraft wird in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlashy

ge erheben waumlhrend der Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlshy

rigen Kommunen nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muss De facto verfuumlgen alshy

so die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verbleiben Die Finanzkraftshy

umlage mildert diesen Effekt unter Umstaumlnden geringfuumlgig ab Die nicht abundanten Komshy

munen in dem Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten eventuell dadurch beshy

lastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoben wuumlrde um den Verlust des

Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzkraftumlage zu kompensieren ln

dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saido von der Finanzkraftumlage profitiershy

ten erhoumlht sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass der Kreisumlagesatz sogar (geshy

ringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Daruumlber hinaus besteht eine Solidaritaumltsverpflichtung der Kreise gegenuumlber den kreisangeshy

houmlrigen Gemeinden die diese vor einer unangemessenen Erhoumlhung der Kreisumlage

schuumltzt (vgl Faber in HennekePuumlnderWaldhoff Recht der Kommunalfinanzen 2006 sect 34

RdNr 50)

3 Die Kostenentscheidung beruht auf sect 32 LVerfGG Gerichtskosten werden nicht erhoben

(Absatz 1) Gruumlnde fuumlr die Anordnung der Erstattung der notwendigen Auslagen der erfolglos

gebliebenen Beschwerdefuumlhrerin sind nicht ersichtlich (Abs 2 und 3)

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Dr Zettel GemmerSchubert Bergmann

Prof Or Kluth StallFranzkowiak

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Finanzausstattung der Landkreise fuumlhrt verstoumlszligt als solches nicht gegen die Landesverfasshy

sung Dies gilt auch fuumlr die neu eingefuumlhrte Vorabverteilung der Schluumlsselmasse A zugunsshy

ten der finanzschwachen Kommunen Sie fuumlhrt zu keinen Veraumlnderungen bei der Gesamtshy

summe der Umlagekraftmesszahlen der Landkreise hat aber Verschiebungen zwischen den

einzelnen Landkreisen zur Folge Die jetzige gesetzliche Regelung stellt sicher dass die jeshy

weiligen Gesamtsummen der beiden Komponenten der Finanzausstattung der Landkreise

durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnderung erfahren Der Gesamtbemessungsgrundiashy

ge fuumlr die Kreisumlage werden durch die Verschiebungen zwischen den Kommunen keine

Betraumlge entzogen Da es keine abundanten Landkreise gibt ergeben sich auch keine Ausshy

wirkungen auf die Gesamthoumlhe der Schluumlsselzuweisungen die die Landkreise vom Land ershy

halten

Waumlhrend die Gesamtausstattung der Landkreise durch die Finanzkraftumlage keine Veraumlnshy

derung erfaumlhrt ergeben sich - dies raumlumt die Landesregierung selber ein - allerdings gerinshy

ge Verlagerungseffekte zwischen den einzelnen Landkreisen Diese Verlagerungseffekte

sind indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

Den Anspruch auf angemessene Finanzausstattung der Landkreise darf der Gesetzgeber

einschraumlnken soweit andere Interessen von Verfassungsrang dies rechtfertigen Nicht nur

der horizontale gemeindliche sondern auch der uumlbergemeindliche Finanzausgleich ist von

dem Grundsatz der interkommunalen Solidaritaumlt gepraumlgt (LVerfG Urt v 13062006-705shy

LVerfGE 17 410 429 NdsStGH NdsVBL 2001 184 188) Der Gedanke der interkommushy

nalen Solidaritaumlt umfasst - wie die Kreisumlage zeigt - auch die ausgleichenden Finanzshy

stroumlme zwischen der Gemeinde- und Kreisebene (vgL auch SaumlchsVerfG Urt v 29012010

