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Sicherheitstechnik - Vorlesungsskript Stand: 10/05 VII. Ermittlung/Berurteilung von Gefährdungen Seite 1 / 14 Fachhochschule Hannover – Dipl. Ing. Jens Kähler (BGW) VII. Ermittlung/Beurteilung von Gefährdungen

VII. Ermittlung/Beurteilung von Gefährdungen · Lärm -> Lärmschwerhörig-keit). • Ein Arbeitsunfall ist ein plötzliches Ereignis. Bei der Untersuchung von arbeitsbedingten Erkrankungen

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VII. Ermittlung/Beurteilung

von Gefährdungen

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Inhaltsverzeichnis

Inhalt

1 Einführung

2 Analyseverfahren zur Ermittlung von Gefährdungen im Überblick

3 Durchführung von Gefährdungsermittlungen

4 Handlungsschritte zur Gefährdungsbeurteilung

Literaturverzeichnis

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1 Einführung

Je nach dem Zeitpunkt der Durchführung sind grundsätzlich zwei Vorgehensweisen zur Ermittlung von Gefährdungen zu unterscheiden:

A. Rückschauende Analyse: Gefährdungen werden durch Auswertung von Unfällen und arbeitsbedingten Erkrankungen (alle arbeitsbedingten Gesund-heitsschäden) ermittelt.

B. Vorausschauende Analyse: Arbeitssysteme werden unmittelbar bezüglich des Vorhandenseins von Gefährdungen untersucht.

Bild 1: Die zwei Vorgehensweisen zur Ermittlung von Gefährdungen

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Die nachfolgend aufgeführten Handlungsanlässe können Auslöser zur Durchführung von Analysen im Allgemeinen, und zur Durchführung von Gefährdungsermittlungen im Speziellen sein.

Bild 2: Anlässe zum Handeln

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2 Analyseverfahren zur Ermittlung von Gefährdungen im Überblick

Die Verfahren der rückschauenden und vorausschauenden Gefährdungs-ermittlung werden wie folgt eingeteilt:

Bild 3: Verfahren zur Gefährdungsermittlung

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3 Durchführung von Gefährdungsermittlungen

Die Gefährdungsermittlung wird an Hand von Beispielen vorgestellt.

Die Beispiele dienen dazu, Vorgehensweisen, Beteiligte und mögliche Erkenntniswerte bei der Ermittlung von Gefährdungen kennen zu lernen. Ausserdem werden Anlässe und Ziele der verschiedenen Analysever-fahren verdeutlicht.

Die Fachkraft für Arbeitssicherheit leistet durch ihr Fachwissen und ihre soziale Kompetenz einen wichtigen Beitrag bei der Ermittlung von Gefährdungen.

Die generelle Vorgehensweise bzw. Gedankenführung zur Ermittlung von Gefährdungen bei allen Gefährdungsermittlungsverfahren ist folgende:

3.1 Rückschauende Gefährdungsermittlung bei arbeitsbedingten Erkrankungen

Der Unterschied zwischen einer arbeitsbedingten Erkrankung und einem Arbeitsunfall ist:

• Arbeitsbedingte Erkrankung entsteht in Folge längerfristig einwirken-der Belastungen auf den Menschen (Bsp. Lärm -> Lärmschwerhörig-keit).

• Ein Arbeitsunfall ist ein plötzliches Ereignis.

Bei der Untersuchung von arbeitsbedingten Erkrankungen können nachstehende Personen/Personengruppen beteiligt werden:

Bild 4: Generelle Vorgehensweise bei der Ermittlung von Gefährdungen

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• Unternehmer oder/und der für den Bereich Verantwortliche

• Fachkraft für Arbeitssicherheit

• Betriebsarzt

• Betriebsrat

• Erkrankte

• Sicherheitsbeauftragte

Bei der Ermittlung von arbeitsbedingten Erkrankungen tragen die Fachkraft für Arbeitssicherheit und der Betriebsarzt mit ihrem Fachwissen zur Klärung der Ursache von Erkrankungen bei.

