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170 16.3 Z. Anal. Chem., Band 279, Heft 2 (1976) Vergleich unterschiedlicher enzymatischer Indicatorsysteme zur Glucosebestimmung in Serum F. Staehler, W. Gruber und P. Wunderwald Boehringer Mannheim GmbH, Forschungszentrum Tutzing, D-8132 Tutzing Comparison of Different Enzymatic Indicator Systems for the Determination of Glucose in Serum Best. von Glucose in Serum; Enzymatische Analyse; Methodenvergleich Obgleich seit mehr als 100 Jahren Methoden zur Bestimmung der Glucose in Blut und Urin beschrie- ben werden, geht die Suche nach einfacheren und spezi- fischeren Methoden weiter. Im Unterschied zu den chemischen Verfahren zeich- nen sich die enzymatischen Methoden durch einen besonders hohen Grad an Spezifitfit aus. Als Referenzmethode anerkannt ist die Hexo- kinase/Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase-Methode mit Messung von NADPH oder NADH im UV- Bereich [3]. Weit verbreitet in der klinisch-chemischen Routineanalytik sind die Glucose-Oxidase-Methoden [2] mit AnschluB verschiedener Farbindicatorreak- tionen. Kfirzlich wurde eine Glucose-Bestimmung mit einer NAD-abhfingigen Glucose-Dehydrogenase [1] beschrieben. Im Rahmen vergleichender Untersuchungen mit diesen Nachweissystemen ergaben sich folgende Frage- stellungen und Befunde: 1. Im Organismus sind NAD-abhfingige Systeme verbreiteter als NADP-abh/ingige. Infolgedessen sind - falls die verwendeten Enzyme nicht rein sind - in NAD-abh/ingigen Testsystemen eher St6rungen zu erwarten. Da erfahrungsgemfiB bei Seren nieren- gesch/idigter Patienten infolge erh6hter Metabolit- konzentrationen bevorzugt St6rungen auftreten, wur- de untersucht, ob in solchen Seren bei Verwendung der NADP-abh/ingigen Hefe-Glucose-6-phosphat-Dehy- drogenase andere Glucosewerte gefunden werden als bei Verwendung der NAD-abhfingigen Glucose-6- phosphat-Dehydrogenase aus Leuconostoc mesente- roides und der NAD-abhfingigen Glucose-Dehydro- genase. Ein Vorversuch, in dem 100 Perchlors~iure-ent- eiweiBte Normalseren mit diesen 3 Methoden gemes- sen wurden, ergab keinen statistisch relevanten Unter- schied bei Verwendung von NADP- und NAD- abhfingiger Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase. Da- gegen wurden mit der NAD-abh/ingigen Glucose- Dehydrogenase-Methode im Mittel um 5 ~ zu niedrige Werte gefunden. 100 Seren nierengesch/idigter Patien- ten ergaben annfihernd das gleiche Bild, so dab keine zus/itzliche St6rung vorlag. 2. Als Erklfirungsm6glichkeiten ftir die niedrigeren MeBwerte mit der Glucose-Dehydrogenase-Methode zogen wir in Betracht, dab bei der Glucose-Oxidation entstandenes NADH mit Ketoverbindungen der Probe aufgrund von Enzymverunreinigungen enzymatisch reagiert, oder dab NADH-Oxidase als Enzymver- unreinigung vorlag. Bei der Suche nach st6renden Enzymen in der verwendeten Glucose-Dehydrogenase fanden wir Lactat-Dehydrogenase als Verunreinigung. Da jedoch die Pyruvat-Konzentration normalerweise im Serum sehr niedrig ist, k6nnen noch andere Fak- toren bei der Erniedrigung der MeBwerte eine Rolle spielen. An 135 Serumproben wurde gezeigt, dab der Endwert bei der Glucose-Dehydrogenase-Methode nicht ganz stabil war. Innerhalb von 5 rain wurde im Mittel eine Extinktionsabnahme entsprechend 2 mg Glucose/100 ml Vollblut gefunden. 3. W/ihrend sich bei NADH- (evtl. auch NADPH-) abh~ingigen Glucose-Bestimmungen aufgrund Coen- zym-oxidierender Reaktionen zu niedrige Werte er- geben, st6ren bei den Glucose-Oxidase-Methoden bevorzugt reduzierende Substanzen, die mit H202 oder dem gebildeten Farbstoff reagieren. Bei der Glucose-Oxidase/Peroxidase-Methode, bei der HzO 2 mit p-Aminophenazon (PAP) zu einem meBbaren Farbstoff reagiert, spielen derartige St6- rungen offensichtlich normalerweise keine Rolle: Je t00Normalseren, Diabetikerseren und Seren von nierengeschfidigten Patienten, mit Urac | enteiweiBt, ergaben im Mittel nur eine Abweichung von- 1,5 ~o gegentiber der Hexokinase-Methode. Auch St6rung durch reduzierend wirkende Pharmaka t'~illt bei der PAP-Methode kaum ins Gewicht: Unter 53 aus- gewfihlten Pharmaka st6rten in vitro zugesetzt nur Ascorbins~ure, Novalgin und c~-Methyldopa. In vivo sind ihre Konzentrationen normalerweise zu gering, um relevante St6rungen hervorzurufen. 4. Ffir die verschiedenen Glucose-Bestimmungen k6nnen verschiedene Enteiweigungsverfahren verwen- det werden. Es stellt sich die Frage, welches Enteiwei- Bungsmittel ftir welche Methode empfehlenswert ist. In einem Methodenvergleich wurden 50 Seren je- weils mit Perchlors/iure, Urac | und mit ZnSO4/BaC1/ nach Somogyi-Nelson enteiweiBt. Die Messung der Oberst/inde mit der Hexokinase-Methode mit Here-