- Vf 25-VIII-09 - RdNr 119 - juris unter Hinweis auf BVerfG Beschl v 07021991

- 2 BvL 2484 - BVerfGE 83 363 391f LVerfG MV Urt v 26012012- 1810 - RdNr

81) Haumltte der Gesetzgeber eine Verschiebung von finanzstarken zu finanzschwachen Landshy

kreisen mit einer eigenstaumlndigen Ausgleichsregelung herbeigefuumlhrt waumlre dies durch Art 88

ALs 2 S 1 LVerf gedeckt Nichts anderes gilt wenn derselbe Effekt mittelbar durch die vershy

fassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung zum Finanzkraftausgleich der Gemeinshy

den erreicht wird Der Ebene des einzelnen Landkreises steht dem Vertust an Bemessungsshy

grundlage durch die negative Schluumlsselzuweisung der abundanten Gemeinden (sofern keine

Befreiungen erteilt wurden) jeweils ein Gewinn an Bemessungsgrundlage durch die Erhoumlshy

hung der Schluumlsselzuweisung der uumlbrigen Gemeinden gegenuumlber Je nachdem welcher Efshy

fekt uumlberwiegt erhoumlhen oder vermindern sich die Einnahmen der jeweiligen Landkreise aus

der Kreisumlage durch die Finanzkraftumlage geringfuumlgig Diese Aumlnderung bei dem Aufshy

kommen an Kreisumlage ist aber nicht gleichzusetzen mit der Aumlnderung der Finanzkraft der

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Landkreise Da es keine abundanten Landkreise gibt bekommen saumlmtliche Landkreise

Schluumlsselzuweisungen vom Land Der nicht bereits durch die Kreisumlage ausgeglichene

Finanzbedarf der Landkreise wird im Jahr 2013 zu 80 in den Folgejahren zu 90 ausgeshy

glichen Dieser Mechanismus bewirkt dass auch der noch nicht kompensierte Verlust an

Bemessungsgrundlage durch abundante Gemeinden zu 90 (bzw 2013 zu 80 ) ausgeshy

glichen wird Oie verbleibenden Differenzbetraumlge sind wirtschaftlich unbedeutend und vershy

fassungsrechtlich hinzunehmen (vgl auch LVerfG MV Urt v 2601 2012 - 3310 - RdNr

79- juris)

2223 Eine verfassungswidrige Schattenwirkung fuumlr weitere benachbarte kreisangehoumlrige

und nicht abundante Gemeinden laumlsst sich ebenfalls nicht feststellen Die finanzschwache

Nachbargemeinde profitiert direkt von der Finanzkraftumlage Die von der Beschwerdefuumlhreshy

rin beschriebene mittelbare Schattenwirkung durch die Moumlglichkeit einer Erhoumlhung der

Kreisumlage betrifft die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal und

muss daruumlber hinaus auch differenziert betrachtet werden Es besteht ein Unterschied ob

eine solche Kommune in einem Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft liegt Der

Landkreis mit niedriger Umlagekraft wird in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlashy

ge erheben waumlhrend der Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlshy

rigen Kommunen nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muss De facto verfuumlgen alshy

so die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verbleiben Die Finanzkraftshy

umlage mildert diesen Effekt unter Umstaumlnden geringfuumlgig ab Die nicht abundanten Komshy

munen in dem Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten eventuell dadurch beshy

lastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoben wuumlrde um den Verlust des

Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzkraftumlage zu kompensieren ln

dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saido von der Finanzkraftumlage profitiershy

ten erhoumlht sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass der Kreisumlagesatz sogar (geshy

ringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Daruumlber hinaus besteht eine Solidaritaumltsverpflichtung der Kreise gegenuumlber den kreisangeshy

houmlrigen Gemeinden die diese vor einer unangemessenen Erhoumlhung der Kreisumlage

schuumltzt (vgl Faber in HennekePuumlnderWaldhoff Recht der Kommunalfinanzen 2006 sect 34

RdNr 50)