Da in der Regel die medizinischen Aspekte eine wesentliche Rolle spielen, ist die Einbindung des Betriebsarztes notwendig.

Im Rahmen der Ermittlung von arbeitsbedingten Erkrankungen können Erkenntnisse gewonnen werden über:

• Gefährdungsfaktoren

• Quelle(n)

• Ursachenkette für das Vorhandensein/Auftreten der Gefährdungsfaktoren

• Gefahrbringende Bedingungen

Für das Entstehen der arbeitsbedingten Erkrankungen können diverse Faktoren und gefahrbringende Bedingungen ursächlich sein, z.B.:

Gefährdungsfaktor:

− Gefahrstoffe (zum Beispiel gefährliche Flüssigkeit/Kühlschmierstoff)

Quelle:

− Kühlschmierstoff wird durch die Maschine dem Bearbeitungsprozess zugeführt

Gefahrbringende Bedingungen:

− Die gefertigten Bauteile sind beim Abspannen bzw. Umspannen noch mit Kühlschmierstoff benetzt. Dadurch ist der Hautkontakt mit Kühlschmierstoff möglich.

− Bauteile haben teilweise Bohrungen oder Vertiefungen, worin sich der Kühlschmierstoff sammelt. Dadurch ist die Wahrscheinlichkeit des Hautkontakts mit Kühlschmierstoff erhöht.

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− Bauteile werden teilweise an einer vertikalen Spannfläche aufgespannt. Beim Umspannen kann Kühlschmiermittel auf die Hände und Arme des Maschinenbedieners, der die Bauteile umspannt, tropfen.

- Falsche Dosierung des Kühlschmierstoffs.

Arbeitsbedingte Erkrankungen im Unternehmen werden aufgedeckt:

− vom Unternehmer oder durch den betrieblichen Vorgesetzten,

− vom Erkrankten,

− durch Ermittlung von Externen (z.B. BG),

− vom Betriebsarzt.

Im Hinblick auf Prävention können Untersuchungen der arbeitsbedingten Faktoren eventuelle technische, organisatorische und personelle Problemfelder aufdecken. Diese sind immer nur auf den einzelnen Arbeitsort bzw. Arbeitsbereich bezogen.

3.2 Vorausschauende arbeitsablauforientierte Gefährdungsermittlung

Der Arbeitsablauf an einem Beispiel (Wechsel einer Sonnenschutzmarkise) könnte wie folgend aussehen:

1. Aufbau eines Gerüstes (Fahrgerüst) 2. Demontage der defekten Sonnenschutzmarkise inklusive der

elektrischen Anschlüsse

3. Herablassen der defekten Sonnenschutzmarkise 4. Hochziehen der neuen Sonnenschutzmarkise 5. Montage der neuen Sonnenschutzmarkise inklusive der elektrischen

Anschlüsse

6. Gerüstabbau

Bei den oben genannten Gefährdungsermittlung können im Allgemeinen folgende Personen/Personengruppen beteiligt werden:

• Unternehmer oder der für diesen Bereich zuständige Vorgesetzte • Fachkraft für Arbeitssicherheit • Betriebsarzt • Mitarbeiter der Arbeitsvorbereitung

• beteiligte Mitarbeiter

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• Sicherheitsbeauftragte

Die oben genannte Gefährdungsermittlung sollte vorgenommen werden:

• bevor mit der Arbeit begonnen wird,

• vor Einführung und Planung neuer Arbeitsprozesse,

• vor wesentlichen Änderungen,

• in regelmäßigen Abständen (z.B. 1 x jährlich).

Gefährdungsfaktoren und Gefährdungen können durch rechtzeitige Gefährdungsermittlung erkannt werden.

3.3 Rückschauende Gefährdungsermittlung in Form einer Einzelunfalluntersuchung

Bei Unfalluntersuchungen von betrieblicher Seite können nachstehende Personen/Personengruppen beteiligt werden:

• Unternehmer oder / und der für den Bereich Verantwortliche

• Fachkraft für Arbeitssicherheit

• Betriebsrat

• Verunglückte / Verletzte

• Zeugen (z.B. Arbeitskollegen) • Sicherheitsbeauftragte.