Vergleich unterschiedlicher enzymatischer Indicatorsysteme zur Glucosebestimmung in Serum

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Page 1: Vergleich unterschiedlicher enzymatischer Indicatorsysteme zur Glucosebestimmung in Serum

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16.3

Z. Anal. Chem., Band 279, Heft 2 (1976)

Vergleich unterschiedlicher enzymatischer Indicatorsysteme zur Glucosebestimmung in Serum

F. Staehler, W. Gruber und P. Wunderwald

Boehringer Mannheim GmbH, Forschungszentrum Tutzing, D-8132 Tutzing

Comparison of Different Enzymatic Indicator Systems for the Determination of Glucose in Serum

Best. von Glucose in Serum; Enzymatische Analyse; Methodenvergleich

Obgleich seit mehr als 100 Jahren Methoden zur Bestimmung der Glucose in Blut und Urin beschrie- ben werden, geht die Suche nach einfacheren und spezi- fischeren Methoden weiter.

Im Unterschied zu den chemischen Verfahren zeich- nen sich die enzymatischen Methoden durch einen besonders hohen Grad an Spezifitfit aus.

Als Referenzmethode anerkannt ist die Hexo- kinase/Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase-Methode mit Messung von NADPH oder NADH im UV- Bereich [3]. Weit verbreitet in der klinisch-chemischen Routineanalytik sind die Glucose-Oxidase-Methoden [2] mit AnschluB verschiedener Farbindicatorreak- tionen. Kfirzlich wurde eine Glucose-Bestimmung mit einer NAD-abhfingigen Glucose-Dehydrogenase [1] beschrieben.

Im Rahmen vergleichender Untersuchungen mit diesen Nachweissystemen ergaben sich folgende Frage- stellungen und Befunde:

1. Im Organismus sind NAD-abhfingige Systeme verbreiteter als NADP-abh/ingige. Infolgedessen sind - falls die verwendeten Enzyme nicht rein sind - in NAD-abh/ingigen Testsystemen eher St6rungen zu erwarten. Da erfahrungsgemfiB bei Seren nieren- gesch/idigter Patienten infolge erh6hter Metabolit- konzentrationen bevorzugt St6rungen auftreten, wur- de untersucht, ob in solchen Seren bei Verwendung der NADP-abh/ingigen Hefe-Glucose-6-phosphat-Dehy- drogenase andere Glucosewerte gefunden werden als bei Verwendung der NAD-abhfingigen Glucose-6- phosphat-Dehydrogenase aus Leuconostoc mesente- roides und der NAD-abhfingigen Glucose-Dehydro- genase.