3 Die Kostenentscheidung beruht auf sect 32 LVerfGG Gerichtskosten werden nicht erhoben

(Absatz 1) Gruumlnde fuumlr die Anordnung der Erstattung der notwendigen Auslagen der erfolglos

gebliebenen Beschwerdefuumlhrerin sind nicht ersichtlich (Abs 2 und 3)

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Landkreise Da es keine abundanten Landkreise gibt bekommen saumlmtliche Landkreise

Schluumlsselzuweisungen vom Land Der nicht bereits durch die Kreisumlage ausgeglichene

Finanzbedarf der Landkreise wird im Jahr 2013 zu 80 in den Folgejahren zu 90 ausgeshy

glichen Dieser Mechanismus bewirkt dass auch der noch nicht kompensierte Verlust an

Bemessungsgrundlage durch abundante Gemeinden zu 90 (bzw 2013 zu 80 ) ausgeshy

glichen wird Oie verbleibenden Differenzbetraumlge sind wirtschaftlich unbedeutend und vershy

fassungsrechtlich hinzunehmen (vgl auch LVerfG MV Urt v 2601 2012 - 3310 - RdNr

79- juris)

2223 Eine verfassungswidrige Schattenwirkung fuumlr weitere benachbarte kreisangehoumlrige

und nicht abundante Gemeinden laumlsst sich ebenfalls nicht feststellen Die finanzschwache

Nachbargemeinde profitiert direkt von der Finanzkraftumlage Die von der Beschwerdefuumlhreshy

rin beschriebene mittelbare Schattenwirkung durch die Moumlglichkeit einer Erhoumlhung der

Kreisumlage betrifft die finanzschwache Nachbargemeinde dagegen allenfalls marginal und

muss daruumlber hinaus auch differenziert betrachtet werden Es besteht ein Unterschied ob

eine solche Kommune in einem Landkreis mit hoher oder mit niedriger Umlagekraft liegt Der

Landkreis mit niedriger Umlagekraft wird in der Regel eine vergleichsweise hohe Kreisumlashy

ge erheben waumlhrend der Landkreis mit einigen abundanten Kommunen seine kreisangehoumlshy

rigen Kommunen nur mit einer geringeren Kreisumlage belasten muss De facto verfuumlgen alshy

so die beiden kreisangehoumlrigen Gemeinden trotz gleicher Steuereinnahmekraft uumlber untershy

schiedlich hohe Mittel die ihnen zur Erfuumlllung eigener Zwecke verbleiben Die Finanzkraftshy

umlage mildert diesen Effekt unter Umstaumlnden geringfuumlgig ab Die nicht abundanten Komshy

munen in dem Landkreis mit einigen abundanten Kommunen koumlnnten eventuell dadurch beshy

lastet werden dass der Kreisumlagesatz (minimal) angehoben wuumlrde um den Verlust des

Landkreises an Bemessungsgrundlage durch die Finanzkraftumlage zu kompensieren ln

dem armen Landkreis dessen Kommunen per Saido von der Finanzkraftumlage profitiershy

ten erhoumlht sich jedoch die Umlagekraft geringfuumlgig so dass der Kreisumlagesatz sogar (geshy

ringfuumlgig) gesenkt werden koumlnnte

Daruumlber hinaus besteht eine Solidaritaumltsverpflichtung der Kreise gegenuumlber den kreisangeshy

houmlrigen Gemeinden die diese vor einer unangemessenen Erhoumlhung der Kreisumlage

schuumltzt (vgl Faber in HennekePuumlnderWaldhoff Recht der Kommunalfinanzen 2006 sect 34

RdNr 50)

3 Die Kostenentscheidung beruht auf sect 32 LVerfGG Gerichtskosten werden nicht erhoben

(Absatz 1) Gruumlnde fuumlr die Anordnung der Erstattung der notwendigen Auslagen der erfolglos

gebliebenen Beschwerdefuumlhrerin sind nicht ersichtlich (Abs 2 und 3)

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