Durch die Unfalluntersuchung können folgende Ergebnisse gewonnen werden:

1. Ermittlung der wirksam gewordenen Gefährdungsfaktoren

2. Ermittlung der Quelle(n) der gefundenen Gefährdungsfaktoren

3. Suche nach der Ursachenkette für das Vorhandensein bzw. Auftreten der unter 1. ermittelten Gefährdungsfaktoren

4. Suche nach den gefahrbringenden Bedingungen und deren Zustandekommen

3.4 Vorausschauende Gefährdungsermittlung durch eine Begehung der Arbeitsplätze (Analyse des Arbeitsbereiches)

Bei der Begehung von betrieblicher Seite können folgende Personen/Personengruppen beteiligt werden:

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• Unternehmer oder/und der für den Bereich Verantwortliche

• Betriebsrat

• Fachkraft für Arbeitsicherheit

• Sicherheitsbeauftragter

• Betriebsarzt

• Mitarbeiter

Die Aufgabe ist es, bei der Begehung durch objektive Beobachtung und Befragung mögliche Gefährdungs-faktoren, Quellen und gefahrbringende Bedingungen zu ermitteln.

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3.5 Vorausschauende objektorientierte Gefährdungsermittlung an einer Maschine, Anlage usw.

Bei der objektorientierten Gefährdungsermittlung an einer Maschine bzw Anlage können folgende Personen/Personengruppen beteiligt werden:

• Unternehmer oder/und der für den Bereich Verantwortliche

• an der Maschine Tätige

• Sicherheitsbeauftragter

• Fachkraft für Arbeitssicherheit

• evtl. Betriebsarzt

• Sachverständiger/Sachkundiger (z.B. Betriebselektriker).

Bei einer Gefährdungsermittlung wird im Allgemeinen folgendermaßen vorgegangen:

• 1. Schritt: Ermittlung der Gefährdungsfaktoren

• 2. Schritt: Ermittlung der Quelle(n) für die gefundenen Gefährdungsfaktoren

• 3. Schritt: Suche nach der Ursachenkette für das Vorhandensein / Auftreten dieser Gefährdungsfaktoren

• 4. Schritt: Suche nach den gefahrbringenden Bedingungen

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4. Handlungsschritte zur Gefährdungsbeurteilung - Generalisierung

Handlungsschritte sind als Grundmuster des Handelns der Fachkraft zu verstehen.

Die systematische Vorgehensweise der Fachkraft ist in den folgenden sieben Schritten dargestellt:

• Analyse: Analyse zielt auf die systematische Ermittlung von Gefährdungen.

• Beurteilung: Die Gefährdungen sind zu beurteilen. Die Beurteilung kann nach normativen oder/und subjektiven Kriterien erfolgen.

• Zielsetzung: Der erforderliche Soll-Zustand zur Gestaltung sicherer und gesundheitsgerechter Arbeitssysteme ist zu beschreiben.

• Lösungssuche: Auf der Basis der Ziele sind Lösungen zu entwickeln. Für unterschiedliche Ziele sind unterschiedliche Lösungen möglich. Aber auch für ein Ziel sind unterschiedliche Maßnahmen prinzipiell möglich.

• Auswahl von Lösungen: Lösungen sind anhand der Ziele zu beurteilen im Hinblick auf den erreichten Sicherheitszustand (vermeiden/beseitigen/vermindern von Unfall- und Gesundheitsgefährdungen).

• Durch- und Umsetzung der Maßnahmen: Maßnahmen müssen im Betrieb von Führungskräften durchgesetzt werden. Eine Umsetzung muss entsprechend der Zielvorgabe und Entscheidung erfolgen.

• Wirkungskontrolle: Die Wirkungskontrolle bildet den Schluss des systematischen Vorgehens. Es ist anhand der Ziele zur beurteilen, ob die Maßnahmen die Gefährdungen wie vorgesehen beseitigt/verringert haben oder ob nun evtl. neue Gefährdungen entstanden sind.

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Literaturverzeichnis