Ein Vorversuch, in dem 100 Perchlors~iure-ent- eiweiBte Normalseren mit diesen 3 Methoden gemes- sen wurden, ergab keinen statistisch relevanten Unter- schied bei Verwendung von NADP- und NAD- abhfingiger Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase. Da- gegen wurden mit der NAD-abh/ingigen Glucose-

Dehydrogenase-Methode im Mittel um 5 ~ zu niedrige Werte gefunden. 100 Seren nierengesch/idigter Patien- ten ergaben annfihernd das gleiche Bild, so dab keine zus/itzliche St6rung vorlag.

2. Als Erklfirungsm6glichkeiten ftir die niedrigeren MeBwerte mit der Glucose-Dehydrogenase-Methode zogen wir in Betracht, dab bei der Glucose-Oxidation entstandenes NADH mit Ketoverbindungen der Probe aufgrund von Enzymverunreinigungen enzymatisch reagiert, oder dab NADH-Oxidase als Enzymver- unreinigung vorlag. Bei der Suche nach st6renden Enzymen in der verwendeten Glucose-Dehydrogenase fanden wir Lactat-Dehydrogenase als Verunreinigung. Da jedoch die Pyruvat-Konzentration normalerweise im Serum sehr niedrig ist, k6nnen noch andere Fak- toren bei der Erniedrigung der MeBwerte eine Rolle spielen. An 135 Serumproben wurde gezeigt, dab der Endwert bei der Glucose-Dehydrogenase-Methode nicht ganz stabil war. Innerhalb von 5 rain wurde im Mittel eine Extinktionsabnahme entsprechend 2 mg Glucose/100 ml Vollblut gefunden.

3. W/ihrend sich bei NADH- (evtl. auch NADPH-) abh~ingigen Glucose-Bestimmungen aufgrund Coen- zym-oxidierender Reaktionen zu niedrige Werte er- geben, st6ren bei den Glucose-Oxidase-Methoden bevorzugt reduzierende Substanzen, die mit H202 oder dem gebildeten Farbstoff reagieren.

Bei der Glucose-Oxidase/Peroxidase-Methode, bei der HzO 2 mit p-Aminophenazon (PAP) zu einem meBbaren Farbstoff reagiert, spielen derartige St6- rungen offensichtlich normalerweise keine Rolle: Je t00Normalseren, Diabetikerseren und Seren von nierengeschfidigten Patienten, mit Urac | enteiweiBt, ergaben im Mittel nur eine Abweichung v o n - 1,5 ~o gegentiber der Hexokinase-Methode. Auch St6rung durch reduzierend wirkende Pharmaka t'~illt bei der PAP-Methode kaum ins Gewicht: Unter 53 aus- gewfihlten Pharmaka st6rten in vitro zugesetzt nur Ascorbins~ure, Novalgin und c~-Methyldopa. In vivo sind ihre Konzentrationen normalerweise zu gering, um relevante St6rungen hervorzurufen.

4. Ffir die verschiedenen Glucose-Bestimmungen k6nnen verschiedene Enteiweigungsverfahren verwen- det werden. Es stellt sich die Frage, welches Enteiwei- Bungsmittel ftir welche Methode empfehlenswert ist.

In einem Methodenvergleich wurden 50 Seren je- weils mit Perchlors/iure, Urac | und mit ZnSO4/BaC1/ nach Somogyi-Nelson enteiweiBt. Die Messung der Oberst/inde mit der Hexokinase-Methode mit Here-

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16. Enzymatische Analyse

enzymen ergab gute Obereinstimmung der Entei- weiBung mit Perchlors~iure und mit Urac | dagegen ergab sich bei Enteiweil3ung nach Somogyi-Nelson gr613ere Streuung der Mel3werte. Die Messung der gleichen Oberst/inde mit der PAP-Methode ergab dagegen gute Ubereinstimmung der Werte.

Ein Methodenvergleich, bei dem je 100 Normal- seren, Diabetikerseren und Seren von nierengesch~i- digten Patienten einmat mit Perchlors/iure, einmal mit Urac ~ enteiweil3t wurden und sowohl mit der Hefe- enzym-Hexokinase-Methode als auch mit der PAP- Methode gemessen wurden, zeigte, da~ ftir beide

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Bestimmungsmethoden beide EnteiweiBungsmetho- den gleich gut verwendet werden k6nnen.

Literatur

1. Banauch, D., Bruemmer, W., Ebeling, W., Metz, H., Rindfrey, H., Lang, H. : Z. Klin. Chem. Klin. Biochem, 13, 101 (1975)

2. Bergmeyer, H. U., Bernt, E. : In: Methoden der enzyma- tischen Analyse, 2. Aufl., H. U. Bergmeyer, Hrsg., S. 1250

3. Bergmeyer, H. U., Bernt, E., Schmidt, F., Stork, H. : In: Methoden der enzymatischen Analyse, 3. Aufl., H.U. Bergmeyer, Hrsg., S. 1241

16.4

Evaluation of an Enzymatic Method for Creatinine

U. BOrner, F. Staehler, K. Stinshoff, and G. Szasz

Inst. f. Klin. Chemic, Universit~itskliniken, D-6300 Giel3en and Boehringer Mannheim GmbH, Biochemica Werk Tutzing, Forschungszentrum

Bewertung einer enzymatischen Methode zur Kreatinin-Bestirnmung

Best. yon Kreatinin in Biolog. Fltissigkeiten; Enzymatische Analyse; Bewertung

A completely enzymatic method for determining creatinine in biological fluids has been recently publish- ed [1] using creatinine amidohydrolase, coupled with creatine kinase, pyruvate kinase and lactate dehydro- genase, measuring the conversion of NADH to NAD by the decrease in absorbance at 340 nm. The method seems to solve the problems of creatinine measure- ment of almost a century. It is satisfactory in accuracy (mean recovery of creatinine added to human sera: 99.4 ~o, range: 98.4-100.5 ~o), and in precision (within series: 5.5~, 2 .7~, and 1.0~, between days: 6.8~, 3.5 ~ , and 1.5 ~ at 80, 370, and 730 gmol/1, respective- ly). The sensitivity lies at 8 gmol/1 and the propor- tionality of decrease in absorbance to creatinine con- centration ranges to 700 gmol/1. The practicabili ty-a

deproteinization is not necessary-is comparable to alkaline picrate tests but superior to more specific methods using either Lloyd's reagent or ion-exchange techniques. Possibility for adaptation, especially to discontinuous analyzers is given and in progress.

Comparison in 104 human sera showing normal and increased values (2 = 300 gmol/1 with the enzy- matic test) resulted in an excellent agreement with a kinetic alkaline picrate assay (2 = 295 lamol/1), where- as classic Jaff6 procedures (2 = 331 and 353 gmol/1) and continuous flow analyzer (2 = 346 gmol/1) yield 1 0 - 20 ~ higher creatinine concentrations.

The enzymatic method interferes, out of the metab- olites tested, only with pyruvate (exhaustion of NADH) and lactate (competitive inhibition of the indicator reaction) at higher concentrations, causing decreased apparent creatinine concentrations. Out of 48 drugs tested in vitro, only adrenaline and nor- adrenaline resulted in reduced values. On the con- trary, we could confirm the described interferences of several metabolites with the other methods.

Reference

1. Wahlefeld, A. W., Herz, G., Bergmeyer, H.-U. : Scand. J. Clin. Lab. Invest. 29, Suppl. 126, Abstract No. 30. 1 (1972)